mündlich
Kapitel: | Wahlprogramm Kapitel 4: Freies Berlin! |
---|---|
Antragsteller*in: | Thomas Künstler (KV Berlin-Mitte) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 08.04.2016, 17:01 |
Kapitel: | Wahlprogramm Kapitel 4: Freies Berlin! |
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Antragsteller*in: | Thomas Künstler (KV Berlin-Mitte) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 08.04.2016, 17:01 |
wollen ein flächendeckendes und kostenfreies WLAN für ganz Berlin, auf Bahnhöfen, in Bussen und Bahnen oder öffentlichen Einrichtungen wie Rathäusern, Bibliotheken oder Museen. Dafür werden wir mit bestehenden Initiativen verstärkt zusammenarbeiten, auch um ihre Erfahrungen zu nutzen.
4. Freies Berlin!
4.1. Alles Berlinerinnen und Berliner
Vielfalt – Partizipation – Religion
Berlin ist weltweites Sinnbild für Freiheit, Offenheit und Toleranz. Die Berlinerinnen und
Berliner haben es gemeinsam geschafft, die Mauer einzureißen. Das prägt das Lebensgefühl der
Stadt und macht sie so anziehend. Jede*r zweite Mensch, der in Berlin lebt, ist in die
Hauptstadt gezogen. Jede*r vierte Mensch hat Wurzeln außerhalb Deutschlands. Miteinander
leben wir eine Kultur der gegenseitigen Wertschätzung. Die Anerkennung unseres Grundgesetzes
und das Recht jeder Person, sich frei zu entfalten, sind die Grundlage für unser friedliches
Zusammenleben in Vielfalt. So können wir alle unseren Traum von Berlin leben.
Wir wollen Vielfalt, Teilhabe und Integration gezielt fördern: den Karneval der Kulturen
erhalten, die hervorragende Arbeit der Stadtteilmütter sichern, die Initiativen und
Organisationen von Migrant*innen unterstützen und vieles mehr. Vielfalt im Alltag sichtbar
zu machen heißt auch, mehr Menschen mit Migrationshintergrund in den öffentlichen Dienst
einzustellen, gerade in den Berliner Polizeidienst. Der Wissens- und Talentschatz der vielen
Menschen, die nach Berlin kommen, liegt brach. Wir wollen ihn heben: Abschlüsse
unkompliziert anerkennen, Wege in den Arbeitsmarkt öffnen und die migrantische Ökonomie
stärken. Und wir sorgen dafür, dass es endlich wieder eine*n unabhängige*n
Integrationsbeauftragte*n gibt.
Noch immer sind Menschen mit Migrationshintergrund strukturell benachteiligt und
Diskriminierung ausgesetzt: Sie haben schlechtere Chancen auf einen guten Bildungsabschluss
oder auf eine Wohnung und erleben auch Nachteile bei der Gesundheitsversorgung. Wir sind
alle Berlinerinnen und Berliner. Wir Grünen wollen ein Antidiskriminierungsgesetz einführen,
das die Gleichbehandlung aller sicherstellt.
In Berlin sollen alle Menschen nach ihrer Fasson selig werden. Religionsfreiheit bedeutet
für uns nicht, Religion so weit wie möglich ins Private und in die Hinterhöfe zu verbannen.
Im Gegenteil: Wir wünschen uns, dass sich Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften am
gesellschaftlichen Leben beteiligen. Gemeinsam mit ihnen wollen wir die Seelsorge auch in
Krankenhäusern und Gefängnissen gewährleisten. Zugleich wollen wir gemeinsam weiter daran
arbeiten, das Wahlfach Religion besser in den Stundenplan einzubeziehen und das Pflichtfach
Ethik weiter zu entwickeln. Wir setzen uns dafür ein, einen Lehrstuhl für islamische
Theologie in Berlin einzurichten. Mit den großen christlichen Kirchen treten wir in einen
Dialog darüber, wie wir die Staatsleistungen ablösen können, die Berlin seit der
Säkularisierung jedes Jahr an die Kirchen zahlt.
4.2. Hauptstadt der Kultur und Kreativen
Kultur – Medien – Clubkultur/Kreativwirtschaft
Ob Musik, Theater, Tanz, ob Film und Literatur oder bildende Kunst: Berlin ist
Weltkulturstadt und Magnet für Kulturschaffende wie Besucher*innen. Um diese Lebendigkeit
und Vielfalt werden wir beneidet. Die Berliner Mischung aus renommierten Kultureinrichtungen
und freier Szene ist einzigartig. Damit das in einer wachsenden Stadt so bleibt, muss
Politik Freiräume für Kunst und Kreativität erhalten. Zu ihren Kernaufgaben gehört eine neue
Liegenschaftspolitik. Wir wollen einen Teil der öffentlichen Liegenschaften grundsätzlich
für Kultur vorhalten und dazu ein öffentliches Kulturkataster erstellen. Mit Hilfe einer
Agentur, die vermittelt, ermöglichen wir, dass Räume auch temporär für Kunst und Kultur
genutzt werden können.
Berlin ist international berühmt für seine Clubkultur. Sie ist typischer Teil der urbanen
Vielfalt und bedeutender Wirtschaftsfaktor. Wir wollen Berlins lebendige Clubkultur
erhalten, Standorte sichern und bei Konflikten mit Anwohner*innen für einen fairen
Interessenausgleich sorgen.
Gute Kultur gibt es nur, wenn sich die Lebens- und Arbeitssituation der Künstler*innen
verbessert. Wir machen uns für generelle Honoraruntergrenzen bei der öffentlichen
Kulturförderung und für angemessene Tarifabschlüsse stark. Der Mindestlohn muss auch für
Kultur- und Medienschaffende gelten.
Insbesondere für die freie Szene ist ein Zuwachs der Mittel - zum Beispiel aus der City-Tax
- längst überfällig. Wir überarbeiten die Förderstrukturen und richten sie neu aus. So
stärken wir beispielsweise Ankerinstitutionen, an denen die freie Szene projektbezogen
andocken kann. Teile des ehemaligen Flughafengebäudes in Tempelhof wollen wir langfristig zu
einem Kultur- und Kreativhafen umbauen, in dem Proberäume, Studios und Künstlerateliers
ebenso Platz finden wie Film- und TV-Produktionsfirmen, Startups oder
Forschungsreinrichtungen aus dem Kreativbereich.
Berlins Stadtteilbibliotheken wollen wir erhalten, die Zentral- und Landesbibliothek an
einem Standort vereinen und die Gedenkstättenpolitik aufgrund steigender
Besucher*innenzahlen zusammen mit dem Bund neu ausrichten. Um EU-Fördermittel besser
einwerben zu können, stellen wir mehr Mittel zur Kofinanzierung bereit. Den
Hauptstadtkulturfonds wollen wir bei den Regelförderungen entlasten, einen zusätzlichen
Festivalfonds schaffen und Literatur noch gezielter fördern.
Berlin soll ein Medienstandort des 21. Jahrhunderts werden. Immer öfter ziehen Verlage und
Sender mit ihren Redaktionen in unsere Stadt, immer mehr Filme, Serien und Dokumentationen
werden hier produziert. Wir wollen die crossmediale Medienpolitik für unsere Stadt stärken.
Das bedeutet, den digitalen Aufbruch ernst zu nehmen und als Chance zu betrachten, egal ob
für Zeitungen, Radio, Fernsehen oder neue Medien. Wir streiten für Medien-Startups genauso
wie für eine Stärkung des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) und der Medienanstalt Berlin-
Brandenburg. Die Werbefreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wollen wir weiter
vorantreiben.
4.3. Geschlechter? Gerechtigkeit!
Frauen – Gleichstellung – Queer
Eine freie Gesellschaft gelingt nur, wenn sich alle gleichermaßen verwirklichen können.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer, Lohngerechtigkeit, gleiche
Berufschancen, Unabhängigkeit und sexuelle Selbstbestimmung sind Werte, die unseren Weg
bestimmen. Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist vielfach aber noch ein uneingelöstes
Versprechen. Grüne Berlin-Politik steht für konsequentes Gender-Mainstreaming und Gender-
Budgeting. Das heißt: Wir werden bei allen Entscheidungen auf allen Ebenen die
Lebenssituation und Interessen aller berücksichtigen. Und: Wir setzen uns dafür ein, dass
Gleichstellung sich auch im Haushaltplan als gerechte Verteilung der Mittel niederschlägt.
Die landeseigenen Unternehmen und den Öffentlichen Dienst werden wir zum Vorbild für gleiche
Chancen und gerechte Entlohnung machen. Damit Ungerechtigkeiten abgebaut werden, setzen wir
uns für Klagerechte im Landesgleichstellungsgesetz ein. Damit Frauen frei wählen können, wo
sie ihr Kind zur Welt bringen, regeln wir die Hebammenversorgung bundesweit neu.
Wir Grüne bekennen uns klar zur Ehe für alle. Alle Liebenden verdienen die gleichen Rechte.
Berlin muss bei der Öffnung der Ehe eine Vorreiterrolle einnehmen und darf nicht wie der
rot-schwarze Senat durch seine Enthaltung im Bundesrat das Gegenteil bewirken. Um die
Benachteiligung queerer Menschen in Berlin weiter abzubauen, verankern wir das Thema künftig
fest im Lehrplan der Berliner Schulen und entwickeln die „Initiative Sexuelle Vielfalt“
weiter – vor allem mit Blick auf die Arbeitswelt, ältere Menschen und Geflüchtete. In Berlin
darf niemand diskriminiert werden. Jede*r hat einen Platz, unabhängig vom Geschlecht oder
der sexuellen Identität.
Gewalt gegen Frauen gibt es in allen Kulturen und Schichten. Das hat mit überkommenen
Geschlechterrollen zu tun sowie mit der Verharmlosung von Alltagssexismus. Beim Schutz vor
sexualisierter und häuslicher Gewalt kann Berlin deutlich mehr tun: In den meisten
Bundesländern gibt es bereits die anonyme, anzeigenunabhängige Spurensicherung. Berlin ist
Schlusslicht. Wir fordern eine ausreichende Finanzierung der Frauenhäuser und ein
flächendeckendes und kultursensibles Angebot, das die Rechte der Opfer stärkt. Gerade um die
Ausbeutung ausländischer Zwangsprostituierter zu bekämpfen, wollen wir sie vor Gericht
stärken. Zudem werden wir einen Runden Tisch Sexarbeit einrichten, um den Dialog mit allen
Beteiligten zu führen. Sexismus hat in Berlin keinen Platz. Auch sexistische Werbung wollen
wir schon in den Verträgen, die das Land Berlin oder seine Unternehmen machen, nach
österreichischem Vorbild ausschließen.
4.4. Offene Gesellschaft verteidigen
Bürger*innenrechte – Justiz – Drogenpolitik – Gegen Rechts – Sicherheit
Berlin ist die Stadt der Freiheit. Und wir Grüne sind die Partei der Bürger*innenrechte. Wir
teilen das Sicherheitsbedürfnis der Menschen, erteilen jedoch dem Wettbewerb um immer
schärfere Maßnahmen eine Absage. Symbolpolitik schafft keine Sicherheit. Wir setzen auf
Vorbeugung, Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit. Der Schutz unserer Grundrechte steht an
oberster Stelle. Auch öffentliche Sicherheit ist für uns eine Frage der Gerechtigkeit.
Angsträume, gerade für Frauen, sind inakzeptabel. Wir wollen, dass sich alle Berliner*innen
bei sich zu Hause und in der ganzen Stadt sicher fühlen.
Unser Leitbild ist eine bürgernahe Polizei. Wir wissen um die herausfordernde Arbeit der
Berliner Polizist*innen. Und auch, dass nur eine gut ausgestattete Polizei in der Lage ist,
Straftaten schnell aufzuklären und Gefahren abzuwehren. Berlin braucht aber auch eine
unabhängige Beschwerdestelle für Konflikte mit und innerhalb der Polizei. Die Ausstattung
der Ambulanz- und Rettungsdienste wollen wir verbessern, damit im Notfall die Hilfe schnell
bei den Menschen ist.
Eine freie und unabhängige Justiz ist der Grundpfeiler unseres Rechtsstaates. Hier beheben
wir den Personalmangel, um wieder angemessene Verfahrenszeiten zu erreichen. In den Berliner
Gefängnissen rücken wir die Resozialisierung wieder stärker in den Vordergrund.
Gefängnisinsass*innen wollen wir den Zugang zum Internet ermöglichen und Maßnahmen wie
„Arbeit statt Strafe“ ausbauen.
Der Berliner Verfassungsschutz ist nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen Teile der Aufgaben an
andere Behörden oder Einrichtungen übertragen und das System der V-Leute abschaffen. Der
beste Schutz für unser Grundgesetz ist eine lebendige und couragierte Zivilgesellschaft.
Auch in Berlin steigt die Bedrohung durch Rechtsextreme und radikale Islamisten. Egal in
wessen Namen: Bei uns haben Gewalt und Menschenfeindlichkeit keinen Platz. Zivilcourage und
politische Bildung, Prävention, eine weltoffene Großstadtpolizei und moderne
Sicherheitskonzepte sind dabei die wesentlichen Säulen. Die Arbeit der vielen
zivilgesellschaftlichen Gruppen schätzen und fördern wir.
Neue Wege werden wir in der Drogenpolitik gehen. Gerade für junge Menschen müssen wir die
Drogenprävention stärken. Aber die strafrechtliche Verfolgung des Cannabis-Konsums halten
wir für falsch und faktisch gescheitert. Wir wollen – soweit in Berlin rechtlich möglich –
eine Legalisierung des Cannabis-Konsums für Erwachsene. Indem wir den Schwarzmarkt
austrocknen stärken wir gleichzeitig den Jugend- und Gesundheitsschutz.
4.5. Berlin digital
Digitalisierung – Netzpolitik – Datenschutz
Berlin und der digitale Aufbruch waren bisher eine Geschichte von Pleiten, Pech und Pannen:
mit einer öffentlichen Verwaltung, die noch immer auf Windows XP angewiesen ist, und einer
Stadt, der seit bald zehn Jahren öffentliches W-LAN versprochen, aber nicht eingeführt wird.
Dabei lebt Berlin am digitalen Puls, viele Startups entstehen in unserer Stadt,
Gründer*innen treiben die Digitalisierung unserer privaten Kommunikation und Arbeitswelt
voran.
Digitale Chancen nutzen heißt, in Berlin das Thema digitaler Wandel anzugehen. Die
Veränderungen, die damit verbunden sind, sind in ihrem Ausmaß aktuell kaum abschätzbar,
weder für die Wirtschaft, die Bildungslandschaft, noch für unsere Demokratie. Wir wollen die
digitale Zukunft unserer Stadt langfristig gestalten, statt auf kurzfristige Trends
aufzuspringen. Wir schaffen eine Koordinierungsstelle im Senat, die den digitalen Aufbruch
politisch steuert und die einsamen Pilotprojekte der einzelnen Senatsverwaltungen
zusammenführt, vernetzt und massiv ausbaut. Und wir stärken gezielt
Wissenschaftseinrichtungen, die themenübergreifend den digitalen Wandel erforschen.Wir
wollen ein flächendeckendes und kostenfreies WLAN für ganz Berlin, auf Bahnhöfen, in Bussen
und Bahnen oder öffentlichen Einrichtungen wie Rathäusern, Bibliotheken oder Museen. Dafür werden wir
mit bestehenden Initiativen verstärkt zusammenarbeiten, auch um ihre Erfahrungen zu nutzen.
Berlin braucht schnell eine IT-Strategie für die Verwaltung mit vorausschauender Planung und
einem zentral koordinierten Controlling. Grundlage muss zukünftig Open-Source-Software sein
– sie schafft Unabhängigkeit, Sicherheit und eine größere Flexibilität. Der digitale
Aufbruch in der Berliner Verwaltung ist eine Mammutaufgabe, er ist aber zentral, um das
bisherige Chaos zu überwinden und wieder mehr Service, Effektivität und Transparenz zu
erreichen.
Die Vermittlung eines selbstbestimmten Umgangs mit Medien ist wichtig, um an einer
digitalisierten Welt teilhaben zu können. Die muss in Kita und Schule beginnen, ist aber
eine lebenslange Aufgabe. Wir werden das Verständnis und die Auswirkungen der
technologischen Entwicklung umfassender in Schulen vermitteln und Fähigkeiten wie
Programmieren unterrichten. Gewalt wie Hate Speech und Mobbing im Internet akzeptieren wir
nicht. Bilder von sexuellem Missbrauch an Kindern über das Internet zu verbreiten ist eine
Straftat, die wir verfolgen werden. Wir wollen die Staatsanwaltschaften stärken und
fortbilden und ein stärkeres Bewusstsein für diese Themen schaffen.
Selbstbestimmung hängt auch vom Umgang mit unseren Daten ab. Datenschutz ist wichtiger denn
je. Wir wollen jede und jeden Einzelnen vor Missbrauch schützen. Daher werden wir die
Datenschutzaufsicht in Berlin personell aufstocken. Verwaltung und Unternehmen müssen
stärker sensibilisiert werden. Gerade für die Sicherheitsbehörden muss gelten: Nicht alles
was technisch möglich ist, darf auch umgesetzt werden. Wir lehnen anlasslose Speicherorgien
wie bei der Vorratsdatenspeicherung und der Funkzellenabfrage ab und wollen die
Videoüberwachung öffentlicher Räume nicht ausweiten. Mit uns bleibt Berlin die Stadt der
Freiheit.
mündlich