Veranstaltung: | LA 19. November 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 4 Berlin hat die Wahl zu funktionieren – Die Zeit ist reif für ein Update |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesausschuss |
Beschlossen am: | 19.11.2022 |
Antragshistorie: | Version 3 |
Berlin hat die Wahl zu funktionieren - Die Zeit ist reif für ein Update
Beschlusstext
Über die Berliner Verwaltung wird seit Jahrzehnten lebendig und vielfältig
diskutiert. Es gibt
zahlreiche Vorschläge, die der Verwaltung Beine machen sollen: Vorschläge für
mehr Effizienz in der Bearbeitung von Anliegen der Stadtgesellschaft und für
eine bessere Umsetzung politischer Ziele.
Eins haben sie alle gemein: Sie haben bisher nicht den gewünschten Effekt
gebracht. Dass Berlin nicht in der Lage war, eine Wahl ordnungsgemäß
durchzuführen, ist der Höhepunkt und sollte allen klar machen: Die Zeit ist reif
für ein Update unter einer neuen Führung!
Ein großes Problem sind ineffiziente Strukturen und unklare Zuständigkeiten -
das berüchtigte Behörden-Ping-Pong, in dem sich viel zu oft niemand wirklich
verantwortlich fühlt. Die Berliner*innen merken dies, wenn sie einen Termin beim
Bürgeramt brauchen, wenn sie auf dem Amt eine Geburtsurkunde beantragen wollen,
oder sich mal wieder keine Stelle zuständig sieht, den Müllhaufen auf der Straße
zu entfernen.
Bündnis 90/Die Grünen haben einen Plan für eine grundlegende Reform der Berliner
Verwaltung. Unser Ziel ist eine klare Aufgabenverteilung und
Finanzierungsverantwortung, ein Klärungs- Mechanismus gegen “Behörden-Ping-
Pong“, die Digitalisierung von Verwaltungsabläufen und Bürger*innenservice und
eine konsequente gesamtstädtische Steuerung über alle Politik- und
Querschnittsfelder.
Auch die vielen motivierten und guten Mitarbeiter*innen der Verwaltung leiden
darunter, wenn sie das Gefühl haben, mit ihrer Arbeit nicht die möglichen
Ergebnisse und Ziele zu erreichen. Dies nehmen wir nicht länger hin.
Wir wollen daran arbeiten, dass Berlin endlich wieder funktioniert. Denn gerade
in einer Zeit der fortwährenden Krisen ist es entscheidend, dass sich unsere
Stadt auf eine starke und handlungsfähige Verwaltung verlassen kann. Dafür
schlagen wir fünf Leitlinien vor.
Vom Plan in die Tat: Gemeinsam, gesamtstädtisch, grün!
1) Klare Aufgabenverteilung - Transparenz und Finanzierungsverantwortung statt
undurchsichtiger Bürokratie
Wir schlagen folgende Grundsätze für eine neue und transparente
Aufgabenverteilung für die Berliner Verwaltung vor: Die Senatsverwaltungen
sollen sich künftig auf die ministeriellen, strategischen und gesamtstädtischen
Steuerungsaufgaben fokussieren. Landes- und Bezirksämter nehmen operative
Aufgaben wahr.
Die Unterscheidung von staatlichen und gemeindlichen Aufgaben macht transparent,
welche
Aufgaben grundsätzlich von der Hauptverwaltung bzw. den Bezirksverwaltungen
wahrgenommen werden. Um eigentlich gemeindliche Aufgaben im gesamtstädtischen
Interesse zentral zu bündeln, können diese auch in die Verantwortung der
Hauptverwaltung gezogen werden. Die gemeindlichen Aufgaben in der Verantwortung
der Hauptverwaltung erlauben es, im gesamtstädtischen Interesse Aufgaben auf der
Landesebene zu bündeln. Die Übertragung staatlicher Aufgaben an die
Bezirksverwaltungen hingegen ermöglicht unter Berücksichtigung der Größe Berlins
eine dezentrale Aufgabenwahrnehmung unter einer Fachaufsicht der
Senatsverwaltungen.
Mit den „Querschnittsaufgaben“ schaffen wir eine eigene Aufgabenart. Das sind
verwaltungsinterne Aufgaben, die in jeder Behörde anfallen, wie etwa Facility
Management, Digitalisierung, Personal, Weiterbildung. Durch die stärkere
Bündelung bei gesamtstädtischen Dienstleistern stellen wir sicher, dass diese
einheitlich in der gesamten unmittelbaren Landesverwaltung wahrgenommen werden.
Über diese grundsätzliche Aufgabenverteilung hinaus sehen wir wichtige
Steuerungsaufgaben auch in den Bezirksämtern, denn für eine gesamtstädtische
Steuerung braucht es auch eine transparente, dezentrale Verantwortung in unseren
zwölf „Großstädten“. Deswegen werden wir die Rolle der
Bezirksbürgermeister*innen weiterentwickeln.
Zu jeder Aufgabe gehören die nötigen finanziellen und personellen Ressourcen.
Als Grundsatz setzen wir dabei auf die Umsetzung des Konnexitätsprinzips.
Gemeint ist damit, dass die Instanz (Staatsebene), die über eine Aufgabe
entscheidet, auch für die Finanzierung verantwortlich ist. Vereinfacht: "Wer
bestellt, bezahlt“. Wenn also Senatsverwaltungen für ihr Politikfeld
gesamtstädtische Verantwortung übernehmen, sind sie auch dafür verantwortlich,
dass die Bezirke die nötigen Ressourcen zur Verfügung haben, um Ihre Aufgaben zu
erfüllen. Damit wollen wir das verantwortungslose „mit dem Finger auf die
Bezirke zeigen“ beenden.
Die neue Aufgabenverteilung wird in der Geschäftsverteilung des Senats, dem
Berliner Produktkatalog sowie dem Zuständigkeitskatalog nach Politik- und
Querschnittsfeldern gegliedert. Dies macht transparent, welche Behörden an einem
Themenfeld beteiligt sind, kooperieren müssen und wie viel Geld für jedes
Politikfeld insgesamt zur Verfügung steht. In der Konsequenz können Aufgaben und
Ressourcen neu verteilt werden.
Unser Vorschlag an einem Beispiel:
Seit Jahren können die Bezirke Ihrer Aufgaben zur Grünpflege auch aus
Ressourcengründen nicht angemessen nachkommen. Um dem entgegenzuwirken, hat die
für Umwelt zuständige Senatsverwaltung Verantwortung für Ihr Politikfeld
übernommen und ist systematisch dafür eingetreten, dass mit der Grünbauoffensive
zusätzliche Ressourcen für diese Aufgabe bereit stehen und hat sichergestellt,
dass die Mittel wirkungsvoll eingesetzt werden.
2) Behörden-Ping-Pong vermeiden: Mut, Aufgaben in klare Verantwortlichkeit
abzugeben
Viele Probleme können nur gemeinsam von Land und Bezirken gelöst werden. Damit
die Erledigung von Aufgaben schnell erfolgt, statt sie zwischen Behörden hin und
herzuschieben, braucht es eindeutige Prozesse, eine gemeinsame
Ergebnisverantwortung und einen Mechanismus, der hilft, unklare Zuständigkeiten
und Aufgaben verbindlich zuzuordnen.
Die Verantwortung für diesen Klärungsmechanismus muss zukünftig bei der
Regierenden
Bürgermeisterin liegen. Alle Teile der unmittelbaren Landesverwaltung sowie
Träger öffentlicher Belange sollen jährlich Zuständigkeits- oder
Ressourcenfragen bei der Senatskanzlei benennen, die aus der jeweiligen Sicht
„strittig“ sind, weil Zuständigkeiten unklar geregelt, Aufgaben nicht mehr
richtig zugeordnet oder die Ressourcen nicht mehr ausreichen, um die Aufgaben
sachgerecht zu erfüllen.
In einem von der Senatskanzlei organisierten Verfahren erzielen der Rat der
Bürgermeister*innen und der Senat in einem festgelegten Zeitraum Einvernehmen
über die Verortung im Allgemeinen Zuständigkeitskatalog, der Geschäftsverteilung
des Senats sowie im Produktkatalog, und verständigen sich über die nötigen
Ressourcen. Wird innerhalb dieser Zeit kein Einvernehmen erzielt, entscheidet
das Berliner Abgeordnetenhaus auf Vorschlag des für Verwaltung zuständigen
Ausschusses.
Für das Jahr 2023 schlagen wir vor, diesen Mechanismus auf mindestens 20
herausragende und komplizierte Verfahren aus verschiedenen Politikfeldern
anzuwenden.
Der Bedarf für einen solchen Mechanismus wird auf absehbare Zeit bleiben, da
sich neue Aufgaben ergeben, eine Aufgabe in einer anderen Qualität als früher
erledigt werden soll oder die Digitalisierung neue Perspektiven bietet. Der
Mechanismus bietet daher auch die Grundlage für eine stetige Weiterentwicklung
der Aufgabenverteilung der Berliner Verwaltung.
Unser Vorschlag an einem Beispiel:
Die alljährliche Debatte zur Kältehilfe: Die Bezirke sind für die Unterbringung
zuständig. Sie
mussten aber alle ungenutzten Immobilien an den Senat bzw. die Berliner
Immobilienmanagement GmbH (BIM) abgeben. Die finanzielle Zuweisung für diverse
Aufgaben... ist zu gering. Kurz: sie haben keine Chance die Aufgabe zu erfüllen.
Was passiert Jahr für Jahr? Die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und
Soziales bezahlt eine Koordinierungsstelle Kältehilfe für die Akquise von
Räumlichkeiten, die Senatsverwaltung für Finanzen schreibt mal früher, mal
später, dass sie die Kosten der Räumlichkeiten, die die (Senats-
)Koordinierungsstelle Kältehilfe organisiert, übernimmt. Und am Ende der
Kältehilfesaison ist allen klar: Beim nächsten Mal lösen wir die Aufgabe
effizienter. Leider fehlt das Zeitlimit.
Wir sind überzeugt, das Ergebnis der Zuständigkeitsklärung wäre: Wir geben die
Aufgabe
inklusive Finanzierung an die Koordinierungsstelle Kältehilfe und verankern
diese in einem
Landesamt mit der entsprechenden Fachkompetenz Unterbringung im Politikfeld
Soziales,
vermutlich dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF). Aufgaben und
Ressourcen
sind damit in einer Hand. Für die konkrete Aufgabe eine sachgerechte Lösung.
3) Digitalisierung: E-Akte und digitales Bürgeramt
Fehlende Digitalisierung verlangsamt Verwaltungshandeln in allen Bereichen und
frustriert. Sie überlastet die Bürgerämter, bindet massive Personalressourcen in
allen Behörden, verlängert Genehmigungsverfahren und schafft durch fehlende
Datenverfügbarkeit ein enormes Transparenzdefizit.
Digitalisierung ermöglicht, dass Bürgeramtstermine gar nicht erst nötig werden.
Denn eine
Wohnungsummeldung kann auch online erfolgen. Der Projektstand von Baumaßnahmen
sollte jederzeit online einsehbar sein. Dann wissen interessierte Bürger*innen
auch ohne Anfrage beim Amt Bescheid, was in unserer Stadt passiert. Und die E-
Akte ermöglicht mobiles und zeitgemäßes Arbeiten in der Berliner Verwaltung.
Dadurch gewinnt der Arbeitsplatz Attraktivität, um Fachkräfte der Zukunft zu
gewinnen.
Was wir dafür brauchen, ist eine schlankere und transparentere Struktur der
Steuerung der
Informations- und Kommunikationstechniken (IKT-Steuerung). Digitalisierung muss
nicht nur auf dem Papier Priorität haben und von den Bedürfnissen der Berliner
Bürger*innen und der Wirtschaft her gedacht werden. Von anderen Bundesländern,
die uns voraus sind, wollen wir lernen. Gemeinsam mit ihnen machen wir uns für
gemeinsame Digitalisierungslösungen stark. Einem Anwohnerparkausweis ist es
egal, ob das Auto in Berlin oder in Dortmund parkt. Der Onlineservice in Berlin
muss sich daher nicht von dem anderer Kommunen unterscheiden.
Für dieses Vorhaben ist die Einführung der E-Akte zentral. Anders als bisher
durch die IKT-Steuerung vorgesehen, muss diese allerdings landesweit gedacht
werden - also auch als Mittel der Kommunikation zwischen Behörden dienen.
Voraussetzung dafür ist, dass die Senatsverwaltungen im Rahmen ihrer
Verantwortlichkeit für die Digitalisierung in ihrem Politikfeld die nötigen
Anbindungen bestehender und neuer Fachverfahren zeitnah realisieren. Die für
Digitalisierung zuständige Verwaltung muss durch Basisdienste die gesamte
Verwaltung mit den nötigen Tools ausrüsten. Denn nichts ist weniger
zukunftsfähig, als Digitalisierung in jedem Bezirk oder jeder Senatsverwaltung
eigenständig zu erfinden.
Unser Vorschlag an einem Beispiel:
In vielen Städten werden Anwohnerparkausweise vollautomatisch versandt. Eine
Anmeldung
genügt, und das Geld wird alle zwei Jahre abgebucht und die Vignette verschickt.
Berlin
scheitert seit zehn Jahren an dieser Aufgabe, da die beiden dafür nötigen
Register -Melde-
register und Fahrzeugregister- nicht miteinander kommunizieren. Trotz Hinweisen
aus den
Bezirken baut Berlin aktuell einen neuen Prozess, der genau diese Schnittstelle
erneut
auslässt. Für Bündnis 90/Die Grünen ist klar: Digitalisierung muss immer
durchgehend
medienbruchfrei gedacht werden. Mit einer Konkretisierung im E-Governmentgesetz
wollen
wir die Schlupflöcher für Senatsverwaltungen schließen.
4) Dynamisches Arbeiten und ermutigende Personalführung
In einer guten Verwaltung hilft man sich gegenseitig. Motivierte und gut
qualifizierte Beschäftigte sind dabei die wichtigste Ressource. Die Arbeit für
den Staat und die Gesellschaft ist sinnstiftend, sie muss aber auch Freude
machen und den Kriterien für gute Arbeit entsprechen. Das ist heute nicht immer
der Fall. Die Arbeitsbedingungen müssen attraktiv sein, das Management soll
Führung ernst nehmen, Strukturen müssen lösungsorientiert gedacht werden und die
Abläufe von Kooperation und Wertschätzung geprägt sein. Nur dann kann die
Berliner Verwaltung ihre vorhandenen Ressourcen und Potentiale bestmöglich
einsetzen.
Wir wissen heute schon, dass der Fachkräftemangel in den kommenden Jahren
deutlich mehr Flexibilität von der Verwaltung erfordern wird. Gleichzeitig
steigen durch multiple Krisen die Anforderungen an das Management der Behörden.
Es wird mehr als heute nötig sein, Verantwortung für das Funktionieren des
Gesamtsystems zu übernehmen und das versäulte Denken durch die sektoralen
Aufteilung von Zuständigkeiten und Aufgabenbereichen abzulegen. Dafür braucht es
einen neuen Führungsstil in der Berliner Verwaltung. Führungskräfte müssen in
ihren Entscheidungen immer auch das Funktionieren des Gesamtsystems in den Blick
nehmen.
Die Vielfalt der Beschäftigten soll die Vielfalt der Stadtgesellschaft
widerspiegeln. Deswegen muss ein neuer Führungsstil Diskriminierungen
entgegenwirken, eine Willkommenskultur etablieren, Engagement unterstützen,
Vielfalt fördern und Arbeitsplätze attraktiv gestalten. Mit zeitgemäßer
Arbeitsplatzausstattung, guten Arbeitsbedingungen und flexiblen Arbeitsmodellen
in der Verwaltung locken und binden wir kluge Köpfe. Auch die
Einstellungsprozesse müssen hierzu angepasst werden.
Die Gewinnung und Qualifizierung von Personal muss dabei auch strukturell neu
aufgestellt werden. Wir schlagen vor, dass jeder Bezirk für einen anderen
Aufgabenbereich gemeinsam mit der verantwortlichen Senatsverwaltung
Musteraufgabenbeschreibungen erstellt, damit Ausschreibungen in allen Bezirken
schnell und effizient gestaltet werden und Stellen mit denselben
Aufgabenprofilen gleich bewertet sind, egal in welchem Bezirk die Arbeit
erledigt wird. Es sollen darüber hinaus alle personalwirtschaftlichen
Möglichkeiten genutzt werden, um die Flexibilität der Beschäftigten in
dringenden Einsatzsituationen zu fördern und zu unterstützen. Temporäre
Abordnungen in „notleidende“ Bereiche sollten honoriert und im Rahmen der
Personalentwicklung positiv bewertet werden.
Unser Vorschlag an einem Beispiel:
Shared Service Angebote tragen zu einem schnellen Onboarding bei. Beispielhaft
hat die enge Zusammenarbeit von Senatsverwaltung für Finanzen und dem Bezirk
Neukölln zu Beginn der Fluchtbewegung gezeigt, welche Potentiale ein Miteinander
der Verwaltungsebenen haben kann. Durch die enge Zusammenarbeit konnte in der
Krise durch eine Geschäftsstelle beim Bezirk Neukölln ein wesentlicher Teil der
Personalakquise für andere Bezirke übernommen werden. Dem Beispiel folgend wird
dies aktuell für das schnelle Einstellen von Personal zur Bearbeitung von
Wohngeld und zur Vorbereitung der Wahlen ausgeweitet.
5) Gesamtstädtische Steuerung verankert in unserer Verfassung
Berlin braucht allein schon wegen seiner Größe eine gesamtstädtische Steuerung
und dezentrale Verantwortung. Zu Themen und Aufgaben von gesamtstädtischer
Bedeutung werden wir ressort- und ebenenübergreifende Planungen und Strategien
entwickeln und die zur Umsetzung nötigen Zielvereinbarungen mit den Bezirken
schließen.
Die Senatskanzlei hat im letzten Jahr einen solchen Prozess zwar mit einem
großen Event begonnen, ist aber bisher nicht durch große Leidenschaft
aufgefallen, an den Details der Umsetzung zu arbeiten. Bündnis 90/Die Grünen
räumen dem Prozess die nötige Priorität ein. Gleichzeitig wollen wir einen Weg
finden, um sicherzustellen, dass die mit den Zielvereinbarungen gesetzten Ziele
auch erreicht werden.
Wir setzen uns daher weiter dafür ein, die Fachaufsicht der jeweils zuständigen
Senatsverwaltung zur Umsetzung von Zielvereinbarungen mit den Bezirken
einzuführen. Zielvereinbarungen sind eine Möglichkeit, gemeinsam neue Standards
zu definieren bzw. die einheitliche Leistungserbringung in allen Bezirken zu
gewährleisten. Die verantwortliche Senatsverwaltung ist hier in der
Umsetzungsverantwortung. In Projektvereinbarungen kann die Erprobung neuer
Aufgaben oder anderer Aufgabenerledigung erarbeitet werden.
All dies macht deutlich, dass auch ohne Verfassungsänderung viel möglich ist.
Darüber hinaus gibt es aber Grenzen, die ohne eine Verfassungsänderung nicht
überwindbar sind.
Für Bündnis 90/Die Grünen sind die Bezirke wichtige Orte lokaler Demokratie und
aktiver Beteiligung. Bislang werden Bezirksämter nach Proporz besetzt – die
Parteien stellen Stadträt*innen entsprechend ihrem Wahlergebnis. Politische
Verantwortlichkeit in den Bezirksämtern endet dabei bisher an den Grenzen des
jeweiligen Geschäftsbereiches, wodurch es zur Blockade bei der Erfüllung
wichtiger Aufgaben kommen kann. In der Berliner Verfassung ist dies mit den
Sätzen: „Jedes Mitglied des Bezirksamts leitet seinen Geschäftsbereich in
eigener Verantwortung.“ verankert. Damit ist jede diese*r insgesamt 72
Stadträt*innen im jeweiligen Aufgabengebiet „allein“ zuständig. Dieses Prinzip
kann nur durch eine Anpassung der Berliner Verfassung geändert werden.
Unser Ziel ist es, ein „politisches Bezirksamt“ wieder einzuführen. Nur so wird
für die Bürger*innen nachvollziehbar, welche Parteien für welche Politik im
Bezirk in der Verantwortung stehen.
Unser Vorschlag an einem Beispiel:
Die BVV wählt das Bezirksamt entsprechend ihrer Mehrheit. Mit dem politischen
Bezirksamt
können die Einwohner*innen des jeweiligen Bezirks die politische Verantwortung
für das
Verwaltungshandeln im Bezirk klarer nachvollziehen. Statt der bisherigen inneren
Blockade
kann eine politische Mehrheit schneller Entscheidungen treffen und effektiver
umsetzen. Um
bezirkliche Koalitionswechsel während der Legislaturperiode zu ermöglichen,
entfällt die
Zweidrittelmehrheit zur Abwahl von Bezirksamtsmitgliedern. Die Abwahl kann aber
nur durch
ein "konstruktives Misstrauensvotum" erfolgen, d.h. sie muss mit der Neuwahl von
BA-
Mitgliedern verbunden werden.
Eins ist sicher: Auch zukünftig werden wir uns Krisen stellen müssen. Das
gelingt nur mit einer widerstandsfähigen und gleichzeitig anpassungsfähigen
Verwaltung. Darum gilt es jetzt die Verwaltung ernsthaft und aus einer Hand zu
reformieren: Gemeinsam im Bündnis, gesamtstädtisch, grün!
Antragsteller*innen:
Landesvorstand
Jana Borkamp
Peter Broytman
Werner Graf
Monika Hermann
Julia Schneider
Stefan Ziller