Seit einer Änderung des Berliner Kirchenaustrittsgesetzes Ende 1974 zahlen aus den beiden großen christlichen Kirchen austretende Personen einen Gebührenbetrag von € 30,--. Dies geht auf einen Beschluss der damaligen CDU-/SPD-Koalition zurück, gegen den sich u.a. auch die Grünen zur Wehr setzten.
Bei den Kirchenaustrittsgebühren handelt es sich um eine Abgeltung der personellen und sächlichen Kosten, die dem Land Berlin durch die Zurverfügungstellung von Räumen, Materialen und Personalkosten in den Berliner Amtsgerichten entstehen, die für die Bearbeitung von Kirchenaustritten zuständig sind.
Der jetzige Antrag geht auf einen LDK-Beschluss von 2013 (auf Initiative der Säkularen Grünen) zurück. Der dortigen Begründung sind auch die Argumente für eine Überwälzung der Kosten auf die Kirchen zu entnehmen. Im Jahr 2013 wurden noch keine Austrittsgebühren verlangt, stattdessen musste die Gesamtheit der Steuerzahler*innen (unabhängig von einer Konfessionsangehörigkeit) die den Amtsgerichten entstehenden Kosten aufbringen.
Perspektivisch sollen auch Kirchenaustrittserklärungen auch im Online-Verfahren möglich sein. Dies erspart Zeit und Kosten.
LDK-Beschluss 2013:
- „ … von dem Vorhaben abzusehen, von den aus den Kirchen austretenden Personen eine Gebühr in Höhe von dreißig Euro zu erheben, …“
- „… statt die BürgerInnen zu belasten, von denjenigen Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften, deren Mitglieder ihre Austrittserklärung vor dem örtlichen zuständigen Amtsgericht abgeben müssen, einen Kostenaufwandsersatz von dreißig Euro pro Austrittserklärung zu verlangen. Ein Kostenaufwandsersatz in derselben Höhe ist auch zu verlangen, wenn im Zusammenhang mit einem Eintritt in die Kirche bzw. Religionsgemeinschaft eine Tätigkeit des Amtsgerichts erforderlich ist.“
Begründung zum LDK-Beschluss 2013:
Im Land Berlin sind bislang keine Kirchenaustrittsgebühren erhoben worden. Kirchenaustritte etwa hinsichtlich der Mitgliedschaft in den beiden christlichen Großkirchen und anderer Religionsgemeinschaften, die Körperschaftsstatus erlangt haben, können mit rechtlicher Wirkung nur vor den Amtsgerichten in Zivilsachen erklärt werden. Die Kirchenaustrittszahlen sind gestiegen, im Jahr 2012 waren in Berlin nach Senatsangaben 12.206 Kirchenaustritte zu verzeichnen. Dies belastet die öffentlichen Kassen, da bislang eine Erstattung des für Kirchenaustritte den Amtsgerichten entstehenden sächlichen und personellen Aufwandes nicht erfolgt ist. Für das Jahr 2012 ergibt sich in Berlin bei 12.206 Kirchenaustritten und einem vom Senat vorgesehenen Satz von dreißig Euro pro Kirchenaustritt immerhin ein Jahresbetrag von fast 400.000 Euro. Für die Jahre 2005 bis 2010 liegen die Kosten für Kirchenaustritte in Berlin danach bei insgesamt etwa 1,6 Mio Euro.
Hinzu kommen noch die Kosten für Tätigkeiten der Amtsgerichte im Zusammenhang mit der Erfassung von Kircheneintritten.
Bedenken gegen Kirchenaustrittsgebühren bestehen, als darin eine Erschwerung des Kirchenaustritts gesehen wird, auch soziale Aspekte, hinsichtlich Geringverdienender und Hartz-IV-EmpfängerInnen werden vorgetragen.
Die Erhebung von Kirchenaustrittsgebühren verstößt gegen die Neutralitätspflicht des Staates gegenüber Religionsgemeinschaften. Diese ist bereits dadurch verletzt, dass die sächlichen und personellen Verwaltungskosten von allen Berliner SteuerzahlerInnen finanziert werden müssen, unabhängig von ihrer Mitgliedschaft in einer Kirche oder Religionsgemeinschaften. Es gibt keinen vernünftiger Grund, weshalb auch religionsfreie SteuerzahlerInnen Aufwendungen finanzieren sollen, die ausschließlich für die betreffenden Körperschaften von Bedeutung sind. Es ist eben nur schon immer so gemacht worden.
Die Entwicklung in der religionspolitischen Landschaft Deutschlands (und damit auch Berlins) erfordern Veränderungen; ein bloßes „Weiter so“ wird der aktuellen Entwicklung nicht gerecht. Etwa 60 Prozent der BerlinerInnen sind konfessionslos, eine Zahl, die deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Die Belange dieser Menschen sind auch im Zusammenhang mit Aufwendungen des Landes für Kirchen und Religionsgemeinschaften zu berücksichtigen.
Der Aufwendungsersatz ist von denjenigen zu verlangen, die aufgrund ihrer privilegierten Position ein Interesse an der Tätigkeit der Amtsgerichte im Zusammenhang mit Kirchenein- und -austritten haben.
Auch für die Erhebung der Kirchensteuern durch die Finanzämter wird der entstehende Aufwand den Kirchen in Rechnung gestellt, bei Kirchenein- und –austritten hat es nicht anders zu sein.