Die Anknüpfung an der Gefahr dient der Klarstellung, um
die Maßnahme von Kontrollen nach der StPO und dem Straßenverkehrsrecht
abzugrenzen. Verdachtslose Kontrollen sind nicht nur kein taugliches
polizeiliches Mittel, sie öffnen auch unnötige Räume für
Diskriminierungen bis hin zum Rassismus. Natürlich gibt es Beamte und
Beamtinnen die sachgerecht mit dieser Maßnahme umgehen und auch die
Lageeinschätzung wird oft richtig sein (manchmal aber auch nicht, die
Lagebeurteilung ist nicht öffentlich und wird so gut wie nie
kontrolliert). Aber es gibt auch Hinweise auf das Gegenteil und durch
die Entgrenzung der Maßnahme ist das gerichtlich sehr schwer zu
kontrollieren. Daher fordern zahlreiche Rechtswissenschaftler*innen,
Betroffene und deren Organisationen und auch einige Polizist*innen,
die verdachtslosen Kontrollen abzuschaffen, so geschehen jüngst in
Bremen.
Auch in anderen Ländern erfolgte dies. So hat Schottland bewusst
Kontrollen abgeschafft, die nicht an konkreten Verdachtsmomenten
anknüpfen, weil eine wissenschaftliche Untersuchung ergeben hat, dass
Menschen dadurch diskriminiert werden, insbesondere Kinder und
Jugendliche, ohne dass die Kontrollen besonders erfolgreich gewesen
wären. Bei Kontrollen, die an Verdachtsmomenten angeknüpft haben,
konnte die Polizei deutlich mehr verbotene Gegenstände auffinden und
Verhaftungen vornehmen. Ähnliche Ergebnisse gibt es in Ländern, in
denen es Kontrollquittungen gibt. Hier kontrolliert die Polizei
deutlich weniger, weil sie sich stärker an Verdachtsmomenten
orientiert. Die Anzahl der Verhaftungen hat trotzdem nicht abgenommen.
Offenbar werden nur weniger Menschen zu Unrecht kontrolliert, weil die
Polizei fokussierter vorgeht.
In Deutschland gibt es zahlreiche Beschwerden darüber, dass Menschen
mit einem bestimmten Aussehen (Herkunft, sozialer Status, Kleidung
etc.) deutlich öfter kontrolliert werden. Bisher werden aber
entsprechende Untersuchungen, wie viele Menschen diskriminiert werden
und ob die Polizei mit diesen Maßnahmen erfolgreich ist, von den
Innenministern verhindert. Forschung, die als zu kritisch wahrgenommen
wird, wird diskreditiert. Deshalb haben wir in Deutschland keinen
Überblick darüber, wie sich verdachtslose Kontrollen auswirken. Es ist
aber davon auszueghen, dass Maßnahmen, die sich an konkreten
Verdachtsmomenten für Straftaten oder konkrete Tatsache, die auf eine
Gefahr hindeuten, orientieren, im weit überwiegenden Fall
erfolgreicher sind. Auch lassen die Merkmale des Tatverdachts und der
konkreten Gefahr der Polizei einen nicht unerheblichen
Handlungsspielraum. Dazu hat die Polizei auch die Möglichkeit, im
Rahmen von Steifen oder durch Befragungen etc. entsprechende Hinweise
zu erhalten. Bei einem KBO dürfte vielfach das Beobachten des Ortes
ausreichen, zumal die Akteure vielfach auch bekannt sein dürften.
Stereotype haben bei polizeilichen Maßnahmen nichts verloren. Diese
dürfen erst Recht nicht die Grundlage von Fahndungsmethoden werden. So
wurde jüngst bekannt, dass die Begriffe „Sinti“, „Roma“ oder
„Zigeuner“ in Ermittlungsakten der Berliner Polizei verwendet wurden.
Das verstößt nicht nur gegen geltendes Recht und diskriminiert
unzulässig Menschen, sondern kann auch dazu führen, dass die Polizei
in eine falsche Richtung ermittelt, da die Zugehörigkeit zu einer
Bevölkerungsgruppe nach sämtlichen kriminologischen Erkenntnisse keine
Rückschlüsse auf kriminelles Verhalten erlaubt. Es ist daher dringend
erforderlich zu prüfen, wie weit eine solche Praxis geht, um diese zu
beenden.