Veranstaltung: | LDK am 9. Dezember 2023 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 10 Weitere Anträge |
Antragsteller*in: | Antje Kapek (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg) |
Status: | Verschoben |
Eingereicht: | 04.11.2023, 09:23 |
V-10: Die Mobilitätswende mit einem klimafreundlichen und attraktiven Verkehrskonzept im Osten Berlins voranbringen
Titel
Antragstext
Der Berliner Osten wurde jahrzehntelang in der Verkehrsplanung vernachlässigt - und dass,
obwohl der Bau von Großsiedlungen in Marzahn-Hellersdorf und Köpenick sowie die starke
Nachverdichtung im gesamten Osten im selben Zeitraum zu einem enormen Zuwachs des Verkehrs
geführt hat. So bestehen bis heute zwischen Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-
Köpenick keine durchgehenden, leistungsfähigen Straßen, mit Ausnahme der Treskowallee. Auch
der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), in Form vom Tram und Buslinien, verläuft in
diesen Nord-Süd-Straßenverbindungen meist ohne eigene Trassen. Das führt zu gegenseitigen
Behinderungen und an besonders zentralen Punkten zu täglichen Staus.
Die autozentrierte Antwort auf diese Verkehrssituation gab die DDR Ende der 1960er Jahre mit
der 4. Tangente, bzw. der Tangentialverbindung Ost (TVO), die als überörtliche
Hauptverkehrsstraße in Nord-Süd Richtung geplant wurde. Realisiert wurde aber nur der
nördliche Abschnitt von der Stadtgrenze bis zur B1/B5. Nach der Wende wurde von 1999 bis
2007 der südliche Abschnitt von An der Wuhlheide bis zum Adlergestell gebaut. Nun steht der
mittlere Abschnitt zwischen der B1/B5 und An der Wuhlheide in der Planung. Doch gegen diese
Planungen regt sich Protest der Zivilgesellschaft aus Angst vor der Zerstörung großer
Waldstücke und der Gefährdung von Landschafts- und Naturschutzgebieten, wie der Wuhlheide,
dem Biesenhorster Sand und dem Biesdorfer Busch. Wir stehen an der Seite der
Zivilgesellschaft und aller Menschen, die sich für eine intakte Umwelt und ein nachhaltiges
Verkehrskonzept einsetzen.
Denn der Schutz des Ökosystems steht als Ziel von Bündnis 90/Die Grünen schon immer im
Zentrum aller Diskussionen um Verkehrslösungen für den Berliner Osten. Aber auch die
Probleme durch die heutige Verkehrssituation zwischen Köpenick, Lichtenberg und Marzahn
beschäftigen uns seit Jahren. Klar war und ist: die Lösung der Verkehrsprobleme muss im
Einklang mit den Notwendigkeiten von Klima- und Umweltschutz stehen.
Heute stehen wir vor dem Beginn des Planfeststellungsverfahrens der TVO und nicht nur
Klimaaktivist*innen und engagierte Bürger*innen vor Ort, auch wir Bündnis 90 / Die Grünen
stellen uns die Frage, ob dieses Straßenprojekt überhaupt noch sinnvoll ist. Denn neben den
Umwelt- und Klimafolgen dieser Infrastrukturmaßnahme, sind auch die heute prognostizierten
Kosten von mindestens 400 Mio. Euro kein nachhaltiger Umgang mit Steuergeld. Weitere
Kostenexplosionen aufgrund steigender Baupreise werden nicht ausbleiben, so erwartet es der
Senat selbst in seinem Haushaltsplan.
Selbst wenn der Planfeststellungsbeschluss für die TVO in hohem Tempo vorangetrieben wird,
glauben wir nicht daran, dass eine zügige Realisierung der TVO überhaupt möglich ist. Denn
neben der Bedrohung von Flora, Fauna und Klima, stehen den Planungen zusätzlich
explodierende Kosten und drohende langjährige Klageverfahren entgegen. Eine Inbetriebnahme
ist selbst bei dem optimistischsten Verlauf nicht vor 2035 realistisch. Rechnen wir
Kostensteigerungen und die üblichen Berliner Bauverzögerungen hinzu, sind wir locker 10
Jahre weiter. Eine Lösung der Verkehrsprobleme steht somit also bis zur Mitte des
Jahrhunderts aus. Wir wollen den Menschen vor Ort aber heute helfen, indem wir Lösungen
entwickeln und umsetzen, die im Hier und Jetzt wirken, bzw. kurzfristige Verbesserungen
bringen und nicht morgen zu enormen Problemen führen.
Wir halten daher die Planungen der Tangentialverbindung Ost für nicht mehr zeitgemäß, und
verneinen ihre Umsetzung.
Es ist an der Zeit stattdessen endlich an einer sozialen, umwelt- und klimagerechten
Mobilität auch und gerade in den Außenbezirken mit Priorität zu arbeiten. Wir fordern den
Senat daher nachdrücklich auf, den Ausbau des Umweltverbundes vor allem im Osten Berlins und
in den Stadtrandlagen in den Mittelpunkt zu stellen!
Deshalb fordern wir einen attraktiven 5-Minutentakt auf den S-Bahn-Linien S3 und S5 sowie
der U5, mindestens bis zum Stadtrand, bestenfalls bis Erkner und Strausberg zu beauftragen
und umzusetzen. Gerade im Berufsverkehr sind die Bahnen heute voll. Ein sicherer 5-
Minutentakt ist ein zentraler Baustein für ein attraktives Nahverkehrsangebot für den
Berliner Osten.
Über die Taktverdichtung hinaus hat für uns die Umsetzung der Nahverkehrstangente (Schienen-
TVO) Priorität. Die Nahverkehrstangente ist eine leistungsfähige und schnelle Nord-Süd-
Verbindung auf der Schiene vom Karower Kreuz zum Grünauer Kreuz. Mit ihrem Bau ergänzt sie
die fehlende Verbindung auf dem Bahnaußenring. Dabei könnten die Haltepunkte Biesdorf Süd
und Biesenhorst auch direkt das Biesdorfer Gebiet um die Köpenicker Straße erschließen. Zur
Realisierung eines Kreuzungsbahnhofs Wuhlheide zwischen NVT und S-Bahn ist der Bahnübergang
am Bahnhof Wuhlheide durch eine Bahnunterführung zu ersetzen. Und da die Planungen und der
Bau einige Jahre brauchen, soll als Vorgriff der Bau von Regionalhalten am S-Bahnhof
Springpfuhl und möglichst auch am S-Bahnhof Marzahn erfolgen. Denn dort fahren schon heute
die Regionalbahnen vorbei.
Der zweite zentrale Baustein für den Ausbau von schienengebundenen Nahverkehrsangeboten ist
die Straßenbahn. Optimierte Verbindungen und Vorrangschaltung in der Treskowallee und in
Schöneweide sowie eine zügige Planung und Umsetzung der Tram-Verlängerung von Schöneweide
nach Neukölln sind ebenso notwendig wie der Ausbau in und nach Mahlsdorf. Nachdem der bisher
geplante Ausbau zwischen Mahlsdorf und Köpenick dank uns auf dem Weg der Umsetzung ist, muss
der Lückenschluss nach Hellersdorf ebenfalls angepackt werden. Das Ziel ist klar: Eine
direkte Verbindung der Großsiedlung Hellersdorf mit Köpenick. Sie bietet für viele
zusätzliche umsteigefreie Verbindungen zwischen Großsiedlung Hellersdorf und dem Berliner
Süden. Für die Zeit bis zur Inbetriebnahme soll der X54 zwischen Hohenschönhausen bzw.
Marzahn bis zur Tram-Haltestelle am S-Bahnhof Mahlsdorf verlängert werden und auf den Takt
der Straßenbahn angepasst werden.
Den von der CDU angedrohten Rückschritten bei der Verkehrslösung Mahlsdorf werden wir
entschieden entgegentreten. Unser kurzfristiges Ziel: Die Tram zwischen Mahlsdorf und
Köpenick mit einem 10-Minuten-Takt muss zügig und ohne politische Verzögerungen und Tram-
Stopp fertiggestellt werden.
Ein weiterer Baustein des Umweltverbundes ist der Ausbau des Busangebotes, welcher schneller
umgesetzt werden muss. Der Takt der Busse muss insgesamt im Osten auf 10 Minuten verdichtet
werden. Für das Biesdorfer Siedlungsgebiet sehen wir folgenden Handlungsbedarf:
Eine Busverbindung, zwischen Wuhlheide und Schöneweide muss umgesetzt werden. Der 169er soll
in Richtung Unfallkrankenhaus oder S+U-Bahnhof Wuhletal verlängert werden. Eine weitere
Netzlücke sollte bspw. der 190er schließen, indem er über den Elsterwerdaer Platz hinaus in
Richtung Springpfuhl verkehrt. Außerdem muss eine zügige Fahrt der Busse ermöglicht werden.
Der Rufbus Muva muss ohne Zuschlag als Zubringer zum U- bzw. S-Bahnhof sowie zu
Gesundheitsorten im und um das Bediengebiet fahren. Insbesondere das Unfallkrankenhaus
Marzahn sowie das Vivantes-Klinikum in Kaulsdorf sind zentrale Orte der Daseinsvorsorge und
wichtige Mobilitätsziele für alle Berliner*innen, die als Orte für Zubringerfahrten
etabliert werden sollen.
Darüber hinaus sollen an exemplarischen Orten "Rufsäulen" eingerichtet werden. Diese sollen
bspw. an Stadtteilzentren wie dem Generationenhaus Balzer Platz, der Kirche an der
Köpenicker Straße, an den Supermärkten entlang der Köpenicker Straße sowie an den oben
benannten wichtigen Gesundheitsorten errichtet werden und damit die Nutzung so einfach wie
möglich machen.
Insgesamt wird im gesamten Berliner Osten ein stimmiges Buskonzept und mit einem
flächendeckenden 10-Minutentakt benötigt, dass die Menschen zu den zentralen Bahnhöfen
bringt und auch Rufbussysteme wie „Muva" sinnvoll einbindet. Zudem braucht es mehr
Busspuren, Haltestellen-Kaps, Ampelvorrangschaltungen und besonders kurze, barrierefreie
Umsteigewege.
Zudem fordern wir den weiteren Ausbau von durchgehenden Radverkehrsanlagen. Die Verbesserung
der Radverkehrssicherheit muss mit Hochdruck insbesondere im Osten Berlins vorangetrieben
werden, was leider von der CDU-geführten Senatsverwaltung in Berlin stark vernachlässigt,
wenn nicht sogar torpediert, wird. Aktuell werden Planungen und der Bau von Radwegen
verzögert oder gar gestoppt und es besteht die Gefahr, dass bereits zugesagte Gelder nicht
genutzt werden können. Das wollen wir ändern!
Insbesondere Kinder und Jugendliche benötigen Radwege, auf denen sie sicher ihre Alltagswege
selbstständig zurücklegen können, wie den Weg zur Schule, zum Training oder zu Freund*innen.
Auch aktive Senior*innen nutzen gerne das Rad um kurze Wege zum Einkaufen oder zur Ärzt*in
zurückzulegen. Für die unterschiedlichen Altersgruppen der Radfahrer*innen muss die
Radinfrastruktur sicherer gestaltet und, entgegen dem jetzigen Vorgehen, mit der gebotenen
Priorität weiter vorangetrieben werden.
Um den Individualverkehr für längere Fahrradstrecken sicher zu gestalten, ist im Bereich
zwischen S 3 und S 5 ein übergreifender Ausbauplan des Radverkehrsnetzes im Osten Berlins
notwendig. Um aber 2030 ein attraktives Netz an Radwegen und Fahrradstraßen zu haben, muss
der Ausbauplan jetzt starten! Bis 2026 verfolgen wir das Ziel viele neue Fahrradstraßen und
Radwege im Osten auszuweisen, z.B. im Bereich der Treskowallee.
Die Radbahn U5 mit einer Anbindung nach Mahlsdorf ist dazu ein prioritär zu errichtendes
Rad(schnell)verbindung. Hier fordern wir den Senat auf, die Planungen in die Hand zu nehmen
und das Behörden-Ping-Pong mit den Bezirken Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf zu beenden.
Neben einer vernünftigen Radinfrastruktur braucht es außerdem gut ausgebaute Fußwege, denn
jede Person ist mal zu Fuß unterwegs Und dabei sollen alle, egal ob Kinder, Jugendliche,
ältere Menschen oder Menschen mit Beeinträchtigungen, sicher ihre Ziele erreichen können.
Dafür müssen unter anderem zwischen dem S-Wuhlheide und der Straße An der Wuhlheide sichere
Fußwege geschaffen werden. Der Bereich der verlängerten Waldowallee, Rudolf-Rühr-Allee/
Köpenicker Straße zum S Wuhlheide braucht hierbei besondere Aufmerksamkeit, damit eine
Infrastruktur entstehen kann, die Rad- und Fußverkehr nicht gegeneinander oder mit dem
Autoverkehr ausspielt. Deshalb werden wir hierauf ein besonderes Augenmerk legen.
Und auch der Wirtschaftsverkehr braucht Angebote, die Gewerbegebiete sinnvoll verbinden und
Unternehmer*innen, Pflegekräfte und Handwerker*innen einfache Wege ermöglichen. Es muss
endlich ein Konzept erstellt werden, welches eine Verkehrslenkung entlang der Landsberger
Allee bzw. der L33 in Richtung Autobahn umsetzt. Dazu muss die Prüfung von
Gütergleisanschlüssen in Berlin Eastside und am Cleantech-Park erneut auf die Agenda.
Neben einem Konzept von Verkehrslenkung und Management müssen wir zudem ergänzend Maßnahmen
zur Verkehrsvermeidung zurückgreifen.
Ein Berlin, in dem Menschen unabhängig der Stadtlage bequem und sicher an ihre Ziele kommen,
ohne weiter unsere Lebensgrundlage zu zerstören, ist möglich und wir wollen gemeinsam mit
Anwohner*innen und zivilgesellschaftlichen Gruppen an deren Umsetzung arbeiten. Menschen
wollen und brauchen Mobilität, keinen Stau, keine schlechte Luft und keinen Verkehrslärm.
Wir nehmen die Bedürfnisse der Menschen ernst, statt Interessen gegeneinander auszuspielen.
Deshalb streiten wir für den Ausbau des öffentlichen Nah-, Fuß- und Radverkehrs und den
Erhalt der Wuhlheide, des Biesenhorster Sands und des Biesdorfer Buschs.
Unterstützer*innen
- Annkatrin Esser (KV Berlin-Treptow/Köpenick)
- Santiago Rodriguez Salgado (LV Grüne Jugend Berlin)
- Maren Tepper (KV Berlin-Marzahn/Hellersdorf)
- Maximilian-Lukas Linke (KV Berlin-Marzahn/Hellersdorf)
- Anne-Christin Beutel (KV Berlin-Lichtenberg)
- Daniela Ehlers (KV Berlin-Lichtenberg)
- Harald Moritz (KV Berlin-Treptow/Köpenick)
- Catrin Wahlen (KV Berlin-Treptow/Köpenick)
- Elina Schumacher (LV Grüne Jugend Berlin)
- Leonie Wingerath (LV Grüne Jugend Berlin)
Änderungsanträge
- V-10-025 (KV Marzahn-Hellersdorf (dort beschlossen am: 27.11.2023), Eingereicht)