Kapitel: | Zusammenhalt sichern – niemand bleibt zurück |
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Antragsteller*in: | Laura Sophie Dornheim (KV Berlin-Lichtenberg) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: K-3-1771 |
Eingereicht: | 23.02.2021, 14:18 |
K-3-1774: Zusammenhalt sichern – niemand bleibt zurück
Verfahrensvorschlag zu K-3-1771: Antragstext
Von Zeile 747 bis 753:
Viele Berliner*innen sind in Sportvereinen aktiv. Sportvereine übernehmen vielfältige Funktionen, sie ermöglichen Jung und Alt Bewegung in Gemeinschaft, sie unterstützen das Zusammenwachsen unterschiedlicher Menschen und den Leistungssport. Das wäre ohne zahllose Ehrenamtliche nicht möglich, die sich als Trainer*innen oder Vereinsvorstände engagieren. Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von Trainer*innen und Übungsleiter*innen. Deswegen haben wir die Finanzierung der Trainer*innen und Übungsleiter*innen verbessert.ehrenamtlich aktiv. Sie übernehmen vielfältige, gesellschaftliche Aufgaben und sind unverzichtbar. Sie unterstützen das soziale und sportliche Miteinander im Breiten-, Feizeit- und Leistungssport als Trainer*innen, Schiedsrichter*innen oder im Vorstand. Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von Trainer*innen und Übungsleiter*innen. Deswegen haben wir die Finanzierung der Trainer*innen und Übungsleiter*innen verbessert. Uns ist wichtig ihre Leistung anzuerkennen und dafür Sorge zu tragen, dass kostenlose Fortbildung- und Seminarangebote, auch im Bereich des Kinderschutzes zur Verfügung stehen. Dies ist ein wichtiger Bestandteil, um zu gewährleisten, dass Sportvereine sichere Orte für Kinder und Jugendliche, frei von jeglichen Formen physischer, psychischer sowie sexualisierter Gewalt, sind. Deshalb halten wir den Erwerb des Kinderschutzsiegels für Vereine für notwendig.
3. Zusammenhalt sichern - niemand bleibt zurück
Berlin funktioniert nur zusammen. Wir haben viel vor mit dieser Stadt und klar ist, niemand
darf dabei zurückbleiben. Insbesondere Alleinerziehende, Kinder, ältere Menschen, prekär
Beschäftigte, Arbeitssuchende und Menschen mit Behinderung sind von Armut, Verdrängung und
Ausgrenzung bedroht. Familien und Freischaffende suchen vergebens nach bezahlbaren Wohn- und
Gewerberäumen. Wir kämpfen für ein Berlin, in dem alle teilhaben und ihren Platz finden.
Auch in der kommenden Legislaturperiode hat dies für uns höchste Priorität.
Wohnen ist keine Ware – 50 Prozent des Wohnraums gemeinwohlorientiert
Die Grundstückspreise und Mieten sind in den vergangenen 15 Jahren nach oben geschnellt,
auch weil hemmungslos mit dem spekuliert wird, was für Menschen das Zuhause ist. Wohnen ist
keine Ware, darum kämpfen wir für einen Wohnungsmarkt, auf dem in 30 Jahren 50 Prozent des
Wohnraums gemeinwohlorientiert sind. Dafür werden wir ein breites Bündnis schließen – von
den landeseigenen Wohnungsgesellschaften über Genossenschaften und Hausprojekte bis zu
Privatvermietenden, die sich wie die öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das Gemeinwohl
verpflichten. Die Bau-, Miet- und Wohnpolitik haben wir seit 2016 vom Kopf auf die Füße
gestellt – sowohl in der Landesregierung als auch in den Bezirken, in denen wir
Verantwortung tragen. Wir haben sozialen Wohnungsbau vorangetrieben, das Vorkaufsrecht
genutzt und mit dem Mietendeckel haben wir den Mut bewiesen, Menschen auch dann zu schützen,
wenn der Wind uns frontal ins Gesicht bläst. Diesen Weg wollen wir weitergehen: Wir bauen
das neue Berlin gemeinwohlorientiert und nachhaltig. Wir erwerben uns die Stadt Stück für
Stück zurück, um Gemeinwohlorientierung zum zentralen Merkmal des Berliner Mietenmarktes zu
machen, und regulieren gleichzeitig die Mieten weiter. Für uns ist klar: Der Mietendeckel
darf 2025 nicht ersatzlos enden.
Ein Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der Vergangenheit angehören
Seit 2016 haben wir auch bei der Bekämpfung von Armut wichtige Schritte geschafft. Das
kostenlose ÖPNV-Ticket für Schüler*innen, die beitragsfreie Kita, ein gesundes kostenloses
Essen mit hohem Bioanteil in den Grundschulen, all das sorgt dafür, dass Kinder aus
Familien, die weniger Geld haben, gleichberechtigter am Leben teilhaben können. Wir haben
den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und
Freischaffende eingezogen, wir haben Tariftreue bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen
garantiert und die Gehälter gerade der Beamt*innen angehoben, die kleinere Einkommen haben.
Sei das bei der Polizei, bei der Feuerwehr oder in der Verwaltung. Wir haben dafür gesorgt,
dass für Menschen, die Sozialleistungen beziehen, die Kosten der Unterkunft verlässlich
übernommen werden und Obdachlosigkeit so vermieden wird. Und wir haben damit begonnen, das
Dickicht an Sozialleistungen zu ordnen, damit Menschen Leistungen, die ihnen zustehen, auch
tatsächlich erhalten – gerade in den Bezirken sind wir an dieser Stelle Vorreiter. Der Weg
zu einem Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der Vergangenheit angehören, ist aber noch
weit. Wir setzen uns seit Jahren dafür ein, Familien- und Sozialleistungen auf Bundesebene
endlich neu zu sortieren, um das bestehende Chaos zu beenden. Solange das nicht passiert
ist, werden wir weiter in Berlin und in den Bezirken für Überblick sorgen. Dazu wollen wir
mit einem berlinweiten Sozialmanagement die besten Wege der Umsetzung aus allen Bezirken in
alle anderen Bezirke bringen und mit starken Netzwerken vor Ort im sozialen Umfeld
Unterstützung leisten.
Gute Gesundheitsversorgung und Pflege ist Daseinsvorsorge
Die Corona-Pandemie hat schonungslos die Lücken des Gesundheitssystems aufgezeigt: Statt in
gute Vorsorge zu investieren, wurde der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) über Jahrzehnte
kaputtgespart und Pandemiepläne sind in Schubladen verstaubt. Für uns gehören gute
Gesundheitsstrukturen zur Daseinsvorsorge und dürfen nicht der Profitmaximierung dienen.
Deswegen haben wir den ÖGD in den letzten Jahren besser ausgestattet und wir wollen diesen
Weg in den nächsten Jahren weitergehen. Wir wollen den ÖGD attraktiver machen und für mehr
Berufsgruppen öffnen sowie ihn befähigen, integrierte, im Kiez vernetzte Versorgungsangebote
zu entwickeln. Wir haben massiv Geld in die landeseigenen Krankenhäuser investiert. Wir
wollen allen Berliner*innen bestmögliche Versorgung ermöglichen und setzen uns nachhaltig
auch für eine gerechtere Verteilung der Angebote in den Bezirken ein – insbesondere auch bei
den niedergelassenen Fachärzt*innen. Neben einer besseren Verteilung wollen wir eine besser
vernetzte und aufeinander abgestimmte Angebotsvielfalt erreichen; dazu müssen wir das
Gemeinsame Landesgremium (§ 90 a SGB V) stärken und erweitern.
Für uns ist klar: Gesundheit wird nicht primär von der Gesundheitspolitik gemacht, sondern
jeder einzelne Politikbereich hat Einfluss auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die
Lebensqualität der Berliner*innen, sei es bei der Verkehrswende, im Bildungsbereich, in der
Sozialpolitik oder in der Stadtentwicklung. Dabei ist die gesundheitliche Chancengleichheit
unser Ziel. Wir wollen erreichen, dass alle Berliner*innen, unabhängig vom Geldbeutel, die
gleichen gesundheitsfördernden Lebensbedingungen haben. Gesundheit bedeutet für uns
körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden mit Teilhabe und Selbstbestimmung.
Zu guter Gesundheitsversorgung gehört gute Pflege im Krankenhaus, in der ambulanten Pflege,
in stationären Einrichtungen sowie zuhause. Es darf nicht sein, dass Pflegekräfte zu
schlechten Bedingungen mit viel zu vielen Patient*innen ihren Dienst tun. Darum haben wir
gemeinsam mit dem Berliner Bündnis für Pflege in den vergangenen Jahren intensiv an
Verbesserungen gearbeitet. Wir unterstützen die Ziele des Volksentscheids „Gesunde
Krankenhäuser“ und möchten in den kommenden Jahren mit verbindlichen Personalschlüsseln die
Arbeitsbedingungen substantiell verbessern. Wir wollen eine Vielzahl von Pflege- und
Wohnformen im Alter fördern, um Menschen, solange es geht, ein selbstbestimmtes Leben zu
ermöglichen. Um pflegende Angehörige besser zu unterstützen, setzen wir uns auf Bundesebene
für die Einführung eines Familienpflegegeldes, ähnlich des Elterngeldes, ein.
Im Bund wollen wir uns außerdem für eine umfassende Reform der Pflegeversicherung sowie der
grünen Bürger*innenversicherung einsetzen, um mehr Gerechtigkeit und Solidarität in der
Versorgung herzustellen.
Wir haben in Berlin bereits erfolgreich die Beihilferegelungen für Beamt*innen verändert, so
dass ihr Weg in die gesetzliche Krankenversicherung erleichtert wird. Das wollen wir
bundesweit umsetzen.
Barrieren abbauen, Teilhabe ermöglichen
Ältere Menschen sind noch lange fit und wollen aktiver Teil der Gesellschaft bleiben. Am
besten ermöglichen wir das, indem wir Hürden im Alltag abbauen. Auch für Menschen mit
Behinderung oder Familien mit kleinen Kindern ist es wichtig, dass die Stadt barrierefrei
ist. Das gilt in U- und S-Bahnhöfen genauso wie in Verwaltungsgebäuden. Deswegen machen wir
uns stark für die Absenkung von Bordsteinkanten, längere Ampelschaltungen, eine
barrierefreie Darstellung von Websites oder die Übersetzung von Veranstaltungen in
Gebärdensprache. Wir wollen, dass alle Kinder, ob mit oder ohne Behinderung,
gleichberechtigt in der Schule teilhaben und alle Erwachsenen die Chance bekommen, Teil des
ersten Arbeitsmarktes zu werden.
Unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft. Dafür werden wir immer wieder Wege für Menschen
zur Teilhabe öffnen, gehen entschieden gegen Verdrängung vor, bekämpfen Armut, sorgen dafür,
dass alle Zugang zu bester Grundversorgung haben und bauen Hürden im Alltag ab. Berlin
gelingt nur gemeinsam. Zusammen mit den Initiativen und Verbänden unterstützen wir daher das
Berliner Behindertenparlament.
3.1 Bauen, Mieten, Wohnen: klimagerecht und sozial
Wir haben 2016 den Politikwechsel in Berlins Bau-, Mieten- und Wohnpolitik eingeläutet, um
der astronomischen Steigerung von Miet- und Grundstückspreisen Einhalt zu gebieten. Unser
Ziel war und ist, den Berliner Wohnungsmarkt gemeinwohlorientiert zu gestalten. Mit unserem
„Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ sollen in 30 Jahren 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin
in gemeinwohlorientierter Hand sein. Unter Gemeinwohl verstehen wir die landeseigenen
Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften, Träger sozialer Einrichtungen und Hausprojekte
sowie Privatvermietenden, die sich wie die öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das
Gemeinwohl verpflichten. Wir schließen dabei auch Bündnisse mit den Menschen, die ihr
Wohnschicksal in die eigenen Hände nehmen, wie beispielsweise Baugruppen, wenn sie sich
sozialen und ökologischen Kriterien verpflichtet fühlen.
In den vergangenen Jahren haben wir den Neubau stärker auf Gemeinwohl ausgerichtet,
gleichzeitig hat der Mietendeckel Ruhe in den überhitzten Markt gebracht und zu stabilen
Mietpreisen geführt. Damit haben wir juristisches Neuland betreten und sind stolz darauf,
dass wir Wucher stoppen konnten, trotz heftigen Gegenwindes. In den kommenden Jahren
streiten wir weiter für einen gemeinwohlorientierten und sozialen Wohnungsmarkt für Berlin.
Dazu gehört für uns auch die Verbindung mit dem Klimaschutz: Berlins Gebäude stoßen 40
Prozent des CO2 in der Stadt aus, also sind energetische Modernisierung und die Bauwende
eine zentrale Zukunftsaufgabe, um Berlin auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Wir verwirklichen
soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz und spielen sie nicht gegeneinander aus.
Das neue Berlin bauen – gemeinwohlorientiert und nachhaltig, sozial und ökologisch
Unser Ziel sind Kieze, in denen neben Wohnen auch Gewerbe, Kultur und Erholung Platz hat.
Zudem arbeiten wir für eine bunte Mischung von Eigentümer*innen – von Genossenschaften über
landeseigene Wohnungsbaugesellschaften bis zu Baugruppen und auch kleinen privaten
Besitzer*innen. Klar ist: Berlin braucht mehr Wohnungen. Wir wollen, dass in Berlin jährlich
20.000 Wohnungen neu gebaut werden, natürlich klimaneutral und mindestens die Hälfte
sozialverträglich. Neubauten im Hochpreissegment müssen möglichst vermieden werden, weil das
weite Teile der Bevölkerung ausschließt. Zur Förderung des Neubaus wollen wir einen
dauerhaften Fonds auflegen, der Gelder bereitstellt und in den Rückzahlungen aus Darlehen
direkt zurückfließen. Damit wird eine dauerhafte Finanzierung von Neubauten ermöglicht. Wir
wollen die Förderung pro Wohnung erhöhen und so ausgestalten, dass eine besonders hohe
Förderung in dauerhaft gemeinwohlgebundene und möglichst CO2-neutrale errichtete Wohnungen
fließt. Die Genossenschaftsförderung für Neubauten wollen wir deutlich erhöhen und weiter
öffnen, zum Beispiel auch für Projekte wie das Mietshäuser-Syndikat.
Auch für den Klimaschutz ist es höchste Zeit, die Bauwende einzuläuten. Mit ökologischen
Dämm- und Baustoffen, wie Hanf, Stroh, Holz, Lehm, Naturstein oder Recyclingbeton, wollen
wir klimafreundliche Neubauten und Modernisierungen auf die Straße bringen. Bei
energetischen Modernisierungen setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, die
Modernisierungsumlage in ihrer jetzigen Form abzuschaffen und durch ein neues faires System
zu ersetzen. Die Kosten müssen im Vorfeld transparent sein und wenn der Umbau bezahlt ist,
muss auch die Umlage enden. Die Kosten für die energetische Modernisierung wollen wir
zwischen Vermieter*innen, Mieter*innen und dem Staat in einem Drittelmodell fair verteilen.
Durch eine energetische Sanierung schützen Vermieter*innen die Bausubstanz ihrer Immobilien
und profitieren vom Werterhalt. Unser Ziel ist es, dass die höhere Kaltmiete durch niedrige
Energiekosten aufgewogen wird, so dass die Warmmiete nicht steigt. Die öffentliche Hand
leistet mit der Übernahme eines weiteren Drittels einen wichtigen Beitrag, um Berlin auf den
1,5-Grad-Pfad zu bringen.
Wir wollen Eigentümer*innen gesetzlich verpflichten, bis 2024 Fahrpläne für eine
mieter*innen- und klimafreundliche, energetische Modernisierung ihrer Häuser vorzulegen.
Dabei bieten wir eine intensive Unterstützung und Begleitung durch die
Bauinformationszentren des Landes Berlin an. (Zu Fragen der Stadtentwicklung und des
ökologischen Bauens vgl. das Kapitel 2.3.)
Um möglichst viele Baugrundstücke für gemeinwohlorientiertes Wohnen zu gewinnen, wollen wir
aktiv ankaufen und Mittel wie Vorkaufsrechtssatzungen, Baugebote und Entwicklungsmaßnahmen
nutzen. Um unsere gemeinwohlorientierten Ziele zu erreichen, wollen wir auch das Berliner
Modell der kooperativen Baulandentwicklung so weiterentwickeln, dass mindestens 50 Prozent
der Wohnungen im Neubau dauerhaft gemeinwohlgebunden sind. Darüber hinaus wollen wir auch
alle weiteren Möglichkeiten nutzen, um Baurecht an die dauerhafte ökologische und
Gemeinwohlbindung mindestens eines Anteils des Neubaus zu knüpfen.
Den Wohnungsmarkt regulieren – bezahlbare Mieten sichern
Mit dem Mietendeckel, dem Milieuschutz, der Verschärfung des Zweckentfremdungsverbotes und
der Reform des Wohnungsaufsichtsgesetzes sind wir in Berlin wichtige Schritte gegangen, um
Wohnen bezahlbar zu halten. Entscheidend ist nun, die Bezirke noch besser in die Lage zu
versetzen, die Gesetze auch effektiv umzusetzen. Darüber hinaus prüfen wir die Schaffung
eines Landesamtes für Wohnungswesen, das vor allem die Umsetzung des Mietendeckels
sicherstellen soll. Um mehr Transparenz auf dem Immobilienmarkt zu schaffen, haben wir ein
Berliner Miet- und Wohnungskataster eingeführt und werden es mit Leben füllen.
Die Wirkung des Mietendeckels ist bis 2025 begrenzt. Bis dahin braucht es auf Bundesebene
eine Reform des Mietrechts, damit die Mehrheit der Mieter*innen nicht mehr als 30 Prozent
ihres Nettoeinkommens für Wohnen aufbringen müssen. Sollte das nicht gelingen, werden wir
auch im Anschluss an den aktuellen Mietendeckel alle Maßnahmen ergreifen, um den
Mietenanstieg in der Stadt auch zukünftig zu begrenzen. Dazu werden wir alle Möglichkeiten
nutzen und ein Mietenkataster aufbauen. Ein solches Kataster kann Grundlage für ein
Wohnraumbewirtschaftungsgesetz sein. Ziel ist, in Berlin dauerhaft bezahlbare Mieten zu
sichern und ebenfalls sicherzustellen, dass Gewerbe und Immobilienkaufpreise nicht durch die
Decke gehen.
Bei Wohnungen in öffentlicher Hand haben wir hohe Ansprüche an die Gemeinwohlorientierung.
Darum entwickeln wir das Wohnraumversorgungsgesetz und die Kooperationsvereinbarung mit den
städtischen Wohnungsunternehmen weiter zu einem Wohnungsgemeinwohlgesetz. Der öffentliche
Wohnungssektor stellt sicher, dass auch Menschen mit geringem Einkommen die Miete zahlen
können. Das wollen wir weiterhin gesetzlich sicherstellen. Beim landeseigenen Berlinovo-
Konzern fordern wir eine tiefgreifende Strukturreform hin zu mehr Transparenz und
Gemeinwohl.
Eigentum verpflichtet, und das muss sich auch in der Besteuerung niederschlagen. Höherer
Wert heißt höhere Steuerzahlung. Angesichts der komplexen Umsetzungsfragen wollen wir mit
einer Machbarkeitsstudie prüfen, ob eine Umwandlung zu einer Bodenwertsteuer sinnvoll und
durchführbar ist. Zusätzlich wollen wir die Grunderwerbsteuer progressiv ausgestalten. Sie
soll deutlich höher ausfallen als bislang für Transaktionen mit vielen Wohneinheiten und
niedriger als heute für Einzelkäufe.
Das Recht auf Umwandlung von bestehenden Mietshäusern in einzelne Eigentumswohnungen ist ein
wesentlicher Treiber der Immobilienspekulation. Wir wollen, dass der Bund den Ländern durch
die Änderung des Baugesetzbuches ermöglicht, die Umwandlung von Miets- in Eigentumswohnungen
konsequent zu unterbinden und den Erwerb von Wohneigentum auf Neubauinvestitionen zu
begrenzen. Sollte der Bund auch hier nicht handeln, werden wir prüfen, inwieweit wir, analog
zum Mietendeckel, auch als Land Berlin diesbezüglich tätig werden können.
Die Stadt zurückerwerben
Um Verdrängung und Immobilienspekulation zu stoppen und bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen,
streben wir in den nächsten 30 Jahren einen Berliner Wohnungsmarkt an, der zu 50 Prozent
gemeinwohlorientiert ist. Gemeinwohlorientiert sind für uns Eigentumsformen, die nicht auf
puren Profit und Spekulation ausgerichtet sind – wie zum Beispiel Genossenschaften,
Baugruppen, Berlins Wohnungsgesellschaften und Privatvermietende, die sich wie die
öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das Gemeinwohl verpflichten.
Wir haben in den Bezirken schlummernde Instrumente der Gesetzgebung aus der Mottenkiste
geholt: Mit dem Vorkaufsrecht verpflichten wir Käufer*innen mit Abwendungsvereinbarungen
dazu, ihrer Sozialpflichtigkeit nachzukommen, oder veranlassen den Aufkauf der fraglichen
Wohngebäude durch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft. Mit einer deutlichen
Erweiterung von Milieuschutzgebieten wollen wir diese Intervention zugunsten der betroffenen
Mieter*innen zukünftig auch stadtweit ermöglichen. Mit Genossenschaften, Stiftungen oder
Projekten wie dem Mietshäuser-Syndikat werden wir eine Kooperationsvereinbarung schließen.
Um die Gewerbevielfalt und den kleinteiligen Einzelhandel in den Kiezen zu erhalten und zu
fördern, eröffnen wir landeseigene Gewerbehöfe und planen weitere. Wir drängen außerdem auf
Bundesebene dafür, einen rechtlich bindenden Gewerbemietspiegel und einen fairen
Kündigungsschutz einzuführen. Den Milieuschutz wollen wir auch für Gewerbemieter*innen
einführen und die landeseigenen Wohnungsunternehmen sollen Gewerberäume kostengünstig
anbieten, um vor Ort den Gewerbearten Räume anzubieten, die darauf besonders angewiesen
sind.
Der Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ ist ein Weckruf an die Politik, dass
dem im Grundgesetz festgeschriebenen Leitsatz „Eigentum verpflichtet“ auch im Bereich Wohnen
und Boden Geltung verschafft werden muss. Wir unterstützen die Ziele des Volksbegehrens.
Zentral dabei ist, die Mieter*innen zu schützen, Spekulationen Einhalt zu gebieten und den
gemeinwohlorientierten Wohnungsbestand zu erhöhen.
Wir wollen, dass der Staat wieder auf Augenhöhe mit Wohnungsunternehmen verhandeln und
agieren kann. Wir würden uns wünschen, dass die Umstände uns nicht zwingen, die
Vergesellschaftung als letztes Mittel anzuwenden, um den verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen
zu können. Wenn Wohnungsunternehmen sich jedoch weigern, ihrer sozialen Verantwortung
nachzukommen, wird die öffentliche Hand, auch durch ein Volksbegehren gestützt, diesen
Schritt gehen. Wenn es um die Durchsetzung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums geht,
müssen qualitative Kriterien zur Bewertung kommen, die Diskussion um rein quantitative
Obergrenzen sehen wir kritisch.
Aktive, transparente und faire Bodenpolitik
Doch es geht uns nicht nur um die Häuser: Wir wollen auch einen transparenten Umgang mit
öffentlichen Liegenschaften und eine aktive Bodenpolitik. Dazu werden wir ein transparentes
Flächenmanagement mit Hilfe eines öffentlichen Liegenschaftskatasters einführen. Seinen
Boden soll Berlin behalten, Bodenvermögen konsequent vermehren und eine
Erbbaurechtsstrategie implementieren. Landeseigene Grundstücke werden nicht mehr
privatisiert. Das wollen wir in einem Bodensicherungsgesetz festschreiben.
Die strategische Ankaufspolitik, die mit der grünen Regierungsbeteiligung begonnen hat,
wollen wir fortsetzen. Diese Politik soll mithilfe der neu gegründeten Landesgesellschaft
„Berliner Bodenfonds“ ausgeweitet werden Darüber hinaus wollen wir die Gründung einer
genossenschaftlichen Ankaufagentur unterstützen und die bürger*innenschaftliche und
gemeinwohlorientierte Stadtbodenstiftung nach dem Vorbild von Community Land Trusts stärken.
Ein zentrales Problem beim Ankauf von Grundstücken und bei der Ausübung des Vorkaufsrechts
sind die explodierten Bodenpreise, aus denen sich der Verkehrswert einer Immobilie
berechnet. Hier werden wir im Bundesrat für eine Neuregelung im Bundesbaugesetzbuch kämpfen.
Wir wollen, dass der nachhaltige Ertrag einer Immobilie genutzt wird, um den Verkehrswert zu
ermitteln, und nicht die höchstmögliche Verwertung zählt.
3.2 Armut bekämpfen, Sicherheit geben und Perspektiven
schaffen
Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung ist Berlin noch immer eine Stadt, in der viele
Menschen von Armut betroffen oder bedroht sind. Armut kann jede*n treffen. Besonders
gefährdet sind ältere Menschen, Alleinerziehende, Menschen, die Arbeit suchen, oder Menschen
mit geringen oder plötzlich gar keinen Einkommen. Wir wollen ihnen soziale Sicherheit
garantieren und ihnen eine Perspektive geben. Um das zu erreichen, bedarf es eines
grundsätzlichen Umdenkens. Auf Bundesebene streiten wir für Garantiesicherungen in allen
Lebenslagen – für eine Kindergrundsicherung, eine Garantierente, die Überwindung des Hartz-
IV-Systems samt Abschaffung aller Sanktionen und einen deutlichen höheren ALG-II-Regelsatz.
Bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben haben wir in Berlin bereits wichtige Weichen neu
gestellt. Die Ausführungsvorschriften zur Übernahme von Kosten der Unterkunft haben wir so
verändert, dass Menschen ihre Wohnung nicht mehr verlieren, weil sie teurer wird.
Zehntausende Mieter*innen können so wieder ohne Angst vor Obdachlosigkeit leben. Und um
Menschen in Arbeit vor Armut zu schützen, haben wir den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro
angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und Freischaffende eingezogen. In all
diesen Feldern werden wir unseren Weg konsequent weitergehen.
Familien- und Kinderarmut bekämpfen
Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Familienarmut überwinden. Dabei geht es uns nicht nur
um die etwa 180.000 Kinder in Berlin, deren Eltern auf Transferleistungen angewiesen sind.
Wir kümmern uns um alle Kinder, die sozial, kulturell oder finanziell benachteiligt sind.
Seit wir 2016 Verantwortung übernommen haben, ist viel passiert. Von kostenfreier Kita- und
Hortbetreuung, dem kostenfreien Schulessen in der Grundschule oder dem kostenfreien ÖPNV-
Ticket für Schüler*innen profitieren insbesondere von Armut betroffene und bedrohte
Familien. Doch um diesen Familien nachhaltig zu helfen, müssen wir noch mehr tun. Deshalb
wollen wir die Familienpolitik auf Bundesebene vom Kopf auf die Füße stellen. Die ungerechte
Dreiklassenförderung von Freibeträgen, Kindergeld und Kinderregelsatz wollen wir mit einer
Kindergrundsicherung völlig neu und gerecht gestalten.
Doch auch in Berlin setzen wir vor Ort an: Um Familien und Kinder in allen Lebenslagen zu
erreichen, brauchen wir ein Netzwerk gegen Kinderarmut. Mit der Arbeit der „Landeskommission
zur Prävention von Kinder- und Familienarmut“, der Landesarmutskonferenz, des
Familienbeirates oder der LIGA sind Grundlagen erarbeitet worden. Jetzt geht es an die
Umsetzung. Wir wollen einen zentralen Informationsatlas mit allen Einrichtungen erstellen,
von den Tafeln über die Familienzentren bis zu Jugendfreizeiteinrichtungen. Das Netzwerk
soll so leistungsstark werden, dass der erste Schritt der Beratung auch der letzte ist, da
ein abgestimmtes Verfahren zur Unterstützung folgt. Prävention statt nachträgliches
Ausbügeln ist das Ziel. Starke Netzwerke brauchen starke Akteur*innen. Darum haben wir in
den vergangenen Jahren begonnen, gute Projekte auf Landesebene finanziell abzusichern. Die
Stadtteilmütter sind raus aus der unsicheren Projektförderung und sind mit festen Stellen in
den Bezirken gesichert. Gleiches gilt für die Babylots*innen, die Familien schon um die
Geburt eines Kindes betreuen. Es ist gelungen, die Arbeit der Lots*innen auf allen
Geburtsstationen in Berlin auszuweiten. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Familien in schwierigen Situationen brauchen besondere Unterstützung. Darum haben wir uns in
den vergangenen Haushaltsverhandlungen für ein „Flexibudget“ für die Bezirke eingesetzt.
Dies wollen wir nach der Wahl in allen Bezirken umsetzen. Die Sozialarbeiter*innen vor Ort
sollen die Möglichkeit bekommen, unkompliziert eine Familientherapie oder Jugendsozialarbeit
zu finanzieren, gerade dann, wenn Familien und Kinder zwischen den Paragraphen verloren zu
gehen drohen. Prävention stärken wir darüber hinaus, indem wir in den Familienbüros, die wir
etablieren wollen, nicht nur Leistungen der Ämter einfacher zugänglich machen, sondern die
Familienbüros auch mit Sozialarbeiter*innen ausstatten, die Eltern schnell und
unbürokratisch beraten können.
In einem Modellprojekt haben wir in den vergangenen Jahren im Bezirk Mitte eine besonders
intensive Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“, in denen kein Elternteil arbeitet,
getestet. Durch die Betreuung in einem eigenen Team ist es gelungen, mehr als 200 Personen
in Arbeit zu bringen. Ein Erfolg, den wir fortsetzen und auch in anderen Bezirken
wiederholen wollen.
Das Dickicht der Sozialbürokratie lichten – Hilfe auf Augenhöhe organisieren
Ein zentraler Hebel im Kampf gegen Armut ist, das Dickicht der Sozialleistungen so zu
ordnen, dass Menschen nicht länger im Unterholz der Sozialbürokratie verloren gehen.
Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration, psychosoziale Betreuung, Schuldner- und Suchtberatung
oder Kinder- und Familienbetreuung sollen überall Hand in Hand gehen, innovative Ansätze aus
einzelnen Jobcentern sollen auf alle anderen übertragen werden. Die Rädchen müssen vor Ort
ineinandergreifen. Damit Menschen genau die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Dafür
müssen die besten Modelle aus allen Bezirken zusammengetragen und Vorbild für die ganze
Stadt werden. In den Berliner Jobcentern wird sehr kreativ an Lösungen für jeden Einzelfall
gearbeitet. In Lichtenberg werden Menschen zusätzlich psychologisch betreut. In Mitte war
ein Projekt zur Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“ erfolgreich. In Neukölln
haben wir ein Präventionsteam aufgebaut, um Obdachlosigkeit zu vermeiden und Wege aus der
Krise zu zeigen. Wir wollen diese Ansätze bündeln und mit allen Bezirksämtern und der
Senatsverwaltung für Soziales eine landesweite Koordinierung etablieren. Für uns ist klar,
dass Betroffene in die Entwicklung der Angebote einbezogen werden müssen.
Orientierung am Sozialraum der Menschen
Auch die Arbeit der sozialen Träger wollen wir um die Bedürfnisse von Menschen organisieren
– nicht entlang bürokratischer Logiken. Die in der Jugendhilfe begonnene
„Sozialraumorientierung“ ist ein guter Schritt in diese Richtung. Mit der Verankerung im
Familienfördergesetz weiten wir diese Systematik auf andere Bereiche aus. In ganz Berlin
sollen lebensweltlich orientierte Räume definiert und Fachkonzepte der Zusammenarbeit
erarbeitet werden. Wir wollen Kiez-Teams aufbauen, die bei Meldungen Familien und
Einzelpersonen aufsuchen und Unterstützung leisten. Dabei sollen „Frühe Hilfen“,
Babylots*innen, die Stadtteilmütter, Sozialarbeiter*innen in Jugendeinrichtungen, die
Jobcenter oder die Schuldnerberatung eng miteinander kooperieren. Bei den sogenannten „67er-
Hilfen“ in der Sozialhilfe, also Leistungen zur Überwindung von sozialen Schwierigkeiten,
wollen wir eine einheitliche Anwendung in den Bezirken erreichen. Parallel soll die
Qualitätssicherung systematisiert und in ganz Berlin strukturiert werden, um Flexibilität
und hohe Qualität zu verbinden.
Armuts- und Sozialberichterstattung neu ordnen
Grundlage einer ressortübergreifenden Strategie muss eine integrierte Armuts-, Sozial- und
Gesundheitsberichterstattung sein. In Berlin gibt es ein umfassendes Berichtswesen zu einer
Vielzahl relevanter Themen: die Gesundheits- und Sozialberichterstattung, die
Umweltgerechtigkeitskarte, den Umweltatlas, Lärmkarten, die Obdachlosenzählung und vieles
mehr. Wir wollen den Wildwuchs an Analysen und Berichten systematisieren und zusammenführen.
So können wir noch besser als bisher gegenseitige Abhängigkeiten identifizieren und in die
politische Steuerung einfließen lassen. Das gilt auch für die Erfassung der Lage von
Obdachlosen. Die bundesweit erste systematische Obdachlosenzählung im Februar 2020 war ein
wichtiger, wenn auch methodisch stark verbesserungswürdiger Schritt. Nun muss eine
Professionalisierung folgen, um Angebote noch gezielter ausbauen zu können.
Das Konzept „Housing First“ ausbauen
Es ist in der Regel ein Bündel an Problemlagen, das in die Obdachlosigkeit führt. Um die
nötige Ruhe zu haben, das Bündel aufzuschnüren und zu lösen, braucht es einen geschützten
Raum, ein Dach über dem Kopf. Deswegen vermitteln Projekte mit dem Ansatz „Housing First“
Menschen als Allererstes in neue Wohnungen – mit dauerhaftem Mietvertrag – und begleiten sie
dann auf ihrem weiteren Weg. Dieses Konzept ist erfolgreich und deswegen wollen wir die
Rahmenbedingungen verbessern: Sozialen Trägern und kleinen gemeinwohlorientierten Projekten,
die für die spezifischen Gruppen selbst bauen wollen, soll es möglich sein, Bürgschaften
auch über die Stadt zu erhalten. Vorbild ist das sogenannte Generalmietermodell der Degewo
mit sozialen Trägern in Mitte, das wir landesweit durch alle landeseigenen
Wohnungsunternehmen etablieren wollen. Um das Konzept in größerem Umfang umsetzen zu können,
wollen wir Wohnungen auf Basis des Mietendeckels anmieten, um sie, begleitet von sozialer
und psychologischer Betreuung, Obdachlosen zur Verfügung zu stellen. Dabei stehen besonders
verletzliche Gruppen wie Frauen, Alleinerziehende, Minderjährige oder Menschen mit
Behinderung und Obdachlose mit hohem Alter im Mittelpunkt.
Besonders kompliziert ist die Unterstützung von EU-Bürger*innen, wenn sie keine Ansprüche
auf Sozialleistungen haben. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, Leistungsausschlüsse
abzuschaffen. In Berlin wollen wir eine Clearing-Stelle einrichten, die zentral die
Möglichkeiten prüft und, wenn nötig, Menschen auf Basis des Allgemeinen Sicherheits- und
Ordnungsgesetzes unterbringt.
Die letzte Haltelinie sind Notunterkünfte. Die Zahl der Plätze konnten wir in den
vergangenen Jahren deutlich ausbauen. Künftig wollen wir, dass mindestens 600 Plätze
ganzjährig zur Verfügung stehen. In der kalten Jahreszeit sollen im Rahmen der Kältehilfe
deutlich über 1.000 Plätze vorgehalten werden. Alle Plätze sollen stets mit
Beratungsangeboten verbunden sein: Jede Übernachtung in einer Notunterkunft soll eine Chance
auf einen Weg aus der Obdachlosigkeit bieten und neue Möglichkeiten aufzeigen.
Ein neues Landesamt für Unterbringung
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben –
egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung
verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen
zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt
für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem
neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln.
3.3 Gesundheit ganzheitlich denken
Gesundheitsversorgung ist öffentliche Daseinsvorsorge – das hätte nicht drastischer deutlich
werden können als in der Corona-Pandemie. Vorsorge zu treffen heißt immer in gute Strukturen
zu investieren, in der Hoffnung, dass sie nie gebraucht werden. Gesundheitsversorgung darf
nicht zur Profitmaximierung dienen, sondern muss sich am Wohl der Menschen orientieren.
Dabei geht es uns nicht nur um die Abwesenheit von Krankheit oder individuelles
Gesundheitsverhalten. Es geht um gesunde Lebensbedingungen, um körperliches, psychisches und
soziales Wohlbefinden, Selbstbestimmung und Teilhabe.
Wir haben viel für eine gute Versorgung für die Berliner*innen getan. Gerade in der Corona-
Pandemie war dies eine Herausforderung. Wir haben Kapazitäten aufgestockt, Personal in den
Gesundheitsämtern aufgebaut und für den Notfall ein Corona-Behandlungszentrum geschaffen.
Die Arbeit für gute Gesundheitsversorgung haben wir aber weit vor der Pandemie begonnen. Die
Investitionen in die Krankenhäuser haben wir auf den Bundesschnitt angehoben und dafür
gesorgt, dass Babylots*innen in allen Geburtsstationen der Berliner Krankenhäuser Eltern
beraten und begleiten. Wir haben dafür gesorgt, dass das Essen im Krankenhaus besser und
gesünder wird. Wir haben Stationsküchen finanziert und setzen auf regionale, saisonale und
nachhaltige Ernährung im Krankenhaus – am Bett und in der Kantine. Wir haben erreicht, dass
alle Berliner*innen Zugang zur gesundheitlichen Versorgung erhalten. Wir unterstützen
Menschen ohne Krankenversicherung dabei, sich zu versichern. Durch unseren Einsatz können
sich endlich auch Menschen ohne gültigen Aufenthaltstitel mit einem anonymen Krankenschein
behandeln lassen. Damit ist Berlin das einzige Bundesland, in dem der Zugang zur
hausärztlichen Versorgung so umfassend möglich ist. Der neue und bislang einzigartige
Checkpoint BLN am Hermannplatz bietet unter einem Dach niedrigschwellig Beratung, Prävention
(u. a. HIV-PrEP), Tests und Behandlung rund um die sexuelle Gesundheit, insbesondere zu
HIV/AIDS.
Den öffentlichen Gesundheitsdienst und das Gesundheitssystem krisenfest machen
Trotz dieser wichtigen Schritte bleibt vieles zu tun. Ein zentraler Baustein ist der
öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD). Über Jahrzehnte wurde der ÖGD kaputtgespart. In der
Corona-Pandemie wurde allen deutlich, dass sich Sparen an dieser Stelle rächt. Wir brauchen
einen starken ÖGD und wollen ihn darum mit den nötigen Kompetenzen und Ressourcen
ausstatten, um eine lokale, sozialraumorientierte Vernetzung voranzutreiben. Der ÖGD soll
die Kompetenz erhalten, integrierte Versorgungsangebote zu entwickeln. Daher werden wir
systematisch auch neuere Berufsgruppen wie Public-Health-Absolvent*innen, Epidemiolog*innen
oder Gesundheitswissenschaftler*innen in den ÖGD einbeziehen. Und wir setzen uns dafür ein,
dass Famulaturen im Medizinstudium sowie das praktische Jahr auch in den Gesundheitsämtern
absolviert werden können. Wir wollen den Beruf der*des Amtsärzt*in attraktiver machen und
die Voraussetzungen schaffen, dass die gesamte Ausbildung zur Fachärzt*in für den
öffentlichen Gesundheitsdienst auch in Berlin absolviert und finanziert werden kann. Mit
neuer Soft- und Hardware befähigen wir den ÖGD, die vielfältigen Aufgaben zu erledigen. Um
vor Ort erfolgreich aktiv sein zu können, wollen wir erreichen, dass der ÖGD die Vielfalt
unserer Gesellschaft widerspiegelt.
Gesundheits- und Pflegeberufe attraktiver machen und in die Infrastruktur investieren
Therapeut*innen und Ärzt*innen, Pflegepersonal, Psycholog*innen und die Mitarbeiter*innen in
den Gesundheitsämtern – es gibt viele Berufsgruppen, die für gute gesundheitliche Versorgung
wichtig sind. Wir wollen die noch nicht organisierten Gesundheits- und Pflegeberufe bei
ihren jeweiligen Professionalisierungsprozessen unterstützen, wenn möglich und gewollt auch
in Berufskammern. Damit auch zukünftig genügend Nachwuchs in diesen Berufen zur Verfügung
steht, werden wir die Arbeitsbedingungen verbessern, zum Beispiel mit festen
Personalschlüsseln und einer Senkung der Arbeitsstunden. Auch die Ausbildung muss
attraktiver werden, etwa indem wir ermöglichen, alle Ausbildungs- und Studiengänge auch in
Teilzeit zu absolvieren.
Trotz deutlicher Anhebung der Investitionen in die Berliner Krankenhäuser bleibt hoher
Investitionsbedarf. Wir werden die Investitionen weiter anheben, nicht nur, um den Status
quo zu halten, sondern auch, um Zukunftsprojekte wie die Digitalisierung der
Gesundheitsversorgung voranzubringen.
Integrierte Gesundheitszentren vor Ort schaffen
Gesundheit wird von vielen Faktoren beeinflusst, neben der physischen und der psychischen
Verfassung spielen auch die Wohnbedingungen, der Beruf und die soziale Lage eine wesentliche
Rolle. In unserem aktuellen Gesundheitssystem gibt es für alles Spezialist*innen – aber viel
zu selten werden die verschiedenen Bedingungen und die unterschiedlichen Fachdisziplinen
zusammengebracht. Das Gesundheitskollektiv (GeKo) im Rollbergkiez macht es anders: Hier
arbeiten verschiedene Berufsgruppen zusammen und treten gemeinsam mit den Menschen im Kiez
für die Gestaltung gesundheitsförderlicher Lebenswelten ein. Behandlungen erfolgen
disziplinübergreifend und auf Augenhöhe mit den Behandelten. Die Bedürfnisse der
Anwohner*innen im Kiez werden einbezogen, gleichzeitig unterliegt das Projekt regelmäßiger
Evaluation. Wir wollen nach dem Vorbild des GeKos mehr integrierte, lokale und
interprofessionelle Gesundheitszentren schaffen.
Gesundheit in allen Politikbereichen mitdenken
Gesundheit ganzheitlich zu denken heißt, Gesundheitspolitik in allen Politikfeldern zu
verankern. Wir folgen dem „Health in All Policies“-Ansatz der WHO, denn Gesundheit entsteht
weder im Krankenhaus noch in der Arztpraxis, sondern im Alltag – dort, wo Menschen leben,
arbeiten, zur Kita oder zur Schule gehen und ihre Freizeit verbringen. Auch Klimaschutz ist
Gesundheitsschutz – Luftverschmutzung und Lärm machen krank. Mit der Verkehrswende schützen
wir vor allem die Gesundheit derer, die bisher an lauten und stickigen Straßen leben müssen.
Wir wollen künftig Gesetzesvorhaben in allen Politikbereichen auch auf ihre Auswirkungen auf
die Gesundheit prüfen.
HIV/Aids besiegen
Berlin hat das Ziel der Vereinten Nationen übernommen, bis 2030 die Zahl der HIV-
Neuinfektionen auf null zu senken. Mit der Einführung der PrEP und den Erfolgen in der
Gesundheitsversorgung in den letzten Jahren konnten wir wichtige Schritte gehen. Unser Ziel
für die kommenden Jahre lautet „95-95-95“: 95 Prozent der HIV-Infizierten sollen von ihrer
Infektion wissen, 95 Prozent davon Zugang zur Behandlung haben und 95 Prozent der
Behandelten „unter der Nachweisgrenze“ sein, damit eine Übertragung des HI-Virus nicht mehr
möglich ist. Um das zu erreichen, wollen wir die Infrastruktur zu Versorgungsstrukturen
weiter verbessern.
Gut versorgt von Anfang an – wir unterstützen Hebammen und Familienplanung für alle
Zur Gesundheit gehört auch, Anfang und Ende des Lebens gut zu begleiten. Hebammen und
Geburtshelfer begleiten den Weg ins Leben und sind für viele Frauen sowohl während der
Schwangerschaft als auch während und nach der Geburt wichtige Bezugspersonen. Dass
Schwangere in Berlin kaum noch eine Hebamme finden, die sie im Wochenbett betreuen kann, ist
ein unhaltbarer Zustand. Wir wollen allen Frauen aber weiterhin eine selbstbestimmte und
sichere Geburt ermöglichen. Am Runden Tisch Geburtshilfe haben wir deshalb vereinbart, die
Ausbildungskapazitäten für Hebammen zu erhöhen, sie mit Service-Parkausweisen im Alltag zu
unterstützen und mit einer digitalen Plattform die Hebammensuche zu erleichtern. Zusätzlich
haben wir in Berlins Kreißsäle investiert und wir wollen die Arbeitsbedingungen für Hebammen
verbessern, indem wir mehr Hebammen in die Kreißsäle bringen. Auf Bundesebene setzen wir uns
dafür ein, dass die Vergütungen angehoben und Versicherungsbeiträge übernommen werden und es
dazu auch verbindliche Personalschlüssel in den Krankenhäusern gibt.
Damit alle, die sich ein Kind wünschen, die bestmögliche Unterstützung bekommen, wollen wir
die Reproduktionsmedizin ausbauen und uns dafür einsetzen, dass sie auch
gleichgeschlechtlichen Paaren von der Krankenkasse finanziert wird.
Zur Familienplanung gehört aber auch, sich frei gegen ein Kind entscheiden zu können.
Beratung im Fall von Schwangerschaftskonflikten muss deshalb niedrigschwellig zugänglich
sein und wir kämpfen weiterhin für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.
Selbstbestimmt und würdevoll bis zum Schluss
Auch das Sterben gehört zu einem ganzheitlichen Blick auf die Gesundheitsversorgung: Wir
wollen, dass Menschen selbstbestimmt und gut versorgt ihre letzte Lebensphase verbringen
können. Doch insbesondere in dieser Lebensphase sind Menschen oft kaum oder gar nicht mehr
in der Lage, für ihre eigenen Bedürfnisse einzustehen. Umso wichtiger ist, dass vorher eine
gute Aufklärung über Versorgungsvollmachten und eine Patientenverfügung stattfindet. Deshalb
wollen wir die Strukturen dafür ausbauen. Darüber hinaus wollen wir eine Beratungsstelle für
Palliativmedizin einrichten, die über die Möglichkeiten der Versorgung im Hospiz oder
zuhause transparent informiert. Palliativmedizin ist aus gesundheitsökonomischer Sicht oft
unattraktiver als die medizinische Behandlung durch Operationen und intensivmedizinische
Maßnahmen. Umso wichtiger ist es, Ärzt*innen so aus- und weiterzubilden, dass für sie die
Wünsche der Behandelten im Fokus stehen und lebensverlängernde Maßnahmen, die von den
Betroffenen häufig als quälend empfunden werden, nicht um jeden Preis durchgeführt werden.
Förderung psychischer Gesundheit und gute wohnortnahe Versorgungsangebote
Unser Gesundheitsverständnis umfasst ausdrücklich das psychische Wohlbefinden. Durch unsere
Politik wollen wir die Lebensbedingungen in Berlin so gestalten, dass sie einen positiven
Einfluss auf die psychische Gesundheit ausüben und die Resilienz stärken. Darüber hinaus
wollen wir – u. a. im Rahmen des Präventionsgesetzes – konkrete Angebote schaffen und
ausbauen, die dabei helfen, mit psychischen Belastungen umzugehen und Krisen besser zu
bewältigen.
Von der Gesundheitsförderung und Prävention über die Beratung bis hin zur Behandlung und
Rehabilitation setzen wir auf sozialraumorientierte und wohnortnahe, miteinander vernetzte
Angebote. Dabei fördern wir die Partizipation durch den Trialog und Peer-Ansätze sowie den
Abbau von Zwang. In der Versorgung gilt für uns die Maxime: ambulant vor teilstationär vor
stationär. Unser Plan ist, innovative Finanzierungs- und Steuerungsmodelle sowie neue
Angebotsformen zu fördern. Wir wollen den ÖGD hinsichtlich Beratung und Begleitung stärken.
Das Psychiatrieentwicklungsprogramm wollen wir endlich weiterentwickeln und einen
datengestützten Landespsychiatrieplan etablieren.
Ein neues „Landesprogramm Psychische Gesundheit“ soll die vielfältigen Angebote zur
Förderung psychischer Gesundheit, zur psychosozialen und psychiatrischen Unterstützung und
Versorgung sowie ein neues Berliner Suchtkonzept unter einem Dach vereinen.
3.4 Selbstbestimmt im Alter. Wir machen die Pflege
stark
Wir Berliner*innen leben immer länger. Wir wollen, dass Menschen egal welchen Alters
selbstbestimmt und in Würde ihr eigenes Leben gestalten können, gleich woher sie kommen, wie
dick ihr Portemonnaie ist oder wie pflegebedürftig sie sind. Dafür wollen wir die richtigen
Rahmenbedingungen schaffen. Ältere, auch an Demenz erkrankte Menschen sollen weiter ihre
Fähigkeiten einbringen und ihr Umfeld mitgestalten, auch die Hilfs- und
Unterstützungsangebote oder den barrierefreien Umbau ihrer Wohnung und der Einrichtungen im
Kiez. Und wer Pflege benötigt, soll sie in bester Qualität erhalten. Dafür setzen wir uns
ein, auf Landes- wie Bundesebene und im Schulterschluss mit Pflegebedürftigen,
Pflegefachkräften und pflegenden Angehörigen.
Im Kiez verortet
Wir wollen die Lebensbedingungen Älterer in Berlin so gestalten, dass sie so lange wie
möglich in ihren eigenen vier Wänden leben und am gesellschaftlichen Leben im Kiez teilhaben
können. Wir denken sozialräumlich und haben in den letzten Jahren die Pflegestützpunkte
ausgebaut und mit mehr Ressourcen ausgestattet, um das zu ermöglichen. Darüber hinaus
fördern wir die Gesundheit im Alter und ermöglichen mit inklusiven,
generationenübergreifenden Projekten Begegnungen, bei denen wir Menschen über die eigene
Community hinaus zusammenbringen.
Vielfalt der Pflege- und Wohnformen
Wir streben eine breite Mischung zielgruppengerechter Pflege- und Wohnformen an und wollen
alternative Wohn- und Pflegeformen ausbauen. Perspektivisch sollen große Heimeinrichtungen
abgelöst werden, wir fördern kleine, in Quartieren angebundene und vernetzte
Versorgungseinrichtungen. Sie bieten quartiersnahe, sozialintegrative und inklusive
Beratung, Pflege und Betreuung älterer Menschen. Um eine gute Qualität sicherstellen und
kontrollieren zu können, haben wir das Wohnteilhabegesetz überarbeitet. Besonders wichtig
war uns dabei die Anbindung von Einrichtung und Wohngemeinschaften an den jeweiligen
Sozialraum.
Mit einem Kompetenzzentrum Pflegewohnformen wollen wir Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf
beraten. Die Mitarbeiter*innen des Zentrums sollen auch Pflegeheime beraten, die ihr Angebot
in Richtung Quartier öffnen wollen. Darüber hinaus werden wir altersgerechtes und
barrierefreies Wohnen ausbauen, der Bedarf wächst stetig. Auch Pflegeeinrichtungen und
gerade Pflegewohngemeinschaften sind von Verdrängung bedroht. Wir brauchen in allen Kiezen
Pflegeeinrichtungen.
Gerade weil der Bedarf an Pflegeunterstützung wächst, werden wir eine
Stadtentwicklungsplanung für Pflege und Senior*innen anstoßen, die vorhandene Strukturen und
weitere Bedarfe aufschlüsselt und absichert. Da in den Bezirken ein großes Wissen über die
Bedarfe und Besonderheiten der einzelnen Kieze herrscht, sollen sie eng eingebunden werden.
Für uns ist klar, dass Pflege die vielfältigen Hintergründe der Berliner*innen abbilden
muss. Wir setzen uns für diversitäts- und geschlechtersensible Pflege ein. Gerade in einer
Einwanderungsgesellschaft gilt es Diversity-Kompetenzen auszubauen, bei Einstellungen auf
Diversität zu achten und im Ausland erworbene Ausbildungsabschlüsse in Pflege- und
Gesundheitsberufen leichter anzuerkennen. Mit den Pflegestützpunkten der interkulturellen
Öffnung und der LSBTIQ*-sensiblen Beratung sind wir erste Schritte gegangen – diesen Weg
wollen wir weitergehen.
Gute Pflege braucht gute Arbeitsbedingungen
Gute Pflege steht und fällt mit den Mitarbeiter*innen. Pflegekräfte sind systemrelevant, das
spiegelt sich aber bisher nicht ausreichend in den Arbeitsbedingungen wider. Das wollen wir
ändern. Mit dem Berliner Bündnis für Pflege wurden in den letzten Jahren bereits
Handlungsfelder identifiziert, um Fachkräfte in der Pflege zu halten. Jetzt kommt es auf die
Umsetzung an, denn wir sind als Gesellschaft auf gute Pflege angewiesen. Eine Pflegekammer,
wie sie mehrheitlich von den Berliner Pflegenden gewünscht wird, unterstützen wir
ausdrücklich.
Wir wollen verbindliche Personalschlüssel statt Personaluntergrenzen, Mobilitätsangebote,
gerade für Nachtschichten und Beschwerdestellen, um Verstöße gegen den Arbeitsschutz zu
melden. Wir unterstützen die Selbstverwaltung der Pflegekräfte in Form von Pflegekammern und
regen das auch für andere Heilberufe an. Wir fordern mehr Teilzeitausbildungen und die
Finanzierung der berufsbegleitenden Ausbildung zum*zur Altenpfleger*in. Im Ausland erworbene
Ausbildungsabschlüsse von Pflege- und Gesundheitsberufen, ob innerhalb oder außerhalb der EU
erworben, sollen leichter anerkannt werden. Auch in der ambulanten Versorgung müssen die
Arbeitsbedingungen verbessert werden, damit zu pflegende Menschen möglichst lange in ihrer
eigenen Wohnung bleiben können. Viele ausgebildete Kräfte arbeiten nicht mehr in ihrem Beruf
– mithilfe von besseren Arbeitsbedingungen wollen wir sie zurückgewinnen.
Pflegende Angehörige besserstellen
Pflegende Angehörige bilden eine der tragenden Säulen der häuslichen Pflege. Rund 200.000
Berliner*innen betreuen und versorgen ihre pflegebedürftigen Angehörigen. Wir wollen sie
stärker ins Versorgungsnetz einbinden und ihre Leistungen besser würdigen. So wollen wir ihr
Recht auf Mitsprache ausbauen und sie besser informieren und entlasten. Das Kompetenzzentrum
Pflegeunterstützung zur Entlastung von pflegenden Angehörigen und anderen Bezugspersonen
soll ausgebaut und verstetigt werden. Als Berliner Landesregierung haben wir bereits eine
Bundesratsinitiative zur Einführung eines Familienpflegegeldes gestartet, eine
Lohnersatzleistung ähnlich dem Elterngeld. Hier werden wir weiter Druck machen.
3.5 Inklusives Berlin – Teilhabe für Menschen mit
Behinderung
Die Berliner Stadtgesellschaft soll inklusiv werden. Wir wollen eine Gesellschaft, in der
alle Menschen mit und ohne körperliche, psychische oder kognitive Behinderung
gleichberechtigt und selbstbestimmt teilhaben, ohne auf Barrieren zu stoßen. In Berlin leben
rund 350.000 Menschen mit einem Grad der Behinderung von über 50 Prozent, das ist fast jede
zehnte Person. Unsere Vorstellung einer inklusiven Gesellschaft ist aber für noch viel mehr
Menschen wichtig. Aufzüge an Bahnhöfen nutzen auch Eltern mit Kinderwagen, auf
barrierefreies Wohnen sind im Alter fast alle angewiesen. Für ganz Berlin ist es zentral,
dass wir Barrieren einreißen, wo immer sie noch stehen.
Seit dem 1. Januar 2020 ist das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) voll in Kraft. Wir
Bündnisgrüne mahnen auf Bundesebene tiefgreifende Nachbesserungen an. Gleichzeitig arbeiten
wir in Berlin an der Umsetzung, um das Beste herauszuholen. In allen Bezirken wird am Aufbau
sogenannter „Häuser der Teilhabe“ gearbeitet. Dort sollen Menschen mit Behinderung künftig
Beratung, Unterstützung und Begleitung rund um das Thema Eingliederungshilfe finden. Für den
Aufbau der Häuser und die fachliche Koordination werden jedem Bezirk seit 2020 zusätzlich
zwei Stellen von Seiten des Landes zur Verfügung gestellt. Auch beim barrierefreien Umbau
der Stadt haben wir wichtige Schritte gemacht, zum Beispiel bei Bus und Bahn. Unser
Mobilitätsgesetz schreibt den Anspruch auf barrierefreie Mobilität fest und wir investieren
jedes Jahr Millionen, um dem Ziel der Barrierefreiheit näher zu kommen.
„Häuser der Teilhabe“ ermöglichen umfassende Beratung
In den kommenden Jahren geht es um die konkrete Umsetzung vor Ort – diese wollen wir gezielt
vorantreiben. Zum 1. Januar 2022 sollen alle bezirklichen „Häuser der Teilhabe“ gegründet
sein. Wir wollen in den Häusern multiprofessionelle Teams zusammenbringen, um die Beratung
so umfassend wie möglich zu gestalten. Den Rahmen für einheitlich hohe Standards der
Umsetzung sollen Zielvereinbarungen bilden, die wir zwischen Land und Bezirken entwickeln
und stetig weiterentwickeln wollen. Etikettenschwindel, also ein neues Label und die
Fortführung der bisherigen Praxis der Sozialhilfe, werden wir nicht zulassen. Bei der
Umsetzung werden wir darauf achten, dass die Bedarfsermittlung, wie durch das
„Teilhabeinstrument Berlin“ (TIB) vorgesehen, neben Gesundheitsaspekten auch den
Lebenskontext von Menschen berücksichtigt. Dabei stellen wir sicher, dass in allen „Häusern
der Teilhabe“ und auch in den Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs-
und Unterstützungszentren (SIBUZ) aller Bezirke eine Beratung zu allen Rechtekreisen
erfolgen kann sowie alle erforderlichen Anträge an einem Ort zur Verfügung stehen.
Für Inklusion in allen Lebensbereichen
Der Arbeitsmarkt in Berlin muss inklusiver werden. Dabei gilt für uns die Prämisse:
Inklusion hat Vorrang. Daher wollen wir die Werkstätten so weiterentwickeln, dass sie nicht
zur Endstation werden, sondern der Befähigung zur Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt dienen.
Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitsplätzen sind gesetzlich verpflichtet, wenigstens auf fünf
Prozent der Arbeitsplätze Menschen mit Schwerbehinderung zu beschäftigen. Noch immer zahlen
aber zu viele Arbeitgeber*innen lieber die entsprechende Ausgleichsabgabe. Um das zu ändern,
werden wir Betriebe mit einer hohen Zahl von Mitarbeiter*innen mit Behinderung stärker
fördern und Aufträge der öffentlichen Hand vermehrt an solche „Inklusionsbetriebe“ vergeben.
Auch Bus und Bahn müssen in Berlin barrierefrei werden. Den Umbau aller Bahnhöfe und
Haltestellen im Verkehrsverbund mit einem barrierefreien Zugang werden wir schnellstmöglich
abschließen. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, die Anzahl der Inklusionstaxis im
öffentlichen Raum deutlich zu erhöhen, um echte Mobilität für alle zu verwirklichen. Bei der
Konzessionsvergabe für private Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen wollen wir Inklusion
zu einer Bedingung machen.
Barrierefreier Wohnraum ist nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern auch für ältere
Menschen wichtig. Unser Ziel für 2035 ist, dass 15 Prozent des gesamten Wohnraumes
barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Um hier zügig voranzukommen, wollen wir die
Umsetzung der Berliner Bauordnung konsequent prüfen, um sicherzustellen, dass die Vorgaben
zum barrierefreien Wohnen eingehalten werden. Beim Neubau wollen wir entsprechende Quoten
zur Steigerung der Anzahl barrierefreier Wohnungen einziehen.
Unser Ziel sind inklusive Schulen in einer inklusiven Gesellschaft. Beides bedingt sich
gegenseitig. Ein gegliedertes Schulsystem erschwert dieses Ziel. Nach und nach wollen wir
unsere Schulen so befähigen, dass alle Kinder gemeinsam an Regelschulen lernen. Die
Mitarbeiter*innen der Förderschulen brauchen wir an den Regelschulen zur individuellen
Betreuung der Kinder mit Behinderung weiterhin.
Zur barrierefreien Sanierung von Nachbarschaftszentren und anderen sozialen Begegnungsräumen
werden wir ein Landesförderprogramm auflegen und mit den Sportvereinen Berlins werden wir
weiter daran arbeiten, auch die Vereine für Menschen mit Behinderung zu öffnen.
Ein großer Teil des Lebens spielt sich online ab. Mit der gesetzlichen Umsetzung der EU-
Richtlinie zu barrierefreien Online-Angeboten öffentlicher Stellen hat Berlin einen
wichtigen Schritt getan. Die praktische Umsetzung wollen wir nun beschleunigen. Das gilt
zuallererst für die Seiten der Senatsverwaltungen und Bezirksämter. Bei der Neukonzeption
von www.berlin.de muss die digitale Barrierefreiheit schon in der Planung umfassend
mitgedacht werden.
Inklusion erfordert ein Umdenken von vielen. Aber es lohnt sich – am Ende ist eine inklusive
Gesellschaft eine bessere Gesellschaft für alle.
3.6 Drogenpolitik – Prävention, Aufklärung,
Unterstützung und Selbstbestimmtheit
Drogen sind Teil der Gesellschaft und kaum eine Debatte wird so irrational geführt wie die
um den richtigen Umgang damit. Wir Bündnisgrüne stehen für einen vernünftigen,
evidenzbasierten Ansatz, der sich an Fakten orientiert, Menschen durch Prävention und
Aufklärung schützt und damit Verbraucherschutz gewährleistet, Abhängigen unkompliziert Hilfe
zukommen lässt und die Selbstbestimmung aller respektiert.
Drogen nach Gefährdungspotential unterscheiden
Die tödlichste Droge in Deutschland ist Tabak. Etwa 15 Millionen Menschen deutschlandweit
rauchen, rund 120.000 Menschen sterben jährlich an den Folgen des Rauchens, viele Millionen
sind schwer nikotinabhängig. Am gefährlichsten für Unbeteiligte ist Alkohol und Millionen
Menschen in Deutschland sind medikamentenabhängig. Die am weitesten verbreitete illegale
Droge ist mit ca. vier Millionen Konsument*innen Cannabis. Tatsächlich ist die
Unterscheidung zwischen legalen Suchtmitteln auf der einen und illegalen Drogen auf der
anderen Seite nicht sinnvoll und historisch vor rund 100 Jahren willkürlich getroffen
worden. Da sind wir uns mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter einig. Statt willkürlicher
Kriterien wäre eine Regulierung nach tatsächlichem Gefährdungspotential ein wichtiger
Schritt – hier ist die Bundespolitik in Verantwortung. Einen großen Unterschied macht, wie
Drogen konsumiert werden: moderat, selbstbestimmt und aufgeklärt oder riskant und in
kriminalisierten, ungeschützten Räumen. Politik muss sich an diesen Erkenntnissen
orientieren. Ideologische Debatten lehnen wir ab.
In Berlin schon viel erreicht – was fehlt, sind andere Regelungen auf Bundesebene
In den vergangenen Jahren haben wir Schritte in die richtige Richtung gemacht. Wir haben ein
Werbeverbot für Tabak und Alkohol auf kommunalen Werbeflächen erreicht. Mit einem Pilot-
Projekt zum Drug-Checking in Clubs werden wir einen Weg einschlagen, der Menschen vor
gefährlichen, gepanschten Drogen schützt, Drogenkonsumräume haben wir in den Bezirken
geplant und geschaffen. Dort sind neben sicherem Konsum vor allem Aufklärung, Beratung und
Unterstützung möglich. Die „Null-Toleranz-Zonen“ für den Besitz von Cannabis haben wir
abgeschafft, da sie kein Problem gelöst und den Handel nur in Hauseingänge und auf
Spielplätze verlagert haben. Was fehlt, sind andere Regelungen auf Bundesebene. Gemeinsam
mit der grünen Fraktion im Deutschen Bundestag wurde mit unserem „Cannabiskontrollgesetz“
ein sehr konkreter Weg zur Legalisierung entwickelt, den wir auch weiter vorantreiben
werden.
Aufklärung und Prävention ausbauen
In Berlin werden wir weiterhin an unserer Linie einer evidenzbasierten, zielorientierten
Drogenpolitik festhalten. Dazu werden wir Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen ausbauen.
Der Jugend- und Gesundheitsschutz sowie die Aufklärung von Verbraucher*innen und damit der
Verbraucherschutz haben dabei für uns höchste Priorität. Dabei nehmen wir nicht nur
substanzbezogene Abhängigkeiten in den Blick, sondern werden auch Programme der Prävention
vor nicht substanzgebundene Süchte, beispielsweise Glücksspiel oder Computerspiele, weiter
ausbauen. Die Werbung für Tabak und Alkohol wollen wir in einem nächsten Schritt auf allen
Werbeflächen in Berlin verbieten und dazu die rechtlichen Möglichkeiten im Detail prüfen.
Den Nichtraucherschutz wollen wir konsequent umsetzen, Kellner*innen und Barkeeper*innen
schützen wir damit und wir halten das gesellschaftliche Leben auch für Menschen mit
Vorerkrankungen offen. Für bestimmte Raucherkneipen wollen wir Lizenzen vergeben, um hier
mehr Klarheit für Betreiber*innen und Gäste zu schaffen.
Wir nehmen die Sorgen und Ängste der Menschen rund um Drogenhotspots ernst und werden mit
voller Kraft für eine Verbesserung kämpfen. Solange keine kontrollierte Abgabe diese
Hotspots komplett verschwinden lässt, werden wir mit Programmen zur sicheren
Spritzenentsorgung, zu häufigen Reinigungszyklen in Parks und auf Spielplätzen sowie mit
gezielten Kontrollen die Situation vor Ort verbessern. Denn Spritzen und Drogen haben auf
Spielplätzen nichts verloren.
Beratung und Selbsthilfe stärken
Beratungs- und Selbsthilfeangebote wollen wir ausbauen, genau wie Drogenkonsumräume. Unser
Ziel sind Drogenkonsumräume und Spritzenprogramme in allen Bezirken Berlins. Mit einer
stärkeren aufsuchenden Sozialarbeit wollen wir Menschen erreichen, die drogenabhängig und
dringend auf Unterstützung angewiesen sind, den Weg in die Beratung aber nicht alleine
schaffen. Das Drug-Checking werden wir weiter vorantreiben, so dass es sich zur anerkannten
Normalität in Berlins Nachtleben entwickelt – immer kombiniert mit Angeboten zur Beratung
und Hilfe zum Ausstieg aus dem Drogenkonsum. Dafür wollen wir mehr mobile Drug-Checking-
Teams auf den Weg bringen, die die Erreichbarkeit verbessern. Die Sucht- und
Präventionsarbeit im Strafvollzug soll weiter ausgebaut werden. Zentral ist dabei für uns,
dass saubere Spritzen zur Verfügung stehen, die Möglichkeit der Opioid-Substitution und die
Diamorphintherapie für Betroffene sowie eine nahtlose Anschlussversorgung und medizinisch-
psychologische Betreuung nach der Haftentlassung.
Schwarzmarkt austrocknen
Um den Schwarzmarkt auszutrocknen, arbeiten wir weiter daran, Cannabis zu legalisieren.
Solange es auf Bundesebene keine neue gesetzliche Regelung gibt, halten wir an unserem Ziel
eines Modellprojektes zur legalen Abgabe von Cannabis in Berlin fest. Die nicht verfolgbare
geringe Menge für Cannabis zum Eigenbedarf wollen wir anheben und auch für andere illegale
psychoaktive Substanzen entsprechende geringe Mengen festlegen, die strafverfolgungsfrei
bleiben. Damit entlasten wir Polizei und Justiz massiv. Auch den Parks, die von massiven
Dealertätigkeiten belastet sind, und deren Anwohner*innen wollen wir dazu verhelfen, wieder
mehr Ruhe und Sauberkeit zu finden. Frei gewordene Kapazitäten wollen wir so weit möglich
für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität einsetzen, die maßgeblich durch den
internationalen Drogenhandel begünstigt wird.
Drogenpolitik ist auch Friedenspolitik
Weltweit sorgt der Handel mit Drogen für Gewalt, Konflikte und Kriege. Bei kaum einem
anderen Politikfeld ist die Verbindung zwischen unserer Politik hier und der Lage der Welt
so unmittelbar. Um Leid und Tod infolge dieser Konflikte zu beenden, arbeiten wir daran, den
internationalen Drogenhandel zu unterbinden. Das gelingt nicht durch die Kriminalisierung
von Konsument*innen. Das gelingt nur durch einen rationalen Ansatz von Entkriminalisierung
und Kontrolle. Es ist Zeit, dass wir diese Fragen bei uns lösen, nicht diese Konflikte auf
dem Rücken von Menschen in anderen Teilen der Welt austragen.
3.7 Berlin bleibt in Bewegung – wir sind die Hauptstadt
des Sportes
Sport und Bewegung halten gesund, ermöglichen Gemeinschaft und stiften Freude. Wir wollen
allen Berliner*innen ermöglichen sich sportlich zu betätigen. Egal in welchem Alter, egal ob
organisiert und regelmäßig oder nur ab und zu, das Sportangebot in Berlin soll alle
Bedürfnisse abdecken. Dabei ist unsere Vision für die Hauptstadt des Sportes, dass Sport und
Bewegung selbstverständlich in allen Bereichen mitgedacht wird: sei es das Laufen im Park,
eine Runde Tischtennis im Hof, Bouldern an der Einkaufscenter-Fassade oder Kicken auf dem
Supermarkt-Dach. Dafür denken wir Sport und Bewegung auch in der Stadtplanung mit. Sport
verbindet auch über Grenzen hinweg. Berlin profitiert von internationalen
Sportveranstaltungen. Die weltweite Bekanntheit der Sportmetropole Berlin wollen wir
ausbauen.
Ehrenamtliche sind das Rückgrat der Vereine
Viele Berliner*innen sind in Sportvereinen aktiv. Sportvereine übernehmen vielfältige
Funktionen, sie ermöglichen Jung und Alt Bewegung in Gemeinschaft, sie unterstützen das
Zusammenwachsen unterschiedlicher Menschen und den Leistungssport. Das wäre ohne zahllose
Ehrenamtliche nicht möglich, die sich als Trainer*innen oder Vereinsvorstände engagieren.
Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von
Trainer*innen und Übungsleiter*innen. Deswegen haben wir die Finanzierung der Trainer*innen
und Übungsleiter*innen verbessert.ehrenamtlich aktiv. Sie übernehmen vielfältige, gesellschaftliche Aufgaben und sind unverzichtbar. Sie unterstützen das soziale und sportliche Miteinander im Breiten-, Feizeit- und Leistungssport als Trainer*innen, Schiedsrichter*innen oder im Vorstand. Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von Trainer*innen und Übungsleiter*innen. Deswegen haben wir die Finanzierung der Trainer*innen und Übungsleiter*innen verbessert. Uns ist wichtig ihre Leistung anzuerkennen und dafür Sorge zu tragen, dass kostenlose Fortbildung- und Seminarangebote, auch im Bereich des Kinderschutzes zur Verfügung stehen. Dies ist ein wichtiger Bestandteil, um zu gewährleisten, dass Sportvereine sichere Orte für Kinder und Jugendliche, frei von jeglichen Formen physischer, psychischer sowie sexualisierter Gewalt, sind. Deshalb halten wir den Erwerb des Kinderschutzsiegels für Vereine für notwendig.
Institutionalisierten und frei organisierten Sport gleichstellen
Gleichzeitig machen immer mehr Berliner*innen alleine oder in sich frei organisierenden
Gruppen Sport. Wir wollen den institutionalisierten und frei organisierten Sport
gleichstellen und allen Bürger*innen den Zugang zu Sportanlagen ermöglichen. Deswegen werden
wir das Sportfördergesetz und die Sportstättennutzungsverordnung so anpassen, dass die
Vergabe von Sportflächen auch an frei organisierte Sportgruppen ermöglicht wird. Der neu
gestaltete Olympia-Park in Charlottenburg-Wilmersdorf und der inklusive Friedrich-Ludwig-
Jahn-Sportpark in Pankow sollen Vorzeige-Projekte für das Nebeneinander von
institutionalisiertem und frei organisiertem Sport werden. Hierfür wollen wir den Friedrich-
Ludwig-Jahn-Sportpark modernisieren und zeigen, wie an einem historischen Ort in einer
Naturlandschaft neben dem ehemaligen Grenzstreifen eine inklusive Sportstätte für alle
Menschen entstehen kann.
Um einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu Sport und Bewegung zu ermöglichen, haben wir
das Programm „Sport im Park“ ins Leben gerufen, das in allen Berliner Bezirken kostenlose
Sportangebote ermöglicht. Egal ob Teamsport, Workout oder Balance, bei mehr als 100
Aktivitäten ist für jede*n was dabei. Dieses erfolgreiche Programm wollen wir auch in den
kommenden Jahren weiterführen.
Sportanlagen inklusiv und ökologisch
Als wir 2016 Regierungsverantwortung übernommen haben, waren die Sportanlagen in Berlin in
schlechtem Zustand. Mit dem Sportanlagensanierungsprogramm haben wir begonnen, Sportstätten
wieder in Schuss zu bringen. Es ist aber auch klar: Bei der Vielzahl an Anlagen wird die
Sanierung ein Marathon, kein Sprint. Für uns ist wichtig, dass die Sanierungen nach hohen
ökologischen Standards erfolgen müssen. Die Klimakrise erfordert, dass wir in allen
Lebensbereichen Ressourcen schonen. Deswegen haben wir in der Sportanlagennutzungsverordnung
auch Nachhaltigkeitskriterien verankert.
Berliner Sportanlagen müssen nicht nur ökologisch, sondern auch barrierefrei werden.
Multifunktionale und behindertengerechte Sportstätten versetzen alle Berliner*innen in die
Lage, sich sportlich zu betätigen, und leisten somit einen Beitrag zur Gesellschaft der
Vielen, die allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Auch für eine älter
werdende Gesellschaft ist es wichtig, barrierefreie Sportanlagen bereitzuhalten, damit in
jedem Alter Bewegung und Sport möglich ist.
Berlin wächst und damit auch der Bedarf an Sportstätten. Aus ökologischer Sicht ist es
geboten, vorhandene Sportanlagen besser auszulasten, bevor wir mit Neubauten Flächen
versiegeln. Wenn nicht bereits geschehen, können die Außengelände von beispielsweise Schulen
umfassender genutzt werden, indem sie nach Schulschluss für die Allgemeinheit geöffnet
werden. Wo nötig werden wir auch neue Sportanlagen bauen.
Bäder für die Berliner*innen – Schwimmen ist eine Überlebenstechnik und gut für die
Gesundheit
Jedes Kind in Berlin soll Schwimmen lernen. Wir können nicht hinnehmen, dass immer wieder
Menschen ertrinken, weil sie nicht schwimmen können. Deswegen muss Schwimmunterricht Teil
des Schulsportes sein. Wir wollen die Öffnungszeiten der Berliner Bäderbetriebe ausweiten,
damit alle Schulklassen die Möglichkeit zum Schwimmunterricht bekommen und sich die Nutzung
der Bäder besser verteilt. Darüber hinaus wollen wir prüfen, ob Kooperationsverträge mit
anderen Schwimmhallen, etwa in Hotels oder Fitnessstudios, abgeschlossen werden können, um
die vorhandenen Kapazitäten besser zu nutzen.
Wir wollen die Berliner Bäderbetriebe zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen
umstrukturieren, das sich an den Bedürfnissen der Bürger*innen orientiert. Die Preisstruktur
soll transparent sein und allen Berliner*innen die Nutzung der Schwimmbäder ermöglichen. Wir
haben in den letzten Jahren viel Geld für die Sanierung der Bäder bereitgestellt, aber wie
bei den Sportstätten ist auch bei den Bädern ein langer Atem nötig, bis alle Bäder wieder in
Schuss sind. Bei Um- und Neubauten achten wir darauf, dass sie barrierefrei und ökologisch
sind.
Wir fördern inklusive Sportangebote, die allen Menschen offenstehen, egal welche
körperlichen und psychischen Voraussetzungen, welche Herkunft, welches Geschlecht, welches
Alter, welchen sozialen und finanziellen Hintergrund oder welche sexuelle Orientierung und
sexuelle Identität der einzelne Mensch hat. Die Vielfalt aller Berliner*innen muss sich auch
in den Führungspositionen der Vereine und Sportverbände widerspiegeln.
Jetzt ganz konkret: Bündnisgrüne Projekte für die Zukunft Berlins
1. „Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ – Wohnen ist keine Ware
Wir sagen Verdrängung und Immobilienspekulation den Kampf an. Schon jetzt nutzen wir
Bündnisgrüne das Vorkaufsrecht wo immer möglich. Mit unserem „Masterplan 50 Prozent
Gemeinwohl“ sollen in 30 Jahren 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin in
gemeinwohlorientierter Hand sein. Um das Vorkaufsrecht effektiv nutzen zu können, treffen
wir die notwendige finanzielle Vorsorge für die landeseigenen Wohnungsunternehmen. Mit
Genossenschaften, Stiftungen oder Projekten wie dem Mietshäuser-Syndikat werden wir eine
Kooperationsvereinbarung abschließen.
2. Förderung, die ankommt – Armut von Familien und Kindern beenden
180.000 Kinder in Berlin leben in Familien, die auf Transferleistungen angewiesen sind. Die
Kinder- und Familienförderung des Bundes ist ein Chaos – die einzelnen Leistungen sind so
unübersichtlich, dass sie nicht bei den Familien und Kindern vor Ort ankommen. Solange das
Chaos an Familienleistungen auf Bundesebene nicht sortiert ist, lösen wir es in Berlin auf
und schaffen „Familienservicebüros“ in allen Bezirken. Nicht Eltern sollen für Kindergeld,
Elterngeld oder Wohnberechtigungsschein immer wieder Unterlagen einreichen müssen. Ein*e
Sachbearbeiter*in soll für jede Familie alle notwendigen Unterlagen bereitstellen und
verarbeiten. Auch unterschiedliche Leistungen aus Jugendamt und Sozialamt sollen
zusammenfließen: ein Ort, alle Leistungen.
3. Ein neues Landesamt für Unterbringung – jeder Mensch braucht ein Zuhause
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben –
egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung
verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen
zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt
für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem
neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln.
4. Pflege ist systemrelevant – Arbeitsbedingungen verbessern
Pflege ist systemrelevant, wir alle sind in Krankheitszeiten und im Alter darauf angewiesen.
Das muss sich auch in den Arbeitsbedingungen widerspiegeln. Körperlich anstrengende Arbeit,
Schichtsystem, Personalknappheit und geringe Bezahlung haben dazu geführt, dass viele
ausgebildete Pflegekräfte diesem Beruf den Rücken gekehrt haben. Wir wollen ausgestiegene
Fachkräfte in den Beruf zurückholen. Und wir wollen die Arbeitsbedingungen so verbessern,
dass auch eine Vollzeittätigkeit attraktiv wird – hin zu mehr Flexibilität und Mitsprache
bei den Dienstzeiten und einer deutlich besseren Vergütung ungünstiger Arbeitszeiten. Dazu
zählt auch eine angemessene Bezahlung bereits in der Ausbildung, angefangen von den
Ärzt*innen im Praktikum bis hin zu den Pflegekräften, gerade mit Blick auf die
Akademisierung der Pflegeausbildung.
5. Faire Ausbildungsbedingungen für Care-Berufe schaffen
In vielen Care-Berufen schrecken schon die Ausbildungsbedingungen ab. Wir wollen faire
Bedingungen für Auszubildende und Studierende in diesen Berufen schaffen – dazu zählt eine
angemessene Bezahlung bereits in der Ausbildung. Wir fordern zum Beispiel, dass Ärzt*innen
im praktischen Jahr an den Lehrkrankenhäusern der Charité bezahlt werden. Zusätzlich könnten
Landesstipendien für diese Engpassberufe vergeben werden.
Antragstext
Von Zeile 749 bis 751:
Zusammenwachsen unterschiedlicher Menschen und den Leistungssport. Das wäre ohne zahllose Ehrenamtliche nicht möglich, die sich als Trainer*innen oder Vereinsvorständeim Vereinsvorstand engagieren. Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von
3. Zusammenhalt sichern - niemand bleibt zurück
Berlin funktioniert nur zusammen. Wir haben viel vor mit dieser Stadt und klar ist, niemand
darf dabei zurückbleiben. Insbesondere Alleinerziehende, Kinder, ältere Menschen, prekär
Beschäftigte, Arbeitssuchende und Menschen mit Behinderung sind von Armut, Verdrängung und
Ausgrenzung bedroht. Familien und Freischaffende suchen vergebens nach bezahlbaren Wohn- und
Gewerberäumen. Wir kämpfen für ein Berlin, in dem alle teilhaben und ihren Platz finden.
Auch in der kommenden Legislaturperiode hat dies für uns höchste Priorität.
Wohnen ist keine Ware – 50 Prozent des Wohnraums gemeinwohlorientiert
Die Grundstückspreise und Mieten sind in den vergangenen 15 Jahren nach oben geschnellt,
auch weil hemmungslos mit dem spekuliert wird, was für Menschen das Zuhause ist. Wohnen ist
keine Ware, darum kämpfen wir für einen Wohnungsmarkt, auf dem in 30 Jahren 50 Prozent des
Wohnraums gemeinwohlorientiert sind. Dafür werden wir ein breites Bündnis schließen – von
den landeseigenen Wohnungsgesellschaften über Genossenschaften und Hausprojekte bis zu
Privatvermietenden, die sich wie die öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das Gemeinwohl
verpflichten. Die Bau-, Miet- und Wohnpolitik haben wir seit 2016 vom Kopf auf die Füße
gestellt – sowohl in der Landesregierung als auch in den Bezirken, in denen wir
Verantwortung tragen. Wir haben sozialen Wohnungsbau vorangetrieben, das Vorkaufsrecht
genutzt und mit dem Mietendeckel haben wir den Mut bewiesen, Menschen auch dann zu schützen,
wenn der Wind uns frontal ins Gesicht bläst. Diesen Weg wollen wir weitergehen: Wir bauen
das neue Berlin gemeinwohlorientiert und nachhaltig. Wir erwerben uns die Stadt Stück für
Stück zurück, um Gemeinwohlorientierung zum zentralen Merkmal des Berliner Mietenmarktes zu
machen, und regulieren gleichzeitig die Mieten weiter. Für uns ist klar: Der Mietendeckel
darf 2025 nicht ersatzlos enden.
Ein Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der Vergangenheit angehören
Seit 2016 haben wir auch bei der Bekämpfung von Armut wichtige Schritte geschafft. Das
kostenlose ÖPNV-Ticket für Schüler*innen, die beitragsfreie Kita, ein gesundes kostenloses
Essen mit hohem Bioanteil in den Grundschulen, all das sorgt dafür, dass Kinder aus
Familien, die weniger Geld haben, gleichberechtigter am Leben teilhaben können. Wir haben
den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und
Freischaffende eingezogen, wir haben Tariftreue bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen
garantiert und die Gehälter gerade der Beamt*innen angehoben, die kleinere Einkommen haben.
Sei das bei der Polizei, bei der Feuerwehr oder in der Verwaltung. Wir haben dafür gesorgt,
dass für Menschen, die Sozialleistungen beziehen, die Kosten der Unterkunft verlässlich
übernommen werden und Obdachlosigkeit so vermieden wird. Und wir haben damit begonnen, das
Dickicht an Sozialleistungen zu ordnen, damit Menschen Leistungen, die ihnen zustehen, auch
tatsächlich erhalten – gerade in den Bezirken sind wir an dieser Stelle Vorreiter. Der Weg
zu einem Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der Vergangenheit angehören, ist aber noch
weit. Wir setzen uns seit Jahren dafür ein, Familien- und Sozialleistungen auf Bundesebene
endlich neu zu sortieren, um das bestehende Chaos zu beenden. Solange das nicht passiert
ist, werden wir weiter in Berlin und in den Bezirken für Überblick sorgen. Dazu wollen wir
mit einem berlinweiten Sozialmanagement die besten Wege der Umsetzung aus allen Bezirken in
alle anderen Bezirke bringen und mit starken Netzwerken vor Ort im sozialen Umfeld
Unterstützung leisten.
Gute Gesundheitsversorgung und Pflege ist Daseinsvorsorge
Die Corona-Pandemie hat schonungslos die Lücken des Gesundheitssystems aufgezeigt: Statt in
gute Vorsorge zu investieren, wurde der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) über Jahrzehnte
kaputtgespart und Pandemiepläne sind in Schubladen verstaubt. Für uns gehören gute
Gesundheitsstrukturen zur Daseinsvorsorge und dürfen nicht der Profitmaximierung dienen.
Deswegen haben wir den ÖGD in den letzten Jahren besser ausgestattet und wir wollen diesen
Weg in den nächsten Jahren weitergehen. Wir wollen den ÖGD attraktiver machen und für mehr
Berufsgruppen öffnen sowie ihn befähigen, integrierte, im Kiez vernetzte Versorgungsangebote
zu entwickeln. Wir haben massiv Geld in die landeseigenen Krankenhäuser investiert. Wir
wollen allen Berliner*innen bestmögliche Versorgung ermöglichen und setzen uns nachhaltig
auch für eine gerechtere Verteilung der Angebote in den Bezirken ein – insbesondere auch bei
den niedergelassenen Fachärzt*innen. Neben einer besseren Verteilung wollen wir eine besser
vernetzte und aufeinander abgestimmte Angebotsvielfalt erreichen; dazu müssen wir das
Gemeinsame Landesgremium (§ 90 a SGB V) stärken und erweitern.
Für uns ist klar: Gesundheit wird nicht primär von der Gesundheitspolitik gemacht, sondern
jeder einzelne Politikbereich hat Einfluss auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die
Lebensqualität der Berliner*innen, sei es bei der Verkehrswende, im Bildungsbereich, in der
Sozialpolitik oder in der Stadtentwicklung. Dabei ist die gesundheitliche Chancengleichheit
unser Ziel. Wir wollen erreichen, dass alle Berliner*innen, unabhängig vom Geldbeutel, die
gleichen gesundheitsfördernden Lebensbedingungen haben. Gesundheit bedeutet für uns
körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden mit Teilhabe und Selbstbestimmung.
Zu guter Gesundheitsversorgung gehört gute Pflege im Krankenhaus, in der ambulanten Pflege,
in stationären Einrichtungen sowie zuhause. Es darf nicht sein, dass Pflegekräfte zu
schlechten Bedingungen mit viel zu vielen Patient*innen ihren Dienst tun. Darum haben wir
gemeinsam mit dem Berliner Bündnis für Pflege in den vergangenen Jahren intensiv an
Verbesserungen gearbeitet. Wir unterstützen die Ziele des Volksentscheids „Gesunde
Krankenhäuser“ und möchten in den kommenden Jahren mit verbindlichen Personalschlüsseln die
Arbeitsbedingungen substantiell verbessern. Wir wollen eine Vielzahl von Pflege- und
Wohnformen im Alter fördern, um Menschen, solange es geht, ein selbstbestimmtes Leben zu
ermöglichen. Um pflegende Angehörige besser zu unterstützen, setzen wir uns auf Bundesebene
für die Einführung eines Familienpflegegeldes, ähnlich des Elterngeldes, ein.
Im Bund wollen wir uns außerdem für eine umfassende Reform der Pflegeversicherung sowie der
grünen Bürger*innenversicherung einsetzen, um mehr Gerechtigkeit und Solidarität in der
Versorgung herzustellen.
Wir haben in Berlin bereits erfolgreich die Beihilferegelungen für Beamt*innen verändert, so
dass ihr Weg in die gesetzliche Krankenversicherung erleichtert wird. Das wollen wir
bundesweit umsetzen.
Barrieren abbauen, Teilhabe ermöglichen
Ältere Menschen sind noch lange fit und wollen aktiver Teil der Gesellschaft bleiben. Am
besten ermöglichen wir das, indem wir Hürden im Alltag abbauen. Auch für Menschen mit
Behinderung oder Familien mit kleinen Kindern ist es wichtig, dass die Stadt barrierefrei
ist. Das gilt in U- und S-Bahnhöfen genauso wie in Verwaltungsgebäuden. Deswegen machen wir
uns stark für die Absenkung von Bordsteinkanten, längere Ampelschaltungen, eine
barrierefreie Darstellung von Websites oder die Übersetzung von Veranstaltungen in
Gebärdensprache. Wir wollen, dass alle Kinder, ob mit oder ohne Behinderung,
gleichberechtigt in der Schule teilhaben und alle Erwachsenen die Chance bekommen, Teil des
ersten Arbeitsmarktes zu werden.
Unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft. Dafür werden wir immer wieder Wege für Menschen
zur Teilhabe öffnen, gehen entschieden gegen Verdrängung vor, bekämpfen Armut, sorgen dafür,
dass alle Zugang zu bester Grundversorgung haben und bauen Hürden im Alltag ab. Berlin
gelingt nur gemeinsam. Zusammen mit den Initiativen und Verbänden unterstützen wir daher das
Berliner Behindertenparlament.
3.1 Bauen, Mieten, Wohnen: klimagerecht und sozial
Wir haben 2016 den Politikwechsel in Berlins Bau-, Mieten- und Wohnpolitik eingeläutet, um
der astronomischen Steigerung von Miet- und Grundstückspreisen Einhalt zu gebieten. Unser
Ziel war und ist, den Berliner Wohnungsmarkt gemeinwohlorientiert zu gestalten. Mit unserem
„Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ sollen in 30 Jahren 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin
in gemeinwohlorientierter Hand sein. Unter Gemeinwohl verstehen wir die landeseigenen
Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften, Träger sozialer Einrichtungen und Hausprojekte
sowie Privatvermietenden, die sich wie die öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das
Gemeinwohl verpflichten. Wir schließen dabei auch Bündnisse mit den Menschen, die ihr
Wohnschicksal in die eigenen Hände nehmen, wie beispielsweise Baugruppen, wenn sie sich
sozialen und ökologischen Kriterien verpflichtet fühlen.
In den vergangenen Jahren haben wir den Neubau stärker auf Gemeinwohl ausgerichtet,
gleichzeitig hat der Mietendeckel Ruhe in den überhitzten Markt gebracht und zu stabilen
Mietpreisen geführt. Damit haben wir juristisches Neuland betreten und sind stolz darauf,
dass wir Wucher stoppen konnten, trotz heftigen Gegenwindes. In den kommenden Jahren
streiten wir weiter für einen gemeinwohlorientierten und sozialen Wohnungsmarkt für Berlin.
Dazu gehört für uns auch die Verbindung mit dem Klimaschutz: Berlins Gebäude stoßen 40
Prozent des CO2 in der Stadt aus, also sind energetische Modernisierung und die Bauwende
eine zentrale Zukunftsaufgabe, um Berlin auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Wir verwirklichen
soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz und spielen sie nicht gegeneinander aus.
Das neue Berlin bauen – gemeinwohlorientiert und nachhaltig, sozial und ökologisch
Unser Ziel sind Kieze, in denen neben Wohnen auch Gewerbe, Kultur und Erholung Platz hat.
Zudem arbeiten wir für eine bunte Mischung von Eigentümer*innen – von Genossenschaften über
landeseigene Wohnungsbaugesellschaften bis zu Baugruppen und auch kleinen privaten
Besitzer*innen. Klar ist: Berlin braucht mehr Wohnungen. Wir wollen, dass in Berlin jährlich
20.000 Wohnungen neu gebaut werden, natürlich klimaneutral und mindestens die Hälfte
sozialverträglich. Neubauten im Hochpreissegment müssen möglichst vermieden werden, weil das
weite Teile der Bevölkerung ausschließt. Zur Förderung des Neubaus wollen wir einen
dauerhaften Fonds auflegen, der Gelder bereitstellt und in den Rückzahlungen aus Darlehen
direkt zurückfließen. Damit wird eine dauerhafte Finanzierung von Neubauten ermöglicht. Wir
wollen die Förderung pro Wohnung erhöhen und so ausgestalten, dass eine besonders hohe
Förderung in dauerhaft gemeinwohlgebundene und möglichst CO2-neutrale errichtete Wohnungen
fließt. Die Genossenschaftsförderung für Neubauten wollen wir deutlich erhöhen und weiter
öffnen, zum Beispiel auch für Projekte wie das Mietshäuser-Syndikat.
Auch für den Klimaschutz ist es höchste Zeit, die Bauwende einzuläuten. Mit ökologischen
Dämm- und Baustoffen, wie Hanf, Stroh, Holz, Lehm, Naturstein oder Recyclingbeton, wollen
wir klimafreundliche Neubauten und Modernisierungen auf die Straße bringen. Bei
energetischen Modernisierungen setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, die
Modernisierungsumlage in ihrer jetzigen Form abzuschaffen und durch ein neues faires System
zu ersetzen. Die Kosten müssen im Vorfeld transparent sein und wenn der Umbau bezahlt ist,
muss auch die Umlage enden. Die Kosten für die energetische Modernisierung wollen wir
zwischen Vermieter*innen, Mieter*innen und dem Staat in einem Drittelmodell fair verteilen.
Durch eine energetische Sanierung schützen Vermieter*innen die Bausubstanz ihrer Immobilien
und profitieren vom Werterhalt. Unser Ziel ist es, dass die höhere Kaltmiete durch niedrige
Energiekosten aufgewogen wird, so dass die Warmmiete nicht steigt. Die öffentliche Hand
leistet mit der Übernahme eines weiteren Drittels einen wichtigen Beitrag, um Berlin auf den
1,5-Grad-Pfad zu bringen.
Wir wollen Eigentümer*innen gesetzlich verpflichten, bis 2024 Fahrpläne für eine
mieter*innen- und klimafreundliche, energetische Modernisierung ihrer Häuser vorzulegen.
Dabei bieten wir eine intensive Unterstützung und Begleitung durch die
Bauinformationszentren des Landes Berlin an. (Zu Fragen der Stadtentwicklung und des
ökologischen Bauens vgl. das Kapitel 2.3.)
Um möglichst viele Baugrundstücke für gemeinwohlorientiertes Wohnen zu gewinnen, wollen wir
aktiv ankaufen und Mittel wie Vorkaufsrechtssatzungen, Baugebote und Entwicklungsmaßnahmen
nutzen. Um unsere gemeinwohlorientierten Ziele zu erreichen, wollen wir auch das Berliner
Modell der kooperativen Baulandentwicklung so weiterentwickeln, dass mindestens 50 Prozent
der Wohnungen im Neubau dauerhaft gemeinwohlgebunden sind. Darüber hinaus wollen wir auch
alle weiteren Möglichkeiten nutzen, um Baurecht an die dauerhafte ökologische und
Gemeinwohlbindung mindestens eines Anteils des Neubaus zu knüpfen.
Den Wohnungsmarkt regulieren – bezahlbare Mieten sichern
Mit dem Mietendeckel, dem Milieuschutz, der Verschärfung des Zweckentfremdungsverbotes und
der Reform des Wohnungsaufsichtsgesetzes sind wir in Berlin wichtige Schritte gegangen, um
Wohnen bezahlbar zu halten. Entscheidend ist nun, die Bezirke noch besser in die Lage zu
versetzen, die Gesetze auch effektiv umzusetzen. Darüber hinaus prüfen wir die Schaffung
eines Landesamtes für Wohnungswesen, das vor allem die Umsetzung des Mietendeckels
sicherstellen soll. Um mehr Transparenz auf dem Immobilienmarkt zu schaffen, haben wir ein
Berliner Miet- und Wohnungskataster eingeführt und werden es mit Leben füllen.
Die Wirkung des Mietendeckels ist bis 2025 begrenzt. Bis dahin braucht es auf Bundesebene
eine Reform des Mietrechts, damit die Mehrheit der Mieter*innen nicht mehr als 30 Prozent
ihres Nettoeinkommens für Wohnen aufbringen müssen. Sollte das nicht gelingen, werden wir
auch im Anschluss an den aktuellen Mietendeckel alle Maßnahmen ergreifen, um den
Mietenanstieg in der Stadt auch zukünftig zu begrenzen. Dazu werden wir alle Möglichkeiten
nutzen und ein Mietenkataster aufbauen. Ein solches Kataster kann Grundlage für ein
Wohnraumbewirtschaftungsgesetz sein. Ziel ist, in Berlin dauerhaft bezahlbare Mieten zu
sichern und ebenfalls sicherzustellen, dass Gewerbe und Immobilienkaufpreise nicht durch die
Decke gehen.
Bei Wohnungen in öffentlicher Hand haben wir hohe Ansprüche an die Gemeinwohlorientierung.
Darum entwickeln wir das Wohnraumversorgungsgesetz und die Kooperationsvereinbarung mit den
städtischen Wohnungsunternehmen weiter zu einem Wohnungsgemeinwohlgesetz. Der öffentliche
Wohnungssektor stellt sicher, dass auch Menschen mit geringem Einkommen die Miete zahlen
können. Das wollen wir weiterhin gesetzlich sicherstellen. Beim landeseigenen Berlinovo-
Konzern fordern wir eine tiefgreifende Strukturreform hin zu mehr Transparenz und
Gemeinwohl.
Eigentum verpflichtet, und das muss sich auch in der Besteuerung niederschlagen. Höherer
Wert heißt höhere Steuerzahlung. Angesichts der komplexen Umsetzungsfragen wollen wir mit
einer Machbarkeitsstudie prüfen, ob eine Umwandlung zu einer Bodenwertsteuer sinnvoll und
durchführbar ist. Zusätzlich wollen wir die Grunderwerbsteuer progressiv ausgestalten. Sie
soll deutlich höher ausfallen als bislang für Transaktionen mit vielen Wohneinheiten und
niedriger als heute für Einzelkäufe.
Das Recht auf Umwandlung von bestehenden Mietshäusern in einzelne Eigentumswohnungen ist ein
wesentlicher Treiber der Immobilienspekulation. Wir wollen, dass der Bund den Ländern durch
die Änderung des Baugesetzbuches ermöglicht, die Umwandlung von Miets- in Eigentumswohnungen
konsequent zu unterbinden und den Erwerb von Wohneigentum auf Neubauinvestitionen zu
begrenzen. Sollte der Bund auch hier nicht handeln, werden wir prüfen, inwieweit wir, analog
zum Mietendeckel, auch als Land Berlin diesbezüglich tätig werden können.
Die Stadt zurückerwerben
Um Verdrängung und Immobilienspekulation zu stoppen und bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen,
streben wir in den nächsten 30 Jahren einen Berliner Wohnungsmarkt an, der zu 50 Prozent
gemeinwohlorientiert ist. Gemeinwohlorientiert sind für uns Eigentumsformen, die nicht auf
puren Profit und Spekulation ausgerichtet sind – wie zum Beispiel Genossenschaften,
Baugruppen, Berlins Wohnungsgesellschaften und Privatvermietende, die sich wie die
öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das Gemeinwohl verpflichten.
Wir haben in den Bezirken schlummernde Instrumente der Gesetzgebung aus der Mottenkiste
geholt: Mit dem Vorkaufsrecht verpflichten wir Käufer*innen mit Abwendungsvereinbarungen
dazu, ihrer Sozialpflichtigkeit nachzukommen, oder veranlassen den Aufkauf der fraglichen
Wohngebäude durch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft. Mit einer deutlichen
Erweiterung von Milieuschutzgebieten wollen wir diese Intervention zugunsten der betroffenen
Mieter*innen zukünftig auch stadtweit ermöglichen. Mit Genossenschaften, Stiftungen oder
Projekten wie dem Mietshäuser-Syndikat werden wir eine Kooperationsvereinbarung schließen.
Um die Gewerbevielfalt und den kleinteiligen Einzelhandel in den Kiezen zu erhalten und zu
fördern, eröffnen wir landeseigene Gewerbehöfe und planen weitere. Wir drängen außerdem auf
Bundesebene dafür, einen rechtlich bindenden Gewerbemietspiegel und einen fairen
Kündigungsschutz einzuführen. Den Milieuschutz wollen wir auch für Gewerbemieter*innen
einführen und die landeseigenen Wohnungsunternehmen sollen Gewerberäume kostengünstig
anbieten, um vor Ort den Gewerbearten Räume anzubieten, die darauf besonders angewiesen
sind.
Der Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ ist ein Weckruf an die Politik, dass
dem im Grundgesetz festgeschriebenen Leitsatz „Eigentum verpflichtet“ auch im Bereich Wohnen
und Boden Geltung verschafft werden muss. Wir unterstützen die Ziele des Volksbegehrens.
Zentral dabei ist, die Mieter*innen zu schützen, Spekulationen Einhalt zu gebieten und den
gemeinwohlorientierten Wohnungsbestand zu erhöhen.
Wir wollen, dass der Staat wieder auf Augenhöhe mit Wohnungsunternehmen verhandeln und
agieren kann. Wir würden uns wünschen, dass die Umstände uns nicht zwingen, die
Vergesellschaftung als letztes Mittel anzuwenden, um den verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen
zu können. Wenn Wohnungsunternehmen sich jedoch weigern, ihrer sozialen Verantwortung
nachzukommen, wird die öffentliche Hand, auch durch ein Volksbegehren gestützt, diesen
Schritt gehen. Wenn es um die Durchsetzung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums geht,
müssen qualitative Kriterien zur Bewertung kommen, die Diskussion um rein quantitative
Obergrenzen sehen wir kritisch.
Aktive, transparente und faire Bodenpolitik
Doch es geht uns nicht nur um die Häuser: Wir wollen auch einen transparenten Umgang mit
öffentlichen Liegenschaften und eine aktive Bodenpolitik. Dazu werden wir ein transparentes
Flächenmanagement mit Hilfe eines öffentlichen Liegenschaftskatasters einführen. Seinen
Boden soll Berlin behalten, Bodenvermögen konsequent vermehren und eine
Erbbaurechtsstrategie implementieren. Landeseigene Grundstücke werden nicht mehr
privatisiert. Das wollen wir in einem Bodensicherungsgesetz festschreiben.
Die strategische Ankaufspolitik, die mit der grünen Regierungsbeteiligung begonnen hat,
wollen wir fortsetzen. Diese Politik soll mithilfe der neu gegründeten Landesgesellschaft
„Berliner Bodenfonds“ ausgeweitet werden Darüber hinaus wollen wir die Gründung einer
genossenschaftlichen Ankaufagentur unterstützen und die bürger*innenschaftliche und
gemeinwohlorientierte Stadtbodenstiftung nach dem Vorbild von Community Land Trusts stärken.
Ein zentrales Problem beim Ankauf von Grundstücken und bei der Ausübung des Vorkaufsrechts
sind die explodierten Bodenpreise, aus denen sich der Verkehrswert einer Immobilie
berechnet. Hier werden wir im Bundesrat für eine Neuregelung im Bundesbaugesetzbuch kämpfen.
Wir wollen, dass der nachhaltige Ertrag einer Immobilie genutzt wird, um den Verkehrswert zu
ermitteln, und nicht die höchstmögliche Verwertung zählt.
3.2 Armut bekämpfen, Sicherheit geben und Perspektiven
schaffen
Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung ist Berlin noch immer eine Stadt, in der viele
Menschen von Armut betroffen oder bedroht sind. Armut kann jede*n treffen. Besonders
gefährdet sind ältere Menschen, Alleinerziehende, Menschen, die Arbeit suchen, oder Menschen
mit geringen oder plötzlich gar keinen Einkommen. Wir wollen ihnen soziale Sicherheit
garantieren und ihnen eine Perspektive geben. Um das zu erreichen, bedarf es eines
grundsätzlichen Umdenkens. Auf Bundesebene streiten wir für Garantiesicherungen in allen
Lebenslagen – für eine Kindergrundsicherung, eine Garantierente, die Überwindung des Hartz-
IV-Systems samt Abschaffung aller Sanktionen und einen deutlichen höheren ALG-II-Regelsatz.
Bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben haben wir in Berlin bereits wichtige Weichen neu
gestellt. Die Ausführungsvorschriften zur Übernahme von Kosten der Unterkunft haben wir so
verändert, dass Menschen ihre Wohnung nicht mehr verlieren, weil sie teurer wird.
Zehntausende Mieter*innen können so wieder ohne Angst vor Obdachlosigkeit leben. Und um
Menschen in Arbeit vor Armut zu schützen, haben wir den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro
angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und Freischaffende eingezogen. In all
diesen Feldern werden wir unseren Weg konsequent weitergehen.
Familien- und Kinderarmut bekämpfen
Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Familienarmut überwinden. Dabei geht es uns nicht nur
um die etwa 180.000 Kinder in Berlin, deren Eltern auf Transferleistungen angewiesen sind.
Wir kümmern uns um alle Kinder, die sozial, kulturell oder finanziell benachteiligt sind.
Seit wir 2016 Verantwortung übernommen haben, ist viel passiert. Von kostenfreier Kita- und
Hortbetreuung, dem kostenfreien Schulessen in der Grundschule oder dem kostenfreien ÖPNV-
Ticket für Schüler*innen profitieren insbesondere von Armut betroffene und bedrohte
Familien. Doch um diesen Familien nachhaltig zu helfen, müssen wir noch mehr tun. Deshalb
wollen wir die Familienpolitik auf Bundesebene vom Kopf auf die Füße stellen. Die ungerechte
Dreiklassenförderung von Freibeträgen, Kindergeld und Kinderregelsatz wollen wir mit einer
Kindergrundsicherung völlig neu und gerecht gestalten.
Doch auch in Berlin setzen wir vor Ort an: Um Familien und Kinder in allen Lebenslagen zu
erreichen, brauchen wir ein Netzwerk gegen Kinderarmut. Mit der Arbeit der „Landeskommission
zur Prävention von Kinder- und Familienarmut“, der Landesarmutskonferenz, des
Familienbeirates oder der LIGA sind Grundlagen erarbeitet worden. Jetzt geht es an die
Umsetzung. Wir wollen einen zentralen Informationsatlas mit allen Einrichtungen erstellen,
von den Tafeln über die Familienzentren bis zu Jugendfreizeiteinrichtungen. Das Netzwerk
soll so leistungsstark werden, dass der erste Schritt der Beratung auch der letzte ist, da
ein abgestimmtes Verfahren zur Unterstützung folgt. Prävention statt nachträgliches
Ausbügeln ist das Ziel. Starke Netzwerke brauchen starke Akteur*innen. Darum haben wir in
den vergangenen Jahren begonnen, gute Projekte auf Landesebene finanziell abzusichern. Die
Stadtteilmütter sind raus aus der unsicheren Projektförderung und sind mit festen Stellen in
den Bezirken gesichert. Gleiches gilt für die Babylots*innen, die Familien schon um die
Geburt eines Kindes betreuen. Es ist gelungen, die Arbeit der Lots*innen auf allen
Geburtsstationen in Berlin auszuweiten. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Familien in schwierigen Situationen brauchen besondere Unterstützung. Darum haben wir uns in
den vergangenen Haushaltsverhandlungen für ein „Flexibudget“ für die Bezirke eingesetzt.
Dies wollen wir nach der Wahl in allen Bezirken umsetzen. Die Sozialarbeiter*innen vor Ort
sollen die Möglichkeit bekommen, unkompliziert eine Familientherapie oder Jugendsozialarbeit
zu finanzieren, gerade dann, wenn Familien und Kinder zwischen den Paragraphen verloren zu
gehen drohen. Prävention stärken wir darüber hinaus, indem wir in den Familienbüros, die wir
etablieren wollen, nicht nur Leistungen der Ämter einfacher zugänglich machen, sondern die
Familienbüros auch mit Sozialarbeiter*innen ausstatten, die Eltern schnell und
unbürokratisch beraten können.
In einem Modellprojekt haben wir in den vergangenen Jahren im Bezirk Mitte eine besonders
intensive Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“, in denen kein Elternteil arbeitet,
getestet. Durch die Betreuung in einem eigenen Team ist es gelungen, mehr als 200 Personen
in Arbeit zu bringen. Ein Erfolg, den wir fortsetzen und auch in anderen Bezirken
wiederholen wollen.
Das Dickicht der Sozialbürokratie lichten – Hilfe auf Augenhöhe organisieren
Ein zentraler Hebel im Kampf gegen Armut ist, das Dickicht der Sozialleistungen so zu
ordnen, dass Menschen nicht länger im Unterholz der Sozialbürokratie verloren gehen.
Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration, psychosoziale Betreuung, Schuldner- und Suchtberatung
oder Kinder- und Familienbetreuung sollen überall Hand in Hand gehen, innovative Ansätze aus
einzelnen Jobcentern sollen auf alle anderen übertragen werden. Die Rädchen müssen vor Ort
ineinandergreifen. Damit Menschen genau die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Dafür
müssen die besten Modelle aus allen Bezirken zusammengetragen und Vorbild für die ganze
Stadt werden. In den Berliner Jobcentern wird sehr kreativ an Lösungen für jeden Einzelfall
gearbeitet. In Lichtenberg werden Menschen zusätzlich psychologisch betreut. In Mitte war
ein Projekt zur Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“ erfolgreich. In Neukölln
haben wir ein Präventionsteam aufgebaut, um Obdachlosigkeit zu vermeiden und Wege aus der
Krise zu zeigen. Wir wollen diese Ansätze bündeln und mit allen Bezirksämtern und der
Senatsverwaltung für Soziales eine landesweite Koordinierung etablieren. Für uns ist klar,
dass Betroffene in die Entwicklung der Angebote einbezogen werden müssen.
Orientierung am Sozialraum der Menschen
Auch die Arbeit der sozialen Träger wollen wir um die Bedürfnisse von Menschen organisieren
– nicht entlang bürokratischer Logiken. Die in der Jugendhilfe begonnene
„Sozialraumorientierung“ ist ein guter Schritt in diese Richtung. Mit der Verankerung im
Familienfördergesetz weiten wir diese Systematik auf andere Bereiche aus. In ganz Berlin
sollen lebensweltlich orientierte Räume definiert und Fachkonzepte der Zusammenarbeit
erarbeitet werden. Wir wollen Kiez-Teams aufbauen, die bei Meldungen Familien und
Einzelpersonen aufsuchen und Unterstützung leisten. Dabei sollen „Frühe Hilfen“,
Babylots*innen, die Stadtteilmütter, Sozialarbeiter*innen in Jugendeinrichtungen, die
Jobcenter oder die Schuldnerberatung eng miteinander kooperieren. Bei den sogenannten „67er-
Hilfen“ in der Sozialhilfe, also Leistungen zur Überwindung von sozialen Schwierigkeiten,
wollen wir eine einheitliche Anwendung in den Bezirken erreichen. Parallel soll die
Qualitätssicherung systematisiert und in ganz Berlin strukturiert werden, um Flexibilität
und hohe Qualität zu verbinden.
Armuts- und Sozialberichterstattung neu ordnen
Grundlage einer ressortübergreifenden Strategie muss eine integrierte Armuts-, Sozial- und
Gesundheitsberichterstattung sein. In Berlin gibt es ein umfassendes Berichtswesen zu einer
Vielzahl relevanter Themen: die Gesundheits- und Sozialberichterstattung, die
Umweltgerechtigkeitskarte, den Umweltatlas, Lärmkarten, die Obdachlosenzählung und vieles
mehr. Wir wollen den Wildwuchs an Analysen und Berichten systematisieren und zusammenführen.
So können wir noch besser als bisher gegenseitige Abhängigkeiten identifizieren und in die
politische Steuerung einfließen lassen. Das gilt auch für die Erfassung der Lage von
Obdachlosen. Die bundesweit erste systematische Obdachlosenzählung im Februar 2020 war ein
wichtiger, wenn auch methodisch stark verbesserungswürdiger Schritt. Nun muss eine
Professionalisierung folgen, um Angebote noch gezielter ausbauen zu können.
Das Konzept „Housing First“ ausbauen
Es ist in der Regel ein Bündel an Problemlagen, das in die Obdachlosigkeit führt. Um die
nötige Ruhe zu haben, das Bündel aufzuschnüren und zu lösen, braucht es einen geschützten
Raum, ein Dach über dem Kopf. Deswegen vermitteln Projekte mit dem Ansatz „Housing First“
Menschen als Allererstes in neue Wohnungen – mit dauerhaftem Mietvertrag – und begleiten sie
dann auf ihrem weiteren Weg. Dieses Konzept ist erfolgreich und deswegen wollen wir die
Rahmenbedingungen verbessern: Sozialen Trägern und kleinen gemeinwohlorientierten Projekten,
die für die spezifischen Gruppen selbst bauen wollen, soll es möglich sein, Bürgschaften
auch über die Stadt zu erhalten. Vorbild ist das sogenannte Generalmietermodell der Degewo
mit sozialen Trägern in Mitte, das wir landesweit durch alle landeseigenen
Wohnungsunternehmen etablieren wollen. Um das Konzept in größerem Umfang umsetzen zu können,
wollen wir Wohnungen auf Basis des Mietendeckels anmieten, um sie, begleitet von sozialer
und psychologischer Betreuung, Obdachlosen zur Verfügung zu stellen. Dabei stehen besonders
verletzliche Gruppen wie Frauen, Alleinerziehende, Minderjährige oder Menschen mit
Behinderung und Obdachlose mit hohem Alter im Mittelpunkt.
Besonders kompliziert ist die Unterstützung von EU-Bürger*innen, wenn sie keine Ansprüche
auf Sozialleistungen haben. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, Leistungsausschlüsse
abzuschaffen. In Berlin wollen wir eine Clearing-Stelle einrichten, die zentral die
Möglichkeiten prüft und, wenn nötig, Menschen auf Basis des Allgemeinen Sicherheits- und
Ordnungsgesetzes unterbringt.
Die letzte Haltelinie sind Notunterkünfte. Die Zahl der Plätze konnten wir in den
vergangenen Jahren deutlich ausbauen. Künftig wollen wir, dass mindestens 600 Plätze
ganzjährig zur Verfügung stehen. In der kalten Jahreszeit sollen im Rahmen der Kältehilfe
deutlich über 1.000 Plätze vorgehalten werden. Alle Plätze sollen stets mit
Beratungsangeboten verbunden sein: Jede Übernachtung in einer Notunterkunft soll eine Chance
auf einen Weg aus der Obdachlosigkeit bieten und neue Möglichkeiten aufzeigen.
Ein neues Landesamt für Unterbringung
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben –
egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung
verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen
zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt
für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem
neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln.
3.3 Gesundheit ganzheitlich denken
Gesundheitsversorgung ist öffentliche Daseinsvorsorge – das hätte nicht drastischer deutlich
werden können als in der Corona-Pandemie. Vorsorge zu treffen heißt immer in gute Strukturen
zu investieren, in der Hoffnung, dass sie nie gebraucht werden. Gesundheitsversorgung darf
nicht zur Profitmaximierung dienen, sondern muss sich am Wohl der Menschen orientieren.
Dabei geht es uns nicht nur um die Abwesenheit von Krankheit oder individuelles
Gesundheitsverhalten. Es geht um gesunde Lebensbedingungen, um körperliches, psychisches und
soziales Wohlbefinden, Selbstbestimmung und Teilhabe.
Wir haben viel für eine gute Versorgung für die Berliner*innen getan. Gerade in der Corona-
Pandemie war dies eine Herausforderung. Wir haben Kapazitäten aufgestockt, Personal in den
Gesundheitsämtern aufgebaut und für den Notfall ein Corona-Behandlungszentrum geschaffen.
Die Arbeit für gute Gesundheitsversorgung haben wir aber weit vor der Pandemie begonnen. Die
Investitionen in die Krankenhäuser haben wir auf den Bundesschnitt angehoben und dafür
gesorgt, dass Babylots*innen in allen Geburtsstationen der Berliner Krankenhäuser Eltern
beraten und begleiten. Wir haben dafür gesorgt, dass das Essen im Krankenhaus besser und
gesünder wird. Wir haben Stationsküchen finanziert und setzen auf regionale, saisonale und
nachhaltige Ernährung im Krankenhaus – am Bett und in der Kantine. Wir haben erreicht, dass
alle Berliner*innen Zugang zur gesundheitlichen Versorgung erhalten. Wir unterstützen
Menschen ohne Krankenversicherung dabei, sich zu versichern. Durch unseren Einsatz können
sich endlich auch Menschen ohne gültigen Aufenthaltstitel mit einem anonymen Krankenschein
behandeln lassen. Damit ist Berlin das einzige Bundesland, in dem der Zugang zur
hausärztlichen Versorgung so umfassend möglich ist. Der neue und bislang einzigartige
Checkpoint BLN am Hermannplatz bietet unter einem Dach niedrigschwellig Beratung, Prävention
(u. a. HIV-PrEP), Tests und Behandlung rund um die sexuelle Gesundheit, insbesondere zu
HIV/AIDS.
Den öffentlichen Gesundheitsdienst und das Gesundheitssystem krisenfest machen
Trotz dieser wichtigen Schritte bleibt vieles zu tun. Ein zentraler Baustein ist der
öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD). Über Jahrzehnte wurde der ÖGD kaputtgespart. In der
Corona-Pandemie wurde allen deutlich, dass sich Sparen an dieser Stelle rächt. Wir brauchen
einen starken ÖGD und wollen ihn darum mit den nötigen Kompetenzen und Ressourcen
ausstatten, um eine lokale, sozialraumorientierte Vernetzung voranzutreiben. Der ÖGD soll
die Kompetenz erhalten, integrierte Versorgungsangebote zu entwickeln. Daher werden wir
systematisch auch neuere Berufsgruppen wie Public-Health-Absolvent*innen, Epidemiolog*innen
oder Gesundheitswissenschaftler*innen in den ÖGD einbeziehen. Und wir setzen uns dafür ein,
dass Famulaturen im Medizinstudium sowie das praktische Jahr auch in den Gesundheitsämtern
absolviert werden können. Wir wollen den Beruf der*des Amtsärzt*in attraktiver machen und
die Voraussetzungen schaffen, dass die gesamte Ausbildung zur Fachärzt*in für den
öffentlichen Gesundheitsdienst auch in Berlin absolviert und finanziert werden kann. Mit
neuer Soft- und Hardware befähigen wir den ÖGD, die vielfältigen Aufgaben zu erledigen. Um
vor Ort erfolgreich aktiv sein zu können, wollen wir erreichen, dass der ÖGD die Vielfalt
unserer Gesellschaft widerspiegelt.
Gesundheits- und Pflegeberufe attraktiver machen und in die Infrastruktur investieren
Therapeut*innen und Ärzt*innen, Pflegepersonal, Psycholog*innen und die Mitarbeiter*innen in
den Gesundheitsämtern – es gibt viele Berufsgruppen, die für gute gesundheitliche Versorgung
wichtig sind. Wir wollen die noch nicht organisierten Gesundheits- und Pflegeberufe bei
ihren jeweiligen Professionalisierungsprozessen unterstützen, wenn möglich und gewollt auch
in Berufskammern. Damit auch zukünftig genügend Nachwuchs in diesen Berufen zur Verfügung
steht, werden wir die Arbeitsbedingungen verbessern, zum Beispiel mit festen
Personalschlüsseln und einer Senkung der Arbeitsstunden. Auch die Ausbildung muss
attraktiver werden, etwa indem wir ermöglichen, alle Ausbildungs- und Studiengänge auch in
Teilzeit zu absolvieren.
Trotz deutlicher Anhebung der Investitionen in die Berliner Krankenhäuser bleibt hoher
Investitionsbedarf. Wir werden die Investitionen weiter anheben, nicht nur, um den Status
quo zu halten, sondern auch, um Zukunftsprojekte wie die Digitalisierung der
Gesundheitsversorgung voranzubringen.
Integrierte Gesundheitszentren vor Ort schaffen
Gesundheit wird von vielen Faktoren beeinflusst, neben der physischen und der psychischen
Verfassung spielen auch die Wohnbedingungen, der Beruf und die soziale Lage eine wesentliche
Rolle. In unserem aktuellen Gesundheitssystem gibt es für alles Spezialist*innen – aber viel
zu selten werden die verschiedenen Bedingungen und die unterschiedlichen Fachdisziplinen
zusammengebracht. Das Gesundheitskollektiv (GeKo) im Rollbergkiez macht es anders: Hier
arbeiten verschiedene Berufsgruppen zusammen und treten gemeinsam mit den Menschen im Kiez
für die Gestaltung gesundheitsförderlicher Lebenswelten ein. Behandlungen erfolgen
disziplinübergreifend und auf Augenhöhe mit den Behandelten. Die Bedürfnisse der
Anwohner*innen im Kiez werden einbezogen, gleichzeitig unterliegt das Projekt regelmäßiger
Evaluation. Wir wollen nach dem Vorbild des GeKos mehr integrierte, lokale und
interprofessionelle Gesundheitszentren schaffen.
Gesundheit in allen Politikbereichen mitdenken
Gesundheit ganzheitlich zu denken heißt, Gesundheitspolitik in allen Politikfeldern zu
verankern. Wir folgen dem „Health in All Policies“-Ansatz der WHO, denn Gesundheit entsteht
weder im Krankenhaus noch in der Arztpraxis, sondern im Alltag – dort, wo Menschen leben,
arbeiten, zur Kita oder zur Schule gehen und ihre Freizeit verbringen. Auch Klimaschutz ist
Gesundheitsschutz – Luftverschmutzung und Lärm machen krank. Mit der Verkehrswende schützen
wir vor allem die Gesundheit derer, die bisher an lauten und stickigen Straßen leben müssen.
Wir wollen künftig Gesetzesvorhaben in allen Politikbereichen auch auf ihre Auswirkungen auf
die Gesundheit prüfen.
HIV/Aids besiegen
Berlin hat das Ziel der Vereinten Nationen übernommen, bis 2030 die Zahl der HIV-
Neuinfektionen auf null zu senken. Mit der Einführung der PrEP und den Erfolgen in der
Gesundheitsversorgung in den letzten Jahren konnten wir wichtige Schritte gehen. Unser Ziel
für die kommenden Jahre lautet „95-95-95“: 95 Prozent der HIV-Infizierten sollen von ihrer
Infektion wissen, 95 Prozent davon Zugang zur Behandlung haben und 95 Prozent der
Behandelten „unter der Nachweisgrenze“ sein, damit eine Übertragung des HI-Virus nicht mehr
möglich ist. Um das zu erreichen, wollen wir die Infrastruktur zu Versorgungsstrukturen
weiter verbessern.
Gut versorgt von Anfang an – wir unterstützen Hebammen und Familienplanung für alle
Zur Gesundheit gehört auch, Anfang und Ende des Lebens gut zu begleiten. Hebammen und
Geburtshelfer begleiten den Weg ins Leben und sind für viele Frauen sowohl während der
Schwangerschaft als auch während und nach der Geburt wichtige Bezugspersonen. Dass
Schwangere in Berlin kaum noch eine Hebamme finden, die sie im Wochenbett betreuen kann, ist
ein unhaltbarer Zustand. Wir wollen allen Frauen aber weiterhin eine selbstbestimmte und
sichere Geburt ermöglichen. Am Runden Tisch Geburtshilfe haben wir deshalb vereinbart, die
Ausbildungskapazitäten für Hebammen zu erhöhen, sie mit Service-Parkausweisen im Alltag zu
unterstützen und mit einer digitalen Plattform die Hebammensuche zu erleichtern. Zusätzlich
haben wir in Berlins Kreißsäle investiert und wir wollen die Arbeitsbedingungen für Hebammen
verbessern, indem wir mehr Hebammen in die Kreißsäle bringen. Auf Bundesebene setzen wir uns
dafür ein, dass die Vergütungen angehoben und Versicherungsbeiträge übernommen werden und es
dazu auch verbindliche Personalschlüssel in den Krankenhäusern gibt.
Damit alle, die sich ein Kind wünschen, die bestmögliche Unterstützung bekommen, wollen wir
die Reproduktionsmedizin ausbauen und uns dafür einsetzen, dass sie auch
gleichgeschlechtlichen Paaren von der Krankenkasse finanziert wird.
Zur Familienplanung gehört aber auch, sich frei gegen ein Kind entscheiden zu können.
Beratung im Fall von Schwangerschaftskonflikten muss deshalb niedrigschwellig zugänglich
sein und wir kämpfen weiterhin für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.
Selbstbestimmt und würdevoll bis zum Schluss
Auch das Sterben gehört zu einem ganzheitlichen Blick auf die Gesundheitsversorgung: Wir
wollen, dass Menschen selbstbestimmt und gut versorgt ihre letzte Lebensphase verbringen
können. Doch insbesondere in dieser Lebensphase sind Menschen oft kaum oder gar nicht mehr
in der Lage, für ihre eigenen Bedürfnisse einzustehen. Umso wichtiger ist, dass vorher eine
gute Aufklärung über Versorgungsvollmachten und eine Patientenverfügung stattfindet. Deshalb
wollen wir die Strukturen dafür ausbauen. Darüber hinaus wollen wir eine Beratungsstelle für
Palliativmedizin einrichten, die über die Möglichkeiten der Versorgung im Hospiz oder
zuhause transparent informiert. Palliativmedizin ist aus gesundheitsökonomischer Sicht oft
unattraktiver als die medizinische Behandlung durch Operationen und intensivmedizinische
Maßnahmen. Umso wichtiger ist es, Ärzt*innen so aus- und weiterzubilden, dass für sie die
Wünsche der Behandelten im Fokus stehen und lebensverlängernde Maßnahmen, die von den
Betroffenen häufig als quälend empfunden werden, nicht um jeden Preis durchgeführt werden.
Förderung psychischer Gesundheit und gute wohnortnahe Versorgungsangebote
Unser Gesundheitsverständnis umfasst ausdrücklich das psychische Wohlbefinden. Durch unsere
Politik wollen wir die Lebensbedingungen in Berlin so gestalten, dass sie einen positiven
Einfluss auf die psychische Gesundheit ausüben und die Resilienz stärken. Darüber hinaus
wollen wir – u. a. im Rahmen des Präventionsgesetzes – konkrete Angebote schaffen und
ausbauen, die dabei helfen, mit psychischen Belastungen umzugehen und Krisen besser zu
bewältigen.
Von der Gesundheitsförderung und Prävention über die Beratung bis hin zur Behandlung und
Rehabilitation setzen wir auf sozialraumorientierte und wohnortnahe, miteinander vernetzte
Angebote. Dabei fördern wir die Partizipation durch den Trialog und Peer-Ansätze sowie den
Abbau von Zwang. In der Versorgung gilt für uns die Maxime: ambulant vor teilstationär vor
stationär. Unser Plan ist, innovative Finanzierungs- und Steuerungsmodelle sowie neue
Angebotsformen zu fördern. Wir wollen den ÖGD hinsichtlich Beratung und Begleitung stärken.
Das Psychiatrieentwicklungsprogramm wollen wir endlich weiterentwickeln und einen
datengestützten Landespsychiatrieplan etablieren.
Ein neues „Landesprogramm Psychische Gesundheit“ soll die vielfältigen Angebote zur
Förderung psychischer Gesundheit, zur psychosozialen und psychiatrischen Unterstützung und
Versorgung sowie ein neues Berliner Suchtkonzept unter einem Dach vereinen.
3.4 Selbstbestimmt im Alter. Wir machen die Pflege
stark
Wir Berliner*innen leben immer länger. Wir wollen, dass Menschen egal welchen Alters
selbstbestimmt und in Würde ihr eigenes Leben gestalten können, gleich woher sie kommen, wie
dick ihr Portemonnaie ist oder wie pflegebedürftig sie sind. Dafür wollen wir die richtigen
Rahmenbedingungen schaffen. Ältere, auch an Demenz erkrankte Menschen sollen weiter ihre
Fähigkeiten einbringen und ihr Umfeld mitgestalten, auch die Hilfs- und
Unterstützungsangebote oder den barrierefreien Umbau ihrer Wohnung und der Einrichtungen im
Kiez. Und wer Pflege benötigt, soll sie in bester Qualität erhalten. Dafür setzen wir uns
ein, auf Landes- wie Bundesebene und im Schulterschluss mit Pflegebedürftigen,
Pflegefachkräften und pflegenden Angehörigen.
Im Kiez verortet
Wir wollen die Lebensbedingungen Älterer in Berlin so gestalten, dass sie so lange wie
möglich in ihren eigenen vier Wänden leben und am gesellschaftlichen Leben im Kiez teilhaben
können. Wir denken sozialräumlich und haben in den letzten Jahren die Pflegestützpunkte
ausgebaut und mit mehr Ressourcen ausgestattet, um das zu ermöglichen. Darüber hinaus
fördern wir die Gesundheit im Alter und ermöglichen mit inklusiven,
generationenübergreifenden Projekten Begegnungen, bei denen wir Menschen über die eigene
Community hinaus zusammenbringen.
Vielfalt der Pflege- und Wohnformen
Wir streben eine breite Mischung zielgruppengerechter Pflege- und Wohnformen an und wollen
alternative Wohn- und Pflegeformen ausbauen. Perspektivisch sollen große Heimeinrichtungen
abgelöst werden, wir fördern kleine, in Quartieren angebundene und vernetzte
Versorgungseinrichtungen. Sie bieten quartiersnahe, sozialintegrative und inklusive
Beratung, Pflege und Betreuung älterer Menschen. Um eine gute Qualität sicherstellen und
kontrollieren zu können, haben wir das Wohnteilhabegesetz überarbeitet. Besonders wichtig
war uns dabei die Anbindung von Einrichtung und Wohngemeinschaften an den jeweiligen
Sozialraum.
Mit einem Kompetenzzentrum Pflegewohnformen wollen wir Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf
beraten. Die Mitarbeiter*innen des Zentrums sollen auch Pflegeheime beraten, die ihr Angebot
in Richtung Quartier öffnen wollen. Darüber hinaus werden wir altersgerechtes und
barrierefreies Wohnen ausbauen, der Bedarf wächst stetig. Auch Pflegeeinrichtungen und
gerade Pflegewohngemeinschaften sind von Verdrängung bedroht. Wir brauchen in allen Kiezen
Pflegeeinrichtungen.
Gerade weil der Bedarf an Pflegeunterstützung wächst, werden wir eine
Stadtentwicklungsplanung für Pflege und Senior*innen anstoßen, die vorhandene Strukturen und
weitere Bedarfe aufschlüsselt und absichert. Da in den Bezirken ein großes Wissen über die
Bedarfe und Besonderheiten der einzelnen Kieze herrscht, sollen sie eng eingebunden werden.
Für uns ist klar, dass Pflege die vielfältigen Hintergründe der Berliner*innen abbilden
muss. Wir setzen uns für diversitäts- und geschlechtersensible Pflege ein. Gerade in einer
Einwanderungsgesellschaft gilt es Diversity-Kompetenzen auszubauen, bei Einstellungen auf
Diversität zu achten und im Ausland erworbene Ausbildungsabschlüsse in Pflege- und
Gesundheitsberufen leichter anzuerkennen. Mit den Pflegestützpunkten der interkulturellen
Öffnung und der LSBTIQ*-sensiblen Beratung sind wir erste Schritte gegangen – diesen Weg
wollen wir weitergehen.
Gute Pflege braucht gute Arbeitsbedingungen
Gute Pflege steht und fällt mit den Mitarbeiter*innen. Pflegekräfte sind systemrelevant, das
spiegelt sich aber bisher nicht ausreichend in den Arbeitsbedingungen wider. Das wollen wir
ändern. Mit dem Berliner Bündnis für Pflege wurden in den letzten Jahren bereits
Handlungsfelder identifiziert, um Fachkräfte in der Pflege zu halten. Jetzt kommt es auf die
Umsetzung an, denn wir sind als Gesellschaft auf gute Pflege angewiesen. Eine Pflegekammer,
wie sie mehrheitlich von den Berliner Pflegenden gewünscht wird, unterstützen wir
ausdrücklich.
Wir wollen verbindliche Personalschlüssel statt Personaluntergrenzen, Mobilitätsangebote,
gerade für Nachtschichten und Beschwerdestellen, um Verstöße gegen den Arbeitsschutz zu
melden. Wir unterstützen die Selbstverwaltung der Pflegekräfte in Form von Pflegekammern und
regen das auch für andere Heilberufe an. Wir fordern mehr Teilzeitausbildungen und die
Finanzierung der berufsbegleitenden Ausbildung zum*zur Altenpfleger*in. Im Ausland erworbene
Ausbildungsabschlüsse von Pflege- und Gesundheitsberufen, ob innerhalb oder außerhalb der EU
erworben, sollen leichter anerkannt werden. Auch in der ambulanten Versorgung müssen die
Arbeitsbedingungen verbessert werden, damit zu pflegende Menschen möglichst lange in ihrer
eigenen Wohnung bleiben können. Viele ausgebildete Kräfte arbeiten nicht mehr in ihrem Beruf
– mithilfe von besseren Arbeitsbedingungen wollen wir sie zurückgewinnen.
Pflegende Angehörige besserstellen
Pflegende Angehörige bilden eine der tragenden Säulen der häuslichen Pflege. Rund 200.000
Berliner*innen betreuen und versorgen ihre pflegebedürftigen Angehörigen. Wir wollen sie
stärker ins Versorgungsnetz einbinden und ihre Leistungen besser würdigen. So wollen wir ihr
Recht auf Mitsprache ausbauen und sie besser informieren und entlasten. Das Kompetenzzentrum
Pflegeunterstützung zur Entlastung von pflegenden Angehörigen und anderen Bezugspersonen
soll ausgebaut und verstetigt werden. Als Berliner Landesregierung haben wir bereits eine
Bundesratsinitiative zur Einführung eines Familienpflegegeldes gestartet, eine
Lohnersatzleistung ähnlich dem Elterngeld. Hier werden wir weiter Druck machen.
3.5 Inklusives Berlin – Teilhabe für Menschen mit
Behinderung
Die Berliner Stadtgesellschaft soll inklusiv werden. Wir wollen eine Gesellschaft, in der
alle Menschen mit und ohne körperliche, psychische oder kognitive Behinderung
gleichberechtigt und selbstbestimmt teilhaben, ohne auf Barrieren zu stoßen. In Berlin leben
rund 350.000 Menschen mit einem Grad der Behinderung von über 50 Prozent, das ist fast jede
zehnte Person. Unsere Vorstellung einer inklusiven Gesellschaft ist aber für noch viel mehr
Menschen wichtig. Aufzüge an Bahnhöfen nutzen auch Eltern mit Kinderwagen, auf
barrierefreies Wohnen sind im Alter fast alle angewiesen. Für ganz Berlin ist es zentral,
dass wir Barrieren einreißen, wo immer sie noch stehen.
Seit dem 1. Januar 2020 ist das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) voll in Kraft. Wir
Bündnisgrüne mahnen auf Bundesebene tiefgreifende Nachbesserungen an. Gleichzeitig arbeiten
wir in Berlin an der Umsetzung, um das Beste herauszuholen. In allen Bezirken wird am Aufbau
sogenannter „Häuser der Teilhabe“ gearbeitet. Dort sollen Menschen mit Behinderung künftig
Beratung, Unterstützung und Begleitung rund um das Thema Eingliederungshilfe finden. Für den
Aufbau der Häuser und die fachliche Koordination werden jedem Bezirk seit 2020 zusätzlich
zwei Stellen von Seiten des Landes zur Verfügung gestellt. Auch beim barrierefreien Umbau
der Stadt haben wir wichtige Schritte gemacht, zum Beispiel bei Bus und Bahn. Unser
Mobilitätsgesetz schreibt den Anspruch auf barrierefreie Mobilität fest und wir investieren
jedes Jahr Millionen, um dem Ziel der Barrierefreiheit näher zu kommen.
„Häuser der Teilhabe“ ermöglichen umfassende Beratung
In den kommenden Jahren geht es um die konkrete Umsetzung vor Ort – diese wollen wir gezielt
vorantreiben. Zum 1. Januar 2022 sollen alle bezirklichen „Häuser der Teilhabe“ gegründet
sein. Wir wollen in den Häusern multiprofessionelle Teams zusammenbringen, um die Beratung
so umfassend wie möglich zu gestalten. Den Rahmen für einheitlich hohe Standards der
Umsetzung sollen Zielvereinbarungen bilden, die wir zwischen Land und Bezirken entwickeln
und stetig weiterentwickeln wollen. Etikettenschwindel, also ein neues Label und die
Fortführung der bisherigen Praxis der Sozialhilfe, werden wir nicht zulassen. Bei der
Umsetzung werden wir darauf achten, dass die Bedarfsermittlung, wie durch das
„Teilhabeinstrument Berlin“ (TIB) vorgesehen, neben Gesundheitsaspekten auch den
Lebenskontext von Menschen berücksichtigt. Dabei stellen wir sicher, dass in allen „Häusern
der Teilhabe“ und auch in den Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs-
und Unterstützungszentren (SIBUZ) aller Bezirke eine Beratung zu allen Rechtekreisen
erfolgen kann sowie alle erforderlichen Anträge an einem Ort zur Verfügung stehen.
Für Inklusion in allen Lebensbereichen
Der Arbeitsmarkt in Berlin muss inklusiver werden. Dabei gilt für uns die Prämisse:
Inklusion hat Vorrang. Daher wollen wir die Werkstätten so weiterentwickeln, dass sie nicht
zur Endstation werden, sondern der Befähigung zur Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt dienen.
Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitsplätzen sind gesetzlich verpflichtet, wenigstens auf fünf
Prozent der Arbeitsplätze Menschen mit Schwerbehinderung zu beschäftigen. Noch immer zahlen
aber zu viele Arbeitgeber*innen lieber die entsprechende Ausgleichsabgabe. Um das zu ändern,
werden wir Betriebe mit einer hohen Zahl von Mitarbeiter*innen mit Behinderung stärker
fördern und Aufträge der öffentlichen Hand vermehrt an solche „Inklusionsbetriebe“ vergeben.
Auch Bus und Bahn müssen in Berlin barrierefrei werden. Den Umbau aller Bahnhöfe und
Haltestellen im Verkehrsverbund mit einem barrierefreien Zugang werden wir schnellstmöglich
abschließen. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, die Anzahl der Inklusionstaxis im
öffentlichen Raum deutlich zu erhöhen, um echte Mobilität für alle zu verwirklichen. Bei der
Konzessionsvergabe für private Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen wollen wir Inklusion
zu einer Bedingung machen.
Barrierefreier Wohnraum ist nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern auch für ältere
Menschen wichtig. Unser Ziel für 2035 ist, dass 15 Prozent des gesamten Wohnraumes
barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Um hier zügig voranzukommen, wollen wir die
Umsetzung der Berliner Bauordnung konsequent prüfen, um sicherzustellen, dass die Vorgaben
zum barrierefreien Wohnen eingehalten werden. Beim Neubau wollen wir entsprechende Quoten
zur Steigerung der Anzahl barrierefreier Wohnungen einziehen.
Unser Ziel sind inklusive Schulen in einer inklusiven Gesellschaft. Beides bedingt sich
gegenseitig. Ein gegliedertes Schulsystem erschwert dieses Ziel. Nach und nach wollen wir
unsere Schulen so befähigen, dass alle Kinder gemeinsam an Regelschulen lernen. Die
Mitarbeiter*innen der Förderschulen brauchen wir an den Regelschulen zur individuellen
Betreuung der Kinder mit Behinderung weiterhin.
Zur barrierefreien Sanierung von Nachbarschaftszentren und anderen sozialen Begegnungsräumen
werden wir ein Landesförderprogramm auflegen und mit den Sportvereinen Berlins werden wir
weiter daran arbeiten, auch die Vereine für Menschen mit Behinderung zu öffnen.
Ein großer Teil des Lebens spielt sich online ab. Mit der gesetzlichen Umsetzung der EU-
Richtlinie zu barrierefreien Online-Angeboten öffentlicher Stellen hat Berlin einen
wichtigen Schritt getan. Die praktische Umsetzung wollen wir nun beschleunigen. Das gilt
zuallererst für die Seiten der Senatsverwaltungen und Bezirksämter. Bei der Neukonzeption
von www.berlin.de muss die digitale Barrierefreiheit schon in der Planung umfassend
mitgedacht werden.
Inklusion erfordert ein Umdenken von vielen. Aber es lohnt sich – am Ende ist eine inklusive
Gesellschaft eine bessere Gesellschaft für alle.
3.6 Drogenpolitik – Prävention, Aufklärung,
Unterstützung und Selbstbestimmtheit
Drogen sind Teil der Gesellschaft und kaum eine Debatte wird so irrational geführt wie die
um den richtigen Umgang damit. Wir Bündnisgrüne stehen für einen vernünftigen,
evidenzbasierten Ansatz, der sich an Fakten orientiert, Menschen durch Prävention und
Aufklärung schützt und damit Verbraucherschutz gewährleistet, Abhängigen unkompliziert Hilfe
zukommen lässt und die Selbstbestimmung aller respektiert.
Drogen nach Gefährdungspotential unterscheiden
Die tödlichste Droge in Deutschland ist Tabak. Etwa 15 Millionen Menschen deutschlandweit
rauchen, rund 120.000 Menschen sterben jährlich an den Folgen des Rauchens, viele Millionen
sind schwer nikotinabhängig. Am gefährlichsten für Unbeteiligte ist Alkohol und Millionen
Menschen in Deutschland sind medikamentenabhängig. Die am weitesten verbreitete illegale
Droge ist mit ca. vier Millionen Konsument*innen Cannabis. Tatsächlich ist die
Unterscheidung zwischen legalen Suchtmitteln auf der einen und illegalen Drogen auf der
anderen Seite nicht sinnvoll und historisch vor rund 100 Jahren willkürlich getroffen
worden. Da sind wir uns mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter einig. Statt willkürlicher
Kriterien wäre eine Regulierung nach tatsächlichem Gefährdungspotential ein wichtiger
Schritt – hier ist die Bundespolitik in Verantwortung. Einen großen Unterschied macht, wie
Drogen konsumiert werden: moderat, selbstbestimmt und aufgeklärt oder riskant und in
kriminalisierten, ungeschützten Räumen. Politik muss sich an diesen Erkenntnissen
orientieren. Ideologische Debatten lehnen wir ab.
In Berlin schon viel erreicht – was fehlt, sind andere Regelungen auf Bundesebene
In den vergangenen Jahren haben wir Schritte in die richtige Richtung gemacht. Wir haben ein
Werbeverbot für Tabak und Alkohol auf kommunalen Werbeflächen erreicht. Mit einem Pilot-
Projekt zum Drug-Checking in Clubs werden wir einen Weg einschlagen, der Menschen vor
gefährlichen, gepanschten Drogen schützt, Drogenkonsumräume haben wir in den Bezirken
geplant und geschaffen. Dort sind neben sicherem Konsum vor allem Aufklärung, Beratung und
Unterstützung möglich. Die „Null-Toleranz-Zonen“ für den Besitz von Cannabis haben wir
abgeschafft, da sie kein Problem gelöst und den Handel nur in Hauseingänge und auf
Spielplätze verlagert haben. Was fehlt, sind andere Regelungen auf Bundesebene. Gemeinsam
mit der grünen Fraktion im Deutschen Bundestag wurde mit unserem „Cannabiskontrollgesetz“
ein sehr konkreter Weg zur Legalisierung entwickelt, den wir auch weiter vorantreiben
werden.
Aufklärung und Prävention ausbauen
In Berlin werden wir weiterhin an unserer Linie einer evidenzbasierten, zielorientierten
Drogenpolitik festhalten. Dazu werden wir Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen ausbauen.
Der Jugend- und Gesundheitsschutz sowie die Aufklärung von Verbraucher*innen und damit der
Verbraucherschutz haben dabei für uns höchste Priorität. Dabei nehmen wir nicht nur
substanzbezogene Abhängigkeiten in den Blick, sondern werden auch Programme der Prävention
vor nicht substanzgebundene Süchte, beispielsweise Glücksspiel oder Computerspiele, weiter
ausbauen. Die Werbung für Tabak und Alkohol wollen wir in einem nächsten Schritt auf allen
Werbeflächen in Berlin verbieten und dazu die rechtlichen Möglichkeiten im Detail prüfen.
Den Nichtraucherschutz wollen wir konsequent umsetzen, Kellner*innen und Barkeeper*innen
schützen wir damit und wir halten das gesellschaftliche Leben auch für Menschen mit
Vorerkrankungen offen. Für bestimmte Raucherkneipen wollen wir Lizenzen vergeben, um hier
mehr Klarheit für Betreiber*innen und Gäste zu schaffen.
Wir nehmen die Sorgen und Ängste der Menschen rund um Drogenhotspots ernst und werden mit
voller Kraft für eine Verbesserung kämpfen. Solange keine kontrollierte Abgabe diese
Hotspots komplett verschwinden lässt, werden wir mit Programmen zur sicheren
Spritzenentsorgung, zu häufigen Reinigungszyklen in Parks und auf Spielplätzen sowie mit
gezielten Kontrollen die Situation vor Ort verbessern. Denn Spritzen und Drogen haben auf
Spielplätzen nichts verloren.
Beratung und Selbsthilfe stärken
Beratungs- und Selbsthilfeangebote wollen wir ausbauen, genau wie Drogenkonsumräume. Unser
Ziel sind Drogenkonsumräume und Spritzenprogramme in allen Bezirken Berlins. Mit einer
stärkeren aufsuchenden Sozialarbeit wollen wir Menschen erreichen, die drogenabhängig und
dringend auf Unterstützung angewiesen sind, den Weg in die Beratung aber nicht alleine
schaffen. Das Drug-Checking werden wir weiter vorantreiben, so dass es sich zur anerkannten
Normalität in Berlins Nachtleben entwickelt – immer kombiniert mit Angeboten zur Beratung
und Hilfe zum Ausstieg aus dem Drogenkonsum. Dafür wollen wir mehr mobile Drug-Checking-
Teams auf den Weg bringen, die die Erreichbarkeit verbessern. Die Sucht- und
Präventionsarbeit im Strafvollzug soll weiter ausgebaut werden. Zentral ist dabei für uns,
dass saubere Spritzen zur Verfügung stehen, die Möglichkeit der Opioid-Substitution und die
Diamorphintherapie für Betroffene sowie eine nahtlose Anschlussversorgung und medizinisch-
psychologische Betreuung nach der Haftentlassung.
Schwarzmarkt austrocknen
Um den Schwarzmarkt auszutrocknen, arbeiten wir weiter daran, Cannabis zu legalisieren.
Solange es auf Bundesebene keine neue gesetzliche Regelung gibt, halten wir an unserem Ziel
eines Modellprojektes zur legalen Abgabe von Cannabis in Berlin fest. Die nicht verfolgbare
geringe Menge für Cannabis zum Eigenbedarf wollen wir anheben und auch für andere illegale
psychoaktive Substanzen entsprechende geringe Mengen festlegen, die strafverfolgungsfrei
bleiben. Damit entlasten wir Polizei und Justiz massiv. Auch den Parks, die von massiven
Dealertätigkeiten belastet sind, und deren Anwohner*innen wollen wir dazu verhelfen, wieder
mehr Ruhe und Sauberkeit zu finden. Frei gewordene Kapazitäten wollen wir so weit möglich
für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität einsetzen, die maßgeblich durch den
internationalen Drogenhandel begünstigt wird.
Drogenpolitik ist auch Friedenspolitik
Weltweit sorgt der Handel mit Drogen für Gewalt, Konflikte und Kriege. Bei kaum einem
anderen Politikfeld ist die Verbindung zwischen unserer Politik hier und der Lage der Welt
so unmittelbar. Um Leid und Tod infolge dieser Konflikte zu beenden, arbeiten wir daran, den
internationalen Drogenhandel zu unterbinden. Das gelingt nicht durch die Kriminalisierung
von Konsument*innen. Das gelingt nur durch einen rationalen Ansatz von Entkriminalisierung
und Kontrolle. Es ist Zeit, dass wir diese Fragen bei uns lösen, nicht diese Konflikte auf
dem Rücken von Menschen in anderen Teilen der Welt austragen.
3.7 Berlin bleibt in Bewegung – wir sind die Hauptstadt
des Sportes
Sport und Bewegung halten gesund, ermöglichen Gemeinschaft und stiften Freude. Wir wollen
allen Berliner*innen ermöglichen sich sportlich zu betätigen. Egal in welchem Alter, egal ob
organisiert und regelmäßig oder nur ab und zu, das Sportangebot in Berlin soll alle
Bedürfnisse abdecken. Dabei ist unsere Vision für die Hauptstadt des Sportes, dass Sport und
Bewegung selbstverständlich in allen Bereichen mitgedacht wird: sei es das Laufen im Park,
eine Runde Tischtennis im Hof, Bouldern an der Einkaufscenter-Fassade oder Kicken auf dem
Supermarkt-Dach. Dafür denken wir Sport und Bewegung auch in der Stadtplanung mit. Sport
verbindet auch über Grenzen hinweg. Berlin profitiert von internationalen
Sportveranstaltungen. Die weltweite Bekanntheit der Sportmetropole Berlin wollen wir
ausbauen.
Ehrenamtliche sind das Rückgrat der Vereine
Viele Berliner*innen sind in Sportvereinen aktiv. Sportvereine übernehmen vielfältige
Funktionen, sie ermöglichen Jung und Alt Bewegung in Gemeinschaft, sie unterstützen das
Zusammenwachsen unterschiedlicher Menschen und den Leistungssport. Das wäre ohne zahllose
Ehrenamtliche nicht möglich, die sich als Trainer*innen oder Vereinsvorständeim Vereinsvorstand engagieren.
Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von
Trainer*innen und Übungsleiter*innen. Deswegen haben wir die Finanzierung der Trainer*innen
und Übungsleiter*innen verbessert.
Institutionalisierten und frei organisierten Sport gleichstellen
Gleichzeitig machen immer mehr Berliner*innen alleine oder in sich frei organisierenden
Gruppen Sport. Wir wollen den institutionalisierten und frei organisierten Sport
gleichstellen und allen Bürger*innen den Zugang zu Sportanlagen ermöglichen. Deswegen werden
wir das Sportfördergesetz und die Sportstättennutzungsverordnung so anpassen, dass die
Vergabe von Sportflächen auch an frei organisierte Sportgruppen ermöglicht wird. Der neu
gestaltete Olympia-Park in Charlottenburg-Wilmersdorf und der inklusive Friedrich-Ludwig-
Jahn-Sportpark in Pankow sollen Vorzeige-Projekte für das Nebeneinander von
institutionalisiertem und frei organisiertem Sport werden. Hierfür wollen wir den Friedrich-
Ludwig-Jahn-Sportpark modernisieren und zeigen, wie an einem historischen Ort in einer
Naturlandschaft neben dem ehemaligen Grenzstreifen eine inklusive Sportstätte für alle
Menschen entstehen kann.
Um einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu Sport und Bewegung zu ermöglichen, haben wir
das Programm „Sport im Park“ ins Leben gerufen, das in allen Berliner Bezirken kostenlose
Sportangebote ermöglicht. Egal ob Teamsport, Workout oder Balance, bei mehr als 100
Aktivitäten ist für jede*n was dabei. Dieses erfolgreiche Programm wollen wir auch in den
kommenden Jahren weiterführen.
Sportanlagen inklusiv und ökologisch
Als wir 2016 Regierungsverantwortung übernommen haben, waren die Sportanlagen in Berlin in
schlechtem Zustand. Mit dem Sportanlagensanierungsprogramm haben wir begonnen, Sportstätten
wieder in Schuss zu bringen. Es ist aber auch klar: Bei der Vielzahl an Anlagen wird die
Sanierung ein Marathon, kein Sprint. Für uns ist wichtig, dass die Sanierungen nach hohen
ökologischen Standards erfolgen müssen. Die Klimakrise erfordert, dass wir in allen
Lebensbereichen Ressourcen schonen. Deswegen haben wir in der Sportanlagennutzungsverordnung
auch Nachhaltigkeitskriterien verankert.
Berliner Sportanlagen müssen nicht nur ökologisch, sondern auch barrierefrei werden.
Multifunktionale und behindertengerechte Sportstätten versetzen alle Berliner*innen in die
Lage, sich sportlich zu betätigen, und leisten somit einen Beitrag zur Gesellschaft der
Vielen, die allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Auch für eine älter
werdende Gesellschaft ist es wichtig, barrierefreie Sportanlagen bereitzuhalten, damit in
jedem Alter Bewegung und Sport möglich ist.
Berlin wächst und damit auch der Bedarf an Sportstätten. Aus ökologischer Sicht ist es
geboten, vorhandene Sportanlagen besser auszulasten, bevor wir mit Neubauten Flächen
versiegeln. Wenn nicht bereits geschehen, können die Außengelände von beispielsweise Schulen
umfassender genutzt werden, indem sie nach Schulschluss für die Allgemeinheit geöffnet
werden. Wo nötig werden wir auch neue Sportanlagen bauen.
Bäder für die Berliner*innen – Schwimmen ist eine Überlebenstechnik und gut für die
Gesundheit
Jedes Kind in Berlin soll Schwimmen lernen. Wir können nicht hinnehmen, dass immer wieder
Menschen ertrinken, weil sie nicht schwimmen können. Deswegen muss Schwimmunterricht Teil
des Schulsportes sein. Wir wollen die Öffnungszeiten der Berliner Bäderbetriebe ausweiten,
damit alle Schulklassen die Möglichkeit zum Schwimmunterricht bekommen und sich die Nutzung
der Bäder besser verteilt. Darüber hinaus wollen wir prüfen, ob Kooperationsverträge mit
anderen Schwimmhallen, etwa in Hotels oder Fitnessstudios, abgeschlossen werden können, um
die vorhandenen Kapazitäten besser zu nutzen.
Wir wollen die Berliner Bäderbetriebe zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen
umstrukturieren, das sich an den Bedürfnissen der Bürger*innen orientiert. Die Preisstruktur
soll transparent sein und allen Berliner*innen die Nutzung der Schwimmbäder ermöglichen. Wir
haben in den letzten Jahren viel Geld für die Sanierung der Bäder bereitgestellt, aber wie
bei den Sportstätten ist auch bei den Bädern ein langer Atem nötig, bis alle Bäder wieder in
Schuss sind. Bei Um- und Neubauten achten wir darauf, dass sie barrierefrei und ökologisch
sind.
Wir fördern inklusive Sportangebote, die allen Menschen offenstehen, egal welche
körperlichen und psychischen Voraussetzungen, welche Herkunft, welches Geschlecht, welches
Alter, welchen sozialen und finanziellen Hintergrund oder welche sexuelle Orientierung und
sexuelle Identität der einzelne Mensch hat. Die Vielfalt aller Berliner*innen muss sich auch
in den Führungspositionen der Vereine und Sportverbände widerspiegeln.
Jetzt ganz konkret: Bündnisgrüne Projekte für die Zukunft Berlins
1. „Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ – Wohnen ist keine Ware
Wir sagen Verdrängung und Immobilienspekulation den Kampf an. Schon jetzt nutzen wir
Bündnisgrüne das Vorkaufsrecht wo immer möglich. Mit unserem „Masterplan 50 Prozent
Gemeinwohl“ sollen in 30 Jahren 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin in
gemeinwohlorientierter Hand sein. Um das Vorkaufsrecht effektiv nutzen zu können, treffen
wir die notwendige finanzielle Vorsorge für die landeseigenen Wohnungsunternehmen. Mit
Genossenschaften, Stiftungen oder Projekten wie dem Mietshäuser-Syndikat werden wir eine
Kooperationsvereinbarung abschließen.
2. Förderung, die ankommt – Armut von Familien und Kindern beenden
180.000 Kinder in Berlin leben in Familien, die auf Transferleistungen angewiesen sind. Die
Kinder- und Familienförderung des Bundes ist ein Chaos – die einzelnen Leistungen sind so
unübersichtlich, dass sie nicht bei den Familien und Kindern vor Ort ankommen. Solange das
Chaos an Familienleistungen auf Bundesebene nicht sortiert ist, lösen wir es in Berlin auf
und schaffen „Familienservicebüros“ in allen Bezirken. Nicht Eltern sollen für Kindergeld,
Elterngeld oder Wohnberechtigungsschein immer wieder Unterlagen einreichen müssen. Ein*e
Sachbearbeiter*in soll für jede Familie alle notwendigen Unterlagen bereitstellen und
verarbeiten. Auch unterschiedliche Leistungen aus Jugendamt und Sozialamt sollen
zusammenfließen: ein Ort, alle Leistungen.
3. Ein neues Landesamt für Unterbringung – jeder Mensch braucht ein Zuhause
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben –
egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung
verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen
zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt
für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem
neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln.
4. Pflege ist systemrelevant – Arbeitsbedingungen verbessern
Pflege ist systemrelevant, wir alle sind in Krankheitszeiten und im Alter darauf angewiesen.
Das muss sich auch in den Arbeitsbedingungen widerspiegeln. Körperlich anstrengende Arbeit,
Schichtsystem, Personalknappheit und geringe Bezahlung haben dazu geführt, dass viele
ausgebildete Pflegekräfte diesem Beruf den Rücken gekehrt haben. Wir wollen ausgestiegene
Fachkräfte in den Beruf zurückholen. Und wir wollen die Arbeitsbedingungen so verbessern,
dass auch eine Vollzeittätigkeit attraktiv wird – hin zu mehr Flexibilität und Mitsprache
bei den Dienstzeiten und einer deutlich besseren Vergütung ungünstiger Arbeitszeiten. Dazu
zählt auch eine angemessene Bezahlung bereits in der Ausbildung, angefangen von den
Ärzt*innen im Praktikum bis hin zu den Pflegekräften, gerade mit Blick auf die
Akademisierung der Pflegeausbildung.
5. Faire Ausbildungsbedingungen für Care-Berufe schaffen
In vielen Care-Berufen schrecken schon die Ausbildungsbedingungen ab. Wir wollen faire
Bedingungen für Auszubildende und Studierende in diesen Berufen schaffen – dazu zählt eine
angemessene Bezahlung bereits in der Ausbildung. Wir fordern zum Beispiel, dass Ärzt*innen
im praktischen Jahr an den Lehrkrankenhäusern der Charité bezahlt werden. Zusätzlich könnten
Landesstipendien für diese Engpassberufe vergeben werden.
Unterstützer*innen
- Daniela Ehlers (KV Berlin-Lichtenberg)
- Karin Hausmann-Kasper (KV Berlin-Lichtenberg)
- Ingrid Bertermann (KV Berlin-Mitte)
- Tobias Balke (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Miriam Wirsing (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Claudia Jung (KV Berlin-Pankow)
- Miriam Siemon (KV Berlin-Kreisfrei)
- Anna Hoppenau (KV Berlin-Neukölln)
- Johanna Braun (KV Berlin-Kreisfrei)
- Bianca Neumaier (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
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Viele Berliner*innen sind in Sportvereinen aktiv. Sportvereine übernehmen vielfältige Funktionen, sie ermöglichen Jung und Alt Bewegung in Gemeinschaft, sie unterstützen das Zusammenwachsen unterschiedlicher Menschen und den Leistungssport. Das wäre ohne zahllose Ehrenamtliche nicht möglich, die sich als Trainer*innen oder Vereinsvorstände engagieren. Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von Trainer*innen und Übungsleiter*innen. Deswegen haben wir die Finanzierung der Trainer*innen und Übungsleiter*innen verbessert.ehrenamtlich aktiv. Sie übernehmen vielfältige, gesellschaftliche Aufgaben und sind unverzichtbar. Sie unterstützen das soziale und sportliche Miteinander im Breiten-, Feizeit- und Leistungssport als Trainer*innen, Schiedsrichter*innen oder im Vorstand. Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von Trainer*innen und Übungsleiter*innen. Deswegen haben wir die Finanzierung der Trainer*innen und Übungsleiter*innen verbessert. Uns ist wichtig ihre Leistung anzuerkennen und dafür Sorge zu tragen, dass kostenlose Fortbildung- und Seminarangebote, auch im Bereich des Kinderschutzes zur Verfügung stehen. Dies ist ein wichtiger Bestandteil, um zu gewährleisten, dass Sportvereine sichere Orte für Kinder und Jugendliche, frei von jeglichen Formen physischer, psychischer sowie sexualisierter Gewalt, sind. Deshalb halten wir den Erwerb des Kinderschutzsiegels für Vereine für notwendig.
3. Zusammenhalt sichern - niemand bleibt zurück
Berlin funktioniert nur zusammen. Wir haben viel vor mit dieser Stadt und klar ist, niemand
darf dabei zurückbleiben. Insbesondere Alleinerziehende, Kinder, ältere Menschen, prekär
Beschäftigte, Arbeitssuchende und Menschen mit Behinderung sind von Armut, Verdrängung und
Ausgrenzung bedroht. Familien und Freischaffende suchen vergebens nach bezahlbaren Wohn- und
Gewerberäumen. Wir kämpfen für ein Berlin, in dem alle teilhaben und ihren Platz finden.
Auch in der kommenden Legislaturperiode hat dies für uns höchste Priorität.
Wohnen ist keine Ware – 50 Prozent des Wohnraums gemeinwohlorientiert
Die Grundstückspreise und Mieten sind in den vergangenen 15 Jahren nach oben geschnellt,
auch weil hemmungslos mit dem spekuliert wird, was für Menschen das Zuhause ist. Wohnen ist
keine Ware, darum kämpfen wir für einen Wohnungsmarkt, auf dem in 30 Jahren 50 Prozent des
Wohnraums gemeinwohlorientiert sind. Dafür werden wir ein breites Bündnis schließen – von
den landeseigenen Wohnungsgesellschaften über Genossenschaften und Hausprojekte bis zu
Privatvermietenden, die sich wie die öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das Gemeinwohl
verpflichten. Die Bau-, Miet- und Wohnpolitik haben wir seit 2016 vom Kopf auf die Füße
gestellt – sowohl in der Landesregierung als auch in den Bezirken, in denen wir
Verantwortung tragen. Wir haben sozialen Wohnungsbau vorangetrieben, das Vorkaufsrecht
genutzt und mit dem Mietendeckel haben wir den Mut bewiesen, Menschen auch dann zu schützen,
wenn der Wind uns frontal ins Gesicht bläst. Diesen Weg wollen wir weitergehen: Wir bauen
das neue Berlin gemeinwohlorientiert und nachhaltig. Wir erwerben uns die Stadt Stück für
Stück zurück, um Gemeinwohlorientierung zum zentralen Merkmal des Berliner Mietenmarktes zu
machen, und regulieren gleichzeitig die Mieten weiter. Für uns ist klar: Der Mietendeckel
darf 2025 nicht ersatzlos enden.
Ein Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der Vergangenheit angehören
Seit 2016 haben wir auch bei der Bekämpfung von Armut wichtige Schritte geschafft. Das
kostenlose ÖPNV-Ticket für Schüler*innen, die beitragsfreie Kita, ein gesundes kostenloses
Essen mit hohem Bioanteil in den Grundschulen, all das sorgt dafür, dass Kinder aus
Familien, die weniger Geld haben, gleichberechtigter am Leben teilhaben können. Wir haben
den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und
Freischaffende eingezogen, wir haben Tariftreue bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen
garantiert und die Gehälter gerade der Beamt*innen angehoben, die kleinere Einkommen haben.
Sei das bei der Polizei, bei der Feuerwehr oder in der Verwaltung. Wir haben dafür gesorgt,
dass für Menschen, die Sozialleistungen beziehen, die Kosten der Unterkunft verlässlich
übernommen werden und Obdachlosigkeit so vermieden wird. Und wir haben damit begonnen, das
Dickicht an Sozialleistungen zu ordnen, damit Menschen Leistungen, die ihnen zustehen, auch
tatsächlich erhalten – gerade in den Bezirken sind wir an dieser Stelle Vorreiter. Der Weg
zu einem Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der Vergangenheit angehören, ist aber noch
weit. Wir setzen uns seit Jahren dafür ein, Familien- und Sozialleistungen auf Bundesebene
endlich neu zu sortieren, um das bestehende Chaos zu beenden. Solange das nicht passiert
ist, werden wir weiter in Berlin und in den Bezirken für Überblick sorgen. Dazu wollen wir
mit einem berlinweiten Sozialmanagement die besten Wege der Umsetzung aus allen Bezirken in
alle anderen Bezirke bringen und mit starken Netzwerken vor Ort im sozialen Umfeld
Unterstützung leisten.
Gute Gesundheitsversorgung und Pflege ist Daseinsvorsorge
Die Corona-Pandemie hat schonungslos die Lücken des Gesundheitssystems aufgezeigt: Statt in
gute Vorsorge zu investieren, wurde der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) über Jahrzehnte
kaputtgespart und Pandemiepläne sind in Schubladen verstaubt. Für uns gehören gute
Gesundheitsstrukturen zur Daseinsvorsorge und dürfen nicht der Profitmaximierung dienen.
Deswegen haben wir den ÖGD in den letzten Jahren besser ausgestattet und wir wollen diesen
Weg in den nächsten Jahren weitergehen. Wir wollen den ÖGD attraktiver machen und für mehr
Berufsgruppen öffnen sowie ihn befähigen, integrierte, im Kiez vernetzte Versorgungsangebote
zu entwickeln. Wir haben massiv Geld in die landeseigenen Krankenhäuser investiert. Wir
wollen allen Berliner*innen bestmögliche Versorgung ermöglichen und setzen uns nachhaltig
auch für eine gerechtere Verteilung der Angebote in den Bezirken ein – insbesondere auch bei
den niedergelassenen Fachärzt*innen. Neben einer besseren Verteilung wollen wir eine besser
vernetzte und aufeinander abgestimmte Angebotsvielfalt erreichen; dazu müssen wir das
Gemeinsame Landesgremium (§ 90 a SGB V) stärken und erweitern.
Für uns ist klar: Gesundheit wird nicht primär von der Gesundheitspolitik gemacht, sondern
jeder einzelne Politikbereich hat Einfluss auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die
Lebensqualität der Berliner*innen, sei es bei der Verkehrswende, im Bildungsbereich, in der
Sozialpolitik oder in der Stadtentwicklung. Dabei ist die gesundheitliche Chancengleichheit
unser Ziel. Wir wollen erreichen, dass alle Berliner*innen, unabhängig vom Geldbeutel, die
gleichen gesundheitsfördernden Lebensbedingungen haben. Gesundheit bedeutet für uns
körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden mit Teilhabe und Selbstbestimmung.
Zu guter Gesundheitsversorgung gehört gute Pflege im Krankenhaus, in der ambulanten Pflege,
in stationären Einrichtungen sowie zuhause. Es darf nicht sein, dass Pflegekräfte zu
schlechten Bedingungen mit viel zu vielen Patient*innen ihren Dienst tun. Darum haben wir
gemeinsam mit dem Berliner Bündnis für Pflege in den vergangenen Jahren intensiv an
Verbesserungen gearbeitet. Wir unterstützen die Ziele des Volksentscheids „Gesunde
Krankenhäuser“ und möchten in den kommenden Jahren mit verbindlichen Personalschlüsseln die
Arbeitsbedingungen substantiell verbessern. Wir wollen eine Vielzahl von Pflege- und
Wohnformen im Alter fördern, um Menschen, solange es geht, ein selbstbestimmtes Leben zu
ermöglichen. Um pflegende Angehörige besser zu unterstützen, setzen wir uns auf Bundesebene
für die Einführung eines Familienpflegegeldes, ähnlich des Elterngeldes, ein.
Im Bund wollen wir uns außerdem für eine umfassende Reform der Pflegeversicherung sowie der
grünen Bürger*innenversicherung einsetzen, um mehr Gerechtigkeit und Solidarität in der
Versorgung herzustellen.
Wir haben in Berlin bereits erfolgreich die Beihilferegelungen für Beamt*innen verändert, so
dass ihr Weg in die gesetzliche Krankenversicherung erleichtert wird. Das wollen wir
bundesweit umsetzen.
Barrieren abbauen, Teilhabe ermöglichen
Ältere Menschen sind noch lange fit und wollen aktiver Teil der Gesellschaft bleiben. Am
besten ermöglichen wir das, indem wir Hürden im Alltag abbauen. Auch für Menschen mit
Behinderung oder Familien mit kleinen Kindern ist es wichtig, dass die Stadt barrierefrei
ist. Das gilt in U- und S-Bahnhöfen genauso wie in Verwaltungsgebäuden. Deswegen machen wir
uns stark für die Absenkung von Bordsteinkanten, längere Ampelschaltungen, eine
barrierefreie Darstellung von Websites oder die Übersetzung von Veranstaltungen in
Gebärdensprache. Wir wollen, dass alle Kinder, ob mit oder ohne Behinderung,
gleichberechtigt in der Schule teilhaben und alle Erwachsenen die Chance bekommen, Teil des
ersten Arbeitsmarktes zu werden.
Unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft. Dafür werden wir immer wieder Wege für Menschen
zur Teilhabe öffnen, gehen entschieden gegen Verdrängung vor, bekämpfen Armut, sorgen dafür,
dass alle Zugang zu bester Grundversorgung haben und bauen Hürden im Alltag ab. Berlin
gelingt nur gemeinsam. Zusammen mit den Initiativen und Verbänden unterstützen wir daher das
Berliner Behindertenparlament.
3.1 Bauen, Mieten, Wohnen: klimagerecht und sozial
Wir haben 2016 den Politikwechsel in Berlins Bau-, Mieten- und Wohnpolitik eingeläutet, um
der astronomischen Steigerung von Miet- und Grundstückspreisen Einhalt zu gebieten. Unser
Ziel war und ist, den Berliner Wohnungsmarkt gemeinwohlorientiert zu gestalten. Mit unserem
„Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ sollen in 30 Jahren 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin
in gemeinwohlorientierter Hand sein. Unter Gemeinwohl verstehen wir die landeseigenen
Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften, Träger sozialer Einrichtungen und Hausprojekte
sowie Privatvermietenden, die sich wie die öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das
Gemeinwohl verpflichten. Wir schließen dabei auch Bündnisse mit den Menschen, die ihr
Wohnschicksal in die eigenen Hände nehmen, wie beispielsweise Baugruppen, wenn sie sich
sozialen und ökologischen Kriterien verpflichtet fühlen.
In den vergangenen Jahren haben wir den Neubau stärker auf Gemeinwohl ausgerichtet,
gleichzeitig hat der Mietendeckel Ruhe in den überhitzten Markt gebracht und zu stabilen
Mietpreisen geführt. Damit haben wir juristisches Neuland betreten und sind stolz darauf,
dass wir Wucher stoppen konnten, trotz heftigen Gegenwindes. In den kommenden Jahren
streiten wir weiter für einen gemeinwohlorientierten und sozialen Wohnungsmarkt für Berlin.
Dazu gehört für uns auch die Verbindung mit dem Klimaschutz: Berlins Gebäude stoßen 40
Prozent des CO2 in der Stadt aus, also sind energetische Modernisierung und die Bauwende
eine zentrale Zukunftsaufgabe, um Berlin auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Wir verwirklichen
soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz und spielen sie nicht gegeneinander aus.
Das neue Berlin bauen – gemeinwohlorientiert und nachhaltig, sozial und ökologisch
Unser Ziel sind Kieze, in denen neben Wohnen auch Gewerbe, Kultur und Erholung Platz hat.
Zudem arbeiten wir für eine bunte Mischung von Eigentümer*innen – von Genossenschaften über
landeseigene Wohnungsbaugesellschaften bis zu Baugruppen und auch kleinen privaten
Besitzer*innen. Klar ist: Berlin braucht mehr Wohnungen. Wir wollen, dass in Berlin jährlich
20.000 Wohnungen neu gebaut werden, natürlich klimaneutral und mindestens die Hälfte
sozialverträglich. Neubauten im Hochpreissegment müssen möglichst vermieden werden, weil das
weite Teile der Bevölkerung ausschließt. Zur Förderung des Neubaus wollen wir einen
dauerhaften Fonds auflegen, der Gelder bereitstellt und in den Rückzahlungen aus Darlehen
direkt zurückfließen. Damit wird eine dauerhafte Finanzierung von Neubauten ermöglicht. Wir
wollen die Förderung pro Wohnung erhöhen und so ausgestalten, dass eine besonders hohe
Förderung in dauerhaft gemeinwohlgebundene und möglichst CO2-neutrale errichtete Wohnungen
fließt. Die Genossenschaftsförderung für Neubauten wollen wir deutlich erhöhen und weiter
öffnen, zum Beispiel auch für Projekte wie das Mietshäuser-Syndikat.
Auch für den Klimaschutz ist es höchste Zeit, die Bauwende einzuläuten. Mit ökologischen
Dämm- und Baustoffen, wie Hanf, Stroh, Holz, Lehm, Naturstein oder Recyclingbeton, wollen
wir klimafreundliche Neubauten und Modernisierungen auf die Straße bringen. Bei
energetischen Modernisierungen setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, die
Modernisierungsumlage in ihrer jetzigen Form abzuschaffen und durch ein neues faires System
zu ersetzen. Die Kosten müssen im Vorfeld transparent sein und wenn der Umbau bezahlt ist,
muss auch die Umlage enden. Die Kosten für die energetische Modernisierung wollen wir
zwischen Vermieter*innen, Mieter*innen und dem Staat in einem Drittelmodell fair verteilen.
Durch eine energetische Sanierung schützen Vermieter*innen die Bausubstanz ihrer Immobilien
und profitieren vom Werterhalt. Unser Ziel ist es, dass die höhere Kaltmiete durch niedrige
Energiekosten aufgewogen wird, so dass die Warmmiete nicht steigt. Die öffentliche Hand
leistet mit der Übernahme eines weiteren Drittels einen wichtigen Beitrag, um Berlin auf den
1,5-Grad-Pfad zu bringen.
Wir wollen Eigentümer*innen gesetzlich verpflichten, bis 2024 Fahrpläne für eine
mieter*innen- und klimafreundliche, energetische Modernisierung ihrer Häuser vorzulegen.
Dabei bieten wir eine intensive Unterstützung und Begleitung durch die
Bauinformationszentren des Landes Berlin an. (Zu Fragen der Stadtentwicklung und des
ökologischen Bauens vgl. das Kapitel 2.3.)
Um möglichst viele Baugrundstücke für gemeinwohlorientiertes Wohnen zu gewinnen, wollen wir
aktiv ankaufen und Mittel wie Vorkaufsrechtssatzungen, Baugebote und Entwicklungsmaßnahmen
nutzen. Um unsere gemeinwohlorientierten Ziele zu erreichen, wollen wir auch das Berliner
Modell der kooperativen Baulandentwicklung so weiterentwickeln, dass mindestens 50 Prozent
der Wohnungen im Neubau dauerhaft gemeinwohlgebunden sind. Darüber hinaus wollen wir auch
alle weiteren Möglichkeiten nutzen, um Baurecht an die dauerhafte ökologische und
Gemeinwohlbindung mindestens eines Anteils des Neubaus zu knüpfen.
Den Wohnungsmarkt regulieren – bezahlbare Mieten sichern
Mit dem Mietendeckel, dem Milieuschutz, der Verschärfung des Zweckentfremdungsverbotes und
der Reform des Wohnungsaufsichtsgesetzes sind wir in Berlin wichtige Schritte gegangen, um
Wohnen bezahlbar zu halten. Entscheidend ist nun, die Bezirke noch besser in die Lage zu
versetzen, die Gesetze auch effektiv umzusetzen. Darüber hinaus prüfen wir die Schaffung
eines Landesamtes für Wohnungswesen, das vor allem die Umsetzung des Mietendeckels
sicherstellen soll. Um mehr Transparenz auf dem Immobilienmarkt zu schaffen, haben wir ein
Berliner Miet- und Wohnungskataster eingeführt und werden es mit Leben füllen.
Die Wirkung des Mietendeckels ist bis 2025 begrenzt. Bis dahin braucht es auf Bundesebene
eine Reform des Mietrechts, damit die Mehrheit der Mieter*innen nicht mehr als 30 Prozent
ihres Nettoeinkommens für Wohnen aufbringen müssen. Sollte das nicht gelingen, werden wir
auch im Anschluss an den aktuellen Mietendeckel alle Maßnahmen ergreifen, um den
Mietenanstieg in der Stadt auch zukünftig zu begrenzen. Dazu werden wir alle Möglichkeiten
nutzen und ein Mietenkataster aufbauen. Ein solches Kataster kann Grundlage für ein
Wohnraumbewirtschaftungsgesetz sein. Ziel ist, in Berlin dauerhaft bezahlbare Mieten zu
sichern und ebenfalls sicherzustellen, dass Gewerbe und Immobilienkaufpreise nicht durch die
Decke gehen.
Bei Wohnungen in öffentlicher Hand haben wir hohe Ansprüche an die Gemeinwohlorientierung.
Darum entwickeln wir das Wohnraumversorgungsgesetz und die Kooperationsvereinbarung mit den
städtischen Wohnungsunternehmen weiter zu einem Wohnungsgemeinwohlgesetz. Der öffentliche
Wohnungssektor stellt sicher, dass auch Menschen mit geringem Einkommen die Miete zahlen
können. Das wollen wir weiterhin gesetzlich sicherstellen. Beim landeseigenen Berlinovo-
Konzern fordern wir eine tiefgreifende Strukturreform hin zu mehr Transparenz und
Gemeinwohl.
Eigentum verpflichtet, und das muss sich auch in der Besteuerung niederschlagen. Höherer
Wert heißt höhere Steuerzahlung. Angesichts der komplexen Umsetzungsfragen wollen wir mit
einer Machbarkeitsstudie prüfen, ob eine Umwandlung zu einer Bodenwertsteuer sinnvoll und
durchführbar ist. Zusätzlich wollen wir die Grunderwerbsteuer progressiv ausgestalten. Sie
soll deutlich höher ausfallen als bislang für Transaktionen mit vielen Wohneinheiten und
niedriger als heute für Einzelkäufe.
Das Recht auf Umwandlung von bestehenden Mietshäusern in einzelne Eigentumswohnungen ist ein
wesentlicher Treiber der Immobilienspekulation. Wir wollen, dass der Bund den Ländern durch
die Änderung des Baugesetzbuches ermöglicht, die Umwandlung von Miets- in Eigentumswohnungen
konsequent zu unterbinden und den Erwerb von Wohneigentum auf Neubauinvestitionen zu
begrenzen. Sollte der Bund auch hier nicht handeln, werden wir prüfen, inwieweit wir, analog
zum Mietendeckel, auch als Land Berlin diesbezüglich tätig werden können.
Die Stadt zurückerwerben
Um Verdrängung und Immobilienspekulation zu stoppen und bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen,
streben wir in den nächsten 30 Jahren einen Berliner Wohnungsmarkt an, der zu 50 Prozent
gemeinwohlorientiert ist. Gemeinwohlorientiert sind für uns Eigentumsformen, die nicht auf
puren Profit und Spekulation ausgerichtet sind – wie zum Beispiel Genossenschaften,
Baugruppen, Berlins Wohnungsgesellschaften und Privatvermietende, die sich wie die
öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das Gemeinwohl verpflichten.
Wir haben in den Bezirken schlummernde Instrumente der Gesetzgebung aus der Mottenkiste
geholt: Mit dem Vorkaufsrecht verpflichten wir Käufer*innen mit Abwendungsvereinbarungen
dazu, ihrer Sozialpflichtigkeit nachzukommen, oder veranlassen den Aufkauf der fraglichen
Wohngebäude durch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft. Mit einer deutlichen
Erweiterung von Milieuschutzgebieten wollen wir diese Intervention zugunsten der betroffenen
Mieter*innen zukünftig auch stadtweit ermöglichen. Mit Genossenschaften, Stiftungen oder
Projekten wie dem Mietshäuser-Syndikat werden wir eine Kooperationsvereinbarung schließen.
Um die Gewerbevielfalt und den kleinteiligen Einzelhandel in den Kiezen zu erhalten und zu
fördern, eröffnen wir landeseigene Gewerbehöfe und planen weitere. Wir drängen außerdem auf
Bundesebene dafür, einen rechtlich bindenden Gewerbemietspiegel und einen fairen
Kündigungsschutz einzuführen. Den Milieuschutz wollen wir auch für Gewerbemieter*innen
einführen und die landeseigenen Wohnungsunternehmen sollen Gewerberäume kostengünstig
anbieten, um vor Ort den Gewerbearten Räume anzubieten, die darauf besonders angewiesen
sind.
Der Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ ist ein Weckruf an die Politik, dass
dem im Grundgesetz festgeschriebenen Leitsatz „Eigentum verpflichtet“ auch im Bereich Wohnen
und Boden Geltung verschafft werden muss. Wir unterstützen die Ziele des Volksbegehrens.
Zentral dabei ist, die Mieter*innen zu schützen, Spekulationen Einhalt zu gebieten und den
gemeinwohlorientierten Wohnungsbestand zu erhöhen.
Wir wollen, dass der Staat wieder auf Augenhöhe mit Wohnungsunternehmen verhandeln und
agieren kann. Wir würden uns wünschen, dass die Umstände uns nicht zwingen, die
Vergesellschaftung als letztes Mittel anzuwenden, um den verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen
zu können. Wenn Wohnungsunternehmen sich jedoch weigern, ihrer sozialen Verantwortung
nachzukommen, wird die öffentliche Hand, auch durch ein Volksbegehren gestützt, diesen
Schritt gehen. Wenn es um die Durchsetzung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums geht,
müssen qualitative Kriterien zur Bewertung kommen, die Diskussion um rein quantitative
Obergrenzen sehen wir kritisch.
Aktive, transparente und faire Bodenpolitik
Doch es geht uns nicht nur um die Häuser: Wir wollen auch einen transparenten Umgang mit
öffentlichen Liegenschaften und eine aktive Bodenpolitik. Dazu werden wir ein transparentes
Flächenmanagement mit Hilfe eines öffentlichen Liegenschaftskatasters einführen. Seinen
Boden soll Berlin behalten, Bodenvermögen konsequent vermehren und eine
Erbbaurechtsstrategie implementieren. Landeseigene Grundstücke werden nicht mehr
privatisiert. Das wollen wir in einem Bodensicherungsgesetz festschreiben.
Die strategische Ankaufspolitik, die mit der grünen Regierungsbeteiligung begonnen hat,
wollen wir fortsetzen. Diese Politik soll mithilfe der neu gegründeten Landesgesellschaft
„Berliner Bodenfonds“ ausgeweitet werden Darüber hinaus wollen wir die Gründung einer
genossenschaftlichen Ankaufagentur unterstützen und die bürger*innenschaftliche und
gemeinwohlorientierte Stadtbodenstiftung nach dem Vorbild von Community Land Trusts stärken.
Ein zentrales Problem beim Ankauf von Grundstücken und bei der Ausübung des Vorkaufsrechts
sind die explodierten Bodenpreise, aus denen sich der Verkehrswert einer Immobilie
berechnet. Hier werden wir im Bundesrat für eine Neuregelung im Bundesbaugesetzbuch kämpfen.
Wir wollen, dass der nachhaltige Ertrag einer Immobilie genutzt wird, um den Verkehrswert zu
ermitteln, und nicht die höchstmögliche Verwertung zählt.
3.2 Armut bekämpfen, Sicherheit geben und Perspektiven
schaffen
Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung ist Berlin noch immer eine Stadt, in der viele
Menschen von Armut betroffen oder bedroht sind. Armut kann jede*n treffen. Besonders
gefährdet sind ältere Menschen, Alleinerziehende, Menschen, die Arbeit suchen, oder Menschen
mit geringen oder plötzlich gar keinen Einkommen. Wir wollen ihnen soziale Sicherheit
garantieren und ihnen eine Perspektive geben. Um das zu erreichen, bedarf es eines
grundsätzlichen Umdenkens. Auf Bundesebene streiten wir für Garantiesicherungen in allen
Lebenslagen – für eine Kindergrundsicherung, eine Garantierente, die Überwindung des Hartz-
IV-Systems samt Abschaffung aller Sanktionen und einen deutlichen höheren ALG-II-Regelsatz.
Bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben haben wir in Berlin bereits wichtige Weichen neu
gestellt. Die Ausführungsvorschriften zur Übernahme von Kosten der Unterkunft haben wir so
verändert, dass Menschen ihre Wohnung nicht mehr verlieren, weil sie teurer wird.
Zehntausende Mieter*innen können so wieder ohne Angst vor Obdachlosigkeit leben. Und um
Menschen in Arbeit vor Armut zu schützen, haben wir den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro
angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und Freischaffende eingezogen. In all
diesen Feldern werden wir unseren Weg konsequent weitergehen.
Familien- und Kinderarmut bekämpfen
Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Familienarmut überwinden. Dabei geht es uns nicht nur
um die etwa 180.000 Kinder in Berlin, deren Eltern auf Transferleistungen angewiesen sind.
Wir kümmern uns um alle Kinder, die sozial, kulturell oder finanziell benachteiligt sind.
Seit wir 2016 Verantwortung übernommen haben, ist viel passiert. Von kostenfreier Kita- und
Hortbetreuung, dem kostenfreien Schulessen in der Grundschule oder dem kostenfreien ÖPNV-
Ticket für Schüler*innen profitieren insbesondere von Armut betroffene und bedrohte
Familien. Doch um diesen Familien nachhaltig zu helfen, müssen wir noch mehr tun. Deshalb
wollen wir die Familienpolitik auf Bundesebene vom Kopf auf die Füße stellen. Die ungerechte
Dreiklassenförderung von Freibeträgen, Kindergeld und Kinderregelsatz wollen wir mit einer
Kindergrundsicherung völlig neu und gerecht gestalten.
Doch auch in Berlin setzen wir vor Ort an: Um Familien und Kinder in allen Lebenslagen zu
erreichen, brauchen wir ein Netzwerk gegen Kinderarmut. Mit der Arbeit der „Landeskommission
zur Prävention von Kinder- und Familienarmut“, der Landesarmutskonferenz, des
Familienbeirates oder der LIGA sind Grundlagen erarbeitet worden. Jetzt geht es an die
Umsetzung. Wir wollen einen zentralen Informationsatlas mit allen Einrichtungen erstellen,
von den Tafeln über die Familienzentren bis zu Jugendfreizeiteinrichtungen. Das Netzwerk
soll so leistungsstark werden, dass der erste Schritt der Beratung auch der letzte ist, da
ein abgestimmtes Verfahren zur Unterstützung folgt. Prävention statt nachträgliches
Ausbügeln ist das Ziel. Starke Netzwerke brauchen starke Akteur*innen. Darum haben wir in
den vergangenen Jahren begonnen, gute Projekte auf Landesebene finanziell abzusichern. Die
Stadtteilmütter sind raus aus der unsicheren Projektförderung und sind mit festen Stellen in
den Bezirken gesichert. Gleiches gilt für die Babylots*innen, die Familien schon um die
Geburt eines Kindes betreuen. Es ist gelungen, die Arbeit der Lots*innen auf allen
Geburtsstationen in Berlin auszuweiten. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Familien in schwierigen Situationen brauchen besondere Unterstützung. Darum haben wir uns in
den vergangenen Haushaltsverhandlungen für ein „Flexibudget“ für die Bezirke eingesetzt.
Dies wollen wir nach der Wahl in allen Bezirken umsetzen. Die Sozialarbeiter*innen vor Ort
sollen die Möglichkeit bekommen, unkompliziert eine Familientherapie oder Jugendsozialarbeit
zu finanzieren, gerade dann, wenn Familien und Kinder zwischen den Paragraphen verloren zu
gehen drohen. Prävention stärken wir darüber hinaus, indem wir in den Familienbüros, die wir
etablieren wollen, nicht nur Leistungen der Ämter einfacher zugänglich machen, sondern die
Familienbüros auch mit Sozialarbeiter*innen ausstatten, die Eltern schnell und
unbürokratisch beraten können.
In einem Modellprojekt haben wir in den vergangenen Jahren im Bezirk Mitte eine besonders
intensive Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“, in denen kein Elternteil arbeitet,
getestet. Durch die Betreuung in einem eigenen Team ist es gelungen, mehr als 200 Personen
in Arbeit zu bringen. Ein Erfolg, den wir fortsetzen und auch in anderen Bezirken
wiederholen wollen.
Das Dickicht der Sozialbürokratie lichten – Hilfe auf Augenhöhe organisieren
Ein zentraler Hebel im Kampf gegen Armut ist, das Dickicht der Sozialleistungen so zu
ordnen, dass Menschen nicht länger im Unterholz der Sozialbürokratie verloren gehen.
Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration, psychosoziale Betreuung, Schuldner- und Suchtberatung
oder Kinder- und Familienbetreuung sollen überall Hand in Hand gehen, innovative Ansätze aus
einzelnen Jobcentern sollen auf alle anderen übertragen werden. Die Rädchen müssen vor Ort
ineinandergreifen. Damit Menschen genau die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Dafür
müssen die besten Modelle aus allen Bezirken zusammengetragen und Vorbild für die ganze
Stadt werden. In den Berliner Jobcentern wird sehr kreativ an Lösungen für jeden Einzelfall
gearbeitet. In Lichtenberg werden Menschen zusätzlich psychologisch betreut. In Mitte war
ein Projekt zur Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“ erfolgreich. In Neukölln
haben wir ein Präventionsteam aufgebaut, um Obdachlosigkeit zu vermeiden und Wege aus der
Krise zu zeigen. Wir wollen diese Ansätze bündeln und mit allen Bezirksämtern und der
Senatsverwaltung für Soziales eine landesweite Koordinierung etablieren. Für uns ist klar,
dass Betroffene in die Entwicklung der Angebote einbezogen werden müssen.
Orientierung am Sozialraum der Menschen
Auch die Arbeit der sozialen Träger wollen wir um die Bedürfnisse von Menschen organisieren
– nicht entlang bürokratischer Logiken. Die in der Jugendhilfe begonnene
„Sozialraumorientierung“ ist ein guter Schritt in diese Richtung. Mit der Verankerung im
Familienfördergesetz weiten wir diese Systematik auf andere Bereiche aus. In ganz Berlin
sollen lebensweltlich orientierte Räume definiert und Fachkonzepte der Zusammenarbeit
erarbeitet werden. Wir wollen Kiez-Teams aufbauen, die bei Meldungen Familien und
Einzelpersonen aufsuchen und Unterstützung leisten. Dabei sollen „Frühe Hilfen“,
Babylots*innen, die Stadtteilmütter, Sozialarbeiter*innen in Jugendeinrichtungen, die
Jobcenter oder die Schuldnerberatung eng miteinander kooperieren. Bei den sogenannten „67er-
Hilfen“ in der Sozialhilfe, also Leistungen zur Überwindung von sozialen Schwierigkeiten,
wollen wir eine einheitliche Anwendung in den Bezirken erreichen. Parallel soll die
Qualitätssicherung systematisiert und in ganz Berlin strukturiert werden, um Flexibilität
und hohe Qualität zu verbinden.
Armuts- und Sozialberichterstattung neu ordnen
Grundlage einer ressortübergreifenden Strategie muss eine integrierte Armuts-, Sozial- und
Gesundheitsberichterstattung sein. In Berlin gibt es ein umfassendes Berichtswesen zu einer
Vielzahl relevanter Themen: die Gesundheits- und Sozialberichterstattung, die
Umweltgerechtigkeitskarte, den Umweltatlas, Lärmkarten, die Obdachlosenzählung und vieles
mehr. Wir wollen den Wildwuchs an Analysen und Berichten systematisieren und zusammenführen.
So können wir noch besser als bisher gegenseitige Abhängigkeiten identifizieren und in die
politische Steuerung einfließen lassen. Das gilt auch für die Erfassung der Lage von
Obdachlosen. Die bundesweit erste systematische Obdachlosenzählung im Februar 2020 war ein
wichtiger, wenn auch methodisch stark verbesserungswürdiger Schritt. Nun muss eine
Professionalisierung folgen, um Angebote noch gezielter ausbauen zu können.
Das Konzept „Housing First“ ausbauen
Es ist in der Regel ein Bündel an Problemlagen, das in die Obdachlosigkeit führt. Um die
nötige Ruhe zu haben, das Bündel aufzuschnüren und zu lösen, braucht es einen geschützten
Raum, ein Dach über dem Kopf. Deswegen vermitteln Projekte mit dem Ansatz „Housing First“
Menschen als Allererstes in neue Wohnungen – mit dauerhaftem Mietvertrag – und begleiten sie
dann auf ihrem weiteren Weg. Dieses Konzept ist erfolgreich und deswegen wollen wir die
Rahmenbedingungen verbessern: Sozialen Trägern und kleinen gemeinwohlorientierten Projekten,
die für die spezifischen Gruppen selbst bauen wollen, soll es möglich sein, Bürgschaften
auch über die Stadt zu erhalten. Vorbild ist das sogenannte Generalmietermodell der Degewo
mit sozialen Trägern in Mitte, das wir landesweit durch alle landeseigenen
Wohnungsunternehmen etablieren wollen. Um das Konzept in größerem Umfang umsetzen zu können,
wollen wir Wohnungen auf Basis des Mietendeckels anmieten, um sie, begleitet von sozialer
und psychologischer Betreuung, Obdachlosen zur Verfügung zu stellen. Dabei stehen besonders
verletzliche Gruppen wie Frauen, Alleinerziehende, Minderjährige oder Menschen mit
Behinderung und Obdachlose mit hohem Alter im Mittelpunkt.
Besonders kompliziert ist die Unterstützung von EU-Bürger*innen, wenn sie keine Ansprüche
auf Sozialleistungen haben. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, Leistungsausschlüsse
abzuschaffen. In Berlin wollen wir eine Clearing-Stelle einrichten, die zentral die
Möglichkeiten prüft und, wenn nötig, Menschen auf Basis des Allgemeinen Sicherheits- und
Ordnungsgesetzes unterbringt.
Die letzte Haltelinie sind Notunterkünfte. Die Zahl der Plätze konnten wir in den
vergangenen Jahren deutlich ausbauen. Künftig wollen wir, dass mindestens 600 Plätze
ganzjährig zur Verfügung stehen. In der kalten Jahreszeit sollen im Rahmen der Kältehilfe
deutlich über 1.000 Plätze vorgehalten werden. Alle Plätze sollen stets mit
Beratungsangeboten verbunden sein: Jede Übernachtung in einer Notunterkunft soll eine Chance
auf einen Weg aus der Obdachlosigkeit bieten und neue Möglichkeiten aufzeigen.
Ein neues Landesamt für Unterbringung
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben –
egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung
verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen
zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt
für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem
neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln.
3.3 Gesundheit ganzheitlich denken
Gesundheitsversorgung ist öffentliche Daseinsvorsorge – das hätte nicht drastischer deutlich
werden können als in der Corona-Pandemie. Vorsorge zu treffen heißt immer in gute Strukturen
zu investieren, in der Hoffnung, dass sie nie gebraucht werden. Gesundheitsversorgung darf
nicht zur Profitmaximierung dienen, sondern muss sich am Wohl der Menschen orientieren.
Dabei geht es uns nicht nur um die Abwesenheit von Krankheit oder individuelles
Gesundheitsverhalten. Es geht um gesunde Lebensbedingungen, um körperliches, psychisches und
soziales Wohlbefinden, Selbstbestimmung und Teilhabe.
Wir haben viel für eine gute Versorgung für die Berliner*innen getan. Gerade in der Corona-
Pandemie war dies eine Herausforderung. Wir haben Kapazitäten aufgestockt, Personal in den
Gesundheitsämtern aufgebaut und für den Notfall ein Corona-Behandlungszentrum geschaffen.
Die Arbeit für gute Gesundheitsversorgung haben wir aber weit vor der Pandemie begonnen. Die
Investitionen in die Krankenhäuser haben wir auf den Bundesschnitt angehoben und dafür
gesorgt, dass Babylots*innen in allen Geburtsstationen der Berliner Krankenhäuser Eltern
beraten und begleiten. Wir haben dafür gesorgt, dass das Essen im Krankenhaus besser und
gesünder wird. Wir haben Stationsküchen finanziert und setzen auf regionale, saisonale und
nachhaltige Ernährung im Krankenhaus – am Bett und in der Kantine. Wir haben erreicht, dass
alle Berliner*innen Zugang zur gesundheitlichen Versorgung erhalten. Wir unterstützen
Menschen ohne Krankenversicherung dabei, sich zu versichern. Durch unseren Einsatz können
sich endlich auch Menschen ohne gültigen Aufenthaltstitel mit einem anonymen Krankenschein
behandeln lassen. Damit ist Berlin das einzige Bundesland, in dem der Zugang zur
hausärztlichen Versorgung so umfassend möglich ist. Der neue und bislang einzigartige
Checkpoint BLN am Hermannplatz bietet unter einem Dach niedrigschwellig Beratung, Prävention
(u. a. HIV-PrEP), Tests und Behandlung rund um die sexuelle Gesundheit, insbesondere zu
HIV/AIDS.
Den öffentlichen Gesundheitsdienst und das Gesundheitssystem krisenfest machen
Trotz dieser wichtigen Schritte bleibt vieles zu tun. Ein zentraler Baustein ist der
öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD). Über Jahrzehnte wurde der ÖGD kaputtgespart. In der
Corona-Pandemie wurde allen deutlich, dass sich Sparen an dieser Stelle rächt. Wir brauchen
einen starken ÖGD und wollen ihn darum mit den nötigen Kompetenzen und Ressourcen
ausstatten, um eine lokale, sozialraumorientierte Vernetzung voranzutreiben. Der ÖGD soll
die Kompetenz erhalten, integrierte Versorgungsangebote zu entwickeln. Daher werden wir
systematisch auch neuere Berufsgruppen wie Public-Health-Absolvent*innen, Epidemiolog*innen
oder Gesundheitswissenschaftler*innen in den ÖGD einbeziehen. Und wir setzen uns dafür ein,
dass Famulaturen im Medizinstudium sowie das praktische Jahr auch in den Gesundheitsämtern
absolviert werden können. Wir wollen den Beruf der*des Amtsärzt*in attraktiver machen und
die Voraussetzungen schaffen, dass die gesamte Ausbildung zur Fachärzt*in für den
öffentlichen Gesundheitsdienst auch in Berlin absolviert und finanziert werden kann. Mit
neuer Soft- und Hardware befähigen wir den ÖGD, die vielfältigen Aufgaben zu erledigen. Um
vor Ort erfolgreich aktiv sein zu können, wollen wir erreichen, dass der ÖGD die Vielfalt
unserer Gesellschaft widerspiegelt.
Gesundheits- und Pflegeberufe attraktiver machen und in die Infrastruktur investieren
Therapeut*innen und Ärzt*innen, Pflegepersonal, Psycholog*innen und die Mitarbeiter*innen in
den Gesundheitsämtern – es gibt viele Berufsgruppen, die für gute gesundheitliche Versorgung
wichtig sind. Wir wollen die noch nicht organisierten Gesundheits- und Pflegeberufe bei
ihren jeweiligen Professionalisierungsprozessen unterstützen, wenn möglich und gewollt auch
in Berufskammern. Damit auch zukünftig genügend Nachwuchs in diesen Berufen zur Verfügung
steht, werden wir die Arbeitsbedingungen verbessern, zum Beispiel mit festen
Personalschlüsseln und einer Senkung der Arbeitsstunden. Auch die Ausbildung muss
attraktiver werden, etwa indem wir ermöglichen, alle Ausbildungs- und Studiengänge auch in
Teilzeit zu absolvieren.
Trotz deutlicher Anhebung der Investitionen in die Berliner Krankenhäuser bleibt hoher
Investitionsbedarf. Wir werden die Investitionen weiter anheben, nicht nur, um den Status
quo zu halten, sondern auch, um Zukunftsprojekte wie die Digitalisierung der
Gesundheitsversorgung voranzubringen.
Integrierte Gesundheitszentren vor Ort schaffen
Gesundheit wird von vielen Faktoren beeinflusst, neben der physischen und der psychischen
Verfassung spielen auch die Wohnbedingungen, der Beruf und die soziale Lage eine wesentliche
Rolle. In unserem aktuellen Gesundheitssystem gibt es für alles Spezialist*innen – aber viel
zu selten werden die verschiedenen Bedingungen und die unterschiedlichen Fachdisziplinen
zusammengebracht. Das Gesundheitskollektiv (GeKo) im Rollbergkiez macht es anders: Hier
arbeiten verschiedene Berufsgruppen zusammen und treten gemeinsam mit den Menschen im Kiez
für die Gestaltung gesundheitsförderlicher Lebenswelten ein. Behandlungen erfolgen
disziplinübergreifend und auf Augenhöhe mit den Behandelten. Die Bedürfnisse der
Anwohner*innen im Kiez werden einbezogen, gleichzeitig unterliegt das Projekt regelmäßiger
Evaluation. Wir wollen nach dem Vorbild des GeKos mehr integrierte, lokale und
interprofessionelle Gesundheitszentren schaffen.
Gesundheit in allen Politikbereichen mitdenken
Gesundheit ganzheitlich zu denken heißt, Gesundheitspolitik in allen Politikfeldern zu
verankern. Wir folgen dem „Health in All Policies“-Ansatz der WHO, denn Gesundheit entsteht
weder im Krankenhaus noch in der Arztpraxis, sondern im Alltag – dort, wo Menschen leben,
arbeiten, zur Kita oder zur Schule gehen und ihre Freizeit verbringen. Auch Klimaschutz ist
Gesundheitsschutz – Luftverschmutzung und Lärm machen krank. Mit der Verkehrswende schützen
wir vor allem die Gesundheit derer, die bisher an lauten und stickigen Straßen leben müssen.
Wir wollen künftig Gesetzesvorhaben in allen Politikbereichen auch auf ihre Auswirkungen auf
die Gesundheit prüfen.
HIV/Aids besiegen
Berlin hat das Ziel der Vereinten Nationen übernommen, bis 2030 die Zahl der HIV-
Neuinfektionen auf null zu senken. Mit der Einführung der PrEP und den Erfolgen in der
Gesundheitsversorgung in den letzten Jahren konnten wir wichtige Schritte gehen. Unser Ziel
für die kommenden Jahre lautet „95-95-95“: 95 Prozent der HIV-Infizierten sollen von ihrer
Infektion wissen, 95 Prozent davon Zugang zur Behandlung haben und 95 Prozent der
Behandelten „unter der Nachweisgrenze“ sein, damit eine Übertragung des HI-Virus nicht mehr
möglich ist. Um das zu erreichen, wollen wir die Infrastruktur zu Versorgungsstrukturen
weiter verbessern.
Gut versorgt von Anfang an – wir unterstützen Hebammen und Familienplanung für alle
Zur Gesundheit gehört auch, Anfang und Ende des Lebens gut zu begleiten. Hebammen und
Geburtshelfer begleiten den Weg ins Leben und sind für viele Frauen sowohl während der
Schwangerschaft als auch während und nach der Geburt wichtige Bezugspersonen. Dass
Schwangere in Berlin kaum noch eine Hebamme finden, die sie im Wochenbett betreuen kann, ist
ein unhaltbarer Zustand. Wir wollen allen Frauen aber weiterhin eine selbstbestimmte und
sichere Geburt ermöglichen. Am Runden Tisch Geburtshilfe haben wir deshalb vereinbart, die
Ausbildungskapazitäten für Hebammen zu erhöhen, sie mit Service-Parkausweisen im Alltag zu
unterstützen und mit einer digitalen Plattform die Hebammensuche zu erleichtern. Zusätzlich
haben wir in Berlins Kreißsäle investiert und wir wollen die Arbeitsbedingungen für Hebammen
verbessern, indem wir mehr Hebammen in die Kreißsäle bringen. Auf Bundesebene setzen wir uns
dafür ein, dass die Vergütungen angehoben und Versicherungsbeiträge übernommen werden und es
dazu auch verbindliche Personalschlüssel in den Krankenhäusern gibt.
Damit alle, die sich ein Kind wünschen, die bestmögliche Unterstützung bekommen, wollen wir
die Reproduktionsmedizin ausbauen und uns dafür einsetzen, dass sie auch
gleichgeschlechtlichen Paaren von der Krankenkasse finanziert wird.
Zur Familienplanung gehört aber auch, sich frei gegen ein Kind entscheiden zu können.
Beratung im Fall von Schwangerschaftskonflikten muss deshalb niedrigschwellig zugänglich
sein und wir kämpfen weiterhin für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.
Selbstbestimmt und würdevoll bis zum Schluss
Auch das Sterben gehört zu einem ganzheitlichen Blick auf die Gesundheitsversorgung: Wir
wollen, dass Menschen selbstbestimmt und gut versorgt ihre letzte Lebensphase verbringen
können. Doch insbesondere in dieser Lebensphase sind Menschen oft kaum oder gar nicht mehr
in der Lage, für ihre eigenen Bedürfnisse einzustehen. Umso wichtiger ist, dass vorher eine
gute Aufklärung über Versorgungsvollmachten und eine Patientenverfügung stattfindet. Deshalb
wollen wir die Strukturen dafür ausbauen. Darüber hinaus wollen wir eine Beratungsstelle für
Palliativmedizin einrichten, die über die Möglichkeiten der Versorgung im Hospiz oder
zuhause transparent informiert. Palliativmedizin ist aus gesundheitsökonomischer Sicht oft
unattraktiver als die medizinische Behandlung durch Operationen und intensivmedizinische
Maßnahmen. Umso wichtiger ist es, Ärzt*innen so aus- und weiterzubilden, dass für sie die
Wünsche der Behandelten im Fokus stehen und lebensverlängernde Maßnahmen, die von den
Betroffenen häufig als quälend empfunden werden, nicht um jeden Preis durchgeführt werden.
Förderung psychischer Gesundheit und gute wohnortnahe Versorgungsangebote
Unser Gesundheitsverständnis umfasst ausdrücklich das psychische Wohlbefinden. Durch unsere
Politik wollen wir die Lebensbedingungen in Berlin so gestalten, dass sie einen positiven
Einfluss auf die psychische Gesundheit ausüben und die Resilienz stärken. Darüber hinaus
wollen wir – u. a. im Rahmen des Präventionsgesetzes – konkrete Angebote schaffen und
ausbauen, die dabei helfen, mit psychischen Belastungen umzugehen und Krisen besser zu
bewältigen.
Von der Gesundheitsförderung und Prävention über die Beratung bis hin zur Behandlung und
Rehabilitation setzen wir auf sozialraumorientierte und wohnortnahe, miteinander vernetzte
Angebote. Dabei fördern wir die Partizipation durch den Trialog und Peer-Ansätze sowie den
Abbau von Zwang. In der Versorgung gilt für uns die Maxime: ambulant vor teilstationär vor
stationär. Unser Plan ist, innovative Finanzierungs- und Steuerungsmodelle sowie neue
Angebotsformen zu fördern. Wir wollen den ÖGD hinsichtlich Beratung und Begleitung stärken.
Das Psychiatrieentwicklungsprogramm wollen wir endlich weiterentwickeln und einen
datengestützten Landespsychiatrieplan etablieren.
Ein neues „Landesprogramm Psychische Gesundheit“ soll die vielfältigen Angebote zur
Förderung psychischer Gesundheit, zur psychosozialen und psychiatrischen Unterstützung und
Versorgung sowie ein neues Berliner Suchtkonzept unter einem Dach vereinen.
3.4 Selbstbestimmt im Alter. Wir machen die Pflege
stark
Wir Berliner*innen leben immer länger. Wir wollen, dass Menschen egal welchen Alters
selbstbestimmt und in Würde ihr eigenes Leben gestalten können, gleich woher sie kommen, wie
dick ihr Portemonnaie ist oder wie pflegebedürftig sie sind. Dafür wollen wir die richtigen
Rahmenbedingungen schaffen. Ältere, auch an Demenz erkrankte Menschen sollen weiter ihre
Fähigkeiten einbringen und ihr Umfeld mitgestalten, auch die Hilfs- und
Unterstützungsangebote oder den barrierefreien Umbau ihrer Wohnung und der Einrichtungen im
Kiez. Und wer Pflege benötigt, soll sie in bester Qualität erhalten. Dafür setzen wir uns
ein, auf Landes- wie Bundesebene und im Schulterschluss mit Pflegebedürftigen,
Pflegefachkräften und pflegenden Angehörigen.
Im Kiez verortet
Wir wollen die Lebensbedingungen Älterer in Berlin so gestalten, dass sie so lange wie
möglich in ihren eigenen vier Wänden leben und am gesellschaftlichen Leben im Kiez teilhaben
können. Wir denken sozialräumlich und haben in den letzten Jahren die Pflegestützpunkte
ausgebaut und mit mehr Ressourcen ausgestattet, um das zu ermöglichen. Darüber hinaus
fördern wir die Gesundheit im Alter und ermöglichen mit inklusiven,
generationenübergreifenden Projekten Begegnungen, bei denen wir Menschen über die eigene
Community hinaus zusammenbringen.
Vielfalt der Pflege- und Wohnformen
Wir streben eine breite Mischung zielgruppengerechter Pflege- und Wohnformen an und wollen
alternative Wohn- und Pflegeformen ausbauen. Perspektivisch sollen große Heimeinrichtungen
abgelöst werden, wir fördern kleine, in Quartieren angebundene und vernetzte
Versorgungseinrichtungen. Sie bieten quartiersnahe, sozialintegrative und inklusive
Beratung, Pflege und Betreuung älterer Menschen. Um eine gute Qualität sicherstellen und
kontrollieren zu können, haben wir das Wohnteilhabegesetz überarbeitet. Besonders wichtig
war uns dabei die Anbindung von Einrichtung und Wohngemeinschaften an den jeweiligen
Sozialraum.
Mit einem Kompetenzzentrum Pflegewohnformen wollen wir Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf
beraten. Die Mitarbeiter*innen des Zentrums sollen auch Pflegeheime beraten, die ihr Angebot
in Richtung Quartier öffnen wollen. Darüber hinaus werden wir altersgerechtes und
barrierefreies Wohnen ausbauen, der Bedarf wächst stetig. Auch Pflegeeinrichtungen und
gerade Pflegewohngemeinschaften sind von Verdrängung bedroht. Wir brauchen in allen Kiezen
Pflegeeinrichtungen.
Gerade weil der Bedarf an Pflegeunterstützung wächst, werden wir eine
Stadtentwicklungsplanung für Pflege und Senior*innen anstoßen, die vorhandene Strukturen und
weitere Bedarfe aufschlüsselt und absichert. Da in den Bezirken ein großes Wissen über die
Bedarfe und Besonderheiten der einzelnen Kieze herrscht, sollen sie eng eingebunden werden.
Für uns ist klar, dass Pflege die vielfältigen Hintergründe der Berliner*innen abbilden
muss. Wir setzen uns für diversitäts- und geschlechtersensible Pflege ein. Gerade in einer
Einwanderungsgesellschaft gilt es Diversity-Kompetenzen auszubauen, bei Einstellungen auf
Diversität zu achten und im Ausland erworbene Ausbildungsabschlüsse in Pflege- und
Gesundheitsberufen leichter anzuerkennen. Mit den Pflegestützpunkten der interkulturellen
Öffnung und der LSBTIQ*-sensiblen Beratung sind wir erste Schritte gegangen – diesen Weg
wollen wir weitergehen.
Gute Pflege braucht gute Arbeitsbedingungen
Gute Pflege steht und fällt mit den Mitarbeiter*innen. Pflegekräfte sind systemrelevant, das
spiegelt sich aber bisher nicht ausreichend in den Arbeitsbedingungen wider. Das wollen wir
ändern. Mit dem Berliner Bündnis für Pflege wurden in den letzten Jahren bereits
Handlungsfelder identifiziert, um Fachkräfte in der Pflege zu halten. Jetzt kommt es auf die
Umsetzung an, denn wir sind als Gesellschaft auf gute Pflege angewiesen. Eine Pflegekammer,
wie sie mehrheitlich von den Berliner Pflegenden gewünscht wird, unterstützen wir
ausdrücklich.
Wir wollen verbindliche Personalschlüssel statt Personaluntergrenzen, Mobilitätsangebote,
gerade für Nachtschichten und Beschwerdestellen, um Verstöße gegen den Arbeitsschutz zu
melden. Wir unterstützen die Selbstverwaltung der Pflegekräfte in Form von Pflegekammern und
regen das auch für andere Heilberufe an. Wir fordern mehr Teilzeitausbildungen und die
Finanzierung der berufsbegleitenden Ausbildung zum*zur Altenpfleger*in. Im Ausland erworbene
Ausbildungsabschlüsse von Pflege- und Gesundheitsberufen, ob innerhalb oder außerhalb der EU
erworben, sollen leichter anerkannt werden. Auch in der ambulanten Versorgung müssen die
Arbeitsbedingungen verbessert werden, damit zu pflegende Menschen möglichst lange in ihrer
eigenen Wohnung bleiben können. Viele ausgebildete Kräfte arbeiten nicht mehr in ihrem Beruf
– mithilfe von besseren Arbeitsbedingungen wollen wir sie zurückgewinnen.
Pflegende Angehörige besserstellen
Pflegende Angehörige bilden eine der tragenden Säulen der häuslichen Pflege. Rund 200.000
Berliner*innen betreuen und versorgen ihre pflegebedürftigen Angehörigen. Wir wollen sie
stärker ins Versorgungsnetz einbinden und ihre Leistungen besser würdigen. So wollen wir ihr
Recht auf Mitsprache ausbauen und sie besser informieren und entlasten. Das Kompetenzzentrum
Pflegeunterstützung zur Entlastung von pflegenden Angehörigen und anderen Bezugspersonen
soll ausgebaut und verstetigt werden. Als Berliner Landesregierung haben wir bereits eine
Bundesratsinitiative zur Einführung eines Familienpflegegeldes gestartet, eine
Lohnersatzleistung ähnlich dem Elterngeld. Hier werden wir weiter Druck machen.
3.5 Inklusives Berlin – Teilhabe für Menschen mit
Behinderung
Die Berliner Stadtgesellschaft soll inklusiv werden. Wir wollen eine Gesellschaft, in der
alle Menschen mit und ohne körperliche, psychische oder kognitive Behinderung
gleichberechtigt und selbstbestimmt teilhaben, ohne auf Barrieren zu stoßen. In Berlin leben
rund 350.000 Menschen mit einem Grad der Behinderung von über 50 Prozent, das ist fast jede
zehnte Person. Unsere Vorstellung einer inklusiven Gesellschaft ist aber für noch viel mehr
Menschen wichtig. Aufzüge an Bahnhöfen nutzen auch Eltern mit Kinderwagen, auf
barrierefreies Wohnen sind im Alter fast alle angewiesen. Für ganz Berlin ist es zentral,
dass wir Barrieren einreißen, wo immer sie noch stehen.
Seit dem 1. Januar 2020 ist das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) voll in Kraft. Wir
Bündnisgrüne mahnen auf Bundesebene tiefgreifende Nachbesserungen an. Gleichzeitig arbeiten
wir in Berlin an der Umsetzung, um das Beste herauszuholen. In allen Bezirken wird am Aufbau
sogenannter „Häuser der Teilhabe“ gearbeitet. Dort sollen Menschen mit Behinderung künftig
Beratung, Unterstützung und Begleitung rund um das Thema Eingliederungshilfe finden. Für den
Aufbau der Häuser und die fachliche Koordination werden jedem Bezirk seit 2020 zusätzlich
zwei Stellen von Seiten des Landes zur Verfügung gestellt. Auch beim barrierefreien Umbau
der Stadt haben wir wichtige Schritte gemacht, zum Beispiel bei Bus und Bahn. Unser
Mobilitätsgesetz schreibt den Anspruch auf barrierefreie Mobilität fest und wir investieren
jedes Jahr Millionen, um dem Ziel der Barrierefreiheit näher zu kommen.
„Häuser der Teilhabe“ ermöglichen umfassende Beratung
In den kommenden Jahren geht es um die konkrete Umsetzung vor Ort – diese wollen wir gezielt
vorantreiben. Zum 1. Januar 2022 sollen alle bezirklichen „Häuser der Teilhabe“ gegründet
sein. Wir wollen in den Häusern multiprofessionelle Teams zusammenbringen, um die Beratung
so umfassend wie möglich zu gestalten. Den Rahmen für einheitlich hohe Standards der
Umsetzung sollen Zielvereinbarungen bilden, die wir zwischen Land und Bezirken entwickeln
und stetig weiterentwickeln wollen. Etikettenschwindel, also ein neues Label und die
Fortführung der bisherigen Praxis der Sozialhilfe, werden wir nicht zulassen. Bei der
Umsetzung werden wir darauf achten, dass die Bedarfsermittlung, wie durch das
„Teilhabeinstrument Berlin“ (TIB) vorgesehen, neben Gesundheitsaspekten auch den
Lebenskontext von Menschen berücksichtigt. Dabei stellen wir sicher, dass in allen „Häusern
der Teilhabe“ und auch in den Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs-
und Unterstützungszentren (SIBUZ) aller Bezirke eine Beratung zu allen Rechtekreisen
erfolgen kann sowie alle erforderlichen Anträge an einem Ort zur Verfügung stehen.
Für Inklusion in allen Lebensbereichen
Der Arbeitsmarkt in Berlin muss inklusiver werden. Dabei gilt für uns die Prämisse:
Inklusion hat Vorrang. Daher wollen wir die Werkstätten so weiterentwickeln, dass sie nicht
zur Endstation werden, sondern der Befähigung zur Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt dienen.
Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitsplätzen sind gesetzlich verpflichtet, wenigstens auf fünf
Prozent der Arbeitsplätze Menschen mit Schwerbehinderung zu beschäftigen. Noch immer zahlen
aber zu viele Arbeitgeber*innen lieber die entsprechende Ausgleichsabgabe. Um das zu ändern,
werden wir Betriebe mit einer hohen Zahl von Mitarbeiter*innen mit Behinderung stärker
fördern und Aufträge der öffentlichen Hand vermehrt an solche „Inklusionsbetriebe“ vergeben.
Auch Bus und Bahn müssen in Berlin barrierefrei werden. Den Umbau aller Bahnhöfe und
Haltestellen im Verkehrsverbund mit einem barrierefreien Zugang werden wir schnellstmöglich
abschließen. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, die Anzahl der Inklusionstaxis im
öffentlichen Raum deutlich zu erhöhen, um echte Mobilität für alle zu verwirklichen. Bei der
Konzessionsvergabe für private Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen wollen wir Inklusion
zu einer Bedingung machen.
Barrierefreier Wohnraum ist nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern auch für ältere
Menschen wichtig. Unser Ziel für 2035 ist, dass 15 Prozent des gesamten Wohnraumes
barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Um hier zügig voranzukommen, wollen wir die
Umsetzung der Berliner Bauordnung konsequent prüfen, um sicherzustellen, dass die Vorgaben
zum barrierefreien Wohnen eingehalten werden. Beim Neubau wollen wir entsprechende Quoten
zur Steigerung der Anzahl barrierefreier Wohnungen einziehen.
Unser Ziel sind inklusive Schulen in einer inklusiven Gesellschaft. Beides bedingt sich
gegenseitig. Ein gegliedertes Schulsystem erschwert dieses Ziel. Nach und nach wollen wir
unsere Schulen so befähigen, dass alle Kinder gemeinsam an Regelschulen lernen. Die
Mitarbeiter*innen der Förderschulen brauchen wir an den Regelschulen zur individuellen
Betreuung der Kinder mit Behinderung weiterhin.
Zur barrierefreien Sanierung von Nachbarschaftszentren und anderen sozialen Begegnungsräumen
werden wir ein Landesförderprogramm auflegen und mit den Sportvereinen Berlins werden wir
weiter daran arbeiten, auch die Vereine für Menschen mit Behinderung zu öffnen.
Ein großer Teil des Lebens spielt sich online ab. Mit der gesetzlichen Umsetzung der EU-
Richtlinie zu barrierefreien Online-Angeboten öffentlicher Stellen hat Berlin einen
wichtigen Schritt getan. Die praktische Umsetzung wollen wir nun beschleunigen. Das gilt
zuallererst für die Seiten der Senatsverwaltungen und Bezirksämter. Bei der Neukonzeption
von www.berlin.de muss die digitale Barrierefreiheit schon in der Planung umfassend
mitgedacht werden.
Inklusion erfordert ein Umdenken von vielen. Aber es lohnt sich – am Ende ist eine inklusive
Gesellschaft eine bessere Gesellschaft für alle.
3.6 Drogenpolitik – Prävention, Aufklärung,
Unterstützung und Selbstbestimmtheit
Drogen sind Teil der Gesellschaft und kaum eine Debatte wird so irrational geführt wie die
um den richtigen Umgang damit. Wir Bündnisgrüne stehen für einen vernünftigen,
evidenzbasierten Ansatz, der sich an Fakten orientiert, Menschen durch Prävention und
Aufklärung schützt und damit Verbraucherschutz gewährleistet, Abhängigen unkompliziert Hilfe
zukommen lässt und die Selbstbestimmung aller respektiert.
Drogen nach Gefährdungspotential unterscheiden
Die tödlichste Droge in Deutschland ist Tabak. Etwa 15 Millionen Menschen deutschlandweit
rauchen, rund 120.000 Menschen sterben jährlich an den Folgen des Rauchens, viele Millionen
sind schwer nikotinabhängig. Am gefährlichsten für Unbeteiligte ist Alkohol und Millionen
Menschen in Deutschland sind medikamentenabhängig. Die am weitesten verbreitete illegale
Droge ist mit ca. vier Millionen Konsument*innen Cannabis. Tatsächlich ist die
Unterscheidung zwischen legalen Suchtmitteln auf der einen und illegalen Drogen auf der
anderen Seite nicht sinnvoll und historisch vor rund 100 Jahren willkürlich getroffen
worden. Da sind wir uns mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter einig. Statt willkürlicher
Kriterien wäre eine Regulierung nach tatsächlichem Gefährdungspotential ein wichtiger
Schritt – hier ist die Bundespolitik in Verantwortung. Einen großen Unterschied macht, wie
Drogen konsumiert werden: moderat, selbstbestimmt und aufgeklärt oder riskant und in
kriminalisierten, ungeschützten Räumen. Politik muss sich an diesen Erkenntnissen
orientieren. Ideologische Debatten lehnen wir ab.
In Berlin schon viel erreicht – was fehlt, sind andere Regelungen auf Bundesebene
In den vergangenen Jahren haben wir Schritte in die richtige Richtung gemacht. Wir haben ein
Werbeverbot für Tabak und Alkohol auf kommunalen Werbeflächen erreicht. Mit einem Pilot-
Projekt zum Drug-Checking in Clubs werden wir einen Weg einschlagen, der Menschen vor
gefährlichen, gepanschten Drogen schützt, Drogenkonsumräume haben wir in den Bezirken
geplant und geschaffen. Dort sind neben sicherem Konsum vor allem Aufklärung, Beratung und
Unterstützung möglich. Die „Null-Toleranz-Zonen“ für den Besitz von Cannabis haben wir
abgeschafft, da sie kein Problem gelöst und den Handel nur in Hauseingänge und auf
Spielplätze verlagert haben. Was fehlt, sind andere Regelungen auf Bundesebene. Gemeinsam
mit der grünen Fraktion im Deutschen Bundestag wurde mit unserem „Cannabiskontrollgesetz“
ein sehr konkreter Weg zur Legalisierung entwickelt, den wir auch weiter vorantreiben
werden.
Aufklärung und Prävention ausbauen
In Berlin werden wir weiterhin an unserer Linie einer evidenzbasierten, zielorientierten
Drogenpolitik festhalten. Dazu werden wir Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen ausbauen.
Der Jugend- und Gesundheitsschutz sowie die Aufklärung von Verbraucher*innen und damit der
Verbraucherschutz haben dabei für uns höchste Priorität. Dabei nehmen wir nicht nur
substanzbezogene Abhängigkeiten in den Blick, sondern werden auch Programme der Prävention
vor nicht substanzgebundene Süchte, beispielsweise Glücksspiel oder Computerspiele, weiter
ausbauen. Die Werbung für Tabak und Alkohol wollen wir in einem nächsten Schritt auf allen
Werbeflächen in Berlin verbieten und dazu die rechtlichen Möglichkeiten im Detail prüfen.
Den Nichtraucherschutz wollen wir konsequent umsetzen, Kellner*innen und Barkeeper*innen
schützen wir damit und wir halten das gesellschaftliche Leben auch für Menschen mit
Vorerkrankungen offen. Für bestimmte Raucherkneipen wollen wir Lizenzen vergeben, um hier
mehr Klarheit für Betreiber*innen und Gäste zu schaffen.
Wir nehmen die Sorgen und Ängste der Menschen rund um Drogenhotspots ernst und werden mit
voller Kraft für eine Verbesserung kämpfen. Solange keine kontrollierte Abgabe diese
Hotspots komplett verschwinden lässt, werden wir mit Programmen zur sicheren
Spritzenentsorgung, zu häufigen Reinigungszyklen in Parks und auf Spielplätzen sowie mit
gezielten Kontrollen die Situation vor Ort verbessern. Denn Spritzen und Drogen haben auf
Spielplätzen nichts verloren.
Beratung und Selbsthilfe stärken
Beratungs- und Selbsthilfeangebote wollen wir ausbauen, genau wie Drogenkonsumräume. Unser
Ziel sind Drogenkonsumräume und Spritzenprogramme in allen Bezirken Berlins. Mit einer
stärkeren aufsuchenden Sozialarbeit wollen wir Menschen erreichen, die drogenabhängig und
dringend auf Unterstützung angewiesen sind, den Weg in die Beratung aber nicht alleine
schaffen. Das Drug-Checking werden wir weiter vorantreiben, so dass es sich zur anerkannten
Normalität in Berlins Nachtleben entwickelt – immer kombiniert mit Angeboten zur Beratung
und Hilfe zum Ausstieg aus dem Drogenkonsum. Dafür wollen wir mehr mobile Drug-Checking-
Teams auf den Weg bringen, die die Erreichbarkeit verbessern. Die Sucht- und
Präventionsarbeit im Strafvollzug soll weiter ausgebaut werden. Zentral ist dabei für uns,
dass saubere Spritzen zur Verfügung stehen, die Möglichkeit der Opioid-Substitution und die
Diamorphintherapie für Betroffene sowie eine nahtlose Anschlussversorgung und medizinisch-
psychologische Betreuung nach der Haftentlassung.
Schwarzmarkt austrocknen
Um den Schwarzmarkt auszutrocknen, arbeiten wir weiter daran, Cannabis zu legalisieren.
Solange es auf Bundesebene keine neue gesetzliche Regelung gibt, halten wir an unserem Ziel
eines Modellprojektes zur legalen Abgabe von Cannabis in Berlin fest. Die nicht verfolgbare
geringe Menge für Cannabis zum Eigenbedarf wollen wir anheben und auch für andere illegale
psychoaktive Substanzen entsprechende geringe Mengen festlegen, die strafverfolgungsfrei
bleiben. Damit entlasten wir Polizei und Justiz massiv. Auch den Parks, die von massiven
Dealertätigkeiten belastet sind, und deren Anwohner*innen wollen wir dazu verhelfen, wieder
mehr Ruhe und Sauberkeit zu finden. Frei gewordene Kapazitäten wollen wir so weit möglich
für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität einsetzen, die maßgeblich durch den
internationalen Drogenhandel begünstigt wird.
Drogenpolitik ist auch Friedenspolitik
Weltweit sorgt der Handel mit Drogen für Gewalt, Konflikte und Kriege. Bei kaum einem
anderen Politikfeld ist die Verbindung zwischen unserer Politik hier und der Lage der Welt
so unmittelbar. Um Leid und Tod infolge dieser Konflikte zu beenden, arbeiten wir daran, den
internationalen Drogenhandel zu unterbinden. Das gelingt nicht durch die Kriminalisierung
von Konsument*innen. Das gelingt nur durch einen rationalen Ansatz von Entkriminalisierung
und Kontrolle. Es ist Zeit, dass wir diese Fragen bei uns lösen, nicht diese Konflikte auf
dem Rücken von Menschen in anderen Teilen der Welt austragen.
3.7 Berlin bleibt in Bewegung – wir sind die Hauptstadt
des Sportes
Sport und Bewegung halten gesund, ermöglichen Gemeinschaft und stiften Freude. Wir wollen
allen Berliner*innen ermöglichen sich sportlich zu betätigen. Egal in welchem Alter, egal ob
organisiert und regelmäßig oder nur ab und zu, das Sportangebot in Berlin soll alle
Bedürfnisse abdecken. Dabei ist unsere Vision für die Hauptstadt des Sportes, dass Sport und
Bewegung selbstverständlich in allen Bereichen mitgedacht wird: sei es das Laufen im Park,
eine Runde Tischtennis im Hof, Bouldern an der Einkaufscenter-Fassade oder Kicken auf dem
Supermarkt-Dach. Dafür denken wir Sport und Bewegung auch in der Stadtplanung mit. Sport
verbindet auch über Grenzen hinweg. Berlin profitiert von internationalen
Sportveranstaltungen. Die weltweite Bekanntheit der Sportmetropole Berlin wollen wir
ausbauen.
Ehrenamtliche sind das Rückgrat der Vereine
Viele Berliner*innen sind in Sportvereinen aktiv. Sportvereine übernehmen vielfältige ehrenamtlich aktiv. Sie übernehmen vielfältige, gesellschaftliche Aufgaben und sind unverzichtbar. Sie unterstützen das soziale und sportliche Miteinander im Breiten-, Feizeit- und Leistungssport als Trainer*innen, Schiedsrichter*innen oder im Vorstand. Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von Trainer*innen und Übungsleiter*innen. Deswegen haben wir die Finanzierung der Trainer*innen und Übungsleiter*innen verbessert. Uns ist wichtig ihre Leistung anzuerkennen und dafür Sorge zu tragen, dass kostenlose Fortbildung- und Seminarangebote, auch im Bereich des Kinderschutzes zur Verfügung stehen. Dies ist ein wichtiger Bestandteil, um zu gewährleisten, dass Sportvereine sichere Orte für Kinder und Jugendliche, frei von jeglichen Formen physischer, psychischer sowie sexualisierter Gewalt, sind. Deshalb halten wir den Erwerb des Kinderschutzsiegels für Vereine für notwendig.
Funktionen, sie ermöglichen Jung und Alt Bewegung in Gemeinschaft, sie unterstützen das
Zusammenwachsen unterschiedlicher Menschen und den Leistungssport. Das wäre ohne zahllose
Ehrenamtliche nicht möglich, die sich als Trainer*innen oder Vereinsvorstände engagieren.
Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von
Trainer*innen und Übungsleiter*innen. Deswegen haben wir die Finanzierung der Trainer*innen
und Übungsleiter*innen verbessert.
Institutionalisierten und frei organisierten Sport gleichstellen
Gleichzeitig machen immer mehr Berliner*innen alleine oder in sich frei organisierenden
Gruppen Sport. Wir wollen den institutionalisierten und frei organisierten Sport
gleichstellen und allen Bürger*innen den Zugang zu Sportanlagen ermöglichen. Deswegen werden
wir das Sportfördergesetz und die Sportstättennutzungsverordnung so anpassen, dass die
Vergabe von Sportflächen auch an frei organisierte Sportgruppen ermöglicht wird. Der neu
gestaltete Olympia-Park in Charlottenburg-Wilmersdorf und der inklusive Friedrich-Ludwig-
Jahn-Sportpark in Pankow sollen Vorzeige-Projekte für das Nebeneinander von
institutionalisiertem und frei organisiertem Sport werden. Hierfür wollen wir den Friedrich-
Ludwig-Jahn-Sportpark modernisieren und zeigen, wie an einem historischen Ort in einer
Naturlandschaft neben dem ehemaligen Grenzstreifen eine inklusive Sportstätte für alle
Menschen entstehen kann.
Um einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu Sport und Bewegung zu ermöglichen, haben wir
das Programm „Sport im Park“ ins Leben gerufen, das in allen Berliner Bezirken kostenlose
Sportangebote ermöglicht. Egal ob Teamsport, Workout oder Balance, bei mehr als 100
Aktivitäten ist für jede*n was dabei. Dieses erfolgreiche Programm wollen wir auch in den
kommenden Jahren weiterführen.
Sportanlagen inklusiv und ökologisch
Als wir 2016 Regierungsverantwortung übernommen haben, waren die Sportanlagen in Berlin in
schlechtem Zustand. Mit dem Sportanlagensanierungsprogramm haben wir begonnen, Sportstätten
wieder in Schuss zu bringen. Es ist aber auch klar: Bei der Vielzahl an Anlagen wird die
Sanierung ein Marathon, kein Sprint. Für uns ist wichtig, dass die Sanierungen nach hohen
ökologischen Standards erfolgen müssen. Die Klimakrise erfordert, dass wir in allen
Lebensbereichen Ressourcen schonen. Deswegen haben wir in der Sportanlagennutzungsverordnung
auch Nachhaltigkeitskriterien verankert.
Berliner Sportanlagen müssen nicht nur ökologisch, sondern auch barrierefrei werden.
Multifunktionale und behindertengerechte Sportstätten versetzen alle Berliner*innen in die
Lage, sich sportlich zu betätigen, und leisten somit einen Beitrag zur Gesellschaft der
Vielen, die allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Auch für eine älter
werdende Gesellschaft ist es wichtig, barrierefreie Sportanlagen bereitzuhalten, damit in
jedem Alter Bewegung und Sport möglich ist.
Berlin wächst und damit auch der Bedarf an Sportstätten. Aus ökologischer Sicht ist es
geboten, vorhandene Sportanlagen besser auszulasten, bevor wir mit Neubauten Flächen
versiegeln. Wenn nicht bereits geschehen, können die Außengelände von beispielsweise Schulen
umfassender genutzt werden, indem sie nach Schulschluss für die Allgemeinheit geöffnet
werden. Wo nötig werden wir auch neue Sportanlagen bauen.
Bäder für die Berliner*innen – Schwimmen ist eine Überlebenstechnik und gut für die
Gesundheit
Jedes Kind in Berlin soll Schwimmen lernen. Wir können nicht hinnehmen, dass immer wieder
Menschen ertrinken, weil sie nicht schwimmen können. Deswegen muss Schwimmunterricht Teil
des Schulsportes sein. Wir wollen die Öffnungszeiten der Berliner Bäderbetriebe ausweiten,
damit alle Schulklassen die Möglichkeit zum Schwimmunterricht bekommen und sich die Nutzung
der Bäder besser verteilt. Darüber hinaus wollen wir prüfen, ob Kooperationsverträge mit
anderen Schwimmhallen, etwa in Hotels oder Fitnessstudios, abgeschlossen werden können, um
die vorhandenen Kapazitäten besser zu nutzen.
Wir wollen die Berliner Bäderbetriebe zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen
umstrukturieren, das sich an den Bedürfnissen der Bürger*innen orientiert. Die Preisstruktur
soll transparent sein und allen Berliner*innen die Nutzung der Schwimmbäder ermöglichen. Wir
haben in den letzten Jahren viel Geld für die Sanierung der Bäder bereitgestellt, aber wie
bei den Sportstätten ist auch bei den Bädern ein langer Atem nötig, bis alle Bäder wieder in
Schuss sind. Bei Um- und Neubauten achten wir darauf, dass sie barrierefrei und ökologisch
sind.
Wir fördern inklusive Sportangebote, die allen Menschen offenstehen, egal welche
körperlichen und psychischen Voraussetzungen, welche Herkunft, welches Geschlecht, welches
Alter, welchen sozialen und finanziellen Hintergrund oder welche sexuelle Orientierung und
sexuelle Identität der einzelne Mensch hat. Die Vielfalt aller Berliner*innen muss sich auch
in den Führungspositionen der Vereine und Sportverbände widerspiegeln.
Jetzt ganz konkret: Bündnisgrüne Projekte für die Zukunft Berlins
1. „Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ – Wohnen ist keine Ware
Wir sagen Verdrängung und Immobilienspekulation den Kampf an. Schon jetzt nutzen wir
Bündnisgrüne das Vorkaufsrecht wo immer möglich. Mit unserem „Masterplan 50 Prozent
Gemeinwohl“ sollen in 30 Jahren 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin in
gemeinwohlorientierter Hand sein. Um das Vorkaufsrecht effektiv nutzen zu können, treffen
wir die notwendige finanzielle Vorsorge für die landeseigenen Wohnungsunternehmen. Mit
Genossenschaften, Stiftungen oder Projekten wie dem Mietshäuser-Syndikat werden wir eine
Kooperationsvereinbarung abschließen.
2. Förderung, die ankommt – Armut von Familien und Kindern beenden
180.000 Kinder in Berlin leben in Familien, die auf Transferleistungen angewiesen sind. Die
Kinder- und Familienförderung des Bundes ist ein Chaos – die einzelnen Leistungen sind so
unübersichtlich, dass sie nicht bei den Familien und Kindern vor Ort ankommen. Solange das
Chaos an Familienleistungen auf Bundesebene nicht sortiert ist, lösen wir es in Berlin auf
und schaffen „Familienservicebüros“ in allen Bezirken. Nicht Eltern sollen für Kindergeld,
Elterngeld oder Wohnberechtigungsschein immer wieder Unterlagen einreichen müssen. Ein*e
Sachbearbeiter*in soll für jede Familie alle notwendigen Unterlagen bereitstellen und
verarbeiten. Auch unterschiedliche Leistungen aus Jugendamt und Sozialamt sollen
zusammenfließen: ein Ort, alle Leistungen.
3. Ein neues Landesamt für Unterbringung – jeder Mensch braucht ein Zuhause
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben –
egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung
verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen
zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt
für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem
neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln.
4. Pflege ist systemrelevant – Arbeitsbedingungen verbessern
Pflege ist systemrelevant, wir alle sind in Krankheitszeiten und im Alter darauf angewiesen.
Das muss sich auch in den Arbeitsbedingungen widerspiegeln. Körperlich anstrengende Arbeit,
Schichtsystem, Personalknappheit und geringe Bezahlung haben dazu geführt, dass viele
ausgebildete Pflegekräfte diesem Beruf den Rücken gekehrt haben. Wir wollen ausgestiegene
Fachkräfte in den Beruf zurückholen. Und wir wollen die Arbeitsbedingungen so verbessern,
dass auch eine Vollzeittätigkeit attraktiv wird – hin zu mehr Flexibilität und Mitsprache
bei den Dienstzeiten und einer deutlich besseren Vergütung ungünstiger Arbeitszeiten. Dazu
zählt auch eine angemessene Bezahlung bereits in der Ausbildung, angefangen von den
Ärzt*innen im Praktikum bis hin zu den Pflegekräften, gerade mit Blick auf die
Akademisierung der Pflegeausbildung.
5. Faire Ausbildungsbedingungen für Care-Berufe schaffen
In vielen Care-Berufen schrecken schon die Ausbildungsbedingungen ab. Wir wollen faire
Bedingungen für Auszubildende und Studierende in diesen Berufen schaffen – dazu zählt eine
angemessene Bezahlung bereits in der Ausbildung. Wir fordern zum Beispiel, dass Ärzt*innen
im praktischen Jahr an den Lehrkrankenhäusern der Charité bezahlt werden. Zusätzlich könnten
Landesstipendien für diese Engpassberufe vergeben werden.
Antragstext
Von Zeile 749 bis 751:
Zusammenwachsen unterschiedlicher Menschen und den Leistungssport. Das wäre ohne zahllose Ehrenamtliche nicht möglich, die sich als Trainer*innen oder Vereinsvorständeim Vereinsvorstand engagieren. Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von
3. Zusammenhalt sichern - niemand bleibt zurück
Berlin funktioniert nur zusammen. Wir haben viel vor mit dieser Stadt und klar ist, niemand
darf dabei zurückbleiben. Insbesondere Alleinerziehende, Kinder, ältere Menschen, prekär
Beschäftigte, Arbeitssuchende und Menschen mit Behinderung sind von Armut, Verdrängung und
Ausgrenzung bedroht. Familien und Freischaffende suchen vergebens nach bezahlbaren Wohn- und
Gewerberäumen. Wir kämpfen für ein Berlin, in dem alle teilhaben und ihren Platz finden.
Auch in der kommenden Legislaturperiode hat dies für uns höchste Priorität.
Wohnen ist keine Ware – 50 Prozent des Wohnraums gemeinwohlorientiert
Die Grundstückspreise und Mieten sind in den vergangenen 15 Jahren nach oben geschnellt,
auch weil hemmungslos mit dem spekuliert wird, was für Menschen das Zuhause ist. Wohnen ist
keine Ware, darum kämpfen wir für einen Wohnungsmarkt, auf dem in 30 Jahren 50 Prozent des
Wohnraums gemeinwohlorientiert sind. Dafür werden wir ein breites Bündnis schließen – von
den landeseigenen Wohnungsgesellschaften über Genossenschaften und Hausprojekte bis zu
Privatvermietenden, die sich wie die öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das Gemeinwohl
verpflichten. Die Bau-, Miet- und Wohnpolitik haben wir seit 2016 vom Kopf auf die Füße
gestellt – sowohl in der Landesregierung als auch in den Bezirken, in denen wir
Verantwortung tragen. Wir haben sozialen Wohnungsbau vorangetrieben, das Vorkaufsrecht
genutzt und mit dem Mietendeckel haben wir den Mut bewiesen, Menschen auch dann zu schützen,
wenn der Wind uns frontal ins Gesicht bläst. Diesen Weg wollen wir weitergehen: Wir bauen
das neue Berlin gemeinwohlorientiert und nachhaltig. Wir erwerben uns die Stadt Stück für
Stück zurück, um Gemeinwohlorientierung zum zentralen Merkmal des Berliner Mietenmarktes zu
machen, und regulieren gleichzeitig die Mieten weiter. Für uns ist klar: Der Mietendeckel
darf 2025 nicht ersatzlos enden.
Ein Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der Vergangenheit angehören
Seit 2016 haben wir auch bei der Bekämpfung von Armut wichtige Schritte geschafft. Das
kostenlose ÖPNV-Ticket für Schüler*innen, die beitragsfreie Kita, ein gesundes kostenloses
Essen mit hohem Bioanteil in den Grundschulen, all das sorgt dafür, dass Kinder aus
Familien, die weniger Geld haben, gleichberechtigter am Leben teilhaben können. Wir haben
den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und
Freischaffende eingezogen, wir haben Tariftreue bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen
garantiert und die Gehälter gerade der Beamt*innen angehoben, die kleinere Einkommen haben.
Sei das bei der Polizei, bei der Feuerwehr oder in der Verwaltung. Wir haben dafür gesorgt,
dass für Menschen, die Sozialleistungen beziehen, die Kosten der Unterkunft verlässlich
übernommen werden und Obdachlosigkeit so vermieden wird. Und wir haben damit begonnen, das
Dickicht an Sozialleistungen zu ordnen, damit Menschen Leistungen, die ihnen zustehen, auch
tatsächlich erhalten – gerade in den Bezirken sind wir an dieser Stelle Vorreiter. Der Weg
zu einem Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der Vergangenheit angehören, ist aber noch
weit. Wir setzen uns seit Jahren dafür ein, Familien- und Sozialleistungen auf Bundesebene
endlich neu zu sortieren, um das bestehende Chaos zu beenden. Solange das nicht passiert
ist, werden wir weiter in Berlin und in den Bezirken für Überblick sorgen. Dazu wollen wir
mit einem berlinweiten Sozialmanagement die besten Wege der Umsetzung aus allen Bezirken in
alle anderen Bezirke bringen und mit starken Netzwerken vor Ort im sozialen Umfeld
Unterstützung leisten.
Gute Gesundheitsversorgung und Pflege ist Daseinsvorsorge
Die Corona-Pandemie hat schonungslos die Lücken des Gesundheitssystems aufgezeigt: Statt in
gute Vorsorge zu investieren, wurde der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) über Jahrzehnte
kaputtgespart und Pandemiepläne sind in Schubladen verstaubt. Für uns gehören gute
Gesundheitsstrukturen zur Daseinsvorsorge und dürfen nicht der Profitmaximierung dienen.
Deswegen haben wir den ÖGD in den letzten Jahren besser ausgestattet und wir wollen diesen
Weg in den nächsten Jahren weitergehen. Wir wollen den ÖGD attraktiver machen und für mehr
Berufsgruppen öffnen sowie ihn befähigen, integrierte, im Kiez vernetzte Versorgungsangebote
zu entwickeln. Wir haben massiv Geld in die landeseigenen Krankenhäuser investiert. Wir
wollen allen Berliner*innen bestmögliche Versorgung ermöglichen und setzen uns nachhaltig
auch für eine gerechtere Verteilung der Angebote in den Bezirken ein – insbesondere auch bei
den niedergelassenen Fachärzt*innen. Neben einer besseren Verteilung wollen wir eine besser
vernetzte und aufeinander abgestimmte Angebotsvielfalt erreichen; dazu müssen wir das
Gemeinsame Landesgremium (§ 90 a SGB V) stärken und erweitern.
Für uns ist klar: Gesundheit wird nicht primär von der Gesundheitspolitik gemacht, sondern
jeder einzelne Politikbereich hat Einfluss auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die
Lebensqualität der Berliner*innen, sei es bei der Verkehrswende, im Bildungsbereich, in der
Sozialpolitik oder in der Stadtentwicklung. Dabei ist die gesundheitliche Chancengleichheit
unser Ziel. Wir wollen erreichen, dass alle Berliner*innen, unabhängig vom Geldbeutel, die
gleichen gesundheitsfördernden Lebensbedingungen haben. Gesundheit bedeutet für uns
körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden mit Teilhabe und Selbstbestimmung.
Zu guter Gesundheitsversorgung gehört gute Pflege im Krankenhaus, in der ambulanten Pflege,
in stationären Einrichtungen sowie zuhause. Es darf nicht sein, dass Pflegekräfte zu
schlechten Bedingungen mit viel zu vielen Patient*innen ihren Dienst tun. Darum haben wir
gemeinsam mit dem Berliner Bündnis für Pflege in den vergangenen Jahren intensiv an
Verbesserungen gearbeitet. Wir unterstützen die Ziele des Volksentscheids „Gesunde
Krankenhäuser“ und möchten in den kommenden Jahren mit verbindlichen Personalschlüsseln die
Arbeitsbedingungen substantiell verbessern. Wir wollen eine Vielzahl von Pflege- und
Wohnformen im Alter fördern, um Menschen, solange es geht, ein selbstbestimmtes Leben zu
ermöglichen. Um pflegende Angehörige besser zu unterstützen, setzen wir uns auf Bundesebene
für die Einführung eines Familienpflegegeldes, ähnlich des Elterngeldes, ein.
Im Bund wollen wir uns außerdem für eine umfassende Reform der Pflegeversicherung sowie der
grünen Bürger*innenversicherung einsetzen, um mehr Gerechtigkeit und Solidarität in der
Versorgung herzustellen.
Wir haben in Berlin bereits erfolgreich die Beihilferegelungen für Beamt*innen verändert, so
dass ihr Weg in die gesetzliche Krankenversicherung erleichtert wird. Das wollen wir
bundesweit umsetzen.
Barrieren abbauen, Teilhabe ermöglichen
Ältere Menschen sind noch lange fit und wollen aktiver Teil der Gesellschaft bleiben. Am
besten ermöglichen wir das, indem wir Hürden im Alltag abbauen. Auch für Menschen mit
Behinderung oder Familien mit kleinen Kindern ist es wichtig, dass die Stadt barrierefrei
ist. Das gilt in U- und S-Bahnhöfen genauso wie in Verwaltungsgebäuden. Deswegen machen wir
uns stark für die Absenkung von Bordsteinkanten, längere Ampelschaltungen, eine
barrierefreie Darstellung von Websites oder die Übersetzung von Veranstaltungen in
Gebärdensprache. Wir wollen, dass alle Kinder, ob mit oder ohne Behinderung,
gleichberechtigt in der Schule teilhaben und alle Erwachsenen die Chance bekommen, Teil des
ersten Arbeitsmarktes zu werden.
Unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft. Dafür werden wir immer wieder Wege für Menschen
zur Teilhabe öffnen, gehen entschieden gegen Verdrängung vor, bekämpfen Armut, sorgen dafür,
dass alle Zugang zu bester Grundversorgung haben und bauen Hürden im Alltag ab. Berlin
gelingt nur gemeinsam. Zusammen mit den Initiativen und Verbänden unterstützen wir daher das
Berliner Behindertenparlament.
3.1 Bauen, Mieten, Wohnen: klimagerecht und sozial
Wir haben 2016 den Politikwechsel in Berlins Bau-, Mieten- und Wohnpolitik eingeläutet, um
der astronomischen Steigerung von Miet- und Grundstückspreisen Einhalt zu gebieten. Unser
Ziel war und ist, den Berliner Wohnungsmarkt gemeinwohlorientiert zu gestalten. Mit unserem
„Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ sollen in 30 Jahren 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin
in gemeinwohlorientierter Hand sein. Unter Gemeinwohl verstehen wir die landeseigenen
Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften, Träger sozialer Einrichtungen und Hausprojekte
sowie Privatvermietenden, die sich wie die öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das
Gemeinwohl verpflichten. Wir schließen dabei auch Bündnisse mit den Menschen, die ihr
Wohnschicksal in die eigenen Hände nehmen, wie beispielsweise Baugruppen, wenn sie sich
sozialen und ökologischen Kriterien verpflichtet fühlen.
In den vergangenen Jahren haben wir den Neubau stärker auf Gemeinwohl ausgerichtet,
gleichzeitig hat der Mietendeckel Ruhe in den überhitzten Markt gebracht und zu stabilen
Mietpreisen geführt. Damit haben wir juristisches Neuland betreten und sind stolz darauf,
dass wir Wucher stoppen konnten, trotz heftigen Gegenwindes. In den kommenden Jahren
streiten wir weiter für einen gemeinwohlorientierten und sozialen Wohnungsmarkt für Berlin.
Dazu gehört für uns auch die Verbindung mit dem Klimaschutz: Berlins Gebäude stoßen 40
Prozent des CO2 in der Stadt aus, also sind energetische Modernisierung und die Bauwende
eine zentrale Zukunftsaufgabe, um Berlin auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Wir verwirklichen
soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz und spielen sie nicht gegeneinander aus.
Das neue Berlin bauen – gemeinwohlorientiert und nachhaltig, sozial und ökologisch
Unser Ziel sind Kieze, in denen neben Wohnen auch Gewerbe, Kultur und Erholung Platz hat.
Zudem arbeiten wir für eine bunte Mischung von Eigentümer*innen – von Genossenschaften über
landeseigene Wohnungsbaugesellschaften bis zu Baugruppen und auch kleinen privaten
Besitzer*innen. Klar ist: Berlin braucht mehr Wohnungen. Wir wollen, dass in Berlin jährlich
20.000 Wohnungen neu gebaut werden, natürlich klimaneutral und mindestens die Hälfte
sozialverträglich. Neubauten im Hochpreissegment müssen möglichst vermieden werden, weil das
weite Teile der Bevölkerung ausschließt. Zur Förderung des Neubaus wollen wir einen
dauerhaften Fonds auflegen, der Gelder bereitstellt und in den Rückzahlungen aus Darlehen
direkt zurückfließen. Damit wird eine dauerhafte Finanzierung von Neubauten ermöglicht. Wir
wollen die Förderung pro Wohnung erhöhen und so ausgestalten, dass eine besonders hohe
Förderung in dauerhaft gemeinwohlgebundene und möglichst CO2-neutrale errichtete Wohnungen
fließt. Die Genossenschaftsförderung für Neubauten wollen wir deutlich erhöhen und weiter
öffnen, zum Beispiel auch für Projekte wie das Mietshäuser-Syndikat.
Auch für den Klimaschutz ist es höchste Zeit, die Bauwende einzuläuten. Mit ökologischen
Dämm- und Baustoffen, wie Hanf, Stroh, Holz, Lehm, Naturstein oder Recyclingbeton, wollen
wir klimafreundliche Neubauten und Modernisierungen auf die Straße bringen. Bei
energetischen Modernisierungen setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, die
Modernisierungsumlage in ihrer jetzigen Form abzuschaffen und durch ein neues faires System
zu ersetzen. Die Kosten müssen im Vorfeld transparent sein und wenn der Umbau bezahlt ist,
muss auch die Umlage enden. Die Kosten für die energetische Modernisierung wollen wir
zwischen Vermieter*innen, Mieter*innen und dem Staat in einem Drittelmodell fair verteilen.
Durch eine energetische Sanierung schützen Vermieter*innen die Bausubstanz ihrer Immobilien
und profitieren vom Werterhalt. Unser Ziel ist es, dass die höhere Kaltmiete durch niedrige
Energiekosten aufgewogen wird, so dass die Warmmiete nicht steigt. Die öffentliche Hand
leistet mit der Übernahme eines weiteren Drittels einen wichtigen Beitrag, um Berlin auf den
1,5-Grad-Pfad zu bringen.
Wir wollen Eigentümer*innen gesetzlich verpflichten, bis 2024 Fahrpläne für eine
mieter*innen- und klimafreundliche, energetische Modernisierung ihrer Häuser vorzulegen.
Dabei bieten wir eine intensive Unterstützung und Begleitung durch die
Bauinformationszentren des Landes Berlin an. (Zu Fragen der Stadtentwicklung und des
ökologischen Bauens vgl. das Kapitel 2.3.)
Um möglichst viele Baugrundstücke für gemeinwohlorientiertes Wohnen zu gewinnen, wollen wir
aktiv ankaufen und Mittel wie Vorkaufsrechtssatzungen, Baugebote und Entwicklungsmaßnahmen
nutzen. Um unsere gemeinwohlorientierten Ziele zu erreichen, wollen wir auch das Berliner
Modell der kooperativen Baulandentwicklung so weiterentwickeln, dass mindestens 50 Prozent
der Wohnungen im Neubau dauerhaft gemeinwohlgebunden sind. Darüber hinaus wollen wir auch
alle weiteren Möglichkeiten nutzen, um Baurecht an die dauerhafte ökologische und
Gemeinwohlbindung mindestens eines Anteils des Neubaus zu knüpfen.
Den Wohnungsmarkt regulieren – bezahlbare Mieten sichern
Mit dem Mietendeckel, dem Milieuschutz, der Verschärfung des Zweckentfremdungsverbotes und
der Reform des Wohnungsaufsichtsgesetzes sind wir in Berlin wichtige Schritte gegangen, um
Wohnen bezahlbar zu halten. Entscheidend ist nun, die Bezirke noch besser in die Lage zu
versetzen, die Gesetze auch effektiv umzusetzen. Darüber hinaus prüfen wir die Schaffung
eines Landesamtes für Wohnungswesen, das vor allem die Umsetzung des Mietendeckels
sicherstellen soll. Um mehr Transparenz auf dem Immobilienmarkt zu schaffen, haben wir ein
Berliner Miet- und Wohnungskataster eingeführt und werden es mit Leben füllen.
Die Wirkung des Mietendeckels ist bis 2025 begrenzt. Bis dahin braucht es auf Bundesebene
eine Reform des Mietrechts, damit die Mehrheit der Mieter*innen nicht mehr als 30 Prozent
ihres Nettoeinkommens für Wohnen aufbringen müssen. Sollte das nicht gelingen, werden wir
auch im Anschluss an den aktuellen Mietendeckel alle Maßnahmen ergreifen, um den
Mietenanstieg in der Stadt auch zukünftig zu begrenzen. Dazu werden wir alle Möglichkeiten
nutzen und ein Mietenkataster aufbauen. Ein solches Kataster kann Grundlage für ein
Wohnraumbewirtschaftungsgesetz sein. Ziel ist, in Berlin dauerhaft bezahlbare Mieten zu
sichern und ebenfalls sicherzustellen, dass Gewerbe und Immobilienkaufpreise nicht durch die
Decke gehen.
Bei Wohnungen in öffentlicher Hand haben wir hohe Ansprüche an die Gemeinwohlorientierung.
Darum entwickeln wir das Wohnraumversorgungsgesetz und die Kooperationsvereinbarung mit den
städtischen Wohnungsunternehmen weiter zu einem Wohnungsgemeinwohlgesetz. Der öffentliche
Wohnungssektor stellt sicher, dass auch Menschen mit geringem Einkommen die Miete zahlen
können. Das wollen wir weiterhin gesetzlich sicherstellen. Beim landeseigenen Berlinovo-
Konzern fordern wir eine tiefgreifende Strukturreform hin zu mehr Transparenz und
Gemeinwohl.
Eigentum verpflichtet, und das muss sich auch in der Besteuerung niederschlagen. Höherer
Wert heißt höhere Steuerzahlung. Angesichts der komplexen Umsetzungsfragen wollen wir mit
einer Machbarkeitsstudie prüfen, ob eine Umwandlung zu einer Bodenwertsteuer sinnvoll und
durchführbar ist. Zusätzlich wollen wir die Grunderwerbsteuer progressiv ausgestalten. Sie
soll deutlich höher ausfallen als bislang für Transaktionen mit vielen Wohneinheiten und
niedriger als heute für Einzelkäufe.
Das Recht auf Umwandlung von bestehenden Mietshäusern in einzelne Eigentumswohnungen ist ein
wesentlicher Treiber der Immobilienspekulation. Wir wollen, dass der Bund den Ländern durch
die Änderung des Baugesetzbuches ermöglicht, die Umwandlung von Miets- in Eigentumswohnungen
konsequent zu unterbinden und den Erwerb von Wohneigentum auf Neubauinvestitionen zu
begrenzen. Sollte der Bund auch hier nicht handeln, werden wir prüfen, inwieweit wir, analog
zum Mietendeckel, auch als Land Berlin diesbezüglich tätig werden können.
Die Stadt zurückerwerben
Um Verdrängung und Immobilienspekulation zu stoppen und bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen,
streben wir in den nächsten 30 Jahren einen Berliner Wohnungsmarkt an, der zu 50 Prozent
gemeinwohlorientiert ist. Gemeinwohlorientiert sind für uns Eigentumsformen, die nicht auf
puren Profit und Spekulation ausgerichtet sind – wie zum Beispiel Genossenschaften,
Baugruppen, Berlins Wohnungsgesellschaften und Privatvermietende, die sich wie die
öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das Gemeinwohl verpflichten.
Wir haben in den Bezirken schlummernde Instrumente der Gesetzgebung aus der Mottenkiste
geholt: Mit dem Vorkaufsrecht verpflichten wir Käufer*innen mit Abwendungsvereinbarungen
dazu, ihrer Sozialpflichtigkeit nachzukommen, oder veranlassen den Aufkauf der fraglichen
Wohngebäude durch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft. Mit einer deutlichen
Erweiterung von Milieuschutzgebieten wollen wir diese Intervention zugunsten der betroffenen
Mieter*innen zukünftig auch stadtweit ermöglichen. Mit Genossenschaften, Stiftungen oder
Projekten wie dem Mietshäuser-Syndikat werden wir eine Kooperationsvereinbarung schließen.
Um die Gewerbevielfalt und den kleinteiligen Einzelhandel in den Kiezen zu erhalten und zu
fördern, eröffnen wir landeseigene Gewerbehöfe und planen weitere. Wir drängen außerdem auf
Bundesebene dafür, einen rechtlich bindenden Gewerbemietspiegel und einen fairen
Kündigungsschutz einzuführen. Den Milieuschutz wollen wir auch für Gewerbemieter*innen
einführen und die landeseigenen Wohnungsunternehmen sollen Gewerberäume kostengünstig
anbieten, um vor Ort den Gewerbearten Räume anzubieten, die darauf besonders angewiesen
sind.
Der Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ ist ein Weckruf an die Politik, dass
dem im Grundgesetz festgeschriebenen Leitsatz „Eigentum verpflichtet“ auch im Bereich Wohnen
und Boden Geltung verschafft werden muss. Wir unterstützen die Ziele des Volksbegehrens.
Zentral dabei ist, die Mieter*innen zu schützen, Spekulationen Einhalt zu gebieten und den
gemeinwohlorientierten Wohnungsbestand zu erhöhen.
Wir wollen, dass der Staat wieder auf Augenhöhe mit Wohnungsunternehmen verhandeln und
agieren kann. Wir würden uns wünschen, dass die Umstände uns nicht zwingen, die
Vergesellschaftung als letztes Mittel anzuwenden, um den verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen
zu können. Wenn Wohnungsunternehmen sich jedoch weigern, ihrer sozialen Verantwortung
nachzukommen, wird die öffentliche Hand, auch durch ein Volksbegehren gestützt, diesen
Schritt gehen. Wenn es um die Durchsetzung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums geht,
müssen qualitative Kriterien zur Bewertung kommen, die Diskussion um rein quantitative
Obergrenzen sehen wir kritisch.
Aktive, transparente und faire Bodenpolitik
Doch es geht uns nicht nur um die Häuser: Wir wollen auch einen transparenten Umgang mit
öffentlichen Liegenschaften und eine aktive Bodenpolitik. Dazu werden wir ein transparentes
Flächenmanagement mit Hilfe eines öffentlichen Liegenschaftskatasters einführen. Seinen
Boden soll Berlin behalten, Bodenvermögen konsequent vermehren und eine
Erbbaurechtsstrategie implementieren. Landeseigene Grundstücke werden nicht mehr
privatisiert. Das wollen wir in einem Bodensicherungsgesetz festschreiben.
Die strategische Ankaufspolitik, die mit der grünen Regierungsbeteiligung begonnen hat,
wollen wir fortsetzen. Diese Politik soll mithilfe der neu gegründeten Landesgesellschaft
„Berliner Bodenfonds“ ausgeweitet werden Darüber hinaus wollen wir die Gründung einer
genossenschaftlichen Ankaufagentur unterstützen und die bürger*innenschaftliche und
gemeinwohlorientierte Stadtbodenstiftung nach dem Vorbild von Community Land Trusts stärken.
Ein zentrales Problem beim Ankauf von Grundstücken und bei der Ausübung des Vorkaufsrechts
sind die explodierten Bodenpreise, aus denen sich der Verkehrswert einer Immobilie
berechnet. Hier werden wir im Bundesrat für eine Neuregelung im Bundesbaugesetzbuch kämpfen.
Wir wollen, dass der nachhaltige Ertrag einer Immobilie genutzt wird, um den Verkehrswert zu
ermitteln, und nicht die höchstmögliche Verwertung zählt.
3.2 Armut bekämpfen, Sicherheit geben und Perspektiven
schaffen
Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung ist Berlin noch immer eine Stadt, in der viele
Menschen von Armut betroffen oder bedroht sind. Armut kann jede*n treffen. Besonders
gefährdet sind ältere Menschen, Alleinerziehende, Menschen, die Arbeit suchen, oder Menschen
mit geringen oder plötzlich gar keinen Einkommen. Wir wollen ihnen soziale Sicherheit
garantieren und ihnen eine Perspektive geben. Um das zu erreichen, bedarf es eines
grundsätzlichen Umdenkens. Auf Bundesebene streiten wir für Garantiesicherungen in allen
Lebenslagen – für eine Kindergrundsicherung, eine Garantierente, die Überwindung des Hartz-
IV-Systems samt Abschaffung aller Sanktionen und einen deutlichen höheren ALG-II-Regelsatz.
Bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben haben wir in Berlin bereits wichtige Weichen neu
gestellt. Die Ausführungsvorschriften zur Übernahme von Kosten der Unterkunft haben wir so
verändert, dass Menschen ihre Wohnung nicht mehr verlieren, weil sie teurer wird.
Zehntausende Mieter*innen können so wieder ohne Angst vor Obdachlosigkeit leben. Und um
Menschen in Arbeit vor Armut zu schützen, haben wir den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro
angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und Freischaffende eingezogen. In all
diesen Feldern werden wir unseren Weg konsequent weitergehen.
Familien- und Kinderarmut bekämpfen
Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Familienarmut überwinden. Dabei geht es uns nicht nur
um die etwa 180.000 Kinder in Berlin, deren Eltern auf Transferleistungen angewiesen sind.
Wir kümmern uns um alle Kinder, die sozial, kulturell oder finanziell benachteiligt sind.
Seit wir 2016 Verantwortung übernommen haben, ist viel passiert. Von kostenfreier Kita- und
Hortbetreuung, dem kostenfreien Schulessen in der Grundschule oder dem kostenfreien ÖPNV-
Ticket für Schüler*innen profitieren insbesondere von Armut betroffene und bedrohte
Familien. Doch um diesen Familien nachhaltig zu helfen, müssen wir noch mehr tun. Deshalb
wollen wir die Familienpolitik auf Bundesebene vom Kopf auf die Füße stellen. Die ungerechte
Dreiklassenförderung von Freibeträgen, Kindergeld und Kinderregelsatz wollen wir mit einer
Kindergrundsicherung völlig neu und gerecht gestalten.
Doch auch in Berlin setzen wir vor Ort an: Um Familien und Kinder in allen Lebenslagen zu
erreichen, brauchen wir ein Netzwerk gegen Kinderarmut. Mit der Arbeit der „Landeskommission
zur Prävention von Kinder- und Familienarmut“, der Landesarmutskonferenz, des
Familienbeirates oder der LIGA sind Grundlagen erarbeitet worden. Jetzt geht es an die
Umsetzung. Wir wollen einen zentralen Informationsatlas mit allen Einrichtungen erstellen,
von den Tafeln über die Familienzentren bis zu Jugendfreizeiteinrichtungen. Das Netzwerk
soll so leistungsstark werden, dass der erste Schritt der Beratung auch der letzte ist, da
ein abgestimmtes Verfahren zur Unterstützung folgt. Prävention statt nachträgliches
Ausbügeln ist das Ziel. Starke Netzwerke brauchen starke Akteur*innen. Darum haben wir in
den vergangenen Jahren begonnen, gute Projekte auf Landesebene finanziell abzusichern. Die
Stadtteilmütter sind raus aus der unsicheren Projektförderung und sind mit festen Stellen in
den Bezirken gesichert. Gleiches gilt für die Babylots*innen, die Familien schon um die
Geburt eines Kindes betreuen. Es ist gelungen, die Arbeit der Lots*innen auf allen
Geburtsstationen in Berlin auszuweiten. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Familien in schwierigen Situationen brauchen besondere Unterstützung. Darum haben wir uns in
den vergangenen Haushaltsverhandlungen für ein „Flexibudget“ für die Bezirke eingesetzt.
Dies wollen wir nach der Wahl in allen Bezirken umsetzen. Die Sozialarbeiter*innen vor Ort
sollen die Möglichkeit bekommen, unkompliziert eine Familientherapie oder Jugendsozialarbeit
zu finanzieren, gerade dann, wenn Familien und Kinder zwischen den Paragraphen verloren zu
gehen drohen. Prävention stärken wir darüber hinaus, indem wir in den Familienbüros, die wir
etablieren wollen, nicht nur Leistungen der Ämter einfacher zugänglich machen, sondern die
Familienbüros auch mit Sozialarbeiter*innen ausstatten, die Eltern schnell und
unbürokratisch beraten können.
In einem Modellprojekt haben wir in den vergangenen Jahren im Bezirk Mitte eine besonders
intensive Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“, in denen kein Elternteil arbeitet,
getestet. Durch die Betreuung in einem eigenen Team ist es gelungen, mehr als 200 Personen
in Arbeit zu bringen. Ein Erfolg, den wir fortsetzen und auch in anderen Bezirken
wiederholen wollen.
Das Dickicht der Sozialbürokratie lichten – Hilfe auf Augenhöhe organisieren
Ein zentraler Hebel im Kampf gegen Armut ist, das Dickicht der Sozialleistungen so zu
ordnen, dass Menschen nicht länger im Unterholz der Sozialbürokratie verloren gehen.
Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration, psychosoziale Betreuung, Schuldner- und Suchtberatung
oder Kinder- und Familienbetreuung sollen überall Hand in Hand gehen, innovative Ansätze aus
einzelnen Jobcentern sollen auf alle anderen übertragen werden. Die Rädchen müssen vor Ort
ineinandergreifen. Damit Menschen genau die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Dafür
müssen die besten Modelle aus allen Bezirken zusammengetragen und Vorbild für die ganze
Stadt werden. In den Berliner Jobcentern wird sehr kreativ an Lösungen für jeden Einzelfall
gearbeitet. In Lichtenberg werden Menschen zusätzlich psychologisch betreut. In Mitte war
ein Projekt zur Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“ erfolgreich. In Neukölln
haben wir ein Präventionsteam aufgebaut, um Obdachlosigkeit zu vermeiden und Wege aus der
Krise zu zeigen. Wir wollen diese Ansätze bündeln und mit allen Bezirksämtern und der
Senatsverwaltung für Soziales eine landesweite Koordinierung etablieren. Für uns ist klar,
dass Betroffene in die Entwicklung der Angebote einbezogen werden müssen.
Orientierung am Sozialraum der Menschen
Auch die Arbeit der sozialen Träger wollen wir um die Bedürfnisse von Menschen organisieren
– nicht entlang bürokratischer Logiken. Die in der Jugendhilfe begonnene
„Sozialraumorientierung“ ist ein guter Schritt in diese Richtung. Mit der Verankerung im
Familienfördergesetz weiten wir diese Systematik auf andere Bereiche aus. In ganz Berlin
sollen lebensweltlich orientierte Räume definiert und Fachkonzepte der Zusammenarbeit
erarbeitet werden. Wir wollen Kiez-Teams aufbauen, die bei Meldungen Familien und
Einzelpersonen aufsuchen und Unterstützung leisten. Dabei sollen „Frühe Hilfen“,
Babylots*innen, die Stadtteilmütter, Sozialarbeiter*innen in Jugendeinrichtungen, die
Jobcenter oder die Schuldnerberatung eng miteinander kooperieren. Bei den sogenannten „67er-
Hilfen“ in der Sozialhilfe, also Leistungen zur Überwindung von sozialen Schwierigkeiten,
wollen wir eine einheitliche Anwendung in den Bezirken erreichen. Parallel soll die
Qualitätssicherung systematisiert und in ganz Berlin strukturiert werden, um Flexibilität
und hohe Qualität zu verbinden.
Armuts- und Sozialberichterstattung neu ordnen
Grundlage einer ressortübergreifenden Strategie muss eine integrierte Armuts-, Sozial- und
Gesundheitsberichterstattung sein. In Berlin gibt es ein umfassendes Berichtswesen zu einer
Vielzahl relevanter Themen: die Gesundheits- und Sozialberichterstattung, die
Umweltgerechtigkeitskarte, den Umweltatlas, Lärmkarten, die Obdachlosenzählung und vieles
mehr. Wir wollen den Wildwuchs an Analysen und Berichten systematisieren und zusammenführen.
So können wir noch besser als bisher gegenseitige Abhängigkeiten identifizieren und in die
politische Steuerung einfließen lassen. Das gilt auch für die Erfassung der Lage von
Obdachlosen. Die bundesweit erste systematische Obdachlosenzählung im Februar 2020 war ein
wichtiger, wenn auch methodisch stark verbesserungswürdiger Schritt. Nun muss eine
Professionalisierung folgen, um Angebote noch gezielter ausbauen zu können.
Das Konzept „Housing First“ ausbauen
Es ist in der Regel ein Bündel an Problemlagen, das in die Obdachlosigkeit führt. Um die
nötige Ruhe zu haben, das Bündel aufzuschnüren und zu lösen, braucht es einen geschützten
Raum, ein Dach über dem Kopf. Deswegen vermitteln Projekte mit dem Ansatz „Housing First“
Menschen als Allererstes in neue Wohnungen – mit dauerhaftem Mietvertrag – und begleiten sie
dann auf ihrem weiteren Weg. Dieses Konzept ist erfolgreich und deswegen wollen wir die
Rahmenbedingungen verbessern: Sozialen Trägern und kleinen gemeinwohlorientierten Projekten,
die für die spezifischen Gruppen selbst bauen wollen, soll es möglich sein, Bürgschaften
auch über die Stadt zu erhalten. Vorbild ist das sogenannte Generalmietermodell der Degewo
mit sozialen Trägern in Mitte, das wir landesweit durch alle landeseigenen
Wohnungsunternehmen etablieren wollen. Um das Konzept in größerem Umfang umsetzen zu können,
wollen wir Wohnungen auf Basis des Mietendeckels anmieten, um sie, begleitet von sozialer
und psychologischer Betreuung, Obdachlosen zur Verfügung zu stellen. Dabei stehen besonders
verletzliche Gruppen wie Frauen, Alleinerziehende, Minderjährige oder Menschen mit
Behinderung und Obdachlose mit hohem Alter im Mittelpunkt.
Besonders kompliziert ist die Unterstützung von EU-Bürger*innen, wenn sie keine Ansprüche
auf Sozialleistungen haben. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, Leistungsausschlüsse
abzuschaffen. In Berlin wollen wir eine Clearing-Stelle einrichten, die zentral die
Möglichkeiten prüft und, wenn nötig, Menschen auf Basis des Allgemeinen Sicherheits- und
Ordnungsgesetzes unterbringt.
Die letzte Haltelinie sind Notunterkünfte. Die Zahl der Plätze konnten wir in den
vergangenen Jahren deutlich ausbauen. Künftig wollen wir, dass mindestens 600 Plätze
ganzjährig zur Verfügung stehen. In der kalten Jahreszeit sollen im Rahmen der Kältehilfe
deutlich über 1.000 Plätze vorgehalten werden. Alle Plätze sollen stets mit
Beratungsangeboten verbunden sein: Jede Übernachtung in einer Notunterkunft soll eine Chance
auf einen Weg aus der Obdachlosigkeit bieten und neue Möglichkeiten aufzeigen.
Ein neues Landesamt für Unterbringung
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben –
egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung
verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen
zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt
für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem
neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln.
3.3 Gesundheit ganzheitlich denken
Gesundheitsversorgung ist öffentliche Daseinsvorsorge – das hätte nicht drastischer deutlich
werden können als in der Corona-Pandemie. Vorsorge zu treffen heißt immer in gute Strukturen
zu investieren, in der Hoffnung, dass sie nie gebraucht werden. Gesundheitsversorgung darf
nicht zur Profitmaximierung dienen, sondern muss sich am Wohl der Menschen orientieren.
Dabei geht es uns nicht nur um die Abwesenheit von Krankheit oder individuelles
Gesundheitsverhalten. Es geht um gesunde Lebensbedingungen, um körperliches, psychisches und
soziales Wohlbefinden, Selbstbestimmung und Teilhabe.
Wir haben viel für eine gute Versorgung für die Berliner*innen getan. Gerade in der Corona-
Pandemie war dies eine Herausforderung. Wir haben Kapazitäten aufgestockt, Personal in den
Gesundheitsämtern aufgebaut und für den Notfall ein Corona-Behandlungszentrum geschaffen.
Die Arbeit für gute Gesundheitsversorgung haben wir aber weit vor der Pandemie begonnen. Die
Investitionen in die Krankenhäuser haben wir auf den Bundesschnitt angehoben und dafür
gesorgt, dass Babylots*innen in allen Geburtsstationen der Berliner Krankenhäuser Eltern
beraten und begleiten. Wir haben dafür gesorgt, dass das Essen im Krankenhaus besser und
gesünder wird. Wir haben Stationsküchen finanziert und setzen auf regionale, saisonale und
nachhaltige Ernährung im Krankenhaus – am Bett und in der Kantine. Wir haben erreicht, dass
alle Berliner*innen Zugang zur gesundheitlichen Versorgung erhalten. Wir unterstützen
Menschen ohne Krankenversicherung dabei, sich zu versichern. Durch unseren Einsatz können
sich endlich auch Menschen ohne gültigen Aufenthaltstitel mit einem anonymen Krankenschein
behandeln lassen. Damit ist Berlin das einzige Bundesland, in dem der Zugang zur
hausärztlichen Versorgung so umfassend möglich ist. Der neue und bislang einzigartige
Checkpoint BLN am Hermannplatz bietet unter einem Dach niedrigschwellig Beratung, Prävention
(u. a. HIV-PrEP), Tests und Behandlung rund um die sexuelle Gesundheit, insbesondere zu
HIV/AIDS.
Den öffentlichen Gesundheitsdienst und das Gesundheitssystem krisenfest machen
Trotz dieser wichtigen Schritte bleibt vieles zu tun. Ein zentraler Baustein ist der
öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD). Über Jahrzehnte wurde der ÖGD kaputtgespart. In der
Corona-Pandemie wurde allen deutlich, dass sich Sparen an dieser Stelle rächt. Wir brauchen
einen starken ÖGD und wollen ihn darum mit den nötigen Kompetenzen und Ressourcen
ausstatten, um eine lokale, sozialraumorientierte Vernetzung voranzutreiben. Der ÖGD soll
die Kompetenz erhalten, integrierte Versorgungsangebote zu entwickeln. Daher werden wir
systematisch auch neuere Berufsgruppen wie Public-Health-Absolvent*innen, Epidemiolog*innen
oder Gesundheitswissenschaftler*innen in den ÖGD einbeziehen. Und wir setzen uns dafür ein,
dass Famulaturen im Medizinstudium sowie das praktische Jahr auch in den Gesundheitsämtern
absolviert werden können. Wir wollen den Beruf der*des Amtsärzt*in attraktiver machen und
die Voraussetzungen schaffen, dass die gesamte Ausbildung zur Fachärzt*in für den
öffentlichen Gesundheitsdienst auch in Berlin absolviert und finanziert werden kann. Mit
neuer Soft- und Hardware befähigen wir den ÖGD, die vielfältigen Aufgaben zu erledigen. Um
vor Ort erfolgreich aktiv sein zu können, wollen wir erreichen, dass der ÖGD die Vielfalt
unserer Gesellschaft widerspiegelt.
Gesundheits- und Pflegeberufe attraktiver machen und in die Infrastruktur investieren
Therapeut*innen und Ärzt*innen, Pflegepersonal, Psycholog*innen und die Mitarbeiter*innen in
den Gesundheitsämtern – es gibt viele Berufsgruppen, die für gute gesundheitliche Versorgung
wichtig sind. Wir wollen die noch nicht organisierten Gesundheits- und Pflegeberufe bei
ihren jeweiligen Professionalisierungsprozessen unterstützen, wenn möglich und gewollt auch
in Berufskammern. Damit auch zukünftig genügend Nachwuchs in diesen Berufen zur Verfügung
steht, werden wir die Arbeitsbedingungen verbessern, zum Beispiel mit festen
Personalschlüsseln und einer Senkung der Arbeitsstunden. Auch die Ausbildung muss
attraktiver werden, etwa indem wir ermöglichen, alle Ausbildungs- und Studiengänge auch in
Teilzeit zu absolvieren.
Trotz deutlicher Anhebung der Investitionen in die Berliner Krankenhäuser bleibt hoher
Investitionsbedarf. Wir werden die Investitionen weiter anheben, nicht nur, um den Status
quo zu halten, sondern auch, um Zukunftsprojekte wie die Digitalisierung der
Gesundheitsversorgung voranzubringen.
Integrierte Gesundheitszentren vor Ort schaffen
Gesundheit wird von vielen Faktoren beeinflusst, neben der physischen und der psychischen
Verfassung spielen auch die Wohnbedingungen, der Beruf und die soziale Lage eine wesentliche
Rolle. In unserem aktuellen Gesundheitssystem gibt es für alles Spezialist*innen – aber viel
zu selten werden die verschiedenen Bedingungen und die unterschiedlichen Fachdisziplinen
zusammengebracht. Das Gesundheitskollektiv (GeKo) im Rollbergkiez macht es anders: Hier
arbeiten verschiedene Berufsgruppen zusammen und treten gemeinsam mit den Menschen im Kiez
für die Gestaltung gesundheitsförderlicher Lebenswelten ein. Behandlungen erfolgen
disziplinübergreifend und auf Augenhöhe mit den Behandelten. Die Bedürfnisse der
Anwohner*innen im Kiez werden einbezogen, gleichzeitig unterliegt das Projekt regelmäßiger
Evaluation. Wir wollen nach dem Vorbild des GeKos mehr integrierte, lokale und
interprofessionelle Gesundheitszentren schaffen.
Gesundheit in allen Politikbereichen mitdenken
Gesundheit ganzheitlich zu denken heißt, Gesundheitspolitik in allen Politikfeldern zu
verankern. Wir folgen dem „Health in All Policies“-Ansatz der WHO, denn Gesundheit entsteht
weder im Krankenhaus noch in der Arztpraxis, sondern im Alltag – dort, wo Menschen leben,
arbeiten, zur Kita oder zur Schule gehen und ihre Freizeit verbringen. Auch Klimaschutz ist
Gesundheitsschutz – Luftverschmutzung und Lärm machen krank. Mit der Verkehrswende schützen
wir vor allem die Gesundheit derer, die bisher an lauten und stickigen Straßen leben müssen.
Wir wollen künftig Gesetzesvorhaben in allen Politikbereichen auch auf ihre Auswirkungen auf
die Gesundheit prüfen.
HIV/Aids besiegen
Berlin hat das Ziel der Vereinten Nationen übernommen, bis 2030 die Zahl der HIV-
Neuinfektionen auf null zu senken. Mit der Einführung der PrEP und den Erfolgen in der
Gesundheitsversorgung in den letzten Jahren konnten wir wichtige Schritte gehen. Unser Ziel
für die kommenden Jahre lautet „95-95-95“: 95 Prozent der HIV-Infizierten sollen von ihrer
Infektion wissen, 95 Prozent davon Zugang zur Behandlung haben und 95 Prozent der
Behandelten „unter der Nachweisgrenze“ sein, damit eine Übertragung des HI-Virus nicht mehr
möglich ist. Um das zu erreichen, wollen wir die Infrastruktur zu Versorgungsstrukturen
weiter verbessern.
Gut versorgt von Anfang an – wir unterstützen Hebammen und Familienplanung für alle
Zur Gesundheit gehört auch, Anfang und Ende des Lebens gut zu begleiten. Hebammen und
Geburtshelfer begleiten den Weg ins Leben und sind für viele Frauen sowohl während der
Schwangerschaft als auch während und nach der Geburt wichtige Bezugspersonen. Dass
Schwangere in Berlin kaum noch eine Hebamme finden, die sie im Wochenbett betreuen kann, ist
ein unhaltbarer Zustand. Wir wollen allen Frauen aber weiterhin eine selbstbestimmte und
sichere Geburt ermöglichen. Am Runden Tisch Geburtshilfe haben wir deshalb vereinbart, die
Ausbildungskapazitäten für Hebammen zu erhöhen, sie mit Service-Parkausweisen im Alltag zu
unterstützen und mit einer digitalen Plattform die Hebammensuche zu erleichtern. Zusätzlich
haben wir in Berlins Kreißsäle investiert und wir wollen die Arbeitsbedingungen für Hebammen
verbessern, indem wir mehr Hebammen in die Kreißsäle bringen. Auf Bundesebene setzen wir uns
dafür ein, dass die Vergütungen angehoben und Versicherungsbeiträge übernommen werden und es
dazu auch verbindliche Personalschlüssel in den Krankenhäusern gibt.
Damit alle, die sich ein Kind wünschen, die bestmögliche Unterstützung bekommen, wollen wir
die Reproduktionsmedizin ausbauen und uns dafür einsetzen, dass sie auch
gleichgeschlechtlichen Paaren von der Krankenkasse finanziert wird.
Zur Familienplanung gehört aber auch, sich frei gegen ein Kind entscheiden zu können.
Beratung im Fall von Schwangerschaftskonflikten muss deshalb niedrigschwellig zugänglich
sein und wir kämpfen weiterhin für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.
Selbstbestimmt und würdevoll bis zum Schluss
Auch das Sterben gehört zu einem ganzheitlichen Blick auf die Gesundheitsversorgung: Wir
wollen, dass Menschen selbstbestimmt und gut versorgt ihre letzte Lebensphase verbringen
können. Doch insbesondere in dieser Lebensphase sind Menschen oft kaum oder gar nicht mehr
in der Lage, für ihre eigenen Bedürfnisse einzustehen. Umso wichtiger ist, dass vorher eine
gute Aufklärung über Versorgungsvollmachten und eine Patientenverfügung stattfindet. Deshalb
wollen wir die Strukturen dafür ausbauen. Darüber hinaus wollen wir eine Beratungsstelle für
Palliativmedizin einrichten, die über die Möglichkeiten der Versorgung im Hospiz oder
zuhause transparent informiert. Palliativmedizin ist aus gesundheitsökonomischer Sicht oft
unattraktiver als die medizinische Behandlung durch Operationen und intensivmedizinische
Maßnahmen. Umso wichtiger ist es, Ärzt*innen so aus- und weiterzubilden, dass für sie die
Wünsche der Behandelten im Fokus stehen und lebensverlängernde Maßnahmen, die von den
Betroffenen häufig als quälend empfunden werden, nicht um jeden Preis durchgeführt werden.
Förderung psychischer Gesundheit und gute wohnortnahe Versorgungsangebote
Unser Gesundheitsverständnis umfasst ausdrücklich das psychische Wohlbefinden. Durch unsere
Politik wollen wir die Lebensbedingungen in Berlin so gestalten, dass sie einen positiven
Einfluss auf die psychische Gesundheit ausüben und die Resilienz stärken. Darüber hinaus
wollen wir – u. a. im Rahmen des Präventionsgesetzes – konkrete Angebote schaffen und
ausbauen, die dabei helfen, mit psychischen Belastungen umzugehen und Krisen besser zu
bewältigen.
Von der Gesundheitsförderung und Prävention über die Beratung bis hin zur Behandlung und
Rehabilitation setzen wir auf sozialraumorientierte und wohnortnahe, miteinander vernetzte
Angebote. Dabei fördern wir die Partizipation durch den Trialog und Peer-Ansätze sowie den
Abbau von Zwang. In der Versorgung gilt für uns die Maxime: ambulant vor teilstationär vor
stationär. Unser Plan ist, innovative Finanzierungs- und Steuerungsmodelle sowie neue
Angebotsformen zu fördern. Wir wollen den ÖGD hinsichtlich Beratung und Begleitung stärken.
Das Psychiatrieentwicklungsprogramm wollen wir endlich weiterentwickeln und einen
datengestützten Landespsychiatrieplan etablieren.
Ein neues „Landesprogramm Psychische Gesundheit“ soll die vielfältigen Angebote zur
Förderung psychischer Gesundheit, zur psychosozialen und psychiatrischen Unterstützung und
Versorgung sowie ein neues Berliner Suchtkonzept unter einem Dach vereinen.
3.4 Selbstbestimmt im Alter. Wir machen die Pflege
stark
Wir Berliner*innen leben immer länger. Wir wollen, dass Menschen egal welchen Alters
selbstbestimmt und in Würde ihr eigenes Leben gestalten können, gleich woher sie kommen, wie
dick ihr Portemonnaie ist oder wie pflegebedürftig sie sind. Dafür wollen wir die richtigen
Rahmenbedingungen schaffen. Ältere, auch an Demenz erkrankte Menschen sollen weiter ihre
Fähigkeiten einbringen und ihr Umfeld mitgestalten, auch die Hilfs- und
Unterstützungsangebote oder den barrierefreien Umbau ihrer Wohnung und der Einrichtungen im
Kiez. Und wer Pflege benötigt, soll sie in bester Qualität erhalten. Dafür setzen wir uns
ein, auf Landes- wie Bundesebene und im Schulterschluss mit Pflegebedürftigen,
Pflegefachkräften und pflegenden Angehörigen.
Im Kiez verortet
Wir wollen die Lebensbedingungen Älterer in Berlin so gestalten, dass sie so lange wie
möglich in ihren eigenen vier Wänden leben und am gesellschaftlichen Leben im Kiez teilhaben
können. Wir denken sozialräumlich und haben in den letzten Jahren die Pflegestützpunkte
ausgebaut und mit mehr Ressourcen ausgestattet, um das zu ermöglichen. Darüber hinaus
fördern wir die Gesundheit im Alter und ermöglichen mit inklusiven,
generationenübergreifenden Projekten Begegnungen, bei denen wir Menschen über die eigene
Community hinaus zusammenbringen.
Vielfalt der Pflege- und Wohnformen
Wir streben eine breite Mischung zielgruppengerechter Pflege- und Wohnformen an und wollen
alternative Wohn- und Pflegeformen ausbauen. Perspektivisch sollen große Heimeinrichtungen
abgelöst werden, wir fördern kleine, in Quartieren angebundene und vernetzte
Versorgungseinrichtungen. Sie bieten quartiersnahe, sozialintegrative und inklusive
Beratung, Pflege und Betreuung älterer Menschen. Um eine gute Qualität sicherstellen und
kontrollieren zu können, haben wir das Wohnteilhabegesetz überarbeitet. Besonders wichtig
war uns dabei die Anbindung von Einrichtung und Wohngemeinschaften an den jeweiligen
Sozialraum.
Mit einem Kompetenzzentrum Pflegewohnformen wollen wir Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf
beraten. Die Mitarbeiter*innen des Zentrums sollen auch Pflegeheime beraten, die ihr Angebot
in Richtung Quartier öffnen wollen. Darüber hinaus werden wir altersgerechtes und
barrierefreies Wohnen ausbauen, der Bedarf wächst stetig. Auch Pflegeeinrichtungen und
gerade Pflegewohngemeinschaften sind von Verdrängung bedroht. Wir brauchen in allen Kiezen
Pflegeeinrichtungen.
Gerade weil der Bedarf an Pflegeunterstützung wächst, werden wir eine
Stadtentwicklungsplanung für Pflege und Senior*innen anstoßen, die vorhandene Strukturen und
weitere Bedarfe aufschlüsselt und absichert. Da in den Bezirken ein großes Wissen über die
Bedarfe und Besonderheiten der einzelnen Kieze herrscht, sollen sie eng eingebunden werden.
Für uns ist klar, dass Pflege die vielfältigen Hintergründe der Berliner*innen abbilden
muss. Wir setzen uns für diversitäts- und geschlechtersensible Pflege ein. Gerade in einer
Einwanderungsgesellschaft gilt es Diversity-Kompetenzen auszubauen, bei Einstellungen auf
Diversität zu achten und im Ausland erworbene Ausbildungsabschlüsse in Pflege- und
Gesundheitsberufen leichter anzuerkennen. Mit den Pflegestützpunkten der interkulturellen
Öffnung und der LSBTIQ*-sensiblen Beratung sind wir erste Schritte gegangen – diesen Weg
wollen wir weitergehen.
Gute Pflege braucht gute Arbeitsbedingungen
Gute Pflege steht und fällt mit den Mitarbeiter*innen. Pflegekräfte sind systemrelevant, das
spiegelt sich aber bisher nicht ausreichend in den Arbeitsbedingungen wider. Das wollen wir
ändern. Mit dem Berliner Bündnis für Pflege wurden in den letzten Jahren bereits
Handlungsfelder identifiziert, um Fachkräfte in der Pflege zu halten. Jetzt kommt es auf die
Umsetzung an, denn wir sind als Gesellschaft auf gute Pflege angewiesen. Eine Pflegekammer,
wie sie mehrheitlich von den Berliner Pflegenden gewünscht wird, unterstützen wir
ausdrücklich.
Wir wollen verbindliche Personalschlüssel statt Personaluntergrenzen, Mobilitätsangebote,
gerade für Nachtschichten und Beschwerdestellen, um Verstöße gegen den Arbeitsschutz zu
melden. Wir unterstützen die Selbstverwaltung der Pflegekräfte in Form von Pflegekammern und
regen das auch für andere Heilberufe an. Wir fordern mehr Teilzeitausbildungen und die
Finanzierung der berufsbegleitenden Ausbildung zum*zur Altenpfleger*in. Im Ausland erworbene
Ausbildungsabschlüsse von Pflege- und Gesundheitsberufen, ob innerhalb oder außerhalb der EU
erworben, sollen leichter anerkannt werden. Auch in der ambulanten Versorgung müssen die
Arbeitsbedingungen verbessert werden, damit zu pflegende Menschen möglichst lange in ihrer
eigenen Wohnung bleiben können. Viele ausgebildete Kräfte arbeiten nicht mehr in ihrem Beruf
– mithilfe von besseren Arbeitsbedingungen wollen wir sie zurückgewinnen.
Pflegende Angehörige besserstellen
Pflegende Angehörige bilden eine der tragenden Säulen der häuslichen Pflege. Rund 200.000
Berliner*innen betreuen und versorgen ihre pflegebedürftigen Angehörigen. Wir wollen sie
stärker ins Versorgungsnetz einbinden und ihre Leistungen besser würdigen. So wollen wir ihr
Recht auf Mitsprache ausbauen und sie besser informieren und entlasten. Das Kompetenzzentrum
Pflegeunterstützung zur Entlastung von pflegenden Angehörigen und anderen Bezugspersonen
soll ausgebaut und verstetigt werden. Als Berliner Landesregierung haben wir bereits eine
Bundesratsinitiative zur Einführung eines Familienpflegegeldes gestartet, eine
Lohnersatzleistung ähnlich dem Elterngeld. Hier werden wir weiter Druck machen.
3.5 Inklusives Berlin – Teilhabe für Menschen mit
Behinderung
Die Berliner Stadtgesellschaft soll inklusiv werden. Wir wollen eine Gesellschaft, in der
alle Menschen mit und ohne körperliche, psychische oder kognitive Behinderung
gleichberechtigt und selbstbestimmt teilhaben, ohne auf Barrieren zu stoßen. In Berlin leben
rund 350.000 Menschen mit einem Grad der Behinderung von über 50 Prozent, das ist fast jede
zehnte Person. Unsere Vorstellung einer inklusiven Gesellschaft ist aber für noch viel mehr
Menschen wichtig. Aufzüge an Bahnhöfen nutzen auch Eltern mit Kinderwagen, auf
barrierefreies Wohnen sind im Alter fast alle angewiesen. Für ganz Berlin ist es zentral,
dass wir Barrieren einreißen, wo immer sie noch stehen.
Seit dem 1. Januar 2020 ist das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) voll in Kraft. Wir
Bündnisgrüne mahnen auf Bundesebene tiefgreifende Nachbesserungen an. Gleichzeitig arbeiten
wir in Berlin an der Umsetzung, um das Beste herauszuholen. In allen Bezirken wird am Aufbau
sogenannter „Häuser der Teilhabe“ gearbeitet. Dort sollen Menschen mit Behinderung künftig
Beratung, Unterstützung und Begleitung rund um das Thema Eingliederungshilfe finden. Für den
Aufbau der Häuser und die fachliche Koordination werden jedem Bezirk seit 2020 zusätzlich
zwei Stellen von Seiten des Landes zur Verfügung gestellt. Auch beim barrierefreien Umbau
der Stadt haben wir wichtige Schritte gemacht, zum Beispiel bei Bus und Bahn. Unser
Mobilitätsgesetz schreibt den Anspruch auf barrierefreie Mobilität fest und wir investieren
jedes Jahr Millionen, um dem Ziel der Barrierefreiheit näher zu kommen.
„Häuser der Teilhabe“ ermöglichen umfassende Beratung
In den kommenden Jahren geht es um die konkrete Umsetzung vor Ort – diese wollen wir gezielt
vorantreiben. Zum 1. Januar 2022 sollen alle bezirklichen „Häuser der Teilhabe“ gegründet
sein. Wir wollen in den Häusern multiprofessionelle Teams zusammenbringen, um die Beratung
so umfassend wie möglich zu gestalten. Den Rahmen für einheitlich hohe Standards der
Umsetzung sollen Zielvereinbarungen bilden, die wir zwischen Land und Bezirken entwickeln
und stetig weiterentwickeln wollen. Etikettenschwindel, also ein neues Label und die
Fortführung der bisherigen Praxis der Sozialhilfe, werden wir nicht zulassen. Bei der
Umsetzung werden wir darauf achten, dass die Bedarfsermittlung, wie durch das
„Teilhabeinstrument Berlin“ (TIB) vorgesehen, neben Gesundheitsaspekten auch den
Lebenskontext von Menschen berücksichtigt. Dabei stellen wir sicher, dass in allen „Häusern
der Teilhabe“ und auch in den Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs-
und Unterstützungszentren (SIBUZ) aller Bezirke eine Beratung zu allen Rechtekreisen
erfolgen kann sowie alle erforderlichen Anträge an einem Ort zur Verfügung stehen.
Für Inklusion in allen Lebensbereichen
Der Arbeitsmarkt in Berlin muss inklusiver werden. Dabei gilt für uns die Prämisse:
Inklusion hat Vorrang. Daher wollen wir die Werkstätten so weiterentwickeln, dass sie nicht
zur Endstation werden, sondern der Befähigung zur Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt dienen.
Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitsplätzen sind gesetzlich verpflichtet, wenigstens auf fünf
Prozent der Arbeitsplätze Menschen mit Schwerbehinderung zu beschäftigen. Noch immer zahlen
aber zu viele Arbeitgeber*innen lieber die entsprechende Ausgleichsabgabe. Um das zu ändern,
werden wir Betriebe mit einer hohen Zahl von Mitarbeiter*innen mit Behinderung stärker
fördern und Aufträge der öffentlichen Hand vermehrt an solche „Inklusionsbetriebe“ vergeben.
Auch Bus und Bahn müssen in Berlin barrierefrei werden. Den Umbau aller Bahnhöfe und
Haltestellen im Verkehrsverbund mit einem barrierefreien Zugang werden wir schnellstmöglich
abschließen. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, die Anzahl der Inklusionstaxis im
öffentlichen Raum deutlich zu erhöhen, um echte Mobilität für alle zu verwirklichen. Bei der
Konzessionsvergabe für private Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen wollen wir Inklusion
zu einer Bedingung machen.
Barrierefreier Wohnraum ist nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern auch für ältere
Menschen wichtig. Unser Ziel für 2035 ist, dass 15 Prozent des gesamten Wohnraumes
barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Um hier zügig voranzukommen, wollen wir die
Umsetzung der Berliner Bauordnung konsequent prüfen, um sicherzustellen, dass die Vorgaben
zum barrierefreien Wohnen eingehalten werden. Beim Neubau wollen wir entsprechende Quoten
zur Steigerung der Anzahl barrierefreier Wohnungen einziehen.
Unser Ziel sind inklusive Schulen in einer inklusiven Gesellschaft. Beides bedingt sich
gegenseitig. Ein gegliedertes Schulsystem erschwert dieses Ziel. Nach und nach wollen wir
unsere Schulen so befähigen, dass alle Kinder gemeinsam an Regelschulen lernen. Die
Mitarbeiter*innen der Förderschulen brauchen wir an den Regelschulen zur individuellen
Betreuung der Kinder mit Behinderung weiterhin.
Zur barrierefreien Sanierung von Nachbarschaftszentren und anderen sozialen Begegnungsräumen
werden wir ein Landesförderprogramm auflegen und mit den Sportvereinen Berlins werden wir
weiter daran arbeiten, auch die Vereine für Menschen mit Behinderung zu öffnen.
Ein großer Teil des Lebens spielt sich online ab. Mit der gesetzlichen Umsetzung der EU-
Richtlinie zu barrierefreien Online-Angeboten öffentlicher Stellen hat Berlin einen
wichtigen Schritt getan. Die praktische Umsetzung wollen wir nun beschleunigen. Das gilt
zuallererst für die Seiten der Senatsverwaltungen und Bezirksämter. Bei der Neukonzeption
von www.berlin.de muss die digitale Barrierefreiheit schon in der Planung umfassend
mitgedacht werden.
Inklusion erfordert ein Umdenken von vielen. Aber es lohnt sich – am Ende ist eine inklusive
Gesellschaft eine bessere Gesellschaft für alle.
3.6 Drogenpolitik – Prävention, Aufklärung,
Unterstützung und Selbstbestimmtheit
Drogen sind Teil der Gesellschaft und kaum eine Debatte wird so irrational geführt wie die
um den richtigen Umgang damit. Wir Bündnisgrüne stehen für einen vernünftigen,
evidenzbasierten Ansatz, der sich an Fakten orientiert, Menschen durch Prävention und
Aufklärung schützt und damit Verbraucherschutz gewährleistet, Abhängigen unkompliziert Hilfe
zukommen lässt und die Selbstbestimmung aller respektiert.
Drogen nach Gefährdungspotential unterscheiden
Die tödlichste Droge in Deutschland ist Tabak. Etwa 15 Millionen Menschen deutschlandweit
rauchen, rund 120.000 Menschen sterben jährlich an den Folgen des Rauchens, viele Millionen
sind schwer nikotinabhängig. Am gefährlichsten für Unbeteiligte ist Alkohol und Millionen
Menschen in Deutschland sind medikamentenabhängig. Die am weitesten verbreitete illegale
Droge ist mit ca. vier Millionen Konsument*innen Cannabis. Tatsächlich ist die
Unterscheidung zwischen legalen Suchtmitteln auf der einen und illegalen Drogen auf der
anderen Seite nicht sinnvoll und historisch vor rund 100 Jahren willkürlich getroffen
worden. Da sind wir uns mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter einig. Statt willkürlicher
Kriterien wäre eine Regulierung nach tatsächlichem Gefährdungspotential ein wichtiger
Schritt – hier ist die Bundespolitik in Verantwortung. Einen großen Unterschied macht, wie
Drogen konsumiert werden: moderat, selbstbestimmt und aufgeklärt oder riskant und in
kriminalisierten, ungeschützten Räumen. Politik muss sich an diesen Erkenntnissen
orientieren. Ideologische Debatten lehnen wir ab.
In Berlin schon viel erreicht – was fehlt, sind andere Regelungen auf Bundesebene
In den vergangenen Jahren haben wir Schritte in die richtige Richtung gemacht. Wir haben ein
Werbeverbot für Tabak und Alkohol auf kommunalen Werbeflächen erreicht. Mit einem Pilot-
Projekt zum Drug-Checking in Clubs werden wir einen Weg einschlagen, der Menschen vor
gefährlichen, gepanschten Drogen schützt, Drogenkonsumräume haben wir in den Bezirken
geplant und geschaffen. Dort sind neben sicherem Konsum vor allem Aufklärung, Beratung und
Unterstützung möglich. Die „Null-Toleranz-Zonen“ für den Besitz von Cannabis haben wir
abgeschafft, da sie kein Problem gelöst und den Handel nur in Hauseingänge und auf
Spielplätze verlagert haben. Was fehlt, sind andere Regelungen auf Bundesebene. Gemeinsam
mit der grünen Fraktion im Deutschen Bundestag wurde mit unserem „Cannabiskontrollgesetz“
ein sehr konkreter Weg zur Legalisierung entwickelt, den wir auch weiter vorantreiben
werden.
Aufklärung und Prävention ausbauen
In Berlin werden wir weiterhin an unserer Linie einer evidenzbasierten, zielorientierten
Drogenpolitik festhalten. Dazu werden wir Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen ausbauen.
Der Jugend- und Gesundheitsschutz sowie die Aufklärung von Verbraucher*innen und damit der
Verbraucherschutz haben dabei für uns höchste Priorität. Dabei nehmen wir nicht nur
substanzbezogene Abhängigkeiten in den Blick, sondern werden auch Programme der Prävention
vor nicht substanzgebundene Süchte, beispielsweise Glücksspiel oder Computerspiele, weiter
ausbauen. Die Werbung für Tabak und Alkohol wollen wir in einem nächsten Schritt auf allen
Werbeflächen in Berlin verbieten und dazu die rechtlichen Möglichkeiten im Detail prüfen.
Den Nichtraucherschutz wollen wir konsequent umsetzen, Kellner*innen und Barkeeper*innen
schützen wir damit und wir halten das gesellschaftliche Leben auch für Menschen mit
Vorerkrankungen offen. Für bestimmte Raucherkneipen wollen wir Lizenzen vergeben, um hier
mehr Klarheit für Betreiber*innen und Gäste zu schaffen.
Wir nehmen die Sorgen und Ängste der Menschen rund um Drogenhotspots ernst und werden mit
voller Kraft für eine Verbesserung kämpfen. Solange keine kontrollierte Abgabe diese
Hotspots komplett verschwinden lässt, werden wir mit Programmen zur sicheren
Spritzenentsorgung, zu häufigen Reinigungszyklen in Parks und auf Spielplätzen sowie mit
gezielten Kontrollen die Situation vor Ort verbessern. Denn Spritzen und Drogen haben auf
Spielplätzen nichts verloren.
Beratung und Selbsthilfe stärken
Beratungs- und Selbsthilfeangebote wollen wir ausbauen, genau wie Drogenkonsumräume. Unser
Ziel sind Drogenkonsumräume und Spritzenprogramme in allen Bezirken Berlins. Mit einer
stärkeren aufsuchenden Sozialarbeit wollen wir Menschen erreichen, die drogenabhängig und
dringend auf Unterstützung angewiesen sind, den Weg in die Beratung aber nicht alleine
schaffen. Das Drug-Checking werden wir weiter vorantreiben, so dass es sich zur anerkannten
Normalität in Berlins Nachtleben entwickelt – immer kombiniert mit Angeboten zur Beratung
und Hilfe zum Ausstieg aus dem Drogenkonsum. Dafür wollen wir mehr mobile Drug-Checking-
Teams auf den Weg bringen, die die Erreichbarkeit verbessern. Die Sucht- und
Präventionsarbeit im Strafvollzug soll weiter ausgebaut werden. Zentral ist dabei für uns,
dass saubere Spritzen zur Verfügung stehen, die Möglichkeit der Opioid-Substitution und die
Diamorphintherapie für Betroffene sowie eine nahtlose Anschlussversorgung und medizinisch-
psychologische Betreuung nach der Haftentlassung.
Schwarzmarkt austrocknen
Um den Schwarzmarkt auszutrocknen, arbeiten wir weiter daran, Cannabis zu legalisieren.
Solange es auf Bundesebene keine neue gesetzliche Regelung gibt, halten wir an unserem Ziel
eines Modellprojektes zur legalen Abgabe von Cannabis in Berlin fest. Die nicht verfolgbare
geringe Menge für Cannabis zum Eigenbedarf wollen wir anheben und auch für andere illegale
psychoaktive Substanzen entsprechende geringe Mengen festlegen, die strafverfolgungsfrei
bleiben. Damit entlasten wir Polizei und Justiz massiv. Auch den Parks, die von massiven
Dealertätigkeiten belastet sind, und deren Anwohner*innen wollen wir dazu verhelfen, wieder
mehr Ruhe und Sauberkeit zu finden. Frei gewordene Kapazitäten wollen wir so weit möglich
für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität einsetzen, die maßgeblich durch den
internationalen Drogenhandel begünstigt wird.
Drogenpolitik ist auch Friedenspolitik
Weltweit sorgt der Handel mit Drogen für Gewalt, Konflikte und Kriege. Bei kaum einem
anderen Politikfeld ist die Verbindung zwischen unserer Politik hier und der Lage der Welt
so unmittelbar. Um Leid und Tod infolge dieser Konflikte zu beenden, arbeiten wir daran, den
internationalen Drogenhandel zu unterbinden. Das gelingt nicht durch die Kriminalisierung
von Konsument*innen. Das gelingt nur durch einen rationalen Ansatz von Entkriminalisierung
und Kontrolle. Es ist Zeit, dass wir diese Fragen bei uns lösen, nicht diese Konflikte auf
dem Rücken von Menschen in anderen Teilen der Welt austragen.
3.7 Berlin bleibt in Bewegung – wir sind die Hauptstadt
des Sportes
Sport und Bewegung halten gesund, ermöglichen Gemeinschaft und stiften Freude. Wir wollen
allen Berliner*innen ermöglichen sich sportlich zu betätigen. Egal in welchem Alter, egal ob
organisiert und regelmäßig oder nur ab und zu, das Sportangebot in Berlin soll alle
Bedürfnisse abdecken. Dabei ist unsere Vision für die Hauptstadt des Sportes, dass Sport und
Bewegung selbstverständlich in allen Bereichen mitgedacht wird: sei es das Laufen im Park,
eine Runde Tischtennis im Hof, Bouldern an der Einkaufscenter-Fassade oder Kicken auf dem
Supermarkt-Dach. Dafür denken wir Sport und Bewegung auch in der Stadtplanung mit. Sport
verbindet auch über Grenzen hinweg. Berlin profitiert von internationalen
Sportveranstaltungen. Die weltweite Bekanntheit der Sportmetropole Berlin wollen wir
ausbauen.
Ehrenamtliche sind das Rückgrat der Vereine
Viele Berliner*innen sind in Sportvereinen aktiv. Sportvereine übernehmen vielfältige
Funktionen, sie ermöglichen Jung und Alt Bewegung in Gemeinschaft, sie unterstützen das
Zusammenwachsen unterschiedlicher Menschen und den Leistungssport. Das wäre ohne zahllose
Ehrenamtliche nicht möglich, die sich als Trainer*innen oder Vereinsvorständeim Vereinsvorstand engagieren.
Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von
Trainer*innen und Übungsleiter*innen. Deswegen haben wir die Finanzierung der Trainer*innen
und Übungsleiter*innen verbessert.
Institutionalisierten und frei organisierten Sport gleichstellen
Gleichzeitig machen immer mehr Berliner*innen alleine oder in sich frei organisierenden
Gruppen Sport. Wir wollen den institutionalisierten und frei organisierten Sport
gleichstellen und allen Bürger*innen den Zugang zu Sportanlagen ermöglichen. Deswegen werden
wir das Sportfördergesetz und die Sportstättennutzungsverordnung so anpassen, dass die
Vergabe von Sportflächen auch an frei organisierte Sportgruppen ermöglicht wird. Der neu
gestaltete Olympia-Park in Charlottenburg-Wilmersdorf und der inklusive Friedrich-Ludwig-
Jahn-Sportpark in Pankow sollen Vorzeige-Projekte für das Nebeneinander von
institutionalisiertem und frei organisiertem Sport werden. Hierfür wollen wir den Friedrich-
Ludwig-Jahn-Sportpark modernisieren und zeigen, wie an einem historischen Ort in einer
Naturlandschaft neben dem ehemaligen Grenzstreifen eine inklusive Sportstätte für alle
Menschen entstehen kann.
Um einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu Sport und Bewegung zu ermöglichen, haben wir
das Programm „Sport im Park“ ins Leben gerufen, das in allen Berliner Bezirken kostenlose
Sportangebote ermöglicht. Egal ob Teamsport, Workout oder Balance, bei mehr als 100
Aktivitäten ist für jede*n was dabei. Dieses erfolgreiche Programm wollen wir auch in den
kommenden Jahren weiterführen.
Sportanlagen inklusiv und ökologisch
Als wir 2016 Regierungsverantwortung übernommen haben, waren die Sportanlagen in Berlin in
schlechtem Zustand. Mit dem Sportanlagensanierungsprogramm haben wir begonnen, Sportstätten
wieder in Schuss zu bringen. Es ist aber auch klar: Bei der Vielzahl an Anlagen wird die
Sanierung ein Marathon, kein Sprint. Für uns ist wichtig, dass die Sanierungen nach hohen
ökologischen Standards erfolgen müssen. Die Klimakrise erfordert, dass wir in allen
Lebensbereichen Ressourcen schonen. Deswegen haben wir in der Sportanlagennutzungsverordnung
auch Nachhaltigkeitskriterien verankert.
Berliner Sportanlagen müssen nicht nur ökologisch, sondern auch barrierefrei werden.
Multifunktionale und behindertengerechte Sportstätten versetzen alle Berliner*innen in die
Lage, sich sportlich zu betätigen, und leisten somit einen Beitrag zur Gesellschaft der
Vielen, die allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Auch für eine älter
werdende Gesellschaft ist es wichtig, barrierefreie Sportanlagen bereitzuhalten, damit in
jedem Alter Bewegung und Sport möglich ist.
Berlin wächst und damit auch der Bedarf an Sportstätten. Aus ökologischer Sicht ist es
geboten, vorhandene Sportanlagen besser auszulasten, bevor wir mit Neubauten Flächen
versiegeln. Wenn nicht bereits geschehen, können die Außengelände von beispielsweise Schulen
umfassender genutzt werden, indem sie nach Schulschluss für die Allgemeinheit geöffnet
werden. Wo nötig werden wir auch neue Sportanlagen bauen.
Bäder für die Berliner*innen – Schwimmen ist eine Überlebenstechnik und gut für die
Gesundheit
Jedes Kind in Berlin soll Schwimmen lernen. Wir können nicht hinnehmen, dass immer wieder
Menschen ertrinken, weil sie nicht schwimmen können. Deswegen muss Schwimmunterricht Teil
des Schulsportes sein. Wir wollen die Öffnungszeiten der Berliner Bäderbetriebe ausweiten,
damit alle Schulklassen die Möglichkeit zum Schwimmunterricht bekommen und sich die Nutzung
der Bäder besser verteilt. Darüber hinaus wollen wir prüfen, ob Kooperationsverträge mit
anderen Schwimmhallen, etwa in Hotels oder Fitnessstudios, abgeschlossen werden können, um
die vorhandenen Kapazitäten besser zu nutzen.
Wir wollen die Berliner Bäderbetriebe zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen
umstrukturieren, das sich an den Bedürfnissen der Bürger*innen orientiert. Die Preisstruktur
soll transparent sein und allen Berliner*innen die Nutzung der Schwimmbäder ermöglichen. Wir
haben in den letzten Jahren viel Geld für die Sanierung der Bäder bereitgestellt, aber wie
bei den Sportstätten ist auch bei den Bädern ein langer Atem nötig, bis alle Bäder wieder in
Schuss sind. Bei Um- und Neubauten achten wir darauf, dass sie barrierefrei und ökologisch
sind.
Wir fördern inklusive Sportangebote, die allen Menschen offenstehen, egal welche
körperlichen und psychischen Voraussetzungen, welche Herkunft, welches Geschlecht, welches
Alter, welchen sozialen und finanziellen Hintergrund oder welche sexuelle Orientierung und
sexuelle Identität der einzelne Mensch hat. Die Vielfalt aller Berliner*innen muss sich auch
in den Führungspositionen der Vereine und Sportverbände widerspiegeln.
Jetzt ganz konkret: Bündnisgrüne Projekte für die Zukunft Berlins
1. „Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ – Wohnen ist keine Ware
Wir sagen Verdrängung und Immobilienspekulation den Kampf an. Schon jetzt nutzen wir
Bündnisgrüne das Vorkaufsrecht wo immer möglich. Mit unserem „Masterplan 50 Prozent
Gemeinwohl“ sollen in 30 Jahren 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin in
gemeinwohlorientierter Hand sein. Um das Vorkaufsrecht effektiv nutzen zu können, treffen
wir die notwendige finanzielle Vorsorge für die landeseigenen Wohnungsunternehmen. Mit
Genossenschaften, Stiftungen oder Projekten wie dem Mietshäuser-Syndikat werden wir eine
Kooperationsvereinbarung abschließen.
2. Förderung, die ankommt – Armut von Familien und Kindern beenden
180.000 Kinder in Berlin leben in Familien, die auf Transferleistungen angewiesen sind. Die
Kinder- und Familienförderung des Bundes ist ein Chaos – die einzelnen Leistungen sind so
unübersichtlich, dass sie nicht bei den Familien und Kindern vor Ort ankommen. Solange das
Chaos an Familienleistungen auf Bundesebene nicht sortiert ist, lösen wir es in Berlin auf
und schaffen „Familienservicebüros“ in allen Bezirken. Nicht Eltern sollen für Kindergeld,
Elterngeld oder Wohnberechtigungsschein immer wieder Unterlagen einreichen müssen. Ein*e
Sachbearbeiter*in soll für jede Familie alle notwendigen Unterlagen bereitstellen und
verarbeiten. Auch unterschiedliche Leistungen aus Jugendamt und Sozialamt sollen
zusammenfließen: ein Ort, alle Leistungen.
3. Ein neues Landesamt für Unterbringung – jeder Mensch braucht ein Zuhause
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben –
egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung
verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen
zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt
für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem
neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln.
4. Pflege ist systemrelevant – Arbeitsbedingungen verbessern
Pflege ist systemrelevant, wir alle sind in Krankheitszeiten und im Alter darauf angewiesen.
Das muss sich auch in den Arbeitsbedingungen widerspiegeln. Körperlich anstrengende Arbeit,
Schichtsystem, Personalknappheit und geringe Bezahlung haben dazu geführt, dass viele
ausgebildete Pflegekräfte diesem Beruf den Rücken gekehrt haben. Wir wollen ausgestiegene
Fachkräfte in den Beruf zurückholen. Und wir wollen die Arbeitsbedingungen so verbessern,
dass auch eine Vollzeittätigkeit attraktiv wird – hin zu mehr Flexibilität und Mitsprache
bei den Dienstzeiten und einer deutlich besseren Vergütung ungünstiger Arbeitszeiten. Dazu
zählt auch eine angemessene Bezahlung bereits in der Ausbildung, angefangen von den
Ärzt*innen im Praktikum bis hin zu den Pflegekräften, gerade mit Blick auf die
Akademisierung der Pflegeausbildung.
5. Faire Ausbildungsbedingungen für Care-Berufe schaffen
In vielen Care-Berufen schrecken schon die Ausbildungsbedingungen ab. Wir wollen faire
Bedingungen für Auszubildende und Studierende in diesen Berufen schaffen – dazu zählt eine
angemessene Bezahlung bereits in der Ausbildung. Wir fordern zum Beispiel, dass Ärzt*innen
im praktischen Jahr an den Lehrkrankenhäusern der Charité bezahlt werden. Zusätzlich könnten
Landesstipendien für diese Engpassberufe vergeben werden.
Unterstützer*innen
- Daniela Ehlers (KV Berlin-Lichtenberg)
- Karin Hausmann-Kasper (KV Berlin-Lichtenberg)
- Ingrid Bertermann (KV Berlin-Mitte)
- Tobias Balke (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Miriam Wirsing (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Claudia Jung (KV Berlin-Pankow)
- Miriam Siemon (KV Berlin-Kreisfrei)
- Anna Hoppenau (KV Berlin-Neukölln)
- Johanna Braun (KV Berlin-Kreisfrei)
- Bianca Neumaier (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
Von Zeile 749 bis 751:
Zusammenwachsen unterschiedlicher Menschen und den Leistungssport. Das wäre ohne zahllose Ehrenamtliche nicht möglich, die sich als Trainer*innen oder Vereinsvorständeim Vereinsvorstand engagieren. Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von
3. Zusammenhalt sichern - niemand bleibt zurück
Berlin funktioniert nur zusammen. Wir haben viel vor mit dieser Stadt und klar ist, niemand
darf dabei zurückbleiben. Insbesondere Alleinerziehende, Kinder, ältere Menschen, prekär
Beschäftigte, Arbeitssuchende und Menschen mit Behinderung sind von Armut, Verdrängung und
Ausgrenzung bedroht. Familien und Freischaffende suchen vergebens nach bezahlbaren Wohn- und
Gewerberäumen. Wir kämpfen für ein Berlin, in dem alle teilhaben und ihren Platz finden.
Auch in der kommenden Legislaturperiode hat dies für uns höchste Priorität.
Wohnen ist keine Ware – 50 Prozent des Wohnraums gemeinwohlorientiert
Die Grundstückspreise und Mieten sind in den vergangenen 15 Jahren nach oben geschnellt,
auch weil hemmungslos mit dem spekuliert wird, was für Menschen das Zuhause ist. Wohnen ist
keine Ware, darum kämpfen wir für einen Wohnungsmarkt, auf dem in 30 Jahren 50 Prozent des
Wohnraums gemeinwohlorientiert sind. Dafür werden wir ein breites Bündnis schließen – von
den landeseigenen Wohnungsgesellschaften über Genossenschaften und Hausprojekte bis zu
Privatvermietenden, die sich wie die öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das Gemeinwohl
verpflichten. Die Bau-, Miet- und Wohnpolitik haben wir seit 2016 vom Kopf auf die Füße
gestellt – sowohl in der Landesregierung als auch in den Bezirken, in denen wir
Verantwortung tragen. Wir haben sozialen Wohnungsbau vorangetrieben, das Vorkaufsrecht
genutzt und mit dem Mietendeckel haben wir den Mut bewiesen, Menschen auch dann zu schützen,
wenn der Wind uns frontal ins Gesicht bläst. Diesen Weg wollen wir weitergehen: Wir bauen
das neue Berlin gemeinwohlorientiert und nachhaltig. Wir erwerben uns die Stadt Stück für
Stück zurück, um Gemeinwohlorientierung zum zentralen Merkmal des Berliner Mietenmarktes zu
machen, und regulieren gleichzeitig die Mieten weiter. Für uns ist klar: Der Mietendeckel
darf 2025 nicht ersatzlos enden.
Ein Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der Vergangenheit angehören
Seit 2016 haben wir auch bei der Bekämpfung von Armut wichtige Schritte geschafft. Das
kostenlose ÖPNV-Ticket für Schüler*innen, die beitragsfreie Kita, ein gesundes kostenloses
Essen mit hohem Bioanteil in den Grundschulen, all das sorgt dafür, dass Kinder aus
Familien, die weniger Geld haben, gleichberechtigter am Leben teilhaben können. Wir haben
den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und
Freischaffende eingezogen, wir haben Tariftreue bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen
garantiert und die Gehälter gerade der Beamt*innen angehoben, die kleinere Einkommen haben.
Sei das bei der Polizei, bei der Feuerwehr oder in der Verwaltung. Wir haben dafür gesorgt,
dass für Menschen, die Sozialleistungen beziehen, die Kosten der Unterkunft verlässlich
übernommen werden und Obdachlosigkeit so vermieden wird. Und wir haben damit begonnen, das
Dickicht an Sozialleistungen zu ordnen, damit Menschen Leistungen, die ihnen zustehen, auch
tatsächlich erhalten – gerade in den Bezirken sind wir an dieser Stelle Vorreiter. Der Weg
zu einem Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der Vergangenheit angehören, ist aber noch
weit. Wir setzen uns seit Jahren dafür ein, Familien- und Sozialleistungen auf Bundesebene
endlich neu zu sortieren, um das bestehende Chaos zu beenden. Solange das nicht passiert
ist, werden wir weiter in Berlin und in den Bezirken für Überblick sorgen. Dazu wollen wir
mit einem berlinweiten Sozialmanagement die besten Wege der Umsetzung aus allen Bezirken in
alle anderen Bezirke bringen und mit starken Netzwerken vor Ort im sozialen Umfeld
Unterstützung leisten.
Gute Gesundheitsversorgung und Pflege ist Daseinsvorsorge
Die Corona-Pandemie hat schonungslos die Lücken des Gesundheitssystems aufgezeigt: Statt in
gute Vorsorge zu investieren, wurde der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) über Jahrzehnte
kaputtgespart und Pandemiepläne sind in Schubladen verstaubt. Für uns gehören gute
Gesundheitsstrukturen zur Daseinsvorsorge und dürfen nicht der Profitmaximierung dienen.
Deswegen haben wir den ÖGD in den letzten Jahren besser ausgestattet und wir wollen diesen
Weg in den nächsten Jahren weitergehen. Wir wollen den ÖGD attraktiver machen und für mehr
Berufsgruppen öffnen sowie ihn befähigen, integrierte, im Kiez vernetzte Versorgungsangebote
zu entwickeln. Wir haben massiv Geld in die landeseigenen Krankenhäuser investiert. Wir
wollen allen Berliner*innen bestmögliche Versorgung ermöglichen und setzen uns nachhaltig
auch für eine gerechtere Verteilung der Angebote in den Bezirken ein – insbesondere auch bei
den niedergelassenen Fachärzt*innen. Neben einer besseren Verteilung wollen wir eine besser
vernetzte und aufeinander abgestimmte Angebotsvielfalt erreichen; dazu müssen wir das
Gemeinsame Landesgremium (§ 90 a SGB V) stärken und erweitern.
Für uns ist klar: Gesundheit wird nicht primär von der Gesundheitspolitik gemacht, sondern
jeder einzelne Politikbereich hat Einfluss auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die
Lebensqualität der Berliner*innen, sei es bei der Verkehrswende, im Bildungsbereich, in der
Sozialpolitik oder in der Stadtentwicklung. Dabei ist die gesundheitliche Chancengleichheit
unser Ziel. Wir wollen erreichen, dass alle Berliner*innen, unabhängig vom Geldbeutel, die
gleichen gesundheitsfördernden Lebensbedingungen haben. Gesundheit bedeutet für uns
körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden mit Teilhabe und Selbstbestimmung.
Zu guter Gesundheitsversorgung gehört gute Pflege im Krankenhaus, in der ambulanten Pflege,
in stationären Einrichtungen sowie zuhause. Es darf nicht sein, dass Pflegekräfte zu
schlechten Bedingungen mit viel zu vielen Patient*innen ihren Dienst tun. Darum haben wir
gemeinsam mit dem Berliner Bündnis für Pflege in den vergangenen Jahren intensiv an
Verbesserungen gearbeitet. Wir unterstützen die Ziele des Volksentscheids „Gesunde
Krankenhäuser“ und möchten in den kommenden Jahren mit verbindlichen Personalschlüsseln die
Arbeitsbedingungen substantiell verbessern. Wir wollen eine Vielzahl von Pflege- und
Wohnformen im Alter fördern, um Menschen, solange es geht, ein selbstbestimmtes Leben zu
ermöglichen. Um pflegende Angehörige besser zu unterstützen, setzen wir uns auf Bundesebene
für die Einführung eines Familienpflegegeldes, ähnlich des Elterngeldes, ein.
Im Bund wollen wir uns außerdem für eine umfassende Reform der Pflegeversicherung sowie der
grünen Bürger*innenversicherung einsetzen, um mehr Gerechtigkeit und Solidarität in der
Versorgung herzustellen.
Wir haben in Berlin bereits erfolgreich die Beihilferegelungen für Beamt*innen verändert, so
dass ihr Weg in die gesetzliche Krankenversicherung erleichtert wird. Das wollen wir
bundesweit umsetzen.
Barrieren abbauen, Teilhabe ermöglichen
Ältere Menschen sind noch lange fit und wollen aktiver Teil der Gesellschaft bleiben. Am
besten ermöglichen wir das, indem wir Hürden im Alltag abbauen. Auch für Menschen mit
Behinderung oder Familien mit kleinen Kindern ist es wichtig, dass die Stadt barrierefrei
ist. Das gilt in U- und S-Bahnhöfen genauso wie in Verwaltungsgebäuden. Deswegen machen wir
uns stark für die Absenkung von Bordsteinkanten, längere Ampelschaltungen, eine
barrierefreie Darstellung von Websites oder die Übersetzung von Veranstaltungen in
Gebärdensprache. Wir wollen, dass alle Kinder, ob mit oder ohne Behinderung,
gleichberechtigt in der Schule teilhaben und alle Erwachsenen die Chance bekommen, Teil des
ersten Arbeitsmarktes zu werden.
Unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft. Dafür werden wir immer wieder Wege für Menschen
zur Teilhabe öffnen, gehen entschieden gegen Verdrängung vor, bekämpfen Armut, sorgen dafür,
dass alle Zugang zu bester Grundversorgung haben und bauen Hürden im Alltag ab. Berlin
gelingt nur gemeinsam. Zusammen mit den Initiativen und Verbänden unterstützen wir daher das
Berliner Behindertenparlament.
3.1 Bauen, Mieten, Wohnen: klimagerecht und sozial
Wir haben 2016 den Politikwechsel in Berlins Bau-, Mieten- und Wohnpolitik eingeläutet, um
der astronomischen Steigerung von Miet- und Grundstückspreisen Einhalt zu gebieten. Unser
Ziel war und ist, den Berliner Wohnungsmarkt gemeinwohlorientiert zu gestalten. Mit unserem
„Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ sollen in 30 Jahren 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin
in gemeinwohlorientierter Hand sein. Unter Gemeinwohl verstehen wir die landeseigenen
Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften, Träger sozialer Einrichtungen und Hausprojekte
sowie Privatvermietenden, die sich wie die öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das
Gemeinwohl verpflichten. Wir schließen dabei auch Bündnisse mit den Menschen, die ihr
Wohnschicksal in die eigenen Hände nehmen, wie beispielsweise Baugruppen, wenn sie sich
sozialen und ökologischen Kriterien verpflichtet fühlen.
In den vergangenen Jahren haben wir den Neubau stärker auf Gemeinwohl ausgerichtet,
gleichzeitig hat der Mietendeckel Ruhe in den überhitzten Markt gebracht und zu stabilen
Mietpreisen geführt. Damit haben wir juristisches Neuland betreten und sind stolz darauf,
dass wir Wucher stoppen konnten, trotz heftigen Gegenwindes. In den kommenden Jahren
streiten wir weiter für einen gemeinwohlorientierten und sozialen Wohnungsmarkt für Berlin.
Dazu gehört für uns auch die Verbindung mit dem Klimaschutz: Berlins Gebäude stoßen 40
Prozent des CO2 in der Stadt aus, also sind energetische Modernisierung und die Bauwende
eine zentrale Zukunftsaufgabe, um Berlin auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Wir verwirklichen
soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz und spielen sie nicht gegeneinander aus.
Das neue Berlin bauen – gemeinwohlorientiert und nachhaltig, sozial und ökologisch
Unser Ziel sind Kieze, in denen neben Wohnen auch Gewerbe, Kultur und Erholung Platz hat.
Zudem arbeiten wir für eine bunte Mischung von Eigentümer*innen – von Genossenschaften über
landeseigene Wohnungsbaugesellschaften bis zu Baugruppen und auch kleinen privaten
Besitzer*innen. Klar ist: Berlin braucht mehr Wohnungen. Wir wollen, dass in Berlin jährlich
20.000 Wohnungen neu gebaut werden, natürlich klimaneutral und mindestens die Hälfte
sozialverträglich. Neubauten im Hochpreissegment müssen möglichst vermieden werden, weil das
weite Teile der Bevölkerung ausschließt. Zur Förderung des Neubaus wollen wir einen
dauerhaften Fonds auflegen, der Gelder bereitstellt und in den Rückzahlungen aus Darlehen
direkt zurückfließen. Damit wird eine dauerhafte Finanzierung von Neubauten ermöglicht. Wir
wollen die Förderung pro Wohnung erhöhen und so ausgestalten, dass eine besonders hohe
Förderung in dauerhaft gemeinwohlgebundene und möglichst CO2-neutrale errichtete Wohnungen
fließt. Die Genossenschaftsförderung für Neubauten wollen wir deutlich erhöhen und weiter
öffnen, zum Beispiel auch für Projekte wie das Mietshäuser-Syndikat.
Auch für den Klimaschutz ist es höchste Zeit, die Bauwende einzuläuten. Mit ökologischen
Dämm- und Baustoffen, wie Hanf, Stroh, Holz, Lehm, Naturstein oder Recyclingbeton, wollen
wir klimafreundliche Neubauten und Modernisierungen auf die Straße bringen. Bei
energetischen Modernisierungen setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, die
Modernisierungsumlage in ihrer jetzigen Form abzuschaffen und durch ein neues faires System
zu ersetzen. Die Kosten müssen im Vorfeld transparent sein und wenn der Umbau bezahlt ist,
muss auch die Umlage enden. Die Kosten für die energetische Modernisierung wollen wir
zwischen Vermieter*innen, Mieter*innen und dem Staat in einem Drittelmodell fair verteilen.
Durch eine energetische Sanierung schützen Vermieter*innen die Bausubstanz ihrer Immobilien
und profitieren vom Werterhalt. Unser Ziel ist es, dass die höhere Kaltmiete durch niedrige
Energiekosten aufgewogen wird, so dass die Warmmiete nicht steigt. Die öffentliche Hand
leistet mit der Übernahme eines weiteren Drittels einen wichtigen Beitrag, um Berlin auf den
1,5-Grad-Pfad zu bringen.
Wir wollen Eigentümer*innen gesetzlich verpflichten, bis 2024 Fahrpläne für eine
mieter*innen- und klimafreundliche, energetische Modernisierung ihrer Häuser vorzulegen.
Dabei bieten wir eine intensive Unterstützung und Begleitung durch die
Bauinformationszentren des Landes Berlin an. (Zu Fragen der Stadtentwicklung und des
ökologischen Bauens vgl. das Kapitel 2.3.)
Um möglichst viele Baugrundstücke für gemeinwohlorientiertes Wohnen zu gewinnen, wollen wir
aktiv ankaufen und Mittel wie Vorkaufsrechtssatzungen, Baugebote und Entwicklungsmaßnahmen
nutzen. Um unsere gemeinwohlorientierten Ziele zu erreichen, wollen wir auch das Berliner
Modell der kooperativen Baulandentwicklung so weiterentwickeln, dass mindestens 50 Prozent
der Wohnungen im Neubau dauerhaft gemeinwohlgebunden sind. Darüber hinaus wollen wir auch
alle weiteren Möglichkeiten nutzen, um Baurecht an die dauerhafte ökologische und
Gemeinwohlbindung mindestens eines Anteils des Neubaus zu knüpfen.
Den Wohnungsmarkt regulieren – bezahlbare Mieten sichern
Mit dem Mietendeckel, dem Milieuschutz, der Verschärfung des Zweckentfremdungsverbotes und
der Reform des Wohnungsaufsichtsgesetzes sind wir in Berlin wichtige Schritte gegangen, um
Wohnen bezahlbar zu halten. Entscheidend ist nun, die Bezirke noch besser in die Lage zu
versetzen, die Gesetze auch effektiv umzusetzen. Darüber hinaus prüfen wir die Schaffung
eines Landesamtes für Wohnungswesen, das vor allem die Umsetzung des Mietendeckels
sicherstellen soll. Um mehr Transparenz auf dem Immobilienmarkt zu schaffen, haben wir ein
Berliner Miet- und Wohnungskataster eingeführt und werden es mit Leben füllen.
Die Wirkung des Mietendeckels ist bis 2025 begrenzt. Bis dahin braucht es auf Bundesebene
eine Reform des Mietrechts, damit die Mehrheit der Mieter*innen nicht mehr als 30 Prozent
ihres Nettoeinkommens für Wohnen aufbringen müssen. Sollte das nicht gelingen, werden wir
auch im Anschluss an den aktuellen Mietendeckel alle Maßnahmen ergreifen, um den
Mietenanstieg in der Stadt auch zukünftig zu begrenzen. Dazu werden wir alle Möglichkeiten
nutzen und ein Mietenkataster aufbauen. Ein solches Kataster kann Grundlage für ein
Wohnraumbewirtschaftungsgesetz sein. Ziel ist, in Berlin dauerhaft bezahlbare Mieten zu
sichern und ebenfalls sicherzustellen, dass Gewerbe und Immobilienkaufpreise nicht durch die
Decke gehen.
Bei Wohnungen in öffentlicher Hand haben wir hohe Ansprüche an die Gemeinwohlorientierung.
Darum entwickeln wir das Wohnraumversorgungsgesetz und die Kooperationsvereinbarung mit den
städtischen Wohnungsunternehmen weiter zu einem Wohnungsgemeinwohlgesetz. Der öffentliche
Wohnungssektor stellt sicher, dass auch Menschen mit geringem Einkommen die Miete zahlen
können. Das wollen wir weiterhin gesetzlich sicherstellen. Beim landeseigenen Berlinovo-
Konzern fordern wir eine tiefgreifende Strukturreform hin zu mehr Transparenz und
Gemeinwohl.
Eigentum verpflichtet, und das muss sich auch in der Besteuerung niederschlagen. Höherer
Wert heißt höhere Steuerzahlung. Angesichts der komplexen Umsetzungsfragen wollen wir mit
einer Machbarkeitsstudie prüfen, ob eine Umwandlung zu einer Bodenwertsteuer sinnvoll und
durchführbar ist. Zusätzlich wollen wir die Grunderwerbsteuer progressiv ausgestalten. Sie
soll deutlich höher ausfallen als bislang für Transaktionen mit vielen Wohneinheiten und
niedriger als heute für Einzelkäufe.
Das Recht auf Umwandlung von bestehenden Mietshäusern in einzelne Eigentumswohnungen ist ein
wesentlicher Treiber der Immobilienspekulation. Wir wollen, dass der Bund den Ländern durch
die Änderung des Baugesetzbuches ermöglicht, die Umwandlung von Miets- in Eigentumswohnungen
konsequent zu unterbinden und den Erwerb von Wohneigentum auf Neubauinvestitionen zu
begrenzen. Sollte der Bund auch hier nicht handeln, werden wir prüfen, inwieweit wir, analog
zum Mietendeckel, auch als Land Berlin diesbezüglich tätig werden können.
Die Stadt zurückerwerben
Um Verdrängung und Immobilienspekulation zu stoppen und bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen,
streben wir in den nächsten 30 Jahren einen Berliner Wohnungsmarkt an, der zu 50 Prozent
gemeinwohlorientiert ist. Gemeinwohlorientiert sind für uns Eigentumsformen, die nicht auf
puren Profit und Spekulation ausgerichtet sind – wie zum Beispiel Genossenschaften,
Baugruppen, Berlins Wohnungsgesellschaften und Privatvermietende, die sich wie die
öffentlichen Wohnungsgesellschaften auf das Gemeinwohl verpflichten.
Wir haben in den Bezirken schlummernde Instrumente der Gesetzgebung aus der Mottenkiste
geholt: Mit dem Vorkaufsrecht verpflichten wir Käufer*innen mit Abwendungsvereinbarungen
dazu, ihrer Sozialpflichtigkeit nachzukommen, oder veranlassen den Aufkauf der fraglichen
Wohngebäude durch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft. Mit einer deutlichen
Erweiterung von Milieuschutzgebieten wollen wir diese Intervention zugunsten der betroffenen
Mieter*innen zukünftig auch stadtweit ermöglichen. Mit Genossenschaften, Stiftungen oder
Projekten wie dem Mietshäuser-Syndikat werden wir eine Kooperationsvereinbarung schließen.
Um die Gewerbevielfalt und den kleinteiligen Einzelhandel in den Kiezen zu erhalten und zu
fördern, eröffnen wir landeseigene Gewerbehöfe und planen weitere. Wir drängen außerdem auf
Bundesebene dafür, einen rechtlich bindenden Gewerbemietspiegel und einen fairen
Kündigungsschutz einzuführen. Den Milieuschutz wollen wir auch für Gewerbemieter*innen
einführen und die landeseigenen Wohnungsunternehmen sollen Gewerberäume kostengünstig
anbieten, um vor Ort den Gewerbearten Räume anzubieten, die darauf besonders angewiesen
sind.
Der Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ ist ein Weckruf an die Politik, dass
dem im Grundgesetz festgeschriebenen Leitsatz „Eigentum verpflichtet“ auch im Bereich Wohnen
und Boden Geltung verschafft werden muss. Wir unterstützen die Ziele des Volksbegehrens.
Zentral dabei ist, die Mieter*innen zu schützen, Spekulationen Einhalt zu gebieten und den
gemeinwohlorientierten Wohnungsbestand zu erhöhen.
Wir wollen, dass der Staat wieder auf Augenhöhe mit Wohnungsunternehmen verhandeln und
agieren kann. Wir würden uns wünschen, dass die Umstände uns nicht zwingen, die
Vergesellschaftung als letztes Mittel anzuwenden, um den verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen
zu können. Wenn Wohnungsunternehmen sich jedoch weigern, ihrer sozialen Verantwortung
nachzukommen, wird die öffentliche Hand, auch durch ein Volksbegehren gestützt, diesen
Schritt gehen. Wenn es um die Durchsetzung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums geht,
müssen qualitative Kriterien zur Bewertung kommen, die Diskussion um rein quantitative
Obergrenzen sehen wir kritisch.
Aktive, transparente und faire Bodenpolitik
Doch es geht uns nicht nur um die Häuser: Wir wollen auch einen transparenten Umgang mit
öffentlichen Liegenschaften und eine aktive Bodenpolitik. Dazu werden wir ein transparentes
Flächenmanagement mit Hilfe eines öffentlichen Liegenschaftskatasters einführen. Seinen
Boden soll Berlin behalten, Bodenvermögen konsequent vermehren und eine
Erbbaurechtsstrategie implementieren. Landeseigene Grundstücke werden nicht mehr
privatisiert. Das wollen wir in einem Bodensicherungsgesetz festschreiben.
Die strategische Ankaufspolitik, die mit der grünen Regierungsbeteiligung begonnen hat,
wollen wir fortsetzen. Diese Politik soll mithilfe der neu gegründeten Landesgesellschaft
„Berliner Bodenfonds“ ausgeweitet werden Darüber hinaus wollen wir die Gründung einer
genossenschaftlichen Ankaufagentur unterstützen und die bürger*innenschaftliche und
gemeinwohlorientierte Stadtbodenstiftung nach dem Vorbild von Community Land Trusts stärken.
Ein zentrales Problem beim Ankauf von Grundstücken und bei der Ausübung des Vorkaufsrechts
sind die explodierten Bodenpreise, aus denen sich der Verkehrswert einer Immobilie
berechnet. Hier werden wir im Bundesrat für eine Neuregelung im Bundesbaugesetzbuch kämpfen.
Wir wollen, dass der nachhaltige Ertrag einer Immobilie genutzt wird, um den Verkehrswert zu
ermitteln, und nicht die höchstmögliche Verwertung zählt.
3.2 Armut bekämpfen, Sicherheit geben und Perspektiven
schaffen
Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung ist Berlin noch immer eine Stadt, in der viele
Menschen von Armut betroffen oder bedroht sind. Armut kann jede*n treffen. Besonders
gefährdet sind ältere Menschen, Alleinerziehende, Menschen, die Arbeit suchen, oder Menschen
mit geringen oder plötzlich gar keinen Einkommen. Wir wollen ihnen soziale Sicherheit
garantieren und ihnen eine Perspektive geben. Um das zu erreichen, bedarf es eines
grundsätzlichen Umdenkens. Auf Bundesebene streiten wir für Garantiesicherungen in allen
Lebenslagen – für eine Kindergrundsicherung, eine Garantierente, die Überwindung des Hartz-
IV-Systems samt Abschaffung aller Sanktionen und einen deutlichen höheren ALG-II-Regelsatz.
Bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben haben wir in Berlin bereits wichtige Weichen neu
gestellt. Die Ausführungsvorschriften zur Übernahme von Kosten der Unterkunft haben wir so
verändert, dass Menschen ihre Wohnung nicht mehr verlieren, weil sie teurer wird.
Zehntausende Mieter*innen können so wieder ohne Angst vor Obdachlosigkeit leben. Und um
Menschen in Arbeit vor Armut zu schützen, haben wir den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro
angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und Freischaffende eingezogen. In all
diesen Feldern werden wir unseren Weg konsequent weitergehen.
Familien- und Kinderarmut bekämpfen
Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Familienarmut überwinden. Dabei geht es uns nicht nur
um die etwa 180.000 Kinder in Berlin, deren Eltern auf Transferleistungen angewiesen sind.
Wir kümmern uns um alle Kinder, die sozial, kulturell oder finanziell benachteiligt sind.
Seit wir 2016 Verantwortung übernommen haben, ist viel passiert. Von kostenfreier Kita- und
Hortbetreuung, dem kostenfreien Schulessen in der Grundschule oder dem kostenfreien ÖPNV-
Ticket für Schüler*innen profitieren insbesondere von Armut betroffene und bedrohte
Familien. Doch um diesen Familien nachhaltig zu helfen, müssen wir noch mehr tun. Deshalb
wollen wir die Familienpolitik auf Bundesebene vom Kopf auf die Füße stellen. Die ungerechte
Dreiklassenförderung von Freibeträgen, Kindergeld und Kinderregelsatz wollen wir mit einer
Kindergrundsicherung völlig neu und gerecht gestalten.
Doch auch in Berlin setzen wir vor Ort an: Um Familien und Kinder in allen Lebenslagen zu
erreichen, brauchen wir ein Netzwerk gegen Kinderarmut. Mit der Arbeit der „Landeskommission
zur Prävention von Kinder- und Familienarmut“, der Landesarmutskonferenz, des
Familienbeirates oder der LIGA sind Grundlagen erarbeitet worden. Jetzt geht es an die
Umsetzung. Wir wollen einen zentralen Informationsatlas mit allen Einrichtungen erstellen,
von den Tafeln über die Familienzentren bis zu Jugendfreizeiteinrichtungen. Das Netzwerk
soll so leistungsstark werden, dass der erste Schritt der Beratung auch der letzte ist, da
ein abgestimmtes Verfahren zur Unterstützung folgt. Prävention statt nachträgliches
Ausbügeln ist das Ziel. Starke Netzwerke brauchen starke Akteur*innen. Darum haben wir in
den vergangenen Jahren begonnen, gute Projekte auf Landesebene finanziell abzusichern. Die
Stadtteilmütter sind raus aus der unsicheren Projektförderung und sind mit festen Stellen in
den Bezirken gesichert. Gleiches gilt für die Babylots*innen, die Familien schon um die
Geburt eines Kindes betreuen. Es ist gelungen, die Arbeit der Lots*innen auf allen
Geburtsstationen in Berlin auszuweiten. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Familien in schwierigen Situationen brauchen besondere Unterstützung. Darum haben wir uns in
den vergangenen Haushaltsverhandlungen für ein „Flexibudget“ für die Bezirke eingesetzt.
Dies wollen wir nach der Wahl in allen Bezirken umsetzen. Die Sozialarbeiter*innen vor Ort
sollen die Möglichkeit bekommen, unkompliziert eine Familientherapie oder Jugendsozialarbeit
zu finanzieren, gerade dann, wenn Familien und Kinder zwischen den Paragraphen verloren zu
gehen drohen. Prävention stärken wir darüber hinaus, indem wir in den Familienbüros, die wir
etablieren wollen, nicht nur Leistungen der Ämter einfacher zugänglich machen, sondern die
Familienbüros auch mit Sozialarbeiter*innen ausstatten, die Eltern schnell und
unbürokratisch beraten können.
In einem Modellprojekt haben wir in den vergangenen Jahren im Bezirk Mitte eine besonders
intensive Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“, in denen kein Elternteil arbeitet,
getestet. Durch die Betreuung in einem eigenen Team ist es gelungen, mehr als 200 Personen
in Arbeit zu bringen. Ein Erfolg, den wir fortsetzen und auch in anderen Bezirken
wiederholen wollen.
Das Dickicht der Sozialbürokratie lichten – Hilfe auf Augenhöhe organisieren
Ein zentraler Hebel im Kampf gegen Armut ist, das Dickicht der Sozialleistungen so zu
ordnen, dass Menschen nicht länger im Unterholz der Sozialbürokratie verloren gehen.
Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration, psychosoziale Betreuung, Schuldner- und Suchtberatung
oder Kinder- und Familienbetreuung sollen überall Hand in Hand gehen, innovative Ansätze aus
einzelnen Jobcentern sollen auf alle anderen übertragen werden. Die Rädchen müssen vor Ort
ineinandergreifen. Damit Menschen genau die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Dafür
müssen die besten Modelle aus allen Bezirken zusammengetragen und Vorbild für die ganze
Stadt werden. In den Berliner Jobcentern wird sehr kreativ an Lösungen für jeden Einzelfall
gearbeitet. In Lichtenberg werden Menschen zusätzlich psychologisch betreut. In Mitte war
ein Projekt zur Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“ erfolgreich. In Neukölln
haben wir ein Präventionsteam aufgebaut, um Obdachlosigkeit zu vermeiden und Wege aus der
Krise zu zeigen. Wir wollen diese Ansätze bündeln und mit allen Bezirksämtern und der
Senatsverwaltung für Soziales eine landesweite Koordinierung etablieren. Für uns ist klar,
dass Betroffene in die Entwicklung der Angebote einbezogen werden müssen.
Orientierung am Sozialraum der Menschen
Auch die Arbeit der sozialen Träger wollen wir um die Bedürfnisse von Menschen organisieren
– nicht entlang bürokratischer Logiken. Die in der Jugendhilfe begonnene
„Sozialraumorientierung“ ist ein guter Schritt in diese Richtung. Mit der Verankerung im
Familienfördergesetz weiten wir diese Systematik auf andere Bereiche aus. In ganz Berlin
sollen lebensweltlich orientierte Räume definiert und Fachkonzepte der Zusammenarbeit
erarbeitet werden. Wir wollen Kiez-Teams aufbauen, die bei Meldungen Familien und
Einzelpersonen aufsuchen und Unterstützung leisten. Dabei sollen „Frühe Hilfen“,
Babylots*innen, die Stadtteilmütter, Sozialarbeiter*innen in Jugendeinrichtungen, die
Jobcenter oder die Schuldnerberatung eng miteinander kooperieren. Bei den sogenannten „67er-
Hilfen“ in der Sozialhilfe, also Leistungen zur Überwindung von sozialen Schwierigkeiten,
wollen wir eine einheitliche Anwendung in den Bezirken erreichen. Parallel soll die
Qualitätssicherung systematisiert und in ganz Berlin strukturiert werden, um Flexibilität
und hohe Qualität zu verbinden.
Armuts- und Sozialberichterstattung neu ordnen
Grundlage einer ressortübergreifenden Strategie muss eine integrierte Armuts-, Sozial- und
Gesundheitsberichterstattung sein. In Berlin gibt es ein umfassendes Berichtswesen zu einer
Vielzahl relevanter Themen: die Gesundheits- und Sozialberichterstattung, die
Umweltgerechtigkeitskarte, den Umweltatlas, Lärmkarten, die Obdachlosenzählung und vieles
mehr. Wir wollen den Wildwuchs an Analysen und Berichten systematisieren und zusammenführen.
So können wir noch besser als bisher gegenseitige Abhängigkeiten identifizieren und in die
politische Steuerung einfließen lassen. Das gilt auch für die Erfassung der Lage von
Obdachlosen. Die bundesweit erste systematische Obdachlosenzählung im Februar 2020 war ein
wichtiger, wenn auch methodisch stark verbesserungswürdiger Schritt. Nun muss eine
Professionalisierung folgen, um Angebote noch gezielter ausbauen zu können.
Das Konzept „Housing First“ ausbauen
Es ist in der Regel ein Bündel an Problemlagen, das in die Obdachlosigkeit führt. Um die
nötige Ruhe zu haben, das Bündel aufzuschnüren und zu lösen, braucht es einen geschützten
Raum, ein Dach über dem Kopf. Deswegen vermitteln Projekte mit dem Ansatz „Housing First“
Menschen als Allererstes in neue Wohnungen – mit dauerhaftem Mietvertrag – und begleiten sie
dann auf ihrem weiteren Weg. Dieses Konzept ist erfolgreich und deswegen wollen wir die
Rahmenbedingungen verbessern: Sozialen Trägern und kleinen gemeinwohlorientierten Projekten,
die für die spezifischen Gruppen selbst bauen wollen, soll es möglich sein, Bürgschaften
auch über die Stadt zu erhalten. Vorbild ist das sogenannte Generalmietermodell der Degewo
mit sozialen Trägern in Mitte, das wir landesweit durch alle landeseigenen
Wohnungsunternehmen etablieren wollen. Um das Konzept in größerem Umfang umsetzen zu können,
wollen wir Wohnungen auf Basis des Mietendeckels anmieten, um sie, begleitet von sozialer
und psychologischer Betreuung, Obdachlosen zur Verfügung zu stellen. Dabei stehen besonders
verletzliche Gruppen wie Frauen, Alleinerziehende, Minderjährige oder Menschen mit
Behinderung und Obdachlose mit hohem Alter im Mittelpunkt.
Besonders kompliziert ist die Unterstützung von EU-Bürger*innen, wenn sie keine Ansprüche
auf Sozialleistungen haben. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, Leistungsausschlüsse
abzuschaffen. In Berlin wollen wir eine Clearing-Stelle einrichten, die zentral die
Möglichkeiten prüft und, wenn nötig, Menschen auf Basis des Allgemeinen Sicherheits- und
Ordnungsgesetzes unterbringt.
Die letzte Haltelinie sind Notunterkünfte. Die Zahl der Plätze konnten wir in den
vergangenen Jahren deutlich ausbauen. Künftig wollen wir, dass mindestens 600 Plätze
ganzjährig zur Verfügung stehen. In der kalten Jahreszeit sollen im Rahmen der Kältehilfe
deutlich über 1.000 Plätze vorgehalten werden. Alle Plätze sollen stets mit
Beratungsangeboten verbunden sein: Jede Übernachtung in einer Notunterkunft soll eine Chance
auf einen Weg aus der Obdachlosigkeit bieten und neue Möglichkeiten aufzeigen.
Ein neues Landesamt für Unterbringung
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben –
egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung
verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen
zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt
für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem
neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln.
3.3 Gesundheit ganzheitlich denken
Gesundheitsversorgung ist öffentliche Daseinsvorsorge – das hätte nicht drastischer deutlich
werden können als in der Corona-Pandemie. Vorsorge zu treffen heißt immer in gute Strukturen
zu investieren, in der Hoffnung, dass sie nie gebraucht werden. Gesundheitsversorgung darf
nicht zur Profitmaximierung dienen, sondern muss sich am Wohl der Menschen orientieren.
Dabei geht es uns nicht nur um die Abwesenheit von Krankheit oder individuelles
Gesundheitsverhalten. Es geht um gesunde Lebensbedingungen, um körperliches, psychisches und
soziales Wohlbefinden, Selbstbestimmung und Teilhabe.
Wir haben viel für eine gute Versorgung für die Berliner*innen getan. Gerade in der Corona-
Pandemie war dies eine Herausforderung. Wir haben Kapazitäten aufgestockt, Personal in den
Gesundheitsämtern aufgebaut und für den Notfall ein Corona-Behandlungszentrum geschaffen.
Die Arbeit für gute Gesundheitsversorgung haben wir aber weit vor der Pandemie begonnen. Die
Investitionen in die Krankenhäuser haben wir auf den Bundesschnitt angehoben und dafür
gesorgt, dass Babylots*innen in allen Geburtsstationen der Berliner Krankenhäuser Eltern
beraten und begleiten. Wir haben dafür gesorgt, dass das Essen im Krankenhaus besser und
gesünder wird. Wir haben Stationsküchen finanziert und setzen auf regionale, saisonale und
nachhaltige Ernährung im Krankenhaus – am Bett und in der Kantine. Wir haben erreicht, dass
alle Berliner*innen Zugang zur gesundheitlichen Versorgung erhalten. Wir unterstützen
Menschen ohne Krankenversicherung dabei, sich zu versichern. Durch unseren Einsatz können
sich endlich auch Menschen ohne gültigen Aufenthaltstitel mit einem anonymen Krankenschein
behandeln lassen. Damit ist Berlin das einzige Bundesland, in dem der Zugang zur
hausärztlichen Versorgung so umfassend möglich ist. Der neue und bislang einzigartige
Checkpoint BLN am Hermannplatz bietet unter einem Dach niedrigschwellig Beratung, Prävention
(u. a. HIV-PrEP), Tests und Behandlung rund um die sexuelle Gesundheit, insbesondere zu
HIV/AIDS.
Den öffentlichen Gesundheitsdienst und das Gesundheitssystem krisenfest machen
Trotz dieser wichtigen Schritte bleibt vieles zu tun. Ein zentraler Baustein ist der
öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD). Über Jahrzehnte wurde der ÖGD kaputtgespart. In der
Corona-Pandemie wurde allen deutlich, dass sich Sparen an dieser Stelle rächt. Wir brauchen
einen starken ÖGD und wollen ihn darum mit den nötigen Kompetenzen und Ressourcen
ausstatten, um eine lokale, sozialraumorientierte Vernetzung voranzutreiben. Der ÖGD soll
die Kompetenz erhalten, integrierte Versorgungsangebote zu entwickeln. Daher werden wir
systematisch auch neuere Berufsgruppen wie Public-Health-Absolvent*innen, Epidemiolog*innen
oder Gesundheitswissenschaftler*innen in den ÖGD einbeziehen. Und wir setzen uns dafür ein,
dass Famulaturen im Medizinstudium sowie das praktische Jahr auch in den Gesundheitsämtern
absolviert werden können. Wir wollen den Beruf der*des Amtsärzt*in attraktiver machen und
die Voraussetzungen schaffen, dass die gesamte Ausbildung zur Fachärzt*in für den
öffentlichen Gesundheitsdienst auch in Berlin absolviert und finanziert werden kann. Mit
neuer Soft- und Hardware befähigen wir den ÖGD, die vielfältigen Aufgaben zu erledigen. Um
vor Ort erfolgreich aktiv sein zu können, wollen wir erreichen, dass der ÖGD die Vielfalt
unserer Gesellschaft widerspiegelt.
Gesundheits- und Pflegeberufe attraktiver machen und in die Infrastruktur investieren
Therapeut*innen und Ärzt*innen, Pflegepersonal, Psycholog*innen und die Mitarbeiter*innen in
den Gesundheitsämtern – es gibt viele Berufsgruppen, die für gute gesundheitliche Versorgung
wichtig sind. Wir wollen die noch nicht organisierten Gesundheits- und Pflegeberufe bei
ihren jeweiligen Professionalisierungsprozessen unterstützen, wenn möglich und gewollt auch
in Berufskammern. Damit auch zukünftig genügend Nachwuchs in diesen Berufen zur Verfügung
steht, werden wir die Arbeitsbedingungen verbessern, zum Beispiel mit festen
Personalschlüsseln und einer Senkung der Arbeitsstunden. Auch die Ausbildung muss
attraktiver werden, etwa indem wir ermöglichen, alle Ausbildungs- und Studiengänge auch in
Teilzeit zu absolvieren.
Trotz deutlicher Anhebung der Investitionen in die Berliner Krankenhäuser bleibt hoher
Investitionsbedarf. Wir werden die Investitionen weiter anheben, nicht nur, um den Status
quo zu halten, sondern auch, um Zukunftsprojekte wie die Digitalisierung der
Gesundheitsversorgung voranzubringen.
Integrierte Gesundheitszentren vor Ort schaffen
Gesundheit wird von vielen Faktoren beeinflusst, neben der physischen und der psychischen
Verfassung spielen auch die Wohnbedingungen, der Beruf und die soziale Lage eine wesentliche
Rolle. In unserem aktuellen Gesundheitssystem gibt es für alles Spezialist*innen – aber viel
zu selten werden die verschiedenen Bedingungen und die unterschiedlichen Fachdisziplinen
zusammengebracht. Das Gesundheitskollektiv (GeKo) im Rollbergkiez macht es anders: Hier
arbeiten verschiedene Berufsgruppen zusammen und treten gemeinsam mit den Menschen im Kiez
für die Gestaltung gesundheitsförderlicher Lebenswelten ein. Behandlungen erfolgen
disziplinübergreifend und auf Augenhöhe mit den Behandelten. Die Bedürfnisse der
Anwohner*innen im Kiez werden einbezogen, gleichzeitig unterliegt das Projekt regelmäßiger
Evaluation. Wir wollen nach dem Vorbild des GeKos mehr integrierte, lokale und
interprofessionelle Gesundheitszentren schaffen.
Gesundheit in allen Politikbereichen mitdenken
Gesundheit ganzheitlich zu denken heißt, Gesundheitspolitik in allen Politikfeldern zu
verankern. Wir folgen dem „Health in All Policies“-Ansatz der WHO, denn Gesundheit entsteht
weder im Krankenhaus noch in der Arztpraxis, sondern im Alltag – dort, wo Menschen leben,
arbeiten, zur Kita oder zur Schule gehen und ihre Freizeit verbringen. Auch Klimaschutz ist
Gesundheitsschutz – Luftverschmutzung und Lärm machen krank. Mit der Verkehrswende schützen
wir vor allem die Gesundheit derer, die bisher an lauten und stickigen Straßen leben müssen.
Wir wollen künftig Gesetzesvorhaben in allen Politikbereichen auch auf ihre Auswirkungen auf
die Gesundheit prüfen.
HIV/Aids besiegen
Berlin hat das Ziel der Vereinten Nationen übernommen, bis 2030 die Zahl der HIV-
Neuinfektionen auf null zu senken. Mit der Einführung der PrEP und den Erfolgen in der
Gesundheitsversorgung in den letzten Jahren konnten wir wichtige Schritte gehen. Unser Ziel
für die kommenden Jahre lautet „95-95-95“: 95 Prozent der HIV-Infizierten sollen von ihrer
Infektion wissen, 95 Prozent davon Zugang zur Behandlung haben und 95 Prozent der
Behandelten „unter der Nachweisgrenze“ sein, damit eine Übertragung des HI-Virus nicht mehr
möglich ist. Um das zu erreichen, wollen wir die Infrastruktur zu Versorgungsstrukturen
weiter verbessern.
Gut versorgt von Anfang an – wir unterstützen Hebammen und Familienplanung für alle
Zur Gesundheit gehört auch, Anfang und Ende des Lebens gut zu begleiten. Hebammen und
Geburtshelfer begleiten den Weg ins Leben und sind für viele Frauen sowohl während der
Schwangerschaft als auch während und nach der Geburt wichtige Bezugspersonen. Dass
Schwangere in Berlin kaum noch eine Hebamme finden, die sie im Wochenbett betreuen kann, ist
ein unhaltbarer Zustand. Wir wollen allen Frauen aber weiterhin eine selbstbestimmte und
sichere Geburt ermöglichen. Am Runden Tisch Geburtshilfe haben wir deshalb vereinbart, die
Ausbildungskapazitäten für Hebammen zu erhöhen, sie mit Service-Parkausweisen im Alltag zu
unterstützen und mit einer digitalen Plattform die Hebammensuche zu erleichtern. Zusätzlich
haben wir in Berlins Kreißsäle investiert und wir wollen die Arbeitsbedingungen für Hebammen
verbessern, indem wir mehr Hebammen in die Kreißsäle bringen. Auf Bundesebene setzen wir uns
dafür ein, dass die Vergütungen angehoben und Versicherungsbeiträge übernommen werden und es
dazu auch verbindliche Personalschlüssel in den Krankenhäusern gibt.
Damit alle, die sich ein Kind wünschen, die bestmögliche Unterstützung bekommen, wollen wir
die Reproduktionsmedizin ausbauen und uns dafür einsetzen, dass sie auch
gleichgeschlechtlichen Paaren von der Krankenkasse finanziert wird.
Zur Familienplanung gehört aber auch, sich frei gegen ein Kind entscheiden zu können.
Beratung im Fall von Schwangerschaftskonflikten muss deshalb niedrigschwellig zugänglich
sein und wir kämpfen weiterhin für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.
Selbstbestimmt und würdevoll bis zum Schluss
Auch das Sterben gehört zu einem ganzheitlichen Blick auf die Gesundheitsversorgung: Wir
wollen, dass Menschen selbstbestimmt und gut versorgt ihre letzte Lebensphase verbringen
können. Doch insbesondere in dieser Lebensphase sind Menschen oft kaum oder gar nicht mehr
in der Lage, für ihre eigenen Bedürfnisse einzustehen. Umso wichtiger ist, dass vorher eine
gute Aufklärung über Versorgungsvollmachten und eine Patientenverfügung stattfindet. Deshalb
wollen wir die Strukturen dafür ausbauen. Darüber hinaus wollen wir eine Beratungsstelle für
Palliativmedizin einrichten, die über die Möglichkeiten der Versorgung im Hospiz oder
zuhause transparent informiert. Palliativmedizin ist aus gesundheitsökonomischer Sicht oft
unattraktiver als die medizinische Behandlung durch Operationen und intensivmedizinische
Maßnahmen. Umso wichtiger ist es, Ärzt*innen so aus- und weiterzubilden, dass für sie die
Wünsche der Behandelten im Fokus stehen und lebensverlängernde Maßnahmen, die von den
Betroffenen häufig als quälend empfunden werden, nicht um jeden Preis durchgeführt werden.
Förderung psychischer Gesundheit und gute wohnortnahe Versorgungsangebote
Unser Gesundheitsverständnis umfasst ausdrücklich das psychische Wohlbefinden. Durch unsere
Politik wollen wir die Lebensbedingungen in Berlin so gestalten, dass sie einen positiven
Einfluss auf die psychische Gesundheit ausüben und die Resilienz stärken. Darüber hinaus
wollen wir – u. a. im Rahmen des Präventionsgesetzes – konkrete Angebote schaffen und
ausbauen, die dabei helfen, mit psychischen Belastungen umzugehen und Krisen besser zu
bewältigen.
Von der Gesundheitsförderung und Prävention über die Beratung bis hin zur Behandlung und
Rehabilitation setzen wir auf sozialraumorientierte und wohnortnahe, miteinander vernetzte
Angebote. Dabei fördern wir die Partizipation durch den Trialog und Peer-Ansätze sowie den
Abbau von Zwang. In der Versorgung gilt für uns die Maxime: ambulant vor teilstationär vor
stationär. Unser Plan ist, innovative Finanzierungs- und Steuerungsmodelle sowie neue
Angebotsformen zu fördern. Wir wollen den ÖGD hinsichtlich Beratung und Begleitung stärken.
Das Psychiatrieentwicklungsprogramm wollen wir endlich weiterentwickeln und einen
datengestützten Landespsychiatrieplan etablieren.
Ein neues „Landesprogramm Psychische Gesundheit“ soll die vielfältigen Angebote zur
Förderung psychischer Gesundheit, zur psychosozialen und psychiatrischen Unterstützung und
Versorgung sowie ein neues Berliner Suchtkonzept unter einem Dach vereinen.
3.4 Selbstbestimmt im Alter. Wir machen die Pflege
stark
Wir Berliner*innen leben immer länger. Wir wollen, dass Menschen egal welchen Alters
selbstbestimmt und in Würde ihr eigenes Leben gestalten können, gleich woher sie kommen, wie
dick ihr Portemonnaie ist oder wie pflegebedürftig sie sind. Dafür wollen wir die richtigen
Rahmenbedingungen schaffen. Ältere, auch an Demenz erkrankte Menschen sollen weiter ihre
Fähigkeiten einbringen und ihr Umfeld mitgestalten, auch die Hilfs- und
Unterstützungsangebote oder den barrierefreien Umbau ihrer Wohnung und der Einrichtungen im
Kiez. Und wer Pflege benötigt, soll sie in bester Qualität erhalten. Dafür setzen wir uns
ein, auf Landes- wie Bundesebene und im Schulterschluss mit Pflegebedürftigen,
Pflegefachkräften und pflegenden Angehörigen.
Im Kiez verortet
Wir wollen die Lebensbedingungen Älterer in Berlin so gestalten, dass sie so lange wie
möglich in ihren eigenen vier Wänden leben und am gesellschaftlichen Leben im Kiez teilhaben
können. Wir denken sozialräumlich und haben in den letzten Jahren die Pflegestützpunkte
ausgebaut und mit mehr Ressourcen ausgestattet, um das zu ermöglichen. Darüber hinaus
fördern wir die Gesundheit im Alter und ermöglichen mit inklusiven,
generationenübergreifenden Projekten Begegnungen, bei denen wir Menschen über die eigene
Community hinaus zusammenbringen.
Vielfalt der Pflege- und Wohnformen
Wir streben eine breite Mischung zielgruppengerechter Pflege- und Wohnformen an und wollen
alternative Wohn- und Pflegeformen ausbauen. Perspektivisch sollen große Heimeinrichtungen
abgelöst werden, wir fördern kleine, in Quartieren angebundene und vernetzte
Versorgungseinrichtungen. Sie bieten quartiersnahe, sozialintegrative und inklusive
Beratung, Pflege und Betreuung älterer Menschen. Um eine gute Qualität sicherstellen und
kontrollieren zu können, haben wir das Wohnteilhabegesetz überarbeitet. Besonders wichtig
war uns dabei die Anbindung von Einrichtung und Wohngemeinschaften an den jeweiligen
Sozialraum.
Mit einem Kompetenzzentrum Pflegewohnformen wollen wir Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf
beraten. Die Mitarbeiter*innen des Zentrums sollen auch Pflegeheime beraten, die ihr Angebot
in Richtung Quartier öffnen wollen. Darüber hinaus werden wir altersgerechtes und
barrierefreies Wohnen ausbauen, der Bedarf wächst stetig. Auch Pflegeeinrichtungen und
gerade Pflegewohngemeinschaften sind von Verdrängung bedroht. Wir brauchen in allen Kiezen
Pflegeeinrichtungen.
Gerade weil der Bedarf an Pflegeunterstützung wächst, werden wir eine
Stadtentwicklungsplanung für Pflege und Senior*innen anstoßen, die vorhandene Strukturen und
weitere Bedarfe aufschlüsselt und absichert. Da in den Bezirken ein großes Wissen über die
Bedarfe und Besonderheiten der einzelnen Kieze herrscht, sollen sie eng eingebunden werden.
Für uns ist klar, dass Pflege die vielfältigen Hintergründe der Berliner*innen abbilden
muss. Wir setzen uns für diversitäts- und geschlechtersensible Pflege ein. Gerade in einer
Einwanderungsgesellschaft gilt es Diversity-Kompetenzen auszubauen, bei Einstellungen auf
Diversität zu achten und im Ausland erworbene Ausbildungsabschlüsse in Pflege- und
Gesundheitsberufen leichter anzuerkennen. Mit den Pflegestützpunkten der interkulturellen
Öffnung und der LSBTIQ*-sensiblen Beratung sind wir erste Schritte gegangen – diesen Weg
wollen wir weitergehen.
Gute Pflege braucht gute Arbeitsbedingungen
Gute Pflege steht und fällt mit den Mitarbeiter*innen. Pflegekräfte sind systemrelevant, das
spiegelt sich aber bisher nicht ausreichend in den Arbeitsbedingungen wider. Das wollen wir
ändern. Mit dem Berliner Bündnis für Pflege wurden in den letzten Jahren bereits
Handlungsfelder identifiziert, um Fachkräfte in der Pflege zu halten. Jetzt kommt es auf die
Umsetzung an, denn wir sind als Gesellschaft auf gute Pflege angewiesen. Eine Pflegekammer,
wie sie mehrheitlich von den Berliner Pflegenden gewünscht wird, unterstützen wir
ausdrücklich.
Wir wollen verbindliche Personalschlüssel statt Personaluntergrenzen, Mobilitätsangebote,
gerade für Nachtschichten und Beschwerdestellen, um Verstöße gegen den Arbeitsschutz zu
melden. Wir unterstützen die Selbstverwaltung der Pflegekräfte in Form von Pflegekammern und
regen das auch für andere Heilberufe an. Wir fordern mehr Teilzeitausbildungen und die
Finanzierung der berufsbegleitenden Ausbildung zum*zur Altenpfleger*in. Im Ausland erworbene
Ausbildungsabschlüsse von Pflege- und Gesundheitsberufen, ob innerhalb oder außerhalb der EU
erworben, sollen leichter anerkannt werden. Auch in der ambulanten Versorgung müssen die
Arbeitsbedingungen verbessert werden, damit zu pflegende Menschen möglichst lange in ihrer
eigenen Wohnung bleiben können. Viele ausgebildete Kräfte arbeiten nicht mehr in ihrem Beruf
– mithilfe von besseren Arbeitsbedingungen wollen wir sie zurückgewinnen.
Pflegende Angehörige besserstellen
Pflegende Angehörige bilden eine der tragenden Säulen der häuslichen Pflege. Rund 200.000
Berliner*innen betreuen und versorgen ihre pflegebedürftigen Angehörigen. Wir wollen sie
stärker ins Versorgungsnetz einbinden und ihre Leistungen besser würdigen. So wollen wir ihr
Recht auf Mitsprache ausbauen und sie besser informieren und entlasten. Das Kompetenzzentrum
Pflegeunterstützung zur Entlastung von pflegenden Angehörigen und anderen Bezugspersonen
soll ausgebaut und verstetigt werden. Als Berliner Landesregierung haben wir bereits eine
Bundesratsinitiative zur Einführung eines Familienpflegegeldes gestartet, eine
Lohnersatzleistung ähnlich dem Elterngeld. Hier werden wir weiter Druck machen.
3.5 Inklusives Berlin – Teilhabe für Menschen mit
Behinderung
Die Berliner Stadtgesellschaft soll inklusiv werden. Wir wollen eine Gesellschaft, in der
alle Menschen mit und ohne körperliche, psychische oder kognitive Behinderung
gleichberechtigt und selbstbestimmt teilhaben, ohne auf Barrieren zu stoßen. In Berlin leben
rund 350.000 Menschen mit einem Grad der Behinderung von über 50 Prozent, das ist fast jede
zehnte Person. Unsere Vorstellung einer inklusiven Gesellschaft ist aber für noch viel mehr
Menschen wichtig. Aufzüge an Bahnhöfen nutzen auch Eltern mit Kinderwagen, auf
barrierefreies Wohnen sind im Alter fast alle angewiesen. Für ganz Berlin ist es zentral,
dass wir Barrieren einreißen, wo immer sie noch stehen.
Seit dem 1. Januar 2020 ist das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) voll in Kraft. Wir
Bündnisgrüne mahnen auf Bundesebene tiefgreifende Nachbesserungen an. Gleichzeitig arbeiten
wir in Berlin an der Umsetzung, um das Beste herauszuholen. In allen Bezirken wird am Aufbau
sogenannter „Häuser der Teilhabe“ gearbeitet. Dort sollen Menschen mit Behinderung künftig
Beratung, Unterstützung und Begleitung rund um das Thema Eingliederungshilfe finden. Für den
Aufbau der Häuser und die fachliche Koordination werden jedem Bezirk seit 2020 zusätzlich
zwei Stellen von Seiten des Landes zur Verfügung gestellt. Auch beim barrierefreien Umbau
der Stadt haben wir wichtige Schritte gemacht, zum Beispiel bei Bus und Bahn. Unser
Mobilitätsgesetz schreibt den Anspruch auf barrierefreie Mobilität fest und wir investieren
jedes Jahr Millionen, um dem Ziel der Barrierefreiheit näher zu kommen.
„Häuser der Teilhabe“ ermöglichen umfassende Beratung
In den kommenden Jahren geht es um die konkrete Umsetzung vor Ort – diese wollen wir gezielt
vorantreiben. Zum 1. Januar 2022 sollen alle bezirklichen „Häuser der Teilhabe“ gegründet
sein. Wir wollen in den Häusern multiprofessionelle Teams zusammenbringen, um die Beratung
so umfassend wie möglich zu gestalten. Den Rahmen für einheitlich hohe Standards der
Umsetzung sollen Zielvereinbarungen bilden, die wir zwischen Land und Bezirken entwickeln
und stetig weiterentwickeln wollen. Etikettenschwindel, also ein neues Label und die
Fortführung der bisherigen Praxis der Sozialhilfe, werden wir nicht zulassen. Bei der
Umsetzung werden wir darauf achten, dass die Bedarfsermittlung, wie durch das
„Teilhabeinstrument Berlin“ (TIB) vorgesehen, neben Gesundheitsaspekten auch den
Lebenskontext von Menschen berücksichtigt. Dabei stellen wir sicher, dass in allen „Häusern
der Teilhabe“ und auch in den Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs-
und Unterstützungszentren (SIBUZ) aller Bezirke eine Beratung zu allen Rechtekreisen
erfolgen kann sowie alle erforderlichen Anträge an einem Ort zur Verfügung stehen.
Für Inklusion in allen Lebensbereichen
Der Arbeitsmarkt in Berlin muss inklusiver werden. Dabei gilt für uns die Prämisse:
Inklusion hat Vorrang. Daher wollen wir die Werkstätten so weiterentwickeln, dass sie nicht
zur Endstation werden, sondern der Befähigung zur Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt dienen.
Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitsplätzen sind gesetzlich verpflichtet, wenigstens auf fünf
Prozent der Arbeitsplätze Menschen mit Schwerbehinderung zu beschäftigen. Noch immer zahlen
aber zu viele Arbeitgeber*innen lieber die entsprechende Ausgleichsabgabe. Um das zu ändern,
werden wir Betriebe mit einer hohen Zahl von Mitarbeiter*innen mit Behinderung stärker
fördern und Aufträge der öffentlichen Hand vermehrt an solche „Inklusionsbetriebe“ vergeben.
Auch Bus und Bahn müssen in Berlin barrierefrei werden. Den Umbau aller Bahnhöfe und
Haltestellen im Verkehrsverbund mit einem barrierefreien Zugang werden wir schnellstmöglich
abschließen. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, die Anzahl der Inklusionstaxis im
öffentlichen Raum deutlich zu erhöhen, um echte Mobilität für alle zu verwirklichen. Bei der
Konzessionsvergabe für private Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen wollen wir Inklusion
zu einer Bedingung machen.
Barrierefreier Wohnraum ist nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern auch für ältere
Menschen wichtig. Unser Ziel für 2035 ist, dass 15 Prozent des gesamten Wohnraumes
barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Um hier zügig voranzukommen, wollen wir die
Umsetzung der Berliner Bauordnung konsequent prüfen, um sicherzustellen, dass die Vorgaben
zum barrierefreien Wohnen eingehalten werden. Beim Neubau wollen wir entsprechende Quoten
zur Steigerung der Anzahl barrierefreier Wohnungen einziehen.
Unser Ziel sind inklusive Schulen in einer inklusiven Gesellschaft. Beides bedingt sich
gegenseitig. Ein gegliedertes Schulsystem erschwert dieses Ziel. Nach und nach wollen wir
unsere Schulen so befähigen, dass alle Kinder gemeinsam an Regelschulen lernen. Die
Mitarbeiter*innen der Förderschulen brauchen wir an den Regelschulen zur individuellen
Betreuung der Kinder mit Behinderung weiterhin.
Zur barrierefreien Sanierung von Nachbarschaftszentren und anderen sozialen Begegnungsräumen
werden wir ein Landesförderprogramm auflegen und mit den Sportvereinen Berlins werden wir
weiter daran arbeiten, auch die Vereine für Menschen mit Behinderung zu öffnen.
Ein großer Teil des Lebens spielt sich online ab. Mit der gesetzlichen Umsetzung der EU-
Richtlinie zu barrierefreien Online-Angeboten öffentlicher Stellen hat Berlin einen
wichtigen Schritt getan. Die praktische Umsetzung wollen wir nun beschleunigen. Das gilt
zuallererst für die Seiten der Senatsverwaltungen und Bezirksämter. Bei der Neukonzeption
von www.berlin.de muss die digitale Barrierefreiheit schon in der Planung umfassend
mitgedacht werden.
Inklusion erfordert ein Umdenken von vielen. Aber es lohnt sich – am Ende ist eine inklusive
Gesellschaft eine bessere Gesellschaft für alle.
3.6 Drogenpolitik – Prävention, Aufklärung,
Unterstützung und Selbstbestimmtheit
Drogen sind Teil der Gesellschaft und kaum eine Debatte wird so irrational geführt wie die
um den richtigen Umgang damit. Wir Bündnisgrüne stehen für einen vernünftigen,
evidenzbasierten Ansatz, der sich an Fakten orientiert, Menschen durch Prävention und
Aufklärung schützt und damit Verbraucherschutz gewährleistet, Abhängigen unkompliziert Hilfe
zukommen lässt und die Selbstbestimmung aller respektiert.
Drogen nach Gefährdungspotential unterscheiden
Die tödlichste Droge in Deutschland ist Tabak. Etwa 15 Millionen Menschen deutschlandweit
rauchen, rund 120.000 Menschen sterben jährlich an den Folgen des Rauchens, viele Millionen
sind schwer nikotinabhängig. Am gefährlichsten für Unbeteiligte ist Alkohol und Millionen
Menschen in Deutschland sind medikamentenabhängig. Die am weitesten verbreitete illegale
Droge ist mit ca. vier Millionen Konsument*innen Cannabis. Tatsächlich ist die
Unterscheidung zwischen legalen Suchtmitteln auf der einen und illegalen Drogen auf der
anderen Seite nicht sinnvoll und historisch vor rund 100 Jahren willkürlich getroffen
worden. Da sind wir uns mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter einig. Statt willkürlicher
Kriterien wäre eine Regulierung nach tatsächlichem Gefährdungspotential ein wichtiger
Schritt – hier ist die Bundespolitik in Verantwortung. Einen großen Unterschied macht, wie
Drogen konsumiert werden: moderat, selbstbestimmt und aufgeklärt oder riskant und in
kriminalisierten, ungeschützten Räumen. Politik muss sich an diesen Erkenntnissen
orientieren. Ideologische Debatten lehnen wir ab.
In Berlin schon viel erreicht – was fehlt, sind andere Regelungen auf Bundesebene
In den vergangenen Jahren haben wir Schritte in die richtige Richtung gemacht. Wir haben ein
Werbeverbot für Tabak und Alkohol auf kommunalen Werbeflächen erreicht. Mit einem Pilot-
Projekt zum Drug-Checking in Clubs werden wir einen Weg einschlagen, der Menschen vor
gefährlichen, gepanschten Drogen schützt, Drogenkonsumräume haben wir in den Bezirken
geplant und geschaffen. Dort sind neben sicherem Konsum vor allem Aufklärung, Beratung und
Unterstützung möglich. Die „Null-Toleranz-Zonen“ für den Besitz von Cannabis haben wir
abgeschafft, da sie kein Problem gelöst und den Handel nur in Hauseingänge und auf
Spielplätze verlagert haben. Was fehlt, sind andere Regelungen auf Bundesebene. Gemeinsam
mit der grünen Fraktion im Deutschen Bundestag wurde mit unserem „Cannabiskontrollgesetz“
ein sehr konkreter Weg zur Legalisierung entwickelt, den wir auch weiter vorantreiben
werden.
Aufklärung und Prävention ausbauen
In Berlin werden wir weiterhin an unserer Linie einer evidenzbasierten, zielorientierten
Drogenpolitik festhalten. Dazu werden wir Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen ausbauen.
Der Jugend- und Gesundheitsschutz sowie die Aufklärung von Verbraucher*innen und damit der
Verbraucherschutz haben dabei für uns höchste Priorität. Dabei nehmen wir nicht nur
substanzbezogene Abhängigkeiten in den Blick, sondern werden auch Programme der Prävention
vor nicht substanzgebundene Süchte, beispielsweise Glücksspiel oder Computerspiele, weiter
ausbauen. Die Werbung für Tabak und Alkohol wollen wir in einem nächsten Schritt auf allen
Werbeflächen in Berlin verbieten und dazu die rechtlichen Möglichkeiten im Detail prüfen.
Den Nichtraucherschutz wollen wir konsequent umsetzen, Kellner*innen und Barkeeper*innen
schützen wir damit und wir halten das gesellschaftliche Leben auch für Menschen mit
Vorerkrankungen offen. Für bestimmte Raucherkneipen wollen wir Lizenzen vergeben, um hier
mehr Klarheit für Betreiber*innen und Gäste zu schaffen.
Wir nehmen die Sorgen und Ängste der Menschen rund um Drogenhotspots ernst und werden mit
voller Kraft für eine Verbesserung kämpfen. Solange keine kontrollierte Abgabe diese
Hotspots komplett verschwinden lässt, werden wir mit Programmen zur sicheren
Spritzenentsorgung, zu häufigen Reinigungszyklen in Parks und auf Spielplätzen sowie mit
gezielten Kontrollen die Situation vor Ort verbessern. Denn Spritzen und Drogen haben auf
Spielplätzen nichts verloren.
Beratung und Selbsthilfe stärken
Beratungs- und Selbsthilfeangebote wollen wir ausbauen, genau wie Drogenkonsumräume. Unser
Ziel sind Drogenkonsumräume und Spritzenprogramme in allen Bezirken Berlins. Mit einer
stärkeren aufsuchenden Sozialarbeit wollen wir Menschen erreichen, die drogenabhängig und
dringend auf Unterstützung angewiesen sind, den Weg in die Beratung aber nicht alleine
schaffen. Das Drug-Checking werden wir weiter vorantreiben, so dass es sich zur anerkannten
Normalität in Berlins Nachtleben entwickelt – immer kombiniert mit Angeboten zur Beratung
und Hilfe zum Ausstieg aus dem Drogenkonsum. Dafür wollen wir mehr mobile Drug-Checking-
Teams auf den Weg bringen, die die Erreichbarkeit verbessern. Die Sucht- und
Präventionsarbeit im Strafvollzug soll weiter ausgebaut werden. Zentral ist dabei für uns,
dass saubere Spritzen zur Verfügung stehen, die Möglichkeit der Opioid-Substitution und die
Diamorphintherapie für Betroffene sowie eine nahtlose Anschlussversorgung und medizinisch-
psychologische Betreuung nach der Haftentlassung.
Schwarzmarkt austrocknen
Um den Schwarzmarkt auszutrocknen, arbeiten wir weiter daran, Cannabis zu legalisieren.
Solange es auf Bundesebene keine neue gesetzliche Regelung gibt, halten wir an unserem Ziel
eines Modellprojektes zur legalen Abgabe von Cannabis in Berlin fest. Die nicht verfolgbare
geringe Menge für Cannabis zum Eigenbedarf wollen wir anheben und auch für andere illegale
psychoaktive Substanzen entsprechende geringe Mengen festlegen, die strafverfolgungsfrei
bleiben. Damit entlasten wir Polizei und Justiz massiv. Auch den Parks, die von massiven
Dealertätigkeiten belastet sind, und deren Anwohner*innen wollen wir dazu verhelfen, wieder
mehr Ruhe und Sauberkeit zu finden. Frei gewordene Kapazitäten wollen wir so weit möglich
für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität einsetzen, die maßgeblich durch den
internationalen Drogenhandel begünstigt wird.
Drogenpolitik ist auch Friedenspolitik
Weltweit sorgt der Handel mit Drogen für Gewalt, Konflikte und Kriege. Bei kaum einem
anderen Politikfeld ist die Verbindung zwischen unserer Politik hier und der Lage der Welt
so unmittelbar. Um Leid und Tod infolge dieser Konflikte zu beenden, arbeiten wir daran, den
internationalen Drogenhandel zu unterbinden. Das gelingt nicht durch die Kriminalisierung
von Konsument*innen. Das gelingt nur durch einen rationalen Ansatz von Entkriminalisierung
und Kontrolle. Es ist Zeit, dass wir diese Fragen bei uns lösen, nicht diese Konflikte auf
dem Rücken von Menschen in anderen Teilen der Welt austragen.
3.7 Berlin bleibt in Bewegung – wir sind die Hauptstadt
des Sportes
Sport und Bewegung halten gesund, ermöglichen Gemeinschaft und stiften Freude. Wir wollen
allen Berliner*innen ermöglichen sich sportlich zu betätigen. Egal in welchem Alter, egal ob
organisiert und regelmäßig oder nur ab und zu, das Sportangebot in Berlin soll alle
Bedürfnisse abdecken. Dabei ist unsere Vision für die Hauptstadt des Sportes, dass Sport und
Bewegung selbstverständlich in allen Bereichen mitgedacht wird: sei es das Laufen im Park,
eine Runde Tischtennis im Hof, Bouldern an der Einkaufscenter-Fassade oder Kicken auf dem
Supermarkt-Dach. Dafür denken wir Sport und Bewegung auch in der Stadtplanung mit. Sport
verbindet auch über Grenzen hinweg. Berlin profitiert von internationalen
Sportveranstaltungen. Die weltweite Bekanntheit der Sportmetropole Berlin wollen wir
ausbauen.
Ehrenamtliche sind das Rückgrat der Vereine
Viele Berliner*innen sind in Sportvereinen aktiv. Sportvereine übernehmen vielfältige
Funktionen, sie ermöglichen Jung und Alt Bewegung in Gemeinschaft, sie unterstützen das
Zusammenwachsen unterschiedlicher Menschen und den Leistungssport. Das wäre ohne zahllose
Ehrenamtliche nicht möglich, die sich als Trainer*innen oder Vereinsvorständeim Vereinsvorstand engagieren.
Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch bei der Bezahlung von
Trainer*innen und Übungsleiter*innen. Deswegen haben wir die Finanzierung der Trainer*innen
und Übungsleiter*innen verbessert.
Institutionalisierten und frei organisierten Sport gleichstellen
Gleichzeitig machen immer mehr Berliner*innen alleine oder in sich frei organisierenden
Gruppen Sport. Wir wollen den institutionalisierten und frei organisierten Sport
gleichstellen und allen Bürger*innen den Zugang zu Sportanlagen ermöglichen. Deswegen werden
wir das Sportfördergesetz und die Sportstättennutzungsverordnung so anpassen, dass die
Vergabe von Sportflächen auch an frei organisierte Sportgruppen ermöglicht wird. Der neu
gestaltete Olympia-Park in Charlottenburg-Wilmersdorf und der inklusive Friedrich-Ludwig-
Jahn-Sportpark in Pankow sollen Vorzeige-Projekte für das Nebeneinander von
institutionalisiertem und frei organisiertem Sport werden. Hierfür wollen wir den Friedrich-
Ludwig-Jahn-Sportpark modernisieren und zeigen, wie an einem historischen Ort in einer
Naturlandschaft neben dem ehemaligen Grenzstreifen eine inklusive Sportstätte für alle
Menschen entstehen kann.
Um einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu Sport und Bewegung zu ermöglichen, haben wir
das Programm „Sport im Park“ ins Leben gerufen, das in allen Berliner Bezirken kostenlose
Sportangebote ermöglicht. Egal ob Teamsport, Workout oder Balance, bei mehr als 100
Aktivitäten ist für jede*n was dabei. Dieses erfolgreiche Programm wollen wir auch in den
kommenden Jahren weiterführen.
Sportanlagen inklusiv und ökologisch
Als wir 2016 Regierungsverantwortung übernommen haben, waren die Sportanlagen in Berlin in
schlechtem Zustand. Mit dem Sportanlagensanierungsprogramm haben wir begonnen, Sportstätten
wieder in Schuss zu bringen. Es ist aber auch klar: Bei der Vielzahl an Anlagen wird die
Sanierung ein Marathon, kein Sprint. Für uns ist wichtig, dass die Sanierungen nach hohen
ökologischen Standards erfolgen müssen. Die Klimakrise erfordert, dass wir in allen
Lebensbereichen Ressourcen schonen. Deswegen haben wir in der Sportanlagennutzungsverordnung
auch Nachhaltigkeitskriterien verankert.
Berliner Sportanlagen müssen nicht nur ökologisch, sondern auch barrierefrei werden.
Multifunktionale und behindertengerechte Sportstätten versetzen alle Berliner*innen in die
Lage, sich sportlich zu betätigen, und leisten somit einen Beitrag zur Gesellschaft der
Vielen, die allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Auch für eine älter
werdende Gesellschaft ist es wichtig, barrierefreie Sportanlagen bereitzuhalten, damit in
jedem Alter Bewegung und Sport möglich ist.
Berlin wächst und damit auch der Bedarf an Sportstätten. Aus ökologischer Sicht ist es
geboten, vorhandene Sportanlagen besser auszulasten, bevor wir mit Neubauten Flächen
versiegeln. Wenn nicht bereits geschehen, können die Außengelände von beispielsweise Schulen
umfassender genutzt werden, indem sie nach Schulschluss für die Allgemeinheit geöffnet
werden. Wo nötig werden wir auch neue Sportanlagen bauen.
Bäder für die Berliner*innen – Schwimmen ist eine Überlebenstechnik und gut für die
Gesundheit
Jedes Kind in Berlin soll Schwimmen lernen. Wir können nicht hinnehmen, dass immer wieder
Menschen ertrinken, weil sie nicht schwimmen können. Deswegen muss Schwimmunterricht Teil
des Schulsportes sein. Wir wollen die Öffnungszeiten der Berliner Bäderbetriebe ausweiten,
damit alle Schulklassen die Möglichkeit zum Schwimmunterricht bekommen und sich die Nutzung
der Bäder besser verteilt. Darüber hinaus wollen wir prüfen, ob Kooperationsverträge mit
anderen Schwimmhallen, etwa in Hotels oder Fitnessstudios, abgeschlossen werden können, um
die vorhandenen Kapazitäten besser zu nutzen.
Wir wollen die Berliner Bäderbetriebe zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen
umstrukturieren, das sich an den Bedürfnissen der Bürger*innen orientiert. Die Preisstruktur
soll transparent sein und allen Berliner*innen die Nutzung der Schwimmbäder ermöglichen. Wir
haben in den letzten Jahren viel Geld für die Sanierung der Bäder bereitgestellt, aber wie
bei den Sportstätten ist auch bei den Bädern ein langer Atem nötig, bis alle Bäder wieder in
Schuss sind. Bei Um- und Neubauten achten wir darauf, dass sie barrierefrei und ökologisch
sind.
Wir fördern inklusive Sportangebote, die allen Menschen offenstehen, egal welche
körperlichen und psychischen Voraussetzungen, welche Herkunft, welches Geschlecht, welches
Alter, welchen sozialen und finanziellen Hintergrund oder welche sexuelle Orientierung und
sexuelle Identität der einzelne Mensch hat. Die Vielfalt aller Berliner*innen muss sich auch
in den Führungspositionen der Vereine und Sportverbände widerspiegeln.
Jetzt ganz konkret: Bündnisgrüne Projekte für die Zukunft Berlins
1. „Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ – Wohnen ist keine Ware
Wir sagen Verdrängung und Immobilienspekulation den Kampf an. Schon jetzt nutzen wir
Bündnisgrüne das Vorkaufsrecht wo immer möglich. Mit unserem „Masterplan 50 Prozent
Gemeinwohl“ sollen in 30 Jahren 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin in
gemeinwohlorientierter Hand sein. Um das Vorkaufsrecht effektiv nutzen zu können, treffen
wir die notwendige finanzielle Vorsorge für die landeseigenen Wohnungsunternehmen. Mit
Genossenschaften, Stiftungen oder Projekten wie dem Mietshäuser-Syndikat werden wir eine
Kooperationsvereinbarung abschließen.
2. Förderung, die ankommt – Armut von Familien und Kindern beenden
180.000 Kinder in Berlin leben in Familien, die auf Transferleistungen angewiesen sind. Die
Kinder- und Familienförderung des Bundes ist ein Chaos – die einzelnen Leistungen sind so
unübersichtlich, dass sie nicht bei den Familien und Kindern vor Ort ankommen. Solange das
Chaos an Familienleistungen auf Bundesebene nicht sortiert ist, lösen wir es in Berlin auf
und schaffen „Familienservicebüros“ in allen Bezirken. Nicht Eltern sollen für Kindergeld,
Elterngeld oder Wohnberechtigungsschein immer wieder Unterlagen einreichen müssen. Ein*e
Sachbearbeiter*in soll für jede Familie alle notwendigen Unterlagen bereitstellen und
verarbeiten. Auch unterschiedliche Leistungen aus Jugendamt und Sozialamt sollen
zusammenfließen: ein Ort, alle Leistungen.
3. Ein neues Landesamt für Unterbringung – jeder Mensch braucht ein Zuhause
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben –
egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung
verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen
zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt
für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem
neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln.
4. Pflege ist systemrelevant – Arbeitsbedingungen verbessern
Pflege ist systemrelevant, wir alle sind in Krankheitszeiten und im Alter darauf angewiesen.
Das muss sich auch in den Arbeitsbedingungen widerspiegeln. Körperlich anstrengende Arbeit,
Schichtsystem, Personalknappheit und geringe Bezahlung haben dazu geführt, dass viele
ausgebildete Pflegekräfte diesem Beruf den Rücken gekehrt haben. Wir wollen ausgestiegene
Fachkräfte in den Beruf zurückholen. Und wir wollen die Arbeitsbedingungen so verbessern,
dass auch eine Vollzeittätigkeit attraktiv wird – hin zu mehr Flexibilität und Mitsprache
bei den Dienstzeiten und einer deutlich besseren Vergütung ungünstiger Arbeitszeiten. Dazu
zählt auch eine angemessene Bezahlung bereits in der Ausbildung, angefangen von den
Ärzt*innen im Praktikum bis hin zu den Pflegekräften, gerade mit Blick auf die
Akademisierung der Pflegeausbildung.
5. Faire Ausbildungsbedingungen für Care-Berufe schaffen
In vielen Care-Berufen schrecken schon die Ausbildungsbedingungen ab. Wir wollen faire
Bedingungen für Auszubildende und Studierende in diesen Berufen schaffen – dazu zählt eine
angemessene Bezahlung bereits in der Ausbildung. Wir fordern zum Beispiel, dass Ärzt*innen
im praktischen Jahr an den Lehrkrankenhäusern der Charité bezahlt werden. Zusätzlich könnten
Landesstipendien für diese Engpassberufe vergeben werden.
Unterstützer*innen
- Daniela Ehlers (KV Berlin-Lichtenberg)
- Karin Hausmann-Kasper (KV Berlin-Lichtenberg)
- Ingrid Bertermann (KV Berlin-Mitte)
- Tobias Balke (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Miriam Wirsing (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Claudia Jung (KV Berlin-Pankow)
- Miriam Siemon (KV Berlin-Kreisfrei)
- Anna Hoppenau (KV Berlin-Neukölln)
- Johanna Braun (KV Berlin-Kreisfrei)
- Bianca Neumaier (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)