Veranstaltung: | LDK am 30. November 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 9 Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Bahar Haghanipour (KV Berlin-Kreisfrei) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 26.10.2024, 07:08 |
V-21: Gewaltschutz in Berlin intersektional gestalten
Antragstext
Die Istanbul Konvention gegen häusliche Gewalt stärkt vulnerable Gruppen, weil sie sich auf
Grund der besonderen Umstände weniger zu wehren wissen und eher zur Zielscheibe von
Gewalttätern werden können. Beispielsweise aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Religion oder
ihrer sexuellen Orientierung und Identität können Frauen und TIN-Personen (trans,
intersexuelle und nicht-binäre Personen) mehfach diskriminiert und besonders von Gewalt
betroffen sein. Diese intersektionale Perspektive der Mehrfachdiskriminierung muss in der
Gestaltung von Gewaltschutzmaßnahmen in Berlin berücksichtigt werden. Denn alle Frauen und
TIN-Personen in Berlin haben den bestmöglichen Schutz gegen Gewalt verdient.
Begründung
Der Begriff der Intersektionalität kommt aus englischsprachigen feministischen Diskussionen und bezieht sich auf die Verschränkung verschiedener Diskriminierungsmerkmale. Unterschiedliche soziale Kategorien wie Geschlecht, soziale Klasse und Ethnizität, aber auch Sexualität, Nationalität, Sprache, Gewicht oder Behinderung wirken sich im Zusammenspiel auf gesellschaftliche Benachteiligungen oder Privilegierungen aus. Diese Perspektive muss vollumfänglich in der Anti-Gewalt-Arbeit umgesetzt werden. Daher muss das Hilfesystem und die Menschen, die darin arbeiten, so ausgestattet werden, dass alle FLINTA*-Personen in Berlin sie bei Bedarf in Anspruch nehmen können.
Die Istanbul Konvention zur Bekämpfung und Verhütung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt verpflichtet uns, allen Frauen Schutz vor Gewalt zu bieten. Am 11. Mai 2011 wurde „Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt“ (kurz Gewaltschutzkonvention Istanbul-Konvention) von 41 Staaten unterschrieben. Der völkerrechtlich bindende Vertrag ist am 1.2.2018 in Deutschland als Gesetz in Kraft getreten.
Klar ist, dass es häusliche Gewalt in allen Schichten gibt. Die Istanbul Konvention stärkt insbesondere vulnerable Gruppen, weil sie sich auf Grund der besonderen Umstände weniger zu wehren wissen und somit eher ins Visier von Gewalttätern geraten. Konkret sind folgende Personengruppen als besonders schutzbedürftig anzusehen: „schwangere Frauen und Mütter von Kleinkindern, behinderte Personen einschließlich Personen mit kognitiven oder geistigen Einschränkungen, in ländlichen oder abgeschiedenen Gegenden lebende Personen, Konsumenten toxischer Substanzen, Prostituierte, Angehörige einer ethnischen oder nationalen Minderheit, Migrantinnen und Migranten – insbesondere Migrantinnen/Migranten und Flüchtlinge ohne Papiere, Homosexuelle, Bisexuelle oder Transsexuelle, sowie HIV-positive Personen, Obdachlose, Kinder und alte Menschen" (Istanbul Konvention, S. 58). Deshalb müssen wir zur Umsetzung der Istanbul Konvention Angebote schaffen, die besonders vulnerable Gruppen erreicht.
Bei Frauen mit intersektional verschränkten Diskriminierungsmerkmalen, also mit Mehrfachdiskriminierung, können besonders hohe Barrieren bestehen, um das Hilfesystem in Anspruch zu nehmen. Wer der deutschen Sprache nicht mächtig ist, wird Schwierigkeiten haben, über die erfahrene Gewalt zu sprechen und sich Hilfe zu holen. Wenn beispielsweise nur wenige Frauenhäuser barrierefrei gestaltet sind, hat eine akut von Gewalt betroffene Frau im Rollstuhl größere Schwierigkeiten, einen Schutzplatz zu finden. Aber auch von Gewalt Betroffene mit Kindern haben einen erschwerten Zugang zum Hilfesystem. Sie müssen für eine Kinderbetreuung sorgen, um eine vertrauliche Beratung in Anspruch nehmen zu können. Mütter mit mehreren Kindern haben es besonders schwer eine Schutzunterkunft zu finden.
Trans, inta und nicht-binäre Personen gehören zu den vulnerablen Gruppen. Deshalb wollen wir Unterstützungsangebote schaffen, die sie explizit ansprechen.
Mit diesem Antrag schärfen wir unser feministisches Profil und machen deutlich, dass wir eine intersektionale Perspektive auch in der Gewaltschutzpolitik fordern.
Unterstützer*innen
- Alina Zimmermann (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Katja Zimmermann (KV Berlin-Mitte)
- Susanne Olschewski (KV Berlin-Kreisfrei)
- Sebastian Walter (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Tuba Bozkurt (KV Berlin-Mitte)
- Magdalena Michalka (KV Berlin-Kreisfrei)
- Petra Vandrey (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Markus Schopp (KV Berlin-Mitte)
- Teresa Krause (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Johannes Mihram (KV Berlin-Mitte)
- Jonathan Philip Aus (KV Berlin-Neukölln)
- Santiago Rodriguez Salgado (LV Grüne Jugend Berlin)
- Chantal Münster (KV Berlin-Kreisfrei)
- Janina Müttel (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Tabea Schoch (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Dante Esteban Davis (KV Berlin-Lichtenberg)
- Jenny Laube (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Tariq Kandil (LV Grüne Jugend Berlin)
- Malte Spielmann (KV Berlin-Neukölln)
- Shirin Kreße (KV Berlin-Mitte)
- Christoph Lorenz (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Henrik Rubner (KV Berlin-Kreisfrei)
- Linda Guzzetti (KV Berlin-Kreisfrei)
- Carola Scheibe-Köster (KV Berlin-Neukölln)
- Ronja Schicke (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Anne-Christin Beutel (KV Berlin-Lichtenberg)
- Antonia Tretter (KV Berlin-Neukölln)
- Mirjam Michel (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Maren Tepper (KV Berlin-Marzahn/Hellersdorf)
- Jana Eva Brix (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)