Veranstaltung: | LDK am 04. Mai 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 10 Verschiedenes |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 04.05.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Körperliche und reproduktive Selbstbestimmung endlich umsetzen: Paragraph 218 StGB streichen!
Beschlusstext
Die Bundesregierung hat eine Kommission damit beauftragt Vorschläge für eine zukünftige
rechtliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen zu erarbeiten. Mitte April hat diese
Kommission aus unabhängigen Expert*innen aus verschiedenen Fachbereichen die einstimmige
Empfehlung abgegeben, dass Schwangerschaftsabbrüche in der Frühphase der Schwangerschaft
rechtmäßig sein sollten und für Abbrüche in der mittleren Phase der Schwangerschaft dem
Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zustehe, der einen Regulierungsrahmen schafft. Außerdem
sollten wie bisher Ausnahmeregelungen in der gesamten Schwangerschaft vorgesehen sein, zum
Beispiel bei einer Gesundheitsgefahr der Schwangeren. Durch diesen umfangreichen Bericht der
Kommission und diese einstimmige Empfehlung, liegt es nun an der Politik die nötigen
rechtlichen Schritte einzuleiten.
Wir Bündnisgrüne stellen uns seit jeher gegen die Kriminalisierung von Frauen und allen
gebärfähigen Menschen, die einen Schwangerschaftsabbruch brauchen sowie den Ärzt*innen, die
Abbrüche durchführen und darüber informieren. Die Streichung des Paragraphen 218 aus dem
Strafgesetzbuch ist eine fundamentale Forderung der Frauenbewegungen und der Bericht zeigt
eindrücklich, dass eine Streichung wichtig für die reproduktive Selbstbestimmung von
Schwangeren und darüber hinaus auch rechtlich geboten ist. Denn die Regelung ist
verfassungsrechtlich, völkerrechtlich sowie europarechtlich falsch. Sie führt zu einer
Stigmatisierung von Schwangeren und Ärzt*innen und verschlechtert durch den so entstehenden
Druck auf die Ärzt*innen die Versorgungslage für Betroffene. Als legale Behandlung können
Abtreibungen endlich ins Kurrikulum der Gynäkologinnenausbildung einbezogen werden. Auch
würde die Möglichkeit geschaffen den Abbruch und damit zusammenhängende Behandlungskosten
über die Krankenkassen abzurechnen. Gleichzeitig ist es wichtig, die überkommende
Beratungspflicht für Schwangere fallen zu lassen und einen Rechtsanspruch auf Beratung mit
der Pflicht des Staates, ein Angebot vorzuhalten, gesetzlich zu verankern.
Die Rechte von FLINTA* sind ein Gradmesser für Demokratie. Gerade jetzt, wo
Schwangerschaftsabbrüche in nationalistischen Ländern im Kreuzfeuer stehen, gerade jetzt, wo
die Expert*innen einer Meinung sind, ist die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ein
dringend gebotenes Zeichen für Demokratie und Gleichberechtigung. In den vergangenen
Jahrzehnten gab es in der Bundesrepublik immer wieder eine gesellschaftliche Debatte und im
Ergebnis wünscht sich die Mehrheit der Menschen eine Entkriminalisierung des
Schwangerschaftsabbruchs. Eine aktuelle repräsentative Studie des BMFSFJ zeigt, dass 80
Prozent der Deutschen es für falsch halten, dass ein Schwangerschaftsabbruch nach erfolgter
Beratung rechtswidrig ist. Frauen aus der ehemaligen DDR wünschen sich endlich die
reproduktiven Rechte zurück, die sie bereits hatten. Und Frankreich zeigt, wie es gehen
kann: Dort wurde das Recht auf den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen unlängst in
der Verfassung verankert. Auch in Deutschland ist eine alte Forderung der Frauenbewegung und
längst überfällig, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen zu legalisieren und
für Schwangerschaftsabbrüche in der mittleren und späten Phase der Schwangerschaft eine
angemessene Regelung zu finden. Wir haben auf Bundesebene die historische Chance, mit der
SPD und der FDP diese überfällige Reform umzusetzen. Unsere Koalitionspartner im Bund müssen
jetzt den Kommissionsbericht ernst nehmen und die Entkriminalisierung zeitnah mit uns auf
den Weg bringen.Wir Büdnisgrüne appellieren an FDP-Bundesjustizminister Buschmann, zeitnah
einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen.
Denn wer es mit dem Recht auf körperliche und reproduktive Selbstbestimmung, mit der
liberalen Gesellschaft und Freiheit ernst meint, hat mit dem Kommissionsbericht jetzt eine
gute Grundlage um endlich zu handeln!