Veranstaltung: | LA am 1. Oktober 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Landesarbeitsgemeinschaft Kultur (dort beschlossen am: 12.09.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 15.09.2025, 17:02 |
V-1: Ein Bekenntnis zur Kultur: Gegen den schwarz-roten Kultur-Kahlschlag!
Antragstext
Die massiven Einsparungen im Kulturhaushalt sind absolut unverantwortlich. Sie
missachten die Kulturrendite und schaden dieser Stadt. Sie sind sozialpolitisch
ungerecht, denn sie treffen vor allem die kulturelle Bildung und dadurch
Projekte, von denen Menschen aus allen Lebenslagen profitieren. Die radikalen
Kürzungen im Kulturhaushalt sind aber nicht nur sozialpolitisch ungerecht, sie
gefährden auch den demokratischen Zusammenhalt in dieser Stadt. Denn es ist die
Vielzahl der kleinen und großen Bühnen, die vielen Bibliotheken,
Musikspielstätten und die unzähligen Projekte freischaffender Künstler*innen,
die ein sichtbares Zeichen setzen gegen Diskriminierung, Menschenfeindlichkeit
und die Verrohung des politischen Diskurses. Wer in diesem Umfang an Kultur
spart, zerstört damit unser demokratischens Gemeinwesen. Bündnis 90/Die Grünen
bekennt sich dagegen zur Kulturmetropole Berlin und macht sich stark für eine
auskömmliche Finanzierung unseres Kulturlebens!
Gentrifizierung, steigende Mieten und Immobilienspekulationen machen es aber
immer schwerer, bestehende Räume zu sichern. Die radikalen Mittelkürzungen für
das Arbeitsraumprogramm und das Kulturraumbüro sind deshalb eine
kulturpolitische Bankrotterklärung, die die Zukunft des Kulturstandortes Berlin
gefährden.
Wir fordern 3.000 zusätzliche, geförderte Arbeitsräume. Wir fordern viel mehr
Möglichkeiten zur temporären Nutzung von Produktions- und Proberäumen. Wir
fordern die kulturrelle Zwischennutzung leerstehender Gewerberäume. Auch deshalb
ist die auskömmliche Finanzierung der bestehenden Raumprogramme und eine
nachhaltige Kulturraumstrategie der Senatsverwaltung, die die Zukunft des
Kulturstandorts Berlin sichert, unverzichtbar.
2. Freie Szene stärken! Neben den etablierten Kultureinrichtungen sind es vor
allen Dingen die vielen Tausend freischaffenden Künstler*innen, die das
kulturelle Leben in dieser Stadt maßgeblich prägen. Es sind tausende von
Soloselbsständigen, die in Berlins wichtigstem Wirtschaftszweig, der
Kreativwirtschaft, über 10% der Einnahmen des Landes erwirtschaften. Unter
oftmals prekären Bedingungen eröffnen sie uns neue ästhetische Horizonte, setzen
Zeichen gegen Menschenfeindlichkeit und engagieren sich für das Gemeinwohl. Es
ist deshalb skandalös, dass es einmal mehr die Freischaffenden besonders hart
trifft! Zahlreiche Projekte werden zusammengespart oder fallen der schwarz-roten
Einsparungswut zum Opfer! Auch das Arbeitsraumprogramm, das für viele
Kulturschaffenden Arbeitsräume sichert, darf weder gekürzt noch gestrichen
werden. Indem der Senat die Bedürfnisse der Freien Szene nicht berücksichtigt,
gefährdet er die Zukunft der Kulturmetropole Berlin.
Wir fordern deshalb den Senat auf, die Interessen der Freien Szene insbesondere
bei Fragen der Kulturraumplanung stärker zu berücksichtigen. Geförderte
Künstler*innen und Kulturschaffenden benötigen Planungssicherheit:
Entbürokratisierung, transparente Förderentscheidungen und belastbare sowie
zeitnahe Förderentscheide sind dafür unerlässlich.
Die große Mehrheit der freischaffenden Künstler*innen in Berlin arbeitet und
lebt unter prekären Bedingungen. Kulturarbeit bedeutet in vielen Fällen
Selbstausbeutung! Die Absenkung der Haushaltsmittel für Mindesthonorare ist
deshalb nicht nur sozialpolitisch ungerecht – sie ist eine Ohrfeige für die
freischaffenden Kreativen in dieser Stadt. Es darf nicht sein, dass
hochqualifizierte Selbstständige durch Berlin unterhalb jedes Mindestlohns
beschäftigt werden.
4. Kulturelle Bildung retten! In Zeiten der gesellschaftlichen Polarisierung ist
es wichtiger denn je, die außerschulische Demokratie- und Bildungsarbeit zu
stärken. Die Kulturelle Bildung leistet hierzu einen wichtigen Beitrag. Entgegen
den Ankündigungen im schwarz-roten Koalitionsvertrag wird die Kulturelle Bildung
aber nicht ausgebaut, sondern ist von der Kürzungswelle besonders stark
betroffen. Projekte wie der „KinderKulturMonat“,„Bauereignis Schule“ und viele
andere sind gefährdet. Damit trifft es vor allem Projekte, die wichtige
Bildungsarbeit für Kinder und Jugendliche aus allen sozialen Milieus leisten.
Es ist skandalös, dass Berlin nach dem Herrenberg-Urteil im Jahr 2022 und der
Urteilsbegründung 2023 noch immer keine Lösung für die vielen, oftmals
scheinselbstständig angestellten Lehrer*innen gefunden hat. Stattdessen arbeitet
noch immer ein Großteil der Betroffenen unter prekären Bedingungen und ohne
soziale Absicherung. Das ist sozialpolitisch ungerecht und schadet der Bildungs-
und Kulturarbeit in den Bezirken.
Eine vielfältige, kulturelle Grundversorgung ist Daseinsvorsorge und für unsere
demokratische Gesellschaft unerläßlich. Kulturelle Teilhabe und der Zugang zu
Kultur sind unverzichtbare Bestandteile unserer Demokratie. Die
Kürzungsmaßnahmen des schwarz-roten Senats schaden folglich nicht nur der enorm
wichtigen Kulturarbeit in den Bezirken, sie beschädigen unsere Demokratie.
Wichtige Finanzierungsinstrumente wie die „Zielvereinbarung Öffentliche
Bibliotheken“ wurden drastisch zusammengekürzt. Die Bezirksbibliotheken,
kommunalen Galerien, Kinder- und Jugendtheater, Volkshoch-, Musik- und
Jugendkunstschulen, aber auch soziokulturelle Zentren sind von der Kürzungsorgie
direkt oder indirekt betroffen. Komplette Streichungen der Mittel, Veränderungen
der Zielvereinbarungen und massive Einschnitte wie z.B. beim „FABiK“-Fonds zur
Finanzierung von Ausstellungshonoraren treffen die bezirkliche Kulturarbeit
empfindlich! Damit trifft es jene Kulturorte besonders, die auf die kulturelle
Teilhabe aller hier lebenden Menschen abzielen. Gerade die vielen bezirklichen
und projektgeförderten Kulturakteur*innen schaffen kostengünstige Angebote, die
auch von Menschen genutzt werden können, die sonst von kultureller Teilhabe
ausgeschlossen sind. Kulturelle Teilhabe darf nicht vom Geldbeutel abhängen!
In einer vitalen Kulturmetropole ist eine funktionierende, barrierefreie
Infrastruktur, kritische Infrastruktur. Die mangelhafte Finanzierung unserer
öffentlichen Infrastruktur in den letzten Jahrzehnten steht dem leider entgegen.
Unsere Spielstätten, Museen oder Bibliotheken befinden sich deshalb allzu oft in
einem beklagenswerten Zustand.Statt die kulturelle Infrastruktur wirklich
zukunftsfähig zu machen, setzt der Senat auf halbgare Finanzierungsmodelle wie
die Beleihung von Grundstücken oder Transaktionskredite. Solche
finanzpolitischen Taschenspielertricks sind nicht geeignet, um der aktuellen
Situation auch nur ansatzweise gerecht zu werden.
Ganz gezielt schaden die schwarz-roten Kürzungen insbesondere solchen
Förderstrukturen, die die Diversität stärken und sichtbar machen sollen.
Wegweisende Förderinstrumente wie die Einrichtung „Diversity, Arts, Culture“
sind bedroht. Damit zerstört der schwarz-rote Senat Förderstrukturen, für die
der Kulturstandort Berlin international geschätzt wird. Es muss deshalb unser
Anspruch sein, die Vielfalt unserer Kulturszene sichtbar zu machen, die
Antidiskriminierungsarbeit zu stärken und Betroffene zu unterstützen.
Um der kulturellen Vielfalt dieser Stadt gerecht zu werden, fordern wir eine
Erinnerungskultur, die den verschiedenen Perspektiven aller Menschen in dieser
Stadt gerecht wird. Hierzu gehört insbesondere die Erinnerung an den
Kolonialismus, dessen Spuren bis heute nachwirken – und die noch immer überall
in Berlin sichtbar sind. Einsparungen dürfen deshalb nicht zu Lasten der
Erinnerungskultur gehen! Nach dem Ende des Modellprojekts „Dekoloniale“ ist der
Senat in der Pflicht, weitere (de-)koloniale Projekte zu unterstützen und
Erinnerungsorte sichtbar zu machen.
Der schwarz-rote Senat beweist mit seiner planlosen Finanzpolitik, dass ihm das
kulturelle Leben und die Kulturschaffenden in dieser Stadt egal sind. Damit muss
Schluss sein! Der Senat muss sich endlich zum großen Wert der kulturellen Arbeit
in Berlin bekennen! Der bedarfsgerechte Ausbau der räumlichen Infrastruktur für
kulturelle Zwecke muss in einem Kulturfördergesetz ebenso verankert werden wie
stabile Förderstrukturen für etablierte Projekte und Kultureinrichtungen. Das
Gesetz soll sich dabei zur ökologischen Nachhaltigkeit von Projekten und
Einrichtungen ebenso bekennen wie zur Förderung von Transparenz und Diversität.
Auch die soziale Absicherung von Kulturschaffenden und eine faire Bezahlung
gehören in ein Kulturfördergesetz.