Vor allem in den Außenbezirken merkt man seit etwa 15 Jahren, dass deutlich mehr Bäume auf privaten Flächen gefällt werden als nachgepflanzt. Dies geht auf die damalige „Sparmaßnahme“ des Landes Berlin zurück, den Baumschutz zu beschneiden und bis auf Ausnahmen nur noch Laubbäume und Waldkiefern mit min. 80 cm Umfang zu schützen. Zudem wird anderen in der Baumschutzverordnung (BaumSCHVO) festgeschriebenen Schutzmaßnahmen, wie z.B. das Verbot Wurzel aufzugraben oder auf andere Weise Bäume zu schädigen, selbst nach Anzeigen nicht nachgegangen (sogenanntes Vollzugsdefizit). Bei den Fällgenehmigungen heißt es in den Baumschutzämtern im Moment „durchwinken“ statt ablehnen. (Vgl. 2017 in Steglitz-Zehlendorf: 1.716 angenommene und 55 abgelehnte Fällanträge). Schätzungsweise 15.000 private Bäume werden jährlich in Berlin gefällt, wobei die Zahl der Nachpflanzungen unbekannt ist, aber vermutlich deutlich niedriger liegt. Durch Phrasen wie „zumutbar und angemessen“ oder „Wünsche des Verpflichteten“ ist die Verordnung höchst subjektiv und es ermöglicht den Eigentümerinnen, Ausgleichszahlungen in Höhe des Baumschulpreises zu zahlen. Ebenso subjektive Fällgründe sind bspw., dass die Funktion des Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt ist oder eine unzumutbare Verschattung, die fast jede Fällung ermöglichen. Besonders skurril und museal erscheint der Verlust der ökologischen Funktion als Grund zur Fällung, da insbesondere Totholz einen hohen ökologischen Wert hat. Deshalb sollte es unser Ziel sein mit einer modernen BaumSCHVO den gesunden Baumbestand zu schützen. Beispielsweise bindet eine hundertjährige Buche pro Jahr etwa sechs Tonnen CO2, sowie eine Tonne Feinstaub, produziert etwa 4,5 Tonnen Sauerstoff und kühlt mit etwa 400 Litern Wasser. Um den ökologischen Wert kurzfristig zu ersetzen, bräuchte es etwa 2.000 Baumschulbäume. Auch finanziell lohnt sich eine moderne verschärfte BaumSCHVO für die Bezirke, da bei stärkerem Baumschutz mit weniger Fällanträgen zu rechnen ist. Zudem können schon jetzt Bußgelder von bis zu 50.000 Euro für Verstöße verhängt werden, was derzeit scheitert und personell, sowie mittels Vollzugsvorschrift geändert werden sollte. Aber auch die Eigentümerinnen selbst würden durch Baumschutz geschützt werden, da sie meistens nur die kurzfristigen Effekte wie mehr Sonneneinstrahlung sehen. Oft sehen jene besorgt einen toten Ast und werden vom Baumfällunternehmen dazu gedrängt, den Baum zu fällen, da diese zum einen damit ihr Geld verdienen, aber andererseits nicht die Verantwortung übernehmen wollen, falls ein Baum doch umfällt. Deshalb sollten wir mit einer modernen BaumSCHVO eine nachhaltiges und zukunftsfähiges Grün schaffen, das langfristig und allgemeinwohlorientiert ist, wo gesunde Bäume gepflegt, aber die Fällung kranker Bäume einfach ermöglicht wird, die Lebensqualität gesteigert und wo sich keiner von Ersatzpflanzungen freikaufen kann, sondern die Umwelt als Gemeinwohl betrachtet wird.
Kapitel: | Berlin neu denken – eine Metropole für Mensch und Natur |
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Antragsteller*in: | Michael Kern |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: K-2-296 |
Eingereicht: | 22.02.2021, 11:18 |