Antrag: | Der Wasserkrise Grenzen setzen - Grüne Vorschläge zur Berliner Wasserversorgung |
---|---|
Antragsteller*in: | LAG Wirtschaft und Finanzen (dort beschlossen am: 14.11.2024) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 15.11.2024, 05:39 |
V-4-035: Der Wasserkrise Grenzen setzen - Grüne Vorschläge zur Berliner Wasserversorgung
Antragstext
Von Zeile 35 bis 38 löschen:
- Eine Überleitung von Wasser aus der Elbe zur Stützung des Wasserhaushalts der Spree lehnen wir ab.
- Ebenso halten wir es für falsch, entsalztes Meerwasser aus der Ostsee nach Berlin zu leiten.
Der Wasserkreislauf der Hauptstadtregion – und mit ihm die Wasserversorgung von Millionen
Berliner*innen – ist aus dem Gleichgewicht geraten. Dem steigenden Wasserverbrauch stehen
aufgrund von Dürren und wegen der langjährigen Braunkohleförderung in der Lausitz
schwindende Grundwasserbestände und ein abnehmender Wasserstand der Spree gegenüber. Dies
macht eine politische Reaktion erforderlich, damit Berlin nicht in eine Wasserkrise gerät.
Bündnis 90/DIE GRÜNEN sprechen sich daher für die untenstehenden Maßnahmen aus. Sie machen
sich einerseits den natürlichen Wasserkreislauf und seine Regenerationsfähigkeit zunutze, um
die langfristige Wasserversorgung Berlins zu sichern. Dabei gilt das Leitbild, dass
möglichst wenig Wasser dem lokalen Wasserkreislauf entnommen werden und das entnommene
Wasser diesem naturnah wieder zugeführt werden soll. So wird verhindert, dass die
Hauptstadtregion von externen und naturunverträglichen Wasserquellen wie entsalztem
Meerwasser abhängig wird. Andererseits sichern die vorgeschlagenen Maßnahmen die
bedarfsgerechte Verteilung der zunehmend knappen Ressource Wasser. Der gesundheitliche und
soziale Grundbedarf an Wasser für alle Berliner*innen wird ebenso gewährleistet, wie die
Stabilität des Natur- und Wasserhaushalts, bevor sonstige Nutzungsinteressen bedient werden.
A. Mit den Folgeschäden der Braunkohleförderung umgehen
Der im Koalitionsvertrag der „Ampel“ festgeschriebene Braunkohleausstieg „idealerweise“ bis
2030 muss vollzogen werden. Berlin muss bundespolitisch, sowie gegenüber den Ländern
Brandenburg und Sachsen darauf hinwirken, dass die negativen Auswirkungen des Kohleausstiegs
in der Lausitz und in Sachsen auf die Berliner Wasserversorgung möglichst gering ausfallen.
Dazu sollte sich das Land wie folgt positionieren:
- Die Errichtung von kleiner dimensionierten Restseen in Teilen der Tagebaufläche sollte
beschleunigt werden. Statt groß und flach sind diese Seen klein und tief anzulegen, um
Wasserverluste durch eine hohe Verdunstungsrate zu reduzieren.[1] Das Wasser dieser
Seen sollte bei Bedarf in die Spree übergeleitet werden.
- Soweit das Wasser der Restseen nicht ausreicht, um die Spree und den regionalen
Wasserhaushalt zu stützen, müssen die existierenden Tagebaupumpen zur Überleitung von
Grundwasser in die Spree temporär und in einem schrittweise abnehmendem Umfang weiter
betrieben werden.
- Bei der Wassernutzung durch Folgebetriebe in der Lausitz, insbesondere bei der
Nachnutzung von Kraftwerksstandorten, ist konsequent zu recyceln.
- Die zunehmende Sulfatbelastung des Berliner Trinkwassers ist durch geeignete Maßnahmen
im Entstehungsgebiet zu reduzieren. Die entstehenden Kosten sind den
Bergbauunternehmen als Verursacher aufzuerlegen.
- Eine Überleitung von Wasser aus der Elbe zur Stützung des Wasserhaushalts der Spree
lehnen wir ab.
- Ebenso halten wir es für falsch, entsalztes Meerwasser aus der Ostsee nach Berlin zu
leiten.
B. Mit Wasser in Berlin sparsamer umgehen
- Senat, Bezirke und Eigenbetriebe der Stadt werden verpflichtet, im Sommerhalbjahr nur
spätabends oder nachts Grünflächen zu bewässern sowie wassersparende Techniken wie
Tröpfchenbewässerung zu nutzen.
- Die Stadtgesellschaft und alle Sportvereine werden – begleitet durch eine
Öffentlichkeitskampagne – aufgerufen, mit Grünflächen und Gärten ebenso zu verfahren.
Nach zweijähriger Erfolgskontrolle wird entschieden, ob der Aufruf in eine
entsprechende Verpflichtung umzuwandeln ist.
- Für Grundwasserentnahmen, die zu den bisherigen hinzutreten, sind grundsätzlich keine
Genehmigungen mehr zu erteilen. Die Erneuerung von Genehmigungen zur Entnahme von
Grundwasser ist vom Grundwasserstand abhängig zu machen. Bestehende private
Grundwasserentnahmestellen werden vollumfänglich erfasst und öffentlich einsehbar
kartiert. Der bestehende Freibetrag vom Grundwasserentnahmeentgelt bis zu 6.000 m³ pro
Jahr ist entweder zu streichen oder durch ein bis zu dieser Menge reduziertes Entgelt
zu ersetzen.
- Es wird eine Verordnungsermächtigung geschaffen, die es dem Berliner Senat ermöglicht
unter bestimmten Voraussetzungen eine „Wasserversorgungs-Notlage“ auszurufen. Die
Voraussetzungen hierfür sind unter Hinzuziehung wissenschaftlicher Expert*innen und
unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips vom Abgeordnetenhaus festzulegen. In der
Verordnungsermächtigung wird der Berliner Senat auch ermächtigt, Wassernutzungen
einzuschränken oder zu priorisieren. Dabei hat das Abgeordnetenhaus den Kreis der zu
privilegierenden oder einzuschränkenden Nutzungen zu definieren. Hierbei ist
sicherzustellen, dass der soziale und gesundheitliche Grundbedarf an Wasser für alle
Berliner*innen gedeckt ist.
C. Mit Wasser naturgerechter umgehen
- Der Senat muss die Verfahren zur Festlegung von zulässigen Mengen der
Trinkwasserförderung an allen Wasserwerken zügig abschließen. Dabei sind insbesondere
für alle Brunnengalerien im weiteren Umkreis von grundwasserabhängigen Feuchtgebieten
Höchstmengen der Wasserförderung festzulegen, die zum Schutz der Natur nicht
überschritten werden dürfen.
- Die erfolgreich im Spandauer Forst praktizierte Grundwasseranreicherung ist in
wasserreichen Wintermonaten zur Stützung der Moorgebiete und des Grundwasserspiegels
auszuweiten.
- Zur gezielten Stützung des Landschaftswasserhaushalts, insbesondere in gefährdeten
Feuchtgebieten, soll Wasser aus den Klärwerken wieder in die Landschaft eingeleitet
werden. Voraussetzung ist eine mit nach höchstem Stand der Technik erfolgte
Wasserreinigung. Dem erfolgreichen Projekt in Rieselfeldern bei Hobrechtsfelde
folgend, soll die Einleitung über die Anlage von Teichen einer Stärkung von Natur und
biologischen Vielfalt vor Ort dienen.[2]
- In der Berliner Bauordnung sind für alle Neubauten, für umfassende Sanierungen von
Altbauten und für neu angesiedelte Gewerbebetriebe verpflichtende Regelungen zum
Wasserrecycling und zur Regenwasserbewirtschaftung vorzusehen.
- Die schrittweise Abkoppelung des Regenwassers von der Mischkanalisation ist zu
beschleunigen. Hierzu ist die Regenwasserverordnung „BreWaBe“ konsequent anzuwenden.
Das anfallende Regenwasser ist, soweit aufgrund möglicher Belastungen vertretbar, vor
Ort zu nutzen oder zu versickern. Mit der Entsiegelung in Muldensystemen sind
“Regengärten“ im Straßenland zu schaffen, um die Versickerung mit der Förderung einer
vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt in der Stadt zu verbinden.
Grundstücksübergreifende Lösungen sollten leichter ermöglicht werden, so dass z.B. das
Wasser vom Dach eines Grundstücks die Grünanlage nebenan bewässern kann.
- Die Neuversiegelung von Fläche ist in Berlin schrittweise so zu reduzieren, dass bis
zum Jahr 2030 eine dauerhafte Netto-Null-Versiegelung erreicht ist.Für jede neue
Versiegelung wird ab dann eine mindestens gleiche Fläche gleichen Umfangs in der Stadt
zu entsiegelt. Zur Kontrolle findet jedes Jahr ein entsprechendes Monitoring statt.
- Entsiegelung muss als Fachaufgabe der Berliner Verwaltung begriffen und verankert
werden. Es sind hinreichend personelle und organisatorische Ressourcen zur Planung und
Umsetzung neu zu schaffen. Es wird ein Entsiegelungskataster angelegt.
- Zusätzlich steigert Berlin in der Entsiegelung jedes Jahr den relativen Anteil an
Entsiegelung öffentlicher Flächen im Straßenland bzw. an öffentlichen Grundstücken, so
dass ab 2030 eine anteilige Entsiegelungsquote von 1% pro Jahr erreicht ist. Es finden
regelmäßige Erfolgskontrollen und eine Evaluation nach 10 Jahren statt.
D. Mit Wasser gesundheitsgerechter umgehen
- Wir setzen uns bundes- wie europaweit für ein schnelles und vollständiges Verbot der
Herstellung von PFAS ein. Innerhalb von Berlin erwarten wir eine vollständige
Transparenz zur ermittelten Belastung des Wasserkreislaufes durch PFAS und andere
Schadstoffe und den damit verbundenen Risiken, einschließlich der zu erwartenden
Entwicklung an den betroffenen Brunnen, insbesondere im Umfeld des ehemaligen
Flughafens Tegel im Bereich des Wasserwerks Tegel. Die PFAS-Belastung muss
schnellstmöglich nach dem Stand von Wissenschaft und Technik untersucht und die
weitere Belastung bekämpft und nachhaltig verhindert werden. Auch hier gilt das
Verursacherprinzip.
- Die Reinigungsleistung aller Berliner Klärwerke zur Ausfilterung organischer Stoffe
sowie anthropogener Spurenstoffe von Mikroplastik bis zu Arzneimittelrückständen muss
umgehend auf den bestmöglichen Stand der Technik (wie die vierte Reinigungsstufe)
verbessert werden. Das extrahierte Phosphat ist wieder in Nutzung zu bringen.
- Kunstrasenflächen werden nur noch unter Verzicht auf Mikrogranulat und mit
wasserdurchlässigem Material angelegt. Die Zusatzkosten für Sportvereine übernimmt das
Land.
E. Mit Wasser finanzgerechter umgehen
- Die Gewinne der Berliner Wasserbetriebe sollen in den Wasserbetrieben verbleiben, um
die hierfür notwendigen Investitionsmaßnahmen zu tätigen.
- Die Erträge aus dem in Berlin erhobene Grundwasserentgelt (2023 rund 70 Mio) werden
überwiegend für das Grundwasser entlastende Maßnahmen eingesetzt, wie Entsiegelung von
Flächen, die Anlage von Regengärten, die Stützung der grundwasserabhängigen
Feuchtgebiete und die Wiedereinleitung hinreichend geklärter Abwässer in austrocknende
Landschaft.
- Wer viel verbraucht, soll mehr zahlen. Wir plädieren für die lenkende Wirkung der
Wassertarife im Sinne fairer und sparsamer Verteilung von Wasser. Dabei soll die
Preisbildung sozialverträglich so erfolgen, dass Verbraucher*innen eine Grundmenge an
Wasser zu günstigen Konditionen erhalten und darüber hinausgehende Bedarfe progressiv
bepreist werden.
- Zur Deckung der durch die Viertbehandlung entstehenden zusätzlichen Kosten und im
Einklang mit dem Verursacherprinzip müssen Hersteller von Arzneimitteln und Kosmetika,
die kommunales Abwasser mit Mikroschadstoffen verschmutzen, durch ein System der
erweiterten Herstellerverantwortung mit mindestens 80 % zu den Kosten dieser
zusätzlichen Behandlung beitragen. Die beiden Mitgesetzgeber haben vereinbart, den
Mitgliedstaaten eine gewisse Flexibilität bei der Aufteilung der verbleibenden Kosten
zu lassen. Die Kosten für die Erhebung und Überprüfung von Daten über in Verkehr
gebrachte Produkte müssen ebenfalls von den Herstellern getragen werden. Die beiden
Mitgesetzgeber haben die Kommission beauftragt, die potenziellen Auswirkungen dieser
Bestimmung auf die Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit von Arzneimitteln zu bewerten.
- Es sollen weitere Finanzierungsformen wie zum Beispiel Transaktionskredite für die
Zukunftsaufgabe Ausbau der grün-blauen Infrastruktur geprüft werden.
[1] Die vom UBA beauftragte Studie zu wasserwirtschaftlichen Folgen des Braunkohleausstiegs
in der Lausitz beziffert die Verdunstungsverluste bei gegenwärtigen Stand der Seen im
Tagebau-Gebiet auf 62 Mio m³ pro Jahr. Dabei legt sie Schätzungen zur Verdunstung aus dem
Schnitt der Jahre 1920 – 2020 zugrunde. Sie klammert als die zu erwartende Zunahme durch
die, auch vom Braunkohle-Tagebau mitverursachten Erderhitzung in den kommenden Jahren aus.
Aus: Grüne Liga, Stellungnahme zur UBA Studie, Cottbus, Juli 2023, S.21.
Von Zeile 35 bis 38 löschen:
- Eine Überleitung von Wasser aus der Elbe zur Stützung des Wasserhaushalts der Spree lehnen wir ab.
- Ebenso halten wir es für falsch, entsalztes Meerwasser aus der Ostsee nach Berlin zu leiten.
Der Wasserkreislauf der Hauptstadtregion – und mit ihm die Wasserversorgung von Millionen
Berliner*innen – ist aus dem Gleichgewicht geraten. Dem steigenden Wasserverbrauch stehen
aufgrund von Dürren und wegen der langjährigen Braunkohleförderung in der Lausitz
schwindende Grundwasserbestände und ein abnehmender Wasserstand der Spree gegenüber. Dies
macht eine politische Reaktion erforderlich, damit Berlin nicht in eine Wasserkrise gerät.
Bündnis 90/DIE GRÜNEN sprechen sich daher für die untenstehenden Maßnahmen aus. Sie machen
sich einerseits den natürlichen Wasserkreislauf und seine Regenerationsfähigkeit zunutze, um
die langfristige Wasserversorgung Berlins zu sichern. Dabei gilt das Leitbild, dass
möglichst wenig Wasser dem lokalen Wasserkreislauf entnommen werden und das entnommene
Wasser diesem naturnah wieder zugeführt werden soll. So wird verhindert, dass die
Hauptstadtregion von externen und naturunverträglichen Wasserquellen wie entsalztem
Meerwasser abhängig wird. Andererseits sichern die vorgeschlagenen Maßnahmen die
bedarfsgerechte Verteilung der zunehmend knappen Ressource Wasser. Der gesundheitliche und
soziale Grundbedarf an Wasser für alle Berliner*innen wird ebenso gewährleistet, wie die
Stabilität des Natur- und Wasserhaushalts, bevor sonstige Nutzungsinteressen bedient werden.
A. Mit den Folgeschäden der Braunkohleförderung umgehen
Der im Koalitionsvertrag der „Ampel“ festgeschriebene Braunkohleausstieg „idealerweise“ bis
2030 muss vollzogen werden. Berlin muss bundespolitisch, sowie gegenüber den Ländern
Brandenburg und Sachsen darauf hinwirken, dass die negativen Auswirkungen des Kohleausstiegs
in der Lausitz und in Sachsen auf die Berliner Wasserversorgung möglichst gering ausfallen.
Dazu sollte sich das Land wie folgt positionieren:
- Die Errichtung von kleiner dimensionierten Restseen in Teilen der Tagebaufläche sollte
beschleunigt werden. Statt groß und flach sind diese Seen klein und tief anzulegen, um
Wasserverluste durch eine hohe Verdunstungsrate zu reduzieren.[1] Das Wasser dieser
Seen sollte bei Bedarf in die Spree übergeleitet werden.
- Soweit das Wasser der Restseen nicht ausreicht, um die Spree und den regionalen
Wasserhaushalt zu stützen, müssen die existierenden Tagebaupumpen zur Überleitung von
Grundwasser in die Spree temporär und in einem schrittweise abnehmendem Umfang weiter
betrieben werden.
- Bei der Wassernutzung durch Folgebetriebe in der Lausitz, insbesondere bei der
Nachnutzung von Kraftwerksstandorten, ist konsequent zu recyceln.
- Die zunehmende Sulfatbelastung des Berliner Trinkwassers ist durch geeignete Maßnahmen
im Entstehungsgebiet zu reduzieren. Die entstehenden Kosten sind den
Bergbauunternehmen als Verursacher aufzuerlegen.
- Eine Überleitung von Wasser aus der Elbe zur Stützung des Wasserhaushalts der Spree
lehnen wir ab.
- Ebenso halten wir es für falsch, entsalztes Meerwasser aus der Ostsee nach Berlin zu
leiten.
B. Mit Wasser in Berlin sparsamer umgehen
- Senat, Bezirke und Eigenbetriebe der Stadt werden verpflichtet, im Sommerhalbjahr nur
spätabends oder nachts Grünflächen zu bewässern sowie wassersparende Techniken wie
Tröpfchenbewässerung zu nutzen.
- Die Stadtgesellschaft und alle Sportvereine werden – begleitet durch eine
Öffentlichkeitskampagne – aufgerufen, mit Grünflächen und Gärten ebenso zu verfahren.
Nach zweijähriger Erfolgskontrolle wird entschieden, ob der Aufruf in eine
entsprechende Verpflichtung umzuwandeln ist.
- Für Grundwasserentnahmen, die zu den bisherigen hinzutreten, sind grundsätzlich keine
Genehmigungen mehr zu erteilen. Die Erneuerung von Genehmigungen zur Entnahme von
Grundwasser ist vom Grundwasserstand abhängig zu machen. Bestehende private
Grundwasserentnahmestellen werden vollumfänglich erfasst und öffentlich einsehbar
kartiert. Der bestehende Freibetrag vom Grundwasserentnahmeentgelt bis zu 6.000 m³ pro
Jahr ist entweder zu streichen oder durch ein bis zu dieser Menge reduziertes Entgelt
zu ersetzen.
- Es wird eine Verordnungsermächtigung geschaffen, die es dem Berliner Senat ermöglicht
unter bestimmten Voraussetzungen eine „Wasserversorgungs-Notlage“ auszurufen. Die
Voraussetzungen hierfür sind unter Hinzuziehung wissenschaftlicher Expert*innen und
unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips vom Abgeordnetenhaus festzulegen. In der
Verordnungsermächtigung wird der Berliner Senat auch ermächtigt, Wassernutzungen
einzuschränken oder zu priorisieren. Dabei hat das Abgeordnetenhaus den Kreis der zu
privilegierenden oder einzuschränkenden Nutzungen zu definieren. Hierbei ist
sicherzustellen, dass der soziale und gesundheitliche Grundbedarf an Wasser für alle
Berliner*innen gedeckt ist.
C. Mit Wasser naturgerechter umgehen
- Der Senat muss die Verfahren zur Festlegung von zulässigen Mengen der
Trinkwasserförderung an allen Wasserwerken zügig abschließen. Dabei sind insbesondere
für alle Brunnengalerien im weiteren Umkreis von grundwasserabhängigen Feuchtgebieten
Höchstmengen der Wasserförderung festzulegen, die zum Schutz der Natur nicht
überschritten werden dürfen.
- Die erfolgreich im Spandauer Forst praktizierte Grundwasseranreicherung ist in
wasserreichen Wintermonaten zur Stützung der Moorgebiete und des Grundwasserspiegels
auszuweiten.
- Zur gezielten Stützung des Landschaftswasserhaushalts, insbesondere in gefährdeten
Feuchtgebieten, soll Wasser aus den Klärwerken wieder in die Landschaft eingeleitet
werden. Voraussetzung ist eine mit nach höchstem Stand der Technik erfolgte
Wasserreinigung. Dem erfolgreichen Projekt in Rieselfeldern bei Hobrechtsfelde
folgend, soll die Einleitung über die Anlage von Teichen einer Stärkung von Natur und
biologischen Vielfalt vor Ort dienen.[2]
- In der Berliner Bauordnung sind für alle Neubauten, für umfassende Sanierungen von
Altbauten und für neu angesiedelte Gewerbebetriebe verpflichtende Regelungen zum
Wasserrecycling und zur Regenwasserbewirtschaftung vorzusehen.
- Die schrittweise Abkoppelung des Regenwassers von der Mischkanalisation ist zu
beschleunigen. Hierzu ist die Regenwasserverordnung „BreWaBe“ konsequent anzuwenden.
Das anfallende Regenwasser ist, soweit aufgrund möglicher Belastungen vertretbar, vor
Ort zu nutzen oder zu versickern. Mit der Entsiegelung in Muldensystemen sind
“Regengärten“ im Straßenland zu schaffen, um die Versickerung mit der Förderung einer
vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt in der Stadt zu verbinden.
Grundstücksübergreifende Lösungen sollten leichter ermöglicht werden, so dass z.B. das
Wasser vom Dach eines Grundstücks die Grünanlage nebenan bewässern kann.
- Die Neuversiegelung von Fläche ist in Berlin schrittweise so zu reduzieren, dass bis
zum Jahr 2030 eine dauerhafte Netto-Null-Versiegelung erreicht ist.Für jede neue
Versiegelung wird ab dann eine mindestens gleiche Fläche gleichen Umfangs in der Stadt
zu entsiegelt. Zur Kontrolle findet jedes Jahr ein entsprechendes Monitoring statt.
- Entsiegelung muss als Fachaufgabe der Berliner Verwaltung begriffen und verankert
werden. Es sind hinreichend personelle und organisatorische Ressourcen zur Planung und
Umsetzung neu zu schaffen. Es wird ein Entsiegelungskataster angelegt.
- Zusätzlich steigert Berlin in der Entsiegelung jedes Jahr den relativen Anteil an
Entsiegelung öffentlicher Flächen im Straßenland bzw. an öffentlichen Grundstücken, so
dass ab 2030 eine anteilige Entsiegelungsquote von 1% pro Jahr erreicht ist. Es finden
regelmäßige Erfolgskontrollen und eine Evaluation nach 10 Jahren statt.
D. Mit Wasser gesundheitsgerechter umgehen
- Wir setzen uns bundes- wie europaweit für ein schnelles und vollständiges Verbot der
Herstellung von PFAS ein. Innerhalb von Berlin erwarten wir eine vollständige
Transparenz zur ermittelten Belastung des Wasserkreislaufes durch PFAS und andere
Schadstoffe und den damit verbundenen Risiken, einschließlich der zu erwartenden
Entwicklung an den betroffenen Brunnen, insbesondere im Umfeld des ehemaligen
Flughafens Tegel im Bereich des Wasserwerks Tegel. Die PFAS-Belastung muss
schnellstmöglich nach dem Stand von Wissenschaft und Technik untersucht und die
weitere Belastung bekämpft und nachhaltig verhindert werden. Auch hier gilt das
Verursacherprinzip.
- Die Reinigungsleistung aller Berliner Klärwerke zur Ausfilterung organischer Stoffe
sowie anthropogener Spurenstoffe von Mikroplastik bis zu Arzneimittelrückständen muss
umgehend auf den bestmöglichen Stand der Technik (wie die vierte Reinigungsstufe)
verbessert werden. Das extrahierte Phosphat ist wieder in Nutzung zu bringen.
- Kunstrasenflächen werden nur noch unter Verzicht auf Mikrogranulat und mit
wasserdurchlässigem Material angelegt. Die Zusatzkosten für Sportvereine übernimmt das
Land.
E. Mit Wasser finanzgerechter umgehen
- Die Gewinne der Berliner Wasserbetriebe sollen in den Wasserbetrieben verbleiben, um
die hierfür notwendigen Investitionsmaßnahmen zu tätigen.
- Die Erträge aus dem in Berlin erhobene Grundwasserentgelt (2023 rund 70 Mio) werden
überwiegend für das Grundwasser entlastende Maßnahmen eingesetzt, wie Entsiegelung von
Flächen, die Anlage von Regengärten, die Stützung der grundwasserabhängigen
Feuchtgebiete und die Wiedereinleitung hinreichend geklärter Abwässer in austrocknende
Landschaft.
- Wer viel verbraucht, soll mehr zahlen. Wir plädieren für die lenkende Wirkung der
Wassertarife im Sinne fairer und sparsamer Verteilung von Wasser. Dabei soll die
Preisbildung sozialverträglich so erfolgen, dass Verbraucher*innen eine Grundmenge an
Wasser zu günstigen Konditionen erhalten und darüber hinausgehende Bedarfe progressiv
bepreist werden.
- Zur Deckung der durch die Viertbehandlung entstehenden zusätzlichen Kosten und im
Einklang mit dem Verursacherprinzip müssen Hersteller von Arzneimitteln und Kosmetika,
die kommunales Abwasser mit Mikroschadstoffen verschmutzen, durch ein System der
erweiterten Herstellerverantwortung mit mindestens 80 % zu den Kosten dieser
zusätzlichen Behandlung beitragen. Die beiden Mitgesetzgeber haben vereinbart, den
Mitgliedstaaten eine gewisse Flexibilität bei der Aufteilung der verbleibenden Kosten
zu lassen. Die Kosten für die Erhebung und Überprüfung von Daten über in Verkehr
gebrachte Produkte müssen ebenfalls von den Herstellern getragen werden. Die beiden
Mitgesetzgeber haben die Kommission beauftragt, die potenziellen Auswirkungen dieser
Bestimmung auf die Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit von Arzneimitteln zu bewerten.
- Es sollen weitere Finanzierungsformen wie zum Beispiel Transaktionskredite für die
Zukunftsaufgabe Ausbau der grün-blauen Infrastruktur geprüft werden.
[1] Die vom UBA beauftragte Studie zu wasserwirtschaftlichen Folgen des Braunkohleausstiegs
in der Lausitz beziffert die Verdunstungsverluste bei gegenwärtigen Stand der Seen im
Tagebau-Gebiet auf 62 Mio m³ pro Jahr. Dabei legt sie Schätzungen zur Verdunstung aus dem
Schnitt der Jahre 1920 – 2020 zugrunde. Sie klammert als die zu erwartende Zunahme durch
die, auch vom Braunkohle-Tagebau mitverursachten Erderhitzung in den kommenden Jahren aus.
Aus: Grüne Liga, Stellungnahme zur UBA Studie, Cottbus, Juli 2023, S.21.