Veranstaltung: | LDK am 22. November 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 11. Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Adolf (Addi) Wiedemann (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 17.10.2025, 20:24 |
V-6: Verkehrsentscheid der Initiative Berlin autofrei unterstützen – für eine mutige und soziale Verkehrswende
Antragstext
Bündnis 90/Die Grünen Berlin gratulieren der Initiative „Berlin autofrei“ herzlich zum
Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs, das die Zulässigkeit des von der Initiative
eingeleiteten Volksentscheides für das „Gesetz zur gemeinwohlorientierten Straßennutzung“
bestätigt hat. Dieses Urteil ist ein Meilenstein für demokratische Beteiligung und
Klimaschutz in unserer Stadt. Wir begrüßen, dass dieses Urteil den Diskurs und die Grenzen
des Möglichen zugunsten größerer Freiräume für die Verkehrswende in ganz Deutschland
verschoben hat.
Wir würdigen das Engagement der Initiative, die mit ihrem Gesetzentwurf eine breite
gesellschaftliche Debatte über die Zukunft des Verkehrs in Berlin angestoßen hat. Sie zeigt,
wie eine Stadt gestaltet werden kann, in der öffentlicher Raum gerechter verteilt,
Lebensqualität verbessert und Klimaneutralität ernsthaft verfolgt wird.
Bündnis 90/Die Grünen Berlin bekennen sich nicht nur zu den Zielen des Verkehrsentscheids
wie es die meisten andern Fraktionen im AGH tun, sondern stehen im Unterschied dazu auch für
deren tatsächliche Umsetzung ein: angestrebt wird eine erhebliche Reduktion des
motorisierten Individualverkehrs in der Innenstadt, die Stärkung des Umweltverbunds sowie
eine sichere, lebenswertere Stadt für alle anstreben. Auch wenn wir nicht jeden einzelnen
Regelungsvorschlag des Gesetzentwurfs in seiner jetzigen Form teilen, unterstützen wir das
Anliegen ausdrücklich und wollen gemeinsam mit der Initiative, der Zivilgesellschaft und den
Berliner*innen an der Umsetzung dieser Vision arbeiten.
Der Landesvorstand wird beauftragt, den Dialog mit der Initiative „Berlin autofrei“ aktiv
fortzusetzen und gemeinsam Wege zu entwickeln, wie die Ziele des Verkehrsentscheids
politisch, rechtlich und planerisch weiter vorangebracht werden können.
Darüber hinaus rufen Bündnis 90/Die Grünen Berlin ihre Mitglieder, Kreisverbände und
Landesarbeitsgemeinschaften auf, die Initiative ab dem 5. Januar 2026 beim Sammeln der
Unterschriften für den Volksentscheid tatkräftig zu unterstützen.
Begründung
Das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs zum Verkehrsentscheid markiert einen Wendepunkt für die Verkehrswende in Berlin und darüber hinaus. Es zeigt, dass weitreichende Veränderungen zugunsten von Klimaschutz und Lebensqualität auch durch direkte demokratische Beteiligung möglich sind. Die Initiative „Berlin autofrei“ hat mit großem Engagement gezeigt, dass Bürger*innen bereit sind, Verantwortung für eine nachhaltige, sichere und lebenswerte Stadt zu übernehmen.
Als Bündnis 90/Die Grünen Berlin teilen wir das Ziel, Berlin zu einer klimaneutralen, sozial gerechten und lebenswerten Metropole umzugestalten. Eine deutliche Reduktion des Autoverkehrs ist dafür zentral – für Klimaschutz, Verkehrssicherheit, bessere Luft und mehr Raum für Menschen.
Bündnis 90/Die Grünen Berlin setzen sich besonders auch für die Mehrheit derjenigen Innenstadtbewohner*innen ein, die schon heute über kein Auto verfügen (63,3 %) und stattdessen den Umweltverbund benutzen, oder zu Fuß gehen.
Gleichzeitig nehmen wir auch von Mitgliedern und Funktionsträgern unserer Partei geäußerte Kritikpunkte am Gesetzentwurf zur Kenntnis:
- Die Übergangsfrist erscheint Bedenkenträgern zu kurz, um den Wandel sozialverträglich und wirtschaftlich tragfähig zu gestalten.
- Es wird befürchtet, dass die Bürokratie bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen übermäßig aufwendig sein könnte und deshalb nicht praktikabel sei.
- Schließlich besteht die Sorge, die Grünen könnten erneut als „Verbotspartei“ wahrgenommen werden.
Diesen Bedenken kann folgendes entgegnet werden:
- Die vierjährige Übergangsfrist liegt innerhalb einer Legislaturperiode und schafft zugleich Planungssicherheit. Sie soll verhindern, dass die durch das Gesetz geregelte Transformation auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben wird. Sollte sie planungstechnisch trotz größten Bemühens nicht einzuhalten sein, kann sie gegen Ende der Legislaturperiode angepasst werden.
- Nach Auffassung der Initiative soll die Erteilung der Ausnahmegenehmigungen im Wesentlichen elektronisch erfolgen.
Dies sei am Beispiel der Regelung für die zwölf 24 Stunden Erlaubnisse pro Person erläutert: Inhaber*innen eines neuen Personalausweises, brauchen lediglich den Chip ihres Ausweises zu scannen. Andere Personen geben ihren Namen, Geburtstag, Adresse und die Nummer eines Ausweisdokuments an. Es werden dann ohne weitere Prüfung für ein Jahr, (ggf. auch für einzelne Folgejahre) QR-Codes für zwölf 24-Stunden-Erlaubnisse ausgegeben, die dann bei Bedarf aktiviert, ausgedruckt und gut sichtbar im Fahrzeug angebracht werden. So einfach also wie ein Mehrfahrtenausweis bei der BVG
In ähnlicher Weise können Genehmigungen für Wirtschaftsunternehmen ausgestellt werden. Sie können sich anhand ihrer Umsatzsteuer-ID anmelden und laden eine Liste der Fahrzeuge die sie für Transporte in der Innenstadt verwenden. Sie geben eine Erklärung ab, verstanden zu haben, dass die Erlaubnis nur für gewerbliche Transporte ihres Unternehmens gelten – Fertig. Dann erhalten sie vorläufige QR-Codes, die dann durch Erlaubnisplaketten ersetzt werden.
Ebenso unbürokratisch soll es für weitere dauerhafte Sondergenehmigungen funktionieren, sodass z.B. mobilitätseingeschränkte Personen einfach ihre Unterlagen hochladen können.
- Im Vordergrund des Gesetzentwurfs für gemeinwohlorientierte Straßennutzung steht Befreiung.
Befreiung von Abgasen und weiteren Emissionen, von unerträglichem Lärm.
Befreiung der Kinder, die mit dem Fahrrad endlich sicher zur Schule fahren, wieder frei draußen spielen können, etc.
Befreiung älterer Menschen, die sich wieder ohne Angst über die Straße trauen
Befreiung von Fußgänger*innen, die ungestört flanieren können, von Einkaufenden und Restaurantbesuchenden, deren Aufenthaltsqualität auf den Bürgersteigen der Stadt deutlich steigen wird – mit entsprechend steigenden Umsätzen.
Befreiung von der Gefahr, im Straßenverkehr getötet oder verletzt zu werden.
Mehr Platz – für Grün, für Bäume, für Spielflächen (auch für Erwachsene), für Ruhezonen und für mehr demokratieförderlichen Austausch auf den Straßen und in dedizierten Begegnungszonen.
Unsere Stadt wird durch Entsiegelung der gigantischen Flächen für Parkplätze und überdimensionierte Straßen klimaresilient.
Diesen vielen Freiheiten – und „hochrangigen Zielen von Verfassungsrang“ (Urteil VerfGH Berlin), allen voran dem Schutz von Leben und Gesundheit, steht lediglich das gemeinwohlorientierte Regulieren des privaten Autoverkehrs gegenüber.
Egal was die Grünen tun, ob sie ein paar Parkplätze für Radwege reduzieren, ob sie Schulstraßen einrichten, ob sie Durchfahrtssperren errichten – wir werden immer von unseren Gegnern als Verbotspartei etikettiert werden.
Lasst uns diesen Anfeindungen zum Trotz den Mut haben, gemeinsam mit der Zivilgesellschaft für eine mutige, soziale und demokratisch legitimierte Verkehrswende einzutreten.
Unterstützer*innen
- Bernhard Hoesch-Vial (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Jürgen Thiede (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Markus Humpert (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Stefan Zimmer (KV Berlin-Pankow)
- Birgit Vasiliades (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Antje Löffelholz (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Lars Klaus Aßhauer (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Karl-Heinz Hage (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Monika Herrmann (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Jonas Kriegs (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Christian Roux (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Nicol Schmidt (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Sabine Weyland (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Ronja Schicke (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Lisa Weltmeyer (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Tim Pettenkofer (KV Berlin-Pankow)
- Nils Humpert (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Maximilian Humpert (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Sebastian Toni Alpen (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Cornelia Lange (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Sven Schicketanz (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Vanessa Marzetz (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Yvonne Steinert (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Martin Lutz (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Jasper Stahl (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)