Veranstaltung: | LDK am 22. November 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 11. Verschiedenes |
Antragsteller*in: | LAG Umwelt und Klima (dort beschlossen am: 19.06.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 16.10.2025, 12:04 |
V-1: Grüne Positionen für eine Richtlinie zum Berliner Wald
Antragstext
Grüne Positionen für eine neue Richtlinie zu den Berliner Wäldern
Warum ein weiteres Positionspapier zum Berliner Wald nach dem Beschluss unseres Papiers „Die
Berliner Wälder in der Klimakrise“ auf der LDK im Mai 2024?
Angesichts der fortgesetzten Verschlechterung des Zustands der Berliner Wälder, wie sich
dies auch wieder in den Waldzustandsberichten der letzten Jahre gezeigt hat, wird von den
regierenden Parteien, den Berliner Forsten und auch den Umweltverbänden eine Neubearbeitung
der bisherigen Waldbaurichtlinie für notwendig gehalten. Von den Berliner Forsten wird das
intern und gemeinsam mit der Senatsverwaltung bereits angegangen.
Wir Grüne denken, dass sich die forstliche Praxis grundsätzlich verändern muss. Sie darf den
Waldbau nicht mehr in den Mittelpunkt stellen und nicht auf Holzwirtschaft ausgerichtet
sein. Zur Erhaltung unserer Wälder und zur Verbesserung ihres Zustands muss der Umgang mit
ihnen in der Praxis jetzt sofort auf die großen klimatischen Veränderungen und den massiv
drohenden Verlust der Biodiversität ausgerichtet werden. Darüber hinaus stellen sich viele
weitere Fragen zur Förderung einer natürlichen, selbstbestimmten Entwicklung des Waldes, zum
Schutz und der Förderung biologischer Vielfalt und gerade auch in Berlin zu seiner
Erholungsfunktion.
Dies muss auch in einer grundsätzlich neuen Richtlinie zum Handeln im bzw. zum Umgang mit
dem Wald zum Ausdruck kommen. Hierzu haben wir unsere Positionen übersichtlich in einigen
wichtigen Leitlinien und daraus folgenden Maßnahmen zusammengefasst, um sie in die zurzeit
stattfindenden Diskussionen einzubringen.
Was sollte in einer Richtlinie zum Umgang mit dem Berliner Wald enthalten sein:
Allgemeine Ziele/ Leitlinien:
- Unsere Berliner Wälder als unsere „grüne Lunge“ und natürliche Klimaanlage, als
Lebensraum für zahllose Arten, als Kohlenstoffspeicher, Wasserspeicher und als
Erholungsort erhalten
- Förmliche Sicherung des Berliner Waldbestandes per Gesetz sowie eine Ausweitung des
Bestandes, insbesondere durch Ankauf außerhalb der Landesgrenze
- Im Lichte der sich verstärkenden Klimakrise Widerstandsfähigkeit und
Überlebensfähigkeit der Wälder sichern
- Dem Rückgang der Biodiversität aktiv entgegenwirken und die Artenvielfalt stärken
(Renaturierungsmaßnahmen gemäß des EU-Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur und des
Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz zügig voranbringen)
- Um die Doppelkrise Biodiversitätsverlust und Klimawandel wirksam zu bewältigen,
Entwicklungen hin zu natürlichen und vielfältig strukturierten Wäldern zulassen und wo
erforderlich unterstützen
- Natürliche Prozesse und Interaktionen der vielfältigen Lebensgemeinschaften über und
unter der Erde müssen berücksichtigt werden, da sie in enger Wechselwirkung stehen und
voneinander abhängig sind. Eingriffe in eines dieser Elemente können langfristige
negative Folgen für das gesamte Waldökosystem haben.
- Dabei ist insbesondere der immense Umfang der verborgenen/unentdeckten Biodiversität
und deren Folgen hinsichtlich der Stabilität der verschiedenen Waldökosysteme zu
beachten
- Menschengemachte schädliche Einwirkungen auf das Ökosystem Wald minimieren
Daraus sich ergebende konkretere Ziele und Maßnahmen:
- Schutzgebiete ausweiten
- Mehr Waldgebiete unter strikten und rechtlich gesicherten Schutz stellen, d.h. mehr
und größere Naturschutzgebiete schaffen, die auch tatsächlich den Anforderungen
entsprechen. In den Natura 2000-Gebieten mit 15 FFH-Gebieten und 5 Vogelschutzgebieten
die Naturqualität und Biodiversität bis 2030 merklich und sichtbar verbessern (wie es
auch das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur fordert)
- Die Naturwald-Entwicklungsflächen (ehemals Referenzflächen) mittels eines engmaschigen
Monitorings beobachten und mit den anderen Waldflächen vergleichen
- Ökokorridore zur Vernetzung von Ökosystemen/wertvollen Biotopen erweitern bzw.
schaffen, die isolierte Gebiete miteinander verbinden und die Migration von Tieren,
den genetischen Austausch zwischen Populationen sowie die Erhaltung der Biodiversität
ermöglichen
- Gezielte Ökologisierungsstrategie in allen Berliner Wäldern
- Für die Berliner Wälder innerhalb wie außerhalb der Stadtgrenzen eine Strategie zur
Stärkung der biologischen Vielfalt und der vorhandenen Arten erarbeiten, die für alle
Waldreviere gemäß den besonderen Gegebenheiten vor Ort ausgestaltet wird
- Konsequenter Erhalt von Altbäumen auf allen Waldflächen
- Baumartenzusammensetzung in Laubmischwäldern der natürlichen Entwicklung überlassen
- Erneuerung durch Naturverjüngung
- Auf standortheimische Baumarten setzen
- Den Fraß oder die Beschädigung von Trieben und jungen Bäumen durch ein
Wildtiermanagement reduzieren
- Stehendes sowie liegendes Totholz im Wald belassen. Ausnahmen sind zu begründen.
- Um Waldböden zu erhalten, einen Maßnahmenkomplex entwickeln, der die anthropogene
Belastung verringert, natürliche Bodenbildungsprozesse bewahrt und das biologische
Gleichgewicht unterstützt
- Auf den Einsatz schwerer, bodenverdichtender Maschinen im Wald verzichten
- Untersuchungen der Waldböden durchführen, um die Anreicherung von Schadstoffen (aus
dem Verkehr, aus Kraftwerken, Industrie- und landwirtschaftlichen Betrieben sowie
privaten Holzöfen) zu prüfen und Maßnahmen zur Reduktion einzuleiten
- Im Fall von Waldbrand auf Regeneration der betroffenen Flächen vorwiegend aus eigener
Kraft im Schatten des geschädigten Baumbestands setzen
- Im Vorgehen, um in verdichteten Kiefernreinkulturen einen resilienten Wald entstehen
zu lassen, laufend neue Erkenntnisse berücksichtigen, auch bezüglich der verschiedenen
Standorte
- Wasser und Moore im Wald
- Entwässernde Infrastruktur in und an den Wäldern zurückbauen
- Noch bestehende Waldmoore erhalten und renaturieren; ein Programm zur
Wiedervernässung, zum Entkusseln und Freistellen der Moore aufsetzen; die
Trinkwassergewinnung im Umkreis der Moore dementsprechend angleichen
- Holzwirtschaft
- Den Holzeinschlag auf ein Minimum reduzieren und dann nur in verdichteten
Kiefernmonokulturen, mit dem Ziel einer Verdoppelung des in den Berliner Wäldern
unterdurchschnittlichen Holzvorrats
- Fällungen nur einzelner Bäume; Transport darf nur geringste Bodenschäden verursachen,
deshalb den Einsatz schwerer Maschinen schnellstmöglich beenden
- Vermarktung als Wertholz direkt durch die BF unter Ausschluss von Holzverbrennung
- Fachkräfte und Monitoring
- Kontinuierliche Weiterbildung der im Wald tätigen Menschen hinsichtlich der
Ökologisierung des Waldes
- Zusätzlich zu den Förstern auch vermehrte Mitarbeit von Waldökologen
- Regelmäßiges satellitengestütztes Monitoring durchführen, das auch den Zustand der
Waldböden einschließt
- Stadt, Bevölkerung und Umweltbildung
- Stärkung und Ausbau der Umweltbildungszentren und Waldschulen, um Umweltbildung und
Bewusstsein für Waldpflege zu fördern
- Jährliche „Waldtage“ mit öffentlicher Beteiligung organisieren; Schulprogramme zur
aktiven Beteiligung an der Waldpflege ausbauen
- Internationale Kooperationen und Bildungsprojekte zum Schutz der Wälder fördern
- Verkehrsbeschränkungen auf den Waldwegen
- Waldprävention ausbauen
Daraus folgend dürfen selbstverständlich folgende Maßnahmen nicht sein:
- Kahlschläge
- Durchforstungen und Ringeln von Bäumen
- Sprengungen der Bäume mit Dynamit
- Einbringen von gentechnisch veränderten Pflanzen
- Anpflanzen von nichtheimischen Bäumen
- Anlegen von Monokulturen
- Entwässern von Feuchtgebieten
- Verdichten des Bodens (z.B. durch Arbeiten mit Harvestern)
- Füttern von Wildtieren
- Rücksichtsloses Verhalten der Bürger bezüglich der Bedürfnisse des Waldes (z.B.
Befahren außerhalb der dafür vorgesehenen Wege, freies Laufenlassen von Hunden, Müll
hinterlassen etc.)