Veranstaltung: | LDK 24. November 2018 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 9 Weitere Anträge |
Antragsteller*in: | Anett Ludwig (KV Mitte) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 02.11.2018, 10:14 |
V-03: Die Klimaschutzziele einhalten – Klima-Klage gegen die Bundesregierung prüfen
Antragstext
Die Klimaschutzziele einhalten – Klima-Klage gegen die Bundesregierung prüfen
Mit der Unterzeichnung des Pariser Klimaschutzabkommens im Jahr 2015 haben sich erstmals 195
Länder einschließlich Deutschland auf ein allgemeines, rechtsverbindliches und weltweites
Klimaschutzabkommen geeinigt. Die Staaten vereinbarten, den Anstieg der weltweiten
Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 °C gegenüber vorindustriellen Werten zu
begrenzen. Mit der Ratifikation des Pariser Abkommens haben sich auch die Europäische Union
und Deutschland dazu verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 auf 40
Prozent im Vergleich zu 1990 senken.[1] Gleichzeitig wird Deutschland seine Klimaschutzziele
bis 2020 deutlich verfehlen. Die Bundesregierung bestätigte, dass sie die Reduktion der
Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 Prozent nur mit zusätzlichen
Klimaschutzmaßnahmen erreichen wird.[2] Doch schon heute zeichnet sich ab, dass das dazu
geplante Klimaschutzgesetz der Bundesregierung im Koalitions- und Ressortstreit bis zu
seiner Verabschiedung zerrieben und verwässert wird.
Vor dem Hintergrund der Verfehlung der Klimaschutzziele 2020 drohen dem Bundeshaushalt
zusätzliche Kosten in Höhe von ca. 60 Milliarden Euro bis 2030.[3] Es handelt sich also um
einen erheblichen finanziellen Schaden für alle Bürgerinnen und Bürger, der durch
entschlossenes staatliches Handeln vermeidbar wäre.
Die Auswirkungen des Klimawandels führen darüber hinaus zu katastrophalen indirekten Kosten
für die Allgemeinheit. 2018 war eines der heißesten und trockensten Jahre seit Beginn der
Wetteraufzeichnung.[4] Das Land Berlin ist bereits heute durch den städtischen
Wärmeinseleffekt, vermehrte Tropennächte, Trockenheit und folglich Erhöhung der
Luftschadstoffe und Feinstaubpartikel, Starkregenereignisse mit Überläufen der
Mischwasserkanalisation und Schäden an wichtigen Infrastrukturen wie z.B. Verkehrsanlagen
betroffen. Diese Belastungen werden sich bei weiterer Verfehlung der Klimaschutzziele
verstärken.[5]
Zum Schutz der Erde und der Lebensgrundlagen zukünftiger Generation erheben mehr und mehr
Menschen Klage gegen Unternehmen oder Staaten mit dem Ziel klimaschützende Maßnahmen zu
fördern bzw. klimabedingte Schäden kompensieren zu lassen.[6] Wegweisend ist das aktuelle
Urteil des niederländischen Berufungsgerichts in Den Haag. Das Gericht hat die Regierung
dazu verpflichtet, den Ausstoß von Treibhausgasen stärker zu reduzieren, um die nationalen
Klimaschutzziele zu erreichen. Die Bürger*innen hatten die Justiz um Prüfung gebeten, ob der
Staat ausreichende Maßnahmen ergriffen hat, um die Bevölkerung vor den Folgen der
Erderwärmung zu schützen. Eine Klage gegen die EU aufgrund unzureichender Klimaschutzziele
wurde jüngst vor dem Gerichtshof der Europäischen Union für das Verfahren zugelassen.[7]
Ende Oktober 2018 reichten drei deutsche Familien zusammen mit der Umweltorganisation
Greenpeace vor dem Verwaltungsgericht Berlin Klage ein, um die Bundesregierung zur
Einhaltung des Klimaschutzziels für das Jahr 2020 zu zwingen.[8] Schließlich stellte auch
der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags fest, dass das deutsche
Verfassungsrecht, Staatshaftungsrecht und Gefahrenabwehrrecht für Klima-Klagen gegen den
Staat maßgeblich sein könnten.[9]
Vor diesem Hintergrund möge die Landesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN
beschließen, dass das Land Berlin gegenüber dem Bund eine Klima-Klage prüft zur Einhaltung
der Klimaschutzziele 2020 und 2030 sowie für den Beitrag Deutschlands am Pariser
Klimaschutzabkommen. In Erwägung gezogen werden kann dafür Artikel 20a Grundgesetz (GG) zum
Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Soweit die natürlichen Lebensgrundlagen gefährdet
sind, kann sich auf Art. 2 Abs. 2 GG zum Grundrecht auf Leben und Gesundheit sowie auf Art.
14 GG zum Schutz des Eigentums gestützt werden. Die Klima-Klage kann sich auch darauf
richten den Staat zu verpflichten, ordnungsrechtlich gegen Emittenten von Treibhausgasen
vorzugehen oder verstärkte Klimaschutzmaßnahmen legislativ zu erlassen.[10]
Begründung
Weitere Unterstützer*innen: Marion Hasper (LAG Umwelt), Lydia Weygoldt (LAG Energie) und Georg P. Kössler (KV Neukölln)
[1] Vgl. UNFCC: http://www4.unfccc.int/ndcregistry/pages/Party.aspx?party=DEU, [24.10.2018].
[2] Vgl. BMU: Klimaschutzbericht 2017, https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/klimaschutzbericht_2017_aktionsprog-ramm.pdf [24.10.2018].
[3] Vgl. Agora Energiewende: Die Kosten von unterlassenem Klimaschutz für den Bundeshaushalt, https://www.agora-energiewende.de/fileadmin2/Projekte/2018/Non-ETS/142_Nicht-ETS-Papier_WEB.pdf [24.10.2018]
[4] Vgl. Deutscher Wetterdienst: Deutschlandwetter im Sommer 2018, https://www.dwd.de/DE/presse/pressemitteilungen/DE/2018/20180830_deutschlandwetter_sommer_ne-ws.html [24.10.2018]
[5] Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen: Umweltatlas, http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/i901.htm [24.10.2018].
[6] Vgl. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages: Rechtliche Grundlagen und Möglichkeiten für Klima-Klagen gegen Staat und Unternehmen in Deutschland, WD 7 - 3000 - 116/16, https://www.bundestag.de/blob/459048/3bbbd712bc3d33d7cbbe851f032b3e01/wd-7-116-16-pdf-data.pdf [24.10.2018].
[7] Vgl. EU: Klage, eingereicht am 23. Mai 2018 — Carvalho u. a./Parlament und Rat, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:62018TN0330&from=EN [24.10.2018]
[8] Vgl. Rechtsanwälte Günther: Klageschrift zur Klimaklage, https://www.greenpeace.de/presse/publikationen/klageschrift-klimaklage, 25.10.2018.
[9] Vgl. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages: https://www.bundestag.de/blob/459048/3bbbd712bc3d33d7cbbe851f032b3e01/wd-7-116-16-pdf-data.pdf [24.10.2018]
[10] Vgl. ebd.