Veranstaltung: | Wahlprogramm-LDK 2021 |
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Tagesordnungspunkt: | K-2 Kapitel 2 |
Status: | Beschluss (vorläufig) |
Abstimmungsergebnis: | Ja: 125, Nein: 6, Enthaltungen: 0, Ungültig: 0 |
Beschluss durch: | LDK |
Beschlossen am: | 20.03.2021 |
Eingereicht: | 24.03.2021, 16:02 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Kapitel 2: Berlin neu denken – eine Metropole für Mensch und Natur
Beschlusstext
2. Berlin neu denken – eine Metropole für Mensch und
Natur
In den vergangenen Jahren folgte ein Hitzesommer auf den nächsten. Berlins Bäume und
Pflanzen leiden massiv unter der Trockenheit und den hohen Temperaturen. Das Nahrungsangebot
für Insekten, Vögel und Säugetiere verringert sich. Menschen leiden unter gesundheitlichen
Problemen – besonders Ältere, kleine Kinder und sozial Benachteiligte. Diese extremen
Wetterlagen werden noch stärker zunehmen. Es ist deshalb zentral, Berlin auf die Folgen der
Klimakrise vorzubereiten und den Beweis anzutreten, dass und wie auch eine Metropole
klimaneutral werden kann.Unsere Vision ist ein Berlin voller grüner Oasen und kühlen
Entlastungsräumen, von begrünten Haltestellen und schattenspendenden Alleen mit Pocketparks,
Kanälen, grünen Dächern und begrünten Fassaden. Wir wollen den Umbau Berlins vorantreiben:
zu einer Metropole, in der ökologische Verantwortung und Umweltgerechtigkeit sowie moderne
Infrastruktur und eine gute Grundversorgung für alle keine Gegensätze sind, sondern
Grundpfeiler einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Noch ist Berlin eine der grünsten
Metropolen Europas. Parks, Wälder und Seen bringen Lebensqualität und schaffen ein
angenehmes Stadtklima. Sie kühlen in heißen Sommern unsere Stadt, sind Lebensraum für viele
Tiere und binden CO2. Doch auch diese wichtige Stadtnatur ist durch die Erderhitzung
gefährdet. Die Klimakrise ist eine reale Gefahr für unsere Existenzgrundlage auf diesem
Planeten. Gerade Menschen aus dem globalen Süden, die am wenigsten zur Klimakrise
beigetragen haben, spüren die Folgen am stärksten. Auch deshalb trägt Berlin als Hauptstadt
eines Industrielandes eine besondere Verantwortung voranzugehen und klimaneutral zu werden.
Das Zeitfenster, die Klimakrise ganz abzuwenden, haben wir bereits verpasst. Aber noch
können wir die schlimmsten Folgen abmildern und ein neues, klimaneutrales Berlin bauen, dass
auch Vorbild für andere Metropolen sein kann. Um Berlin auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen,
müssen wir jetzt handeln!
Klimaneutrales Berlin
Berlin muss und wird seinen Beitrag leisten, die Ziele des Pariser Klimaabkommens
einzuhalten. Dafür ist es notwendig, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Deshalb wollen wir
Berlin so schnell wie möglich klimaneutral machen. Wir Grüne haben in den letzten Jahren in
der rot-rot-grünen Koalition – auch gegen Widerstände – eine ambitionierte Klimapolitik
eingefordert und vorangebracht. Der Aufholbedarf war groß, nachdem die Klimapolitik in
Berlin zuvor ein politisches Nischendasein gefristet hatte. Wir haben zwei von vier
Kohlekraftwerken abgeschaltet und dafür gesorgt, dass Berlin als erstes Bundesland die
Klimanotlage ausgerufen hat.Wir werden überall dort, wo das Land die Befugnis hat, weitere
Maßnahmen anstoßen, die uns in diesen Bereichen zu Klimaneutralität bis spätestens 2035
führen können. Damit Berlin insgesamt schnellstmöglich klimaneutral werden kann, sind auch
grundlegende Änderungen auf Europa- und Bundesebene erforderlich. Wir wollen die
gesetzlichen Grundlagen schaffen, um auch auf den Dächern der Stadt , und allen sonst
geeigneten Flächen der Stadt,zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien umzusteigen. Zukünftig
werden wir eine Solaranlage auf Berliner Dächern zum Standard machen.
Die Berliner Stadtwerke werden für fast alle Bezirke Solarpakete schnüren, haben die Kälte-
und Wärmeversorgung der Urban Tech Republic übernommen und mit dem größten in Berlin-
Brandenburg genehmigten Windpark Albertshof erneuerbare Energien für 30.000 Haushalte ans
Netz genommen. Der vollständige Rückkauf des Berliner Stromnetzes beendet nicht nur einen
jahrelangen Rechtsstreit, sondern ermöglicht endlich gezielte Investitionen in die
Infrastruktur der Energiewende der Stadt und die genossenschaftliche Beteiligung der
Bürger*innen zur aktiven Mitgesteltung über die BürgerEnergie Berlin. Mit Beginn der
Coronapandemie wurden Stromsperren ausgesetzt. Wir setzen uns auf Bundesebene dafür ein,
dass diese Vorschrift künfitg zwischen Mitte Herbst und Ende des Winters fortgeführt wird.
Um den hohen CO2-Ausstoß im Gebäudebestand deutlich zu reduzieren, haben wir ein neues
Sanierungsförderprogramm entwickelt und die gesetzliche Grundlage für eine klimaschonende
Wärmeversorgung geschaffen.
Neubauten sollen von Anfang an so geplant werden, dass sie ohne fossile Energieträger
auskommen. Wir setzen den ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien sozial gerecht
fort, damit wir bis spätestens 2030 alle Kohlekraftwerke in Berlin vom Netz nehmen können
und Berlin somit auf den 1,5-Grad-Pfad bringen.
Verkehrswende: der Mensch im Mittelpunkt
Mit dem Rad, zu Fuß oder mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) an jeden Ort der
Stadt zu gelangen macht Berlin zu einer lebenswerten Metropole. Deshalb ist unser Ziel, dass
alle Menschen in Berlin rasch, sicher, bequem und klimaneutral unterwegs sein können.Unser
Ziel ist klar: Wir wollen Berlin so gestalten und Angebote schaffen, dass niemand mehr ein
privates Pkw benötigt, um in Berlin mobil sein zu können. Um Berlin auf den 1,5 Grad-Pfad zu
bringen, ist eine Verkehrswende dringend nötig, denn noch immer ist der Verkehr einer der
wenigen Sektoren, in dem die Verschmutzung steigt statt sinkt. Wir werden und wollen dies
ändern und setzen in der Verkehrswende auf die Maximen: Verringern, Verlagern und Vermeiden.
So bringen wir Berlin auf den 1,5-Grad-Pfad, leisten einen entscheidenden Beitrag die
Klimakrise noch abzuwenden und machen gleichzeitig Berlin lebenswerter und sicherer, da wir
Barrierefreiheit und Teilhabe zu Bestandteilen der Verkehrswende machen. Außerdem wollen wir
die besitzunabhängigen Mobilität fördern, so wird aus der ökologischen auch eine soziale
Verkehrswende. Je mehr Menschen kein eigenes Auto mehr brauchen, desto mehr Platz bleibt für
diejenigen, die nicht auf ihr Auto verzichten können.
Anstatt Verkehrswege nur für Autos zu planen, stellen wir den Menschen in den Mittelpunkt
der städtischen Mobilitätsplanung. So werden wir uns an den Bedürfnissen der Menschen, wie
gutes Klima, gute Luft, Spiel- und Sportflächen, Wege zum Einkaufen sowie Wege mit Älteren
und Kindern orientieren. Dies schützt nicht nur das Klima, sondern nimmt auch alle
Berliner*innen in den Blick, die sich kein eigenes Auto leisten können oder wollen, denn sie
sind besonders auf einen attraktiven ÖPNV sowie auf gute Rad- und Fußwege angewiesen. Dafür
haben wir Grüne ein bundesweit einmaliges Mobilitätsgesetz verabschiedet, um den Verkehr,
zweitgrößten Verursacher von CO2 in der Stadt, emissionsärmer, leiser und sicherer zu
machen. Wir haben damit gesetzlich sichergestellt, dass bei der Verkehrsplanung der
Umweltverbund, also Fußgänger*innen, Fahrräder und öffentliche Verkehrsmittel, vor dem
Autoverkehr zu berücksichtigen sind. Immer mehr Berliner*innen steigen auf den ÖPNV und das
Fahrrad um – ob klassisch, als Lastenrad oder Pedelec. Das liegt nicht nur an der wachsenden
Anzahl von Radwegen in der Stadt, sondern auch daran, dass die neuen Radwege wesentlich
breiter und sicherer sind. Schließlich haben wir damit begonnen, die begrenzten Flächen in
der Stadt gerechter zu verteilen, indem wir Straßenräume, die vormals ausschließlich Autos
vorbehalten waren, für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen geöffnet haben. An der
Friedrichstraße haben wir es vorgemacht, viele andere Straßen werden bald schon folgen –
temporär oder am besten dauerhaft.
Nicht nur für den Klimaschutz ist die Verkehrswende wichtig. Wir schützen damit auch die
Gesundheit der Menschen an besonders vom Verkehr belasteten Straßen. Sie erkranken nicht nur
öfter an Lungen-, sondern auch an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dazu trägt auch die hohe
Lärmbelastung bei. Deshalb ist es gut, dass wir an vielen Straßen Tempo 30 eingeführt haben
und damit nicht nur die Abgas-, sondern auch die Lärmbelastung reduzieren. Und auch Fluglärm
wollen wir nachhaltig mindern. Wir wollen dafür sorgen, dass die Menschen wenigstens in der
Nacht in Ruhe schlafen können. Deshalb muss am BER ein striktes Nachtflugverbot zwischen 22
und 6 Uhr gelten.
Nur wenn sich Fußgänger*innen und Radfahrer*innen sicher bewegen können und Busse und Bahnen
günstig, zuverlässig und eng getaktet fahren, entscheiden sich Menschen für klimafreundliche
Mobilität. Deshalb haben wir milliardenschwer in den Ausbau von Bahnen und Bussen
investiert: mehr Strecken, mehr Waggons, kürzere Taktung und mehr Elektroantrieb.
Mittlerweile bringen die ersten E-Busse die Berliner*innen sauber und leise durch die Stadt,
der Ausbau von weiteren Tramlinien und die Einrichtung zusätzlicher Busspuren sind bereits
in vollem Gange. Unser Ziel ist ein Netz ohne Lücken. Dafür wird auch die Erweiterung
bestehender S- und U-Bahn-Strecken geprüft und vorangetrieben. Entscheidendes Kriterium ist
der positive Klimaeffekt und eine ehrliche Kosten-Nutzen-Analyse. Darüber hinaus ist es auch
entscheidend, dass alle sich das Ticket für Bus und Bahn leisten können. Deshalb haben wir
die Preise für das Sozial-, Azubi- und Firmenticket stark gesenkt und Schüler*innen können
seit 2019 in Berlin sogar kostenlos durch die Stadt fahren.
Die von uns angestoßene Verkehrswende schafft mehr Teilhabegerechtigkeit, indem mehr
Bewegungsfreiheit in der Stadt ermöglicht wird. Wenn wir Alternativen zum Auto ausbauen,
profitieren auch die, die auf das Auto angewiesen sind. Dennoch hat das Auto mit
Verbrennungsmotor in der Stadt keine Zukunft, zu hoch sind die Schadstoffbelastung, der
Flächenverbrauch und die Lärmemission. Deshalb wollen wir bis spätestens 2030 die Innenstadt
zu einer Null-Emissions-Zone umgestalten, in die weitestgehend keine Fahrzeuge mit klima-
und gesundheitsschädlichem Verbrennungsmotor mehr fahren dürfen und die wir sukzessive auf
weitere Teile Berlins ausdehnen wollen. Den Umstieg auf klimaneutrale Mobilität und
klimaneutrale Antriebe wollen wir, soweit Mehrkosten entstehen, für diejenigen sozial
abfedern, die auf ein Auto in der Stadt angewiesen sind. Wir wissen, dass die Verkehrswende
nur gelingen kann, wenn die Innenstadt und die Außenbezirke gleichermaßen vom Ausbau
profitierten. Weniger dicht besiedelte Gebiete sollen ein ebenso attraktives
Mobilitätsangebot wie in gut angeschlossenen Gebieten erhalten, denn die Erreichbarkeit darf
nicht vom Wohnort im Innen- oder Außenbezirk abhängen.
Berlins Stadtgrün sichern
Berlin muss nicht nur CO2-Emissionen einsparen, es muss auch sein Stadtgrün auf die bereits
akuten Folgen des Klimawandels vorbereiten und klare Klimaanpassungsziele und Strategien
dafür entwickeln.
Ansonsten werden unsere Lebensgrundlagen, unsere Gesundheit und auch unser Stadtgrün und die
Stadtnatur massiv in Mitleidenschaft gezogen. Deshalb ist der Umbau Berlins zu einer
resilienten – widerstandsfähigen – Stadt nicht nur eine Frage moderner Häuser, Transportwege
und moderner Wirtschaft, sondern auch eine Frage der Gesundheit. Bereits jetzt ist absehbar,
dass wir in Zukunft mit noch weniger Regen und längeren Hitzeperioden zu kämpfen haben
werden. Deshalb müssen viele Flächen entsiegelt und gerecht verteilt werden, damit der
wenige Regen vor allem dort nutzbar gemacht werden kann, wo er fehlt. Die Gründung der
Regenwasseragentur war dafür ein erster wichtiger Schritt. Mit dem Programm „1.000 Grüne
Dächer“ oder dem Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm werden auch auf der
zivilgesellschaftlichen Ebene der Ausbau des Stadtgrüns und der Klimaschutz gefördert. Wir
wollen Konzepte miterarbeiten, um das große Potential der Stadtbäume und deren Baumscheiben
zusammen mit Baumpat*innen und Anwohnenden gemeinsam zu pflegen, zu schützen und das
öffentliche Lebensumfeld bürger*innennah zu gestalten.Das Grüne-Dächer-Programm wollen wir
ausweiten und mit der Förderung der biologischen Vielfalt sowie einer gleichzeitigen
Aufstellung von Solaranlagen verbinden.
Mit der „Charta Stadtgrün“ haben wir einen Plan vorgelegt, wie zukünftig die
Grünflächenentwicklung in der Stadt aussehen soll. Jahrzehntelang wurde die Grünpflege in
Berlin finanziell und personell ausgeblutet. Damit haben wir Schluss gemacht und die Mittel
für die Baum- und Parkpflege massiv erhöht. Durch die Stadtbaumkampagne konnten 10.000
zusätzliche Straßenbäume in Berlin gepflanzt werden. Außerdem haben wir in die Strukturen
investiert und die Bezirke mit mehr Geld für ihr Grünflächenamt und für ihre Bäume
ausgestattet. Diesen Weg werden wir weitergehen um so die Anzahl der Bäume zu steigern und
insgesamt mehr grüne und blaue Infrastruktur aufzubauen. Mit dem Kleingartenentwicklungsplan
2030 haben wir fast alle Kleingärten für die kommenden Jahre geschützt und wir werden uns
auch darüber hinaus für ihren Erhalt einsetzen.
2.1 Klimaneutrales Berlin. Wir machen den Weg frei
Wir meinen es ernst mit dem Klimaschutz. Die Ausrufung der Klimanotlage, das Abschalten von
zwei Berliner Kohlekraftwerken und der Einstieg in eine konsequente Verkehrswende waren
erste wichtige Schritte. Doch es bleibt keine Zeit, sich auf diesen Erfolgen auszuruhen. Wir
streiten weiterhin dafür, Berlin auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen und die Pariser Klimaziele
zu erreichen. Klimaschutz muss deshalb Verfassungsrang in unserer Stadt bekommen. In der
kommenden Wahlperiode werden wir uns in Verhandlungen dafür einsetzen, mindestens ein
weiteres Kohlekraftwerk abzuschalten und dadurch jährlich fast eine halbe Million Tonnen CO2
einzusparen, bis 2030 sollen alle Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Die energetische
Gebäudesanierung wollen wir deutlich ausbauen sowie sozial gerecht gestalten. Gleichzeitig
wollen wir die Anforderungen des Artenschutzes beachten - denn Klimaschutz und
Klimafolgenbewältigung sollen Hand in Hand gehen. Die Berliner Stadtwerke werden
weiterwachsen und der zentrale Dienstleister für Energie- und Quartiersprojekte des Landes
und der Bezirke werden. Wir werden prüfen, in wie weit eine Energiewende-Agentur in
öffentlicher Trägerschaft ein Partner für die Verwaltung sowie für Unternehmen sein kann und
bei der Umsetzung von Aktivitäten zur Energiewende unterstützen kann. Dabei nutzen wir auch
die große Klima- und Energiewendekompetenz, die in Berlin vorhanden ist. Und wir setzen uns
dafür ein, dass Klimagerechtigkeit in ganz Berlin gilt und alle Bezirke sowie Menschen von
den Maßnahmen profitieren.
Solar auf allen Dächern – die Energiewende in Berlin umsetzen
Damit Berlin seine CO2-Emissionen radikal reduzieren kann, brauchen wir die Energiewende hin
zu 100 Prozent erneuerbarer Energie. Das größte Potential liegt dabei im Ausbau der
Solarenergie auf Dächern und an Fassaden Berlins. Die Stadt kann dadurch ihren Anteil von
derzeit 1 Prozent Solarstrom auf 25 Prozent der gesamten hier verbrauchten Energie bis 2035
erhöhen. Wir wollen gesetzlich festschreiben, dass der Einbau von Solaranlagen zur Strom-
und Wärmegewinnung bei Neubauten und bei wesentlichen Dachumbauten verpflichtend wird. Die
Stadtwerke Berlin werden für alle geeigneten bezirklichen Bestandsgebäude Solarpakete sowie
Photovoltaik-Lösungen für neue Quartiere und Neubauprojekte anbieten und umsetzen. Wir
werden die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen zur Verfügung stellen, um bis
2025 alle öffentlichen Gebäude, auf denen das nach aktuellem technischen Stand möglich und
sinnvoll ist, vollständig mit Solaranlagen auszustatten. Die für Photovoltaik geeigneten
Dachflächen werden dabei konsequent ausgenutzt. Mit der Gründung des „SolarZentrums Berlin“
haben wir bereits die Beratung und den Austausch zur Solarwende massiv gefördert. Die
digitale Plattform Solardachbörse wollen wir weiter stärken, so dass nicht genutzte Dächer
für den Aufbau von Solaranlagen zur Verfügung gestellt werden können. Das erfolgreiche
Energiespeicherprogramm wollen wir fortführen und weiter ausbauen. Darüber hinaus wollen wir
die integrierte Planung von Strom- und Wärme-Netzen weiter ausbauen und so mit den
dazugehörigen geeigneten Speichern eine effiziente Integration der lokal gewonnen Energie
vorantreiben.
Auch Privathaushalte und Unternehmen wollen wir motivieren, erneuerbare Energien selbst zu
produzieren und zu verbrauchen. Die Grundlage dafür ist der „Masterplan Solar City“, den wir
in den letzten Jahren erarbeitethaben. Darüber hinaus werden wir die Zusammenarbeit von
Berlin und Brandenburg intensivieren und gemeinsame Bürgerenergieprojekte zu Solar- und
Windkraftparks initiieren, um die gemeinsame 100%-Erneuerbare Energieregion zu
verwirklichen. Dabei sind solare Freilandanlagen mit landwirtschaftlicher Nutzung oder einer
naturfreundlichen Wiesengestaltung auf der Fläche zu verbinden. Wir prüfen, ob wir auf den
Flächen der Stadtgüter verstärkt Solar- und Windparks einrichten können. Auch Kleinstanlagen
für den privaten Gebrauch stärker direkt oder indirekt gefördert werden. Die
Mieter*innenstrom-Projekte sollen deutlich ausgebaut werden. Für die Umsetzung müssen wir
alle Akteure einbeziehen und fördern, insbesondere die Berliner Stadtwerke aber auch
Energiegenossenschaften und engagierte Bürger*innen. Dafür werden wir auch die
Speicherkapaziäten ausbauen.
Wärmesektor umbauen - Gebäude modernisieren
Die Hälfte aller klimaschädlichen Emissionen Berlins fallen im Gebäude- und Wärmesektor an.
Auch hier wollen wir den Treibhausgasausstoß der Hauptstadt massiv reduzieren. Zentral dafür
ist eine gesamtstädtische Wärmeplanung basierend auf einem Wärmekataster, das die
erneuerbaren Wärmepotenziale ebenso erfasst wie die bestehenden Wärmebedarfe. Hier sind wir
bereits erste Schritte gegangen und werden diesen Weg weitergehen, denn gerade durch eine
Wärmeplanung können die verschiedenen Akteur*innen und Aktivitäten der Wärmewende
koordiniert werden. Häuser, die energetisch modernisiert werden, sollen - wo möglich - auch
bei der Wärmerversorgung klimaneutral werden.Unser Ziel ist eine integrierte
Infrastrukturplanung, die Strom und Wärme sektorübergreifend sinnvoll nutzt.
In der Fernwärmeerzeugung haben wir den Kohleausstieg bis 2030 erfolgreich vorangetrieben.
Ab 2030 muss Berlin kohlefrei sein. Wir halten zudem am Ziel fest, die Fernwärme bis 2035
komplett auf erneuerbare Energien umzustellen. So entschieden wir Grüne sagen, dass der
Einsatz von Erdgas für die Stromversorgung keine Option sein darf, sagen wir auch, dass im
Bereich der Wärme der Einsatz von Erdgas schnellstmöglich überwunden sein muss. Deshalb
werden wir die Potenziale für die Dekarbonisierung des Fernwärmenetzes immer wieder auf den
aktuellen und neuesten Stand bringen, um so den 1,5-Grad-Pfad zu erreichen. Damit aus
Potentialen auch konkrete CO2-Einsparungen werden, haben wir mit der Novelle des Berliner
Energiewendegesetzes schon die Einspeisung von Erneuerbaren Energien durch Dritte
ermöglicht. Diesen Weg wollen wir weitergehen und die Fernwärme durch CO2-Grenzwerte und
eine Erneuerbare-Energien-Quote regulieren, und dazu die erneuerbaren Wärme-Potentiale immer
wieder neu prüfen und maximal nutzen, um die Kohlewärme vollständig über Einsparungen und
durch erneuerbare Wärme zu ersetzen.
Unser Ziel ist, den Einsatz von Erdgas so schnell und konsequent wie möglich zu minimieren.
Wir werden nicht zulassen, dass Vattenfall die Dekarbonisierung verzögert und mit fossilen
Energien unnötig Geld verdient. Wir kämpfen für den schnellstmöglichen Erdgasausstieg.
Außerdem sollen die Temperaturen im Netz schrittweise abgesenkt werden. So heben wir die in
Berlin vorhandenen Erneuerbaren Wärmepotentiale und machen einen Gaseinsatz schnellstmöglich
überflüssig. Dabei ist für uns auch die Müllverbrennung nicht als klimaneutral anzusehen.
Wir setzen uns daher auf Bundesebene dafür ein, dass auch diese unter die CO2-Bepreisung
fällt.
Neben der Fernwärme sollen auch alle anderen Formen der Wärmeerzeugung bis 2035 klimaneutral
werden. Dafür wollen wir den Austausch von Gas- und Ölkesseln durch klimaneutrale
Heizungsanlagen, wie Solarthermie oder Wärmepumpen, noch stärker als bisher fördern und die
Nutzung von Geothermie erleichtern sowie die Nahwärme etwa aus der Abwasserkanalisation
besser nutzen. Den rechtlichen Rahmen hierfür soll das Berliner Erneuerbare-Wärme-Gesetz
bieten. Auf Bundesebene wollen wir uns dafür einsetzen, dass auch dort keine neuen
Erdgasheizungen mehr gefördert werden und keine neuen Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut
werden dürfen. Wir setzen auf eine integrierte Infrastrukturplanung aus Strom- und
Wärmenetzen sowie den dazugehörigen Speichern und uns ist bewusst, dass nach aktuellem
Wissensstand Wasserstoff und dessen Derivate rar und teuer sind.
Außerdem setzen wir auf lokale Wärmeerzeugung in Berlins Kiezen: Jenseits der Fernwärme
sollen neue dezentrale Nahwärmenetze sowie der Anschluss an diese auf Quartiersebene
gefördert werden, in die örtlich erzeugte Wärme aus verschiedenen erneuerbaren Quellen
eingespeist und lokal verteilt wird. Mit der Service- und Beratungsstelle für energetische
Quartiersentwicklung haben wir hierfür bereits eine wichtige Anlaufstelle geschaffen. Diese
Netze sollen mit möglichst niedrigen Temperaturen betrieben werden und eine Perspektive auf
weitere Temperaturabsenkungen bieten. Außerdem werden wir auch die Kühlung der Stadt und der
Gebäude vorantreiben, sei es durch Techniken der Verdunstungskühlung, Dach- und
Fassadenbegrünung oder Techniken der natürlichen Lüftung.
Um die Klimaziele Berlins zu erreichen, müssen wir noch deutlich stärker die energetische
Modernisierung von Gebäuden voranbringen und die Sanierungsquote erheblich steigern, um so
auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Dafür ist auch eine Ausbildungs- und
Qualifizierungsstrategie im Handwerk nötig. Auch hier gibt es große CO2-Einsparpotentiale.
Allerdings ist nicht hinnehmbar, dass Modernisierungskosten, wie derzeit im Bundesmietrecht
vorgesehen, komplett auf Mieter*innen abgewälzt werden. Das schafft keine Akzeptanz für
Klimaschutzmaßnahmen und befördert soziale Verdrängung. Stattdessen setzen wir uns für eine
faire Kostenverteilung im Sinne eines Drittelmodells zwischen den Mieter*innen, den
Vermieter*innen und der öffentlichen Hand ein. Bis dies auf Bundesebene realisiert ist,
schöpfen wir die Möglichkeiten auf Landesebene aus. Dazu gehört neben der Deckelung der
Umlage für Mieter*innen, wie derzeit im Mietendeckel verwirklicht, und die Bereitstellung
von Landesfördermitteln, auch die Einführung des Stufenmodells, das Immobilienbesitzende in
die Pflicht nimmt. Für Mieter*innen soll die Warmmiete durch sinkende Energiekosten neutral
bleiben. Die höhere Kaltmiete sollte sich durch niedrigere Energiekosten wieder ausgleichen.
Dazu bedarf es jedoch einer Änderung der energetischen Modernisierungsumlage auf Bundesebene
und einer stärkeren Förderung energetischer Modernisierungsmaßnahmen hier in Berlin. Mit dem
Bauinformationszentrum wollen wir einen niedrigschwelligen Anlaufpunkt für Mieter*innen und
Immobilienbesitzende schaffen, die sich hier informieren und vernetzen können. Die Beratung
soll dabei alle gesellschaftlichen Gruppen ansprechen und Angebote - beispielsweise auch für
Frauen oder Menschen mit Sprachbarrieren - entwickeln.
Neben der energetischen Modernisierung werden wir weitere Maßnahmen ergreifen, um den
Wärmeverbrauch zu reduzieren. Zusätzlich wollen wir Wohngemeinschaftsprojekte fördern, uns
auf Bundesebene für ein Recht auf Wohnungstausch einsetzen, und Menschen unterstützen, die
ihre Wohnung tauschen wollen.
Klimaschutz zur Querschnittsaufgabe machen – das Berliner Klima-Budget
Wir werden die Senatsarbeit so umgestalten, dass konkrete Ziele und Aufgaben
handlungsleitend sind und nicht der alleinige Ressortzuschnitt. Es ist entscheidend, dass
alle mit voller Kraft sich beispielsweise dem Ziel des Klimaschutzes verpflichtet fühlen und
ihr Handeln an der Erfüllung dieses Zieles messen lassen. Für die Berliner Verwaltungen muss
Klimaschutz zur Querschnittsaufgabe werden. Das braucht klare Strukturen,
Verantwortlichkeiten und mehr zuständiges Personal auf Landes- und Bezirksebene. Darüber
hinaus brauchen wir eine integrierte Infrastrukturplanung, die Strom, Wärme und Mobilität,
aber auch Klimaanpassung, Wassermanagement gemeinsam denkt und vorantreibt. Wir wollen, dass
jeder Bereich feste Vorgaben für seine jährlichen Treibhausgas-Einsparungen erhält und damit
politische Entscheidungen stärker an die Klimaziele knüpfen. Werden die jeweiligen Ziele
verfehlt, muss nachgesteuert und die vorgegebene CO2-Reduktion durch andere Maßnahmen
umgesetzt werden. Damit wird auch offengelegt, welche öffentlichen Ausgaben besonders
klimaschädlich sind. Die entsprechenden Mittel müssen dann umgewidmet werden.
Darüber hinaus wollen wir alle neuen Gesetze und Maßnahmen unter einen Klimavorbehalt
stellen. Das Klima-Budget ermöglicht einen zeitnahen und für alle transparenten Überblick
über den aktuellen Stand der Berliner CO2-Emissionen. Mithilfe dieser Daten ist stets
transparent, ob der vereinbarte Einsparpfad eingehalten wird und welchen Anteil die
verschiedenen Sektoren daran haben. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, dass die
Klimakrise auch als Notsituation im Sinne der Gesetze zur Landesschuldenbremse eingestuft
wird und somit Investitionen zur CO2-Vermeidung vorgenommen werden können. Den Berliner
Klimaschutzrat wollen wir stärken und prüfen, in wie weit ein wissenschaftliches Sekretariat
dazu beitragen kann. Es soll ihm das Recht eingeräumt werden, rechtzeitig eine Überarbeitung
von klimaschädlichen Entscheidungen einzufordern und zu überprüfen, ob Fachverwaltungen und
Bezirke ihre Klimaschutz-Vorgaben einhalten. Darüber hinaus wollen wir die Zivilgesellschaft
noch stärker in klimapolitische Entscheidungen des Landes einbeziehen und dafür
schnellstmöglich einen Klimabürger*innen-Rat einberufen,
der Berlins Diversität Rechnung trägt und paritätisch besetzt ist. Hier soll ausgehandelt
werden, wie Berlin das Pariser Klimaschutzabkommen einhalten und auf den 1,5 Grad-Pfad
gelangen soll. Das Berliner Energie- und Klimaprogramm (BEK) werden wir weiterentwickeln und
setzen dabei auch auf verbindliche Maßnahmen. Wir sorgen dafür, dass die zur Verfügung
gestellten Mittel noch besser genutzt werden können.Das BEK werden wir ausbauen und dafür
sorgen, dass die zur Verfügung gestellten Mittel noch besser genutzt werden können.
Klimaschutz in den Bezirken
Die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) der Bezirke wollen wir um Klimaschutzkriterien
erweitern, damit Bezirke für klimafreundliches und ressourcenschonendes Handeln nicht mehr
finanziell bestraft, sondern belohnt werden. In allen Bezirken sollen schnellstmöglich
Klimaschutzmanager*innen zum Einsatz kommen, die das Klima-Budget im jeweiligen Bezirk
kontrollieren und in allen Ämtern etablieren sowie Hand in Hand mit den
Beteiligungsreferaten arbeiten. Dabei muss sowohl technisches Know-how wie Fähigkeit und
Befugnis zur Klima-Governance vorhanden sein. Damit die Bezirke stärker als bisher die
Mittel aus dem BEK in Anspruch nehmen, müssen sie über ausreichend personelle Ressourcen für
die Antragstellung verfügen. Darüber hinaus wollen wir die bezirklichen Bildungs-,
Beratungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich Klimaschutz und nachhaltiger Techniken
des Wassermanagements, der Begrünung und der Grünpflege deutlich ausweiten. In
Zusammenarbeit mit der IHK, der Handwerkskammer, sowie den betroffenen Innungen wollen wir
Vorgehensweisen entwickeln, um Möglichkeiten, Angebote und Förderprogramme zur Ausbildung in
allen für die Energiewende relevanten Berufen zu erarbeiten. Besonderes Augenmerk soll dabei
auf Frauen und junge Geflüchtete gelegt werden.
2.2 Berlin summt und brummt: Stadtgrün und
Artenvielfalt schützen
In keiner anderen Metropole leben so viele Nachtigallen wie in Berlin. Damit das so bleibt,
müssen wir Berlins Stadtnatur schützen. Die Klimakrise ist in vollem Gange und hat schon
sichtbare Spuren hinterlassen. Neun von zehn Bäumen in Berlin zeigen Schäden, die auf die
langen Dürreperioden der letzten Jahre zurückzuführen sind, und nur 7% der Waldbäume waren
nach dem letzten Zustandsbericht noch gesund. Gleichzeitig finden sich immer mehr Tiere und
selbst ehemalige "Allerweltsarten" auf der Roten Liste. Berlins Stadtgrün ist wertvoll, denn
es ist nicht nur ein Ort der Erholung, sondern auch der Artenvielfalt, Frischluftversorgung,
Klimakühlung und CO2-Speicher. Ohne das Grün werden Mensch und Natur in der Stadt enorm
unter der Verdichtung, dem Lärm, Stress und den Folgen der Klimakrise leiden. Eine intakte
Natur ist kein Luxus, sondern gehört für uns zur Grundversorgung und ist essenzieller Teil
der Daseinsvorsorge. Denn neben dem Erreichen der Pariser Klimaziele wird die Klimaanpassung
für unsere Stadt eine der größten Herausforderungen in den kommenden Jahren sein.
Stadtgrün erhalten und Bäume pflanzen
Wir haben in den letzten Jahren massiv in die Pflege der Berliner Grünanlagen, der
Straßenbäume und Wälder investiert und viel für ihren Schutz getan. Durch uns wurde die
größte Grünbauoffensive seit langem angestoßen. In einem Dreiklang aus Flächensicherung,
Stärkung des Stadtgrüns und strategischem Ankauf wollen wir unsere Stadt ergrünen lassen. Um
dem Klimawandel die Stirn bieten zu können, müssen wir diesen Einsatz verstetigen und weiter
ausbauen.
Wir wollen die Bewässerung und das Pflanzen von Straßenbäumen verbessern. Dazu müssen
Straßen und Grünflächenämter besser ausgestattet und die dafür notwendige Infrastruktur
ausgebaut werden. Und wir wollen das Engagement der Berlinerinnen und Berliner fördern, auch
selber vor der Haustür ihr Stadtgrün zu pflegen. Dazu wollen wir alle Schwengelpumpen wieder
in einen funktionsfähigen Zustand versetzen und den Menschen einen erleichterten Zugang zu
Informationen geben, die sie dafür brauchen. Unser Ziel ist es, die durch Bauprojekte,
Klimaschäden oder Alterung verloren gegangenen Bäume zeitnah durch neue Bäume zu ersetzen
und gleichzeitig durch Pflanzungen den Baumbestand in Berlin deutlich zu erhöhen. Bäume, die
gefällt werden mussten, werden durch vier junge Bäume ersetzt oder durch vergleichbare
Maßnahmen kompensiert werden. Die laufende Stadtbaumkampagne des Senats wollen wir über das
Jahr 2021 hinaus fortführen, um das Spenden für Straßenbaumpflanzungen zu ermöglichen. Dabei
wollen wir vermehrt Baumarten anpflanzen, die an die klimatischen Veränderungen des 21.
Jahrhunderts möglichst gut angepasst sind. Der Erhalt von Bestandsbäumen hat für uns
Vorrang. Deshalb wollen wir die Bedingungen für die bestehenden Straßenbäume mit
entsprechenden Maßnahmen verbessern. Zusätzlich wollen wir in den Bezirken Obstbäume neu
pflanzen, die Schatten spenden, und Berlin mehr und mehr in eine „essbare Stadt“ verwandeln.
Damit nicht nur Bäume auf öffentlichen Flächen besser geschützt werden, wollen wir zudem die
Baumschutzverordnung aktualisieren, die Liste der zu schützenden Baumarten ausweiten, und
dass Verstößen nachgegangen werden muss.
Damit das Grün in Berlin weiterwächst und Berlin grün wächst, müssen die Maßnahmen der
Charta Stadtgrün in einem Handlungsprogramm konkretisiert, finanziert und abgesichert
werden. Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf die konkrete Grünversorgung in den Kiezen
gelegt werden und dabei auch auf Kennzahlen zurückgegriffen werden.
Auch Kleingärten sind in der wachsenden Stadt unverzichtbar , sie kühlen die Stadt, erhalten
den Artenreichtum und sollten für viele Großstädter*innen auch Naherholungsgebiete sein. Wir
wollen sie daher erhalten und schützen. Mit dem Kleingartenentwicklungsplan 2030 haben wir
als behördenverbindlichem Planungsinstrument eine wichtige Grundlage gelegt. Aber wir wollen
mehr und deshalb darüber hinaus eine langfristige Strategie zur Sicherung der Kleingärten
und eine bessere rechtliche Absicherung. Bebauungspläne und der Flächennutzungsplan bieten
schon heute die Möglichkeit, den betroffenen Anlagen Sicherheit und Verlässlichkeit zu
geben. Kleingärten sollen nur im Ausnahmefall, etwa für die soziale Infrastruktur oder eine
verkehrliche Erschließung, weichen müssen. Damit alle Berliner*innen von ihnen profitieren
können, sollen sich die Kleingartenanlagen noch mehr als bisher für die Stadtgesellschaft
öffnen und neue Formen gemeinschaftlichen Gärtnerns aktiv unterstützen. Durch eine
Parzellenteilung von großen Gärten bei Pächterwechsel sollen noch mehr Menschen in den
Genuss von Kleingärten kommen. Programme für ökologische Gartenarbeit oder zum Anbau von
alten und seltenen Obst- und Gemüsesorten werden wir ausbauen und intensivieren. Auch eine
wildnisfreundliche und naturnahe Gartengestaltung unterstützen wir.
Berlin: bestäuberfreundlich und artenreich
Seltene Pflanzen und Tierarten brauchen die Möglichkeit des „Wanderns“, um ihren Genpool zu
stärken und die biologische Vielfalt in unseren Biotopen zu erhöhen. Hier müssen endlich
genügend Möglichkeiten – wie Fischwandertreppen an Schleusen, Renaturierung der Bäche und
Flüsse, Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten an den Kanälen und sichere Querungsmöglichkeiten an
Autobahnen, Straßen und Brückenneubauten – in wesentlich größerem Umfang als bisher
geschaffen werden. Dazu müssen auch die Biotopverbindungen vom Umland in die Innenstadt und
das innerstädtische Biotopnetz zwingend erhalten und neu geschaffen werden. Ziel ist ein
qualitativ hochwertiger Biotopverbund. Auf Grünflächen und in begrünten Zwischenbereichen
des Straßenlands wollen wir insektenfreundliche Wildblumenwiesen einrichten, um Lebensräume
für Wildbienen zu schaffen.
Wir wollen das von uns zur Förderung der Imkerschaft Erreichte verstetigen und ausbauen. Die
schon geschaffene Bienenkoordinierungsstelle an der FU bildet Imker*innen weiter, die
Vernetzung der Imkerschaft in Berlin wollen wir unterstützen. Wissenschaftliche Studien zur
ökologischen Bienenhaltung werden besser finanziert. Die Kooperation zwischen den
Imker*innen und bezirklichen Veterinärämtern wollen wir verbessern.
Weniger Beton, mehr Grün – denn Grünflächenschutz ist Gesundheits- und Klimaschutz
Die letzten drei Sommer in Berlin waren überdurchschnittlich heiß. Vor dem Hintergrund der
fortschreitenden Klimakrise ist davon auszugehen, dass dieser Trend langfristig anhält.
Extreme Hitze ist gesundheitsschädigend, besonders kleine Kinder, alte Menschen und Menschen
mit Vorerkrankungen leiden unter der Hitze. Neben den Klimaschutzmaßnahmen müssen wir
deswegen auch Klimaanpassungen vornehmen. Dafür erarbeiten wir konkrete Ziele zur Anpassung
an die Folgen des Klimawandels mit klaren Zeitvorgaben. Berlin muss sich besser auf
Hitzewellen und Starkregenereignisse vorbereiten, das gelingt mit klugen Investitionen in
die Stadtinfrastruktur und einer grundsätzlichen Prüfung der Klimaresilienz aller
Infrastrukturmaßnahmen.
Wasser kühlt die Umgebungstemperatur ab und beugt Hitzeinseln vor. Deswegen wollen wir
Berlin zur Schwammstadt umbauen. Wir wollen das Regenwasser speichern und nutzen, statt es
zu sammeln und in Kanäle abzuleiten. Das kühlt die Stadt und hält die Gewässer sauber. Mit
der Gründung einer Regenwasseragentur und dem „1.000 Grüne Dächer“-Programm haben wir diesen
Weg bereits eingeschlagen. Dadurch können Starkregenereignisse abgepuffert und das Wasser
für Dürrezeiten kann effizienter gespeichert werden. Auch die Begrünung von Balkonen,
Hauswänden und Fassaden ist entscheidend, um so CO2 zu binden, die Luft zu reinigen, die
Biodiversität zu vergrößern und die Stadt zu kühlen. Auch in diesem Bereich werden wir
Programme und Projekte unterstützen und die Förderung verbessern. Ein Hauptproblem bleibt
aber die Versiegelung von Flächen durch Beton und Asphalt. Dort kann kein Wasser versickern
und es entstehen im Sommer schnell Hitzeinseln, die die Stadt aufheizen. Wir werden gezielt
Flächen wie Straßen, Parkplätze oder Schulhöfe identifizieren, um sie von Beton und Asphalt
zu befreien und für einen besseren Regenrückhalt zu sorgen. Grundlage dafür sind offenere
unversiegeltere Böden. Zudem wollen wir an geeigneten Stellen sogenannte Regengärten anlegen
und so auch zur Kühlung der Stadt beitragen. Dazu werden wir ein landesweites
Entsiegelungsprogramm auflegen und eine jährliche Zielmarke festlegen. Wir streben eine
Nettonull für die Flächenversiegelung im Jahr 2030 an. Dies kann auch dadurch erfolgen, dass
der Berliner Leitfaden zur Bewertung und Bilanzierung von Eingriffen die Ver- und
Entsiegelungen so bewertet, dass sich ein deutlich erhöhter Anreiz zur Vermeidung von
Versiegelung und für Entsiegelungsmaßnahmen ergibt. Außerdem soll die im Berliner
Bodenschutzgesetz geforderte Bodenschutzkonzeption weitere Maßnahmen zur Vermeidung von
Bodenversiegelungen entwickeln. Wir wollen vor allem dort entsiegeln, wo Grün- und
Freiflächen fehlen um die Umweltgerechtigkeit zu steigern. Mit mehr und anspruchsvoll
bepflanzten Versickerungsflächen wollen wir auch die Lebensqualität durch Verdunstung und
Kühlung der Stadt erreichen, auch neue Pocket Parks sollen dazu beitragen. Zudem wollen wir
an geeigneten Stellen sogenannte Regengärten anlegen und so auch zur Kühlung der Stadt
beitragen. Um dem weiterhin rassant steigenden Flächenfraß etwas entgegen zu setzen, wollen
wir Dachaufbauten stärken. Nach dem Vorbild Wiens wollen wir in Berlin mehrere „Kühle
Meilen“ etablieren. Mit mehr Bäumen, Rank- und Kletterpflanzen, Räumen für geschützte
Wildtierarten, mit Trinkwasserbrunnen, Wasserspielen, Erfrischungsmöglichkeiten und
ausreichend Sitzgelegenheiten für Jung und Alt, sowie entsiegelten und wiederbepflanzten
Bereichen, zum Beispiel Regenbeeten und Versickerungsstreifen, die Regenwasserrückhalt im
Boden ermöglichen. Mit Anwohnerbeteiligung schaffen wir in den Kiezen kühle, ruhige Oasen,
die auch der Gesundheit und dem Hitzeschutz dienen. Unser Ziel ist es, in der nächsten
Wahlperiode in klimatisch belasteten Gebieten 20 Klimastraßen und Kühle Meilen einzurichten.
Neue Stadtplätze, Parkplätze sowie neue Straßen sollen mit versickerungsfähigem Belag
versehen werden. Soweit möglich soll Beton als Baustoff und der Bau neuer Straßen vermieden
werden.Immer mehr Berliner*innen wollen aktiv das Grün in ihrem Wohnumfeld schützen und
weiterentwickeln. Diese Initiativen wollen wir unterstützen und für sie
Beratungsmöglichkeiten schaffen. Gemeinschaftsgärten und Urban-Gardening-Initiativen wollen
wir zudem durch das Land Berlin Flächen zur Verfügung stellen, um den Stadtraum zu begrünen.
Damit sich flächendeckend in allen Stadtteilen Gemeinschaftsgärten etablieren und neue
Urban-Gardening-Initiativen entstehen können, wollen wir den Ankauf neuer Flächen finanziell
unterstützen. Außerdem wollen wir Hofbegrünungsinitiativen weiterhin durch ein eigenes
Programm finanziell unterstützen. Das Ökokonto soll weiter ausgebaut werden, so dass
Grünflächen und Biotope vom Land zusammenhängend entwickelt werden können und die Flächen
für Kompensationsmaßnahmen bei Bauprojekten zu Verfügung stehen. Dabei gilt immer, dass jede
versiegelte Fläche konsequent und ortsnah durch eine entsiegelte Fläche ausgeglichen werden
muss. Ausgleichszahlungen dürfen keine Regel, sondern Ausnahmen sein.Wir wollen einen
Berliner Naturcent einführen, der sich aus dem Grundsteueraufkommen speist, und in die
Pflege von Parks und Naturschutzgebieten fließen soll.
Dank uns Grünen ist Berlin bereits Teil des Blue-Community-Netzwerkes geworden, wir haben
über 100 neue Trinkwasserbrunnen aufgestellt, und öffentliche Orte wie Schulen oder
Rathäuser bekommen Wasserspender. Das wollen wir weiter ausbauen, gerade für Hitze-
Risikogruppen wie Kinder, ältere Menschen und Menschen, die auf der Straße leben, wollen wir
einfache und kostenlose Zugänge zu Trinkwasser schaffen.
Der Klimawandel und eine wachsende Bevölkerung werden gravierende Auswirkungen auf die
Wasserversorgung Berlins haben. Daher ist es wichtig heute zu handeln. Mit dem Masterplan
Wasser haben wir eine wichtige Grundlage gelegt. Der Masterplan muss immer wieder
aktualisiert und fortgeschrieben werden. Um die Wasserversorgung auch künftig
sicherzustellen, sind wir auf eine enge und kontinuierliche Zusammenarbeit mit unseren
Nachbarländern und insbesondere Brandenburg angewiesen. Wir sprechen uns für die
Wiedereröffnung der Wasserwerke Jungfernheide und Johannisthal aus und dafür, dass die
Wasserwerke in eine moderne Wasseraufbereitung investieren und insbesondere eine umfassende
Spurenstoffstrategie verfolgen. Die wachsende Stadt muss auf einen umfassenden Schutz des
Grundwassers für die Trinkwasserförderung und den Schutz unserer Oberflächengewässer
Rücksicht nehmen. Regenwasser soll, wo immer möglich, zunehmend zur Bewässerung genutzt
werden, gerade in heißen Sommern. Zunehmender Wasserverbrauch gefährdet die verbliebenen,
artenreichen Feuchtgebiete und den Wald in Berlin. Diesen Zielkonflikt wollen wir klug
ausbalancieren und Möglichkeiten nutzen, die Trinkwassergewinnung in sensiblen Naturräumen
einzuschränken. Langfristig wollen wir Trinkwasserbrunnen auch an allen Spielplätzen,
Bahnhöfen und Parks aufstellen und darüber hinaus Restaurants ermutigen zu Auffüll-Stationen
zu werden.
20 Prozent Berlins werden zum Landschaftsschutzgebiet
Doch nicht nur in den Kiezen soll es grüner werden. Wir brauchen auch große Freiflächen, in
denen sich Flora und Fauna ungestört entwickeln können und wir Menschen uns erholen.
Momentan sind fast alle größeren Erholungslandschaften als Landschaftsschutzgebiet
gesichert, das sind über 14 Prozent der Landesfläche. Wir wollen weitere Naturgebiete
schützen, indem wir sie zu Landschaftsschutzgebieten aufwerten. Damit soll der Anteil auf 20
Prozent der Landesfläche steigen. So sollen z.B. Felder der Elisabeth-Aue als Teil einer
übergeordneten Natur-, Kultur- und Erholungslandschaft in das umgebende
Landschaftsschutzgebiet integriert werden. Zudem sollen mindestens vier Prozent der
Landesfläche zukünftig völlig unter Naturschutz stehen. Gemeinsam mit Brandenburg und
Berlins Nachbargemeinden werden wir die acht Regionalparks und mit ihnen die Grünräume aus
Wäldern, Feldern und Gewässern stärken und entwickeln. Das existierende „Kommunale
Nachbarschaftsforum“ aus den Berliner Bezirken und 55 Nachbargemeinden wollen wir aufwerten.
Den begonnenen Umbau bei den Berliner Stadtgütern in Brandenburg hin zu mehr biologischer
Landwirtschaft wollen wir beschleunigen. Die dort betriebene Landwirtschaft soll mit der
Regionalvermarktung in Berlin und mit Aktivitäten einer stadtnahen Umweltbildung verbunden
werden.
Berlins Wälder innerhalb wie außerhalb des Stadtgebiets haben große Bedeutung für unser
Stadtklima, die Trinkwasserversorgung, die Naherholung und als CO2-Senke. Doch sie sind in
der Klimakrise hochgradig gefährdet. Wir wollen daher ihre Umgestaltung zu einem naturnahen
und klimaangepassten Mischwald beschleunigen. Für eine Naturverjüngung mit gemischten
Baumarten muss der Bestand an Schalenwild in Berlins Wäldern, soweit unvermeidbar, reguliert
werden.
Gleichzeitig müssen die Berliner Moore, ein wichtiger CO2-Speicher und Lebensraum für hoch
gefährdete Pflanzen- und Tierarten, dringend vor dem Austrocknen bewahrt und wo immer
möglich durch ein ambitioniertes Moorschutzprogramm wieder renaturiert werden. Auch unsere
Seen wollen wir schützen. Damit das Grün in unserer Stadt stetig weiterwächst, wollen wir
die bestehenden Aufkauffonds ausweiten und Flächen ankaufen, die ausschließlich für Flora
und Fauna reserviert bleiben. Das von uns in der aktuellen R2G-Koalition durchgesetzte
Projekt „Einstellung von Naturranger*innen und Parkmanager*innen“ wollen wir verstetigen.
Außerdem stehen wir weiter zum Erhalt des Tempelhofer Feldes in seiner jetzigen Form als
einer der größten und wichtigsten Grünflächen Berlins und lehnen eine Randbebauung ab.
Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ist überfällig. Mit zusätzlichen finanziellen und
personellen Ressourcen wollen wir einen guten ökologischen Zustand unserer Gewässer unter
Beteiligung der Zivilgesellschaft wieder herstellen. Dazu prüfen wir die Einführung eines
Wasserentnahmeentgelts, das die Kraftwerke für die Nutzung des Flusswassers zu
Kühlungszwecken zahlen. Für alle Gewässer werden zügig Konzepte zu ihrer naturnäheren
Umgestaltung erstellt. Ein zentrales Vorhaben ist dabei der zweite Bauabschnitt der
Renaturierung der Wuhle, so dass diese weiterhin ganzjährig Wasser führt und der
Artenreichtum erhalten bleibt. Wir wollen auch den Nutzungsdruck auf Berliner Gewässer
reduzieren und besser regeln. Unser Ziel ist, möglichst viele Wasserflächen für die
Naherholung zugänglich zu machen. Die Friedhofsflächen sind sowohl als Orte des Trauerns als
auch des Gedenkens und für die Stadtnatur wertvolle Räume, die wir weiterhin schützen
werden. Wir wollen Baumbestattungen erleichtern und Möglichkeiten zu Baumpflanzungen im
Zusammenhang mit Beisetzungen schaffen.
Eine Stadt ohne Müll
Den Berliner Müllbergen sagen wir den Kampf an. Berlin hat sich politisch dazu verpflichtet,
zu einer Zero-Waste-Stadt zu werden. Mit dem Abfallwirtschaftskonzept und der Zero-Waste-
Strategie sind wir erste wichtige Schritte gegangen, weitere müssen folgen. Den Bezirken
wollen wir deshalb bei der Pflege und Reinigung von Grünflächen und Spielplätzen noch
stärker finanziell unter die Arme greifen. Wir wollen den Reinigungstakt in den besonders
betroffenen Kiezen steigern, ohne dabei die Kosten für die Anwohnenden zu erhöhen. Gerade
Straßen mit hohem touristischem Aufkommen oder viel Durchgangsverkehr haben einen hohen Wert
für die ganze Stadt – es ist eine Frage der Gerechtigkeit, die Anwohnenden nicht mit den
Mehrkosten alleinzulassen.
Wir wollen das Problem an der Wurzel packen und Abfall vermeiden. Daher wollen wir eine
Konferenz zum Thema zukunfts- und kreislaufwirtschaftsfähige Produktdesigns veranstalten und
mit einem Wettbewerb für innovative Produkte der Kreislaufwirtschaft dem Thema mehr
öffentliche Aufmerksamkeit zukommen lassen. Insbesondere wollen wir gegen den
Verpackungswahnsinn ankämpfen und den Verkauf von unverpackten Produkten unterstützen , auch
in herkömmlichen Supermärkten. Mit der Eröffnung der ersten Berliner
Gebrauchtwarenkaufhäuser haben wir wichtige Impulse gesetzt, die wir verstetigen wollen. Was
am Ende doch weggeschmissen wird, muss wesentlich besser recycelt werden. Besonders die
Rohstoffe aus Sperrmüll sollten besser wiederverwendet werden, anstatt sie mit dem Restmüll
zu verfeuern. Um dem illegalen Abstellen von Müll auf der Straße entgegenzuwirken, wollen
wir die Sperrmüllsammlung dezentraler und wohnortnäher gestalten. Kaputte Haushaltsgeräte
sollen nicht gleich auf dem Müll landen, sondern in Repair-Cafés oder von professionellen
Reparaturbetrieben günstig repariert werden können. Das ist nachhaltig und spart Geld. Das
fördert eine längere Nutzungsdauer und spart Abfall. Einen wichtigen Schritt dorthin haben
wir bereits unternommen: Wir haben mit der Handwerkskammer ein Netzwerk an zertifizierten
Reparaturbetrieben gegründet. Auch die Bioabfallsammlung wollen wir weiter ausbauen, um
organische Abfälle optimal, etwa für die Erzeugung von Biogas, verwerten zu können. Um Müll
einzusparen, wollen wir in Kantinen und im Gastronomiebereich noch stärker Pfandbehälter-
Systeme fördern, sowohl bei der Mitnahme von Speisen als auch bei der Anlieferung von
Zutaten. Die Eigenkompostierung in öffentlichen Kantinen, im Gastronomiebereich und in
privaten Haushalten möchten wir fördern. Einen weiteren Ausbau der Berliner
Müllverbrennungskapazitäten lehnen wir ab und setzen auf das Prinzip "Zero Waste". Die
immissionsschutzrechtlich genehmigte Obergrenze von 580.000 Jahrestonnen Input zur
Verbrennung des Berliner Restmülls im MHKW Ruhleben darf nicht überschritten werden.
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Damit in der Bevölkerung das Verständnis für die Folgen des Klimawandels wächst und Menschen
erfahren können, wie sie zur Klimawende beitragen können, wollen wir die Bildungsarbeit im
Bereich der nachhaltigen Entwicklung weiter stärken und ausbauen. In den vergangenen vier
Jahren haben wir die Umwelt- und Naturbildung auf eine neue Grundlage gestellt. Mit einer
Stelle für das Bildungszentrum für nachhaltige Entwicklung (BNE) bei der Senatsverwaltung
für Bildung haben wir einen ersten Erfolg erzielt. Dies wollen wir ausweiten und eine
Koordinierungsstelle für das BNE in Berlin schaffen. Diese wird, wie in Hamburg, auf der
Ebene der Senatskanzlei angesiedelt. Wir haben es geschafft, in jedem Bezirk ein
Umweltbildungszentrum zu errichten und zu finanzieren, die Bezahlung von Pädagog*innen
verbessert und die Bildungsmaßnahmen ausgeweitet. Daran wollen wir anknüpfen und die
begonnenen Projekte weiter verstetigen sowie die Zusammenarbeit mit wichtigen Institutionen
wie dem Naturkundemuseum, Botanischen Garten oder auch dem Ökowerk fördern. Darüber hinaus
ist es entscheidend, dass zivilgesellschaftliche Akteur*innen auch vor Ort direkt in den
Bezirken Anlaufstellen, Räumlichkeiten und gebündelte Projektunterstützung erhalten, so dass
Aktive vor Ort mehr unterstützt werden. Dies könnte beispielsweise in einem Klimahaus
geschehen.
Die Hochschulen, Schulen und Kitas müssen dazu mehr Unterstützung erfahren. Die von uns
Grünen in der Koalition durchgesetzte deutliche Erhöhung der finanziellen Förderung der
zivilgesellschaftlichen Einrichtungen der Umwelt- und Naturbildung muss verstetigt und
ausgebaut werden.
2.3 Kiez & Co. – lebenswerte und ökologische
Stadtquartiere
Damit das, was zusammengehört, gemeinsam wachsen kann, brauchen wir eine soziale und
ökologische Stadtentwicklung. Das funktioniert am besten, wenn Politik, Verwaltung und
Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen. Wir wollen die Stadt und ihre Kieze weiter
zusammen mit den Berliner*innen gestalten und den Austausch von Ideen für eine
gemeinwohlorientierte, lebenswerte Stadt für alle systematisch fördern, etwa durch
integrierte städtebauliche Entwicklungskonzepte (ISEK), eine regelmäßige
Bezirksentwicklungsplanung, städtebauliche und architektonische Wettbewerbe, die
partizipative Umsetzung von Projekten im Kiez und Stadtdebatten für besondere Orte.
Beispiele sind der weitere Umbau des öffentlichen Raums, die Einrichtung von Begegnungszonen
oder der Aufbau von Quartiersmittelpunkten. Plätze und Grünanlagen müssen so gestaltet sein,
dass sie verschiedene Nutzungsgruppen ansprechen und das Miteinander fördern. Unser Ziel ist
es, entsiegelte Freiflächen zu erhalten. Dafür setzen wir auf integrierte Konzepte zur
Nachverdichtung der Gesamtstadt und ihrer Kieze und den Bau von flächensparenden
Geschosswohnungen statt auf neue Einfamilienhaussiedlungen. Wenn die Stadt wächst, muss auch
das Grün mitwachsen. Deshalb wollen wir Dächer und Fassaden begrünen, beim Bau neuer
Stadtquartiere möglichst wenig Boden versiegeln und ausreichend Grünflächen ausweisen.
Unsere Wohnquartiere der Zukunft, neu geplante und schon bestehende, bieten Platz für
Wohnen, Pflege, Nachbarschaft, Arbeiten, Bildung, Gewerbe, Freizeit, Kultur und Naherholung.
Die Wege zu Bildungs- und Kultureinrichtungen, zur Naherholung und für die Versorgung sind
kurz und die Anbindung ist so gut, dass niemand ein Auto braucht. Das erhöht nicht nur die
Lebensqualität, sondern ist auch gut fürs Klima. Mit einer Internationalen Bauausstellung
(IBA) wollen wir dieser Vision Schwung verleihen und eine sozial und ökologische
Stadtentwicklung weiter voran bringen.
Klimaneutrales und nachhaltiges Planen und Bauen
Der Klima- und Ressourcenschutz beginnt beim Planen von Häusern und Wohnquartieren. Wir
setzen uns für ein ökologisches, klimaneutrales und kreislauffähiges Bauen ein. Beim Bau
oder bei der Modernisierung von Häusern müssen deshalb zukünftig ökologische,
energieeffiziente und recyclingfähige Dämm- und Baustoffe wie Hanf, Stroh, Holz, Kalk, Lehm
und Ziegel sowie die Potenziale des Baustoffrecycling genutzt werden. Mit der
Verwaltungsvorschrift zur umweltfreundlichen Beschaffung haben wir hier für öffentliche
Bauvorhaben wichtige Weichen gestellt und sorgen mit dem Bauinformationszentrum für
Information und Vernetzung. Was nun folgen muss, sind eine Digitalisierung der Bauämter,
eine ökologisch reformierte Bauordnung und die grundlegende Modernisierung der Allgemeinen
Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben Berlins (ABau). Wir wollen
alle Grundlagen schaffen, um auch das serielle Sanieren auf Basis digitaler Planungsprozesse
zu ermöglichen. In der Bauwirtschaft soll die Kreislaufwirtschaft umgesetzt werden. Das
bedeutet, dass zukünftig nur noch Bauelemente und Baustoffe verbaut werden, die später
wiederverwendet oder recycelt werden können. Ebenso gilt es, erhaltenswerte Bausubstanz
wirksam zu schützen und Bauelemente bei Sanierungen aufzubereiten und wiederzuverwenden. Für
uns ist klar: Baukultur muss einen festen Ort in der Berliner Verwaltung finden. Damit dem
Holzbau, der eine schnelle und ökologische Alternative zum konventionellen Bauen ist, zum
Durchbruch verholfen werden kann, wollen wir ein Holzbau-Förderprogramm und eine Holzbau-
Quote von mindestens 30 Prozent bei Neubauten für landeseigene Betriebe und
Wohnungsunternehmen. Bei Schulen und Verwaltungsgebäuden soll die Holzbau-Quote bei
mindestens 50 Prozent liegen.Das dafür eingesetzte Holz soll ausschließlich aus zertifiziert
nachhaltigem Anbau stammen.
Gemeinsam mit Brandenburg, als großem Forstland und Holzproduktionsstandort, wollen wir in
enger Abstimmung mit den Forstverwaltungen ein Holzbau-Cluster aufbauen. Den Einsatz von
Beton und Stahl im Hoch- und Tiefbau wollen wir aufgrund der damit verbundenen
Klimabelastungen auf das Nötigste reduzieren. Soweit auf Beton als Baustoff nicht verzichtet
werden kann, wollen wir eine Mindestquote für Recyclingbeton einführen, um zumindest den
Bedarf an Sand zu verringern.
Auch bei der Entsorgung von gesundheitsschädlichen Altlasten im Gebäudebereich wollen wir
weiter vorangehen. Am Ziel, dass Berlin bis 2030 asbestfrei wird, halten wir weiter fest.
Dazu wollen wir die Beratungsangebote für Mieter*innen und Eigentümer*innen weiterführen und
ein Register mit typischen Asbestbauteilen und betroffenen Gebäuden aufbauen.
Grüner bauen – Tier- und Artenschutz im Städtebau verankern
Damit der Berliner Bauboom nicht in Betonwüsten endet, sollen Neubauten zukünftig nur noch
mit Gründächern und Grünfassaden errichtet werden. Gebäude sind wichtige Lebensräume für
Tiere. Wir wollen, dass die Bauordnung dem Rechnung trägt und Gebäudebrüter von Spatz bis
Fledermaus nicht Opfer von Neubau und Sanierung werden. Die öffentlichen Betriebe und
Wohnungsbaugesellschaften sollen ein Vorbild sein, und über die minimalen Anforderungen
hinaus für Artenschutz sorgen. Durch einen Katalog ökologischer Kriterien für alle
städtischen Grundstücke und Gebäude wollen wir einen Planungsansatz in die Stadt-,
Landschafts- und Freiraumplanung integrieren, der die Bedürfnisse von stadtbewohnenden
Tieren berücksichtigt (Animal-Aided Design). Die Grünflächen sollen mit Blühwiesen und
strukturreichem Grün wie Hecken und Büschen insekten- und tierfreundlich gestaltet werden,
um Lebensräume und Biotopverbindungen für Tierarten auch in der Stadt zu erhalten. Die
Begutachtung auf Brutplätze bzw. Ruhestätten an Gebäuden müssen qualifiziert und rechtzeitig
stattfinden, wenn möglich bereits ein Jahr vor Baubeginn. Eine ökologische Baubegleitung
soll die Planung und Umsetzung von Maßnahmen unterstützen.
Energetische Sanierung des öffentlichen Gebäudebestandes
Der öffentliche Gebäudebestand soll durch energetische Modernisierung klimaneutral werden.
Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, dass dies auch bei privaten Gebäuden der Fall ist.
Um dies umzusetzen, wollen wir, dass alle Berliner Institutionen des Landes Berlin, die
Bezirke und alle landeseigenen Unternehmen Kosten- und Maßnahmenpläne aufstellen, die
darlegen, wie ihr Gebäudebestand bis 2035 so umgebaut werden kann, dass er CO2-neutral wird.
Die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) und die Bezirke wollen wir mit deutlich mehr
Finanzmitteln für die Planung und Umsetzung von energetischen Modernisierungsmaßnahmen
ausstatten. In die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Land Berlin und den landeseigenen
Wohnungsunternehmen sowie in das Wohnraumversorgungsgesetz wollen wir ebenfalls verbindliche
ökologische Kosten- und Maßnahmenpläne mit jährlichen Ziel- und Vergütungsvereinbarungen
aufnehmen. Im Rahmen der Umsetzung setzen wir auf das Konzept des Einspar-Contracting.
Stadtquartiere der Zukunft
Stadtentwicklung geht über die einzelnen Häuser, Grundstücke und fachlichen Belange hinaus:
Wir wollen die Stadtquartiere der Zukunft schaffen, aus denen Berlin und seine Bezirke
erwachsen.Wir werden die Bezirke personell und finanziell dabei unterstützen, integrierte
städtebauliche Entwicklungskonzepte für Stadtumbau, Sicherung und Erweiterung des
Baubestandes, Infrastrukturbedarfe und -standorte, Klimaschutzmaßnahmen, Grün- und
Straßenumbau zu entwickeln. Dies wird mit Bürger*innenbeteiligung, wirklicher Partizipation
bei Planung und Umsetzung und diversitätssensiblen Mitwirkungsstrategien verbunden. Neue
Quartiere müssen von Anfang an gemeinwohlorientiert, autofrei, klimaneutral und
ressourcenschonend geplant werden. Alle für den Alltag wichtigen Einrichtungen wie Bäckerein
und Arztpraxen sollen in höchstens 15 Minuten zu Fuß erreichbar sein. Grünflächen wollen wir
biodivers planen und wie auf dem ehemaligen Flughafenareal Tegel durch innovative "Sport-
und Bewegungsparks" für eine bewegte Stadt von morgen nutzen.
Der Bau von sozial-ökologischen Modellquartieren darf nicht länger warten und muss Standard
werden. Mit dem Schumacher Quartier ist der Anfang gemacht - viele andere Quartiere müssen
entsprechend folgen. Vorhandene Quartiere entwickeln wir im Rahmen der regelmäßigen
Bezirksentwicklungsplanung weiter, in die auch die soziale Infrastrukturplanung einfließt.
Die notwendigen Abstimmungen zwischen Landes- und Bezirksebene und allen beteiligten
Fachplanungen organisieren wir in einem breiten Diskurs zwischen Bürger*innen, Verwaltung
und Politik.
Eine Internationale Bauausstellung für Berlin-Brandenburg
Gemeinsam mit Brandenburg planen wir eine Internationale Bauausstellung (IBA), um die großen
Themen der Urbanisierung, der städtebaulichen Nachhaltigkeit, der Mobilitäts- und Bauwende,
des Zusammenspiels von Wohnen, Gewerbe, Infrastrukturen, Grün und Erholung beispielhaft und
praktisch umzusetzen. Ziel ist es, die nachhaltige, gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung
im Land und in den Bezirken wirksam voranzubringen. Zusammen mit den betroffenen Gruppen
wollen wir Lösungen für Wohnen, Gewerbe und Infrastruktur erarbeiten - sozial, ökologisch
und bezahlbar. So bringen wir frischen Wind, Kreativität und Innovationsgeist in die
Planungs- und Bauämter und stärken die Zusammenarbeit - für eine zukunftsfähige
Stadtentwicklung in der ganzen Region!
Mitbestimmung im Kiez
Die Kieze und Quartiere sind der Puls der Stadt. Deshalb wollen wir dort die Mitbestimmung
stärken und den Austausch zwischen Nachbar*inne fördern. Die Umsetzung der
Bürger*innenbeteiligungsleitlinien in der räumlichen Stadtentwicklung soll vorangetrieben
und durch beispielhafte und weithin sichtbare Projekte verankert werden. Die Bezirke werden
dabei unterstützt, eigene Beteiligungsleitlinien aufzustellen, um die Beteiligung vor Ort
auszubauen. Den öffentlichen Raum wollen wir zu einem Ort der Begegnung umgestalten. Mit
stadtteilnaher Bürger*innenbeteiligung unterstützen wir die Vernetzung von Anwohner*innen
und das demokratische Gemeinwesen. Alle Berliner*innen sollen stärker ihr Lebensumfeld, sei
es in ihrem Wohnumfeld oder in der Stadt, aktiv mitgestalten können. Unzureichende
Kenntnisse der deutschen Sprache sollten dabei keine Hürde darstellen. Über die Bezirke
sollen hierfür ausreichend finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Initiativen und Bürger*innen, die ihren Kiez verändern wollen, wollen wir bei der Umsetzung
von Spiel-, Fahrrad- oder Klimastraßen sowie beim Ausprobieren und lebendig Gestalten von
verkehrsberuhigten Kiezblocks stärker unterstützen, beraten und vernetzen. Dafür brauchen
wir Anlaufstellen vor Ort in den Bezirksämtern. Ob wir diese mit
Servicebüros für die Mobilitätswende oder Einführung von Verkehrswenderäten abdecken können,
bedarf genauerer Überprüfung.
In den Bezirken wollen wir die personellen und finanziellen Voraussetzungen schaffen, um
regelmäßig Bezirksentwicklungspläne und integrierte städtebauliche Entwicklungskonzepte
(ISEK) aufzustellen und zu aktualisieren. In den östlichen Bezirken ist auch nach 30 Jahren
ein Aufholprozess bei der Aufstellung von Bebauungsplänen notwendig, um beispielsweise
Kulturorte wie die Kulturbrauerei auch baurechtlich zu sichern.
Gemeinsam mit diversitätssensiblen Beteiligungs- und Mitwirkungsstrukturen soll dadurch ein
Raum für die öffentliche Diskussion über Projekte der Stadtentwicklung geschaffen werden, um
beispielsweise Maßnahmen für soziale und grüne Infrastruktur, den Klimaschutz oder die
Verkehrswende erfolgreich begleiten zu können. Bei der Planung von neuen Quartieren soll dem
demografischen und kulturellen Wandel durch neue Wohnformen Rechnung getragen werden und der
Wohnungsbedarf von Gruppen mit besonderen Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt, wie
Alleinerziehenden, Menschen mit Behinderung, BPoC und migrantisierten Menschen,
Studierenden, Geflüchteten, psychisch Kranken, Menschen ohne sichere Deutschkenntnisse,
Älteren, queeren Menschen und großen Familien, bedacht werden. Dabei sollen deutlich größere
Wohnkontingente von sozialen Trägern gehalten und für das „geschützte Marktsegment“
vorgesehen werden. Soziale Träger sollen für Bauvorhaben außerdem leichteren Zugang zu
Bürgschaften der Stadt erhalten.
Neue Konzepte für die Stadtteilzentren - die Zeit der Shopping-Malls ist vorbei!
Berlin ist auch Hauptstadt der Shopping-Malls. In keiner anderen Stadt wurde in den
vergangenen Jahrzehnten derart rücksichtslos ein Einkaufstempel nach dem anderen in den
Stadtraum gesetzt. Mittlerweile ist das Geschäftsmodell überholt und steht einer
nachhaltigen Stadtplanung entgegen. Wir lehnen daher den Bau neuer Shopping-Malls ab und
setzen uns dafür ein, dass Einkaufszentren mit wirtschaftlichen Problemen umgenutzt werden.
Der Online-Handel und die Corona-Lockdowns haben den Berliner Stadtteilzentren und
Haupteinkaufsstraßen zusätzlich geschadet. Hier brauchen wir niedrigere Gewerbemieten und
neue Nutzungskonzepte, die mit den Menschen vor Ort erarbeitet und vom Land unterstützt
werden müssen. Dabei kann es um die Logistik der letzten Meile und Abholservice für den
Online-Handel, um Flächen für Gewerbe und Handwerk, Stadtteil- und Kiezzentren, Projekte für
junge Menschen und linke Freiräume, kommerzielle und nicht-kommerzielle Angebote ebenso wie
um neues Wohnen oder um zivilgesellschaftliche und kulturwirtschaftliche Konzepte gehen. Die
Diskussion über die Zukunft der Bezirks-, Stadtteil- und Nachbarschaftszentren ist ebenso
überfällig wie über die Einkaufsstraßen der City West und der Berliner Mitte
.
2.4 Bus, Bahn und Sharing-Modelle – bequem durch die
Hauptstadt
Wir Grüne haben die Verkehrswende in Berlin eingeleitet. Dabei steht für uns der Umbau
Berlins hin zu einer noch lebenswerteren Stadt im Mittelpunkt und gleichzeitig schützen wir
auch das Klima und die Gesundheit der Berliner*innen, denn Lärm und Emissionen machen krank.
Nach Jahrzehnten einer Politik, die das Auto ins Zentrum gerückt hat, haben wir die Weichen
für eine zukunftsfähige Verkehrspolitik gestellt, die Abgasfrei, sicher und leise ist und
allen Zugang zur Mobilität ermöglicht. Die Grundlage dafür bildet das erste Mobilitätsgesetz
Deutschlands, das in dieser Wahlperiode für Berlin verabschiedet wurde. Außerdem haben wir
mit dem Nahverkehrsplan bis 2035 bis zu 28 Milliarden Euro für Betrieb und Ausbau des
öffentlichen Nahverkehrs zugesagt: ein historischer Aufbruch in eine neue Ära der
Verkehrspolitik in der Hauptstadt.
Wir wollen, dass mehr Menschen auf klimafreundliche Mobilität umsteigen. Damit entlasten wir
auch die Berliner*innen an großen, lauten Straßen, die besonders unter Lärm und Emissionen
leiden. Deshalb brauchen wir insgesamt deutlich weniger motorisierten Individualverkehr. Der
öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist – nach dem Fußverkehr – die am zweithäufigsten
genutzte Fortbewegungsoption der Berliner*innen. Der ÖPNV ist nicht nur klimafreundlich,
sondern auch eine günstige, schnelle und sichere Möglichkeit, in einer Großstadt wie Berlin
ans Ziel zu gelangen. Wir werden den ÖPNV als Rückgrat des Berliner Verkehrs deshalb weiter
stärken und ihn noch klimafreundlicher, leistungsfähiger und zuverlässiger machen. Bis 2030
soll der gesamte ÖPNV-Fuhrpark emissionsfrei betrieben werden. Mit dem Programm „i2030“
zeigen wir, dass wir über die Landesgrenzen hinaus denken. Erste Strecken werden noch in
dieser Wahlperiode eingeweiht, viele weitere werden folgen. So stärken wir den Pendelverkehr
nach Brandenburg. Ebenso setzen wir uns für den Ausbau der Bahnstrecken nach Dresden,
Stettin und an die Ostsee ein. Wir wollen die Potenziale der Bahnindustrie am Standort
Berlin mobilisieren, um die Mobilitätswende voranzutreiben und den Industriestandort Berlin
zu stärken.
Dichte Taktfolge – Bus und Bahn kommen
Um mehr Menschen zu motivieren, ihr Auto stehen zu lassen und auf den ÖPNV umzusteigen,
braucht es ein Angebot, das attraktive und verlässliche Mobilität bietet. Unser Ziel ist es,
in dicht besiedelten Quartieren, unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb des S-
Bahn-Ringes liegen, alle fünf Minuten einen Anschluss an den ÖPNV bereitzustellen. In
weniger dicht besiedelten Gebieten soll den Berliner*innen mindestens alle zehn Minuten ein
ÖPNV-Angebot zur Verfügung stehen. Gleichzeitig muss das ÖPNV-Streckennetz zügig weiter
ausgebaut werden. Unser Ziel ist ein Netz ohne Lücken. Deshalb wollen wir neue
Umsteigepunkte zwischen der U-Bahn, S-Bahn, der Tram und vor allem den Regionalbahnen
schaffen. Auch die Reaktivierung von Infrastrukturen, wie zum Beispiel den zwei ehemaligen
U-Bahn-Eingängen am Hermannplatz, erhöht die Attraktivität von heutigen und zukünftigen
Umsteigepunkten. Gerade wenn wir mehr Pendler*innen aus dem Auto auf die Schiene bringen
wollen, brauchen wir eine Erweiterung und neue Verknüpfungen im Netz. Dabei setzen wir auch
auf den Erhalt und den weiteren Ausbau von (Schnell-)Bus-Linien. Um das gewährleisten zu
können, braucht die BVG neue und moderne Züge und Busse.
Ein großes Tramnetz für Berlin
Das Tramnetz der Zukunft soll in alle Stadtteile ausgespannt werden und wichtige
Stadtteilzentren miteinander verbinden. Wir wollen neue Tramstrecken nach Möglichkeit im
eigenen Gleisbett umsetzen. Die Straßenbahn wollen wir grundsätzlich gegenüber anderen
Verkehrsmitteln priorisieren, da sie im Betrieb und Bau preiswert ist und ein schneller
Ausbau in viele Stadtteile möglich ist. Darüber hinaus wollen wir auch den Güterverkehr mit
Straßenbahnen zukünftig berücksichtigen.
Wir wollen daher den Bau weiterer Tramverbindungen fortsetzen. In den kommenden Jahren wird
das Straßenbahnnetz um ein Drittel verlängert – zunächst nach Adlershof, zur Turmstraße und
dann zum Ostkreuz. Schon bald sollen dann auch vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz, nach
Spandau, zum Hermannplatz und später auch durch die Sonnenallee, zum Rathaus Steglitz, nach
Tegel und zum Bahnhof Zoo Trams fahren. Ziel soll es sein, dass die Straßenbahn schon bald
mehr Stadtteile miteinander verbindet. Auch die Außenbezirke werden perspektivisch besser an
das Tram-Netz angebunden. Wir orientieren uns dabei am „Zielnetz Berlin 2050“ des Bündnisses
„Pro Straßenbahn Berlin“. Um den Straßenbahnausbau zu beschleunigen, werden wir neue,
attraktive Planer*innenstellen in der Verwaltung schaffen und streben die Gründung einer
InfraTram-Gesellschaft an.
Ausbau von U-, S- und Regionalbahn
Damit Berliner*innen auch weite Strecken in der Stadt problemlos zurücklegen können und
Pendler*innen aus dem Umland zuverlässig und pünktlich in die Innenstadt kommen, haben wir
im Senat die Beschaffung neuer S-Bahn und U-Bahn-Wagen durchgesetzt. Dabei wird Berlin
erstmals einen landeseigenen S-Bahn-Fuhrpark aufbauen. Wir haben 1.380 neue S-Bahn-Wagen, im
Wert von rund drei Milliarden Euro, ausgeschrieben, die schrittweise ab 2027 durch die Stadt
fahren sollen, und eine Option auf über 850 weitere gesichert. Dadurch kann nicht nur die
Taktung des S-Bahn-Angebots deutlich erhöht werden, sondern auch dessen Leistungsfähigkeit
und Zuverlässigkeit verbessert werden. Darüber hinaus wollen wir mehr Orte an die S-Bahn
anbinden. Auch hier orientieren wir uns an unserer Vorgabe, dass in dicht besiedelten
Gebieten ein 5- und in weniger dicht besiedelten Gebieten ein 10-Minuten Takt gewährleistet
werden soll.
Mit der Bestellung von bis zu 1.500 U-Bahn-Wagen können engere Takte und längere Züge
angeboten werden. Nach Jahren des Stillstandes haben wir endlich wieder Machbarkeitsstudien
zum Ausbau bestehender U-Bahnstrecken in Auftrag gegeben. Der Bau von U-Bahnen ist
allerdings deutlich langwieriger und kostenintensiver als der Ausbau von Tramlinien. Darum
gilt für uns: Bei der schnellen Umsetzung der Verkehrswende hat für uns der Tram-Ausbau
Vorrang. Gleichzeitig bauen wir gezielt dort das S- und U-Bahnnetz weiter aus, wo es
verkehrlich sinnvoll ist und wir so eine bessere Mobilität und in der Bilanz einen besseren
Klimaschutz erreichen. Für neue U- oder auch S-Bahn-Strecken müssen mindestens zwei von drei
Kriterien erfüllt sein: die Erschließung neuer Wohngebiete, ein überdurchschnittlicher
Zuwachs an Fahrgästen oder neue Umstiegsmöglichkeiten für Pendler*innen. Bei der
Erschließung neuer Wohngebiete ist es wichtig, den Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr
schon in der Planung mitzudenken. Mit der Nahverkehrstangente als schienengebundener
tangentialen Regionalverbindung werden wir die Vernetzung der östlichen Bezirke
untereinander bedeutend verbessern. Der weitere Ausbau der Verbindungen ins Umland mit der
S- und Regionalbahn findet in enger Abstimmung mit dem Land Brandenburg statt. Damit wird
der Umstieg vom Auto auf die Bahn für Pendler*innen noch attraktiver und die Umwelt wird
geschont.
Die Hauptstadtregion im Blick – Ausbau der Verbindungen ins Umland
Gemeinsam mit dem Land Brandenburg, der Deutschen Bahn und dem VBB planen wir ein
umfangreiches Ausbauprogramm für den ÖPNV in der Hauptstadtregion. Mit dem Programm „i2030“
wollen wir in der Metropolregion bis zu 180 Kilometer Bahnstrecke reaktivieren, neu oder
ausbauen. Rund 100 Stationen und Bahnhöfe in der Hauptstadtregion sollen neu, aus- oder
umgebaut werden. Langfristig wollen wir Pendelnden das Umsteigen auf die Bahn durch neue
Regionalverkehrsangebote mit dichten, einheitlichen Taktfolgen auch in den
Randverkehrszeiten erleichtern. Künftig werden wir uns zudem dafür einsetzen, dass auf den
Strecken, die nicht elektrifiziert werden können, Alternativen zum Dieselantrieb zum Einsatz
kommen.
Damit der ÖPNV von Pendler*innen und Berliner*innen in der ganzen Stadt und im Brandenburger
Umland noch mehr als bisher genutzt wird, wollen wir deutlich mehr Fahrradparkplätze und
Fahrradparkhäuser an großen U- und S-Bahnhöfen besonders im äußeren Stadtgebiet schaffen und
wo möglich Park-and-Ride-Stationen einrichten oder erweitern. Die Fahrradmitnahme wollen wir
ebenfalls erleichtern, indem wir im Rahmen von Ausschreibungen entsprechende Anforderungen
an die zu beschaffenden Fahrzeuge formulieren. Für Nutzer*innen des Sozialtickets soll die
Fahrradmitnahme kostenlos werden.Die Verknüpfung der Verkehrsträger des Umweltverbundes ist
ein zentraler Baustein der Verkehrswende.
Haltestellen sicher, bequem und grün gestalten
Zu einem modernen ÖPNV gehören auch sichere, bequeme und nachhaltige Bahnhöfe und
Haltestellen. Bus und Bahn muss bei jedem Wetter und zu jeder Uhrzeit gerne genutzt werden
können. Deshalb werden wir die Sicherheit und das Wohlbefinden auf allen unseren Bahnhöfen
und Haltestellen weiter zu erhöhen.
Alle Bus- und Tramhaltestellen wollen wir mit gut ausgeleuchteten Wartehäuschen inklusive
ausreichend Sitzgelegenheiten ausstatten und soweit möglich begrünen und entsiegeln. Die
Bahnsteige unserer U-Bahnhöfe sollen auf bauliche Engstellen überprüft und wo nötig umgebaut
werden, um die Sicherheit zu erhöhen.
Barrierefreiheit – Bus und Bahn für alle
Der Öffentliche Verkehr muss für alle zugänglich sein. Eine Stadt für alle bedeutet
Mobilität für alle. Dafür stehen wir. Deshalb muss der Umbau aller Bahnhöfe und Haltestellen
im Verkehrsverbund mit einem barrierefreien Zugang schnellstmöglich abgeschlossen werden.
Hierfür haben wir der BVG und den Bezirken bereits viel Geld zur Verfügung gestellt.
Menschen mit Behinderung, ältere Menschen oder Fahrgäste mit kleinen Kindern sollen
problemlos alle Bahnsteige und Haltepunkte erreichen können, um das Angebot des ÖPNV nutzen
zu können. Im Mobilitätsgesetz haben wir einen barrierefreien ÖPNV vorgeschrieben. Auch
deshalb haben wir die BVG mit dem Pilotprojekt zur "Alternativen Barrierefreien Beförderung"
beauftragt. Dieses Angebot wollen wir sukzessive auf ganz Berlin ausweiten. Gleichzeitig
setzen wir uns dafür ein, die Anzahl der barrierefreien Taxen im öffentlichen Raum deutlich
zu erhöhen, um echte Mobilität für alle zu verwirklichen.
Mobilität muss auch queer und feministisch sein
Noch immer wird Verkehrspolitik vor allem von Männern für Männer gemacht. Doch die Realität
der Mobilität sieht meist anders aus. Frauen nutzen seltener das Auto und sind mehr zu Fuß,
mit dem Rad oder dem ÖPNV unterwegs. Durch nicht verantwortungsbewusst fahrende
Autofahrer*innen oder durch Angsträume sind sie auch größeren Gefahren ausgesetzt.
Wir wollen uns deshalb für eine queere und feministische Verkehrspolitik einsetzen: Soziale
Wege sollen mehr ins Zentrum der Verkehrsplanung gestellt werden. Wir streben eine
geschlechterparitätische Besetzung in den Gremien an und setzen uns dafür ein, dass mehr
Frauen den Weg in technische Berufe im Verkehrsbereich gehen.
Eine queer-feministische Verkehrspolitik bedeutet aber auch, Angsträume zu reduzieren und
das Sicherheitsgefühl zu stärken. Marginalisierte Gruppen sind auch häufiger Diskriminierung
oder sexueller Belästigung im ÖPNV und im öffentlichen Raum ausgesetzt. Deshalb wollen wir
die Sicherheit der Fahrgäste verbessern und so Barrieren zur Nutzung abbauen. Dazu bedarf es
einer umfassenden Datenerhebung und einer Umsetzung von Maßnahmen wie besserer Beleuchtung
von Wegen und Bahnhöfen, digitalen Meldemöglichkeiten, Awarenesskampagnen und
Gefahrenprävention durch bessere Gestaltung der Haltestellen sowie dem Einsatz von
geschultem Personal.
Finanzierung – günstige Ticketpreise sichern und Mittel für Investitionen generieren
Wir haben unter anderem mit der Fahrzeugbeschaffung eine milliardenschwere ÖPNV-Offensive
gestartet. Denn wir wissen, es steigen nur noch mehr Berliner*innen auf den ÖPNV um, wenn
der Bus mindestens alle zehn Minuten kommt, die U-Bahn sauber und ein Platz frei ist und der
Preis stimmt. Diese Offensive wollen wir weiter vorantreiben. Weil die massiven
Investitionen dafür nicht allein über öffentliche Zuschüsse gestemmt werden können und eine
Erhöhung der Ticketpreise für uns nicht infrage kommt, müssen weitere Einnahmen generiert
werden. Gerade wer noch mehr Linien und mehr Bahnen als bisher schon ausfinanziert schaffen
will, muss auch beantworten, wie diese zusätzlich finanziert werden sollen, ein Streichen
bisheriger Planungen, wie sie im Nahverkehrsplan vorgenommen wurden, lehnen wir ab. Die
Kosten, die durch den Autoverkehr entstehen, werden von der gesamten Gesellschaft getragen.
Solch eine breite Finanzierung streben wir auch beim ÖPNV an. Wir wollen die
Verkehrsfinanzierung revolutionieren, damit alle Berliner*innen eine schnell erreichbare
Haltestelle vor ihrer Tür bekommen, die Tickets günstiger werden und die U-Bahn häufiger
kommt. Schon in dieser Periode wurden intensive Untersuchungen und Studien in Auftrag
gegeben, um die verschiedenen Instrumente, wie eine City-Maut, die Ausweitung von
Parkgebühren, eine Nahverkehrs- oder Tourismusabgabe zu untersuchen. Damit könnte das Klima
geschützt, Lärm verringert und die Aufenthaltsqualität verbessert werden, damit Berlin eine
noch lebenswertere Stadt wird. Im Dialog mit der Wissenschaft und der Stadtgesellschaft
wollen wir weiter über Einführungs- und Ausgestaltungsmöglichkeiten debattieren und nächste
Schritte erarbeiten. Denn die Kosten des Autoverkehrs müssen endlich inklusive der Umwelt-
und Gesundheitskosten ehrlich bemessen und nach dem Verursacher*innenprinzip getragen
werden. Dabei gilt für uns der Grundsatz: Der Geldbeutel darf nicht darüber entscheiden, wer
guten Zugang zur Innenstadt hat. Deshalb muss jede Maßnahme so ausgestaltet sein, dass sie
sowohl einen ökologisch nachhaltigen Effekt für Berlin hat als auch Mobilität für Menschen
mit wenig Geld gewährleistet. Menschen, die auf ihr Auto angewiesen sind, wie Pflegedienste
oder Handwerker*innen, werden künftig sogar noch einfacher in die Stadt kommen, da weniger
Autos auch weniger Stau bedeuten. So vereinen wir neue Freiräume und Mobilität für alle.
Ein verbessertes Angebot und ein Ausbau des ÖPNV dürfen nicht automatisch zu hohen
Ticketpreisen führen. Das würde den Anspruch einer sozial-ökologischen Verkehrswende
konterkarieren. Deshalb haben wir in dieser Wahlperiode das Sozial-, das Schüler*innen-, das
Azubi- und das Firmenticket deutlich günstiger gemacht und das Semesterticket für
Student*innen stabilisiert. Schüler*innen fahren in Berlin sogar völlig kostenfrei. Klar
ist: Damit sich mehr Menschen für den ÖPNV entscheiden, müssen die Tarife dauerhaft niedrig
und solidarisch finanziert sein. Unser Ziel sind deutlich günstigere Tarife und daher wollen
wir die baldmöglichste Einführung unserer Bär*innenkarte, die durch eine geringe monatliche
Abgabe aller erwachsenen Berliner*innen, ausgenommen Studierende, Pflegebedürftige,
Bezieher*innen von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe sowie Personen, die heute bereits
Anspruch auf kostenfreie Beförderung haben, finanziert wird. Damit kann der ÖPNV von allen
erheblich günstiger genutzt werden. Nach dem Ausbau der Kapazität des ÖPNV, insbesondere in
Zeiten starker Auslastung, wollen wir langfristig die Tarife fahrscheinlos gestalten.
Teilen statt besitzen – neue Mobilität für ganz Berlin
Seit einigen Jahren gibt es in Berlin zahlreiche neue Mobilitätsdienstleistungen, wie Car-,
Scooter-, Ride- oder Bike-Sharing. Berlin ist von vielen Sharinganbietern als
„Versuchslabor“ und Referenzgebiet ausgewählt worden. Berlin gehört damit zu den
internationalen Vorreiterstädten bei der Sharing-Mobilität. Neue Mobilitätsformen müssen
dazu beitragen, Emissionen einzusparen und Verkehr zu reduzieren. Unser Ziel ist, die
Sharing-Mobilität als zusätzliches Angebot in den ÖPNV zu integrieren. Denn gerade in den
mit dem ÖPNV unterversorgten Bereichen der Stadt können Sharing- und Poolingdienste die
Lücke zwischen klassischem ÖPNV und dem motorisierten Individualverkehr schließen und damit
zur Verkehrswende beitragen. Wir wollen dabei alle Möglichkeiten nutzen, um Car-, Bike-,
Scooter- und Ride-Sharing in die ganze Stadt, also auch außerhalb des S-Bahn-Ringes, zu
bringen, und gleichzeitig ökologische Standards hierfür vorgeben. Deshalb werden wir
Parkplätze die derzeit privaten Autos zur Verfügung stehen im ausreichenden Maße in
Abstellflächen für Sharing-Mobilität umwidmen. Wir wollen darauf hinwirken, dass die
Sharing- und Poolinganbieter ihre Angebots- und Nachfragedaten dem Land zugänglich machen,
damit verkehrliche Effekte untersucht und bestenfalls Open Data und Community Open Source
Tools ermöglicht werden. Digitale Mobilitätsassistenten wie die Jelbi-App sollen noch
stärker dazu beitragen, unterschiedliche Mobilitätsangebote sinnvoll aufeinander
abzustimmen, zu verzahnen, ihre Nutzung zu vereinfachen und so Verkehr zu reduzieren. Von
zentraler Bedeutung ist für uns dabei die Weiterentwicklung des Leihfahrradsystems. Wir
streben ein flächendeckendes Angebot über die ganze Stadt an, dass mit dem ÖPNV gut
verknüpft ist und so den Umstieg hin zu einer klimaschonenden Mobilität befördert. Wir
wollen auch das Taxi erhalten und ihm neue Geschäftsfelder eröffnen: ob beim Pooling oder
durch barrierefreie Taxis. Deshalb setzen wir uns auf Bundesebene für eine Reform des
Personenfördergesetzes ein, dass die Rahmenbedingungen zwischen Taxis, Mietwagen und Ride-
Sharing klar und fair regelt.
2.5 Mehr Platz für das Rad, zu Fuß und für das Leben in
der Stadt
Über 70 Jahre lang stand vor allem das Auto im Mittelpunkt der Verkehrspolitik und der
Stadtplanung. Mit dem Mobilitätsgesetz haben wir das geändert und schon viele Fortschritte
gemacht. Aber wir sind noch lange nicht am Ziel. Der öffentliche Raum ist zwischen den
Verkehrsteilnehmer*innen noch nicht so verteilt, wie es dem Bedarf der Berliner*innen
entspricht. Während der klimaschädliche Autoverkehr durch breite Straßen und großzügigen
Parkraum viel zu viel Platz für sich in Anspruch nimmt, müssen sich Fußgänger*innen und
Radfahrer*innen oftmals Autos, LKWs und Motorrädern unterordnen. Wir wollen dieses
Verhältnis umkehren. Unser Ziel ist es, dass eine Kombination aus leistungsfähigem ÖPNV,
sicherem Rad- und Fußverkehr und intelligenten Sharing-Systemen den motorisierten
Individualverkehr in der Stadt in den kommenden Jahren weitgehend ablöst und auf das
notwendige Minimum reduziert. Dies schafft nicht nur eine gerechtere Verteilung des Raums
unter allen Verkehrsteilnehmer*innen, sondern ermöglicht auch, Berlin lebenswerter
umzubauen. Denn Parkplätze können sich auch zu grünen Oasen verwandeln, autofreie Kieze
bringen Platz zum Spielen und Tollen und wo wir Beton aufreißen und Grün wächst, entstehen
Versickerungsflächen, die kühlen und das Regenwasser speichern. Unsere Mobilitätspolitik
zieht auch Lehren aus der Corona-Krise. Der Einzelhandel und die Gastronomie haben in der
Corona-Krise besonders gelitten. Wir wollen auch deshalb das Auto in unseren öffentlichen
Räumen zurückdrängen und damit die Aufenthaltsqualität auf den Straßen und Plätzen unserer
Stadt so verbessern, dass Einzelhandel und Gastronomie einen neuen Aufschwung erleben. Denn
in öffentlichen Räumen mit hoher Aufenthaltsqualität kaufen Menschen gerne ein und verweilen
gern.
Verkehrswende ist Gesundheitsschutz und Teilhabegerechtigkeit
Die Verkehrswende ist notwendig, damit Berlin seine Klimaschutzziele erreicht und die
Berliner*innen bequem und klimafreundlich unterwegs sein können. Doch sie schafft auch mehr
Gesundheitsschutz und Teilhabegerechtigkeit am öffentlichen Raum. Der Verkehr ist, neben
seinen hohen CO2-Emissionen, auch einer der größten Verursacher von Lärm und von
Luftschadstoffen wie Feinstaub. Besonders ältere Menschen und Kinder sowie Menschen mit
geringen Einkommen, die häufig an den großen Hauptstraßen und in dichten Wohnquartieren
wohnen, leiden überproportional unter diesen Umweltbelastungen. Gerade in der Corona-
Pandemie wurde deutlich, wie wichtig die Verkehrswende ist, denn auch schlechte Luftqualität
hatte Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf. Der psychologische Druck des Lockdowns trifft
Menschen deutlich härter, die mit vielen anderen auf kleiner Fläche zusammenleben. Deshalb
ist die Verkehrswende nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz, sondern ein Gewinn an
Lebensqualität für alle Berliner*innen. Wer sich kein Eigenheim mit Garten leisten kann, wer
den Wohnraum mit vielen anderen teilt, profitiert besonders von dieser Entwicklung.
Den weiteren Ausbau der A100 lehnen wir ab. Dafür vorgesehene Flächen sollen dem sozialen
Mietwohnungsbau, Grün-, Bildungs- und Sportflächen sowie der kulturellen Nutzung dienen. Wo
immer möglich, werden wir den Rückbau von Relikten der autogerechten Stadt, wie aktuell die
Breitenbachplatzbrücke, anstoßen. Wir werden uns gegenüber dem Bund dafür einsetzen, dass
die in Berlin liegenden Straßenprojekte des Bundesverkehrswegeplans gestrichen werden.
Weniger und kleinere Autos und keine klimaschädlichen Verbrenner mehr – in ganz Berlin
Die klima- und gesundheitsschädlichen Verbrenner sollen bis 2030 aus der Innenstadt und bis
2035 aus ganz Berlin verschwinden. Die verbleibenden Fahrzeuge werden emissionsfrei
angetrieben. Schon heute sind zweckmäßig und stadtverträglich dimensionierte Elektroautos
vielfach eine sinnvolle Alternative für alltägliche Transportaufgaben. Deshalb unterstützen
wir den Umstieg auf Elektrofahrzeuge und den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Bis 2022 sollen
2.000 öffentliche Ladepunkte in der Stadt aufgebaut sein. Dennoch sollte das Auto in der
Innenstadt nicht mehr die Norm, sondern nur noch die Ausnahme sein, denn auch Elektroautos
brauchen Platz. Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur achten wir daher auch darauf, dass dieser
nicht zulasten anderer Verkehrsarten geht. Klar ist: Manche Menschen werden immer
individuelle Mobilität brauchen oder aufgrund ihrer Tätigkeit während ihrer Arbeit auf ein
Fahrzeug angewiesen sein: Menschen mit Behinderung, Pflegedienste und Handwerker*innen,
Polizei und Rettung, Bauunternehmen und Müllabfuhr. Weniger PKW-Verkehr als bisher nutzt
gerade ihnen, denn so kommen sie besser voran.
Fuß- und Radverkehr ausbauen
Damit das möglich werden kann, haben wir in den vergangenen Jahren nicht nur in den Ausbau
des ÖPNV, sondern auch in die Verbesserung der Fuß- und Radverkehrsinfrastruktur investiert.
Besonders die deutlich höheren Finanzmittel und Personalressourcen für den Radverkehr haben
sich ausgezahlt. Als Grüne die Verkehrsverwaltung übernommen haben, gab es dort nur 3,5
Stellen für die Radverkehrsplanung, jetzt sind es über 70. Statt 5 Millionen Euro sind heute
über 30 Millionen Euro im Landeshaushalt für den Radverkehr vorgesehen.
In den vergangenen Jahren wurden 100 Kilometer Radwege in Berlin gebaut oder modernisiert
und 15.000 Abstellplätze geschaffen. Damit sich allerdings der Trend zum Rad fortsetzt,
braucht es eine flächendeckende und sichere Radverkehrsinfrastruktur. Deshalb wollen wir mit
mehr Tempo weiter neue Radwege bauen, Autostraßen zu Fahrradstraßen umwidmen, 100 Kilometer
Radschnellwege schaffen und an allen Hauptstraßen sichere Radstreifen einrichten. Unser Ziel
ist ein gut ausgebautes und miteinander verbundenes Radnetz. Wir streben eine Grüne Welle
auf dem Rad-Vorrangnetz an. Die bestehende Radinfrastruktur wollen wir an das steigende
Aufkommen anpassen. Dabei berücksichtigen wir auch die vermehrte Nutzung von Lastenrädern im
privaten und gewerblichen Bereich. Wo nötig, schaffen wir spezielle Infrastruktur für
Lastenräder, z.B. in dem wir geeignete und sichere Abstellplätzen einrichten. Die
Anschaffung von Lastenrädern wollen wir als Transportalternative zum Auto weiter fördern. In
den Kiezen sollen die Wohnstraßen so hergerichtet werden, dass zum Beispiel durch
abgeschliffene Oberflächen und unter Vermeidung unnötiger Versiegelung auch auf
Kopfsteinpflaster sicheres und bequemes Radfahren möglich ist. Zur Erleichterung des Ausbaus
der Rad- und Fußinfrastruktur sowie der ÖPNV-Beschleunigung soll die Zuständigkeit für die
Planung und Umsetzung aller Maßnahmen an Hauptstraßen und zur Realisierung der
Radschnellverbindungen, sowie ergänzender Infrastruktur, wie z.B. Fahrradbarometern und
Fahrradparkhäusern, von den Bezirken gänzlich an den Senat übergehen. Im Gegenzug sollen die
Bezirke von Anfang bis Ende für die Nebenstraßen zuständig sei. Dabei ist entscheidend, dass
die Verfügung über die betreffenden Haushaltsmittel der Aufgabenzuständigkeit zugeordnet ist
und zukünftig keine Doppelzuständigkeiten mehr bestehen. Auch für den Betrieb der
Infrastruktur müssen zwischen Land und Bezirken klare Zuständigkeiten getroffen werden, so
gehören übergeordnete Angebote wie Fahrradparken an S-Bahn-Stationen auf Landesebene. Ebenso
wollen wir die Anzahl der Fahrradstellplätze und Fahrradparkhäuser weiter deutlich erhöhen
und gemeinsam mit der Polizei eine wirksame Strategie gegen Fahrraddiebstahl entwickeln. Um
Konflikte mit dem Fußverkehr zu vermeiden, müssen Fahrradstellplätze bevorzugt und vor allem
auf bisherigen Autoparkplätzen entstehen.
Um mögliche Konflikte zwischen neuer Fahrradinfrastruktur und Naturschutz zu vermeiden,
sollten die Interessen des Naturschutzes bereits bei der Planung berücksichtigt werden. Eine
weitere Versiegelung durch den Bau neuer Wege soll vermieden werden. Der Ausbau des
Radwegenetzes sollte wo immer möglich durch Umverteilung des bestehenden Straßenraums
erfolgen. Wo Fahrradschnellwege durch Parks und Grünanlagen nicht vermieden werden können,
muss wo immer möglich eine lokale Kompensationsmaßnahmen für das Stadtgrün und die
Anwohner*innenschaft erfolgen.
Auch den Fußverkehr wollen wir weiter fördern und sicherer machen. Mit dem neusten Teil des
Mobilitätsgesetzes haben wir dieser enorm wichtigen Mobilitätsform eine zentrale Bedeutung
eingeräumt und seinen Ausbaus in Gesetzesform gegossen. Dazu braucht es mehr geschützte
Fußgängerüberwege, vor allem an Hauptverkehrsstraßen. Wir wollen möglichst viele Tempo-30-
Strecken in der Stadt einführen und streben auf Bundesebene an, auf Hauptverkehrsstraßen
leichter Tempo 30 zur Erhöhung der Verkehrssicherheit anordnen zu können. Ampelschaltungen
werden zukünftig stärker auf die Bedürfnisse von Fußgänger*innen abgestimmt und alle mit
Vibrationstastern und Blindenarkustik ausgestattet. Wir werden Straßenquerungen
barrierefreie gestalten und sowohl für Rollstuhlfahrer*innen als auch für Blinde und
Sehbehinderte umbauen. Mit mehr Bänke auf Straßen und Plätzen werden wir für mehr
Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum sorgen und längere Fußwege auch für ältere Menschen
wieder möglich machen.
Autofreie Kieze für mehr Lebensqualität
Wir werden den Durchgangsverkehr aus den Kiezen heraushalten und immer mehr autofreie Inseln
in ganz Berlin schaffen. Spielstraßen, Nachbarschaftsstraßen, autofreie Kieze, Kiezblocks
und Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung wollen wir weiterhin fördern und ausweiten. Ihre
Einrichtung wollen wir durch einen zentralen Leitfaden, klaren Zuständigkeiten und
ausreichenden Ressourcen vereinfachen. Insbesondere wollen wir die Bezirke unterstützen mit
einem Programm zur Finanzierung von Planung und Umsetzung von Kiezblocks. Unser Ziel ist es
in allen Berliner Bezirken mehrere Kiezblocks einzurichten und diese begleitend zu
evaluieren und auf ihre verkehrlichen, sozialen und Umwelt-Effekte und Akzeptanz zu
untersuchen.
Darüber hinaus werden wir das Modellprojekt der autofreien Friedrichstraße verstetigen und
in der nächsten Legislaturperiode viele weitere Einkaufsstraßen autofrei gestalten. Mit
Kiezblock, autofreien Einkaufstraßen oder Spielstraßen schaffen wir in ganz Berlin Orte mit
viel mehr Lebensqualität und mit Platz, der allen Menschen - vor allem auch alten Menschen
und Kindern - zum Flanieren, Spielen und für Begegnungen zur Verfügung steht.
Verkehrssicherheit – Verkehr ohne Unfalltote und Schwerverletzte
Die Verkehrssicherheit besonders für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen, ältere Menschen und
Kinder muss weiter erhöht werden. Aktuell führen sie leider die traurige Statistik der
Unfalltoten und Schwerverletzten im Straßenverkehr an. Falschparken,
Geschwindigkeitsübertretungen, insbesondere an Unfallschwerpunkten und besonders gefährdeten
Orten wie Grundschulen und Kitas, oder das Fahren über eine rote Ampel und regelwidriges
Abbiegen wollen wir stärker verfolgen und konsequent ahnden. Zusätzlich haben wir das
Förderprogramm „Abbiegeassistenz Berlin“ mit zwei Millionen Euro aufgelegt, um die Lücke bis
zum verpflichtenden Bau von Fahrzeugen mit Abbiegeassistent im Jahr 2024 zu schließen. Dazu
muss mehr Personal bei Polizei und Ordnungsämtern abgestellt werden. Wir haben die
Fahrradstaffel mit dem Ziel, sie auf die gesamte Stadt auszuweiten, deutlich ausgebaut. Wir
wollen noch mehr Polizist*innen zu Fuß und auf Fahrrädern, um alle Verkehrsteilnehmer*innen
auf Augenhöhe anzusprechen und für mehr Sicherheit und Miteinander auf Berlins Straßen zu
sorgen. Der Aufbau vieler neuer stationärer und halbstationärer Blitzer im Stadtgebiet soll
Raser*innen erfassen, ahnden und abschrecken. Radfahrer*innen sollen an immer mehr
Kreuzungen zukünftig eine vom Autoverkehr getrennte Ampelschaltung erhalten. Um dabei
schneller zu werden, wollen wir die Programmierung und Kontrolle der Ampeln in kommunale
Hand nehmen und streben dazu Gespräche mit dem bislang beauftragten Unternehmen an. Die
Umsetzung haben wir bereits auf den Weg gebracht. Mit diesen Maßnahmen wollen wir das
Leitbild der Vision Zero, einem Verkehr ohne Unfalltote und Schwerverletzte, in unserer
Stadt verwirklichen.
Platz zum Leben statt Parkplatz
Der öffentliche Raum ist für alle da, wir kämpfen für mehr Aufenthalts- und Grünflächen,
Gemeinschaftsgärten, Nachbarschafts-Begegnungsorten und Spielplätze. Wir wollen die Stadt in
den nächsten Jahren vom Autoverkehr deutlich entlasten und dazu die Parkraumbewirtschaftung
massiv, am besten flächendeckend ausweiten. Das Parken im öffentlichen Raum soll wie auch
andernorts üblich angemessen bepreist und bestmöglich mit digitalen Kontrollmöglichkeiten
durchgesetzt werden. Im partizipativen Austausch mit den Anwohner*innen wollen wir insgesamt
mehr Lebensqualität für alle Berliner*innen schaffen, dafür brauchen wir mehr Platz für
Spiel und Sport, Bewegung und Verweilen. Wir wollen Läden und Kleingewerbe, Cafés, Kitas und
Kinderläden, Initiativen für temporäre und dauerhafte Spielstraßen dabei unterstützen und
fördern, Parkplätzen für ihre Zwecke umnützen zu können. Die Anzahl der Stellplätze werden
wir für diese Ziele in den nächsten zehn Jahren halbieren und ihre Flächen umwidmen. Um dies
zu erreichen müssen bereits in der nächsten Periode mindestens 20 Prozent entsiegelt werden.
Dafür haben wir mit dem Mobilitätsgesetz die Grundlagen gelegt und werden die Bezirke von
Seiten des Landes dabei unterstützen. So schaffen wir mehr Lebensqualität für alle
Berliner*innen, die mehr Platz für Spiel, Sport und Bewegung bekommen.
Wirtschaftsverkehr emissionsfrei und sicher machen
Berlins Wirtschaft ist abhängig von zuverlässigen Transportketten. Wir wollen die
Voraussetzungen schaffen, dass diese Transportketten zukünftig vor allem klimafreundlich auf
die Schiene oder das Schiff verlagert werden können. Dazu wollen wir in Abstimmung mit dem
Land Brandenburg ein Konzept entwickeln, um die Anbindung von Wirtschaftszentren an den
Schienenverkehr und unsere Häfen zu verbessern. Außerdem wollen wir die Umrüstung auf
elektrische oder emissionsarme Antriebe bei Schiffen fördern und den Ausbau von
Elektroanlegern voranbringen. Den Lieferverkehr auf der letzten Meile wollen wir so weit wie
möglich vom LKW auf stadtverträgliche Alternativen wie Lastenräder und
Elektrolieferfahrzeuge verlagern, sowie den verbleibenden Lieferverkehr soweit wie möglich
auf den Hauptstraßen bündeln. Für das Liefern in den Kiez setzen wir auf MicroHubs, damit
Güter von Logistikzentren mit CO2-neutralen Kleinfahrzeugen klimafreundlich und
kiezverträglich verteilt werden. Dort, wo zum Beispiel Handwerker*innen auf Fahrzeuge
angewiesen sind, werden wir das sehr erfolgreiche Förderprogramm für Elektrokleintransporter
fortsetzen und ausweiten, um einen emissionsfreien und sicheren Wirtschaftsverkehr auf den
Weg zu bringen. Noch vorhandene städtische Umschlagflächen werden wir sichern und für
zusätzliche Ladezonen bisherige Pkw-Parkplätze nutzen. Auf der Grundlage bisheriger Studien
und Pilotprojekte sollen die vorhandenen Erkenntnisse zum nachhaltigen Güterverkehr zu einem
anwendbaren Konzept zusammengeführt werden. Dieses soll beispielhaft in der Stadtmitte unter
Einbeziehung des Westhafens und der Schieneninfrastruktur der BVG umgesetzt werden.
Lärmschutz und Klimaschutz verbinden, Flugverkehr reduzieren
Flugzeuge sind mit Abstand die klimaschädlichsten Verkehrsmittel. Deshalb ist der
Luftverkehr zu Recht in den Fokus der Klimadebatte gerückt. Wir werden infolge der Corona-
Pandemie einen Strukturwandel hin zu einer deutlichen Reduzierung klimaschädlicher Flüge
politisch befördern. Wir setzen uns für den Abbau klimaschädlicher Subventionen im
Luftverkehr ein. Als Mitgesellschafter der FBB muss das Land Berlin für ein nachhaltiges
Wirtschafts- und Klimaschutzkonzept des BER sorgen. Eine Erweiterung und weitere Start- und
Landebahnen lehnen wir ab. Für die FBB muss ein Sanierungskonzept erarbeitet werden, mit dem
es nach EU-wettbewerbskonformen Maßnahmen möglich ist, den Flughafen in öffentlicher Regie
weiter zu betreiben und die Belastungen der Steuerzahler*innen dauerhaft zu beenden. Das
Sanierungskonzept muss dabei umfassen, dass der Flughafenbetreiber anschließend sämtliche
Betriebs- und Investitionskosten aus eigener Kraft stemmen kann.
Besonders die Lärmbelastung ist für Anwohnende von Flughäfen enorm. Deshalb setzen wir uns
weiterhin für ein Nachtflugverbot am neuen Flughafen Berlin Brandenburg (BER) zwischen 22
und 6 Uhr ein. Wir fordern Lärmobergrenzen nach dem Vorbild Frankfurt/Mains und die Änderung
der Betriebszeiten des Flughafens um die o.g. Nachtruhe zu gewährleisten. Darüber hinaus
setzen wir uns dafür ein, dass in die Start- und Landegebühren alle ökologischen, klima- und
lärmbelastenden Faktoren eingerechnet werden.
Anstelle des Masterplan 2040 wollen wir einen Masterplan Klimaschutz für den BER mit den
anderen Gesellschaftern beschließen, welcher eine stetige Reduktion der Flugbewegungen
vorsieht. Wir setzen uns auf Bundesebene dafür ein, dass für Kurz- bzw. Inlandsflüge
zukünftig deutlich höhere Gebühren erhoben werden dürfen und eine vollständige
Internalisierung der ökologischen Kosten in den Flugpreis erfolgt. Dadurch soll eine
Verlagerung von Kurzstrecken- und Inlandsflügen auf die Bahn erreicht werden. Außerdem
wollen wir prüfen, ob und wie der Flughafen selbst eine klimagerechte Ausgleichszahlung
erheben kann. Wir setzen uns zudem auf Bundesebene für einen Ausbau des Fernstreckennetzes
der Bahn und der Nachtzug-Verbindungen ein und werden auch die Vergabe von Förderkrediten
für neue eigenwirtschaftliche Nachtzugverbindungen ab Berlin durch die Investitionsbank
Berlin und die KfW prüfen. Berlin soll Nachtzug-Drehkreuz werden. Zudem wollen wir, dass
Dienstreisen der Berliner Verwaltung im Inland durch Bahnreisen erfolgen sollen bzw. dass
digitale Konferenzen im In- und Ausland Flugreisen ersetzen und somit Energie und Emissionen
sparen. Die Senatsschulverwaltung möge darauf hinwirken, dass Flug-Klassenreisen bei allen
Beteiligten grundsätzlich bzgl. der CO2-Bilanz des Fliegens hinterfragt und möglichst durch
Alternativen ersetzt werden, auch wenn dies zeit- und kostenaufwendiger sein sollte.
2.6 Regional, saisonal, bio: gutes Essen für alle
Mit der Ernährungswende hat Berlin bundesweit einen neuen, mutigen Weg in der Agrar- und
Ernährungspolitik eingeschlagen: Gemeinsam mit der Zivilgesellschaft haben wir eine
zukunftsfähige, nachhaltige und regional gedachte Ernährungsstrategie für die Stadt
entwickelt und dabei Verbraucher*innen in das Zentrum gestellt. Gutes Essen muss allen
Berliner*innen unabhängig der fianziellen Situation erschwinglich sein. Ein besonderes
Augenmerk haben wir dabei auf die Gemeinschaftsverpflegung gelegt, denn die ist der Esstisch
der Stadtgesellschaft, an dem wir alle zusammenkommen: Die Kantinen in öffentlichen
Einrichtungen, Betrieben, Krankenhäusern, Kitas und Schulen Berlins versorgen täglich
Tausende von Berliner*innen. Hier setzen wir an, um regionales und biologisches und vor
allem köstliches Essen auf die Berliner Tische zu bringen. Gute Zutaten und gute Zubereitung
sind zwei Seiten einer Medaille, deshalb setzen wir uns auch weiterhin für bessere
Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Cateringbetrieben ein.
Qualitäts-Regio-Siegel für Produkte aus einem Umkreis
Bio- oder regionale Lebensmittel, vegane, vegetarische und saisonale Ernährung sind keine
Nischenmärkte mehr: Sie sind längst Normalität für Berliner*innen. Wir wollen den von uns
eingeschlagenen Weg weitergehen und den Bund und die EU dazu antreiben, die Agrar- und
Ernährungswende zu vollziehen und die Tierzahlen zu reduzieren. So stärken wir Verbraucher-,
Umwelt- und Klimaschutz nachhaltig. Berlin zeichnet sich durch eine enorme Nachfrage an bio-
regionalen Lebensmitteln aus. Dieser Markt bietet die Möglichkeit, die bio-regionale
Landwirtschaft nachhaltig umzugestalten, die industrielle Tierhaltung zu beenden und mit dem
Ausbau der pflanzlichen Ernährung einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Dazu
ist es unerlässlich, eng mit Brandenburg und anderen benachbarten Bundesländern und unserem
Nachbarland Polen zu kooperieren: Wir wollen, dass der Weg vom Acker auf den Teller kürzer
wird und sich grundsätzlich ändert, hin zu einer ökologisch-regional orientierten
Ernährungswirtschaft. Gleichzeitig kann dieser regionale Bezug den Verbraucherschutz
stärken. Dafür wollen wir in Zusammenarbeit mit Brandenburg, aber auch anderen Bundesländern
eine gemeinsame Strategie entwickeln, die u. a. ein Qualitäts-Regio-Siegel für Produkte aus
dem Umkreis beinhaltet. Alle Berliner Vergabestellen sollen dann künftig bei öffentlichen
Ausschreibungen dieses Qualitäts-Regio-Siegel verwenden. Damit unterstützen wir nicht nur
die Ernährungswende in Berlin, sondern fördern auch nachhaltiges Wirtschaften in der
gesamten Region.
Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Verwaltung – Berlins Kantinen werden bio
Mit der Berliner Ernährungsstrategie möchten wir den Anteil von biologisch produzierten,
saisonalen, regionalen und pflanzlichen Lebensmitteln in der Gemeinschaftsverpflegung stetig
ausbauen und diese Lebensmittel ganz oben auf den Speiseplan setzen. Gerade in der
öffentlichen Beschaffung sehen wir große Potentiale, die wir besser nutzen können. Ein gutes
Beispiel sind die Schulen. Ab 2021 gibt es beim beitragsfreien Schulessen für die ersten bis
sechsten Klassen Früchte, Gemüse, Milch und Milchprodukte, sowie Pflanzendrinks
ausschließlich in Bio-Qualität. Der Bio-Anteil steigt damit von unter 15 Prozent auf über 50
Prozent. Wir wollen auch in Zukunft öffentliche Ausschreibungen nachhaltiger gestalten,
Schulungen für Vergabestellen anbieten, eine Kantinenrichtlinie entwickeln und einführen und
die Verwaltungsvorschrift „Umwelt und Beschaffung“ weiterentwickeln. Wir wollen insbesondere
alle Kitas und Schulen, aber auch die anderen Bereiche der Gemeinschaftsverpflegung, wie zum
Beispiel Krankenhäuser, dabei unterstützen, bis 2026 weitestgehend auf biologisch
produzierte, vor allem regional angebaute Lebensmittel und vollwertiges pflanzliches Essen
umzusteigen. Außerdem wollen wir an möglichst allen Schulen Schulgärten etablieren. Um
unsere Ziele zu erreichen, setzen wir bei der Umstellung der Gemeinschaftsverpflegung auf
die neu geschaffene Fortbildungseinrichtung „Kantine Zukunft“. Dieses Projekt wollen wir in
eine langfristig bestehende Struktur überführen und regelmäßig neue Küchen in das
Umstellungsprogramm aufnehmen. Darüber hinaus soll sich Berlin gemeinsam mit Brandenburg
aktiver an EU-Förderprogrammen für gesunde Lebensmittel in den Schulen beteiligen und eine
aktivere Rolle im Netzwerk der deutschen Bio-Städte spielen.
„LebensMittelPunkte“ in ganz Berlin
Für die Ernährungswende reicht aber die Umstellung von Küchen nicht aus. Wir wollen an
verschiedenen Standorten in jedem Bezirk mindestens einen „LebensMittelPunkt“ (LMP)
etablieren. Dabei wollen wir zivilgesellschaftliche Initiativen der LMP-Bewegung einbeziehen
und aktiv unterstützen. Diese „LebensMittelPunkte“ wollen wir zu Orten des sozialen
Zusammenlebens entwickeln, an denen Zugang zu gutem und gesundem Essen, unabhängig vom
Geldbeutel, und damit Verbraucherschutz gewährleistet ist. Hier soll auch Platz für alle
Akteur*innen der Ernährungsszene gegeben sein, wie Lebensmittelretter*innen, Bienen- und
bestäuberfreundliche Urban-Gardening-Projekte, Kleingärtner*innen, Imker*innen, wie auch für
lokale Manufakturen und insbesondere inhabergeführte Lebensmittelhandwerksbetriebe. Sie alle
wollen wir durch Bürokratieabbau bei den bislang schwer umsetzbaren Hygienevorschriften
unterstützen. Auch die Berliner Wochenmärkte sowie den Großmarkt wollen wir zu Zentren für
frische und regionale Lebensmittel ausbauen.
Ein „Food-Campus“ für die Ernährungswende
Ein weiterer Schwerpunkt der Ernährungsstrategie ist der Ausbau der Lebensmittelbildung: Mit
einem zentral gelegenen „Food-Campus“ wollen wir einen Ort schaffen, wo Wissenschaft,
Praxis, Bildung und politische Diskussionen von und mit der Zivilgesellschaft die
Ernährungswende in Berlin vorantreiben. Wir wollen es ermöglichen, dass alle Berliner*innen
Zugang zu niedrigschwelligen Bildungsangeboten rund um die Themen Ernährung und
Landwirtschaft haben. Ein Schwerpunkt wird dabei auf der pflanzlichen Ernährung liegen, denn
der Konsum von Nahrungsmitteln tierischer Herkunft soll aus Klima- und Artenschutzgründen
deutlich sinken. Auch in den Schulen soll das Thema einen größeren Stellenwert einnehmen:
Wir wollen jeder Schule Zugang zu einer Lehrküche geben und wollen an jeder Schule einen
Schulgarten etablieren, um allen Schüler*innen die Möglichkeit zu bieten, Basiswissen zu
gesunder, pflanzlicher und nachhaltiger Ernährung zu erlangen und eine höhere Wertschätzung
für Lebensmittel zu entwickeln. Nach dem Vorbild Kopenhagen wollen wir möglichst viele
Schulen zu "Food Schools" machen, in denen das Essen frisch gekocht wird und Schüler*innen
an der Zubereitung beteiligt werden können.
Lebensmittelverschwendung beenden und Lebensmittelbetrug bekämpfen
Berlin soll Zero-Waste-Stadt werden und auch dafür ist die Ernährungswende ein zentraler
Hebel. Wir wollen Strukturen unterstützen, durch die gerettete Lebensmittel besser verteilt
werden können, Supermärkte sollen abgelaufene Lebensmittel nicht mehr wegwerfen dürfen,
sondern beispielsweise an die Tafel oder Foodsharing spenden. Auch streben wir es weiterhin
auf der Bundesebene an, „Containern“ (entsorgte Lebensmittel aus den Mülltonnen der
Supermärkte zu entwenden) zu legalisieren. Verbraucher*innen stehen für uns im Mittelpunkt –
und nicht die Agrar- und Lebensmittelindustrie. Wir wollen Lebensmittelbetrug einen Riegel
vorschieben, dazu haben wir in der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz bereits
einen Runden Tisch gegen Lebensmittelbetrug eingerichtet. Und wir werden noch mehr tun: Wir
wollen Polizei, Staatsanwaltschaft, die Lebensmittelaufsicht in Land und Bezirken und das
Landeslabor Berlin-Brandenburg noch besser vernetzen und fördern. Denn das Ausmaß des
Problems ist gewaltig – und jeder Betrug und jede Fälschung sind eine ganz reale
Gesundheitsgefahr.
Auch in der Gastronomie wollen wir für mehr Transparenz und barrierefreien Zugang zu
Informationen sorgen. Dazu wollen wir den Verbraucher*innen Zugang zu Erkenntnissen der
bezirklichen Lebensmittelüberwachung ermöglichen und die Ergebnisse der
Lebensmittelkontrollen wie in anderen Ländern, zum Beispiel Dänemark, auch an den Türen
aller Lebensmittelbetriebe für alle klar erkennbar veröffentlichen.
2.7 Tierschutz stärken – lebenswerte Stadt für jedes
Lebewesen
Tiere bewohnen mit uns gemeinsam diese Stadt. Sie sind keine Gegenstände, sondern Lebewesen,
deren Rechte es zu schützen gilt. Wir wollen, dass Menschen und Tiere in dieser wachsenden
Stadt gut zusammenleben, und haben deshalb die Tierrechte in den vergangenen Jahren weiter
gestärkt. Ein Verbandsklagerecht ermöglicht es nun Tierschutzorganisationen in Berlin, bei
Verstößen gegen das Tierschutzgesetz stellvertretend für die Tiere zu klagen. Zudem haben
wir das Amt der Landestierschutzbeauftragten erstmals hauptamtlich besetzt. Berlin hat damit
endlich eine starke Stimme für Tierrechte erhalten. Wir streben an, dieses Amt mit
zusätzlichen Kompetenzen auszustatten.
Tierschutz besser finanzieren, Heimtierhaltung besser regulieren
Die mit dem Tierschutz beauftragten Behörden des Landes Berlin wollen wir so ausstatten,
dass sie ihrer Arbeit vollumfänglich nachkommen können. Zudem wollen wir Tierheime,
Wildauffangstationen, Tierschutzorganisationen und -initiativen sowie Tiertafeln besser
finanzieren und die Zusammenarbeit mit der Verwaltung verbindlicher gestalten. Wir stärken
Tierschutzpädagogik, ergreifen Bildungsinitiativen für die artgerechte Haltung von
Heimtieren und werden Werbung, die Heimtiere bzw. deren Haltung unangemessen darstellt,
problematisieren. Für die private Tierhaltung wollen wir verbindliche Standards im Hinblick
auf das Tierwohl festlegen und auf Bundesebene dazu hinwirken, dass Haltung, Zucht und
Handel von Heimtieren in einer Tierschutz-Heimtierverordnung geregelt wird. Unser Zeil ist
es, zu regeln, welche Arten unter Berücksichtigung von Tier-, Arten- und Naturschutz sowie
von Gesundheits- und Sicherheitsaspekten für den Handel und die Privathaltung akzeptabel
sind. Wir lehnen Reptilien- und Exotenbörsen ab und setzen uns für eine stärkere Kontrolle
ein. Den illegalen Handel mit Welpen und allen anderen Tieren wollen wir durch bessere
Behördenzusammenarbeit unterbinden.
Um den Tierschutz in Privathaushalten besser durchsetzen zu können, wollen wir ein Haus- und
Heimtierregister und eine Tier-Notrufnummer für alle Tierarten einführen. Ferner streben wir
weitere Hundeauslaufflächen an, um in möglichst allen Bezirken ausreichend Platz für Hunde
zu schaffen. Wir werden prüfen, mit welchen wirkungsvolleren Mitteln der Gefahrenabwehr wir
die Rasselisten ersetzen können Pferdehaltung soll tiergerechter und mit mehr
Offenstallhaltung erfolgen. Wir vertreten die Überzeugung, dass Pferdekutschen nicht nach
Berlin gehören und lehnen den Einsatz von Pferdestaffeln der Bundespolizei in Berlin ab. Wir
werden ein berlinweites Taubenmanagement mit betreuten Taubenschlägen zur
Populationskontrolle einrichten. Wir entwickeln effektive Strategien gegen Qualzuchten bei
allen Tierarten.
Massentierhaltung beenden
Mit einem Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht geht Berlin bereits gegen
tierschutzwidrige Bestimmungen in der Schweinehaltung vor. Auf Bundesebene setzen wir uns
dafür ein, dass die Anzahl der gehaltenen Tiere deutlich reduziert und jede Haltung im
Agrarbereich auf einen tiergerechten, ökologischen und nachhaltigen Standard gehoben wird
und dass Lebensmittel die aus Massentierhaltung stammen klar gekennzeichnet werden müssen.
Auch so wollen wir erreichen, dass Produkte in Supermärkten, die in Teilen oder ganz aus
Massentierhaltung stammen, immer weniger werden.
Jagdgesetz überarbeiten
Das Berliner Jagdgesetz wollen wir modernisieren. Durch ein ökologisches und
wissenschaftlich begründetes Wildtiermanagement wollen wir die Jagdzeiten und die Anzahl der
beliebig jagdbaren Arten reduzieren. Der Abschuss von Haustieren soll untersagt werden.
Jäger*innen sollen darüber hinaus regelmäßig Fortbildungen und Schießprüfungen absolvieren
müssen.
Keine Wildtiere im Zirkus
Wildtiere gehören nicht in den Zirkus. Wir haben deshalb in den vergangenen Jahren die
landesrechtlichen Kompetenzen voll ausgeschöpft, um keine öffentlichen Flächen mehr an
Zirkusse mit Wildtieren zu vergeben. Auf Bundesebene streben wir nach wie vor ein völliges
Verbot von Wildtieren in Zirkussen an. Wir sehen Tiere in Zirkussen kritisch und setzen uns
für höhere Tierhaltungsstandards, mindestens wie in Zoos, ein. Auch im Zoo und Tierpark
wollen wir eine konsequente Ausrichtung auf tiergerechte Haltung und
Beschäftigungsmöglichkeiten.
Tierversuche durch Alternativmethoden ersetzen
Die Zahl der wirtschaftlich und wissenschaftlich genutzten Tiere wollen wir stetig
reduzieren und Tierversuche im Sinne der 3R (Reduce, Replace, Refine) so weit wie möglich
durch alternative, tierversuchsfreie Methoden ersetzen. Berlin soll Forschungshauptstadt für
alternative, tierversuchsfreie Methoden werden. Dabei ist es für uns selbstverständlich,
dass es in Berlin keine Tierversuche mit Schweregrad „schwerst“ nach der EU
Tierversuchsrichtlinie sowie Versuche an Primaten geben darf. Das Festhalten an gängiger
Forschungspraxis oder wirtschaftlichen Interessen dürfen nicht länger über dem Tierschutz
stehen. Dafür haben wir die Berliner Tierversuchskommission in einem ersten Schritt
paritätisch mit Vertreter*innen aus der Wissenschaft und dem Tierschutz besetzt. In der
Zukunft werden wir dabei die Rolle von unabhängigen Vertreter*innen des Tierschutzes
stärken. Tierschützer*innen sollen die gleichen Rechte wie die Vertreter*innen der
Wissenschaft haben. Wir fordern eine gesetzlich verankerte, verbindliche
Dokumentationspflicht auf Bundesebene und werden den Aufbau von Datenbanken weiter fördern
und auf die Vermeidung von Doppel- und Wiederholungsversuchen hinwirken. Verstärkte
Kontrollen sollen Tiere in Versuchsvorhaben besser schützen.
Gemeinsam mit der Forschung, der Landestierschutzbeauftragten, den Tierschutzorganisationen
und forschenden Pharmaunternehmen werden wir konkrete Ausstiegsfahrpläne für Tierversuche
entwickeln. Die Landesförderungen von Forschungsvorhaben knüpfen wir an die Bedingung,
Alternativen zu nutzen, zu erarbeiten und weiterzuentwickeln. Dabei bevorzugen wir Projekte,
die Tierversuche ersetzen helfen oder Alternativmethoden valideren.
Wissen über alternative Methoden zu Tierversuchen soll bereits in grundständigen
Studiengängen vermittelt werden und in der Lehre wo immer möglich auf Tierversuche
verzichtet werden. Gegenüber dem Bund und der Europäischen Kommission setzen wir uns für ein
Ausstiegsszenario aus der an Tierversuche gebundenen Forschung ein.
2.8 Berlins Tourismus ökologisch und nachhaltig
weiterentwickeln
Berlin ist eine weltoffene, diverse und gastfreundliche Stadt. Viele von uns lieben und
schätzen Berlin dafür. Die Clublandschaft, die Museen und Galerien, die Flaniermeilen und
Flohmärkte sowie das reiche gastronomische und kulturelle Angebot – all dies macht Berlin
auch für uns Berliner*innen so liebenswert und lebt auch in hohem Maße vom Tourismus. Die
Corona-Krise, durch die Millionen von Tourist*innen nicht mehr nach Berlin kommen konnten,
hat uns noch einmal vor Augen geführt, wie wichtig der Tourismus als Wirtschaftsfaktor für
Berlin ist, doch ein „Weiter so“ wie bisher kann es in Berlin nicht geben. Deshalb wollen
wir den nachhaltigen Tourismussektor weiter ausbauen und ökologische Hotels stärker
unterstützen. Die Zeit jetzt muss genutzt werden, um die bestehenden Probleme anzugehen,
damit auch in den belasteten Kiezen die Akzeptanz wieder steigt. Eine erfolgreiche
Tourismuspolitik bemessen wir nicht anhand von immer höheren Besucher*innenrekorden, sondern
sie bedeutet für uns auch eine aktive Stadtentwicklungspolitik, die lenkt und gestaltet.
Stadtverträglicher, ökologisch nachhaltiger Tourismus
Denn der Tourismus hat auch seine Schattenseiten. In vielen Kiezen der Innenstadt ist der
Unmut über massiv steigende Tourist*innenzahlen sehr groß. Ferienwohnungen, Lärm, Müll und
steigende Preise schaffen in Teilen der Stadt Herausforderungen. Für uns ist klar: Tourismus
wird auch nach der Pandemie ein wichtiges wirtschaftliches Standbein unserer Stadt sein,
aber wir brauchen einen stadtverträglichen Tourismus, der die Anwohnenden möglichst nicht
belastet und sie mit ihren Bedürfnissen einbezieht sowie ökologisch sowie sozial nachhaltig
ist. Mit dem Tourismuskonzept 2018+ für Berlin haben wir dafür konkrete Ziele festgelegt.
Ströme von Tourist*innen sollen stärker entzerrt werden: von den Gärten der Welt in Marzahn-
Hellersdorf oder dem Schloss Biesdorf bis zur Zitadelle Spandau – Berlin hat deutlich mehr
zu bieten als „Kreuzberger Nächte“. Deswegen wollen wir die touristische Infrastruktur
außerhalb des S-Bahn-Rings stärken und mehr Aufmerksamkeit für weniger beachtete
Sehenswürdigkeiten schaffen. Berlin braucht für die Zeit nach der Corona-Pandemie einen
neuen Aufschlag, um nachhaltig und zukunftsorientiert den Tourismus in Berlin zu gestalten.
Wichtig dabei wird ein Hotelentwicklungsplan sein, mit dem wir die innerstädtischen Bezirke
entlasten und eine stärkere Steuerung des Beherbergungswesens erreichen wollen. Dabei muss
für neue Hotels auch die Umgebung mit betrachtet werden, um touristische und gastronomische
Monostrukturen zu verhindern. Dies sollte auch für bereits geplante Hotels und Hostels
gelten. Die illegale Umnutzung von Wohnraum als Ferienwohnung muss deutlich strenger
kontrolliert werden. Die Attraktivität der Berufe soll durch bessere Arbeitsbedingungen, vor
allem eine angemessene Bezahlung und effektivere Arbeitsschutzbestimmungen, gesteigert
werden.Große Ziele verlangen ein beherztes Anpacken. Deswegen haben wir angefangen,
VisitBerlin von einer Marketingagentur zu einer gestaltenden Akteur*in umzubauen, die
Impulse für einen nachhaltigen und stadtverträglichen Tourismus setzt – und zwar in enger
Zusammenarbeit mit den Bezirken. So haben wir einen Bürger*innenbeirat ins Leben gerufen, um
die Berliner*innen aus den verschiedenen Bezirken besser bei der Umsetzung des neuen
Tourismuskonzeptes einzubinden. Diese Beteiligung wollen wir weiter ausbauen. Außerdem
wurden den Bezirken mehr finanzielle Mittel an die Hand gegeben, um vor Ort gezielt
Maßnahmen umsetzen zu können – was wir nochmal deutlich verstärken wollen.
Stärkere Reinigung von Parks und Straßen
Beliebte Parks, Straßenzüge und Kieze leiden unter einem erhöhten Müllaufkommen. Deswegen
haben wir die Parkpflege personell verstärkt und sichergestellt, dass die BSR viele Berliner
Parks, wie zum Beispiel den Görlitzer Park, regelmäßig und stärker reinigt. Das kostet viel
Geld, stößt aber auf sehr viel Zuspruch bei den Anwohnenden. Gerade Orte mit vielen
Tourist*innen oder viel Durchgangsverkehr haben einen hohen Wert für die ganze Stadt – es
ist nicht gerecht, die Anwohnenden mit den Mehrkosten dafür alleinzulassen, sie sollen
stattdessen vom Land übernommen werden.
City-Tax und der Fonds „Ökologischer Tourismus“
Den Tourismus in Berlin wollen wir ökologischer und nachhaltiger gestalten. Dazu wollen wir
den Fonds „Ökologischer Tourismus“ einrichten. Dieser soll Hotels, Restaurants und
touristische Einrichtungen dabei unterstützen, ihren Ressourcenverbrauch zu verringern, ihre
Energieeffizienz zu steigern und Barrierefreiheit zu ermöglichen. Mit der Förderung des
ersten Solarschiffes – eines emissionsfreien Ausflugsdampfers auf der Spree – haben wir
gezeigt, wie ökologischer Wassertourismus in Berlin aussehen kann. Wir wollen den Einsatz
solcher Solarschiffe zukünftig noch stärker fördern. Auch die Hop-on-Hop-off-Busse sollen
emissionsfrei werden und ein Konzept zur Entzerrung des Reisebusverkehrs Berlin entlasten
Außerdem möchten wir die Einnahmen aus der Berliner City-Tax zu großen Teilen für die
Gestaltung hin zu einem stadtverträglichen und ökologischen Tourismus nutzen.
Jetzt ganz konkret: Bündnisgrüne Projekte für die Zukunft Berlins
1. Berlins Dächer werden Solarkraftwerke
Berlin kann 25 Prozent der hier verbrauchten Energie aus Solarenergie decken – wir wollen
das bis 2035 schaffen. Auf Neubauten und bei wesentlichen Dachumbauten machen wir eine
Solaranlage zur Pflicht. Bis 2025 sollen berlineigene Gebäude wie Schulen oder Ämter
standardmäßig mit Solaranlagen ausgestattet und nachgerüstet werden. Mit der Solardachbörse
wollen wir erreichen, dass Hauseigentümer*innen ihr Dach zur Verfügung stellen, um es in ein
Solarkraftwerk umzuwandeln.
2. Eine Stadt ohne Müll
Ob Straßen, Parks oder Spielplätze – wir wollen eine saubere Stadt. Dazu wollen wir den
Reinigungstakt in den besonders betroffenen Kiezen steigern, ohne dabei die Kosten für die
Anwohnenden zu erhöhen. Wir werden mehr Sperrmüll-Abgabe-Stellen einrichten, um die Wege zu
verkürzen. Besonders viel besuchte Parks und Spielplätze sollen regelmäßig von der BSR
gereinigt werden. Am besten ist es aber, wenn Müll erst gar nicht entsteht, und ein langes
Leben für Geräte schützt das Klima. Deshalb werden wir Pfandsysteme, zum Beispiel beim Essen
to go, stärker fördern. Wir werden weiterhin dafür streiten, dass die bundesrechtlichen
Vorgaben endlich Schluss machen mit dem Verpackungswahnsinn und die Ressourcenverschwendung
gestoppt wird.
3. Ökologische Stadtquartiere der Zukunft – Bauwende umsetzen
Aus anderen Städten kennen wir leuchtende Beispiele des ökologischen Bauens und der
nachhaltigen Stadtentwicklung – seien es auf Balkonen wachsende Bäume, Ökobaustoffe wie
Holz, Lehm und Stroh, oder Sportflächen, die Versickerung von Regenwasser zulassen. Wir
wollen die Bauwende umsetzen, die Verkehrswende Realität werden lassen, Berlin zur
„Schwammstadt“ umbauen und multifunktionale Orte schaffen. Um Impulse dafür zu setzen,
wollen wir eine Internationale Bauausstellung (IBA) mit und in allen Berliner Bezirken
initiieren. Wir tun dies zusammen mit Brandenburg und setzen Impulse für eine ökologische
und soziale Stadtplanung und schaffen klimaresilienten Wohn- und Gewerberaum mit der
notwendigen sozialen, kulturellen und grünen Infrastruktur.
4. Autofreie Kieze in ganz Berlin
Wir wollen Autos aus Straßenzügen und Kiezen rausholen und Platz schaffen für das Leben –
für Kinder, Kultur und Natur. Weniger Abgase und Lärm, mehr Platz zum Spielen und Flanieren.
An der Friedrichstraße haben wir es vorgemacht und weitere Straßen werden folgen. Um Kieze
vom Auto-Durchgangsverkehr zu befreien, wollen wir auch in der nächsten Legislatur viele
neue Kiezblocks schaffen.
5. Die Taktzahl erhöhen –Bus und Bahn ausbauen
Alle Berliner*innen müssen die Gewissheit haben: Der Bus kommt sofort. Um das zu schaffen,
wollen wir die Taktung von Bussen und Bahnen deutlich erhöhen. Unser Ziel ist es, in dicht
besiedelten Quartieren, unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb des S-Bahn-Ringes
liegen, alle fünf Minuten einen Anschluss an den ÖPNV bereitzustellen. In weniger dicht
besiedelten Gebieten soll den Berliner*innen mindestens alle zehn Minuten ein ÖPNV-Angebot
zur Verfügung stehen.