Veranstaltung: | Frauen*Vollversammlung 2023 |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | TOP 6 Verschiedenes |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | LAG Feminismus |
Eingereicht: | 30.08.2023, 11:56 |
Kostenfreie Menstruationsprodukte in öffentlichen Einrichtungen
Beschlusstext
Menstruation ist in unserer Gesellschaft nach wie vor tabuisiert. Viele
verbinden die monatliche Blutung mit Scham, Unreinheit oder sogar Ekel.
Menstruationsartikel sind nur in seltenen Fällen frei zugänglich. Der Alltag
kann so für viele Menstruierende zur Herausforderung werden. Dies kann
ausgrenzen und zu weniger Teilhabe am öffentlichen Leben, am Studium oder im
Berufsalltag führen.
Keine menstruierende Person sollte sich Sorgen machen müssen, wie sie den Tag
übersteht, weil sie keine Menstruationsartikel zur Hand hat. Der Zugang zu
Menstruationsprodukten ist auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Jede
vierte Frau in Deutschland hat finanzielle Schwierigkeiten, sich ausreichend mit
Menstruationsartikeln zu versorgen. Doch Menstruationsartikel dürfen keine Frage
des Geldbeutels sein!
Wir Bündnisgrüne kämpfen dafür, die Tabuisierung der Menstruation endlich zu
beenden und für einen kostenfreien Zugang zu Menstruationsprodukten in unserer
Stadt.
Die Sichtbarkeit von Menstruationsprodukten und ihre kostenlose Abgabe leisten
bei der Enttabuisierung und Entlastung von Menstruierenden einen großen Beitrag.
Mit einem Stufenplan wollen wir daher flächendeckend die kostenfreie
Bereitstellung von Menstruationsprodukten für alle Berliner*innen ermöglichen.
Die Produkte sollen kostenfrei, niedrigschwellig und für alle Menstruierende
zugänglich sein.
Deshalb fordern wir Bündnis 90/Die Grünen Berlin:
Stufe 1: In den Häusern der Senatsverwaltung für Gleichstellung und für
Gesundheit werden als Pilotprojekt kostenlose Menstruationsprodukte zur
Verfügung gestellt und die Nutzung evaluiert.
Stufe 2: In den Gesundheitszentren (Zentren für sexuelle Gesundheit und
Familienplanung) sollen im Rahmen eines Pilotprojektes kostenlose
Menstruationsprodukte für Menschen mit geringem Einkommen ausgegeben werden -
angelehnt an die kostenlosen Ausgaben für Verhütungsmittel.
Stufe 3: Die Bezirke werden befähigt, kostenlose Menstruationsprodukte an
Jugendzentren, Mädchentreffs, Frauenhäuser, Zufluchtswohnungen und
Frauenprojekte zur Verfügung zu stellen sowie eine Pilotprojekte an Schulen
durchzuführen. Die Hochschulen sollen unterstützt werden, kostenlose
Menstruationsartikel bereit zu stellen.
Stufe 4: An bestehenden City-Toiletten soll die Bereitstellung von kostenlosen
Menstruationsprodukte erprobt werden.
Stufe 5: Nach einer Erprobungsphase der Stufe 1 ist es das Ziel, an allen
öffentlichen Einrichtungen kostenlose Menstruationsprodukte zu implementieren.
Dabei soll der Einsatz von nachhaltigen und umweltfreundlichen
Menstruationsprodukten geprüft werden.
Begründung
Hygienebeutel für Menstruationsprodukte werden auf Toiletten öffentlicher Einrichtungen angeboten, Menstruationsprodukte selbst stehen jedoch weitestgehend nicht zur Verfügung. Länder wie Neuseeland und Schottland haben bereits Gesetze für kostenlose Menstruationsprodukte beschlossen; auch immer mehr deutsche Kommunen starten Projekte für kostenfreie Menstruationsprojekte. In Berlin gibt es in den Bezirken Lichtenberg, Tempelhof-Schöneberg, Pankow, Mitte, Reinickendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf bereits erste Pilotprojekte. Berlin als Stadt der Frauen muss mitziehen und sollte im Bundesvergleich eine Vorreiterinnenrolle einnehmen.
Menstruation ist in unserer durch das Patriarchat geprägten Gesellschaft nach wie vor tabuisiert. Für viele Menschen und auch Menstruierende selbst ist die Blutung mit Scham, Unreinheit und sogar Ekel konnotiert. Der Alltag mit der Periode ist für Menstruierende mit vielen Herausforderungen verbunden, vom Zugang zu den Produkten, über den Austausch bis zur Entsorgung. Zudem verursacht der gesellschaftliche Druck, dass die Menstruation unsichtbar und Privatsache sein soll, viel Stress und Scham für die Betroffenen.
Als feministische Partei ist es uns ein Anliegen, dem entgegenzutreten. Ein wichtiger Aspekt dabei ist der Zugang zu kostenlosen Menstruationsprodukten für alle Berliner*innen. Das verbessert erheblich die Versorgungslage für alle Menstruierenden und trägt zur Normalisierung bei. Darum sollen sukzessive in allen öffentlichen Einrichtungen Menstruationsprodukte zur Verfügung stehen. Dies soll mit einem Stufenplan ermöglicht werden, an dessen einzelnen Stufen zeitlich parallel gearbeitet werden soll.
Die erste Stufe der Umsetzung erfolgt in den Häusern der Senatsverwaltung für Gleichstellung und für Gesundheit. Damit wird der erste Schritt gegangen, damit in den Landesverwaltungen Menstruationsprodukte zur Verfügung stehen und die Verwaltungen gehen mit gutem Beispiel voran. Durch diesen Schritt können Nutzungsverhalten evaluiert und Konzepte für weitere Häuser und Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung entwickelt werden. Menstruationsprodukte sind für Menstruierende eine große finanzielle Belastung. Dies stellt insbesondere für einkommensschwache Personen wie Leistungsbezieher*innen, wohnungslose Menschen, Schüler*innen und junge Menschen ein Problem dar. Nach Erhebungen von Plan International und WASH United ist es in der Bundesrepublik für jede vierte Frau finanziell schwierig, sich ausreichend Menstruationsprodukte zu besorgen. Gerade in der aktuellen Krisensituation, die Menschen mit geringen Einkommen besonders trifft, ist hier Unterstützung geboten.
Auch in Schulen ist die Menstruation ein von Scham und sozialer Ungerechtigkeit geprägtes Thema. Dies kann einen negativen Einfluss auf die Teilhabe an Bildung haben, da junge Menstruierende aufgrund mangelnden Zugangs zu Menstruationsprodukten und Angst vor Bloßstellung dem Unterricht oder anderen Veranstaltungen fernbleiben könnten. Eine Studie in Neuseeland hat gezeigt, dass dort rund ein Drittel aller Mädchen und Frauen schon mal dem Unterricht oder Arbeit ferngeblieben sind, da sie keinen Zugang zu Menstruationsartikeln hatten.
Indem biologisch gut abbaubar und nachhaltige Produkte zur Verfügung gestellt werden, wird auch dem Umweltschutz Rechnung getragen.