Veranstaltung: | LDK am 28. Oktober 2020 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 8 Verschiedenes |
Antragsteller*in: | LAG Demokratie und Recht (dort beschlossen am: 19.02.2020) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 21.02.2020, 14:09 |
V10: Für eine grüne Justizpolitik
Antragstext
Für eine grüne Justizpolitik
Eine wirksame und verhältnismäßige Kriminalpolitik bedeutet auch, dass nur Delikte
strafrechtlich verfolgt werden, bei denen dies unbedingt notwendig ist. Dies ist aktuell
nicht der Fall, weswegen wir uns im Bundesrat dafür stark machen werden, das StGB und das
BtMG entrümpeln werden, damit die Justiz die Bürger und Bürgerinnen effektiv vor Straftaten
schütze kann. Wir begrüßen es, dass Berlin bereits bei der letzten Konferenz der
Justizminister*innen beantragt hat, die Bundesjustizministerin möge prüfen, welche derzeit
gültigen Normen im Strafgesetzbuch nicht mehr notwendig sind und aufgehoben werden sollten.
Die Verfolgung und Aburteilung von Bagatellkriminalitätverbraucht unverhältnismäßig viele
Ressourcen der Justiz. Wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis, Diebstahl geringwertiger Sachen und
Drogenbesitz werden jedes Jahr hunderttausende Verfahren geführt. Dadurch fehlen Ressourcen
bei schweren Delikten, wie Wirtschaftskriminalität, organisierter Kriminalität und
Umweltstraftaten.
Auch dauern Verfahren durch die unnötige Belastung der Justiz mitunter extrem lange, sodass
eine schnelle Reaktion auf Straftaten nicht immer erfolgen kann. Kriminologische Forschungen
zeigen aber, dass es gerade im Bereich der Kriminalität von jungen Menschen essentiell ist,
schnell auf strafbares Verhalten zu reagieren, um zukünftige Straftaten zu verhindern.
Eine Strafverfolgung von Kleinstkriminalität kann in vielen Fällen dazu auch noch sehr
schädlich sein. Die Betroffenen werden unnötig kriminalisiert und dadurch aus der
Gesellschaft ausgeschlossen. Etwa verlieren viele Menschen durch eine strafrechtliche
Verurteilung ihre berufliche Perspektive, wodurch die Wahrscheinlichkeit von weiteren
Straftaten steigt. Daher sollte hier eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit erfolgen. Dies ist
nicht nur weniger eingriffsintensiv, sondern ermöglicht auch eine schnellere Reaktion,
entlastet die Justiz und schließt straffällige Menschen weniger aus der Gesellschaft aus.
Sofern sich die Bundesregierung bei der Frage der Entkriminalisierung nicht bewegen werden
wir in Berlin eigene Wege gehen. Sofern sich keine Mehrheiten dafür finden, den ÖPNV
kostenfrei zur Verfügung zu stellen, wodurch sich das Problem des Fahrens ohne Fahrerlaubnis
erledigt hätte, werden wir uns dafür einsetzen, dass Menschen, die immer wieder wegen
entsprechender Delikte inhaftiert werden ein kostenfreies Monatsticket erhalten. Davon
können z. B. Menschen betroffen sein, die psychisch oder suchtkrank und obdachlos sind.
Diese Menschen müssen durch kurzzeitige Inhaftierungen immer wieder Hilfsangebote abbrechen
(wodurch diese irgendwann vollständig beendet werden), kosten das Land Berlin jeden Tag ca.
100 € für den Haftplatz, belasten die Strafvollzugsanstalten unnötig und kommen immer
wieder, ohne dass im Gefängnis mit diesen Menschen irgendwas erreicht werden kann (dafür
sind sie viel zu kurz da). Daher werden wir uns an dem Stadtticket Extra in Bremen
orientieren, wobei wir dabei auf Berliner Besonderheiten eingehen werden, welches Menschen
die immer wieder wegen dem Erschleichen von Leistungen inhaftiert werden, zur Verfügung
gestellt wird. Das Land Bremen hat so nicht nur Geld gespart, sondern die sozialen Träger
haben endlich wieder Kontakt zu diesen Menschen und können ihnen helfen.
Anstelle der Ersatzfreiheitsstrafe müssen Projekte wie Arbeit statt Strafe weiter ausgebaut
werden. Auch sind neue Ansätze der Straffälligenhilfe zu stärken und Ideen aus anderen
Ländern aufzugreifen. Das Land Berlin hat aufgrund des Projektes Arbeit statt Strafe 2018
elf Millionen Euro eingespart und es gibt noch weiteres Einsparpotenzial, wenn
Gefängnisstrafen vermieden werden. Ein Tagessatz einer Geldstrafe, der nicht geleistet
werden kann, in einen Tag der Ersatzfreiheitsstrafe umzurechnen, ist nicht nur eine
unverhältnismäßig hohe Belastung für die Betroffenen. Der Freiheitsentzug trifft sie
wesentlich härter als die Zahlung eines Geldbetrages. Gleichzeitig werden durch den Vollzug
dieser Ersatzfreiheitsstrafe auch Ressourcen der Justiz verschwendet, die eigentlich für die
Resozialisierung von Menschen zu Verfügung stehen sollten, die schwere Delikte begangen
haben. Daher sollte ein Tag Haft zwei Arbeitstagen entsprechen. Die Haftstrafe und die
Kosten wären damit halbiert.
Wir werden ferner dafür sorgen, dass die Resozialisierungsbedingungen in Berlin verbessert
werden. Nur durch eine wirksame Resozialisierung ist die Bevölkerung effektiv vor Straftaten
geschützt. Resozialisierung findet für uns nicht im Gefängnis statt, da die Strukturen im
Strafvollzug einer wirksamen Resozialisierung oft entgegenstehen. Daher müssen alle Akteure
wie die Straffälligen-, Bewährungshilfe, Jugendgerichtshilfe und Strafvollzugsanstalten
besser vernetzt werden und gemeinsam ein Resozialisierungskonzept verfolgen. Dabei muss auf
jeder Ebene geschaut werden, wie der Resozialisierungsprozess gefördert werden kann,
möglichst unter der Vermeidung einer Haftstrafe. So lassen sich im Übrigen auch besser
kriminelle Strukturen, wie etwa rechtsextreme Straftaten, erkennen. Dafür werden wir in
Berlin ein Resozialisierungsgesetz vorlegen, welches alle Akteure wirksam vernetzt und ihre
Zuständigkeiten klar regelt. Dabei werden wir uns an dem Resozialisierungsgesetzentwurf der
Professoren Dünkel und Cornel orientierten. Insbesondere müssen dabei die Anstalten
verpflichtet sein, so früh wie möglich mit Hilfseinrichtungen außerhalb des Gefängnisses,
zumindest ein Jahr vor der Entlassung (diese muss im Regelfall nach 2/3 der Freiheitsstrafe
erfolgen), Kontakt aufnehmen, um ein wirksames Übergangsmanagement sicherzustellen.
Kriminologische Forschungen zeigen, dass gerade das im ersten Jahr nach der Entlassung das
Rückfallrisiko hoch ist und die Gefangenen daher hier stärker unterstützt werden sollten
Es muss zudem auch im Strafvollzug klargestellt werden, dass neben dem weiblichen und dem
männlichen Geschlecht ein weiteres Geschlecht existiert und daher Regelungen für Trans- und
Intersexuelle vorgesehen werden, gerade diese Menschen müssen im Strafvollzug besonders
geschützt werden.
Um die erfolgreiche Resozialisierung während der Haft sicherzustellen muss ferner Kontakt
nach außen ermöglicht werden, damit die Gefangenen sich nach der Entlassung möglichst
schnell wieder in die Gesellschaft eingliedern können. Daher ist das Telefonieren nach dem
Strafvollzugsgesetz zu Preisen zu gewährleisten, die den Preisen in Freiheit entsprechen.
Auch muss die Nutzung von Internet im Strafvollzug endlich gesetzlich geregelt werden, damit
sichergestellt wird, dass die Gefangenen von denen kein Risiko ausgeht, dass über das
Internet Straftaten begangen werden oder deren Resozialisierung gefährdet wird, das Internet
unter möglichst ähnlichen Bedingungen wie in Freiheit nutzen können.
Unterstützer*innen
- LAG Migration und Flucht (LAG Migration und Flucht)