Leitantrag: | Berliner Kita: Unsere Großprojekte sind die Kleinen – Personal stärken, Qualität sichern! |
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Antragsteller*in: | Cordula Streich und Stefan Ziller (KV Marzahn-Hellersdorf) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 13.04.2018, 18:48 |
L-02-067: Berliner Kita: Unsere Großprojekte sind die Kleinen – Personal stärken, Qualität sichern!
Antragstext
Von Zeile 66 bis 70:
zu unterstützen, die im Rahmen des Quartiersmanagements und der Sozialen Stadt besondere Unterstützung benötigen. In einzelnen Gebieten von Spandau, Reinickendorf, Neukölln und auch in Mitte gibt es erheblichen Nachholbedarf an Kitaplätzen, damit der sozial- und bildungspolitische Auftrag der Kindertagesbetreuung auch wohnortnah erfüllt werden kann. Diese Regionen dürfen nicht weiter abgehängt werden.In zu vielen Gebieten unserer Stadt hat sich ein Maß an Kinderarmut entwickelt, welches die Perspektiven vieler Kinder auf spätere Teilhabe an unserer Gesellschaft gefährdet. Nach dem Prinzip „Ungleiches ungleich behandeln“ werden wir Kitas in diesen besonders benachteiligten Stadtteilen deutlich stärker als bisher unterstützen, damit der sozial- und bildungspolitische Auftrag der Kindertagesbetreuung auch erfüllt werden kann. Um auch hier für alle Kinder gerechte Bildungschancen von Anfang zu ermöglichen, erhalten diese Pluskita eine zusätzliche Förderung von mindestens 25.000 Euro pro Kalenderjahr, denn wir können es uns nicht leisten Kinder in diesen Regionen weiter abzuhängen. Zentrales Ziel der plusKITAS ist daher die Bildungschancen dieser Kinder von Anfang an zu verbessern, indem sie Bildungsbenachteiligungen gezielt abbauen. Dazu ist es gleichfalls wichtig auch Eltern bei ihren Erziehungsaufgaben zu unterstützen und in die Verantwortung zu nehmen. Dazu werden wir auch weiterhin Familienhilfe und Kinderbetreuung in Familienzentren vernetzen und die Familienzentren und Familienbildungsstätten ausbauen und stärken: Wir setzen uns dabei insbesondere für einen engen Quartiersbezug und passgenaue Hilfsangebote ein. Familienzentren ebenso wie Stadtteilmütter oder Elternlots*innen sollen die Familien im Bereich Gesundheit und Ernährung beraten und unterstützen.
Berliner Kita: Unsere Großprojekte sind die Kleinen – Personal stärken, Qualität sichern!
Kinder sind neugierig und wagen sich jeden Tag aufs Neue in die Abenteuer ihrer Umwelt. Vom
ersten Rollen auf die Seite zum ersten Abendbrei im Sitzen. Vom ersten Schritt zum ersten
Zahn. Das alles sind Meilensteine im Leben eines Kindes. Doch ganz besonders ist der erste
Tag in der Krippe oder im Kindergarten. Es beginnt eine ganz neue Zeit – aufregend und
sensibel für Kinder und Eltern.
Kinder dabei ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten ist eine wundervolle Aufgabe, die jede
Menge Spaß macht. Zu sehen, wie nach zig Versuchen endlich der erste Schritt gelingt, wie
nach langem Zögern die Rutsche erobert wird oder wie ein Kind das erste Mal alleine die
Schuhe zubindet – und zu wissen, dass man diese Entwicklung mit unterstützt hat – ist ein
wunderbares Gefühl. Und es stimmt: Ein Kinderlachen ist die schönste Belohnung und lässt
viele Mühen vergessen.
Wertschätzung drückt sich aber nicht nur im Kinderlachen aus. Es ist an der Zeit, dass wir
Erzieher*innen und anderen Fachkräften in Kitas, Kinderläden und in der Kindertagespflege
endlich den nötigen Respekt für ihre Aufgabe entgegenbringen. Das drückt sich natürlich
nicht nur in der Bezahlung aus – aber eben auch. Bündnis 90/Die Grünen Berlin setzen sich
deshalb für eine deutlich bessere Bezahlung von Erzieher*innen ein. Um dem Fachkräftemangel
entgegen zu wirken, halten wir aber auch eine Vielzahl anderer Maßnahmen für notwendig.
Kitas sind Bildungseinrichtungen und Pfeiler gesellschaftlichen Zusammenhalts
Für die Zukunft unserer Gesellschaft leisten Kitas, Kinderläden und die Kindertagespflege
einen unschätzbar wertvollen Beitrag. Einem Kind – unabhängig vom sozialen oder kulturellen
Hintergrund – alle Chancen zu geben, damit es sich frei entfalten und selbstbestimmt leben
kann, ist immer Ziel bündnisgrüner Politik gewesen. Doch nach wie vor steht der
Bildungserfolg und damit der gesamte spätere Lebensweg in engem Zusammenhang mit dem
Elternhaus. Viel zu häufig gilt: Wer arm geboren ist, wird auch arm sterben. Diese Tatsache
wollen wir nicht hinnehmen und kämpfen für mehr Chancengerechtigkeit. Um diese zu erreichen,
muss man so früh wie möglich beginnen; wenn Kinder in die Schule kommen, sind die
wichtigsten Grundlagen längst gelegt. Wer Chancengerechtigkeit erreichen will, muss früher
ansetzen – und zwar bei den Kleinsten, in der Krippe und der Kita.
Die Arbeit, die tagtäglich von den Erzieher*innen und anderen Fachkräften in der
Kindertagespflege sowie in Berliner Kindertagesstätten und Krippen geleistet wird, ist von
unschätzbarem Wert. Sie sind diejenigen, die aus einer Kita einen Lern- und Bildungsort
machen. Sie sind der Schlüssel für die Qualität der Betreuung. Sie sind fünf Tage in der
Woche viele Stunden lang an der Seite von großen und kleinen Kindern mit ganz individuellen
Bedürfnissen. Die Entwicklung und Einführung des Berliner Bildungsprogramms für Kitas und
Kindertagespflege war dafür ein Meilenstein. Die Stärkung des Kindes und seiner Kompetenzen
stehen im Mittelpunkt und werden gefördert – das ist der richtige Weg, um Kinder fit für die
Zukunft zu machen.
Gleichzeitig leistet das Personal in Krippen, Kindertagespflege und Kitas auch deshalb
gesamtgesellschaftlich relevante Aufgaben, da es dafür sorgt, dass Eltern arbeiten gehen
können. Das ist nicht nur für den Lebensunterhalt der Familien insgesamt wichtig, sondern
insbesondere für die Absicherung der Mütter – denn trotz aller Bemühungen mit Elterngeld und
anderen Anreizen, auch Väter in die Familienarbeit einzubinden, hängt der Großteil der
Fürsorgearbeit noch an Frauen. Und auch weil sie in der Regel weniger verdienen als der
Vater, sind sie es üblicherweise, die für die Kindererziehung beruflich zurückstecken und
damit Einbußen in der Altersvorsorge in Kauf nehmen. Eine gute Kita ermöglicht allen Eltern,
und eben insbesondere auch Müttern, erwerbstätig zu sein und somit auch für das Alter
vorzusorgen.
Und auch die Rolle der Kita beim Thema Integration und Inklusion kann kaum überschätzt
werden. Im Kitaalter sind Kinder noch offen und kaum von Vorurteilen und eingeübten
Verhaltensmustern beeinflusst. Sie spielen miteinander ohne Rücksicht auf Hautfarbe,
Herkunft oder Beeinträchtigung. Wer in der Kita einen selbstverständlichen Umgang mit
Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen und Menschen mit und ohne Behinderung lernt,
wird auch in der Schule und im späteren Leben damit selbstverständlich umgehen.
Die wichtige Rolle frühkindlicher Bildung und von Krippe und Kita steht also außer Frage. Es
ist deshalb konsequent, dass die rot-rot-grüne Koalition Kitas besser finanziert, zum
Beispiel durch eine stufenweise Absenkung des Eigenanteils, und dass der Rechtsanspruch auf
einen Kitaplatz ohne Bedarfsprüfung auf sieben Stunden ausgeweitet wurde. Dass dafür
ausreichend Kitaplätze zur Verfügung gestellt werden müssen, ist eine
Selbstverständlichkeit. Doch nicht erst seitdem Berliner Eltern klagen, weil sie für ihr
Kind keinen Kitaplatz finden, steht fest: Wir kommen beim Kitaplatzausbau nicht hinterher.
Nach unseren Schätzungen fehlen aktuell bis zu 5.000 Kitaplätze. In den kommenden Jahren
müssen bis zum Jahr 2021 weitere 25.000 Plätze in den Kindertagesstätten geschaffen werden.
Zu wenig Platz und zu wenige Erzieher*innen sind aber keine neue Problemlage. Es wird Zeit,
ihnen endlich mit innovativeren Konzepten zu begegnen. Dabei sind insbesondere die Quartiere
zu unterstützen, die im Rahmen des Quartiersmanagements und der Sozialen Stadt besondere
Unterstützung benötigen. In einzelnen Gebieten von Spandau, Reinickendorf, Neukölln und auch
in Mitte gibt es erheblichen Nachholbedarf an Kitaplätzen, damit der sozial- und
bildungspolitische Auftrag der Kindertagesbetreuung auch wohnortnah erfüllt werden kann.
Diese Regionen dürfen nicht weiter abgehängt werden.In zu vielen Gebieten unserer Stadt hat sich ein Maß an Kinderarmut entwickelt, welches die Perspektiven vieler Kinder auf spätere Teilhabe an unserer Gesellschaft gefährdet. Nach dem Prinzip „Ungleiches ungleich behandeln“ werden wir Kitas in diesen besonders benachteiligten Stadtteilen deutlich stärker als bisher unterstützen, damit der sozial- und bildungspolitische Auftrag der Kindertagesbetreuung auch erfüllt werden kann. Um auch hier für alle Kinder gerechte Bildungschancen von Anfang zu ermöglichen, erhalten diese Pluskita eine zusätzliche Förderung von mindestens 25.000 Euro pro Kalenderjahr, denn wir können es uns nicht leisten Kinder in diesen Regionen weiter abzuhängen. Zentrales Ziel der plusKITAS ist daher die Bildungschancen dieser Kinder von Anfang an zu verbessern, indem sie Bildungsbenachteiligungen gezielt abbauen. Dazu ist es gleichfalls wichtig auch Eltern bei ihren Erziehungsaufgaben zu unterstützen und in die Verantwortung zu nehmen. Dazu werden wir auch weiterhin Familienhilfe und Kinderbetreuung in Familienzentren vernetzen und die Familienzentren und Familienbildungsstätten ausbauen und stärken: Wir setzen uns dabei insbesondere für einen engen Quartiersbezug und passgenaue Hilfsangebote ein. Familienzentren ebenso wie Stadtteilmütter oder Elternlots*innen sollen die Familien im Bereich Gesundheit und Ernährung beraten und unterstützen.
Gleichzeitig darf kein Weg, der nun beschritten wird, dazu führen, dass die Qualität der
Betreuung gemindert wird – ganz im Gegenteil: Wir wollen uns auch bewusst mit der Frage
befassen, wie die gute Arbeit in den Berliner Kitas noch besser werden kann.
Starke Bindung – starke Kinder: Mit der Kind-Fachkraft-Relation reale Bedingungen
widerspiegeln
Grundlage für gute Entwicklung ist eine starke Bindung. Kinder probieren sich aus und folgen
ihrer natürlichen Neugier, wenn sie sich darauf verlassen können, dass es jemanden gibt, der
mit ihnen zusammen auf Abenteuerjagd geht oder sie tröstet, wenn etwas nicht geklappt hat.
Vertrauen, Verlässlichkeit und Konstanz sind für Kinder sehr wichtig. Ob ein*e Erzieher*in
sich um drei, sechs oder neun Kinder gleichzeitig kümmern muss, hat direkte Auswirkungen
darauf, wie viel Zeit für Beziehungsarbeit bleibt. Die Frage einer guten Kind-Fachkraft-
Relation ist entsprechend nicht nur relevant für die Zeit, die ein Kind in der Krippe oder
Kita verbringt, sondern weit darüber hinaus. Nur wenn Kinder in Krippe und Kita in der Lage
sind, eine gute Bindung zu ihren Erzieher*innen aufzubauen, können sie ihre Potenziale voll
entfalten und sich gut entwickeln. Das funktioniert nicht, wenn ein*e Erzieher*in allein mit
zwölf Kindern ist.
Auch mit dem jetzt vorgeschriebenen Betreuungsschlüssel sollte eine solche Situation nicht
entstehen – doch viel zu oft sind Erzieher*innen-Stellen in Kitas unbesetzt, und durch
Krankheit und Urlaub der Kolleg*innen kommt es immer wieder zu Engpässen. Denn in der
gesetzlichen Personalausstattung sind Urlaube oder durchschnittliche Krankheitstage nicht
mit eingerechnet. Wir fordern deshalb, dass die Personalausstattung dahingehend erweitert
wird, dass sie die differenziertere Kind-Fachkraft-Relation berücksichtigt und dabei z.B.
Krankheits- und Urlaubszeiten sowie Fortbildungszeiten zusätzlich mit hinzugerechnet werden,
so dass sich die realen Bedingungen in den Kitas besser abbilden lassen.
Dass sich diese verbesserte Personalausstattung nicht sofort in die Praxis umsetzen lässt,
darf uns nicht daran hindern, sie langfristig zu fordern. Nur wenn wir jetzt entschieden für
eine Verbesserung der Personalsituation eintreten, können wir sie langfristig erreichen.
Eine schrittweise Einführung und Umsetzung halten wir deshalb für sinnvoll. Für Kinder von
0-3 Jahre fordern wir langfristig eine Anhebung der Kind-Fachkraft-Relation auf 3 zu 1, für
Kinder von 3-6 Jahre auf 8 zu 1 und einen Leitungsschlüssel von 80 zu 1 in einer
Ganztagsbetreuung. Das kann natürlich nur gelingen, wenn ausreichend Fachkräfte zur
Verfügung stehen. Die Gewinnung von neuem Personal ist dafür zentral.
Bestehendes Personal besser bezahlen und entlasten – neues Personal gewinnen
Darüber hinaus müssen schon heute die Erzieher*innen in den Kitas entlastet werden.
Erzieher*innen sind überdurchschnittlich oft krank – und das liegt nicht allein an den
„Kinderviren“. Psychische Erkrankungen wie zum Beispiel Burnout sind bei Erzieher*innen
knapp doppelt so häufig wie im Schnitt. Die verbleibenden Erzieher*innen machen die Arbeit
ihrer erkrankten Kolleg*innen mit, sind umso überlasteter und werden schließlich selbst
krank. Dieser Teufelskreis kann nur durchbrochen werden, wenn die Belastung für die einzelne
Fachkraft abnimmt. Das passiert zum einen durch mehr Personal, aber auch durch eine
Verbesserung der Arbeitssituation.
Neues Personal für Kitas werden wir nur finden, wenn die Menschen, die im Moment in den
Kitas sind, begeistert von ihrem Job erzählen. Das ist die beste Werbung für einen Beruf,
die es gibt.
Essentiell dafür ist eine bessere Bezahlung. Natürlich drückt sich Wertschätzung nicht nur
finanziell aus – aber eben auch. Wir fordern: Das Gehalt von Erzieher*innen muss deutlich
angehoben werden. Wir erwarten, dass sich Berlin in den Tarifverhandlungen der Länder 2019
deutlich positioniert und dafür kämpft, dass Erzieher*innen endlich spürbar besser bezahlt
werden. Wir scheuen uns aber auch nicht davor, einen eigenen Berliner Weg in Anlehnung an
das Hamburger Modell zu gehen, bei dem in einem eigenen Tarifvertrag für kommunale
Arbeitgeber Erzieher*innen besser bezahlt werden und mehr Urlaubstage sowie andere Boni
bekommen, wie zum Beispiel betriebliche Altersvorsorge und Vergünstigungen beim ÖPNV.
Aber es gibt auch andere Faktoren, die den Beruf Erzieher*in in Berlin attraktiver machen
können. Erzieher*innen brauchen nicht nur eine bessere Bezahlung, sondern auch mehr Zeit.
Wir fordern, dass mit der Einführung der Kind-Fachkraft-Relation nicht nur Urlaubs- und
Krankheitszeiten Berücksichtigung finden, sondern auch geregelte Pausenzeiten eingeführt
werden. Außerdem muss endlich ausreichend Zeit für die mittelbare pädagogische Arbeit, also
zum Beispiel zur Dokumentation oder Elternarbeit, zur Verfügung gestellt werden. Hierfür
muss verbindlich überprüft und festgelegt werden, wie viel Zeit tatsächlich für die
mittelbare pädagogische Arbeit veranschlagt werden muss.
Das Wohlbefinden von Erzieher*innen hängt aber auch von räumlichen Gegebenheiten ab. Wir
fordern deshalb, dass dort, wo neue Kitas entstehen, ausreichend Platz zur Verfügung
gestellt wird, damit Erzieher*innen Orte haben, wo sie ungestört ihren
Dokumentationsaufgaben nachkommen können. Im Laufe des Kita-Tages mal die Tür zumachen zu
können und den Kinderlärm kurz hinter sich zu lassen, hilft nicht nur dabei, sich auf die
Dokumentationsaufgaben besser konzentrieren zu können, sondern lässt automatisch auch etwas
zur Ruhe kommen. Das gleiche gilt für Pausenräume. Nur wenn man einen Ort hat, an den man
sich kurz zurückziehen kann und wirklich „raus“ ist, findet eine Pause und Erholung statt –
die arbeitsrechtlich allen Erzieher*innen zusteht. Dass in Bestandsgebäuden Pausenräume oder
andere Rückzugsorte für Erzieher*innen nicht immer einfach einzurichten sind, ist uns
bewusst. Dennoch halten wir eine (auch finanzielle) Unterstützung von Kitas, die hierfür
Umbaumaßnahmen vornehmen wollen, für sinnvoll.
Auf einem Arbeitsmarkt, an dem fast Vollbeschäftigung herrscht, wird es jedoch schwierig,
ausreichend Erzieher*innen zu finden. Um den Bedarf sowohl kurz- als auch mittel- und
langfristig zu decken, muss Berlin mehrgleisig fahren.
Ausbildung neu denken
Die Kapazitäten für die Erzieher*innenausbildung wurden in Berlin bereits deutlich erhöht.
Doch etwa ein Viertel derer, die die Ausbildung beginnen, brechen sie ab. Das liegt nicht
allein daran, dass es bei jeder Ausbildung Menschen gibt, die den Anforderungen nicht
gewachsen sind, sondern auch daran, dass insbesondere für Abiturient*innen andere Berufe
attraktiver sind und sie im Laufe der Ausbildung doch zum Beispiel auf ein
Grundschullehramtsstudium umschwenken. Auch hier gilt: Den Beruf attraktiver zu machen, kann
Abhilfe schaffen. Aber auch neue Wege in der Ausbildung zu gehen, kann einen Teil zur Lösung
beitragen. Hamburg gründet seine erste berufliche Hochschule; Ausbildung und Studium laufen
hier parallel. Ein solches Modell muss auch für Berlin geprüft werden. Insbesondere unter
dem Gesichtspunkt, dass Menschen heutzutage ohnehin nicht mehr ihr Leben lang im selben Job
sind, macht es Sinn, sie so zu qualifizieren, dass sie beispielsweise nach Ausbildung oder
Studium für eine Weile in einer Kita als Erzieher*in arbeiten und die Aussicht haben, später
spezialisierte Aufgaben bis hin zu Leitungsaufgaben zu übernehmen oder in einen anderen
Bereich zu wechseln.
Um allen den Weg in den Erzieher*innenberuf bezahlbar zu machen, wollen wir ein
elternunabhängiges Landesausbildungsförderungsgesetz (LAFöG) prüfen, damit alle, für die
eine andere Förderung nicht passt, darüber gefördert werden können. Außerdem muss geprüft
werden, inwiefern Rückzahlungen gemindert werden können, wenn Menschen, die die Förderung
bekommen haben, nach der Ausbildung für eine bestimmte Zeit in Kitas arbeiten. Auch für
Modellprojekte wie in Friedrichshain-Kreuzberg, wo das Jobcenter die ersten beiden
Ausbildungsjahre finanzieren, die Kitaträger das dritte, wäre das LAFöG eine Antwort.
Darüber hinaus fordern wir Möglichkeiten, die Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren.
Dass beim akuten Erzieher*innenmangel der Quereinstieg ermöglicht wurde, war ein richtiger
Schritt. Den Kitas muss dafür aber wiederum Zeit für Anleitungsstunden zur Verfügung
gestellt werden, denn die Quereinsteiger*innen brauchen selbst noch Unterstützung.
Wer Erzieher*in werden will, braucht Abitur oder mindestens drei Jahre einschlägige
Berufserfahrung. Diese starren Voraussetzungen sagen jedoch nichts über die tatsächliche
Qualifizierung der Bewerber*innen aus. Wir wollen deshalb prüfen, inwiefern die
Berufserfahrungszeit vor der Ausbildung verkürzt werden kann, wenn die Bewerber*innen
erfolgreich ein entsprechendes Assessment durchlaufen. Auch die Durchführung eines bezahlten
einjährigen Vorpraktikums wollen wir diskutieren.
Dass die Qualität der Ausbildung und die Inhalte nur aufgrund des akuten
Erzieher*innenmangels nicht leiden dürfen, ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Dass
kurzfristig Löcher gestopft werden müssen, heißt für uns nicht, sich langfristig damit
zufrieden zu geben. Gerade jetzt gilt es, eine langfristige Perspektive mit zu denken.
Eine besondere Rolle bei der Ausbildung neuer Erzieher*innen spielen für uns die Kita-
Eigenbetriebe. Dass ein kleiner Kinderladen oder andere kleine Träger nicht in großem Maß
ausbilden können, ist nachvollziehbar. Größere Träger und insbesondere die Kita-
Eigenbetriebe haben aber hier eine besondere Verantwortung und gerade hier sollte Ausbildung
eine wichtige Rolle spielen. Gleichzeitig müssen auch sie bei der Ausbildung neuer
Erzieher*innen unterstützt werden – wenn Ausbildung gelingen soll, kostet das Zeit und
bindet Personal, denn Auszubildende müssen gut angeleitet werden. Hierfür müssen den
ausbildenden Kitas zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Personelle Vielfalt in die Kitas
Erzieher*in ist viel zu häufig ein Frauenberuf. Schon von klein auf lernen Kinder so
unterschwellig: Kindererziehung ist Frauensache. Da, wo es auch Erzieher gibt, sind Kinder,
Eltern und Kitaleitungen in der Regel begeistert. Es tut den Kindern gut, unterschiedliche
Rollenvorbilder zu haben. Dass schon allein eine bessere Bezahlung dazu führen wird, dass
mehr Männer in die Kitas kommen, mag sich langfristig bewahrheiten – denn viel zu oft spielt
die Bezahlung für Frauen bei der Berufswahl noch eine geringere Rolle als für Männer und sie
sind eher bereit, einen weniger gut bezahlten Beruf auszuüben. Doch wir brauchen die Männer
auch kurzfristig in den Kitas – denn neben den positiven Effekten, die das für den
Kitaalltag mit sich bringen würde, schlummert hier noch unheimlich viel Potenzial, um dem
Personalmangel entgegen zu wirken. Eine Image-Kampagne der Senatsverwaltung, die gezielt
Männer dazu aufruft, Erzieher zu werden, kann hier einiges bewirken.
Ebenso gilt es, zugewanderte Menschen zu befähigen, Erzieher*in zu werden – denn unsere
gesellschaftliche Vielfalt muss sich auch im Kita-Personal widerspiegeln. Auch hier sehen
wir enorme Potenziale für den Erzieher*innen-Nachwuchs. Wir begrüßen es deshalb, dass nun
auch Menschen, die den Duldungsstatus haben, eine berufsbegleitende Ausbildung beginnen
können. Wir müssen jedoch weitere Hürden für sie abbauen. Dabei spielt die deutsche Sprache
eine zentrale Rolle. Klar ist: Erzieher*innen haben eine sprachliche Vorbildfunktion. Dass
sie gut Deutsch sprechen, ist unerlässlich. Damit dies aber nicht zum Ausschlusskriterium in
der Erzieher*innenausbildung wird, setzen wir uns für die Einführung des Fachs Deutsch für
Pädagogische Berufe ein, damit auch berufsbegleitend das nötige Sprachniveau erreicht werden
kann.
Zusammen mehr erreichen – Multiprofessionalität als Chance
Heilpädagog*innen oder Logopäd*innen in die Kitas zu holen, um schnell gewährleisten zu
können, dass die Kinder in den Kitas überhaupt betreut werden, war ein nachvollziehbarer
Schritt. Dies darf jedoch nicht zu Lasten der Betreuungsqualität in den Kitas gehen. Mittel-
bis langfristig muss sichergestellt werden, dass Kinder nicht nur irgendwie, sondern von
Fachkräften mit der passenden Ausbildung betreut werden. Dabei können Heilpädagog*innen,
Logopäd*innen und andere selbstverständlich eine wichtige Rolle spielen. Jedoch nicht als
Notnagel, weil man grade niemand anderen findet, sondern in durchdachten und organisierten
multiprofessionellen Teams. Denn diese Fachkräfte bringen spezifische Qualifikationen mit,
die für die Kita ein Gewinn sind. Die sich dadurch bietenden Möglichkeiten können aber nur
ausgeschöpft werden, wenn Kitaleitungen in die Lage versetzt werden, ihre Mitarbeiter*innen
sinnvoll in multiprofessionellen Teams zu organisieren. Um die Arbeit in solchen Teams
optimal zu gestalten, wäre es hilfreich – wie in anderen sozialen Berufen üblich –
Supervision einzuführen. Zugleich soll das Unterstützungssystem der Fachberatung weiter
ausgebaut und entsprechend qualifiziert werden.
Neue Herausforderungen meistern – geflüchtete Kinder in der Kita
Die herausragende Rolle, die die Kita bei der Integration geflüchteter Familien spielt, ist
unbestritten. Umso wichtiger ist, Kitas bei dieser wichtigen Arbeit zu unterstützen. Unser
Ziel ist es, dass Kinder von geflüchteten Familien so schnell wie möglich eine Krippe oder
Kita besuchen können – auch für sie müssen ausreichend Plätze zur Verfügung stehen. Für die
Arbeit mit traumatisierten Kindern ist aber mehr als ein bisschen Fingerspitzengefühl nötig.
Wir fordern deshalb bessere Möglichkeiten der Fortbildung für Erzieher*innen, die mit
geflüchteten Kindern arbeiten, und mehr Zeit für die Arbeit mit Kindern und Eltern im
Kitaalltag sowie eine Anpassung der Kind-Fachkraft-Relation oder eine andere personelle
Unterstützung für Kitas, in denen geflüchtete Kinder betreut werden. Auch hier ist
Supervision und eine psychologische Unterstützungsstruktur für die Erzieher*innen dringend
nötig. Das Netzwerk Willkommen Konkret leistet hier beispielsweise vorbildliche Arbeit.
Solche Strukturen müssen unterstützt werden.
Mehr Unterstützung für Kindertagespflege
Kindertagespflege, also die Betreuung von Kindern bei Tagesmüttern oder -vätern, spielt bei
der Abdeckung des Betreuungsbedarfs in Berlin eine wichtige Rolle. Ca. 15 Prozent der Null-
bis Dreijährigen werden in der Kindertagespflege betreut. Hier wird nicht nur das Bedürfnis
vieler Familien nach einer Betreuung im familiären Rahmen gedeckt, sondern die Tagesmütter
und -väter helfen dem Land Berlin auch, den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem
vollendeten ersten Lebensjahr zu gewährleisten.
Doch in vielen Bereichen besteht für die Kindertagespflege Verbesserungsbedarf. Obwohl die
Ausführungsvorschrift einheitliche Voraussetzungen schaffen sollte, zeigt die Praxis, dass
die Bezirke – zum Beispiel was die Übernahmehöhe der Mietkosten betrifft – unterschiedlich
agieren. Dies muss berlinweit vereinheitlicht werden. Außerdem müssen die Bezirke
verbindliche Regelungen für Krankheits- und Urlaubszeiten der Tageseltern übernehmen.
Damit die Belange der Tageseltern besser vertreten werden können, müssen sie in den sie
betreffenden Gremien vertreten sein, zum Beispiel in Jugendhilfeausschüssen.
Viele Tageseltern sind Quereinsteiger*innen. Sie können berufsbegleitend die Ausbildung
absolvieren. Damit dies erfolgreich funktionieren kann, müssen jedoch die Rahmenbedingungen
dafür an die Arbeitssituation der Tageseltern angepasst werden.
Darüber hinaus ist bereits jetzt absehbar, dass viele Menschen, die in der Kindertagespflege
arbeiten, in den nächsten Jahren in Rente gehen werden und auch hier ein Fachkräftemangel
auf uns zukommt. Auch hier gilt es, gezielt für Nachwuchs zu werben.
(Kein) Platz für neue Kitas?
Berlin wächst und wir freuen uns, dass die Geburtsraten steigen – das bedeutet aber auch,
dass der Bedarf an Kitaplätzen weiter steigen wird. Deshalb werden in Berlin derzeit an
allen Ecken und Enden neue Kitas gebaut – und das braucht Platz. Der ist in Berlin,
insbesondere in den Innenstadtbezirken, aber knapp bemessen. Damit dennoch neue Kitas
entstehen können, müssen Bezirke und Land Hand in Hand arbeiten. Es kann nicht sein, dass
das Land die Verantwortung und die Schuld den Bezirken zuschiebt – denn den Rechtsanspruch
auf einen Kitaplatz zu gewährleisten, ist Aufgabe des Landes. Die Bezirke sind im Bereich
Kita selbst kaum noch handlungsfähig.
Klar ist aber auch: Die Bezirke dürfen beim Bau von Kitaplätzen nicht Interessen von
unterschiedlichen Kindern und Jugendlichen gegeneinander ausspielen. Der Kitaplatzausbau
darf nicht – wie beim Abenteuerspielplatz Holsteinische Straße in der Diskussion war – dazu
führen, dass andere Flächen, die für Kinder und Jugendliche zur Verfügung stehen, abgebaut
werden. Senat und Bezirke müssen hier gemeinsam flexibel nach den besten Lösungen vor Ort
suchen. Insbesondere die Innenstadtbezirke, wo es kaum noch Flächen gibt, müssen bei der
Akquise von Grundstücken stärker unterstützt werden. Und zur Qualität des Kitaplatzausbaus
gehört für uns auch, dass nicht alle Kitas als modulare Einheitswürfel gebaut werden,
sondern auch die Bauten sich an den Bedürfnissen vor Ort orientieren.
Außerdem wollen wir Elterninitiativen, die zum Beispiel einen Kinderladen gründen wollen,
gezielt durch Beratungsangebote unterstützen. Denn in der Vielfalt der Berliner Kitas
spielen Kinderläden eine wichtige Rolle.
Trotz widriger Umstände, Platznot und Erzieher*innenmangel: Unser Ziel bleibt es, mindesten
fünf Prozent Kitaplätze über Bedarf anzubieten – denn nur so können wir das Wunsch- und
Wahlrecht der Eltern bei der Kitaauswahl auch wirklich gewährleisten.
Qualität der Kitas weiter sichern
Wir freuen uns, dass Berlin mit dem Berliner Bildungsprogramm verlässliche Standards für die
Arbeit in den Kitas setzt. Diese stetig zu evaluieren, ist unerlässlich und wir freuen uns
deshalb, dass Berlin dabei Vorreiter bei der externen und internen Evaluation ist. Das dafür
zuständige Berliner Kita-Institut (BeKi) macht gute Arbeit und muss dabei weiter unterstützt
sowie dauerhaft ausreichend ausfinanziert werden.
Für die Qualitätsentwicklung in Kitas ist die Elternperspektive wertvoll und unumgänglich.
Deshalb wollen wir echte Mitspracherechte für Eltern. Bezirkselternausschüsse sind
insbesondere im Kitabereich aber viel zu häufig zahnlose Tiger. Wir wollen eine feste
finanzielle Grundausstattung für die Arbeit der Elterngremien auf Bezirks- und Landesebene
und eine Ombudsstelle Kita für die Eltern.
Darüber hinaus halten wir einen Fachkongress Kita auf Landesebene für dringend notwendig, zu
dem die Senatsverwaltung Vertreter*innen aus Kitaträgern, Kitaleitungen, Erzieher*innen und
andere Fachkräfte, Fachberatungen, Eltern und Expert*innen aus der Wissenschaft einlädt. Die
Berliner Kita ist auf einem guten Weg – das darf jedoch nicht dazu führen, dass wir sie
nicht weiter begleiten und weiterentwickeln. Dafür wäre ein solcher Fachkongress ein
wichtiger Schritt.
Das Kind in den Mittelpunkt
Dass ausreichend Kitaplätze auch deshalb wichtig sind, damit Eltern ihrem Beruf nachgehen
können, ist unbestritten. Dass gewisse organisatorische Rahmenbedingungen sich auch an den
Bedürfnissen der Eltern orientieren, ist eine logische und richtige Konsequenz. Und dass
eine Kita immer so gut ist wie ihre Erzieher*innen, ist offensichtlich. Wenn es ausreichend
und zufriedene Erzieher*innen gibt, tut das der Kita gut.
Nichtsdestotrotz muss bei allen Bemühungen, Kita und Kindertagespflege in Berlin noch besser
zu machen, das Kind und die Bedürfnisse der Kinder im Mittelpunkt stehen. Wir unterstützen
deshalb Programme, die die Kindperspektive in der Kita stärken und Kinderrechte sowie
Mitbestimmung der Kinder unterstützen. Kinderrechte sind keine optionale Dekoration, sondern
gesetzlich festgeschrieben. Je früher Kinder in die Lage versetzt werden, diese Rechte
wahrzunehmen, und je eher sie lernen, dass ihre Meinung zählt, umso stärker wird ihre
Begeisterung für Demokratie.
Dabei wollen wir alle Kinder im Blick haben – sowohl die, die mehr Unterstützung brauchen
als auch die, die immer geräuschlos mitlaufen. Jedes Kind hat ein Recht darauf, individuell
gesehen und gefördert zu werden. Dafür wollen wir auch die Inklusion in Kitas weiter
entwickeln und setzen uns für einen dritten Status für Kinder mit komplexen Förderbedarfen
ein. Dieser sogenannte C-Status soll sich an Kinder richten, die insbesondere aufgrund von
schweren körperlichen Behinderungen intensiver Betreuung und Pflege bedürfen. Denn alle
Kinder sollen einen Platz in der Kita haben. Um Kitas eine Chance zu geben, auch solchen
Kindern einen Platz anzubieten und für die Kinder eine gute Betreuung zu gewährleisten, soll
das Land schnellstmöglich einen Förderstatus entwickeln, der über die beiden bisherigen
Förderungen hinausgeht.
Mehr Respekt für frühkindliche Bildung
Wir danken ausdrücklich allen Erzieher*innen und allen anderen Fachkräften, die in Kitas,
Kinderläden und Kindertagespflege in Berlin so wertvolle Arbeit leisten. Wir stehen an ihrer
Seite und kämpfen für mehr Unterstützung, damit sie ihre wichtige Arbeit weiter so gut
machen können.
Dafür setzen wir uns für eine spürbar höhere Bezahlung und eine bessere Kind-Fachkraft-
Relation ein. Wir wollen neue Wege in der Ausbildung gehen und brachliegende Potenziale für
den Erzieher*innennachwuchs vor allem bei Männern und zugewanderten Menschen aktivieren.
Multiprofessionalität begreifen wir als Chance, die Qualität in den Kitas noch besser zu
machen und wir wollen gezielt da unterstützen, wo neue Herausforderungen warten, etwa bei
der Inklusion oder der Betreuung geflüchteter Kinder. Wir unterstützen auch die
Kindertagespflege und unabhängige Einrichtungen wie Kinderläden; denn auch sie gehören zur
vielfältigen Berliner Kinderbetreuungslandschaft dazu. Wir unterstützen den Kitaplatzausbau,
setzen uns aber für individuelle Lösungen vor Ort ein und akzeptieren nicht, dass die
Verantwortung zwischen Land und Bezirken hin und her geschoben wird.
Für uns stehen beim Thema Kita die Menschen im Mittelpunkt. Deshalb setzen wir uns für
deutlich bessere Bedingungen für die Erzieher*innen ein. Aber Dreh- und Angelpunkt sind und
bleiben die Kinder. Um ihnen allen jede Chance im Leben zu geben, ist die frühkindliche
Betreuung enorm wichtig. Es ist an der Zeit, dass wir ihr entsprechend endlich den nötigen
gesellschaftlichen Respekt entgegenbringen.
Von Zeile 66 bis 70:
zu unterstützen, die im Rahmen des Quartiersmanagements und der Sozialen Stadt besondere Unterstützung benötigen. In einzelnen Gebieten von Spandau, Reinickendorf, Neukölln und auch in Mitte gibt es erheblichen Nachholbedarf an Kitaplätzen, damit der sozial- und bildungspolitische Auftrag der Kindertagesbetreuung auch wohnortnah erfüllt werden kann. Diese Regionen dürfen nicht weiter abgehängt werden.In zu vielen Gebieten unserer Stadt hat sich ein Maß an Kinderarmut entwickelt, welches die Perspektiven vieler Kinder auf spätere Teilhabe an unserer Gesellschaft gefährdet. Nach dem Prinzip „Ungleiches ungleich behandeln“ werden wir Kitas in diesen besonders benachteiligten Stadtteilen deutlich stärker als bisher unterstützen, damit der sozial- und bildungspolitische Auftrag der Kindertagesbetreuung auch erfüllt werden kann. Um auch hier für alle Kinder gerechte Bildungschancen von Anfang zu ermöglichen, erhalten diese Pluskita eine zusätzliche Förderung von mindestens 25.000 Euro pro Kalenderjahr, denn wir können es uns nicht leisten Kinder in diesen Regionen weiter abzuhängen. Zentrales Ziel der plusKITAS ist daher die Bildungschancen dieser Kinder von Anfang an zu verbessern, indem sie Bildungsbenachteiligungen gezielt abbauen. Dazu ist es gleichfalls wichtig auch Eltern bei ihren Erziehungsaufgaben zu unterstützen und in die Verantwortung zu nehmen. Dazu werden wir auch weiterhin Familienhilfe und Kinderbetreuung in Familienzentren vernetzen und die Familienzentren und Familienbildungsstätten ausbauen und stärken: Wir setzen uns dabei insbesondere für einen engen Quartiersbezug und passgenaue Hilfsangebote ein. Familienzentren ebenso wie Stadtteilmütter oder Elternlots*innen sollen die Familien im Bereich Gesundheit und Ernährung beraten und unterstützen.
Berliner Kita: Unsere Großprojekte sind die Kleinen – Personal stärken, Qualität sichern!
Kinder sind neugierig und wagen sich jeden Tag aufs Neue in die Abenteuer ihrer Umwelt. Vom
ersten Rollen auf die Seite zum ersten Abendbrei im Sitzen. Vom ersten Schritt zum ersten
Zahn. Das alles sind Meilensteine im Leben eines Kindes. Doch ganz besonders ist der erste
Tag in der Krippe oder im Kindergarten. Es beginnt eine ganz neue Zeit – aufregend und
sensibel für Kinder und Eltern.
Kinder dabei ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten ist eine wundervolle Aufgabe, die jede
Menge Spaß macht. Zu sehen, wie nach zig Versuchen endlich der erste Schritt gelingt, wie
nach langem Zögern die Rutsche erobert wird oder wie ein Kind das erste Mal alleine die
Schuhe zubindet – und zu wissen, dass man diese Entwicklung mit unterstützt hat – ist ein
wunderbares Gefühl. Und es stimmt: Ein Kinderlachen ist die schönste Belohnung und lässt
viele Mühen vergessen.
Wertschätzung drückt sich aber nicht nur im Kinderlachen aus. Es ist an der Zeit, dass wir
Erzieher*innen und anderen Fachkräften in Kitas, Kinderläden und in der Kindertagespflege
endlich den nötigen Respekt für ihre Aufgabe entgegenbringen. Das drückt sich natürlich
nicht nur in der Bezahlung aus – aber eben auch. Bündnis 90/Die Grünen Berlin setzen sich
deshalb für eine deutlich bessere Bezahlung von Erzieher*innen ein. Um dem Fachkräftemangel
entgegen zu wirken, halten wir aber auch eine Vielzahl anderer Maßnahmen für notwendig.
Kitas sind Bildungseinrichtungen und Pfeiler gesellschaftlichen Zusammenhalts
Für die Zukunft unserer Gesellschaft leisten Kitas, Kinderläden und die Kindertagespflege
einen unschätzbar wertvollen Beitrag. Einem Kind – unabhängig vom sozialen oder kulturellen
Hintergrund – alle Chancen zu geben, damit es sich frei entfalten und selbstbestimmt leben
kann, ist immer Ziel bündnisgrüner Politik gewesen. Doch nach wie vor steht der
Bildungserfolg und damit der gesamte spätere Lebensweg in engem Zusammenhang mit dem
Elternhaus. Viel zu häufig gilt: Wer arm geboren ist, wird auch arm sterben. Diese Tatsache
wollen wir nicht hinnehmen und kämpfen für mehr Chancengerechtigkeit. Um diese zu erreichen,
muss man so früh wie möglich beginnen; wenn Kinder in die Schule kommen, sind die
wichtigsten Grundlagen längst gelegt. Wer Chancengerechtigkeit erreichen will, muss früher
ansetzen – und zwar bei den Kleinsten, in der Krippe und der Kita.
Die Arbeit, die tagtäglich von den Erzieher*innen und anderen Fachkräften in der
Kindertagespflege sowie in Berliner Kindertagesstätten und Krippen geleistet wird, ist von
unschätzbarem Wert. Sie sind diejenigen, die aus einer Kita einen Lern- und Bildungsort
machen. Sie sind der Schlüssel für die Qualität der Betreuung. Sie sind fünf Tage in der
Woche viele Stunden lang an der Seite von großen und kleinen Kindern mit ganz individuellen
Bedürfnissen. Die Entwicklung und Einführung des Berliner Bildungsprogramms für Kitas und
Kindertagespflege war dafür ein Meilenstein. Die Stärkung des Kindes und seiner Kompetenzen
stehen im Mittelpunkt und werden gefördert – das ist der richtige Weg, um Kinder fit für die
Zukunft zu machen.
Gleichzeitig leistet das Personal in Krippen, Kindertagespflege und Kitas auch deshalb
gesamtgesellschaftlich relevante Aufgaben, da es dafür sorgt, dass Eltern arbeiten gehen
können. Das ist nicht nur für den Lebensunterhalt der Familien insgesamt wichtig, sondern
insbesondere für die Absicherung der Mütter – denn trotz aller Bemühungen mit Elterngeld und
anderen Anreizen, auch Väter in die Familienarbeit einzubinden, hängt der Großteil der
Fürsorgearbeit noch an Frauen. Und auch weil sie in der Regel weniger verdienen als der
Vater, sind sie es üblicherweise, die für die Kindererziehung beruflich zurückstecken und
damit Einbußen in der Altersvorsorge in Kauf nehmen. Eine gute Kita ermöglicht allen Eltern,
und eben insbesondere auch Müttern, erwerbstätig zu sein und somit auch für das Alter
vorzusorgen.
Und auch die Rolle der Kita beim Thema Integration und Inklusion kann kaum überschätzt
werden. Im Kitaalter sind Kinder noch offen und kaum von Vorurteilen und eingeübten
Verhaltensmustern beeinflusst. Sie spielen miteinander ohne Rücksicht auf Hautfarbe,
Herkunft oder Beeinträchtigung. Wer in der Kita einen selbstverständlichen Umgang mit
Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen und Menschen mit und ohne Behinderung lernt,
wird auch in der Schule und im späteren Leben damit selbstverständlich umgehen.
Die wichtige Rolle frühkindlicher Bildung und von Krippe und Kita steht also außer Frage. Es
ist deshalb konsequent, dass die rot-rot-grüne Koalition Kitas besser finanziert, zum
Beispiel durch eine stufenweise Absenkung des Eigenanteils, und dass der Rechtsanspruch auf
einen Kitaplatz ohne Bedarfsprüfung auf sieben Stunden ausgeweitet wurde. Dass dafür
ausreichend Kitaplätze zur Verfügung gestellt werden müssen, ist eine
Selbstverständlichkeit. Doch nicht erst seitdem Berliner Eltern klagen, weil sie für ihr
Kind keinen Kitaplatz finden, steht fest: Wir kommen beim Kitaplatzausbau nicht hinterher.
Nach unseren Schätzungen fehlen aktuell bis zu 5.000 Kitaplätze. In den kommenden Jahren
müssen bis zum Jahr 2021 weitere 25.000 Plätze in den Kindertagesstätten geschaffen werden.
Zu wenig Platz und zu wenige Erzieher*innen sind aber keine neue Problemlage. Es wird Zeit,
ihnen endlich mit innovativeren Konzepten zu begegnen. Dabei sind insbesondere die Quartiere
zu unterstützen, die im Rahmen des Quartiersmanagements und der Sozialen Stadt besondere
Unterstützung benötigen. In einzelnen Gebieten von Spandau, Reinickendorf, Neukölln und auch In zu vielen Gebieten unserer Stadt hat sich ein Maß an Kinderarmut entwickelt, welches die Perspektiven vieler Kinder auf spätere Teilhabe an unserer Gesellschaft gefährdet. Nach dem Prinzip „Ungleiches ungleich behandeln“ werden wir Kitas in diesen besonders benachteiligten Stadtteilen deutlich stärker als bisher unterstützen, damit der sozial- und bildungspolitische Auftrag der Kindertagesbetreuung auch erfüllt werden kann. Um auch hier für alle Kinder gerechte Bildungschancen von Anfang zu ermöglichen, erhalten diese Pluskita eine zusätzliche Förderung von mindestens 25.000 Euro pro Kalenderjahr, denn wir können es uns nicht leisten Kinder in diesen Regionen weiter abzuhängen. Zentrales Ziel der plusKITAS ist daher die Bildungschancen dieser Kinder von Anfang an zu verbessern, indem sie Bildungsbenachteiligungen gezielt abbauen. Dazu ist es gleichfalls wichtig auch Eltern bei ihren Erziehungsaufgaben zu unterstützen und in die Verantwortung zu nehmen. Dazu werden wir auch weiterhin Familienhilfe und Kinderbetreuung in Familienzentren vernetzen und die Familienzentren und Familienbildungsstätten ausbauen und stärken: Wir setzen uns dabei insbesondere für einen engen Quartiersbezug und passgenaue Hilfsangebote ein. Familienzentren ebenso wie Stadtteilmütter oder Elternlots*innen sollen die Familien im Bereich Gesundheit und Ernährung beraten und unterstützen.
in Mitte gibt es erheblichen Nachholbedarf an Kitaplätzen, damit der sozial- und
bildungspolitische Auftrag der Kindertagesbetreuung auch wohnortnah erfüllt werden kann.
Diese Regionen dürfen nicht weiter abgehängt werden.
Gleichzeitig darf kein Weg, der nun beschritten wird, dazu führen, dass die Qualität der
Betreuung gemindert wird – ganz im Gegenteil: Wir wollen uns auch bewusst mit der Frage
befassen, wie die gute Arbeit in den Berliner Kitas noch besser werden kann.
Starke Bindung – starke Kinder: Mit der Kind-Fachkraft-Relation reale Bedingungen
widerspiegeln
Grundlage für gute Entwicklung ist eine starke Bindung. Kinder probieren sich aus und folgen
ihrer natürlichen Neugier, wenn sie sich darauf verlassen können, dass es jemanden gibt, der
mit ihnen zusammen auf Abenteuerjagd geht oder sie tröstet, wenn etwas nicht geklappt hat.
Vertrauen, Verlässlichkeit und Konstanz sind für Kinder sehr wichtig. Ob ein*e Erzieher*in
sich um drei, sechs oder neun Kinder gleichzeitig kümmern muss, hat direkte Auswirkungen
darauf, wie viel Zeit für Beziehungsarbeit bleibt. Die Frage einer guten Kind-Fachkraft-
Relation ist entsprechend nicht nur relevant für die Zeit, die ein Kind in der Krippe oder
Kita verbringt, sondern weit darüber hinaus. Nur wenn Kinder in Krippe und Kita in der Lage
sind, eine gute Bindung zu ihren Erzieher*innen aufzubauen, können sie ihre Potenziale voll
entfalten und sich gut entwickeln. Das funktioniert nicht, wenn ein*e Erzieher*in allein mit
zwölf Kindern ist.
Auch mit dem jetzt vorgeschriebenen Betreuungsschlüssel sollte eine solche Situation nicht
entstehen – doch viel zu oft sind Erzieher*innen-Stellen in Kitas unbesetzt, und durch
Krankheit und Urlaub der Kolleg*innen kommt es immer wieder zu Engpässen. Denn in der
gesetzlichen Personalausstattung sind Urlaube oder durchschnittliche Krankheitstage nicht
mit eingerechnet. Wir fordern deshalb, dass die Personalausstattung dahingehend erweitert
wird, dass sie die differenziertere Kind-Fachkraft-Relation berücksichtigt und dabei z.B.
Krankheits- und Urlaubszeiten sowie Fortbildungszeiten zusätzlich mit hinzugerechnet werden,
so dass sich die realen Bedingungen in den Kitas besser abbilden lassen.
Dass sich diese verbesserte Personalausstattung nicht sofort in die Praxis umsetzen lässt,
darf uns nicht daran hindern, sie langfristig zu fordern. Nur wenn wir jetzt entschieden für
eine Verbesserung der Personalsituation eintreten, können wir sie langfristig erreichen.
Eine schrittweise Einführung und Umsetzung halten wir deshalb für sinnvoll. Für Kinder von
0-3 Jahre fordern wir langfristig eine Anhebung der Kind-Fachkraft-Relation auf 3 zu 1, für
Kinder von 3-6 Jahre auf 8 zu 1 und einen Leitungsschlüssel von 80 zu 1 in einer
Ganztagsbetreuung. Das kann natürlich nur gelingen, wenn ausreichend Fachkräfte zur
Verfügung stehen. Die Gewinnung von neuem Personal ist dafür zentral.
Bestehendes Personal besser bezahlen und entlasten – neues Personal gewinnen
Darüber hinaus müssen schon heute die Erzieher*innen in den Kitas entlastet werden.
Erzieher*innen sind überdurchschnittlich oft krank – und das liegt nicht allein an den
„Kinderviren“. Psychische Erkrankungen wie zum Beispiel Burnout sind bei Erzieher*innen
knapp doppelt so häufig wie im Schnitt. Die verbleibenden Erzieher*innen machen die Arbeit
ihrer erkrankten Kolleg*innen mit, sind umso überlasteter und werden schließlich selbst
krank. Dieser Teufelskreis kann nur durchbrochen werden, wenn die Belastung für die einzelne
Fachkraft abnimmt. Das passiert zum einen durch mehr Personal, aber auch durch eine
Verbesserung der Arbeitssituation.
Neues Personal für Kitas werden wir nur finden, wenn die Menschen, die im Moment in den
Kitas sind, begeistert von ihrem Job erzählen. Das ist die beste Werbung für einen Beruf,
die es gibt.
Essentiell dafür ist eine bessere Bezahlung. Natürlich drückt sich Wertschätzung nicht nur
finanziell aus – aber eben auch. Wir fordern: Das Gehalt von Erzieher*innen muss deutlich
angehoben werden. Wir erwarten, dass sich Berlin in den Tarifverhandlungen der Länder 2019
deutlich positioniert und dafür kämpft, dass Erzieher*innen endlich spürbar besser bezahlt
werden. Wir scheuen uns aber auch nicht davor, einen eigenen Berliner Weg in Anlehnung an
das Hamburger Modell zu gehen, bei dem in einem eigenen Tarifvertrag für kommunale
Arbeitgeber Erzieher*innen besser bezahlt werden und mehr Urlaubstage sowie andere Boni
bekommen, wie zum Beispiel betriebliche Altersvorsorge und Vergünstigungen beim ÖPNV.
Aber es gibt auch andere Faktoren, die den Beruf Erzieher*in in Berlin attraktiver machen
können. Erzieher*innen brauchen nicht nur eine bessere Bezahlung, sondern auch mehr Zeit.
Wir fordern, dass mit der Einführung der Kind-Fachkraft-Relation nicht nur Urlaubs- und
Krankheitszeiten Berücksichtigung finden, sondern auch geregelte Pausenzeiten eingeführt
werden. Außerdem muss endlich ausreichend Zeit für die mittelbare pädagogische Arbeit, also
zum Beispiel zur Dokumentation oder Elternarbeit, zur Verfügung gestellt werden. Hierfür
muss verbindlich überprüft und festgelegt werden, wie viel Zeit tatsächlich für die
mittelbare pädagogische Arbeit veranschlagt werden muss.
Das Wohlbefinden von Erzieher*innen hängt aber auch von räumlichen Gegebenheiten ab. Wir
fordern deshalb, dass dort, wo neue Kitas entstehen, ausreichend Platz zur Verfügung
gestellt wird, damit Erzieher*innen Orte haben, wo sie ungestört ihren
Dokumentationsaufgaben nachkommen können. Im Laufe des Kita-Tages mal die Tür zumachen zu
können und den Kinderlärm kurz hinter sich zu lassen, hilft nicht nur dabei, sich auf die
Dokumentationsaufgaben besser konzentrieren zu können, sondern lässt automatisch auch etwas
zur Ruhe kommen. Das gleiche gilt für Pausenräume. Nur wenn man einen Ort hat, an den man
sich kurz zurückziehen kann und wirklich „raus“ ist, findet eine Pause und Erholung statt –
die arbeitsrechtlich allen Erzieher*innen zusteht. Dass in Bestandsgebäuden Pausenräume oder
andere Rückzugsorte für Erzieher*innen nicht immer einfach einzurichten sind, ist uns
bewusst. Dennoch halten wir eine (auch finanzielle) Unterstützung von Kitas, die hierfür
Umbaumaßnahmen vornehmen wollen, für sinnvoll.
Auf einem Arbeitsmarkt, an dem fast Vollbeschäftigung herrscht, wird es jedoch schwierig,
ausreichend Erzieher*innen zu finden. Um den Bedarf sowohl kurz- als auch mittel- und
langfristig zu decken, muss Berlin mehrgleisig fahren.
Ausbildung neu denken
Die Kapazitäten für die Erzieher*innenausbildung wurden in Berlin bereits deutlich erhöht.
Doch etwa ein Viertel derer, die die Ausbildung beginnen, brechen sie ab. Das liegt nicht
allein daran, dass es bei jeder Ausbildung Menschen gibt, die den Anforderungen nicht
gewachsen sind, sondern auch daran, dass insbesondere für Abiturient*innen andere Berufe
attraktiver sind und sie im Laufe der Ausbildung doch zum Beispiel auf ein
Grundschullehramtsstudium umschwenken. Auch hier gilt: Den Beruf attraktiver zu machen, kann
Abhilfe schaffen. Aber auch neue Wege in der Ausbildung zu gehen, kann einen Teil zur Lösung
beitragen. Hamburg gründet seine erste berufliche Hochschule; Ausbildung und Studium laufen
hier parallel. Ein solches Modell muss auch für Berlin geprüft werden. Insbesondere unter
dem Gesichtspunkt, dass Menschen heutzutage ohnehin nicht mehr ihr Leben lang im selben Job
sind, macht es Sinn, sie so zu qualifizieren, dass sie beispielsweise nach Ausbildung oder
Studium für eine Weile in einer Kita als Erzieher*in arbeiten und die Aussicht haben, später
spezialisierte Aufgaben bis hin zu Leitungsaufgaben zu übernehmen oder in einen anderen
Bereich zu wechseln.
Um allen den Weg in den Erzieher*innenberuf bezahlbar zu machen, wollen wir ein
elternunabhängiges Landesausbildungsförderungsgesetz (LAFöG) prüfen, damit alle, für die
eine andere Förderung nicht passt, darüber gefördert werden können. Außerdem muss geprüft
werden, inwiefern Rückzahlungen gemindert werden können, wenn Menschen, die die Förderung
bekommen haben, nach der Ausbildung für eine bestimmte Zeit in Kitas arbeiten. Auch für
Modellprojekte wie in Friedrichshain-Kreuzberg, wo das Jobcenter die ersten beiden
Ausbildungsjahre finanzieren, die Kitaträger das dritte, wäre das LAFöG eine Antwort.
Darüber hinaus fordern wir Möglichkeiten, die Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren.
Dass beim akuten Erzieher*innenmangel der Quereinstieg ermöglicht wurde, war ein richtiger
Schritt. Den Kitas muss dafür aber wiederum Zeit für Anleitungsstunden zur Verfügung
gestellt werden, denn die Quereinsteiger*innen brauchen selbst noch Unterstützung.
Wer Erzieher*in werden will, braucht Abitur oder mindestens drei Jahre einschlägige
Berufserfahrung. Diese starren Voraussetzungen sagen jedoch nichts über die tatsächliche
Qualifizierung der Bewerber*innen aus. Wir wollen deshalb prüfen, inwiefern die
Berufserfahrungszeit vor der Ausbildung verkürzt werden kann, wenn die Bewerber*innen
erfolgreich ein entsprechendes Assessment durchlaufen. Auch die Durchführung eines bezahlten
einjährigen Vorpraktikums wollen wir diskutieren.
Dass die Qualität der Ausbildung und die Inhalte nur aufgrund des akuten
Erzieher*innenmangels nicht leiden dürfen, ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Dass
kurzfristig Löcher gestopft werden müssen, heißt für uns nicht, sich langfristig damit
zufrieden zu geben. Gerade jetzt gilt es, eine langfristige Perspektive mit zu denken.
Eine besondere Rolle bei der Ausbildung neuer Erzieher*innen spielen für uns die Kita-
Eigenbetriebe. Dass ein kleiner Kinderladen oder andere kleine Träger nicht in großem Maß
ausbilden können, ist nachvollziehbar. Größere Träger und insbesondere die Kita-
Eigenbetriebe haben aber hier eine besondere Verantwortung und gerade hier sollte Ausbildung
eine wichtige Rolle spielen. Gleichzeitig müssen auch sie bei der Ausbildung neuer
Erzieher*innen unterstützt werden – wenn Ausbildung gelingen soll, kostet das Zeit und
bindet Personal, denn Auszubildende müssen gut angeleitet werden. Hierfür müssen den
ausbildenden Kitas zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Personelle Vielfalt in die Kitas
Erzieher*in ist viel zu häufig ein Frauenberuf. Schon von klein auf lernen Kinder so
unterschwellig: Kindererziehung ist Frauensache. Da, wo es auch Erzieher gibt, sind Kinder,
Eltern und Kitaleitungen in der Regel begeistert. Es tut den Kindern gut, unterschiedliche
Rollenvorbilder zu haben. Dass schon allein eine bessere Bezahlung dazu führen wird, dass
mehr Männer in die Kitas kommen, mag sich langfristig bewahrheiten – denn viel zu oft spielt
die Bezahlung für Frauen bei der Berufswahl noch eine geringere Rolle als für Männer und sie
sind eher bereit, einen weniger gut bezahlten Beruf auszuüben. Doch wir brauchen die Männer
auch kurzfristig in den Kitas – denn neben den positiven Effekten, die das für den
Kitaalltag mit sich bringen würde, schlummert hier noch unheimlich viel Potenzial, um dem
Personalmangel entgegen zu wirken. Eine Image-Kampagne der Senatsverwaltung, die gezielt
Männer dazu aufruft, Erzieher zu werden, kann hier einiges bewirken.
Ebenso gilt es, zugewanderte Menschen zu befähigen, Erzieher*in zu werden – denn unsere
gesellschaftliche Vielfalt muss sich auch im Kita-Personal widerspiegeln. Auch hier sehen
wir enorme Potenziale für den Erzieher*innen-Nachwuchs. Wir begrüßen es deshalb, dass nun
auch Menschen, die den Duldungsstatus haben, eine berufsbegleitende Ausbildung beginnen
können. Wir müssen jedoch weitere Hürden für sie abbauen. Dabei spielt die deutsche Sprache
eine zentrale Rolle. Klar ist: Erzieher*innen haben eine sprachliche Vorbildfunktion. Dass
sie gut Deutsch sprechen, ist unerlässlich. Damit dies aber nicht zum Ausschlusskriterium in
der Erzieher*innenausbildung wird, setzen wir uns für die Einführung des Fachs Deutsch für
Pädagogische Berufe ein, damit auch berufsbegleitend das nötige Sprachniveau erreicht werden
kann.
Zusammen mehr erreichen – Multiprofessionalität als Chance
Heilpädagog*innen oder Logopäd*innen in die Kitas zu holen, um schnell gewährleisten zu
können, dass die Kinder in den Kitas überhaupt betreut werden, war ein nachvollziehbarer
Schritt. Dies darf jedoch nicht zu Lasten der Betreuungsqualität in den Kitas gehen. Mittel-
bis langfristig muss sichergestellt werden, dass Kinder nicht nur irgendwie, sondern von
Fachkräften mit der passenden Ausbildung betreut werden. Dabei können Heilpädagog*innen,
Logopäd*innen und andere selbstverständlich eine wichtige Rolle spielen. Jedoch nicht als
Notnagel, weil man grade niemand anderen findet, sondern in durchdachten und organisierten
multiprofessionellen Teams. Denn diese Fachkräfte bringen spezifische Qualifikationen mit,
die für die Kita ein Gewinn sind. Die sich dadurch bietenden Möglichkeiten können aber nur
ausgeschöpft werden, wenn Kitaleitungen in die Lage versetzt werden, ihre Mitarbeiter*innen
sinnvoll in multiprofessionellen Teams zu organisieren. Um die Arbeit in solchen Teams
optimal zu gestalten, wäre es hilfreich – wie in anderen sozialen Berufen üblich –
Supervision einzuführen. Zugleich soll das Unterstützungssystem der Fachberatung weiter
ausgebaut und entsprechend qualifiziert werden.
Neue Herausforderungen meistern – geflüchtete Kinder in der Kita
Die herausragende Rolle, die die Kita bei der Integration geflüchteter Familien spielt, ist
unbestritten. Umso wichtiger ist, Kitas bei dieser wichtigen Arbeit zu unterstützen. Unser
Ziel ist es, dass Kinder von geflüchteten Familien so schnell wie möglich eine Krippe oder
Kita besuchen können – auch für sie müssen ausreichend Plätze zur Verfügung stehen. Für die
Arbeit mit traumatisierten Kindern ist aber mehr als ein bisschen Fingerspitzengefühl nötig.
Wir fordern deshalb bessere Möglichkeiten der Fortbildung für Erzieher*innen, die mit
geflüchteten Kindern arbeiten, und mehr Zeit für die Arbeit mit Kindern und Eltern im
Kitaalltag sowie eine Anpassung der Kind-Fachkraft-Relation oder eine andere personelle
Unterstützung für Kitas, in denen geflüchtete Kinder betreut werden. Auch hier ist
Supervision und eine psychologische Unterstützungsstruktur für die Erzieher*innen dringend
nötig. Das Netzwerk Willkommen Konkret leistet hier beispielsweise vorbildliche Arbeit.
Solche Strukturen müssen unterstützt werden.
Mehr Unterstützung für Kindertagespflege
Kindertagespflege, also die Betreuung von Kindern bei Tagesmüttern oder -vätern, spielt bei
der Abdeckung des Betreuungsbedarfs in Berlin eine wichtige Rolle. Ca. 15 Prozent der Null-
bis Dreijährigen werden in der Kindertagespflege betreut. Hier wird nicht nur das Bedürfnis
vieler Familien nach einer Betreuung im familiären Rahmen gedeckt, sondern die Tagesmütter
und -väter helfen dem Land Berlin auch, den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem
vollendeten ersten Lebensjahr zu gewährleisten.
Doch in vielen Bereichen besteht für die Kindertagespflege Verbesserungsbedarf. Obwohl die
Ausführungsvorschrift einheitliche Voraussetzungen schaffen sollte, zeigt die Praxis, dass
die Bezirke – zum Beispiel was die Übernahmehöhe der Mietkosten betrifft – unterschiedlich
agieren. Dies muss berlinweit vereinheitlicht werden. Außerdem müssen die Bezirke
verbindliche Regelungen für Krankheits- und Urlaubszeiten der Tageseltern übernehmen.
Damit die Belange der Tageseltern besser vertreten werden können, müssen sie in den sie
betreffenden Gremien vertreten sein, zum Beispiel in Jugendhilfeausschüssen.
Viele Tageseltern sind Quereinsteiger*innen. Sie können berufsbegleitend die Ausbildung
absolvieren. Damit dies erfolgreich funktionieren kann, müssen jedoch die Rahmenbedingungen
dafür an die Arbeitssituation der Tageseltern angepasst werden.
Darüber hinaus ist bereits jetzt absehbar, dass viele Menschen, die in der Kindertagespflege
arbeiten, in den nächsten Jahren in Rente gehen werden und auch hier ein Fachkräftemangel
auf uns zukommt. Auch hier gilt es, gezielt für Nachwuchs zu werben.
(Kein) Platz für neue Kitas?
Berlin wächst und wir freuen uns, dass die Geburtsraten steigen – das bedeutet aber auch,
dass der Bedarf an Kitaplätzen weiter steigen wird. Deshalb werden in Berlin derzeit an
allen Ecken und Enden neue Kitas gebaut – und das braucht Platz. Der ist in Berlin,
insbesondere in den Innenstadtbezirken, aber knapp bemessen. Damit dennoch neue Kitas
entstehen können, müssen Bezirke und Land Hand in Hand arbeiten. Es kann nicht sein, dass
das Land die Verantwortung und die Schuld den Bezirken zuschiebt – denn den Rechtsanspruch
auf einen Kitaplatz zu gewährleisten, ist Aufgabe des Landes. Die Bezirke sind im Bereich
Kita selbst kaum noch handlungsfähig.
Klar ist aber auch: Die Bezirke dürfen beim Bau von Kitaplätzen nicht Interessen von
unterschiedlichen Kindern und Jugendlichen gegeneinander ausspielen. Der Kitaplatzausbau
darf nicht – wie beim Abenteuerspielplatz Holsteinische Straße in der Diskussion war – dazu
führen, dass andere Flächen, die für Kinder und Jugendliche zur Verfügung stehen, abgebaut
werden. Senat und Bezirke müssen hier gemeinsam flexibel nach den besten Lösungen vor Ort
suchen. Insbesondere die Innenstadtbezirke, wo es kaum noch Flächen gibt, müssen bei der
Akquise von Grundstücken stärker unterstützt werden. Und zur Qualität des Kitaplatzausbaus
gehört für uns auch, dass nicht alle Kitas als modulare Einheitswürfel gebaut werden,
sondern auch die Bauten sich an den Bedürfnissen vor Ort orientieren.
Außerdem wollen wir Elterninitiativen, die zum Beispiel einen Kinderladen gründen wollen,
gezielt durch Beratungsangebote unterstützen. Denn in der Vielfalt der Berliner Kitas
spielen Kinderläden eine wichtige Rolle.
Trotz widriger Umstände, Platznot und Erzieher*innenmangel: Unser Ziel bleibt es, mindesten
fünf Prozent Kitaplätze über Bedarf anzubieten – denn nur so können wir das Wunsch- und
Wahlrecht der Eltern bei der Kitaauswahl auch wirklich gewährleisten.
Qualität der Kitas weiter sichern
Wir freuen uns, dass Berlin mit dem Berliner Bildungsprogramm verlässliche Standards für die
Arbeit in den Kitas setzt. Diese stetig zu evaluieren, ist unerlässlich und wir freuen uns
deshalb, dass Berlin dabei Vorreiter bei der externen und internen Evaluation ist. Das dafür
zuständige Berliner Kita-Institut (BeKi) macht gute Arbeit und muss dabei weiter unterstützt
sowie dauerhaft ausreichend ausfinanziert werden.
Für die Qualitätsentwicklung in Kitas ist die Elternperspektive wertvoll und unumgänglich.
Deshalb wollen wir echte Mitspracherechte für Eltern. Bezirkselternausschüsse sind
insbesondere im Kitabereich aber viel zu häufig zahnlose Tiger. Wir wollen eine feste
finanzielle Grundausstattung für die Arbeit der Elterngremien auf Bezirks- und Landesebene
und eine Ombudsstelle Kita für die Eltern.
Darüber hinaus halten wir einen Fachkongress Kita auf Landesebene für dringend notwendig, zu
dem die Senatsverwaltung Vertreter*innen aus Kitaträgern, Kitaleitungen, Erzieher*innen und
andere Fachkräfte, Fachberatungen, Eltern und Expert*innen aus der Wissenschaft einlädt. Die
Berliner Kita ist auf einem guten Weg – das darf jedoch nicht dazu führen, dass wir sie
nicht weiter begleiten und weiterentwickeln. Dafür wäre ein solcher Fachkongress ein
wichtiger Schritt.
Das Kind in den Mittelpunkt
Dass ausreichend Kitaplätze auch deshalb wichtig sind, damit Eltern ihrem Beruf nachgehen
können, ist unbestritten. Dass gewisse organisatorische Rahmenbedingungen sich auch an den
Bedürfnissen der Eltern orientieren, ist eine logische und richtige Konsequenz. Und dass
eine Kita immer so gut ist wie ihre Erzieher*innen, ist offensichtlich. Wenn es ausreichend
und zufriedene Erzieher*innen gibt, tut das der Kita gut.
Nichtsdestotrotz muss bei allen Bemühungen, Kita und Kindertagespflege in Berlin noch besser
zu machen, das Kind und die Bedürfnisse der Kinder im Mittelpunkt stehen. Wir unterstützen
deshalb Programme, die die Kindperspektive in der Kita stärken und Kinderrechte sowie
Mitbestimmung der Kinder unterstützen. Kinderrechte sind keine optionale Dekoration, sondern
gesetzlich festgeschrieben. Je früher Kinder in die Lage versetzt werden, diese Rechte
wahrzunehmen, und je eher sie lernen, dass ihre Meinung zählt, umso stärker wird ihre
Begeisterung für Demokratie.
Dabei wollen wir alle Kinder im Blick haben – sowohl die, die mehr Unterstützung brauchen
als auch die, die immer geräuschlos mitlaufen. Jedes Kind hat ein Recht darauf, individuell
gesehen und gefördert zu werden. Dafür wollen wir auch die Inklusion in Kitas weiter
entwickeln und setzen uns für einen dritten Status für Kinder mit komplexen Förderbedarfen
ein. Dieser sogenannte C-Status soll sich an Kinder richten, die insbesondere aufgrund von
schweren körperlichen Behinderungen intensiver Betreuung und Pflege bedürfen. Denn alle
Kinder sollen einen Platz in der Kita haben. Um Kitas eine Chance zu geben, auch solchen
Kindern einen Platz anzubieten und für die Kinder eine gute Betreuung zu gewährleisten, soll
das Land schnellstmöglich einen Förderstatus entwickeln, der über die beiden bisherigen
Förderungen hinausgeht.
Mehr Respekt für frühkindliche Bildung
Wir danken ausdrücklich allen Erzieher*innen und allen anderen Fachkräften, die in Kitas,
Kinderläden und Kindertagespflege in Berlin so wertvolle Arbeit leisten. Wir stehen an ihrer
Seite und kämpfen für mehr Unterstützung, damit sie ihre wichtige Arbeit weiter so gut
machen können.
Dafür setzen wir uns für eine spürbar höhere Bezahlung und eine bessere Kind-Fachkraft-
Relation ein. Wir wollen neue Wege in der Ausbildung gehen und brachliegende Potenziale für
den Erzieher*innennachwuchs vor allem bei Männern und zugewanderten Menschen aktivieren.
Multiprofessionalität begreifen wir als Chance, die Qualität in den Kitas noch besser zu
machen und wir wollen gezielt da unterstützen, wo neue Herausforderungen warten, etwa bei
der Inklusion oder der Betreuung geflüchteter Kinder. Wir unterstützen auch die
Kindertagespflege und unabhängige Einrichtungen wie Kinderläden; denn auch sie gehören zur
vielfältigen Berliner Kinderbetreuungslandschaft dazu. Wir unterstützen den Kitaplatzausbau,
setzen uns aber für individuelle Lösungen vor Ort ein und akzeptieren nicht, dass die
Verantwortung zwischen Land und Bezirken hin und her geschoben wird.
Für uns stehen beim Thema Kita die Menschen im Mittelpunkt. Deshalb setzen wir uns für
deutlich bessere Bedingungen für die Erzieher*innen ein. Aber Dreh- und Angelpunkt sind und
bleiben die Kinder. Um ihnen allen jede Chance im Leben zu geben, ist die frühkindliche
Betreuung enorm wichtig. Es ist an der Zeit, dass wir ihr entsprechend endlich den nötigen
gesellschaftlichen Respekt entgegenbringen.
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