Die Aussage im Programmentwurf „Eine Pflegekammer, wie sie mehrheitlich von den Berliner Pflegenden gewünscht wird“ ist sehr zweifelhaft. Die im Netz – irreführend unter www.berliner-pflegekammer – firmierende „Allianz Berliner Pflegekammer (mit dem Ziel, eine Pflegekammer zu errichten) verweist zwar auf eine 2015 veröffentlichte Studie der Alice-Salomon-Hochschule im Auftrag der Senatsverwaltung für Gesundheit, die zu diesem Ergebnis kommt. Allerdings haben selbst die Autor*innen dieser Studie nicht die Gründung einer Pflegekammer gefordert, sondern empfehlen „einen weiteren öffentlichen Fachdialog mit relevanten Akteur/-innen aus Berlin sowie einen Austausch mit Vertreter/-innen der Bundesländer, in denen bereits Schritte zur Gründung einer Pflegekammer beschritten wurden“. Ein solcher Austausch mit Vertreter*innen anderer Bundesländer würde aktuell zum Ergebnis führen, dass die Pflegekammern erhebliche Akzeptanzprobleme haben. In Niedersachsen wird die Kammer nach massiven Protesten und einer Abstimmung der Pflegekräfte 2021 aufgelöst wird. 70,6% hatten sich gegen den Fortbestand der Kammer ausgesprochen. Auch in Schleswig-Holstein findet gerade eine Abstimmung über den Fortbestand der Kammer statt; nicht in Form einer Studie, sondern über einen Mitgliederentscheid.
Beide Beispiele zeigen deutlich, wie wichtig eine breite Akzeptanz der Pflegekräfte wäre, wenn man eine Pflegekammer einführen will. Deutlich weniger Probleme hat im Übrigen das bayerische Selbstverwaltungsmodell der „Vereinigung der Pflegenden“. Dort gibt es keine Zwangsmitgliedschaft.
In Berlin eine Pflegekammer zu fordern, würde zum einen die bundesweiten Entwicklungen der letzten beiden Jahre ignorieren und zum anderen das im Wahlprogramm positiv erwähnte Berliner Bündnis für Pflege spalten.