Veranstaltung: | LDK am 04. Mai 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 10 Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Jonathan Philip Aus (KV Berlin-Neukölln) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 30.03.2024, 10:12 |
V-28: Für ein Europa, das schützt. Den Plänen von CDU/CSU und AfD zur Abschaffung des Menschenrechts auf Asyl in Europa entschieden entgegentreten.
Antragstext
Als Landesverband Berlin von Bündnis 90/Die Grünen verurteilen wir die rechtspopulistische
Forderung der CDU/CSU, alle Menschen, die in Europa Asyl beantragen, nach Ruanda oder
anderswo abzuschieben: „Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll in einen sicheren
Drittstaat außerhalb der EU gebracht werden und dort ein Verfahren durchlaufen“
(Europawahlprogramm der CDU/CSU vom 11.03.2024, S. 7).
Die CDU/CSU übernimmt damit eine Forderung der AfD: „Falls Asylbewerber trotz des
Grenzschutzes nach Deutschland gelangen, müssen ihre Asylverfahren in einem dazu bereiten
Drittstaat durchgeführt werden, wo sie im Falle der tatsächlichen Schutzbedürftigkeit auch
Aufnahme finden (‚Ruanda-Modell‘)“ (Europawahlprogramm der AfD vom 06.08.2023, S. 14).
Die Europawahlprogramme von CDU/CSU und AfD sind in asylpolitischer Hinsicht evident
rechtswidrig. Das leitet sich bereits aus einer Intervention des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte zum Schutz eines Asylsuchenden in Großbritannien vor unmittelbarer
Abschiebung nach Ruanda ab (vgl. European Court of Human Rights, Pressemitteilung vom
14.06.2022: Interim measure in case concerning asylum-seeker’s imminent removal from the UK
to Rwanda). Um entsprechende Interventionen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
künftig ignorieren zu können, prüft die rechtskonservative britische Regierung gegenwärtig
einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (vgl. Steffen
Angenendt et al., Die Externalisierung des europäischen Flüchtlingsschutzes. Eine
rechtliche, praktische und politische Bewertung aktueller Vorschläge, Berlin: Stiftung
Wissenschaft und Politik, SWP-Aktuell Nr. 12 vom 05.03.2024, S. 5).
Den britischen Sonderweg in der Menschenrechts- und Europapolitik dürfen und werden wir in
Deutschland nicht gehen. Als Bündnisgrüne kämpfen wir für eine Europäische Union, die den
Zugang zum Menschenrecht auf Asyl garantiert. Der Asylantrag von Menschen, die in der EU
ankommen oder bereits hier sind, muss in Europa inhaltlich geprüft werden. Die
rechtspopulistischen Forderungen von CDU/CSU und AfD zur faktischen Abschaffung des
Menschenrechts auf Asyl in Europa lehnen wir ab.
Begründung
Die Abwälzung asylpolitischer Verantwortung auf angeblich sichere Drittstaaten im Globalen Süden trägt keinesfalls zur Lösung der globalen Flüchtlingskrise bei. Im Gegenteil unterminiert das Ruanda-Modell das globale Schutzregime der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. u.a. die entsprechenden Äußerungen des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen [UNHCR], Filippo Grandi, gegenüber der BBC vom 25.01.2024: https://www.bbc.com/news/uk-68090320; Amnesty International UK et al., Joint Civil Society Statement on the Rwanda Bill, 29.01.2024: https://www.amnesty.org.uk/joint-civil-society-statement-rwanda-bill; sowie Jean Asselborn, Die Selbstentwertung der EU, in: Der Spiegel [online] vom 09.03.2024: https://www.spiegel.de/ausland/jean-asselborn-zur-migrationspolitik-die-selbstentwertung-der-eu-a-67ac3c49-e7b8-4ee3-a8c3-2ca956da231b?sara_ref=re-xx-cp-sh).
Auch die Afrikanische Union lehnt extraterritoriale Asylverfahren europäischer Staaten auf afrikanischem Boden kategorisch ab. Entsprechende Pläne Dänemarks, das aufgrund eines sogenannten Opt-Outs an der gemeinsamen Asylpolitik der Europäischen Union nicht teilnimmt, wurden von der Afrikanischen Union scharf verurteilt: „Such attempts to stem out migration from Africa to Europe [are] xenophobic and completely unacceptable.“ African Union, Pressemitteilung vom 02.08.2021: https://au.int/en/pressreleases/20210802/press-statement-denmarks-alien-act-provision-externalize-asylum-procedures.
Die These, dass von Berlin nach Ruanda ausgelagerte Asylverfahren Menschen künftig davon abhalten würden, in Europa Schutz vor Verfolgung, Krieg oder schweren Menschenrechtsverletzungen zu suchen, ist nicht plausibel. Zudem ist das Ruanda-Modell mit exorbitant hohen Kosten und juristischen Hürden verbunden, die eine praktische Umsetzung dieser Pläne auf rechtsstaatlicher Basis als unrealistisch und haushaltspolitisch nicht vertretbar erscheinen lassen (vgl. dazu im Einzelnen Steffen Angenendt, Nadine Biehler, Raphael Bossong, David Kipp und Anne Koch: Die Externalisierung des europäischen Flüchtlingsschutzes. Eine rechtliche, praktische und politische Bewertung aktueller Vorschläge, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP-Aktuell 2024/A 12 vom 05.03.2024: https://www.swp-berlin.org/publikation/die-externalisierung-des-europaeischen-fluechtlingsschutzes).
Auch die christlichen Kirchen in Deutschland positionieren sich gegen die von CDU/CSU und AfD geforderte Auslagerung von Asylverfahren in sogenannte sichere Drittstaaten: „Jede Person, die in einem EU-Land Schutz erbittet, hat Anspruch auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren. Gerade für Politikerinnen und Politiker, die sich am christlichen Menschenbild orientieren und die sich den Begriff der Humanität auf die Fahnen schreiben, sollte das Eintreten für den Flüchtlingsschutz ein Herzensanliegen sein.“ Statement von Erzbischof Heße und Bischof Stäblein zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, 20.12.2023: https://www.dbk.de/presse/aktuelles/meldung/statement-von-erzbischof-hesse-und-bischof-staeblein-zur-reform-des-gemeinsamen-europaeischen-asylsystems.
Zuletzt hat sich der Flüchtlingsrat Berlin gegen das sogenannte Ruanda-Modell ausgesprochen (vgl. die Pressemitteilung „Das Recht auf Asyl muss geschützt werden!“ vom 22.03.2024: https://fluechtlingsrat-berlin.de/presseerklaerung/das-recht-auf-asyl-muss-geschuetzt-werden/).
Als Berliner Bündnisgrüne nehmen wir diese Stimmen auf und fordern gemeinsam mit vielen anderen, die die Angebote von CDU/CSU und AfD für politische Programme mit dem Profil „Mitte-bürgerlich, konservativ, rechts“ (Markus Söder gemäß taz vom 11.03.2024: https://taz.de/Europa-Programm-der-Union/!5994739/) weder am 9. Juni noch zu einem späteren Zeitpunkt annehmen werden: „Der Asylantrag von Menschen, die in der EU ankommen oder bereits hier sind, muss in Europa inhaltlich geprüft werden.“ – Europawahlprogramm 2024 von Bündnis 90/Die Grünen: https://cms.gruene.de/uploads/assets/20240306_Reader_EU-Wahlprogramm2024_A4.pdf, S. 103.
Unterstützer*innen
- Birgit Vasiliades (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Basem Said (KV Berlin-Neukölln)
- Christoph Lorenz (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Johannes Mihram (KV Berlin-Mitte)
- Jan Schmid (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Anne Speck (KV Berlin-Mitte)
- Jenny Laube (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Tobias Jahn (KV Berlin-Mitte)
- Monika Herrmann (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Pascal Striebel (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Meike Paula Berg (KV Berlin-Neukölln)
- Daniel Eliasson (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Georg Atta Mensah (KV Berlin-Reinickendorf)
- Mascha Brammer (KV Berlin-Mitte)
- Malte Spielmann (KV Berlin-Neukölln)
- Sascha Krieger (KV Berlin-Pankow)
- Sebastian Kitzig (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Daniel Dressler (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Peter Windsheimer (KV Berlin-Reinickendorf)
- Katharina Schuster (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Johannes Feldker (KV Berlin-Reinickendorf)
- Deniz Yildirim-Caliman (BV Bundesverband)
- Anja Abate (KV Berlin-Kreisfrei)
- Jennifer Bode (KV Tempelhof-Schöneberg)
- Carola Scheibe-Köster (KV Berlin Neukölln)