Antragsteller*in: | Annkatrin Esser (KV Berlin-Treptow/Köpenick) |
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Status: | Zurückgezogen |
V-2: Nahverkehrstangente Ost (NVT) retten! Mit einem klimafreundlichen und attraktiven Verkehrskonzept den Osten Berlins voranbringen
Antragstext
Der Berliner Osten wurde jahrzehntelang in der Verkehrsplanung vernachlässigt -
und dass, obwohl der Bau von Großsiedlungen in Marzahn-Hellersdorf und Köpenick
sowie die starke Nachverdichtung im gesamten Osten im selben Zeitraum zu einem
enormen Zuwachs des Verkehrs geführt hat. So bestehen bis heute zwischen
Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-Köpenick keine durchgehenden,
leistungsfähigen Straßen, mit Ausnahme der Treskowallee. Auch der öffentliche
Personennahverkehr (ÖPNV), in Form vom Tram und Buslinien, verläuft in diesen
Nord-Süd-Straßenverbindungen meist ohne eigene Trassen. Das führt zu
gegenseitigen Behinderungen und an besonders zentralen Punkten zu täglichen
Staus.
Die autozentrierte Antwort auf diese Verkehrssituation gab die DDR Ende der
1960er Jahre mit der 4. Tangente, bzw. der Tangentialverbindung Ost (TVO), die
als überörtliche Hauptverkehrsstraße in Nord-Süd Richtung geplant wurde.
Realisiert wurde aber nur der nördliche Abschnitt von der Stadtgrenze bis zur
B1/B5. Nach der Wende wurde von 1999 bis 2007 der südliche Abschnitt von An der
Wuhlheide bis zum Adlergestell gebaut. Nun steht der mittlere Abschnitt zwischen
der B1/B5 und An der Wuhlheide in der Planung. Doch gegen diese Planungen regt
sich Protest der Zivilgesellschaft aus Angst vor der Zerstörung großer
Waldstücke und der Gefährdung von Landschafts- und Naturschutzgebieten, wie der
Wuhlheide, dem Biesenhorster Sand und dem Biesdorfer Busch. Wir stehen an der
Seite der Zivilgesellschaft und aller Menschen, die sich für eine intakte Umwelt
und ein nachhaltiges Verkehrskonzept einsetzen.
Denn der Schutz des Ökosystems steht als Ziel von Bündnis 90/Die Grünen schon
immer im Zentrum aller Diskussionen um Verkehrslösungen für den Berliner Osten.
Aber auch die Probleme durch die heutige Verkehrssituation zwischen Köpenick,
Lichtenberg und Marzahn beschäftigen uns seit Jahren. Klar war und ist: die
Lösung der Verkehrsprobleme muss im Einklang mit den Notwendigkeiten von Klima-
und Umweltschutz stehen.
Heute stehen wir am Beginn des Planfeststellungsverfahrens der TVO und nicht nur
Klimaaktivist*innen und engagierte Bürger*innen vor Ort, auch wir Bündnis 90 /
Die Grünen stellen uns die Frage, ob dieses Straßenprojekt überhaupt noch
sinnvoll ist. Denn neben den Umwelt- und Klimafolgen dieser
Infrastrukturmaßnahme, sind auch die heute prognostizierten Kosten von
mindestens 400 Mio. Euro kein nachhaltiger Umgang mit Steuergeld. Weitere
Kostenexplosionen aufgrund steigender Baupreise werden nicht ausbleiben, so
erwartet es der Senat selbst in seinem Haushaltsplan.
Selbst wenn der Planfeststellungsbeschluss für die TVO in hohem Tempo
vorangetrieben wird, glauben wir nicht daran, dass eine zügige Realisierung der
TVO überhaupt möglich ist. Denn neben der Bedrohung von Flora, Fauna und Klima,
stehen den Planungen zusätzlich explodierende Kosten und drohende langjährige
Klageverfahren entgegen. Eine Inbetriebnahme ist selbst bei dem optimistischsten
Verlauf nicht vor 2035 realistisch. Rechnen wir Kostensteigerungen und die
üblichen Berliner Bauverzögerungen hinzu, sind wir locker 10 Jahre weiter. Eine
Lösung der Verkehrsprobleme steht somit also bis zur Mitte des Jahrhunderts aus.
Wir wollen den Menschen vor Ort aber heute helfen, indem wir Lösungen entwickeln
und umsetzen, die im Hier und Jetzt wirken, bzw. kurzfristige Verbesserungen
bringen und nicht morgen zu enormen Problemen führen.
Das derzeitige laufende Planfeststellungsverfahren für die TVO entspricht nicht
den erforderlichen Standards für nachhaltige Mobilität. Daher lehnen wir die
Planungen ab. Stattdessen muss die Priorität auf der Entwicklung der
Nahverkehrstangente liegen, um eine wirklich zukunftsfähige und
umweltfreundliche Verkehrslösung sicherzustellen.
Um Anwohner*innen zu entlasten, fordern wir eine Lösung, die die Wuhlheide
erhält und den Ausbau des ÖPNV in den Mittelpunkt stellt.
Die finalen Unterlagen bestätigen die schlimmsten Befürchtungen. Die gewählte
Trassenführung der TVO macht die so dringend nötige Umsetzung der
Nahverkehrstangente nahezu unmöglich. Daran ändert auch der von Senat verkündete
Systementscheid wenig. Die Freihaltung der Trasse für die Nahverkehrstangente
auf der Schiene muss um jeden Preis gerettet werden. Die andernfalls drohende
Kostenexplosion auf vom Senat selbst verkündeten mindestens 1,4 Mrd. Euro,
gefährdet sonst die Erreichung der Kosten-Nutzen-Schwelle und damit die
Möglichkeit der Finanzierung von 75% der Kosten durch den Bund.
Die Bürger*innen im Biesdorfer Siedlungsgebiet müssen von der täglichen
Blechlawine entlastet werden. Da Autoverkehr in absehbarer Zeit weiter Teil
unserer Mobilität bleibt, setzen sich Bündnis 90/Die Grünen seit Jahren im
Dialog mit den Anwohnenden für eine Mobilitätspolitik für alle ein. Vielmehr
muss ein Konzept angeboten werden, das mit so wenig wie möglich ökologischem und
ökonomischem Schaden die unbestritten vorhandenen Probleme löst.
Es ist an der Zeit stattdessen endlich an einer sozialen, umwelt- und
klimagerechten Mobilität auch und gerade in den Außenbezirken mit Priorität zu
arbeiten. Wir fordern den Senat daher nachdrücklich auf, den Ausbau des
Umweltverbundes vor allem im Osten Berlins und in den Stadtrandlagen in den
Mittelpunkt zu stellen!
Die Nahverkehrstangente Ost (NVT) soll so schnell wie möglich gebaut werden und
zur Entlastung für die Nord-Süd-Achse fungieren. Diese Bahnverbindung soll als
Regio-S-Bahn, wie vom Bündnis Schiene Berlin-Brandenburg (BSBB) vorgeschlagen,
vom S-Bahnhof Springpfuhl in Marzahn bis zum Flughafen BER in Schönefeld führen.
Alle Ortsteile auf der Strecke müssen angebunden und Umstiegsmöglichkeiten zu
den U- und S-Bahn Linien geschaffen werden.
Ebenfalls fordern wir den Bau von Regionalbahnhalten am S-Bahnhof Springpfuhl
und möglichst auch am S-Bahnhof Marzahn, denn dort fahren schon heute die
Regionalbahnen vorbei.
Außerdem fordern wir einen attraktiven 5-Minutentakt auf den S-Bahn-Linien S3
und S5 sowie der U5, mindestens bis zum Stadtrand, bestenfalls bis Erkner und
Strausberg zu beauftragen und umzusetzen. Gerade im Berufsverkehr sind die
Bahnen heute voll. Ein sicherer 5-Minuten-Takt ist ein zentraler Baustein für
ein attraktives Nahverkehrsangebot für den Berliner Osten. Auch die S7 und S75
sollen nach Schaffung der infrastrukturellen Voraussetzungen auf einen 5-
Minuten-Takt verdichtet werden.
Der zweite zentrale Baustein für den Ausbau von schienengebundenen
Nahverkehrsangeboten ist die Straßenbahn. Optimierte Verbindungen und
Vorrangschaltung in der Treskowallee und in Schöneweide sowie eine zügige
Planung und Umsetzung der Tram-Verlängerung von Schöneweide
nach Neukölln sind ebenso notwendig wie der Ausbau in und nach Mahlsdorf.
Nachdem der bisher
geplante Ausbau zwischen Mahlsdorf und Köpenick dank uns auf dem Weg der
Umsetzung ist, muss der Lückenschluss nach Hellersdorf ebenfalls angepackt
werden. Das Ziel ist klar: Eine direkte Verbindung der Großsiedlung Hellersdorf
mit Köpenick. Sie bietet für viele zusätzliche umsteigefreie Verbindungen
zwischen Großsiedlung Hellersdorf und dem Berliner Süden. Für die Zeit bis zur
Inbetriebnahme soll der X54 zwischen Hohenschönhausen bzw. Marzahn bis zur Tram-
Haltestelle am S-Bahnhof Mahlsdorf verlängert werden und auf den Takt der
Straßenbahn angepasst werden.
Den von der CDU angedrohten Rückschritten bei der Verkehrslösung Mahlsdorf
werden wir entschieden entgegentreten. Unser kurzfristiges Ziel: Die Tram
zwischen Mahlsdorf und Köpenick mit einem 10-Minuten-Takt muss zügig und ohne
politische Verzögerungen und Tram-Stopp fertiggestellt werden. Ein weiterer
Baustein des Umweltverbundes ist der Ausbau des Busangebotes, welcher schneller
umgesetzt werden muss. Der Takt der Busse muss insgesamt im Osten auf 10 Minuten
verdichtet werden. Für das Biesdorfer Siedlungsgebiet sehen wir mindestens
folgenden Handlungsbedarf:
Eine Busverbindung, zwischen Wuhlheide und Schöneweide muss umgesetzt werden.
Der 169er soll in Richtung Unfallkrankenhaus oder S+U-Bahnhof Wuhletal
verlängert werden. Außerdem muss eine zügige Fahrt der Busse ermöglicht werden.
Weitere konkrete Maßnahmen zu Busverbindungen betreffen die Verlängerung des
190er Busses bis zum Springpfuhl im Norden und nach Schöneweide im Süden sowie
ein 10-Minuten-Takt morgens und nachmittags. Zudem betreffen sie eine
Takterhöhung des X69er Busses nach Köpenick und die Ausweitung des Muva-
Rufbusangebotes.
Der Rufbus Muva muss ohne Zuschlag als Zubringer zum U- bzw. S-Bahnhof sowie zu
Gesundheitsorten im und um das Bediengebiet fahren. Insbesondere das
Unfallkrankenhaus Marzahn sowie das Vivantes-Klinikum in Kaulsdorf sind zentrale
Orte der Daseinsvorsorge und wichtige Mobilitätsziele für alle Berliner*innen,
die als Orte für Zubringerfahrten etabliert werden sollen.
Darüber hinaus sollen an exemplarischen Orten "Rufsäulen" eingerichtet werden.
Diese sollen bspw. an Stadtteilzentren wie dem Generationenhaus Balzer Platz,
der Kirche an der Köpenicker Straße, an den Supermärkten entlang der Köpenicker
Straße sowie an den oben benannten wichtigen Gesundheitsorten errichtet werden
und damit die Nutzung so einfach wie möglich machen.
Insgesamt wird im gesamten Berliner Osten ein stimmiges Buskonzept und mit einem
flächendeckenden 10-Minutentakt benötigt, dass die Menschen zu den zentralen
Bahnhöfen bringt und auch Rufbussysteme wie „Muva" sinnvoll einbindet. Zudem
braucht es mehr Busspuren, Haltestellen-Kaps, Ampelvorrangschaltungen und
besonders kurze, barrierefreie Umsteigewege.
Zudem fordern wir den weiteren Ausbau von durchgehenden Radverkehrsanlagen. Die
Verbesserung
der Radverkehrssicherheit muss mit Hochdruck insbesondere im Osten Berlins
vorangetrieben
werden, was leider von der CDU-geführten Senatsverwaltung in Berlin stark
vernachlässigt,
wenn nicht sogar torpediert, wird. Hierfür soll schnellstmöglich der Ausbau von
breiten Fahrradwegen und -straßen entsprechend des Radverkehrsplans und der
Priorisierung durch den bezirklichen FahrRad umgesetzt werden. Ab der
Gleisquerung der U5 soll der Grabensprung im Siedlungsgebiet als reine
Fahrradstraße umgewidmet werden. Dort kann an die bestehende Fahrradstraße in
der Alberichstraße angebunden werden. Ein Lückenschluss von der Alberichstraße
bis zur Wuhlheide und weiter Richtung Straße an der Wuhlheide ist darüber hinaus
dringend erforderlich.
Um aber 2030 ein attraktives Netz an Radwegen und Fahrradstraßen zu haben, muss
der Ausbauplan jetzt starten! Bis 2026 verfolgen wir das Ziel viele neue
Fahrradstraßen und Radwege im Osten auszuweisen, z. B. im Bereich der
Treskowallee.
Aktuell werden Planungen und der Bau von Radwegen verzögert oder gar gestoppt
und es besteht die Gefahr, dass bereits zugesagte Gelder nicht genutzt werden
können. Das wollen wir ändern!
Insbesondere Kinder und Jugendliche benötigen Radwege, auf denen sie sicher ihre
Alltagswege selbstständig zurücklegen können, wie den Weg zur Schule, zum
Training oder zu Freund*innen.
Auch aktive Senior*innen nutzen gerne das Rad um kurze Wege zum Einkaufen oder
zur Ärzt*in zurückzulegen. Für die unterschiedlichen Altersgruppen der
Radfahrer*innen muss die
Radinfrastruktur sicherer gestaltet und, entgegen dem jetzigen Vorgehen, mit der
gebotenen
Priorität weiter vorangetrieben werden.
Um den Individualverkehr für längere Fahrradstrecken sicher zu gestalten, ist im
Bereich zwischen S 3 und S 5 ein übergreifender Ausbauplan des Radverkehrsnetzes
im Osten Berlins notwendig. Um aber 2030 ein attraktives Netz an Radwegen und
Fahrradstraßen zu haben, muss der Ausbauplan jetzt starten! Bis 2026 verfolgen
wir das Ziel viele neue Fahrradstraßen und Radwege im Osten auszuweisen, z.B. im
Bereich der Treskowallee.
Die Radbahn U5 mit einer Anbindung nach Mahlsdorf ist dazu ein prioritär zu
errichtendes Rad(schnell)verbindung. Hier fordern wir den Senat auf, die
Planungen in die Hand zu nehmen und das Behörden-Ping-Pong mit den Bezirken
Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf zu beenden.
Neben einer vernünftigen Radinfrastruktur braucht es außerdem gut ausgebaute
Fußwege, denn jede Person ist mal zu Fuß unterwegs Und dabei sollen alle, egal
ob Kinder, Jugendliche, ältere Menschen oder Menschen mit Beeinträchtigungen,
sicher ihre Ziele erreichen können.
Dafür müssen unter anderem zwischen dem S-Wuhlheide und der Straße An der
Wuhlheide sichere
Fußwege geschaffen werden. Der Bereich der verlängerten Waldowallee, Rudolf-
Rühr-Allee/ Köpenicker Straße zum S Wuhlheide braucht hierbei besondere
Aufmerksamkeit, damit eine Infrastruktur entstehen kann, die Rad- und Fußverkehr
nicht gegeneinander oder mit dem Autoverkehr ausspielt. Deshalb werden wir
hierauf ein besonderes Augenmerk legen.
Und auch der Wirtschaftsverkehr braucht Angebote, die Gewerbegebiete sinnvoll
verbinden und Unternehmer*innen, Pflegekräfte und Handwerker*innen einfache Wege
ermöglichen. Es muss endlich ein Konzept erstellt werden, welches eine
Verkehrslenkung entlang der Landsberger Allee bzw. der L33 in Richtung Autobahn
umsetzt. Dazu muss die Prüfung von Gütergleisanschlüssen in Berlin Eastside und
am Cleantech-Park erneut auf die Agenda.
Neben einem Konzept von Verkehrslenkung und Management müssen wir zudem
ergänzend Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung zurückgreifen.
Ein Berlin, in dem Menschen unabhängig der Stadtlage bequem und sicher an ihre
Ziele kommen, ohne weiter unsere Lebensgrundlage zu zerstören, ist möglich und
wir wollen gemeinsam mit Anwohner*innen und zivilgesellschaftlichen Gruppen an
deren Umsetzung arbeiten. Menschen wollen und brauchen Mobilität, keinen Stau,
keine schlechte Luft und keinen Verkehrslärm. Wir nehmen die Bedürfnisse der
Menschen ernst, statt Interessen gegeneinander auszuspielen. Deshalb streiten
wir für den Ausbau des öffentlichen Nah-, Fuß- und Radverkehrs und den Erhalt
der Wuhlheide, des Biesenhorster Sands und des Biesdorfer Buschs.
Begründung
Dieser Antrag wurde gemeinsam mit Vertreter*innen der betreffenden Kreisverbände, der Landesarbeitsgemeinschaft Mobilität, der GRÜNEN JUGEND sowie zuständigen Abgeordneten für die letzte Landesdelegiertenkonferenz erstellt. Da dort die inhaltlichen Anträge nicht diskutiert werden konnten, reichen wir ihn nun für den LA neu ein. Wir haben außerdem einige Änderungsanträge eingearbeitet und den Antrag auf Grund neuer Ereignisse aktualisiert.
Unterstützer*innen
- Santiago Rodriguez Salgado (LV Grüne Jugend Berlin)
- Antje Kapek (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Harald Moritz (KV Berlin-Treptow/Köpenick)
- Anne-Christin Beutel (KV Berlin-Lichtenberg)
- Hans-Christian Höpcke (KV Berlin-Lichtenberg)
- Daniela Ehlers (KV Berlin-Lichtenberg)