Veranstaltung: | LDK am 22. November 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 11. Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 17.10.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 17.10.2025, 13:42 |
V-3: Mehr Beton, weniger Zukunft - dieser Haushalt schadet Berlin
Antragstext
Mit der aktuellen Haushaltsaufstellung zementiert die schwarz-rote Koalition ihre
rückwärtsgewandte Politik. Die Verkehrswende wird zurückgedreht, im Sozialen wird gekürzt,
die Bezirke sind grundlegend unterfinanziert und für das Grün in der Stadt gibt es zu wenig
Geld, um es dauerhaft nachhaltig zu pflegen. So wird Berlin dreckiger, gefährlicher und
grauer. Statt die drängenden Probleme Berlins endlich entschieden und mutig anzugehen,
werden beim Klima- und Umweltschutz drastische Einschnitte vorgenommen, Mittel bei sozialen
Trägern sowie Beratungseinrichtungen erheblich gekürzt und die Verkehrswende faktisch
gestoppt.
Gleichzeitig werden teure Prestigeprojekte finanziert, die weder sozial noch ökologisch
nachhaltig sind. In der Sicherheitspolitik setzt die Koalition auf Repression statt
Prävention und plant 16 Millionen Euro für Videoüberwachung ein, statt grundlegend
notwendige Strukturen zur Strafverfolgung zu sichern, und betreibt so reine Symbolpolitik,
während präventiv wirksame Maßnahmen reihenweise gestrichen werden. Statt in die
Verkehrswende und den Klimaschutz zu investieren, investiert sie in den Neubau der
Tangentialverbindung Ost, die Sanierung des Schlangenbader Tunnels und den autogerechten
Neubau des Tempelhofer Dammes. Hinzu kommen Großprojekte wie eine aussichtslose
Olympiabewerbung, die finanziell ein Fass ohne Boden wird - was auch die aktuelle Regierung
weiß, die das Parlament und die Öffentlichkeit über die Gesamtkosten im Dunkeln tappen
lässt.
Auch finanzpolitisch fehlt diesem Haushalt jede Zukunftsperspektive. Er hinterlässt der
kommenden Regierung eine schwere Hypothek ohne verbliebene Rücklagen und mit einem
milliardenschweren strukturellen Defizit. Benzin und Beton statt Herz und Verstand ist für
CDU und SPD auch die Devise bei der Verteilung der Berliner Mittel aus dem Sondervermögen
des Bundes: Dieses wird zum Großteil für Straßenbauprojekte verausgabt. Für Klimaschutz und
die soziale Infrastruktur ist hingegen bisher kein einziger Cent vorgesehen.
Als Sahnehäubchen obendrauf inszeniert sich die Koalition als Retterin von Einzelprojekten,
die erst dem Senatsentwurf oder sogar der parlamentarischen Beratung in den Fachausschüssen
zum Opfer gefallen sind. Diese Finanzpolitik nach Gutsherrenart ist maximal unseriös und
degradiert Menschen, die wichtige Arbeit vor Ort leisten, etwa als Parkläufer*innen oder an
den Schulen oder in den Geburtskliniken, zu Statist*innen in einem sehr schlechten
Haushalts-Film. Wir Grüne stehen für Stabilität und kritisieren die Koalition dafür, diesen
finanzpolitischen Weg zu gehen.
Wir kritisieren insbesondere:
- dass die gravierenden Kürzungen beim Klima-, Umwelt- und Naturschutz dazu führen, dass
die Berliner Klimaziele für 2030 nicht mehr erreicht werden können! Während den
Berliner*innen von CDU und SPD zu Beginn der Regierungszeit noch ein Sondervermögen
für Klimaschutz über bis zu zehn Milliarden Euro versprochen worden ist, das bis heute
nicht existiert, werden stattdessen ganz real bis zu 80 % der bisher verfügbaren
Gelder für den Klimaschutz gekürzt. Darüber kann auch der groß angekündigte Klimapakt
nicht hinwegtäuschen. Das für den Klimaschutz zentrale Berliner Programm für
Nachhaltige Entwicklung (BENE) wird mit diesem Haushalt sogar de facto eingestellt.
Bei den Bezirken, die für die Pflege der Grünflächen und des Baumbestandes
verantwortlich sind, wird zudem so massiv gespart, dass sie handlungsunfähig sind und
ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen können. Das hat direkte Auswirkungen auf den Alltag
der Berliner*innen in unseren Kiezen. Doch statt in klimaschützende Maßnahmen wie
Bäume, Radwege und die Entsiegelung von Flächen investiert die schwarz-rote Regierung
lieber in klimaschädliche Holzkraftwerke und neue Schnellstraßen. Um Bäume und
Hitzeschutz kümmert sich dieser Senat nicht freiwillig, sondern muss von der
Bevölkerung über den BaumEntscheid dazu gezwungen werden.
- dass die gravierenden Kürzungen bei der sozialen Infrastruktur unter anderem dazu
führen, dass das von der Regierung selbst gesteckte Ziel, in Berlin bis 2030
Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit zu beenden, nicht mehr zu halten ist. Die Zahl
der Wohnungslosen steigt in den Prognosen des Senats bis 2029 unaufhaltsam an,
bezahlbarer Wohnraum nimmt ab und das Hilfesystem kommt an seine Grenzen. Der schwarz-
rote Senat setzt damit seinen Kurs der sozialen Kälte fort. Mit dem Doppelhaushalt
2026/2027 verschärfen CDU und SPD die Armut in Berlin, statt sie zu bekämpfen. Während
die Lebenshaltungskosten weiter steigen und viele Berliner*innen kaum wissen, wie sie
über den Monat kommen sollen, kürzt dieser Senat dort, wo Hilfe am dringendsten
gebraucht wird: Bei den Ärmsten. So streicht die Koalition unter anderem bei der
Schuldnerberatung sowie Präventionsprogramme im Suchtbereich und zur Vorbeugung von
Wohnungs- und Obdachlosigkeit. Auch bei der Schulsozialarbeit und den Welcome-Baby-
Bags für Mütter mit Gewalterfahrungen oder psychischen Erkrankungen wird massiv
gekürzt. Mobilität wird ebenso teurer, insbesondere für alle, die ohnehin jeden Cent
umdrehen müssen: Der BVG-Einzelfahrschein kostet künftig über 4 Euro und das
Sozialticket verteuert sich um über 40 %. Besonders problematisch ist der Umgang mit
dem großen Sicherheitsversprechen von Kai Wegner. Durch den Sicherheitsgipfel wurden
in allen 12 Bezirken soziale Maßnahmen neu aufgebaut. Am Ende des Jahres stehen diese
vor dem Aus, sodass schlussendlich nicht mehr als ein Zaun im Görlitzer Park bleibt.
Ganz nach der Devise: Metallische Kälte statt menschliche Politik.
- die Kürzungen im Bereich der politischen Bildung und der Stärkung von Demokratie und
Zivilgesellschaft. Besonders betroffen sind digitale und Medienbildung, kulturelle und
queere Bildung sowie politische Bildungsarbeit und Projekte im Bereich der
Antidiskriminierung und Gleichstellung. Aber auch die Berliner Kultur greift die
schwarz-rote Koalition massiv an, in dem sie bewährte Förderstrukturen untergräbt,
Beiräte und Jurys entmachtet, Vergabepraxen intransparent ausführt und parteipolitisch
instrumentalisiert. Die angekündigten Kürzungen zerstören zivilgesellschaftliche
Strukturen und Räume für politische Teilhabe in einer Zeit, in der unsere
demokratischen Institutionen von rechts angegriffen werden und Antisemitismus und
Rassismus wieder massiv zunehmen. Insbesondere die CDU-geführte Bildungsverwaltung
geht bei den Kürzungen gezielt gegen, ihrer Ansicht nach, politisch unerwünschte
Träger vor und streicht etablierte und erfolgreiche Projektarbeit unter dem Vorwand
der Haushaltskonsolidierung radikal zusammen. Besonders fatal daran: Was hier einmal
gestrichen wurde, lässt sich nicht mehr so schnell wieder ersetzen. Über Jahre
gewachsene und erarbeitete Strukturen werden so zum Einsturz gebracht. Es wird viele
Jahre und deutlich höhere finanzielle Ressourcen brauchen, um sie wieder aufzubauen.
- dass SPD und CDU das Prinzip „Gute Arbeit im öffentlichen Auftrag“ aufgegeben haben.
Die Menschen, die in sozialen Projekten, Bildungsinitiativen oder in der für Berlin so
wichtigen Kultur arbeiten, haben ein Horrorjahr hinter sich: Sie wissen bis heute
nicht, wie ihre Finanzierung für 2025, geschweige denn für 2026 und 2027, aussieht. Es
ist unklar, ob geplante Tarifsteigerungen oder Mietexplosionen finanziert werden oder
zulasten der Angebote gehen. Mindesthonorare werden gestrichen. Dieses soziale Dumping
zieht sich durch die Senatspolitik. Wie auch in den letzten Jahren, wissen heute viele
Mitarbeiter*innen in den Beratungsstellen, Familienzentren oder Seniorentreffs nicht,
ob sie nächstes Jahr noch eine Arbeit haben. So geht man mit Menschen, die für ein
soziales Berlin sorgen, einfach nicht um! Stattdessen braucht es Planungssicherheit
für soziale und gesellschaftspolitische Arbeit. Das, was die schwarz-rote
Rückschrittskoalition hier treibt, ist Haushaltskonsolidierung auf dem Rücken derer,
die das soziale Berlin am Laufen halten.
Wir fordern:
die Einnahmepotenziale des Landes Berlin endlich konsequent zu nutzen. Hierzu gehören
eine effizientere Steuererhebung, die Überprüfung von Gebührenordnungen sowie die
konsequente Eintreibung ausstehender Forderungen des Landes. Unsere Finanzämter müssen
gestärkt werden, um konsequent Steuerrückstände eintreiben und Steuerhinterziehung
bekämpfen zu können. Die Grunderwerbssteuer erhöhen wir auf das Niveau von Brandenburg
und wollen sie in der nächsten Wahlperiode sozial so staffeln, dass wir Berliner*innen
erleichtern, im eigenen Heim oder der eigenen Wohnung zu leben - und große Unternehmen
müssen dafür mehr zahlen. Zusätzliche Einnahmen können durch die Einführung einer
Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen und durch eine Stärkung der
Verkehrssicherheit und der Bußgeldstelle, bspw. im Rahmen von verstärkten
Geschwindigkeitskontrollen oder Überwachung von Rotlichtverstößen, entstehen. Außerdem
fordern wir eine deutliche Erhöhung der Anwohner- und Kurzzeitparkgebühren.
- Die vom Bund bereitgestellten Gelder aus dem Sondervermögen müssen gezielt in die
Zukunft unserer Stadt investiert werden. Mensch und Klima müssen Priorität haben. Dazu
gehört ein Fokus auf Maßnahmen für den Klimaschutz und die Klimaresilienz unserer
Stadt, aber auch für die Verkehrswende - um den Ausbau des ÖPNV, des Radwegenetzes und
der Fußgängerwege voranzubringen. Auch Investitionen in die soziale Infrastruktur,
Kultur und in die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude sollten aus dem
Sondervermögen des Bundes finanziert werden.
- Die Investitionen in den Klima-, Umwelt- und Naturschutz müssen deutlich erhöht
werden. Insbesondere sind folgende Bereiche zu stärken: Das BENE-Programm ist mit
mindestens dem Finanzvolumen des Vorjahres fortzuführen und es ist sicherzustellen,
dass die EU-Fördermittel in dieser Förderperiode vollständig abgerufen werden können.
Die Pflege von Grünflächen sowie die Neupflanzung und Pflege von Stadtbäumen sind
angesichts der Klimakrise prioritär zu behandeln und dabei vor allem die bezirklichen
Grünflächenämter angemessen auszustatten. Wir gratulieren dem BaumEntscheid zu seinem
Erfolg und sehen die Koalition in der Pflicht, ihre Zusagen jetzt auch finanziell in
den Haushaltsberatungen zu untersetzen und im Jahr 2026 in die Umsetzung zu kommen.
Ein Gesetz ohne entsprechende Finanzmittel im Haushalt wäre eine Mogelpackung.
Programme zur energetischen Sanierung und zum Ausbau erneuerbarer Energien müssen
ausgebaut statt gekürzt werden.
- Unser soziales Berlin braucht eine verlässliche Finanzierung. Viele kleine und große
Projekte und Programme setzen sich für unseren sozialen Zusammenhalt ein und
unterstützen diejenigen in unserer Stadt, die auf Solidarität und Hilfe angewiesen
sind. Seien es Integrationsfonds, Stadtteilmütter, Integrationslots*innen oder
Programme wie Parkläufer*innen, diese werden dringender denn je benötigt. Das auf dem
Sicherheitsgipfel beschlossene Maßnahmenpaket muss gesichert und fortgeführt werden
und die Wohnungs- und Obdachlosenhilfe ausgebaut statt gekürzt werden, um dem
wachsenden Bedarf gerecht zu werden. Projekte zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit wie
Housing First, das obdachlosen Menschen dauerhaftes Wohnen und Stabilität ermöglicht,
müssen dringend gestärkt werden. Denn, wer hier den Rotstift ansetzt, schubst weitere
Menschen in die Armut.
- Keine Kürzungen auf Kosten der Demokratie, bei der politischen Bildung und der Kultur!
Wir fordern die Rücknahme der Kürzungen bei der politischen, kulturellen und queeren
Bildung sowie im Bereich der Antidiskriminierung und Frauenprojekte. Zudem braucht es
eine verlässliche Förderung der Programme gegen Rechtsextremismus - für ein
demokratisches, offenes und vielfältiges Berlin. Die angekündigte und teilweise
erfolgte Reform des Zuwendungsrechts muss jetzt auch umfassend angewendet werden. Dazu
sind im Haushalt auch Voraussetzungen für mehrjährige Zuwendungen zu schaffen. Auch
das Arbeitsraumprogramm und die freie Szene müssen gesichert werden, um Berlins
vielfältige Kulturlandschaft zu erhalten.
- Die Bezirke sollen mit immer weniger Mitteln immer mehr absichern: Verkehrssicherheit,
Hitzeschutz durch Stadtgrün, sichere Schulwege, soziale Infrastruktur. Wir fordern,
dass Aufgaben und Finanzierung der Bezirke endlich zusammen gedacht werden. Wenn der
Senat Aufgaben an die Bezirke überträgt, muss er sie vollständig finanzieren -
inklusive notwendiger Personalstellen, Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung.
Statt viel Geld für plakative Kampagnen wie "Sauber geht nur gemeinsam" oder "Werde
kein Verkehrsmonster" auszugeben, brauchen die Bezirke endlich ausreichend Mittel für
saubere Grünflächen, sichere Spielplätze und Schulwege und eine funktionierende
Infrastruktur.
Berlin braucht Zusammenhalt, nicht Zynismus - und einen Haushalt, der in die Zukunft
investiert, soziale Gerechtigkeit fördert, unsere lebendige Zivilgesellschaft stärkt und die
klimagerechte, nachhaltige ökologische Transformation vorantreibt. Doch der schwarz-rote
Haushalt 2026/2027 wird diesen Anforderungen nicht im mindesten gerecht: CDU und SPD
regieren mit dem Rotstift - gegen die Schwächsten, gegen die Zukunft, gegen das soziale
Berlin.
Wir werden uns im Abgeordnetenhaus für einen zukunftsfähigen, sozial gerechten und
klimafreundlichen Haushalt einsetzen und entsprechende Anträge in die Haushaltsberatungen
einbringen.
Denn wir Grüne kämpfen für ein Berlin, das gerecht, solidarisch und menschlich bleibt.