Veranstaltung: | LDK am 28. Oktober 2020 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 8 Verschiedenes |
Antragsteller*in: | LAG Mobilität (dort beschlossen am: 18.02.2020) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 21.02.2020, 18:09 |
V-07: Verkehrswende in allen Bezirken. Jetzt!
Antragstext
Berlin soll mobiler, sicherer und klimafreundlicher werden. Wir haben ein Mobilitätsgesetz,
dessen Durchsetzung deutlich hinter den Erwartungen der Wähler zurück bleibt.
Um die Verkehrswende in der verbleibenden Zeit der Legislatur deutlich sichtbarer zu machen,
bitten die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz sowie die betreffenden
Bezirke ggfs. mit der landeseigenen InfraVelo folgende kurzfristige Maßnahmen zu prüfen:
- unverzüglich die Anordnung von Fahrradstraßen, Verkehrsberuhigungen, Freigabe von
gegenläufigen Einbahnstraßen für den Radverkehr und Schutz vor Eckenparkern durch
Fahrradbügel auf der Fahrbahn.
- Die konsequente Umsetzung von Eckenparkern („abschleppen“). Dazu sollen
Mitarbeiter*innen in der Parkraumbewirtschaftung befugt werden. Beim allgemeinen
Ordnungsdienst braucht es zudem zusätzliches Personal.
- bis die bundesweite Absenkung der Regelgeschwindigkeit in Städten auf Tempo 30
durchgesetzt ist, soll in Berlin konsequent und großzügig Tempo 30 im Schul- und
Kitaumfeld erfolgen (auch wenn der Eingang nicht unmittelbar an der Hauptstraße ist)
- Maßnahmen gegen den individualen motorisierten Durchgangsverkehr in Wohngebieten, z.
B. durch den Einsatz von Diagonalsperren.
- Pro Bezirk die Anordnung von 2 Schulstraßen (temporäre Straßensperrung für Kfz zum
morgendlichen Schulbeginn) als Modellversuch noch in dieser Wahlperiode und die
wissenschaftliche Begleitung seitens der Senatsverwaltung.
- Sofortmaßnahmen zum Schutz der nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmer*innen, ggf. auch
provisorische, an besonders gefährlichen Kreuzungen
- Getrennte Grünphasen in Ampelschaltungen für Rechtsabbieger als Regelfall, an allen
neuen oder umzubauenden Kreuzungen und Einmündungen, um Zufußgehende und Radfahrende
vor Abbiegeunfällen zu schützten. Die Todeskreuzungen (Fuß, Rad) müssen konsequent
entschärft werden (MobG § 21 (2).
Um die genannten Verkehrstechnischen Maßnahmen zügig umsetzen zu können braucht Berlin eine
leistungsstarke Verwaltung. Politik und Behörden werden aufgefordert die Ärmel
hochzukrempeln, um Vorschläge und Anordnungen pragmatisch umsetzen. In diesem Sinn fordern
wir hier:
- entsprechend zur Unterstützung bei der Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbots, eine
befristete Entsendung von Radplaner*innen vom Senat in die Bezirke, zum Aufbau von
Wissen und zur allgemeinen Anschubförderung
- eine Flexibilisierung von Verdienstmöglichkeiten und Workflows für Radplaner*innen in
den Bezirken, um in Konkurrenz zum freien Arbeitsmarkt besser bestehen zu können
- mehr Kreativität, Flexibilität und Attraktivität bei der Ausschreibung offener
Planstellen
- eine systematische Ausbildungsoffensive (z.B. Duales System) für Radverkehrsingenieure
und technische Verwaltungsmitarbeitende auf Landesebene
- mehr Transparenz und Effizienz bei der Planung von Radverkehrsanlagen, deshalb:
- Erweiterung der „Klärungsrunden“ (Runde Tische Senat/Bezirke) zwischen den beteiligten
Verwaltungsebenen und Abteilungen für alle Projekte der Verkehrswende, die im
Verwaltungsverfahren seit mehr als sechs Monaten nicht vorankommen oder wenn diese von
einer Seite gewünscht werden.
- Bündelung der Landesfördertöpfe zum Aufbau der Radverkehrsinfrastruktur bei SenUVK
- höheres Priorisieren des bezirklichen Radwegebaus, und hierzu vorübergehendes
Aussetzen des Vetorechts innerhalb der 5 Jahresklausel für TÖBs, BVG, etc.
Von unseren zuständigen Bezirksstadträt*innen eine entsprechende Initiative und deutlich
mehr Mut, Dinge auf die Straße zu bringen. Stützt Euch dabei auf die vorhandene
Gesetzgebung, den Paragrafen 45 der StVO. Ihr seid auch nicht alleine, denn wir grüne
Parteimitglieder und grüne BVV Fraktionen stehen hinter Euch und vertreten berlinweit die
Verkehrswende.
Wir fordern unseren Landesvorstand auf, in Zusammenarbeit mit unserer Senatorin und
Bürgermeisterin Ramona Pop, unserer Senatorin Regine Günther, mit unseren Koalitionspartnern
SPD und Linke sowie dem Rat der Bürgermeister*innen über den Umgang mit offenen Stellen in
den Straßen- und Grünflächenämtern der Bezirke zu sprechen. Hier muss Druck aufgebaut
werden, Einstellungen nicht zu behindern und vor allem den Einstellungsprozess zu verkürzen,
damit uns „willige“ Bewerber*innen nicht weglaufen, weil es zu lange dauert und die
Verwaltung endlich wieder angemessen handlungsfähig wird.
Begründung
Wir Grüne sind 2016 in den Wahlkampf gezogen mit den Themen Verkehrswende, Ausbau Radverkehr und Flächengerechtigkeit für alle Verkehrsteilnehmenden. Getragen hat diese Themen auch die Energie rund um den Volksentscheid Fahrrad, an den auch wir aktiv unterstützt haben.
2016 haben uns 248 324 Wählerinnen und Wähler bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus ihre Stimme gegeben, und ihre Erwartungen, dass wir die Verkehrswende voranbringen, sind hoch. In den Bezirken zeigt sich ein ähnliches Bild. Überall sind Netzwerke für fahrradfreundliche Bezirke entstanden, es wird aktiv in vorhandenen bezirklichen Fahrräten mitgearbeitet, teilweise wird der Verwaltung auch konkrete Vorschläge bei der Erstellung von Konzepten und Verkehrszeichenplänen unterbreitet. Für unsere Vorstellungen, wie Berlin verkehrstechnisch aussehen soll, erfahren wir von der Stadtgesellschaft große Zustimmung und Unterstützung!
Nach drei Jahren grüner Regierungsbeteiligung auf Landesebene sowie einer Vielzahl grüner Verkehrsstadträtinnen und Verkehrsstadträte in den Bezirken kommt die Verkehrswende allerdings trotz aller Anstrengungen noch nicht in dem Masse voran wie wir uns das gewünscht haben.
Wir sind uns dabei der zahlreichen Hürden, die die Grünen Verantwortlichen bei der Verkehrswende nehmen müssen, bewusst: natürlich dauert es, die Senatsverwaltung Umwelt, Verkehr und Klimaschutz umzustrukturieren und primär auf den Umweltverbund auszurichten, die langjährigen Verwaltungsmitarbeiter*innen auf Landes- wie Bezirksebene mitzunehmen und neue Kolleg*innen für unsere kaputtgesparte Verwaltung auf dem Arbeitsmarkt zu finden.
Für das Deutschlandweit einmalige Mobilitätsgesetz mussten zunächst gesetzliche Grundlage für Veränderungen zugunsten des Umweltverbundes geschaffen und hierfür Ausführungsvorschriften und Leitfäden erstellt werden. Vieles, was über viele Jahre schiefgelaufen ist bzw. nicht gemacht wurde, können wir nicht innerhalb kurzer Zeit ungeschehen machen. Das wissen wir!
Der Countdown bis zur nächsten Wahl läuft aber dennoch. Die Fortschritte in den einzelnen Bezirken sind eklatant – von extrem viel bis (fast) gar nichts findet man auf der Straße vor, die personelle Ausstattung ist ebenfalls sehr unterschiedlich. Wir brauchen dringend überall in unserer Stadt deutlich wahrnehmbare Ergebnisse. Diese Vision eint uns über die Bezirksgrenzen hinweg, und wir wollen daher gemeinsam unseren grünen Stadträt*innen und Bezirksverordneten den Rücken stärken, damit diese die Verkehrspolitik mutig und progressiv vorantreiben. Ihr seid nicht alleine da!
Die Resultate, die wir gemeinsam auf die Straße bringen, sollen Lust machen aufs Rad umzusteigen, sollen zeigen, dass die Straßen nicht nur für die Autos da sind, sondern für alle. Wir müssen erlebbar machen, dass Verkehrswende nicht weh, sondern guttut - ja, dass sie sogar Spaß macht und die Lebensqualität in unseren Kiezen erhöht.
Es steht viel auf dem Spiel! Die Wählerinnen und Wähler haben es im Superwahljahr 2021 in der Hand, sie entscheiden, ob wir den nun eingeschlagenen Weg in Richtung einer echten Verkehrswende weitergehen können oder ob es sogar zu einem roll-back kommen kann.