Der Antrag geht auf einen LDK-Beschluss aus 2013 (auf Initiative der Säkularen Grünen) zurück, der bislang nicht realisiert worden ist. Grundlage der Fondslösung ist, dass nach einer Ablösung die freiwerdenden Gelder zur beliebigen Verwendung im Landeshaushalt bleiben. Wir halten es für dringend geboten, die zur Verfügung stehenden Finanzmittel zur Unterstützung zivilgesellschaftlicher Belange zu erhöhen und bestandsfest abzusichern.
Die Mittel sollen verwendet werden für die Unterstützung von u.a. bürgerschaftlichem Engagement, für Nachbarschaftsinitiativen für besondere soziale und karitative Zwecke in Berlin, für Aktivitäten u.a. gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Islamismus, für Flüchtlingsarbeit.
Über die Verwendung der Fondsmittel soll ein Gremium, bestehend aus Vertreter*innen des Landes Berlin, Vertreter*innen von Initiativen aus den genannten Bereichen, aber auch Vertreter*innen der beiden großen christlichen Kirchen und anderer Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie Philosoph*innen und Historiker*innen entscheiden.
Zur Begründung des LDK-Beschlusses von 2013 wurde seinerzeit ausgeführt:
Rechtslage und Praxis der Staatsleistungen
Staatsleistungen sind Zahlungen zum Ausgleich für Säkularisationen aus früheren Jahrhunderten. Nach Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 138 Absatz WRV vom 11. August 1919 ist der Bund verpflichtet, die Ablösung der Staatsleistungen zu besorgen: „Die auf Gesetz, Vertrag oder auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf.“ Bis heute wurde dieser seit 1919 geltende und 1949 in das Grundgesetz übernommene Verfassungsauftrag nicht erfüllt.
Staatsleistungen sind aber längst nicht alle geldwerten staatlichen Zuwendungen an Kirchen. Leistungen von Religionsgesellschaften für Sozialarbeit, Kindergärten, Schulen, Jugendhilfe, Denkmalpflege etc. zählen nicht dazu. Das gilt auch für andere Zuwendungen, die nach 1919 zur Förderung von Kultus- und Seelsorge im Rahmen der Gewährung von Religionsfreiheit (Artikel 4 Absatz 1 GG) erbracht wurden.
Staatsleistungen werden an die katholische Kirche und die evangelischen Landeskirchen auch in allen neuen Bundesländern gezahlt. In den alten Ländern machen nur Hamburg und Bremen eine Ausnahme. Finanziert werden von diesen Mitteln überwiegend kirchliche Verwaltungskosten sowie die Besoldung und Versorgung von Geistlichen. Die in den Haushaltsplänen der Bundesländer ausgewiesenen Staatsleistungen belaufen sich für das Jahr 2012 auf insgesamt 474.915.000 Euro. Allein seit 1949, seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland sind so bisher 14,83 Milliarden Euro vom Staat an die Kirchen geflossen. Zusätzlich werden Zahlungen für Baupflichten der Bundesländer geleistet, die nach Bundesländern sehr unterschiedlich sind, sich aber pro Jahr auf weitere rund 50 Millionen Euro belaufen.
Historischer Kontext der Staatsleistungen
Staatsleistungen werden insbesondere für Vermögensverschiebungen während der napoleonischen Kriege im Jahre 1803 („Reichsdeputationshauptschluss“) bezahlt. Damals wurde das Deutsche Reich grundlegend neu strukturiert. Reichslehen an die überwiegend adeligen Fürstbischöfe wurden eingezogen. Diese früheren Lehensempfänger erhielten dann als persönliche “Entschädigung“ für das eingezogene Lehen von den neuen adeligen Herren ihrer früheren Ländereien ein Gehalt auf Lebenszeit. Diese Ersatzleistung sollte keineswegs für Jahrhunderte gelten, sondern schon zur damaligen Zeit abgeschlossen werden.
Die materielle Grundlage der sogenannten „Ortskirchen“, also Kirchengebäude, Pfarrhäuser, Kirchenäcker, Wohlfahrtseinrichtungen und dergleichen, blieb hingegen unverändert kirchliches Eigentum.
Erhebliche Vermögensverluste mussten teilweise die von der Säkularisation betroffen Klöster hinnehmen. Sie waren aber schon damals unabhängig von der Gesamtkirche. Auf diese Trennung der unterschiedlichen Bereiche kirchlicher Tätigkeit legt vor allem die Katholische Kirche bis heute größten Wert, insbesondere wenn es um die Feststellung kirchlichen Vermögens in seiner Gesamtheit geht. Diese Konsequenz fehlt allerdings bei der Differenzierung historischer Ansprüche gegen den heutigen Staat.
Brandenburg kein Vorbild
Für die notwendige Ablösung der Staatsleistungen in Berlin ist die von der rot-roten Landesregierung angestrebte Regelung für Brandenburg kein Vorbild. Brandenburg plant eine (Teil-) Ablösung der Staatsleistungen. Hier soll die Unterhaltspflicht für Kirchen beendet werden. Dabei handelt es sich um historische Verpflichtungen zum Bauunterhalt für 99 evangelische Kirchen im Süden und Westen des Landes. Dazu sollen voraussichtlich rund 22 Millionen Euro an die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland gezahlt werden; geplant sind jährliche Raten von rund 2,2 Millionen.
Die Zahlungsverpflichtungen für die sogenannten Kirchenpatronate sind Folgen der Reformationszeit vor rund 500 Jahren. Damals begannen adelige Grundherren Kirchen zu stiften, blieben jedoch zugleich Eigentümer der Grundstücke und Gebäude und verpflichteten sich zum Unterhalt der Gotteshäuser. Dafür zahlen unbeschadet auch nach dem Ende der Adelsherrschaft, des Deutschen Kaiserreichs, der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus und der DDR die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bist heute – auch wenn sie selbst keine Kirchenmitglieder sind.
Berlin zahlt rund 10 Millionen Euro im Jahr als Entschädigungsleistungen überwiegend an die Ev. Kirche Berlin/Brandenburg/ Schlesische Oberlausitz für Enteignungen früherer Jahrhunderte. Nach dem Grundgesetz sollen diese Zahlungen abgelöst werden. Berlin soll im Bundesrat darauf hinwirken, dass das erforderliche Ablösungsgesetz des Bundes mit kurzen Übergangsfristen endlich verabschiedet wird. Berlin wiederum sollte den Prozesse beschleunigen und – gemeinsam mit den begünstigten Großkirchen – einen Fonds einrichten, der aus den bisherigen Zahlungen gespeist wird. Die Mittel sollen zivilgesellschaftlichen und karitativen Zwecken zu Gute kommen.