Veranstaltung: | LDK am 04. Mai 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 10 Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Annkatrin Esser (KV Berlin-Treptow/Köpenick) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 29.03.2024, 23:06 |
V-19: NAHVERKEHRSTANGENTE OST (NVT) RETTEN! MIT EINEM KLIMAFREUNDLICHEN UND ATTRAKTIVEN VERKEHRSKONZEPT DEN OSTEN BERLINS VORANBRINGEN
Titel
Antragstext
Der Berliner Osten wurde jahrzehntelang in der Verkehrsplanung vernachlässigt - und dass,
obwohl der Bau von Großsiedlungen in Marzahn-Hellersdorf und Köpenick sowie die starke
Nachverdichtung im gesamten Osten im selben Zeitraum zu einem enormen Zuwachs des Verkehrs
geführt hat. So bestehen bis heute zwischen Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-
Köpenick keine durchgehenden, leistungsfähigen Straßen, mit Ausnahme der Treskowallee. Auch
der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), in Form vom Tram und Buslinien, verläuft in
diesen Nord-Süd-Straßenverbindungen meist ohne eigene Trassen. Das führt zu gegenseitigen
Behinderungen und an besonders zentralen Punkten zu täglichen Staus.
Die autozentrierte Antwort auf diese Verkehrssituation gab die DDR Ende der 1960er Jahre mit
der 4. Tangente, bzw. der Tangentialverbindung Ost (TVO), die als überörtliche
Hauptverkehrsstraße in Nord-Süd Richtung geplant wurde. Realisiert wurde aber nur der
nördliche Abschnitt von der Stadtgrenze bis zur B1/B5. Nach der Wende wurde von 1999 bis
2007 der südliche Abschnitt von An der Wuhlheide bis zum Adlergestell gebaut. Nun steht der
mittlere Abschnitt zwischen der B1/B5 und An der Wuhlheide in der Planung. Doch gegen diese
Planungen regt sich Protest der Zivilgesellschaft aus Angst vor der Zerstörung großer
Waldstücke und der Gefährdung von Landschafts- und Naturschutzgebieten, wie der Wuhlheide,
dem Biesenhorster Sand und dem Biesdorfer Busch. Wir stehen an der Seite der
Zivilgesellschaft und aller Menschen, die sich für eine intakte Umwelt und ein nachhaltiges
Verkehrskonzept einsetzen.
Denn der Schutz des Ökosystems steht als Ziel von Bündnis 90/Die Grünen schon immer im
Zentrum aller Diskussionen um Verkehrslösungen für den Berliner Osten. Aber auch die
Probleme durch die heutige Verkehrssituation zwischen Köpenick, Lichtenberg und Marzahn
beschäftigen uns seit Jahren. Klar war und ist: die Lösung der Verkehrsprobleme muss im
Einklang mit den Notwendigkeiten von Klima-und Umweltschutz stehen.
Heute stehen wir am Beginn des Planfeststellungsverfahrens der TVO und nicht nur
Klimaaktivist*innen und engagierte Bürger*innen vor Ort, auch wir Bündnis 90/Die Grünen
stellen uns die Frage, ob dieses Straßenprojekt überhaupt noch sinnvoll ist. Denn neben den
Umwelt- und Klimafolgen dieser Infrastrukturmaßnahme, sind auch die heute prognostizierten
Kosten von mindestens 400 Mio. Euro kein nachhaltiger Umgang mit Steuergeld. Weitere
Kostenexplosionen aufgrund steigender Baupreise werden nicht ausbleiben, so erwartet es der
Senat selbst in seinem Haushaltsplan.
Selbst wenn der Planfeststellungsbeschluss für die TVO in hohem Tempo vorangetrieben wird,
glauben wir nicht daran, dass eine zügige Realisierung der TVO überhaupt möglich ist. Denn
neben der Bedrohung von Flora, Fauna und Klima, stehen den Planungen zusätzlich
explodierende Kosten und drohende langjährige Klageverfahren entgegen. Eine Inbetriebnahme
ist selbst bei dem optimistischsten Verlauf nicht vor 2035 realistisch. Rechnen wir
Kostensteigerungen und die üblichen Berliner Bauverzögerungen hinzu, sind wir locker 10
Jahre weiter. Eine Lösung der Verkehrsprobleme steht somit also bis zur Mitte des
Jahrhunderts aus. Wir wollen den Menschen vor Ort aber heute helfen, indem wir Lösungen
entwickeln und umsetzen, die im Hier und Jetzt wirken, bzw. kurzfristige Verbesserungen
bringen und nicht morgen zu enormen Problemen führen.
Das derzeitige laufende Planfeststellungsverfahren für die TVO entspricht nicht den
erforderlichen Standards für nachhaltige Mobilität. Daher lehnen wir die Planungen ab.
Stattdessen muss die Priorität auf der Entwicklung der Nahverkehrstangente liegen, um eine
wirklich zukunftsfähige und umweltfreundliche Verkehrslösung sicherzustellen.
Um Anwohner*innen zu entlasten, fordern wir eine Lösung, die die Wuhlheide erhält und den
Ausbau des ÖPNV in den Mittelpunkt stellt.
Die finalen Unterlagen bestätigen die schlimmsten Befürchtungen. Die gewählte Trassenführung
der TVO macht die so dringend nötige Umsetzung der Nahverkehrstangente nahezu unmöglich.
Daran ändert auch der von Senat verkündete Systementscheid wenig. Die Freihaltung der Trasse
für die Nahverkehrstangente auf der Schiene muss um jeden Preis gerettet werden. Die
andernfalls drohende Kostenexplosion auf vom Senat selbst verkündeten mindestens 1,4 Mrd.
Euro, gefährdet sonst die Erreichung der Kosten-Nutzen-Schwelle und damit die Möglichkeit
der Finanzierung von 75% der Kosten durch den Bund.
Die Bürger*innen im Biesdorfer Siedlungsgebiet müssen von der täglichen Blechlawine
entlastet werden. Da Autoverkehr in absehbarer Zeit weiter Teil unserer Mobilität bleibt,
setzen sich Bündnis 90/Die Grünen seit Jahren im Dialog mit den Anwohnenden für eine
Mobilitätspolitik für alle ein. Vielmehr muss ein Konzept angeboten werden, das mit so wenig
wie möglich ökologischem und ökonomischem Schaden die unbestritten vorhandenen Probleme
löst.
Es ist an der Zeit stattdessen endlich an einer sozialen, umwelt- und klimagerechten
Mobilität auch und gerade in den Außenbezirken mit Priorität zu arbeiten. Wir fordern den
Senat daher nachdrücklich auf, den Ausbau des Umweltverbundes vor allem im Osten Berlins und
in den Stadtrandlagen in den Mittelpunkt zu stellen!
Die Nahverkehrstangente Ost (NVT) soll so schnell wie möglich gebaut werden und zur
Entlastung für die Nord-Süd-Achse fungieren. Diese Bahnverbindung soll als Regio-S-Bahn, wie
vom Bündnis Schiene Berlin-Brandenburg (BSBB) vorgeschlagen, vom S-Bahnhof Springpfuhl in
Marzahn bis zum Flughafen BER in Schönefeld führen. Alle Ortsteile auf der Strecke müssen
angebunden und Umstiegsmöglichkeiten zu den U- und S-Bahn Linien geschaffen werden.
Ebenfalls fordern wir den Bau von Regionalbahnhalten am S-Bahnhof Springpfuhl und möglichst
auch am S-Bahnhof Marzahn, denn dort fahren schon heute die Regionalbahnen vorbei.
Außerdem fordern wir einen attraktiven 5-Minutentakt auf den S-Bahn-Linien S3 und S5 sowie
der U5, mindestens bis zum Stadtrand, bestenfalls bis Erkner und Strausberg zu beauftragen
und umzusetzen. Gerade im Berufsverkehr sind die Bahnen heute voll. Ein sicherer 5-Minuten-
Takt ist ein zentraler Baustein für ein attraktives Nahverkehrsangebot für den Berliner
Osten. Auch die S7 und S75 sollen nach Schaffung der infrastrukturellen Voraussetzungen auf
einen 5-Minuten-Takt verdichtet werden.
Der zweite zentrale Baustein für den Ausbau von schienengebundenen Nahverkehrsangeboten ist
die Straßenbahn. Optimierte Verbindungen und Vorrangschaltung in der Treskowallee und in
Schöneweide sowie eine zügige Planung und Umsetzung der Tram-Verlängerung von Schöneweide
nach Neukölln sind ebenso notwendig wie der Ausbau in und nach Mahlsdorf. Nachdem der bisher
geplante Ausbau zwischen Mahlsdorf und Köpenick dank uns auf dem Weg der Umsetzung ist, muss
der Lückenschluss nach Hellersdorf ebenfalls angepackt werden. Das Ziel ist klar: Eine
direkte Verbindung der Großsiedlung Hellersdorf mit Köpenick. Sie bietet für viele
zusätzliche umsteigefreie Verbindungen zwischen Großsiedlung Hellersdorf und dem Berliner
Süden. Für die Zeit bis zur Inbetriebnahme soll der X54 zwischen Hohenschönhausen bzw.
Marzahn bis zur Tram-Haltestelle am S-Bahnhof Mahlsdorf verlängert werden und auf den Takt
der Straßenbahn angepasst werden.
Den von der CDU angedrohten Rückschritten bei der Verkehrslösung Mahlsdorf werden wir
entschieden entgegentreten. Unser kurzfristiges Ziel: Die Tram zwischen Mahlsdorf und
Köpenick mit einem 10-Minuten-Takt muss zügig und ohne politische Verzögerungen und Tram-
Stopp fertiggestellt werden. Ein weiterer Baustein des Umweltverbundes ist der Ausbau des
Busangebotes, welcher schneller umgesetzt werden muss. Der Takt der Busse muss insgesamt im
Osten auf 10 Minuten verdichtet werden. Für das Biesdorfer Siedlungsgebiet sehen wir
mindestens folgenden Handlungsbedarf:
Eine Busverbindung, zwischen Wuhlheide und Schöneweide muss umgesetzt werden. Der 169er soll
in Richtung Unfallkrankenhaus oder S+U-Bahnhof Wuhletal verlängert werden. Außerdem muss
eine zügige Fahrt der Busse ermöglicht werden. Weitere konkrete Maßnahmen zu Busverbindungen
betreffen die Verlängerung des 190er Busses bis zum Springpfuhl im Norden und nach
Schöneweide im Süden sowie ein 10-Minuten-Takt morgens und nachmittags. Zudem betreffen sie
eine Takterhöhung des X69er Busses nach Köpenick und die Ausweitung des Muva-
Rufbusangebotes.
Der Rufbus Muva muss ohne Zuschlag als Zubringer zum U- bzw. S-Bahnhof sowie zu
Gesundheitsorten im und um das Bediengebiet fahren. Insbesondere das Unfallkrankenhaus
Marzahn sowie das Vivantes-Klinikum in Kaulsdorf sind zentrale Orte der Daseinsvorsorge und
wichtige Mobilitätsziele für alle Berliner*innen, die als Orte für Zubringerfahrten
etabliert werden sollen.
Darüber hinaus sollen an exemplarischen Orten "Rufsäulen" eingerichtet werden. Diese sollen
bspw. an Stadtteilzentren wie dem Generationenhaus Balzer Platz, der Kirche an der
Köpenicker Straße, an den Supermärkten entlang der Köpenicker Straße sowie an den oben
benannten wichtigen Gesundheitsorten errichtet werden und damit die Nutzung so einfach wie
möglich machen.
Insgesamt wird im gesamten Berliner Osten ein stimmiges Buskonzept und mit einem
flächendeckenden 10-Minutentakt benötigt, dass die Menschen zu den zentralen Bahnhöfen
bringt und auch Rufbussysteme wie „Muva" sinnvoll einbindet. Zudem braucht es mehr
Busspuren, Haltestellen-Kaps, Ampelvorrangschaltungen und besonders kurze, barrierefreie
Umsteigewege.
Zudem fordern wir den weiteren Ausbau von durchgehenden Radverkehrsanlagen. Die
Verbesserung der Radverkehrssicherheit muss mit Hochdruck insbesondere im Osten Berlins
vorangetrieben werden, was leider von der CDU-geführten Senatsverwaltung in Berlin stark
vernachlässigt, wenn nicht sogar torpediert, wird. Hierfür soll schnellstmöglich der Ausbau
von
breiten Fahrradwegen und -straßen entsprechend des Radverkehrsplans und der
Priorisierung durch den bezirklichen FahrRad umgesetzt werden. Ab der Gleisquerung der U5
soll der Grabensprung im Siedlungsgebiet als reine Fahrradstraße umgewidmet werden. Dort
kann an die bestehende Fahrradstraße in der Alberichstraße angebunden werden. Ein
Lückenschluss von der Alberichstraße bis zur Wuhlheide und weiter Richtung Straße an der
Wuhlheide ist darüber hinaus dringend erforderlich.
Um aber 2030 ein attraktives Netz an Radwegen und Fahrradstraßen zu haben, muss der
Ausbauplan jetzt starten! Bis 2026 verfolgen wir das Ziel viele neue Fahrradstraßen und
Radwege im Osten auszuweisen, z. B. im Bereich der Treskowallee.
Aktuell werden Planungen und der Bau von Radwegen verzögert oder gar gestoppt und es besteht
die Gefahr, dass bereits zugesagte Gelder nicht genutzt werden können. Das wollen wir
ändern!
Insbesondere Kinder und Jugendliche benötigen Radwege, auf denen sie sicher ihre Alltagswege
selbstständig zurücklegen können, wie den Weg zur Schule, zum Training oder zu Freund*innen.
Auch aktive Senior*innen nutzen gerne das Rad um kurze Wege zum Einkaufen oder zur Ärzt*in
zurückzulegen. Für die unterschiedlichen Altersgruppen der Radfahrer*innen muss die
Radinfrastruktur sicherer gestaltet und, entgegen dem jetzigen Vorgehen, mit der gebotenen
Priorität weiter vorangetrieben werden.
Um den Individualverkehr für längere Fahrradstrecken sicher zu gestalten, ist im Bereich
zwischen S 3 und S 5 ein übergreifender Ausbauplan des Radverkehrsnetzes im Osten Berlins
notwendig. Um aber 2030 ein attraktives Netz an Radwegen und Fahrradstraßen zu haben, muss
der Ausbauplan jetzt starten! Bis 2026 verfolgen wir das Ziel viele neue Fahrradstraßen und
Radwege im Osten auszuweisen, z.B. im Bereich der Treskowallee.
Die Radbahn U5 mit einer Anbindung nach Mahlsdorf ist dazu ein prioritär zu errichtendes
Rad(schnell)verbindung. Hier fordern wir den Senat auf, die Planungen in die Hand zu nehmen
und das Behörden-Ping-Pong mit den Bezirken Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf zu beenden.
Neben einer vernünftigen Radinfrastruktur braucht es außerdem gut ausgebaute Fußwege, denn
jede Person ist mal zu Fuß unterwegs Und dabei sollen alle, egal ob Kinder, Jugendliche,
ältere Menschen oder Menschen mit Beeinträchtigungen, sicher ihre Ziele erreichen können.
Dafür müssen unter anderem zwischen dem S-Wuhlheide und der Straße An der Wuhlheide sichere
Fußwege geschaffen werden. Der Bereich der verlängerten Waldowallee, Rudolf-Rühr-Allee/
Köpenicker Straße zum S Wuhlheide braucht hierbei besondere Aufmerksamkeit, damit eine
Infrastruktur entstehen kann, die Rad- und Fußverkehr nicht gegeneinander oder mit dem
Autoverkehr ausspielt. Deshalb werden wir hierauf ein besonderes Augenmerk legen.
Und auch der Wirtschaftsverkehr braucht Angebote, die Gewerbegebiete sinnvoll verbinden und
Unternehmer*innen, Pflegekräfte und Handwerker*innen einfache Wege ermöglichen. Es muss
endlich ein Konzept erstellt werden, welches eine Verkehrslenkung entlang der Landsberger
Allee bzw. der L33 in Richtung Autobahn umsetzt. Dazu muss die Prüfung von
Gütergleisanschlüssen in Berlin Eastside und am Cleantech-Park erneut auf die Agenda.
Neben einem Konzept von Verkehrslenkung und Management müssen wir zudem ergänzend Maßnahmen
zur Verkehrsvermeidung zurückgreifen.
Ein Berlin, in dem Menschen unabhängig der Stadtlage bequem und sicher an ihre Ziele kommen,
ohne weiter unsere Lebensgrundlage zu zerstören, ist möglich und wir wollen gemeinsam mit
Anwohner*innen und zivilgesellschaftlichen Gruppen an deren Umsetzung arbeiten. Menschen
wollen und brauchen Mobilität, keinen Stau, keine schlechte Luft und keinen Verkehrslärm.
Wir nehmen die Bedürfnisse der Menschen ernst, statt Interessen gegeneinander auszuspielen.
Deshalb streiten wir für den Ausbau des öffentlichen Nah-, Fuß- und Radverkehrs und den
Erhalt der Wuhlheide, des Biesenhorster Sands und des Biesdorfer Buschs.
Begründung
Dieser Antrag wurde gemeinsam mit Vertreter*innen der betreffenden Kreisverbände, der Landesarbeitsgemeinschaft Mobilität, der GRÜNEN JUGEND sowie zuständigen Abgeordneten für die letzte Landesdelegiertenkonferenz erstellt. Da dort die inhaltlichen Anträge nicht diskutiert werden konnten, reichen wir ihn nun für diese LDK neu ein. Wir haben außerdem einige Änderungsanträge eingearbeitet und den Antrag auf Grund neuer Ereignisse aktualisiert.
Unterstützer*innen
- Antje Kapek (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Santiago Rodriguez Salgado (LV Grüne Jugend Berlin)
- Anne-Christin Beutel (KV Berlin-Lichtenberg)
- Philipp Ahrens (KV Berlin-Lichtenberg)
- Paul Meyer-Dunker (KV Berlin-Lichtenberg)
- Daniela Ehlers (KV Berlin-Lichtenberg)
- Catrin Wahlen (KV Berlin-Treptow/Köpenick)