Veranstaltung: | LDK 2018 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 9 Weitere Anträge |
Antragsteller*in: | Antje Kapek (Friedrichshain-Kreuzberg), Stefan Gelbhaar (Pankow), Harald Moritz (Treptow-Köpenik), Henning Bublitz (Mitte) |
Status: | Eingereicht |
Beschlossen am: | 30.03.2018 |
Eingereicht: | 03.04.2018, 10:04 |
V-05: Sauber mobil
Antragstext
Sauber mobil
Der Dieselskandal führt uns seit Jahren vor Augen, wie wichtig die Mobilitätswende ist.
Verkehr muss sauberer werden – und zwar strukturell. Die Flickschusterei der Autohersteller
mit Softwareupdate täuscht über das eigentliche Problem hinweg. Selbst die dringend
notwendigen Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Hersteller lösen das Problem nicht
grundsätzlich. Mobilität muss nachhaltiger gestaltet werden. Das bedeutet einen Mix aus
Angeboten – denn Mobilität ist die Möglichkeit zur Bewegung.
Wir haben mit dem ersten Teil des Mobilitätsgesetzes einen wichtigen Schritt gemacht um den
Umweltverbund gegenüber dem Autoverkehr zu stärken und Mobilität als Ganzes zu denken.
Insbesondere wird Radfahren sicherer und attraktiver und gibt damit Menschen die Möglichkeit
umzusteigen. In den kommenden Jahren kommt es darauf an, dieses Gesetz stadtweit mit Leben
zu füllen. Das bedeutet auch die Bezirke auf diesem Weg mitzunehmen und bei der Umsetzung zu
unterstützen. Denn neben großen Maßnahmen wie geschützteren Radstreifen (Protected Bike
Lanes) sind es häufig die kleinen Bausteine, wie Asphaltstreifen auf Kopfsteinpflaster oder
Fahrradbügel im Kiez, die den Radelnden das Leben einfacher machen.
In den kommenden Jahren wollen wir das Mobilitätsgesetz um Abschnitte zu Fußverkehr,
Wirtschaftsverkehr und intelligenter Mobilität erweitern. Denn, wer Mobilität nachhaltig
gestalten will, muss den Verkehr so organisieren, dass er den Menschen nützt und ihnen nicht
schadet. Wir müssen die Luftverschmutzung in unserer Stadt schleunigst eindämmen – nicht um
Fahrverbote zu vermeiden, sondern um die Gesundheit der Berliner*innen zu schützen.
Es gibt viele Instrumente Luftschadstoffe zu vermindern – das Beste ist, diese gar nicht
erst entstehen zu lassen. Deshalb ist der konsequente Ausbau der Radinfrastruktur, wie im
Mobilitätsgesetz vorgesehen, ein wesentlicher Bestandteil einer Strategie zur
Luftreinhaltung. Die Bundesregierung muss zudem schnellstmöglich den rechtlichen Rahmen für
eine Blaue Plakette schaffen. Damit ließen sich wie bei der Umweltzone Bereiche einrichten,
in denen Fahrzeuge, die die Grenzwerte nicht einhalten, außen vor bleiben müssen - um die
Gesundheit der Menschen nicht zu gefährden.
Der ÖPNV spielt bei der Luftreinhaltung eine entscheidende Rolle. Straßen-, U- und S-Bahnen
fahren auf bündnisgrüne Initiativen hin in Berlin nur noch mit Ökostrom.: Nach dem die BVG
in den Jahren 2014/ 2015 auf Ökostrom umgestellt hat, hat die S-Bahn im Dezember 2017
nachgezogen, und fährt seitdem ebenfalls ausschließlich erneuerbar.
Die Busse der BVG hingegen sind nach wie vor fast ausschließlich mit Dieselmotoren
unterwegs. Diese Busse müssen daher kurzfristig mit SCR-Kats zur Minderung der NOX-
Emissionen nachgerüstet werden. Zugleich ist die Ersetzung der BVG-Busse durch
Elektrofahrzeuge einzuleiten. Mit Ökostrom auch aus einem zusätzlich gestärktem grünen
Stadtwerk können diese Busse dann 100% emissionsfrei fahren. Ziel muss eine BVG sein, die
bis 2030 vollkommen emissionsfrei unterwegs ist. Damit würden in Berlin mehr als 70% des
„Binnenverkehrs“ emissionsfrei abgewickelt.
Elektrobusse allein reichen aber natürlich nicht. Der ÖPNV muss mit einem attraktiven
Angebot auch Menschen zum Umstieg vom Auto hin zu Fahrrad, Bus und Bahn bewegen. Das
bedeutet auf lange Sicht dichteren Takt auch in den Außenbezirken und sinnvolle
Investitionen in die Netzinfrastruktur. Jahrelang hat Berlin versäumt in die
Schieneninfrastruktur zu investieren. Wir machen es jetzt besser. Die Grundlagen hierfür
legen wir aktuell mit dem Entwicklungskonzept für die Infrastruktur des Schienenverkehrs in
Berlin und Brandenburg i2030. Bessere Verbindungen bieten einerseits den Anreiz das Auto
stehen zu lassen und andererseits ermöglichen sie Teilhabe. Teilhabe für alle die, die sich
kein Auto leisten können oder wollen. Teilhabe für die, die auf öffentlichen Verkehr
angewiesen sind, weil sie nicht mehr so gut zu Fuß sind. Neben besseren Verbindungen und
neuen Linien bedeutet das auch, dass wir die Tarifstruktur überdenken. In einem ersten
Schritt zu mehr Teilhabe haben wir das Sozialticket auf 27,50 EUR deutlich vergünstigt und
auf Wohngeldberechtigte ausgeweitet. Das Jobticket soll und wird ebenfalls deutlich
attraktiver werden und eine echte Alternative zum Auto bieten. Für alle Schüler*innen
fordern wir langfristig ein kostenloses Schüler*innenticket - in ersten Schritten werden wir
das Schüler*innenticket deutlich im Preis senken und für Schüler*innen mit Berlinpass
kostenlos gestalten.
Immer wichtiger wird zudem die Möglichkeit zum Kombinieren verschiedener Verkehrsmittel.
Hier sind Konzepte gefragt, wie mit Hilfe der Informationstechnik ein vernetztes Angebot
geschaffen werden kann, das den klassischen ÖPNV mit Angeboten wie Bike- oder Car-Sharing
aber auch alternativen Angeboten wie Ride-Sharing kombiniert. Vilnius zeigt, wie einem mit
Hilfe einer App die Verkehrsmittel einer ganzen Stadt offenstehen. Berlin sollte dem nicht
nachstehen. Im Entwurf des Mobilitätsgesetzes ist daher auch vorgesehen, dass die
Verfügbarkeitsdaten der Verkehrsangebote für alle kostenlose und maschinenlesbar zur
Verfügung stehen sollen. Aber auch hier muss die Bundesregierung ihre Verweigerungshaltung
aufgeben, und mit dem Mobilpass ein bundesweites Verkehrsverbünde übergreifendes
Ticketsystem schaffen.
Neben dem Ausbau der Radinfrastruktur und dem ÖPNV ist der Wirtschaftsverkehr eine weitere
Baustelle bei der Luftreinhaltung. Der Wandel in unserem Einkaufsverhalten sorgt für immer
mehr Verkehr in der Stadt. Diesen Verkehr müssen wir stadtverträglich gestalten. Start Ups
zeigen beispielsweise, dass die Lieferung am gleichen Tag auch mit Lastenrädern realisiert
werden kann – die Ware kommt dann nicht aus einem Zentrallager, sondern vom Einzelhandel
oder aus Micro-Hubs vor Ort. Das ist nicht nur besser für die Luft, sondern auch für die
regionale Wirtschaft. Ein intelligenter Wirtschaftsverkehr leistet somit seinen Beitrag zur
Mobilitätswende - und sichert Arbeitsplätze.
Neben dem Lieferverkehr zählen auch zahlreiche Dienstleister zum Wirtschaftsverkehr.
Handwerker*innen, Pflegedienste, Stadtreinigung. Sie sind heute in der Regel mit Fahrzeugen
unterwegs, die zum einen die Luft verschmutzen, zum anderen Platz benötigen. Eine Förderung
von Lastenrädern für Handwerker*innen kann diesen die Möglichkeit bieten ihr Material und
Werkzeug künftig emissionsfrei und ohne Parkplatzsuche zu transportieren. Das Land Berlin
hat mit seinem Doppelhaushalt 2018/2019 die Förderung von Lastenrädern eingeleitet. Auch
hier schwächt die Bundesregierung: ein Förderprogramm ist zwar angekündigt, aber die
Umsetzung hakt.
Motorisierter Wirtschaftsverkehr muss in Zukunft lokal emissionsfrei mit Elektrofahrzeugen
abgewickelt werden. Dazu ist es existentiell, dass die notwendige Ladeinfrastruktur schnell
ausgebaut wird.
Dienstwagen sollten wo möglich durch Fahrräder ersetzt werden oder durch emissionsfreie
Modelle ersetzt werden. Und selbst für die Stadtreinigung gibt es manchmal überraschende
Lösungen – in Hamburg sind seit 2017 Elektrolastenräder bei der Stadtreinigung in der
Innenstadt im Einsatz. Unternehmen aus Berlin zeigen schon heute das emissionsfreier
Wirtschaftsverkehr möglich ist.
Mit dem Mobilitätsgesetz ist ein erster Schritt gemacht. Diesen Weg müssen wir aber auch in
Zukunft gemeinsam – auf Landes- und Bezirksebene – weiter gehen, damit Berlin eine
lebenswerte Stadt bleibt und noch stärker wird. Berlin braucht Mobilität – aber eine
nachhaltige und stadtverträgliche Mobilität. Deshalb werden wir weiter an einem
Mobilitätsgesetz für ganz Berlin arbeiten.
Begründung
Begründung erfolgt mündlich