Wir bekräftigen und konkretisieren hier unsere Beschlüsse zur direkten Demokratie und besonders unsere Willenserklärung im neuesten Wahlprogramm (https://gruene.berlin/fileadmin/BE/lv_berlin/Wahl_2023/Wahlprogramm_2023.pdf, 209 und zu den Bürger*innenräten S. 201f.)
Das Abstimmungsgesetz ist auf https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/jlr-VAbstGBEpG2 nachzulesen.
Die schutzwürdigen Rechte von Minderheiten sind bereits als Grund- bzw. Menschenrechte kodifiziert. Für die Aufnahme der Europäischen Menschenrechtskonvention (https://rm.coe.int/1680a6eaba) als zusätzliche Sicherung z.B. gegen problematische Grundgesetzauslegungen sprechen ihr Gehalt, die bewährte Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und perspektivisch eine potentielle Vorbildwirkung des Landes Berlin, die für präventive Normenkontrollen auch auf Bundesebene und in anderen Mitgliedsländern des Europarates werben kann. Eine Anpassung soll in § 12 Abs. 2 Abstimmungsgesetz erfolgen. - Zusätzlich zum Vorlagerecht von mindestens 25% der MdAs, das in § 17 Abs. 6 zu regeln ist, liesse sich eventuell auch ein entsprechendes Recht von Verbänden prüfen, die als menschenrechtsschützend anerkannt sind.)
Gegenwärtig verbietet Artikel 62 Abs. 2 VvB Volksentscheide „zum Landeshaushaltsgesetz, zu Dienst- und Versorgungsbezügen, Abgaben, Tarifen der öffentlichen Unternehmen sowie zu Personalentscheidungen“, siehe https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/senat/verfassung/artikel.41525.php.
Dieses Verbot ist eigentlich eine Misstrauenserklärung des Abgeordnetenhauses an die stimmberechtigten Berliner*innen und als paternalistische Bevormundung des eigentlichen Souveräns anmassend, respektlos und illegitim. Angemessen ist statt dessen die Aufsicht der Auftraggebenden über ihre Beauftragten. Die direktdemokratische Kontrolle von Verfassungsänderungen - und zwar nicht bloss bei Artikel 62 und 63, vgl. https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/senat/verfassung/artikel.41498.php, sondern generell - wird dafür ein deutliches Zeichen sein.
Direkte Demokratie macht den humanen Sinn von Demokratie für alle Menschen direkt erlebbar:
Egal, wie prekär die eigene Lebenslage ist, jede Stimme zählt. Sie zählt bei der Abstimmung in der Summe genauso viel wie die Stimme der meistbegünstigten Mitbürger*innen. Sie zählt aber auch vorher und individuell bei der demokratischen Meinungsbildung. Das Recht, zu hören und gehört zu werden, steht allen zu. Sein Wert zeigt sich in der Begegnung: Menschen erscheinen in ihrer ganzen Unterschiedlichkeit, mit vielfältigen Lebenserfahrungen, Lebensweisen und Lebensentwürfen, und sie begegnen einander mit denselben Rechten. Sie erleben, dass ihr eigenes politisches Handeln sichtbare Folgen hat und sie selbst gestaltend tätig werden können. Dies festigt das Selbstbewusstsein und motiviert zur Selbstreflektion. Es wächst auch die Bereitschaft, den Stimmen der Andern zuzuhören, auf sie zuzugehen und für Einigungen kreativ zu werden.
Konsequent durchgeführt wird die Direkte Demokratie unseren Kampf um gesellschaftliche Mehrheiten für die sozial-ökologische Transformation ganz wesentlich erleichtern, beschleunigen und zu grossen und dauerhaften Ergebnissen führen. Selbst schwierige Entscheidungen, die grossen Teilen der Bevölkerung z.B. den Verzicht auf seit langem gewohnte Konsummöglichkeiten abverlangen, werden damit greifbar. Parlamentarier*innen scheuen sich aus verständlichen Gründen, vielen Wahlberechtigten Opfer abzuverlangen. Aber wenn diese Wahlberechtigten sich selbst dazu entschliessen und mit Mehrheit auf eigene „Besitzstände“ verzichten, dann werden endlich schnelle und grosse Schritte z.B. zu Verkehrswende möglich. Direktdemokratische Entscheidungen werden allgemein anerkannt werden, selbst von denjenigen, die ihre Abstimmungsniederlage als sehr schmerzlich und das Beschlossene als grosses Opfer empfinden. Ihre Legitimität ist unbestreitbar. Einmal errungen, haben Abstimmungsresultate Bestand über mehrere Legislaturperiode hinaus. Sie lassen sich dann als feste Basis für weitere grosse Schritte nutzen.
Direkte Demokratie ist übrigens auch der beste Weg, die rechtspopulistischen und nationalistischen Bewegungen zu überwinden, siehe dazu https://www.mehr- demokratie.de/fileadmin/pdf/Themen25_Die_neue_Angst_vor_der_direkten_Demokratie.pdf.