Veranstaltung: | LDK am 28. Oktober 2020 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 8 Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Gudrun Pinn (LAG Umwelt) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 21.02.2020, 12:26 |
V-02: Kohleausstieg in Berlin: Wärme aus Müllverbrennung ist nicht klimaneutral!
Antragstext
Die Senatsverwaltung soll keine Bilanzierung akzeptieren oder nutzen, bei der die Wärme aus
Müllverbrennungsanlagen als nahezu oder vollständig CO2-frei behandelt wird.
CO2-Emissionen für Wärmegewinnung durch Müllverbrennung sollen zukünftig ohne Ausnahme mit
der Bilanzierungsart des Umweltbundesamtes, des Länderarbeitskreises Energiebilanzen, der
Statistikämter und der Nationalen Berichterstattung Anwendung finden, bei der 50 Prozent des
verbrannten Abfalls als biogen und damit CO2-frei und 50 Prozent als fossil eingestuft
werden.
Die Senatsverwaltung soll nur den regenerativen Anteil der Müllverbrennung als klimaneutral
bewerten und für das Erreichen einer klimaneutralen Fernwärme heranziehen.
Begründung
Bisher wird ein Teil der Berliner Fernwärmeversorgung durch Kohleverbrennung erzeugt. Mögliche klimafreundlichere Alternativen für diesen Anteil wurden in der Machbarkeitsstudie „Kohleausstieg und nachhaltige Fernwärmeversorgung Berlin 2030“ identifiziert und analysiert. Das Aachener Büro BET nutzte dabei zur Bilanzierung der CO2-Emissionen für die Fernwärme das Regelwerk der AGFW (Branchenverband für Wärme und Heizkraftwirtschaft in Deutschland).
In diesem Regelwerk wird die Wärme aus Abfall als komplett klimaneutral zugrunde gelegt mit der Begründung, dass Wärme ein Zusatznutzen der Abfallverbrennung ist, die sowieso stattfindet. Diese AGFW-Systematik ist auf den ersten Blick einleuchtend und wird auch nach Meinung der Senatsverwaltung „als derzeit anerkannte Berechnungsmethode“ akzeptiert.
Bei der Verbrennung von Abfall entstehen aber erhebliche CO2-Emissionen, die mindestens zur Hälfte klimarelevant sind, da sie aus fossilen Abfällen stammen. In der offiziell üblichen Bilanzierungsmethode der Länder und des Bundes wird Abfall je zur Hälfte als biogener Anteil (Essensreste, Holz, usw.) und kohlenstofffossiler Anteil (Plastik usw.) gewertet. Deshalb wird die Energie aus Müllverbrennungsanlagen in den offiziellen Berechnungen des Umweltbundesamtes und der Länder nur zu 50 Prozent als emissionsfrei und klimaneutral gewertet.
Bei dieser Bilanzierung wird nicht der Zweck (die Entsorgung), sondern wie bei CO2-Bilanzen üblich die Quelle oder der Verursacher der Emission (Müllverbrennungsanlage) betrachtet.
Auf der Basis dieser offiziell üblichen Bilanz kann die Fernwärme mit Anteilen aus Abfallwärme nur zum Teil als klimaneutral bewertet werden. München z. B. hat dieses Problem genau erkannt und wertet nur den regenerativen Anteil des Mülls als klimaneutrale Wärme im Fernwärmenetz.
Berlin hat diesen Schritt bislang noch nicht unternommen. Als Grüne Partei fordern wir eine ehrliche Bewertung der Abfallwärme und eine CO2-Berechnung nach den offiziell geltenden Bilanzregeln. Für das Erreichen einer klimaneutralen Fernwärme sollen nur die regenerativen Anteile der Abfallwärme herangezogen werden.
Die AGFW-Systematik setzt daher den falschen Anreiz, mehr Müll für eine klimaneutrale Wärmegewinnung zu verbrennen. Damit steht sie im Gegensatz zur Zero-Waste-Strategie. Außerdem wird die Müllverbrennung durch die AGFW-Systematik gegenüber anderen fälschlicherweise als vorteilhaft bewertet. Notwendige Maßnahmen, z.B. zur Senkung des Wärmebedarfs könnten somit ausbleiben. Auch können weiterhin verdeckt erhebliche fossile Anteile in die Wärmegewinnung einfließen. Vor diesem Hintergrund ist eine Entwicklung zu mehr Abfallverbrennung kontraproduktiv und soll auf jeden Fall verhindert werden.
Unterstützer*innen
- Rosalie Valeska Arendt (KV Berlin-Neukölln)
- Joachim Schmitt (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Susanne Zissel (KV Berlin-Spandau)
- Christoph Sonnenberg-Westeson (KV Berlin-Spandau)
- Friedemann Dau (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)