Veranstaltung: | LDK am 04. Mai 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 10 Verschiedenes |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 04.05.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Juristisches Ehrenamt schützen - Rechtsextremist*innen raus aus den Gerichten!
Beschlusstext
Unsere Verantwortung ist die Verteidigung und Belebung unserer wehrhaften Demokratie. Das
heißt, alle uns zur Verfügung stehenden Mittel im Kampf gegen Verfassungsfeind*innen zu
nutzen. Der Zustand des Rechtsstaats und seiner Gerichte sind dabei ein Gradmesser, wie
wehrhaft eine Demokratie wirklich ist. Das Recht ist dabei unser schärfstes Schwert im Kampf
gegen Feind*innen der Demokratie und auch im Rechtsstab spielt das Ehrenamt eine wichtige
Rolle, denn die rund 60.000 Laienrichter*innen tragen in Deutschland maßgeblich zu einem
funktionierenden Rechtsstaat bei und unterstützen die hauptberufliche Justiz in
verschiedenen Gerichtsbarkeiten. Den Schöff*innen kommt dabei ganz persönlich eine besondere
Verantwortung zu. Da die Urteile regelmäßig eine ⅔ Mehrheit erfordern, können die
Berufsrichter*innen selten ohne deren Zustimmung entscheiden. Ehrenamtliche Richter*innen
können die hauptamtlichen Richter*innen somit überstimmen. Wir sind dankbar, dass sich
Menschen als ehrenamtliche Richter*innen engagieren. Klar ist aber auch, dass sie eine große
Verantwortung für unseren Rechtsstaat und für unsere Demokratie tragen und dass Menschen mit
klar antidemokratischer oder rechtsextremer Grundhaltung in Berlin Recht sprechen dürfen,
nicht hinnehmbar und eine bisher zu wenig wahrgenommene Gefahr für unsere liberale
Demokratie ist.
Besorgniseregender Weise ist zu beobachten, dass extremistische – insbesondere rechte,
rechtsradikale und rechtsextremistische – Gruppen und Vereinigungen auch in Berlin immer
häufiger und erfolgreicher ihre Anhänger*innen dazu aufrufen, sich auf demokratischem Weg
als Schöff*innen wählen zu lassen. Aus einem verantwortungsvollen,
demokratiekonstituierenden Ehrenamt wird so ein Instrument der Extremist*innen, um
gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Hass und Hetze zu verbreiten und mit Hilfe der
Gerichte durchzusetzen. Wenn die Justiz instrumentalisiert wird, darf nicht einfach tatenlos
zugeschaut werden. Stattdessen muss man diesen Entwicklungen entschieden entgegen treten.
Daher unterstützt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Berlin ausdrücklich die bundespolitischen
Bemühungen, das Richtergesetz (DRiG) zu ändern und den bereits 2008 vom
Bundesverfassungsgericht formulierten Grundsatz der Verfassungsbindung von
Laienrichter*innen deklaratorisch zu konkretisieren. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Berlin fordert
den Senat von Berlin auf, unter anderem folgende Maßnahmen schnellstmöglich zu ergreifen:
Das Land Berlin setzt sich im Bundesrat dafür ein, die Gesetzesinitiative der
Bundesregierung zur Änderung des § 44a DRiG zur Ergänzung des Tatbestandes des
Nichteintretens für die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beschließen. Zudem
setzt sich das Land Berlin für die Änderung des § 44a DRiG von einer “Soll-Vorschrift”
zu einer “Muss-Vorschrift” ein.
Die Einführung und gesicherte Fortschreibung eines Tages des Ehrenamtes und
Ehrenamtspreises für demokratisch engagierte Menschen in allen Bereichen der Berliner
Justiz.
Erarbeitung einer Umsetzungsstrategie zur systematischen Überprüfungen der
Bewerber*innen für das Schöff*innenamt durch den Senat zur Unterstützung aller
zuständigen Stellen als Extremismusprävention. Der Senat soll mit den für die Berufung
zuständigen Stellen eine effektive Art der Überprüfung der Bewerber*innen für das
Schöff*innenamt entwickeln. Dabei soll besonders die Überprüfung der
Verfassungsbindung, wie sie durch die sich im Prozess befindende Änderung des § 44a
DRiG geplant ist, beachtet werden. Zudem soll der Bewerbungsprozess eine stärkere
Begleitung und Zentralisierung durch die zuständige Senatsverwaltung erfahren.
Außerdem wird die zuständige Stelle beauftragt, die Schöff*innen zumindest einmal nach
der Hälfte ihrer Amtszeit erneut zu überprüfen. Alle dafür nötigen (verwaltungs-
)rechtlichen Änderungen sind zu veranlassen.
Das Land Berlin regt in der Justizminister*innenkonferenz an, bis zum Beginn der
nächsten Schöff*innenwahlperiode Maßnahmen zu entwickeln, um die Anzahl und die
Diversität der Schöff*innen zu steigern, damit möglichst viele Lebensrealitäten
abgebildet werden.
Der Senat stellt sicher, dass die Schöff*innenwahl sowie vorausgehende Werbekampagnen
und der sich anschließende Überprüfungsprozess langfristig finanziell durch einen
stetigen Aufwuchs des entsprechenden Ansatzes im Haushalt abgesichert sind. Außerdem
wird empfohlen, eine Begleitung durch den Verband der ehrenamtlichen Richterinnen und
Richter Berlin e.V. finanziell mit einzubeziehen.