Veranstaltung: | LDK 2018 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 9 Weitere Anträge |
Antragsteller*in: | KV Reinickendorf |
Status: | Eingereicht |
Beschlossen am: | 21.03.2018 |
Eingereicht: | 03.04.2018, 10:57 |
V-02: Mulitresistente Keime in Oberflächengewässern
Antragstext
Mulitresistente Keime in Oberflächengewässern
Der Senat wird aufgefordert, Wasserproben aus den Berliner Oberflächengewässern –
insbesondere am Ausfluss der Berliner Kläranlagen – auf eine Belastung mit multiresistenten
grampositiven und gramnegativen Bakterien untersuchen zu lassen.
Begründung
Multiresistente Keime sind Krankheitserreger, die nicht auf das übliche Spektrum von Antibiotika ansprechen. Sie kommen mittlerweile in Lebensmitteln tierischer Herkunft- vorzugsweise in Geflügelfleisch- und offenbar auch in Oberflächengewässern vor (s.u.).Seriöse Schätzungen gehen von 2000 bis zu 30000 Todesfällen/Jahr ( in Deutschland)durch multiresistente Erreger aus. Antibiotika, die in der Massentierhaltung eingesetzt werden (2016: 742 Tonnen; D), aber auch Antibiotikaeinsatz in Kliniken und über Arztpraxen führen zur Resistenzentwicklung. Für gesunde Erwachsene sind diese Erreger im Allgemeinen nicht akut gefährlich- allerdings können sie durch Kontakt zu Trägern und Ausscheidern werden. Alte Menschen, Kleinkinder oder Personen mit offenen Verletzungen sowie Op-Patienten können erkranken und sind dann kaum noch mit Antibiotika zu behandeln.
Eine vom NDR initiierte Studie, die in Zusammenarbeit mit den Universitäten Dresden und Gießen durchgeführt wurde, zeigte in allen der 12 Proben aus niedersächsischen Oberflächengewässern eine Belastung mit multiresistenten Erregern. In 5 der 12 Proben wurden Resistenzen gegen Colistin gefunden, ein Reserveantibiotikum, das als letzte Option bei anders nicht mehr behandelbaren Infektionen eingesetzt wird1. Quelle für diese Problemkeime sind Gülle aus der Tierhaltung, die auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ausgebracht wird (etwa 70 Millionen Tonnen/Jahr in Deutschland), daneben aber auch Abwässer aus Kliniken etc.2.
Wir haben in Berlin zahlreiche Großkliniken. Spree und Havel kommen aus landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten (in Brandenburg wurden 2016 773000 Schweine und 8.6 Millionen Hühner gehalten3). Der Koalitionsvertrag der Landesregierung 2016 enthält zu diesem Thema keine Initiativen. Dabei wäre es relativ einfach und wenig kostenintensiv, in Zusammenarbeit zwischen den Berliner Wasserschutzbehörden, dem Robert-Koch-Institut und den Berliner Unikliniken zu untersuchen, ob und in welchem Ausmaß die Berliner Seen mit multiresistenten Keimen belastet sind. Sollte eine erhebliche Belastung festgestellt werden, so könnten z.B. zusätzliche Reinigungsstufen in den Klärwerken Abhilfe schaffen. Zu weiteren denkbaren Maßnahmen s. Antrag von Bündnis 90-die Grünen im Deutschen Bundestag vom 13.03.2018 (Drucksache 19/1159).
1 Recherche NDR, 6.2.2018; 2 W.Witte,Robert Koch Institut Berlin ; 3 Statistisches Landesamt Brandenburg