Veranstaltung: | LDK am 28. Oktober 2020 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 8 Verschiedenes |
Antragsteller*in: | KV Lichtenberg (dort beschlossen am: 21.02.2020) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 21.02.2020, 23:43 |
V31: Aus dem Verfahren Rummelsburger Bucht lernen - Planungspraxis modernisieren und Bürger*innenbeteiligung verbessern
Antragstext
Das Bebauungsplanverfahren „Ostkreuz / An der Mole“ ist ein anschauliches Beispiel dafür,
dass Planungsziele, die Jahre und Jahrzehnte – hier 30 Jahre – bestehen und nicht auf ihre
Aktualität überprüft wurden, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr den heutigen
Bedürfnissen der Berliner*innen entsprechen.
Trotz massiver Proteste der Anwohner*innen und der Bezirksverordneten von Bündnis 90/Die
Grünen Lichtenberg ist am 29.04.2019 der Bebauungsplan XVII-4 beschlossen worden. Auch wenn
es eine Grünanlage und einen Uferrandweg geben wird und ein Grundstück von einer städtischen
Wohnungsbaugesellschaft bebaut werden wird, bedeutet dieser Bebauungsplan die Verdrängung
von Kultureinrichtungen, Obdachlosen und Wagenplätzen. Bestehende Wohngebäude werden
abgerissen anstatt sie zu sanieren. Ökologisch sind Abriss und anschließender Neubau
katastrophal. Viele Bewohner*innen dieser Häuser werden sich die Mieten in der Rummelsburger
Bucht danach zudem nicht mehr leisten können und somit verdrängt.
Auch wenn Raum für Gewerbe geschaffen werden soll, ist zur Zeit noch völlig unklar, ob die
dringend benötigte wohnortnahe Versorgung, Kleingewerbe und soziale Einrichtungen entstehen
werden. Stattdessen wird mit der Coral World Lebensraum zur touristischen Attraktion
umgewandelt, die täglich 1000-1500 Besucher*innen haben soll und für die es kein
Verkehrskonzept gibt und damit zur Belastung für Anwohnende werden wird. Coral World steht
im deutlichen Widerspruch zum Tourismuskonzept 2018+, dass eine nachhaltige und
stadtverträgliche Entwicklung des Tourismus ermöglichen soll.
Deshalb:
Wir erkennen an, dass, die vor Jahrzehnten formulierten Planungsziele den heutigen
Interessen der Berliner*innen zum Teil widersprechen. Die zivilgesellschaftlichen
Alternativplanungen zur Entwicklung der Rummelsburger Bucht versuchen dagegen einen
Interessenausgleich auf Basis des Allgemeinwohls zu erreichen und das Abgeordnetenhaus
dankt den Bürgerinnen und Bürgern für die eingebrachten Vorschläge. Sie müssen Basis
für mögliche Veränderungen der Planungen sein, da sie die aktuellen Bedürfnisse vieler
Menschen widerspiegeln. Die erfolgten Grundstücksverkäufe und die Planungsziele des
Bebauungsplans sind aus heutiger Sicht falsch. Der Beschluss der BVV-Lichtenberg zum
Bebauungsplan XVII-4 setzt jedoch nun den rechtlichen Rahmen, der nicht negiert werden
kann, ohne signifikante Planungsschäden zum Nachteil des Landes Berlin zu erzeugen.
Im Umgang mit diesen Widersprüchen ist es unabdingbar, die derzeitige Planungspraxis
zu überprüfen und deutlich zu verbessern. Eine Fristsetzung für Bebauungsplanverfahren
und Entwicklungsziele wäre eine Möglichkeit. Im Fall des B-Plans XVII-4 wurde dieser
Widerspruch nicht aufgelöst. Die bestehenden Zielkonflikte zwischen Wohnungs- und
Schulbau, Grünflächenerhalt oder kultureller Nutzung wurden mit dem Bebauungsplan
nicht zufriedenstellend gelöst.
Vor dem Hintergrund der sehr langen Zeitabläufe und nicht mehr aktuellen Planungsziele
ist es sinnvoll, die rechtlichen Möglichkeiten zur Übernahme der Flächen in
Landeseigentum zu überprüfen und wenn möglich umzusetzen. Sobald die Investor*innen
vertragliche Pflichten nicht einhalten oder ihre Planungsabsicht ändern, soll das Land
Berlin alle Möglichkeiten zum Rückkauf - wenn wirtschaftlich vertretbar - wahrnehmen.
Beim Verkauf von Grundstücken soll das Land Berlin die Möglichkeiten zum Vorkaufsrecht
wahrnehmen.
Der im Zusammenhang mit der Entwicklung des Wasserparkes „Coral World" stehende
Nutzungsvertrag mit der CWB Coral World Berlin GmbH über die diesbezügliche Grünfläche
muss nachverhandelt und mindestens die Verlängerungsoption gestrichen werden. Die
Grünflächen müssen ohne Einschränkung jederzeit allen Menschen zur Verfügung stehen.
Eine Privatisierung von öffentlichen Grünanlagen lehnen wir ab.
Die Leitlinien zur Bürger*innenbeteiligung sind ein erster Schritt zur stärkeren
Einbeziehung der Bürger*innen in Projekte und Prozesse der räumlichen
Stadtentwicklung. Die Einrichtung einer "Schiedsstelle für akute Problemfälle in
Stadtentwicklungsprozessen" und einer „Task Force für bedrohte Räume“ sollte das Land
Berlin zeitnah überprüfen und umsetzen.
Der Senat ist aufgerufen, in Abstimmung mit dem Bezirk Lichtenberg für die
Kulturstätte Rummelsbucht und den Wagenplatz Ersatzflächen zu finden.