Veranstaltung: | LDK am 30. November 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 9 Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Joana Zühlke (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 26.10.2024, 09:56 |
V-25: Einfach und sozial gerecht: BerlinPass-App als Schlüssel für mehr gesellschaftliche Teilhabe
Antragstext
Die Landesdelegiertenkonferenz möge beschließen:
Bündnis 90/Die Grünen Berlin fordern den Senat von Berlin auf, die Planungen zur Einführung
der BerlinPass-App unverzüglich wieder aufzunehmen und deren Umsetzung zügig voranzutreiben,
unter Berücksichtigung folgender relevanter Aspekte:
1. Inhalte der BerlinPass-App:
- Die BerlinPass-App soll einen digitalen BerlinPass enthalten, der als
Berechtigungsnachweis für das BVG-Sozialticket dient sowie als als Nachweis für
Vergünstigungen in diversen Einrichtungen aus den Bereichen Bildung, Sport und Kultur.
- Zusätzlich sollen alle Einrichtungen bzw. Orte in Berlin übersichtlich und
durchsuchbar dargestellt werden, in denen Berechtigte Ermäßigungen erhalten können, um
so den Zugang zu sozialen und kulturellen Angeboten zu erleichtern.
- Ebenso ist eine Integration des Sozialtickets anzustreben. Da dies aktuell der
Hauptkritikpunkt der Berliner Datenschutzbeauftragten ist (die Weitergabe
personenbezogener Daten an die BVG), sollte dieser Punkt eventuell nachrangig
behandelt werden und erst später in einer zweiten Entwicklungsstufe in die App
integriert werden.
2. Datenschutz und Datensicherheit:
Die Entwicklung der App soll in enger Zusammenarbeit mit der Landesdatenschutzbeauftragten
und weiteren externen Experten erfolgen, um höchste Standards beim Schutz der persönlichen
Daten zu gewährleisten und alle datenschutzrechtlichen Anforderungen zu erfüllen.
Zudem soll die App als Open-Source-Software entwickelt werden, um Transparenz und Sicherheit
zu gewährleisten. Durch die Offenlegung des Quellcodes können unabhängige Überprüfungen
stattfinden, die zum Schutz der Daten und zur Verbesserung der App beitragen, was wiederum
das Vertrauen erhöht.
3. Zugänglichkeit für alle:
Die App soll nutzerfreundlich und intuitiv bedienbar sowie barrierefrei gestaltet werden,
damit alle berechtigten Personen, unabhängig von ihren technischen Fähigkeiten oder
individuellen Einschränkungen, die App problemlos nutzen können. Eine mehrsprachige
Ausführung der App ist ebenfalls notwendig sowie das Anbieten von Leichter Sprache, um
Sprachbarrieren zu überwinden und sicherzustellen, dass alle Berechtigten die App verstehen
und nutzen können. Selbstverständlich ist die App in Anbetracht des Nutzerkreises kostenlos
anzubieten.
4. Begleitende Informationskampagne:
Eine umfassende Informations- und Aufklärungskampagne soll sicherstellen, dass alle
Berechtigten über die Einführung der App informiert sind und Unterstützung bei der Nutzung
erhalten.
5. Alternative ohne Smartphone:
Für Menschen, die kein Smartphone besitzen und somit die App nicht nutzen können, soll eine
alternative analoge Lösung geschaffen werden, die einfach und barrierearm gestaltet ist, um
diese Personengruppe nicht von den sozialen und kulturellen Angeboten auszuschließen.
Begründung
Anfang 2023 wurde der alte BerlinPass aus Pappe abgeschafft und ein neuer Berechtigungsnachweis in Form eines QR-Codes eingeführt. Dieser wurde jedoch in fast allen Fällen von den leistungsgewährenden Sozialbehörden um Monate zu spät verschickt oder kam sogar nie an. Dies führte bei tausenden Betroffenen bei BVG-Kontrollen zu Strafgebühren, da sie ihre Berechtigung für das Sozialticket nicht nachweisen konnten. Auch nach vielen Monaten konnten diese massiven Probleme nicht gelöst werden, sodaß dieser Berechtigungsnachweis seit 1.10.2024 wieder abgeschafft ist.
Aktuell müssen Betroffene bei BVG-Kontrollen in aller Öffentlichkeit ihren Leistungsbescheid vom Jobcenter, Sozialamt, Wohngeldstelle o.ä. vorzeigen, um das Sozialticket nutzen zu können. Dasselbe gilbt bei Inanspruchnahme von Vergünstigungen bei diversen Einrichtungen. Dies ist datenschutzrechtlich hoch problematisch, da sensible Sozialdaten in der Öffentlichkeit preisgegeben werden. Zudem ist es für viele Betroffene entwürdigend und mit Scham verbunden, ihre Bedürftigkeit so offenlegen zu müssen. Es ist auch nicht sonderlich praktikabel, im Alltag permanent seinen Leistungsbescheid mit sich rumzutragen.
Ursprünglich nur als vorübergehende Übergangslösung gedacht, hat es sich inzwischen leider zu einer traurigen NeverEnding-Story und Dauerlösung entwickelt und es ist für die derzeit Verantwortlichen ein absolutes Armutszeugnis im wahrsten Sinne des Wortes, dass es bis heute nicht möglich war, für finanziell Benachteiligte und armutsbetroffene Menschen eine digitale und auch alternativ analoge Lösung zu finden, die würdevoll, einfach und datenschutzkonform ausgestaltet ist.
Die geplante BerlinPass-App hätte genau dies geboten, indem sie den BerlinPass einfach und unkompliziert auf dem Smartphone bereitstellt. Zusätzlich sollte die App als zentraler Anlaufpunkt für alle Ermäßigungen und Vergünstigungen dienen, die mit dem BerlinPass verbunden sind. Viele Berechtigte kennen nicht alle Möglichkeiten, die ihnen offenstehen, weshalb eine Übersicht in der App besonders hilfreich wäre.
Leider hat der Senat die Planungen für diese App unter Verweis auf datenschutzrechtliche Bedenken gestoppt. Datenschutz ist ein extrem hohes und wichtiges Gut in unserer digitalen Gesellschaft, insbesondere bei sensiblen Sozialdaten, sollte allerdings nicht dazu führen, daß Menschen von der digitalen und gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen werden.
Die Praxis zeigt bereits, dass es zahlreiche Apps gibt, die sicher mit sensiblen Daten umgehen, wie z.B. Banking-Apps, Krankenkassen-Apps oder die eRezept-App. Auch die Bundesagentur für Arbeit stellt mit BA-mobil eine App für ihre Kund*innen zur Verfügung.
Die Vorschlag zurück zum alten Papp-Ausweis ist anachronistisch und entspricht nicht den progressiven Werten unserer Partei. Im 21. Jahrhundert sollte die Antwort auf Datenschutzbedenken nicht bei der Rückkehr zu Papier und Pappe liegen. Allenfalls wäre dies eine denkbare Lösung für Menschen ohne Smartphone.
Wir sollten uns deshalb nicht mit dem aktuellen Zustand zufriedengeben und weiterhin nach Lösungen suchen, um die BerlinPass-App datenschutzkonform umzusetzen!
Die App wäre ein wichtiger Schritt, um gesellschaftliche Teilhabe für finanziell benachteiligte oder armutsbetroffene Menschen würdevoll zu vereinfachen und zu verbessern.
Der Senat sollte daher gemeinsam mit Datenschutzexperten und Entwicklern an einer sicheren Lösung arbeiten, anstatt das Projekt aufzugeben!
Wir fordern daher die sofortige Wiederaufnahme der Planungen und die zügige Umsetzung der BerlinPass-App unter Berücksichtigung der notwendigen datenschutzrechtlichen Vorgaben und der inklusiven Zugangsmöglichkeiten!
Unterstützer*innen
- Milan Bachmann (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Jenny Laube (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Lars Klaus Aßhauer (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Vito Dabisch (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Christoph Lorenz (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Linda Guzzetti (KV Berlin-Kreisfrei)
- Peter Windsheimer (KV Berlin-Reinickendorf)
- Johannes Mihram (KV Berlin-Mitte)
- Tobias Jahn (KV Berlin-Mitte)
- Elisabeth Giesemann (KV Berlin-Lichtenberg)
- Jan Benninger (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Beate Sattler-Ashoff (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Annika Gerold (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)