Kapitel: | Kapitel 2: Zusammenhalt sichern – niemand bleibt zurück |
---|---|
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 08.12.2022) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 09.12.2022, 20:43 |
ÄA Kapitel 2.2 zu K-3: Kapitel 2: Zusammenhalt sichern – niemand bleibt zurück
Antragstext
Von Zeile 1 bis 10:
Berlin funktioniert nur zusammen. Wir haben viel vor mit dieser Stadt und niemand darf dabei zurückbleiben. Insbesondere Alleinerziehende, People of Color, Kinder, ältere Menschen, prekär Beschäftigte, Soloselbstständige, Erwerbssuchende, Menschen mit Behinderung und geflüchtete Menschen sind von Armut, Verdrängung und Ausgrenzung bedroht. Die Corona-Pandemie hat diesen Zustand weiter verschärft, viele haben ihre Erwerbsgrundlage verloren. Sie alle suchen vergebens nach bezahlbaren Wohn- und Gewerberäumen. Auch soziale Träger werden mehr und mehr aus der Stadt verdrängt. Wir kämpfen für ein Berlin, in dem alle sicher wohnen, teilhaben und ihren Platz in der Gesellschaft finden können. Auch in der kommenden Legislaturperiode hat dies für uns höchste Priorität.In Zeiten von sich gegenseitig überlappenden Krisen und extremen Unsicherheiten dürfen wir Menschen nicht gegeneinander ausspielen und niemanden zurücklassen. Die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine verdeutlichen unsere Abhängigkeit von fossiler Energie und sorgen für eine extreme Inflation mit massiven Preissteigerungen. In den letzten Jahren hat die Corona-Pandemie bereits viele Menschen an den Rand der wirtschaftlichen Existenz gebracht und Armut weit in die Gesellschaft getragen. Viele Berliner*innen müssen nun noch kürzertreten und zu viele wissen nicht, wie sie über den Monat kommen sollen. Armut war bereits vor der Inflation eine große Herausforderung in Berlin und hat sich in den letzten Monaten massiv verschärft. Kinderarmut, Altersarmut und Energiearmut sorgen für Schlangen bei den Tafeln. Auch die Situation obdachloser Menschen hat sich verschärft. Von Armut betroffen sein, macht krank und verhindert gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft. Gerade Alleinerziehende, Schwarze Menschen, People of Color, Kinder, ältere Menschen, prekär Beschäftigte, Soloselbstständige, Erwerbssuchende, Menschen mit Behinderung und geflüchtete Menschen sind von Armut, Verdrängung und Ausgrenzung betroffen.
Die Wohnungsnot in Berlin verschärft die Situation von Armut betroffener Menschen. Auch soziale Träger verlieren bezahlbare Räumlichkeiten. Wir kämpfen für ein Berlin, das niemanden zurücklässt, in dem von Armut Betroffene Hilfe bekommen, um diese zu überwinden, in dem alle sicher und bezahlbar wohnen, sich gesund ernähren, gleichberechtigt teilhaben und ihren Platz in der Gesellschaft finden können. Der Kampf gegen Armut hat für uns höchste Priorität.
Wohnen ist keine Ware – Gemeinwohlverpflichtung für Wohnraum durchsetzen!
Wohnen ist keine Ware – Gemeinwohlverpflichtung für Wohnraum durchsetzen!
Von Zeile 42 bis 44 einfügen:
garantiert und die Gehälter gerade der Beamt*innen angehoben, die kleinere Einkommen haben. Sei das bei der Polizei, bei der Feuerwehr oder in der Verwaltung.
In der Bundesregierung tragen wir Verantwortung, dass Deutschland gut durch diese Krise kommt. Um die Energiepreise bezahlbar zu halten haben wir eine Gas- und Strompreisbremse eingeführt - und wir adressieren Menschen in schwierigen Lagen ganz gezielt. Mit der Wohngeldreform weiten wir den Kreis der Berechtigten massiv aus, die Kindergelderhöhung auf 250 Euro für jedes Kind hilft vor allem Familien mit weniger Geld. Mit dem Bürgergeld haben wir große Verbesserungen für Menschen in der Grundsicherung erreicht und den Regelsatz um gut 50 Euro pro Monat angehoben. Und für Haushalte, Unternehmen oder Einrichtungen, die besonders hart von den hohen Energiepreisen betroffen sind, haben wir Härtefall-Regelungen geschaffen. So helfen wir zum Beispiel gezielt Mieter*innen sowie sozialen oder kulturellen Einrichtungen.
Um die Berliner*innen in dieser schweren Zeit nicht allein zu lassen, haben wir auf Landesebene ein Entlastungspaket im Umfang von 3 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Damit unterstützen wir den Ausbau erneuerbarer Energien, entlasten mit dem 9-Euro Sozialticket sowie dem 29 Euro Ticket die Berliner*innen und leisten damit gleichzeitig einen Beitrag für die Verkehrswende und für mehr Klimaschutz. Ebenso haben wir im Umfang von 30 Millionen Euro einen Härtefallfonds gegen Energieschulden aufgelegt, um betroffene Berliner*innen bei ihren Strom-, Gas- und Heizkosten zu unterstützen. Den Härtefallfond und günstige Mobilität wollen wir dauerhaft zur Bekämpfung von Armut etablieren. Und wir unterstützen kleine und mittelständische Unternehmen bei der Transformation. Das erhält Arbeitsplätze und sichert das Einkommen vieler Berliner*innen.
Mit dem Kündigungsmoratorium für die 350.000 Wohnungen von landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sowie den Wohnungen des Studierendenwerks Berlin schützen wir Mieter*innen bis Ende 2023. Wir unterstützen die sozialen Träger und Vereine unserer Stadt bei den steigenden Energiekosten mit 130 Millionen Euro und wir haben ein Landesprogramm zur Energieberatung mit unserer Bürgermeisterin Bettina Jarasch aufgelegt. Damit stärken wir die Energieberatungen sowie die Energieschuldnerberatungen in Berlin.
Von Zeile 367 bis 527:
2.2 Armut bekämpfen, Sicherheit geben und Perspektiven schaffen
Fast jede*r fünfte Berliner*in ist armutsgefährdet. Die aktuelle Inflation und die Energiekrise verschärfen diese Situation. Besonders betroffen sind Frauen, ältere Menschen, Alleinerziehende, Familien mit vielen Kindern, migrantisierte Menschen, Eingewanderte und Geflüchtete, Kinder und Jugendliche, erwerbslose Menschen, oder Menschen mit geringen Einkommen. Wir wollen allen von Armut bedrohten Menschen soziale Sicherheit garantieren und ihnen eine Perspektive geben.
Vor allem braucht es weiterhin schnelle und möglichst unbürokratische Hilfen. Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine setzen wir uns für zielgenaue und gerechte Entlastungen ein und intensivieren sie in diesem Winter. Schon jetzt konnten Bündnisgrüne in Verantwortung dafür sorgen, dass spezifische Hilfen für Familien, Studierende und Rentner*innen geleistet, sowie Strom- und Gaspreise gedämpft werden, Heizkostenzuschüsse fließen, das Wohngeld steigt und das neue Bürgergeld kommt. In Berlin verstärken wir durch den letzten Nachtragshaushalt die Wirkung der Bundeshilfen für alle Berliner*innen, die Wirtschaft der Stadt und unsere gemeinsame Infrastruktur mit dem 29 und 9 Euro Ticket, einem Mietenstopp bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen, sowie erweiterten Wirtschafts- und Energiehilfen.
Gemeinsam mit unserer Bundespartei werden wir darauf hinwirken, dass die Entlastungen noch deutlich stärker als bisher vor allem bei denen ankommen, die sie am dringendsten benötigen. Das heißt für uns: Garantiesicherungen in allen Lebenslagen, eine Kindergrundsicherung, eine Garantierente und ein soziales Bürgergeld. Wir folgen auch den Empfehlungen des Jahresberichts der Wirtschaftsweisen und setzen uns dafür ein, dass wirtschaftlich starke Schultern mehr Verantwortung tragen müssen.
Bei der Umsetzung der bisherigen Vorgaben haben wir in Berlin bereitsneue Weichen gestellt. Die Übernahme von Kosten der Unterkunft für SGB II und XII Bezieher*innen haben wir an die steigenden Mieten und Energiekosten angepasst. Zehntausende Mieter*innen können so wieder ohne Angst vor Obdachlosigkeit leben.
Und um Menschen in Arbeit vor Armut zu schützen, haben wir den Landesmindestlohn auf 13 Euro angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und Freischaffende festgelegt. In all diesen Feldern werden wir unseren Weg konsequent weitergehen.
Unsere Antwort auf Putins Angriff auf die Ukraine und die Demokratie lautet: Mehr Solidarität. Unsere Solidarität ist dabei krisenfest und unverbrüchlich. Allen Versuchen, unterschiedliche von Armut betroffene Gruppen gegeneinander auszuspielen, erteilen wir eine klare Absage.
Energiearmut nachhaltig bekämpfen
Jährlich bekommen 191.000 Berliner*innen eine Sperrandrohung für nicht bezahlte Strom- oder Gasrechnungen. 14.000 Berliner*innen wurde im letzten Jahr die Energiezufuhr für den Haushalt unterbrochen. Durch die steigenden Energiepreise droht sich diese Zahl weiter zu erhöhen. Gleichsam betroffen sind auch soziale Träger, die ebenfalls unter den hohen Energiekosten leiden. Auf der Bundesebene sorgen wir mit der Strom- und Gaspreisbremse für spürbare Entlastungen, in Berlin schaffen wir mit dem Härtefallfonds sowie den Ausbau frühzeitiger präventiver Hilfen Instrumente, um Energiearmut zu verhindern. Wir wollen eine behördliche Genehmigungspflicht für Energiesperren einführen und setzen uns hierzu auf Bundesebene dafür ein. Außerdem sollen bei Personen, bei denen eine Energiesperre zu einem erheblichen sozialen Härtefall führen würde, nicht mehr vollzogen werden dürfen. Ebenso setzen wir uns auf der Bundesebene dafür ein, dass Energieversorger für soziale Organisationen eigene Energietarife einrichten müssen. Schließlich wollen wir das Landesprogramm „Stromsparcheck“ mittelfristig in ein eigenes Landesprogramm überführen und die Energiesparhelfer*innen fest anstellen und hierzu ein eigenes Berufsbild entwickeln. Energieeinsparungen bleiben das beste Mittel gleichzeitig Geld zu sparen und die Umwelt zu schützen. , Die Berliner*innen wollen wir durch gute Beratungsangebote dabei bestmöglich unterstützen.
Familien- und Kinderarmut bekämpfen
Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Familienarmut überwinden. Dabei geht es uns nicht nur um die etwa 180.000 Kinder in Berlin, deren Eltern auf Transferleistungen angewiesen sind. Wir kümmern uns um alle Kinder, die sozial, finanziell oder durch strukturelle Diskriminierung benachteiligt sind.
Seit wir 2016 Verantwortung übernommen haben, ist viel passiert. Von kostenfreier Kita- und Hortbetreuung, dem kostenfreien Schulessen in der Grundschule oder dem kostenfreien ÖPNV-Ticket für Schüler*innen profitieren insbesondere von Armut betroffene und bedrohte Familien. Um diesen Familien nachhaltig zu helfen, arbeitet unsere Bundesfamilienministerin Lisa Paus an weiteren Entlastungen auf Bundesebene. Die ungerechte Dreiklassenförderung von Freibeträgen, Kindergeld und Kinderregelsatz wollen wir mit einer Kindergrundsicherung völlig neu und gerecht gestalten.
Doch auch in Berlin setzen wir vor Ort an: Um Familien und Kinder in allen Lebenslagen zu erreichen, brauchen wir ein Netzwerk gegen Kinderarmut. Mit der Arbeit der „Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut“, der Landesarmutskonferenz, des Familienbeirates oder dem Zusammenschluss der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege (LIGA) sind Grundlagen erarbeitet worden. Jetzt geht es an die Umsetzung. Wir wollen einen zentralen Informationsatlas mit allen Einrichtungen erstellen, von den Tafeln über die Familienzentren bis zu Jugendfreizeiteinrichtungen. Das Netzwerk soll so leistungsstark werden, dass der erste Schritt der Beratung auch der letzte ist, da ein abgestimmtes Verfahren zur Unterstützung folgt. Prävention statt nachträgliches Ausbügeln ist das Ziel. Starke Netzwerke brauchen starke Akteur*innen. Darum haben wir in den vergangenen Jahren begonnen, gute Projekte auf Landesebene finanziell abzusichern. Die Stadtteilmütter sind raus aus der unsicheren Projektförderung und sind mit festen Stellen in den Bezirken gesichert. Gleiches gilt für die Babylots*innen, die Familien schon um die Geburt eines Kindes betreuen. Es ist gelungen, die Arbeit der Babylots*innen auf alle Geburtsstationen in Berlin auszuweiten und die psychosoziale Unterstützung zu verstärken. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Familien in schwierigen Situationen wie Alleinerziehende und einkommensschwächere Familien brauchen besondere Unterstützung. Darum haben wir uns in den vergangenen Haushaltsverhandlungen für ein „Flexibudget“ für die Bezirke eingesetzt. Dies wollen wir nach der Wahl in allen Bezirken umsetzen. Die Sozialarbeiter*innen vor Ort sollen die Möglichkeit bekommen, unkompliziert eine Familientherapie oder Jugendsozialarbeit zu finanzieren, gerade dann, wenn Familien und Kinder zwischen den Paragraphen verloren zu gehen drohen. Prävention stärken wir darüber hinaus, indem wir in den Familienbüros, die wir etablieren wollen, nicht nur Leistungen der Ämter einfacher zugänglich machen, sondern die Familienbüros auch mit Sozialarbeiter*innen ausstatten, die Eltern schnell und unbürokratisch beraten können.
In einem Modellprojekt haben wir in den vergangenen Jahren im Bezirk Mitte eine besonders intensive Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“, in denen kein Elternteil arbeitet, getestet. Durch die Betreuung in einem eigenen Team ist es gelungen, mehr als 200 Personen in Arbeit zu bringen. Ein Erfolg, den wir fortsetzen und auch in anderen Bezirken wiederholen wollen.
Daneben wollen wir die soziale Teilhabe der von Armut betroffenen Berliner Familien verbessern. Dazu werden wir den Kreis der Berlinpass-Berechtigten ausweiten. Den Familien stehen mit dem Berlinpass zahlreiche Vergünstigungen bei über 360 Einrichtungen zur Verfügung. Jedoch ist die Suche nach gewünschten Angeboten zu unübersichtlich, erfordert das Recherchieren auf vielen Webseiten und kostet je nach Einrichtung unterschiedlich viel Geld. Um hier einen besseren Überblick für Berlinpass-Inhaber*innen zu schaffen wollen wir eine digitale Lösung einrichten, die aktuelle Angebote auflistet, sodass gezielt und benutzerfreundlich nach Einrichtungen für unterschiedliche Bedarfe gesucht werden kann. Außerdem wollen wir weitere Vergünstigungen für armutsbetroffene Familien und schlagen analog zum kostenlosen Museumssonntag kostenfreie Tage für weitere Angebote vor.
Auch Altersarmut muss mit zielgenauen Angeboten verringert werden. Wir wollen niedrigschwellige Beratungsangebote ausbauen, damit mehr Senior*innen die ihnen zustehenden Sozialleistungen ohne Scham und Stigmatisierung in Anspruch nehmen. Dazu wollen wir die Sozialberatung in den Stadtteilzentren und in den Senior*innenfreizeitstätten weiter ausbauen sowie das Programm „Berliner Hausbesuche“ verstetigen und auf alle Berliner Bezirke ausweiten.
Die steigenden Pflegekosten treiben zusätzlich viele Berliner*innen in Altersarmut. Seit September 2022 müssen Menschen, die ambulant pflegebedürftig sind, einen höheren Eigenanteil bezahlen. Der höhere Eigenanteil in der ambulanten Pflege ist von älteren Menschen mit geringem Alterseinkommen kaum noch zu bezahlen, sodass diese bzw. ihre Angehörigen in die Armut durch die Pflegekosten rutschen. Leistungen der Pflegeversicherung müssen dynamisiert werden; abhängig von der Dauer der Pflege setzen wir uns auf Bundesebene für einen sinkenden Eigenanteil sowie ein Pflegegeld für pflegende Angehörige ein.
Die Zahl überschuldeter Berliner*innen wird angesichts der Inflation wieder ansteigen. Wir setzen uns für einen Ausbau der bezirklichen Schuldnerberatungen ein. Um Überschuldung nachhaltig zu verringern, braucht es mehr Prävention. Hierzu wollen wir gemeinsam mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungen geeignete Angebote etablieren.
Das Dickicht der Sozialbürokratie lichten – Hilfe auf Augenhöhe organisieren
Ein zentraler Hebel im Kampf gegen Armut ist, das Dickicht der Sozialleistungen so zu ordnen, dass Menschen nicht länger im Unterholz der Sozialbürokratie verloren gehen. Es liegt an der Politik, Sozialämtern, Jobcentern und Gesundheitsämtern und den dort Beschäftigten die Werkzeuge und Arbeitsbedingungen an die Hand zu geben, Betroffenen passgenau zu helfen. Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration, psychosoziale Betreuung, Schuldner- und Suchtberatung oder Kinder- und Familienbetreuung sollen überall Hand in Hand gehen, innovative Ansätze aus einzelnen Jobcentern sollen auf alle anderen übertragen werden. Auch Altersarmut braucht Beachtung und zielgenaue Angebote. Die Rädchen müssen vor Ort ineinandergreifen. Damit Menschen genau die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Dafür müssen die besten Modelle aus allen Bezirken zusammengetragen und Vorbild für die ganze Stadt werden. In den Berliner Jobcentern wird sehr kreativ an Lösungen für jeden Einzelfall gearbeitet. In Lichtenberg werden Menschen zusätzlich psychologisch betreut. In Mitte war ein Projekt zur Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“ erfolgreich. In Neukölln haben wir ein Präventionsteam aufgebaut, um Obdachlosigkeit zu vermeiden und Wege aus der Krise zu zeigen.
Orientierung am Sozialraum der Menschen
Die Arbeit der Ämter und der sozialen Träger wollen wir um die Bedürfnisse von Menschen in ihrem Lebensumfeld organisieren – nicht entlang bürokratischer und finanzieller Logiken. Denn niedrigschwellige und umfassende Unterstützung und Mitbestimmung dort, wo man lebt, baut Hürden für alle Berliner*innen ab. In diesem Sinne bedeutet Sozialraumorientierung das konsequente Umsteuern auf Prävention. Jugendhilfe funktioniert dort besonders gut, wo sozialraumorientiert und damit präventiv gearbeitet wird. Andernorts explodieren die Fallkosten. Über das Familienfördergesetz wollen wir Kiez-Teams aufbauen, die bei Meldungen Familien, Senior*innen und Einzelpersonen aufsuchen und Unterstützung leisten. Dabei sollen „Frühe Hilfen“, die Stadtteilmütter, Jugendeinrichtungen, Schulen, Sportvereine, die Jobcenter oder die Schuldnerberatung eng miteinander kooperieren. Die sogenannten „67er-Hilfen“ in der Sozialhilfe, also Leistungen zur Überwindung von sozialen Schwierigkeiten, wollen wir in den Bezirken einheitlich anwenden.
Wir wollen in den bestehenden lebensweltlich orientierten Räumen für alle Bereiche datenbasiert genau die Angebote schaffen, die benötigt werden, um die Sozialeinrichtungen, die Ämter und deren Angebote zu vernetzen und passgenau aufzustellen. Dazu wollen wir die Fachstruktur der Sozialraumorientierung in den Bezirken vereinheitlichen und mit einer Lenkung auf Senatsebene flankieren. Die Qualitätssicherung soll systematisiert und in ganz Berlin strukturiert werden, um Flexibilität und hohe Qualität zu verbinden.
Armuts- und Sozialberichterstattung neu ordnen
Grundlage einer ressortübergreifenden Strategie muss eine integrierte Armuts-, Sozial- und Gesundheitsberichterstattung sein. In Berlin gibt es ein umfassendes Berichtswesen zu einer Vielzahl relevanter Themen: die Gesundheits- und Sozialberichterstattung, die Umweltgerechtigkeitskarte, den Umweltatlas, Lärmkarten, die Obdachlosenzählung und vieles mehr. Wir wollen den Wildwuchs an Analysen und Berichten systematisieren und zusammenführen. So können wir noch besser als bisher gegenseitige Abhängigkeiten identifizieren und in die politische Steuerung einfließen lassen. Das gilt auch für die Erfassung der Lage von Obdachlosen. Die bundesweit erste systematische Obdachlosenzählung im Februar 2020 war ein wichtiger Schritt. Wir setzen uns für ihre Fortsetzung ein, um Angebote noch gezielter ausbauen zu können. Dafür wollen wir stark mit Betroffenen-Organisationen und Trägern zusammenarbeiten.
Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis zum Jahre 2030 überwinden
Es ist in der Regel ein Bündel an Problemlagen, das in die Obdachlosigkeit führt und genauso erfordert es ein Bündel an Maßnahmen, das aus der Obdachlosigkeit heraus führt. Um die nötige Ruhe zu haben, das Bündel aufzuschnüren und zu lösen, braucht es einen geschützten Raum, ein Dach über dem Kopf. Wir machen uns das Ziel des Europäischen Parlaments zu eigen, die Obdachlosigkeit bis 2030 zu beenden. Ein zentraler Baustein auf diesem Weg ist für uns der „Housing First“ Ansatz. Obdachlose Menschen werden direkt in Wohnungen mit dauerhaftem Mietvertrag vermittelt und auf ihrem weiteren Weg begleitet. Dieser Ansatz stellt einen Paradigmenwechsel zum bisherigen paternalistischen Betreuungsangebot dar. Das sehr erfolgreiche Modellprojekt haben wir weiter ausgebaut und wollen es nun verstetigen. Gleichzeitig wollen wir die wichtigen Unterstützungsangebote nach §67 SGB XII mit den Erfahrungen des Housing First weiterentwickeln, in ihren Leistungstypen flexibilisieren und in den Bezirken vereinheitlichen. Wir machen uns auch stark für die Sicherung und Schaffung neuer Krisenhäuser. Sozialen Trägern und kleinen gemeinwohlorientierten Projekten, die für die spezifischen Gruppen selbst bauen wollen, soll es möglich sein, Bürgschaften auch über die Stadt zu erhalten. Vorbild ist das sogenannte Generalmietermodell der Degewo mit sozialen Trägern in Mitte, das wir landesweit durch alle landeseigenen Wohnungsunternehmen etablieren wollen. Wir setzen uns für ausreichend Wohnungen bei landeseigenen Wohnungsunternehmen ein, werden sie deutlich ausbauen und wollen auch private Eigentümer*innen in die Pflicht nehmen, Housing-First-Plätze durch mehr Wohnungen im geschützten Marktsegment zur Verfügung zu stellen. Dabei stehen besonders verletzliche Gruppen wie Frauen, LGBTIQ*, Sexarbeiter*innen, Menschen mit erschwertem Zugang zu eigenem Wohnraum, Alleinerziehende, Minderjährige oder Menschen mit Behinderung im Mittelpunkt.
Besonders kompliziert ist die Unterstützung von Menschen, wenn sie keine Ansprüche auf Sozialleistungen haben. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, Leistungsausschlüsse für Unionsbürger*innen abzuschaffen. In Berlin werden wir auch Angebote für Menschen vorhalten, die keinen oder einen ungeklärten Sozialleistungsanspruch haben.
Die letzte Haltelinie sind Notunterkünfte. Die Zahl der Plätze konnten wir in den vergangenen Jahren deutlich ausbauen. Künftig wollen wir, dass mindestens 600 Plätze ganzjährig zur Verfügung stehen. Daneben brauchen wir eine neue Unterkunft für wohnungslose Familien, da die Zahl obdachloser Familien in Berlin zunimmt. In der kalten Jahreszeit sollen im Rahmen der Kältehilfe deutlich über 1.000 ganztägige Plätze vorgehalten werden, von denen ein Anteil für besonders schutzbedürftige Menschen reserviert wird. Die Sicherheit in den Unterkünften muss gewährleistet sein. Mit der Schaffung barrierefreier Notunterkünfte reagieren wir auf die große Zahl obdachloser Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und haben hierzu ein neues Modellprojekt für rollstuhlfahrende Obdachlose im Haushalt verankert. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Plätze stets Beratungsangeboten vorhalten: Jede Übernachtung in einer Notunterkunft soll eine Chance auf einen Weg aus der Obdachlosigkeit bieten und neue Möglichkeiten aufzeigen. Außerdem sollen weitere Angebote geschaffen werden, die es Sucht- als auch psychisch Erkrankten ermöglichen, diese Angebote auch anzunehmen. Wir wollen keine gewaltsame Räumungen von Obdachlosencamps und ermöglichen mit dem Konzept „Safe Places“ auch in Berlin Schutzräume. Wir setzen uns dafür ein, dass das Fahren ohne Fahrschein keine Straftat mehr darstellt und Bußgelder somit nicht zu Ersatzstrafen führen können. Obdachlose Menschen verbringen einen großen Teil ihrer Zeit im öffentlichen Raum. Wir wollen, dass sie dort im Winter wie auch im Sommer Schutz finden und beispielsweise durch Trinkwasserbrunnen mit kostenlosem Wasser versorgt werden. Dazu wollen wir das Modellprojekt “Hitzeschutz für Obdachlose“ aus Tempelhof-Schöneberg auf die ganze Stadt ausweiten im Rahmen der Weiterentwicklung der Kältehilfe.
Ein neues Landesamt für Unterbringung
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben – egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), dass hier große Expertise aufgebaut hat. Die letzten Monate haben wir uns erneut hart vor Augen geführt, wie wichtig eine gut organisierte Unterbringung zur Vermeidung von Obdachlosigkeit ist. Unser Dank gilt daher auch allen Mitarbeiter*innen des LAF. Diese Einsatzbereitschaft und Kompetenz wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln. In diesem Zuge setzen wir uns für eine schnelle, dezentrale Unterbringung geflüchteter Menschen ein und wirken auf Bundesebene darauf hin, dass geflüchtete Menschen nicht mehr gezwungen werden in Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen. Zudem werden wir prüfen, wie geflüchteten Menschen unbürokratisch ein Wohnberechtigungsschein ausgestellt werden kann. Mit der geplanten Gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringung (GStU) schaffen wir auch für die Unterbringung nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) einheitliche Standards und stellen damit die Qualität von Unterbringung und Beratung sicher.
Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung ist Berlin noch immer eine Stadt, in der viele Menschen von Armut betroffen oder bedroht sind. Armut kann jede*n treffen. Besonders gefährdet sind Frauen, ältere Menschen, Alleinerziehende, Menschen, die Arbeit suchen, oder Menschen mit geringen oder plötzlich gar keinen Einkommen. Wir wollen ihnen soziale Sicherheit garantieren und ihnen eine Perspektive geben. Um das zu erreichen, bedarf es eines grundsätzlichen Umdenkens. Auf Bundesebene streiten wir für Garantiesicherungen in allen Lebenslagen – für eine Kindergrundsicherung, eine Garantierente, die Überwindung des Hartz-IV-Systems samt Abschaffung aller Sanktionen und einen deutlichen höheren ALG-II-Regelsatz.
Bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben haben wir in Berlin bereits wichtige Weichen neu gestellt. Die Ausführungsvorschriften zur Übernahme von Kosten der Unterkunft haben wir so verändert, dass Menschen ihre Wohnung nicht mehr verlieren, weil sie teurer wird. Zehntausende Mieter*innen können so wieder ohne Angst vor Obdachlosigkeit leben. Und um Menschen in Arbeit vor Armut zu schützen, haben wir den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und Freischaffende eingezogen. In all diesen Feldern werden wir unseren Weg konsequent weitergehen.
Familien- und Kinderarmut bekämpfen
Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Familienarmut überwinden. Dabei geht es uns nicht nur um die etwa 180.000 Kinder in Berlin, deren Eltern auf Transferleistungen angewiesen sind. Wir kümmern uns um alle Kinder, die sozial, finanziell oder durch strukturelle Diskriminierung benachteiligt sind.
Seit wir 2016 Verantwortung übernommen haben, ist viel passiert. Von kostenfreier Kita- und Hortbetreuung, dem kostenfreien Schulessen in der Grundschule oder dem kostenfreien ÖPNV-Ticket für Schüler*innen profitieren insbesondere von Armut betroffene und bedrohte Familien. Doch um diesen Familien nachhaltig zu helfen, müssen wir noch mehr tun. Deshalb wollen wir die Familienpolitik auf Bundesebene vom Kopf auf die Füße stellen. Die ungerechte Dreiklassenförderung von Freibeträgen, Kindergeld und Kinderregelsatz wollen wir mit einer Kindergrundsicherung völlig neu und gerecht gestalten.
Doch auch in Berlin setzen wir vor Ort an: Um Familien und Kinder in allen Lebenslagen zu erreichen, brauchen wir ein Netzwerk gegen Kinderarmut. Mit der Arbeit der „Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut“, der Landesarmutskonferenz, des Familienbeirates oder dem Zusammenschluss der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege (LIGA) sind Grundlagen erarbeitet worden. Jetzt geht es an die Umsetzung. Wir wollen einen zentralen Informationsatlas mit allen Einrichtungen erstellen, von den Tafeln über die Familienzentren bis zu Jugendfreizeiteinrichtungen. Das Netzwerk soll so leistungsstark werden, dass der erste Schritt der Beratung auch der letzte ist, da ein abgestimmtes Verfahren zur Unterstützung folgt. Prävention statt nachträgliches Ausbügeln ist das Ziel. Starke Netzwerke brauchen starke Akteur*innen. Darum haben wir in den vergangenen Jahren begonnen, gute Projekte auf Landesebene finanziell abzusichern. Die Stadtteilmütter sind raus aus der unsicheren Projektförderung und sind mit festen Stellen in den Bezirken gesichert. Gleiches gilt für die Babylots*innen, die Familien schon um die Geburt eines Kindes betreuen. Es ist gelungen, die Arbeit der Babylots*innen auf alle Geburtsstationen in Berlin auszuweiten. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Familien in schwierigen Situationen wie Alleinerziehende und einkommensschwächere Familien brauchen besondere Unterstützung. Darum haben wir uns in den vergangenen Haushaltsverhandlungen für ein „Flexibudget“ für die Bezirke eingesetzt. Dies wollen wir nach der Wahl in allen Bezirken umsetzen. Die Sozialarbeiter*innen vor Ort sollen die Möglichkeit bekommen, unkompliziert eine Familientherapie oder Jugendsozialarbeit zu finanzieren, gerade dann, wenn Familien und Kinder zwischen den Paragraphen verloren zu gehen drohen. Prävention stärken wir darüber hinaus, indem wir in den Familienbüros, die wir etablieren wollen, nicht nur Leistungen der Ämter einfacher zugänglich machen, sondern die Familienbüros auch mit Sozialarbeiter*innen ausstatten, die Eltern schnell und unbürokratisch beraten können.
In einem Modellprojekt haben wir in den vergangenen Jahren im Bezirk Mitte eine besonders intensive Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“, in denen kein Elternteil arbeitet, getestet. Durch die Betreuung in einem eigenen Team ist es gelungen, mehr als 200 Personen in Arbeit zu bringen. Ein Erfolg, den wir fortsetzen und auch in anderen Bezirken wiederholen wollen.
Das Dickicht der Sozialbürokratie lichten – Hilfe auf Augenhöhe organisieren
Ein zentraler Hebel im Kampf gegen Armut ist, das Dickicht der Sozialleistungen so zu ordnen, dass Menschen nicht länger im Unterholz der Sozialbürokratie verloren gehen. Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration, psychosoziale Betreuung, Schuldner- und Suchtberatung oder Kinder- und Familienbetreuung sollen überall Hand in Hand gehen, innovative Ansätze aus einzelnen Jobcentern sollen auf alle anderen übertragen werden. Auch Altersarmut braucht Beachtung und zielgenaue Angebote. Die Rädchen müssen vor Ort ineinandergreifen. Damit Menschen genau die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Dafür müssen die besten Modelle aus allen Bezirken zusammengetragen und Vorbild für die ganze Stadt werden. In den Berliner Jobcentern wird sehr kreativ an Lösungen für jeden Einzelfall gearbeitet. In Lichtenberg werden Menschen zusätzlich psychologisch betreut. In Mitte war ein Projekt zur Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“ erfolgreich. In Neukölln haben wir ein Präventionsteam aufgebaut, um Obdachlosigkeit zu vermeiden und Wege aus der Krise zu zeigen. Wir wollen diese Ansätze bündeln und mit allen Bezirksämtern und der Senatsverwaltung für Soziales eine landesweite Koordinierung etablieren. Für uns ist klar, dass Betroffene in die Entwicklung der Angebote einbezogen werden müssen.
Orientierung am Sozialraum der Menschen
Auch die Arbeit der Ämter und der sozialen Träger wollen wir um die Bedürfnisse von Menschen in ihrem Lebensumfeld organisieren – nicht entlang bürokratischer und finanzieller Logiken. Denn niedrigschwellige und umfassende Unterstützung und Mitbestimmung dort, wo man lebt, baut Hürden für alle Berliner*innen ab. In diesem Sinne bedeutet Sozialraumorientierung das konsequente Umsteuern auf Prävention. Jugendhilfe funktioniert dort besonders gut, wo sozialraumorientiert und damit präventiv gearbeitet wird. Andernorts explodieren die Fallkosten. Über das Familienfördergesetz wollen wir Kiez-Teams aufbauen, die bei Meldungen Familien, Senior*innen und Einzelpersonen aufsuchen und Unterstützung leisten. Dabei sollen „Frühe Hilfen“, die Stadtteilmütter, Jugendeinrichtungen, Schulen, Sportvereine, die Jobcenter oder die Schuldnerberatung eng miteinander kooperieren. Die sogenannten „67er-Hilfen“ in der Sozialhilfe, also Leistungen zur Überwindung von sozialen Schwierigkeiten, wollen wir in den Bezirken einheitlich anwenden.
Wir wollen in den bestehenden lebensweltlich orientierten Räumen für alle Bereiche datenbasiert genau die Angebote schaffen, die benötigt werden, um die Sozialeinrichtungen, die Ämter und deren Angebote zu vernetzen und passgenau aufzustellen. Dazu wollen wir die Fachstruktur der Sozialraumorientierung in den Bezirken vereinheitlichen und mit einer Lenkung auf Senatsebene flankieren. Die Qualitätssicherung soll systematisiert und in ganz Berlin strukturiert werden, um Flexibilität und hohe Qualität zu verbinden.
Armuts- und Sozialberichterstattung neu ordnen
Grundlage einer ressortübergreifenden Strategie muss eine integrierte Armuts-, Sozial- und Gesundheitsberichterstattung sein. In Berlin gibt es ein umfassendes Berichtswesen zu einer Vielzahl relevanter Themen: die Gesundheits- und Sozialberichterstattung, die Umweltgerechtigkeitskarte, den Umweltatlas, Lärmkarten, die Obdachlosenzählung und vieles mehr. Wir wollen den Wildwuchs an Analysen und Berichten systematisieren und zusammenführen. So können wir noch besser als bisher gegenseitige Abhängigkeiten identifizieren und in die politische Steuerung einfließen lassen. Das gilt auch für die Erfassung der Lage von Obdachlosen. Die bundesweit erste systematische Obdachlosenzählung im Februar 2020 war ein wichtiger, wenn auch methodisch stark verbesserungswürdiger Schritt. Nun muss eine Professionalisierung folgen, um Angebote noch gezielter ausbauen zu können. Dafür wollen wir stark mit Betroffenen-Organisationen und Trägern zusammenarbeiten.
Das Konzept „Housing First“ ausbauen
Es ist in der Regel ein Bündel an Problemlagen, das in die Obdachlosigkeit führt. Um die nötige Ruhe zu haben, das Bündel aufzuschnüren und zu lösen, braucht es einen geschützten Raum, ein Dach über dem Kopf. Wir machen uns das Ziel des Europäischen Parlaments zu eigen, die Obdachlosigkeit bis 2030 zu beenden. Deswegen vermitteln Projekte mit dem Ansatz „Housing First“ Menschen als Allererstes in neue Wohnungen – mit dauerhaftem Mietvertrag – und begleiten sie dann auf ihrem weiteren Weg. Dieses Konzept ist erfolgreich und deswegen wollen wir die Rahmenbedingungen verbessern: Sozialen Trägern und kleinen gemeinwohlorientierten Projekten, die für die spezifischen Gruppen selbst bauen wollen, soll es möglich sein, Bürgschaften auch über die Stadt zu erhalten. Vorbild ist das sogenannte Generalmietermodell der Degewo mit sozialen Trägern in Mitte, das wir landesweit durch alle landeseigenen Wohnungsunternehmen etablieren wollen. Um das Konzept in größerem Umfang umsetzen zu können, wollen wir Wohnungen anmieten, um sie, begleitet von sozialer und psychologischer Betreuung, Obdachlosen zur Verfügung zu stellen. Wir setzen uns für ausreichend Housing-First-Wohnungen bei landeseigenen Wohnungsunternehmen ein, werden sie deutlich ausbauen und wollen mittelfristig auch private Eigentümer*innen in die Pflicht nehmen, Housing-First-Plätze zur Verfügung zu stellen. Dabei stehen besonders verletzliche Gruppen wie Frauen, LGBTIQ*, Sexarbeiter*innen, Menschen mit erschwertem Zugang zu eigenem Wohnraum, Alleinerziehende, Minderjährige oder Menschen mit Behinderung im Mittelpunkt.
Besonders kompliziert ist die Unterstützung von Menschen, wenn sie keine Ansprüche auf Sozialleistungen haben. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, Leistungsausschlüsse für Unionsbürger*innen abzuschaffen. In Berlin werden wir auch Angebote für Menschen vorhalten, die keinen oder einen ungeklärten Sozialleistungsanspruch haben. Mit der geplanten Gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringung (GStU) schaffen wir für die Unterbringung nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) einheitliche Standards und stellen damit die Qualität von Unterbringung und Beratung sicher.
Die letzte Haltelinie sind Notunterkünfte. Die Zahl der Plätze konnten wir in den vergangenen Jahren deutlich ausbauen. Künftig wollen wir, dass mindestens 600 Plätze ganzjährig zur Verfügung stehen. In der kalten Jahreszeit sollen im Rahmen der Kältehilfe deutlich über 1.000 ganztägige Plätze vorgehalten werden, von denen ein Anteil für besonders schutzbedürftige Menschen reserviert wird. Die Sicherheit in den Unterkünften muss gewährleistet sein. Mit der Schaffung barrierefreier Notunterkünfte reagieren wir auf die große Zahl obdachloser Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Alle Plätze sollen stets mit Beratungsangeboten verbunden sein: Jede Übernachtung in einer Notunterkunft soll eine Chance auf einen Weg aus der Obdachlosigkeit bieten und neue Möglichkeiten aufzeigen. Außerdem sollen explizite Angebote geschaffen werden, die es Suchterkrankten ermöglichen, sicher zu konsumieren. Wohnungslosen Menschen wollen wir auf Augenhöhe begegnen. Um gewaltsame Räumungen von Obdachlosencamps zu vermeiden, wollen wir nach dem Konzept „Safe Places“ auch in Berlin Schutzräume ermöglichen. Wir wollen gewaltsame Räumungen verhindern. Wir setzen uns dafür ein, dass das Fahren ohne Fahrschein keine Straftat mehr darstellt und Bußgelder somit nicht zu Ersatzstrafen führen können. Obdachlose Menschen verbringen einen großen Teil ihrer Zeit im öffentlichen Raum. Wir wollen, dass sie dort auch Schutz finden und beispielsweise durch Trinkwasserbrunnen mit kostenlosem Wasser versorgt werden.
Ein neues Landesamt für Unterbringung
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben – egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln. In diesem Zuge setzen wir uns für eine schnelle, dezentrale Unterbringung geflüchteter Menschen ein und wirken auf Bundesebene darauf hin, dass geflüchtete Menschen nicht mehr gezwungen werden in Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen. Zudem werden wir prüfen, wie geflüchteten Menschen unbürokratisch ein Wohnberechtigungsschein ausgestellt werden kann.
Unterstützer*innen
Fehler:Du musst dich einloggen, um Anträge unterstützen zu können.
Von Zeile 1 bis 10:
Berlin funktioniert nur zusammen. Wir haben viel vor mit dieser Stadt und niemand darf dabei zurückbleiben. Insbesondere Alleinerziehende, People of Color, Kinder, ältere Menschen, prekär Beschäftigte, Soloselbstständige, Erwerbssuchende, Menschen mit Behinderung und geflüchtete Menschen sind von Armut, Verdrängung und Ausgrenzung bedroht. Die Corona-Pandemie hat diesen Zustand weiter verschärft, viele haben ihre Erwerbsgrundlage verloren. Sie alle suchen vergebens nach bezahlbaren Wohn- und Gewerberäumen. Auch soziale Träger werden mehr und mehr aus der Stadt verdrängt. Wir kämpfen für ein Berlin, in dem alle sicher wohnen, teilhaben und ihren Platz in der Gesellschaft finden können. Auch in der kommenden Legislaturperiode hat dies für uns höchste Priorität.In Zeiten von sich gegenseitig überlappenden Krisen und extremen Unsicherheiten dürfen wir Menschen nicht gegeneinander ausspielen und niemanden zurücklassen. Die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine verdeutlichen unsere Abhängigkeit von fossiler Energie und sorgen für eine extreme Inflation mit massiven Preissteigerungen. In den letzten Jahren hat die Corona-Pandemie bereits viele Menschen an den Rand der wirtschaftlichen Existenz gebracht und Armut weit in die Gesellschaft getragen. Viele Berliner*innen müssen nun noch kürzertreten und zu viele wissen nicht, wie sie über den Monat kommen sollen. Armut war bereits vor der Inflation eine große Herausforderung in Berlin und hat sich in den letzten Monaten massiv verschärft. Kinderarmut, Altersarmut und Energiearmut sorgen für Schlangen bei den Tafeln. Auch die Situation obdachloser Menschen hat sich verschärft. Von Armut betroffen sein, macht krank und verhindert gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft. Gerade Alleinerziehende, Schwarze Menschen, People of Color, Kinder, ältere Menschen, prekär Beschäftigte, Soloselbstständige, Erwerbssuchende, Menschen mit Behinderung und geflüchtete Menschen sind von Armut, Verdrängung und Ausgrenzung betroffen.
Die Wohnungsnot in Berlin verschärft die Situation von Armut betroffener Menschen. Auch soziale Träger verlieren bezahlbare Räumlichkeiten. Wir kämpfen für ein Berlin, das niemanden zurücklässt, in dem von Armut Betroffene Hilfe bekommen, um diese zu überwinden, in dem alle sicher und bezahlbar wohnen, sich gesund ernähren, gleichberechtigt teilhaben und ihren Platz in der Gesellschaft finden können. Der Kampf gegen Armut hat für uns höchste Priorität.
Wohnen ist keine Ware – Gemeinwohlverpflichtung für Wohnraum durchsetzen!
Wohnen ist keine Ware – Gemeinwohlverpflichtung für Wohnraum durchsetzen!
Von Zeile 42 bis 44 einfügen:
garantiert und die Gehälter gerade der Beamt*innen angehoben, die kleinere Einkommen haben. Sei das bei der Polizei, bei der Feuerwehr oder in der Verwaltung.
In der Bundesregierung tragen wir Verantwortung, dass Deutschland gut durch diese Krise kommt. Um die Energiepreise bezahlbar zu halten haben wir eine Gas- und Strompreisbremse eingeführt - und wir adressieren Menschen in schwierigen Lagen ganz gezielt. Mit der Wohngeldreform weiten wir den Kreis der Berechtigten massiv aus, die Kindergelderhöhung auf 250 Euro für jedes Kind hilft vor allem Familien mit weniger Geld. Mit dem Bürgergeld haben wir große Verbesserungen für Menschen in der Grundsicherung erreicht und den Regelsatz um gut 50 Euro pro Monat angehoben. Und für Haushalte, Unternehmen oder Einrichtungen, die besonders hart von den hohen Energiepreisen betroffen sind, haben wir Härtefall-Regelungen geschaffen. So helfen wir zum Beispiel gezielt Mieter*innen sowie sozialen oder kulturellen Einrichtungen.
Um die Berliner*innen in dieser schweren Zeit nicht allein zu lassen, haben wir auf Landesebene ein Entlastungspaket im Umfang von 3 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Damit unterstützen wir den Ausbau erneuerbarer Energien, entlasten mit dem 9-Euro Sozialticket sowie dem 29 Euro Ticket die Berliner*innen und leisten damit gleichzeitig einen Beitrag für die Verkehrswende und für mehr Klimaschutz. Ebenso haben wir im Umfang von 30 Millionen Euro einen Härtefallfonds gegen Energieschulden aufgelegt, um betroffene Berliner*innen bei ihren Strom-, Gas- und Heizkosten zu unterstützen. Den Härtefallfond und günstige Mobilität wollen wir dauerhaft zur Bekämpfung von Armut etablieren. Und wir unterstützen kleine und mittelständische Unternehmen bei der Transformation. Das erhält Arbeitsplätze und sichert das Einkommen vieler Berliner*innen.
Mit dem Kündigungsmoratorium für die 350.000 Wohnungen von landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sowie den Wohnungen des Studierendenwerks Berlin schützen wir Mieter*innen bis Ende 2023. Wir unterstützen die sozialen Träger und Vereine unserer Stadt bei den steigenden Energiekosten mit 130 Millionen Euro und wir haben ein Landesprogramm zur Energieberatung mit unserer Bürgermeisterin Bettina Jarasch aufgelegt. Damit stärken wir die Energieberatungen sowie die Energieschuldnerberatungen in Berlin.
Von Zeile 367 bis 527:
2.2 Armut bekämpfen, Sicherheit geben und Perspektiven schaffen
Fast jede*r fünfte Berliner*in ist armutsgefährdet. Die aktuelle Inflation und die Energiekrise verschärfen diese Situation. Besonders betroffen sind Frauen, ältere Menschen, Alleinerziehende, Familien mit vielen Kindern, migrantisierte Menschen, Eingewanderte und Geflüchtete, Kinder und Jugendliche, erwerbslose Menschen, oder Menschen mit geringen Einkommen. Wir wollen allen von Armut bedrohten Menschen soziale Sicherheit garantieren und ihnen eine Perspektive geben.
Vor allem braucht es weiterhin schnelle und möglichst unbürokratische Hilfen. Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine setzen wir uns für zielgenaue und gerechte Entlastungen ein und intensivieren sie in diesem Winter. Schon jetzt konnten Bündnisgrüne in Verantwortung dafür sorgen, dass spezifische Hilfen für Familien, Studierende und Rentner*innen geleistet, sowie Strom- und Gaspreise gedämpft werden, Heizkostenzuschüsse fließen, das Wohngeld steigt und das neue Bürgergeld kommt. In Berlin verstärken wir durch den letzten Nachtragshaushalt die Wirkung der Bundeshilfen für alle Berliner*innen, die Wirtschaft der Stadt und unsere gemeinsame Infrastruktur mit dem 29 und 9 Euro Ticket, einem Mietenstopp bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen, sowie erweiterten Wirtschafts- und Energiehilfen.
Gemeinsam mit unserer Bundespartei werden wir darauf hinwirken, dass die Entlastungen noch deutlich stärker als bisher vor allem bei denen ankommen, die sie am dringendsten benötigen. Das heißt für uns: Garantiesicherungen in allen Lebenslagen, eine Kindergrundsicherung, eine Garantierente und ein soziales Bürgergeld. Wir folgen auch den Empfehlungen des Jahresberichts der Wirtschaftsweisen und setzen uns dafür ein, dass wirtschaftlich starke Schultern mehr Verantwortung tragen müssen.
Bei der Umsetzung der bisherigen Vorgaben haben wir in Berlin bereitsneue Weichen gestellt. Die Übernahme von Kosten der Unterkunft für SGB II und XII Bezieher*innen haben wir an die steigenden Mieten und Energiekosten angepasst. Zehntausende Mieter*innen können so wieder ohne Angst vor Obdachlosigkeit leben.
Und um Menschen in Arbeit vor Armut zu schützen, haben wir den Landesmindestlohn auf 13 Euro angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und Freischaffende festgelegt. In all diesen Feldern werden wir unseren Weg konsequent weitergehen.
Unsere Antwort auf Putins Angriff auf die Ukraine und die Demokratie lautet: Mehr Solidarität. Unsere Solidarität ist dabei krisenfest und unverbrüchlich. Allen Versuchen, unterschiedliche von Armut betroffene Gruppen gegeneinander auszuspielen, erteilen wir eine klare Absage.
Energiearmut nachhaltig bekämpfen
Jährlich bekommen 191.000 Berliner*innen eine Sperrandrohung für nicht bezahlte Strom- oder Gasrechnungen. 14.000 Berliner*innen wurde im letzten Jahr die Energiezufuhr für den Haushalt unterbrochen. Durch die steigenden Energiepreise droht sich diese Zahl weiter zu erhöhen. Gleichsam betroffen sind auch soziale Träger, die ebenfalls unter den hohen Energiekosten leiden. Auf der Bundesebene sorgen wir mit der Strom- und Gaspreisbremse für spürbare Entlastungen, in Berlin schaffen wir mit dem Härtefallfonds sowie den Ausbau frühzeitiger präventiver Hilfen Instrumente, um Energiearmut zu verhindern. Wir wollen eine behördliche Genehmigungspflicht für Energiesperren einführen und setzen uns hierzu auf Bundesebene dafür ein. Außerdem sollen bei Personen, bei denen eine Energiesperre zu einem erheblichen sozialen Härtefall führen würde, nicht mehr vollzogen werden dürfen. Ebenso setzen wir uns auf der Bundesebene dafür ein, dass Energieversorger für soziale Organisationen eigene Energietarife einrichten müssen. Schließlich wollen wir das Landesprogramm „Stromsparcheck“ mittelfristig in ein eigenes Landesprogramm überführen und die Energiesparhelfer*innen fest anstellen und hierzu ein eigenes Berufsbild entwickeln. Energieeinsparungen bleiben das beste Mittel gleichzeitig Geld zu sparen und die Umwelt zu schützen. , Die Berliner*innen wollen wir durch gute Beratungsangebote dabei bestmöglich unterstützen.
Familien- und Kinderarmut bekämpfen
Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Familienarmut überwinden. Dabei geht es uns nicht nur um die etwa 180.000 Kinder in Berlin, deren Eltern auf Transferleistungen angewiesen sind. Wir kümmern uns um alle Kinder, die sozial, finanziell oder durch strukturelle Diskriminierung benachteiligt sind.
Seit wir 2016 Verantwortung übernommen haben, ist viel passiert. Von kostenfreier Kita- und Hortbetreuung, dem kostenfreien Schulessen in der Grundschule oder dem kostenfreien ÖPNV-Ticket für Schüler*innen profitieren insbesondere von Armut betroffene und bedrohte Familien. Um diesen Familien nachhaltig zu helfen, arbeitet unsere Bundesfamilienministerin Lisa Paus an weiteren Entlastungen auf Bundesebene. Die ungerechte Dreiklassenförderung von Freibeträgen, Kindergeld und Kinderregelsatz wollen wir mit einer Kindergrundsicherung völlig neu und gerecht gestalten.
Doch auch in Berlin setzen wir vor Ort an: Um Familien und Kinder in allen Lebenslagen zu erreichen, brauchen wir ein Netzwerk gegen Kinderarmut. Mit der Arbeit der „Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut“, der Landesarmutskonferenz, des Familienbeirates oder dem Zusammenschluss der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege (LIGA) sind Grundlagen erarbeitet worden. Jetzt geht es an die Umsetzung. Wir wollen einen zentralen Informationsatlas mit allen Einrichtungen erstellen, von den Tafeln über die Familienzentren bis zu Jugendfreizeiteinrichtungen. Das Netzwerk soll so leistungsstark werden, dass der erste Schritt der Beratung auch der letzte ist, da ein abgestimmtes Verfahren zur Unterstützung folgt. Prävention statt nachträgliches Ausbügeln ist das Ziel. Starke Netzwerke brauchen starke Akteur*innen. Darum haben wir in den vergangenen Jahren begonnen, gute Projekte auf Landesebene finanziell abzusichern. Die Stadtteilmütter sind raus aus der unsicheren Projektförderung und sind mit festen Stellen in den Bezirken gesichert. Gleiches gilt für die Babylots*innen, die Familien schon um die Geburt eines Kindes betreuen. Es ist gelungen, die Arbeit der Babylots*innen auf alle Geburtsstationen in Berlin auszuweiten und die psychosoziale Unterstützung zu verstärken. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Familien in schwierigen Situationen wie Alleinerziehende und einkommensschwächere Familien brauchen besondere Unterstützung. Darum haben wir uns in den vergangenen Haushaltsverhandlungen für ein „Flexibudget“ für die Bezirke eingesetzt. Dies wollen wir nach der Wahl in allen Bezirken umsetzen. Die Sozialarbeiter*innen vor Ort sollen die Möglichkeit bekommen, unkompliziert eine Familientherapie oder Jugendsozialarbeit zu finanzieren, gerade dann, wenn Familien und Kinder zwischen den Paragraphen verloren zu gehen drohen. Prävention stärken wir darüber hinaus, indem wir in den Familienbüros, die wir etablieren wollen, nicht nur Leistungen der Ämter einfacher zugänglich machen, sondern die Familienbüros auch mit Sozialarbeiter*innen ausstatten, die Eltern schnell und unbürokratisch beraten können.
In einem Modellprojekt haben wir in den vergangenen Jahren im Bezirk Mitte eine besonders intensive Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“, in denen kein Elternteil arbeitet, getestet. Durch die Betreuung in einem eigenen Team ist es gelungen, mehr als 200 Personen in Arbeit zu bringen. Ein Erfolg, den wir fortsetzen und auch in anderen Bezirken wiederholen wollen.
Daneben wollen wir die soziale Teilhabe der von Armut betroffenen Berliner Familien verbessern. Dazu werden wir den Kreis der Berlinpass-Berechtigten ausweiten. Den Familien stehen mit dem Berlinpass zahlreiche Vergünstigungen bei über 360 Einrichtungen zur Verfügung. Jedoch ist die Suche nach gewünschten Angeboten zu unübersichtlich, erfordert das Recherchieren auf vielen Webseiten und kostet je nach Einrichtung unterschiedlich viel Geld. Um hier einen besseren Überblick für Berlinpass-Inhaber*innen zu schaffen wollen wir eine digitale Lösung einrichten, die aktuelle Angebote auflistet, sodass gezielt und benutzerfreundlich nach Einrichtungen für unterschiedliche Bedarfe gesucht werden kann. Außerdem wollen wir weitere Vergünstigungen für armutsbetroffene Familien und schlagen analog zum kostenlosen Museumssonntag kostenfreie Tage für weitere Angebote vor.
Auch Altersarmut muss mit zielgenauen Angeboten verringert werden. Wir wollen niedrigschwellige Beratungsangebote ausbauen, damit mehr Senior*innen die ihnen zustehenden Sozialleistungen ohne Scham und Stigmatisierung in Anspruch nehmen. Dazu wollen wir die Sozialberatung in den Stadtteilzentren und in den Senior*innenfreizeitstätten weiter ausbauen sowie das Programm „Berliner Hausbesuche“ verstetigen und auf alle Berliner Bezirke ausweiten.
Die steigenden Pflegekosten treiben zusätzlich viele Berliner*innen in Altersarmut. Seit September 2022 müssen Menschen, die ambulant pflegebedürftig sind, einen höheren Eigenanteil bezahlen. Der höhere Eigenanteil in der ambulanten Pflege ist von älteren Menschen mit geringem Alterseinkommen kaum noch zu bezahlen, sodass diese bzw. ihre Angehörigen in die Armut durch die Pflegekosten rutschen. Leistungen der Pflegeversicherung müssen dynamisiert werden; abhängig von der Dauer der Pflege setzen wir uns auf Bundesebene für einen sinkenden Eigenanteil sowie ein Pflegegeld für pflegende Angehörige ein.
Die Zahl überschuldeter Berliner*innen wird angesichts der Inflation wieder ansteigen. Wir setzen uns für einen Ausbau der bezirklichen Schuldnerberatungen ein. Um Überschuldung nachhaltig zu verringern, braucht es mehr Prävention. Hierzu wollen wir gemeinsam mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungen geeignete Angebote etablieren.
Das Dickicht der Sozialbürokratie lichten – Hilfe auf Augenhöhe organisieren
Ein zentraler Hebel im Kampf gegen Armut ist, das Dickicht der Sozialleistungen so zu ordnen, dass Menschen nicht länger im Unterholz der Sozialbürokratie verloren gehen. Es liegt an der Politik, Sozialämtern, Jobcentern und Gesundheitsämtern und den dort Beschäftigten die Werkzeuge und Arbeitsbedingungen an die Hand zu geben, Betroffenen passgenau zu helfen. Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration, psychosoziale Betreuung, Schuldner- und Suchtberatung oder Kinder- und Familienbetreuung sollen überall Hand in Hand gehen, innovative Ansätze aus einzelnen Jobcentern sollen auf alle anderen übertragen werden. Auch Altersarmut braucht Beachtung und zielgenaue Angebote. Die Rädchen müssen vor Ort ineinandergreifen. Damit Menschen genau die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Dafür müssen die besten Modelle aus allen Bezirken zusammengetragen und Vorbild für die ganze Stadt werden. In den Berliner Jobcentern wird sehr kreativ an Lösungen für jeden Einzelfall gearbeitet. In Lichtenberg werden Menschen zusätzlich psychologisch betreut. In Mitte war ein Projekt zur Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“ erfolgreich. In Neukölln haben wir ein Präventionsteam aufgebaut, um Obdachlosigkeit zu vermeiden und Wege aus der Krise zu zeigen.
Orientierung am Sozialraum der Menschen
Die Arbeit der Ämter und der sozialen Träger wollen wir um die Bedürfnisse von Menschen in ihrem Lebensumfeld organisieren – nicht entlang bürokratischer und finanzieller Logiken. Denn niedrigschwellige und umfassende Unterstützung und Mitbestimmung dort, wo man lebt, baut Hürden für alle Berliner*innen ab. In diesem Sinne bedeutet Sozialraumorientierung das konsequente Umsteuern auf Prävention. Jugendhilfe funktioniert dort besonders gut, wo sozialraumorientiert und damit präventiv gearbeitet wird. Andernorts explodieren die Fallkosten. Über das Familienfördergesetz wollen wir Kiez-Teams aufbauen, die bei Meldungen Familien, Senior*innen und Einzelpersonen aufsuchen und Unterstützung leisten. Dabei sollen „Frühe Hilfen“, die Stadtteilmütter, Jugendeinrichtungen, Schulen, Sportvereine, die Jobcenter oder die Schuldnerberatung eng miteinander kooperieren. Die sogenannten „67er-Hilfen“ in der Sozialhilfe, also Leistungen zur Überwindung von sozialen Schwierigkeiten, wollen wir in den Bezirken einheitlich anwenden.
Wir wollen in den bestehenden lebensweltlich orientierten Räumen für alle Bereiche datenbasiert genau die Angebote schaffen, die benötigt werden, um die Sozialeinrichtungen, die Ämter und deren Angebote zu vernetzen und passgenau aufzustellen. Dazu wollen wir die Fachstruktur der Sozialraumorientierung in den Bezirken vereinheitlichen und mit einer Lenkung auf Senatsebene flankieren. Die Qualitätssicherung soll systematisiert und in ganz Berlin strukturiert werden, um Flexibilität und hohe Qualität zu verbinden.
Armuts- und Sozialberichterstattung neu ordnen
Grundlage einer ressortübergreifenden Strategie muss eine integrierte Armuts-, Sozial- und Gesundheitsberichterstattung sein. In Berlin gibt es ein umfassendes Berichtswesen zu einer Vielzahl relevanter Themen: die Gesundheits- und Sozialberichterstattung, die Umweltgerechtigkeitskarte, den Umweltatlas, Lärmkarten, die Obdachlosenzählung und vieles mehr. Wir wollen den Wildwuchs an Analysen und Berichten systematisieren und zusammenführen. So können wir noch besser als bisher gegenseitige Abhängigkeiten identifizieren und in die politische Steuerung einfließen lassen. Das gilt auch für die Erfassung der Lage von Obdachlosen. Die bundesweit erste systematische Obdachlosenzählung im Februar 2020 war ein wichtiger Schritt. Wir setzen uns für ihre Fortsetzung ein, um Angebote noch gezielter ausbauen zu können. Dafür wollen wir stark mit Betroffenen-Organisationen und Trägern zusammenarbeiten.
Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis zum Jahre 2030 überwinden
Es ist in der Regel ein Bündel an Problemlagen, das in die Obdachlosigkeit führt und genauso erfordert es ein Bündel an Maßnahmen, das aus der Obdachlosigkeit heraus führt. Um die nötige Ruhe zu haben, das Bündel aufzuschnüren und zu lösen, braucht es einen geschützten Raum, ein Dach über dem Kopf. Wir machen uns das Ziel des Europäischen Parlaments zu eigen, die Obdachlosigkeit bis 2030 zu beenden. Ein zentraler Baustein auf diesem Weg ist für uns der „Housing First“ Ansatz. Obdachlose Menschen werden direkt in Wohnungen mit dauerhaftem Mietvertrag vermittelt und auf ihrem weiteren Weg begleitet. Dieser Ansatz stellt einen Paradigmenwechsel zum bisherigen paternalistischen Betreuungsangebot dar. Das sehr erfolgreiche Modellprojekt haben wir weiter ausgebaut und wollen es nun verstetigen. Gleichzeitig wollen wir die wichtigen Unterstützungsangebote nach §67 SGB XII mit den Erfahrungen des Housing First weiterentwickeln, in ihren Leistungstypen flexibilisieren und in den Bezirken vereinheitlichen. Wir machen uns auch stark für die Sicherung und Schaffung neuer Krisenhäuser. Sozialen Trägern und kleinen gemeinwohlorientierten Projekten, die für die spezifischen Gruppen selbst bauen wollen, soll es möglich sein, Bürgschaften auch über die Stadt zu erhalten. Vorbild ist das sogenannte Generalmietermodell der Degewo mit sozialen Trägern in Mitte, das wir landesweit durch alle landeseigenen Wohnungsunternehmen etablieren wollen. Wir setzen uns für ausreichend Wohnungen bei landeseigenen Wohnungsunternehmen ein, werden sie deutlich ausbauen und wollen auch private Eigentümer*innen in die Pflicht nehmen, Housing-First-Plätze durch mehr Wohnungen im geschützten Marktsegment zur Verfügung zu stellen. Dabei stehen besonders verletzliche Gruppen wie Frauen, LGBTIQ*, Sexarbeiter*innen, Menschen mit erschwertem Zugang zu eigenem Wohnraum, Alleinerziehende, Minderjährige oder Menschen mit Behinderung im Mittelpunkt.
Besonders kompliziert ist die Unterstützung von Menschen, wenn sie keine Ansprüche auf Sozialleistungen haben. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, Leistungsausschlüsse für Unionsbürger*innen abzuschaffen. In Berlin werden wir auch Angebote für Menschen vorhalten, die keinen oder einen ungeklärten Sozialleistungsanspruch haben.
Die letzte Haltelinie sind Notunterkünfte. Die Zahl der Plätze konnten wir in den vergangenen Jahren deutlich ausbauen. Künftig wollen wir, dass mindestens 600 Plätze ganzjährig zur Verfügung stehen. Daneben brauchen wir eine neue Unterkunft für wohnungslose Familien, da die Zahl obdachloser Familien in Berlin zunimmt. In der kalten Jahreszeit sollen im Rahmen der Kältehilfe deutlich über 1.000 ganztägige Plätze vorgehalten werden, von denen ein Anteil für besonders schutzbedürftige Menschen reserviert wird. Die Sicherheit in den Unterkünften muss gewährleistet sein. Mit der Schaffung barrierefreier Notunterkünfte reagieren wir auf die große Zahl obdachloser Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und haben hierzu ein neues Modellprojekt für rollstuhlfahrende Obdachlose im Haushalt verankert. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Plätze stets Beratungsangeboten vorhalten: Jede Übernachtung in einer Notunterkunft soll eine Chance auf einen Weg aus der Obdachlosigkeit bieten und neue Möglichkeiten aufzeigen. Außerdem sollen weitere Angebote geschaffen werden, die es Sucht- als auch psychisch Erkrankten ermöglichen, diese Angebote auch anzunehmen. Wir wollen keine gewaltsame Räumungen von Obdachlosencamps und ermöglichen mit dem Konzept „Safe Places“ auch in Berlin Schutzräume. Wir setzen uns dafür ein, dass das Fahren ohne Fahrschein keine Straftat mehr darstellt und Bußgelder somit nicht zu Ersatzstrafen führen können. Obdachlose Menschen verbringen einen großen Teil ihrer Zeit im öffentlichen Raum. Wir wollen, dass sie dort im Winter wie auch im Sommer Schutz finden und beispielsweise durch Trinkwasserbrunnen mit kostenlosem Wasser versorgt werden. Dazu wollen wir das Modellprojekt “Hitzeschutz für Obdachlose“ aus Tempelhof-Schöneberg auf die ganze Stadt ausweiten im Rahmen der Weiterentwicklung der Kältehilfe.
Ein neues Landesamt für Unterbringung
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben – egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), dass hier große Expertise aufgebaut hat. Die letzten Monate haben wir uns erneut hart vor Augen geführt, wie wichtig eine gut organisierte Unterbringung zur Vermeidung von Obdachlosigkeit ist. Unser Dank gilt daher auch allen Mitarbeiter*innen des LAF. Diese Einsatzbereitschaft und Kompetenz wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln. In diesem Zuge setzen wir uns für eine schnelle, dezentrale Unterbringung geflüchteter Menschen ein und wirken auf Bundesebene darauf hin, dass geflüchtete Menschen nicht mehr gezwungen werden in Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen. Zudem werden wir prüfen, wie geflüchteten Menschen unbürokratisch ein Wohnberechtigungsschein ausgestellt werden kann. Mit der geplanten Gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringung (GStU) schaffen wir auch für die Unterbringung nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) einheitliche Standards und stellen damit die Qualität von Unterbringung und Beratung sicher.
Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung ist Berlin noch immer eine Stadt, in der viele Menschen von Armut betroffen oder bedroht sind. Armut kann jede*n treffen. Besonders gefährdet sind Frauen, ältere Menschen, Alleinerziehende, Menschen, die Arbeit suchen, oder Menschen mit geringen oder plötzlich gar keinen Einkommen. Wir wollen ihnen soziale Sicherheit garantieren und ihnen eine Perspektive geben. Um das zu erreichen, bedarf es eines grundsätzlichen Umdenkens. Auf Bundesebene streiten wir für Garantiesicherungen in allen Lebenslagen – für eine Kindergrundsicherung, eine Garantierente, die Überwindung des Hartz-IV-Systems samt Abschaffung aller Sanktionen und einen deutlichen höheren ALG-II-Regelsatz.
Bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben haben wir in Berlin bereits wichtige Weichen neu gestellt. Die Ausführungsvorschriften zur Übernahme von Kosten der Unterkunft haben wir so verändert, dass Menschen ihre Wohnung nicht mehr verlieren, weil sie teurer wird. Zehntausende Mieter*innen können so wieder ohne Angst vor Obdachlosigkeit leben. Und um Menschen in Arbeit vor Armut zu schützen, haben wir den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und Freischaffende eingezogen. In all diesen Feldern werden wir unseren Weg konsequent weitergehen.
Familien- und Kinderarmut bekämpfen
Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Familienarmut überwinden. Dabei geht es uns nicht nur um die etwa 180.000 Kinder in Berlin, deren Eltern auf Transferleistungen angewiesen sind. Wir kümmern uns um alle Kinder, die sozial, finanziell oder durch strukturelle Diskriminierung benachteiligt sind.
Seit wir 2016 Verantwortung übernommen haben, ist viel passiert. Von kostenfreier Kita- und Hortbetreuung, dem kostenfreien Schulessen in der Grundschule oder dem kostenfreien ÖPNV-Ticket für Schüler*innen profitieren insbesondere von Armut betroffene und bedrohte Familien. Doch um diesen Familien nachhaltig zu helfen, müssen wir noch mehr tun. Deshalb wollen wir die Familienpolitik auf Bundesebene vom Kopf auf die Füße stellen. Die ungerechte Dreiklassenförderung von Freibeträgen, Kindergeld und Kinderregelsatz wollen wir mit einer Kindergrundsicherung völlig neu und gerecht gestalten.
Doch auch in Berlin setzen wir vor Ort an: Um Familien und Kinder in allen Lebenslagen zu erreichen, brauchen wir ein Netzwerk gegen Kinderarmut. Mit der Arbeit der „Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut“, der Landesarmutskonferenz, des Familienbeirates oder dem Zusammenschluss der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege (LIGA) sind Grundlagen erarbeitet worden. Jetzt geht es an die Umsetzung. Wir wollen einen zentralen Informationsatlas mit allen Einrichtungen erstellen, von den Tafeln über die Familienzentren bis zu Jugendfreizeiteinrichtungen. Das Netzwerk soll so leistungsstark werden, dass der erste Schritt der Beratung auch der letzte ist, da ein abgestimmtes Verfahren zur Unterstützung folgt. Prävention statt nachträgliches Ausbügeln ist das Ziel. Starke Netzwerke brauchen starke Akteur*innen. Darum haben wir in den vergangenen Jahren begonnen, gute Projekte auf Landesebene finanziell abzusichern. Die Stadtteilmütter sind raus aus der unsicheren Projektförderung und sind mit festen Stellen in den Bezirken gesichert. Gleiches gilt für die Babylots*innen, die Familien schon um die Geburt eines Kindes betreuen. Es ist gelungen, die Arbeit der Babylots*innen auf alle Geburtsstationen in Berlin auszuweiten. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Familien in schwierigen Situationen wie Alleinerziehende und einkommensschwächere Familien brauchen besondere Unterstützung. Darum haben wir uns in den vergangenen Haushaltsverhandlungen für ein „Flexibudget“ für die Bezirke eingesetzt. Dies wollen wir nach der Wahl in allen Bezirken umsetzen. Die Sozialarbeiter*innen vor Ort sollen die Möglichkeit bekommen, unkompliziert eine Familientherapie oder Jugendsozialarbeit zu finanzieren, gerade dann, wenn Familien und Kinder zwischen den Paragraphen verloren zu gehen drohen. Prävention stärken wir darüber hinaus, indem wir in den Familienbüros, die wir etablieren wollen, nicht nur Leistungen der Ämter einfacher zugänglich machen, sondern die Familienbüros auch mit Sozialarbeiter*innen ausstatten, die Eltern schnell und unbürokratisch beraten können.
In einem Modellprojekt haben wir in den vergangenen Jahren im Bezirk Mitte eine besonders intensive Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“, in denen kein Elternteil arbeitet, getestet. Durch die Betreuung in einem eigenen Team ist es gelungen, mehr als 200 Personen in Arbeit zu bringen. Ein Erfolg, den wir fortsetzen und auch in anderen Bezirken wiederholen wollen.
Das Dickicht der Sozialbürokratie lichten – Hilfe auf Augenhöhe organisieren
Ein zentraler Hebel im Kampf gegen Armut ist, das Dickicht der Sozialleistungen so zu ordnen, dass Menschen nicht länger im Unterholz der Sozialbürokratie verloren gehen. Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration, psychosoziale Betreuung, Schuldner- und Suchtberatung oder Kinder- und Familienbetreuung sollen überall Hand in Hand gehen, innovative Ansätze aus einzelnen Jobcentern sollen auf alle anderen übertragen werden. Auch Altersarmut braucht Beachtung und zielgenaue Angebote. Die Rädchen müssen vor Ort ineinandergreifen. Damit Menschen genau die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Dafür müssen die besten Modelle aus allen Bezirken zusammengetragen und Vorbild für die ganze Stadt werden. In den Berliner Jobcentern wird sehr kreativ an Lösungen für jeden Einzelfall gearbeitet. In Lichtenberg werden Menschen zusätzlich psychologisch betreut. In Mitte war ein Projekt zur Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“ erfolgreich. In Neukölln haben wir ein Präventionsteam aufgebaut, um Obdachlosigkeit zu vermeiden und Wege aus der Krise zu zeigen. Wir wollen diese Ansätze bündeln und mit allen Bezirksämtern und der Senatsverwaltung für Soziales eine landesweite Koordinierung etablieren. Für uns ist klar, dass Betroffene in die Entwicklung der Angebote einbezogen werden müssen.
Orientierung am Sozialraum der Menschen
Auch die Arbeit der Ämter und der sozialen Träger wollen wir um die Bedürfnisse von Menschen in ihrem Lebensumfeld organisieren – nicht entlang bürokratischer und finanzieller Logiken. Denn niedrigschwellige und umfassende Unterstützung und Mitbestimmung dort, wo man lebt, baut Hürden für alle Berliner*innen ab. In diesem Sinne bedeutet Sozialraumorientierung das konsequente Umsteuern auf Prävention. Jugendhilfe funktioniert dort besonders gut, wo sozialraumorientiert und damit präventiv gearbeitet wird. Andernorts explodieren die Fallkosten. Über das Familienfördergesetz wollen wir Kiez-Teams aufbauen, die bei Meldungen Familien, Senior*innen und Einzelpersonen aufsuchen und Unterstützung leisten. Dabei sollen „Frühe Hilfen“, die Stadtteilmütter, Jugendeinrichtungen, Schulen, Sportvereine, die Jobcenter oder die Schuldnerberatung eng miteinander kooperieren. Die sogenannten „67er-Hilfen“ in der Sozialhilfe, also Leistungen zur Überwindung von sozialen Schwierigkeiten, wollen wir in den Bezirken einheitlich anwenden.
Wir wollen in den bestehenden lebensweltlich orientierten Räumen für alle Bereiche datenbasiert genau die Angebote schaffen, die benötigt werden, um die Sozialeinrichtungen, die Ämter und deren Angebote zu vernetzen und passgenau aufzustellen. Dazu wollen wir die Fachstruktur der Sozialraumorientierung in den Bezirken vereinheitlichen und mit einer Lenkung auf Senatsebene flankieren. Die Qualitätssicherung soll systematisiert und in ganz Berlin strukturiert werden, um Flexibilität und hohe Qualität zu verbinden.
Armuts- und Sozialberichterstattung neu ordnen
Grundlage einer ressortübergreifenden Strategie muss eine integrierte Armuts-, Sozial- und Gesundheitsberichterstattung sein. In Berlin gibt es ein umfassendes Berichtswesen zu einer Vielzahl relevanter Themen: die Gesundheits- und Sozialberichterstattung, die Umweltgerechtigkeitskarte, den Umweltatlas, Lärmkarten, die Obdachlosenzählung und vieles mehr. Wir wollen den Wildwuchs an Analysen und Berichten systematisieren und zusammenführen. So können wir noch besser als bisher gegenseitige Abhängigkeiten identifizieren und in die politische Steuerung einfließen lassen. Das gilt auch für die Erfassung der Lage von Obdachlosen. Die bundesweit erste systematische Obdachlosenzählung im Februar 2020 war ein wichtiger, wenn auch methodisch stark verbesserungswürdiger Schritt. Nun muss eine Professionalisierung folgen, um Angebote noch gezielter ausbauen zu können. Dafür wollen wir stark mit Betroffenen-Organisationen und Trägern zusammenarbeiten.
Das Konzept „Housing First“ ausbauen
Es ist in der Regel ein Bündel an Problemlagen, das in die Obdachlosigkeit führt. Um die nötige Ruhe zu haben, das Bündel aufzuschnüren und zu lösen, braucht es einen geschützten Raum, ein Dach über dem Kopf. Wir machen uns das Ziel des Europäischen Parlaments zu eigen, die Obdachlosigkeit bis 2030 zu beenden. Deswegen vermitteln Projekte mit dem Ansatz „Housing First“ Menschen als Allererstes in neue Wohnungen – mit dauerhaftem Mietvertrag – und begleiten sie dann auf ihrem weiteren Weg. Dieses Konzept ist erfolgreich und deswegen wollen wir die Rahmenbedingungen verbessern: Sozialen Trägern und kleinen gemeinwohlorientierten Projekten, die für die spezifischen Gruppen selbst bauen wollen, soll es möglich sein, Bürgschaften auch über die Stadt zu erhalten. Vorbild ist das sogenannte Generalmietermodell der Degewo mit sozialen Trägern in Mitte, das wir landesweit durch alle landeseigenen Wohnungsunternehmen etablieren wollen. Um das Konzept in größerem Umfang umsetzen zu können, wollen wir Wohnungen anmieten, um sie, begleitet von sozialer und psychologischer Betreuung, Obdachlosen zur Verfügung zu stellen. Wir setzen uns für ausreichend Housing-First-Wohnungen bei landeseigenen Wohnungsunternehmen ein, werden sie deutlich ausbauen und wollen mittelfristig auch private Eigentümer*innen in die Pflicht nehmen, Housing-First-Plätze zur Verfügung zu stellen. Dabei stehen besonders verletzliche Gruppen wie Frauen, LGBTIQ*, Sexarbeiter*innen, Menschen mit erschwertem Zugang zu eigenem Wohnraum, Alleinerziehende, Minderjährige oder Menschen mit Behinderung im Mittelpunkt.
Besonders kompliziert ist die Unterstützung von Menschen, wenn sie keine Ansprüche auf Sozialleistungen haben. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, Leistungsausschlüsse für Unionsbürger*innen abzuschaffen. In Berlin werden wir auch Angebote für Menschen vorhalten, die keinen oder einen ungeklärten Sozialleistungsanspruch haben. Mit der geplanten Gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringung (GStU) schaffen wir für die Unterbringung nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) einheitliche Standards und stellen damit die Qualität von Unterbringung und Beratung sicher.
Die letzte Haltelinie sind Notunterkünfte. Die Zahl der Plätze konnten wir in den vergangenen Jahren deutlich ausbauen. Künftig wollen wir, dass mindestens 600 Plätze ganzjährig zur Verfügung stehen. In der kalten Jahreszeit sollen im Rahmen der Kältehilfe deutlich über 1.000 ganztägige Plätze vorgehalten werden, von denen ein Anteil für besonders schutzbedürftige Menschen reserviert wird. Die Sicherheit in den Unterkünften muss gewährleistet sein. Mit der Schaffung barrierefreier Notunterkünfte reagieren wir auf die große Zahl obdachloser Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Alle Plätze sollen stets mit Beratungsangeboten verbunden sein: Jede Übernachtung in einer Notunterkunft soll eine Chance auf einen Weg aus der Obdachlosigkeit bieten und neue Möglichkeiten aufzeigen. Außerdem sollen explizite Angebote geschaffen werden, die es Suchterkrankten ermöglichen, sicher zu konsumieren. Wohnungslosen Menschen wollen wir auf Augenhöhe begegnen. Um gewaltsame Räumungen von Obdachlosencamps zu vermeiden, wollen wir nach dem Konzept „Safe Places“ auch in Berlin Schutzräume ermöglichen. Wir wollen gewaltsame Räumungen verhindern. Wir setzen uns dafür ein, dass das Fahren ohne Fahrschein keine Straftat mehr darstellt und Bußgelder somit nicht zu Ersatzstrafen führen können. Obdachlose Menschen verbringen einen großen Teil ihrer Zeit im öffentlichen Raum. Wir wollen, dass sie dort auch Schutz finden und beispielsweise durch Trinkwasserbrunnen mit kostenlosem Wasser versorgt werden.
Ein neues Landesamt für Unterbringung
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben – egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln. In diesem Zuge setzen wir uns für eine schnelle, dezentrale Unterbringung geflüchteter Menschen ein und wirken auf Bundesebene darauf hin, dass geflüchtete Menschen nicht mehr gezwungen werden in Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen. Zudem werden wir prüfen, wie geflüchteten Menschen unbürokratisch ein Wohnberechtigungsschein ausgestellt werden kann.