Veranstaltung: | LDK 2017 |
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Tagesordnungspunkt: | T-9 Weitere Anträge |
Antragsteller*in: | LAG Migration und Flucht |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 10.11.2017, 14:39 |
V-02: Politik statt Populismus: soziale Probleme nachhaltig lösen
Antragstext
Politik statt Populismus: soziale Probleme nachhaltig lösen
Auf den Straßen der Hauptstadt können die wachsenden sozialen Probleme Berlins
gut beobachtet werden: Ca. 7.000-10.000 obdachlose Menschen leben hier derzeit
auf der Straße. Tendenz: steigend. Zunehmend werden auch Obdach- und
Wohnungslose aus anderen EU-Ländern angetroffen, was mit der uneingeschränkten
Freizügigkeit der Menschen aus allen EU-Staaten, die u.a. zum Arbeiten/zur
Arbeitssuche in die deutsche Hauptstadt kommen, einhergeht.
Obwohl die Not auf Berlins Straßen jedes Jahr kontinuierlich gestiegen ist,
wurde diese Entwicklung jahrzehntelang vom Senat ignoriert. Jetzt fehlt es an
allen Ecken und Kanten an Unterbringungsmöglichkeiten, an aufsuchender
Sozialarbeit, an Gesundheitsangeboten und Beratungseinrichtungen. Die Stadt
steht der wachsenden Herausforderung bisher konzeptlos gegenüber. In so einem
Klima ist es leicht, medienwirksam gegen die Marginalisierten vorzugehen und die
Forderung nach Abschiebung als irgendeine geartete Form der (Schein-)Lösung zu
präsentieren.
Wir kehren vor unserer eigenen Tür
Das soziale Problem von Obdachlosigkeit ist kein Neues und es ist keines, das an
Staatsbürgerschaften festgemacht werden kann. Es spricht gegen die
Menschenwürde, Menschen aufgrund ihres Passes zu hierarchisieren und somit die
politische Konzeptlosigkeit allein auf die Schultern der Marginalisierten
abzuwälzen. Die zunehmende Obdachlosigkeit ist keine Folge von Migration,
sondern ein gesamtgesellschaftlicher Missstand. Zudem gibt es keine belastbaren
Zahlen zum Anteil der Unionsbürger*innen unter den obdachlosen Menschen. Die
Fokussierung auf diese Gruppe beruht also auf reiner Spekulation und wird von
den Akteur*innen der Obdachlosenhilfe weder bestätigt noch akzeptiert. Die
Fokussierung auf ost-europäische EU-Bürger*innen lässt fälschlicherweise den
Schein erwecken, Obdachlosigkeit sei nach Berlin migriert.
Wohlfahrtsverbänden, Caritas, Streetworker, etc. rufen schon seit Jahren um
Hilfe und fordern mehr Mittel für die Wohnungs- und Obdachlosenhilfe. Mehr
Fachpersonal, mehr Unterkünfte und medizinische Betreuung sind gefordert. Denn:
Manche der auf der Straße lebenden Menschen haben unbehandelte psychische
Probleme und Suchterkrankungen.
Zwar stehen anders als deutschen Obdachlosen, Unionsbürger*innen nach
Bundesgesetzen keine Hilfen zu. Ein Verbot ihnen zu helfen existiert allerdings
nicht. Zudem ist Berlin wie alle Kommunen dazu verpflichtet, jedem, der ohne
Obdach ist und nicht auf der Straße leben will, eine feste Unterkunft
anzubieten.
Räumungen hingegen verschieben lediglich das Problem von einem Platz zum
nächsten Platz, von einem Bezirk zum nächsten Bezirk, anstatt das Problem in
seinem Fundament anzupacken.
Wir stehen für ehrliche Debatten und Lösungen, statt Ablenkungsmanöver
Wir wollen eine differenzierte Debatte und nachhaltige Konzepte für obdachlose
Menschen. Rassistische, populistische Äußerungen sind unvereinbar mit grünen
Grundsätzen, Forderungen nach Abschiebung sind auch schlichtweg nicht legal:
eine Abschiebung von Unionsbürger*innen ist verfassungswidrig, die Menschen
haben hier ein Bleiberecht. Die Forderung nach Abschiebung kommt damit nicht
über Populismus hinaus und ist kein Beitrag zur Lösung, schadet uns Grünen in
der öffentlichen Wahrnehmung jedoch gewaltig.
Es erfordert daher einer klaren Haltung des Landesverbands Berlin:
- Wir Grüne stehen zur Freizügigkeit innerhalb der EU. Wir sprechen uns
deutlich gegen eine Obergrenze für eine Zuwanderung aus Süd- und Osteuropa
aus.
- Wir Grüne lehnen eine Hierarchisierung von Menschen aufgrund von Pässen
ab.
- Wir Grüne wollen ein nachhaltiges Konzept, das obdachlosen Menschen eine
angemessene Beratungs- und Versorgungsstruktur bietet und dabei die
Vielfalt der Lebensumstände berücksichtigt.
- Wir Grüne positionieren uns klar gegen Räumungen von Obdachlosencamps.