Die Privatisierung der GASAG war ein Fehler, dies sollte korrigiert werden. Die Ressourcen der GASAG können genutzt werden, um die Erreichung des 1,5-Grad-Zieles des Pariser Klimaschutzabkommens und ein klimaneutrales Berlin zu realisieren, wie dies auch der Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Neue Energie für Berlin“ empfiehlt. Mit der Kopplung von Strom mit den heute schon speicherbaren Energiearten Wärme und Gas, aber vor allem auch durch einen erstmaligen Berliner Kooperationsbetrieb zur Kombination von Infrastrukturen sind deutliche Kostensenkungen, tatsächliche CO2-Einsparungen und eine deutliche Minderung von Lärm, Staub, Abgasen und Dauerbaustellen möglich, heißt es im Abschlussbericht der Kommission.[1]
Mit der Unterstützung vieler landeseigener Unternehmen von Berlin und anderer kommunaler Akteure hat „Berlin Energie“ ein sehr gutes Angebot entwickelt. Kernpunkte des Angebots sind zukunftsgerichtete Investitionen für das 7.000 Kilometer lange Gasnetz sowie Datentransparenz, Bürgerbeteiligung und eine hohe Kundenfreundlichkeit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des aktuellen Betreibers sollen vollständig übernommen werden.
In öffentlicher Hand kann das Unternehmen verpflichtet werden, das 1,5-Grad-Ziel umzusetzen, damit Berlin klimaneutral wird. Die Mittel dafür können über die Investititonsbank Berlin akquiriert und durch die vorhandenen Gewinne des Unternehmens können die notwendigen Kredite in den nächsten Jahren zurückgezahlt werden. Insbesondere die derzeit äußerst günstigen Kreditzinsen können dafür verwendet werden, um die notwendigen Zukunftsinvestitionen zu finanzieren.
Die Berliner Stadtwerke (100-prozentig öffentliches Unternehmen) sind seit 2015 als Energieversorgungsunternehmen tätig. Gemäß dem Berliner Betriebe-Gesetz sind die Berliner Stadtwerke für eine verbraucherfreundliche, effiziente, sozial- und klimaverträgliche Erzeugung und Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wärme auf der Basis erneuerbarer Energien sowie die Erbringung von Energie- und Infrastrukturdienstleistungen zuständig. Aktuell sind rd. 28 Mitarbeiter*innen[2] für die Berliner Stadtwerke tätig. Querschnittsfunktionen werden überwiegend durch die Berliner Wasserbetriebe wahrgenommen.
Die Berliner Stadtwerke verkaufen derzeit an rd. 19.000 Privatkunden und an Liegenschaften des Landes Berlin, den – in der Regel selbst erzeugten – Strom. Darüber hinaus werden für die Bezirke Solarpakete geschnürt. Als aktuelles Großprojekt – zusammen mit der E.ON – soll die Kälte- und Wärmeversorgung der Urban Tech Republic übernommen werden. Ein Pilotprojekt, da alles direkt vor Ort dezentral und nachhaltig aus einem Mix von Blockheizkraftwerken, Solaranlagen, Geothermie und Abwasserwärme erzeugt, gespeichert und verbraucht wird, so fungiert das Netz als Energie-Tauschplatz[3]. Dieses Beispiel verdeutlicht die notwendige Zusammenarbeit, um unsere gesetzten Klimaziele zeitnah erreichen zu können.
Die GASAG AG wurde 1998 vollständig privatisiert. Sie befindet sich heute im Besitz der
ENGIE, Vattenfall und der E.ON. Im Zuge der Rekommunalisierung und der Neuvergabe der Konzession für das Gasnetz werden momentan mehrere gerichtliche Auseinandersetzungen mit dem Land Berlin geführt, was auf beiden Seiten zu hohen Kosten für Anwälte, Gerichte usw. führt. Darüber hinaus können die erzielten Gewinne nicht ausschließlich für gezielte Investitionen in die Infrastruktur der Energiewende der Stadt genutzt werden, da Teile hiervon an die E.ON – und damit aus Berlin -abfließen.
Das eigentliche Know-how der Berliner Stadtwerke liegt momentan bei den Themen „Solarenergie (Photovoltaik)“ und „Windenergie“. Auf Grund der begrenzten personellen und inhaltlichen Ressourcen ist die Übernahme der Rolle als Treiber der Energiewende jedoch stark eingeschränkt. Die GASAG AG verfügt über eine Vielzahl von Tochterunternehmen, die genutzt werden könnten, um die Klimaneutralität „Made in Berlin“ voranzutreiben und insbesondere die Berliner Stadtwerke inhaltlich zu stärken.
Von der GASAG wird das Ziel des Senats unterstützt, bis 2020 die CO2-Emissionen in Berlin gegenüber dem Stand von 1990 um 40 Prozent zu vermindern. Das Land Berlin und die GASAG haben seit 1998 vier Kooperationsverträge zum Engagement für eine effiziente und umweltschonende Energieversorgung geschlossen. In der Laufzeit der ersten drei Verträge (1998 – 2010) konnten die CO2-Emissionen insgesamt um 1,11 Millionen Tonnen reduziert werden. In dem im Mai 2006 geschlossenen 3. Kooperationsvertrag „Klimaschutz und Luftreinhaltung“ (2006 – 2010) hatte sich die GASAG verpflichtet den jährlichen CO2-Ausstoß um 52.000 Tonnen zu reduzieren. Laut Abschlussbericht über die Umsetzung des Vertrages wurde das Einsparziel übertroffen. Im aktuellen, vierten Kooperationsvertrag (2011 – 2020) plant die GASAG bis 2020 eine weitere Reduzierung der CO2-Emissionen um 900.000 Tonnen auf dann zwei Millionen Tonnen gegenüber dem Beginn des ersten Kooperationsvertrags im Jahr 1998.
Über die GASAG AG erfolgt die Steuerung und Leitung der Unternehmensgruppe. Die GASAG verfügt mit über 12m² über die größte Solaranlage in Berlin (Einsparung rd. 1.000 Tonnen CO2/a ). Weiterhin betreibt diese in Walsdorf einen Windpark, der rd. 11.500 Tonnen CO2/a einspart und 15.000 Haushalte mit grüner Energie versorgt. Zudem werden rd. 170.000 Kunden mit Strom aus der Region (aus Biogas bzw. Solarenergie) versorgt.[5]
In Kooperation mit der E.DIS ist die GASAGim brandenburgischen Havelland gemeinsam an einem Power-to-Gas-Projekt beteiligt. Der hier durch rd. 300 Windkraftanlagen regenerativ erzeugte Strom, soll per Elektrolyse zu „grünem Wasserstoff“ umgewandelt werden, der dann ins Gasnetz eingespeist werden kann. [6]Dieses Projekt schafft wichtiges Grundlagenwissen, um die bei den Berliner Stadtwerken und der GASAG in Betrieb befindlichen Windkraft-/Solaranlagen sinnvoll für die Energiewende in Berlin nutzen und ausbauen zu können.
Ein weiteres Projekt ist das Projekt „DAS NEUE GARTENFELD“[7]. Auf einer Fläche von rund 60 Hektar wird hier innovatives, nachhaltiges und vielseitiges Wohnen ermöglicht. Hier entstehen private, kommunale und genossenschaftliche Bauvorhaben mit rund 3.600 Wohnungen und einer Wohnfläche von ca. 370.000 m². Hier kommen verschiedenste Energien zum Einsatz: Wärmepumpen (Quellen: Abluft, Außenluft, Abwasser und Regenwasserkanal), reversible Wärmepumpen, Kompressionskältemaschinen, BHKWs, Gasbrennwertkessel, dezentrale Lüftungsanlagen mit Abluft-Sole-Wasserwärmepumpe, Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung und Heiz-/ Kühlregistern, Sektorleitsystem für Strom, Photovoltaik-Anlagen, Mieterstrom.
NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg mbH & Co. KG [8]
Die NBB ist für den Bau, die Wartung und Instandhaltung des Netzes und der Anlagen zuständig und versorgt fast 800.000 Kunden größtenteils in Berlin und Brandenburg. Die NBB leistet bereits heute einen Beitrag zur CO2-Reduzierung. Durch die Umstellung des Kraftwerks Klingenberg von Braunkohle auf Erdgas konnten allein 600.000 Tonnen CO2 eingespart werden.[9] In 2020 wurde das neue Heizkraftwerk Marzahn in Betrieb genommen. Auch hier konnte der CO2-Ausstoß deutlich reduziert werden. Die NBB unterstützt somit mit Einsatz von Erdgas als Brückentechnologie ein klimaneutrales Berlin, weil es bei der Verbrennung erheblich weniger CO2 freisetzt als Kohle. Erdgas kann als Übergangsbrennstoff hin zur Klimaneutralität dienen. Darüber hinaus hätten wir es in der Hand, Erdgas zunehmend durch Biogas, synthetisches Erdgas und perspektivisch durch Wasserstoff (aus Windenergie, Stichwort: Power to Gas) zu ersetzen und so einen wesentlichen Beitrag zu unserem Weg auf dem 1,5 Grad-Pfad zu leisten. Schon heute wird ein Teil der Bioabfallsammlung durch die BSR in Biogas umgewandelt und durch die NBB in deren Netze eingespeist. Hier ist ein Ausbau der Kapazitäten wichtig, um noch mehr organische Abfälle optimal, für die Erzeugung von Biogas, verwerten zu können. Bis 2023 soll das Berliner Gasnetz zu rd. 20 % mit grünem Wasserstoff betrieben werden. Das bisherige Erdgas muss sukzessive durch Biogas (u. a. aus Bioabfall der BSR) ersetzt werden.
Fazit:
Allein werden die Berliner Stadtwerke unsere Vision, die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, nicht bewältigen können. Insbesondere die Neueinstellung von Mitarbeiter*innen mit Fachexpertise ist bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage illusorisch. Wir Grüne haben in den letzten Jahren in der rot-rot-grünen Koalition – auch gegen Widerstände – eine ambitionierte Klimapolitik eingefordert und vorangebracht. Wir haben zwei von vier Kohlekraftwerken abgeschaltet und dafür gesorgt, dass Berlin als erstes Bundesland die Klimanotlage ausgerufen hat. Wir wollen die gesetzlichen Grundlagen schaffen, um auch auf den Dächern der Stadt zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien umzusteigen.
Der vollständige Rückkauf des Berliner Stromnetzes beendet nicht nur einen jahrelangen Rechtsstreit, sondern ermöglicht endlich gezielte Investitionen in die Infrastruktur der Energiewende der Stadt. Wir haben es in der Hand, auch den jahrelangen Rechtsstreit, um das Berliner Gasnetz zu beenden und den ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben. Den Umstieg auf klimaneutrale Mobilität und klimaneutrale Antriebe könnte durch die Nutzung von Biogas und grünem Wasserstoff forciert werden, was durch einen stetig wachsenden CO2-Preis zusätzlich erreicht werden wird. Hier könnte die NBB als landeseigener Betrieb, eine wesentliche Rolle übernehmen.
Aber auch der Ausbau der Solarenergie auf Dächern und an Fassaden Berlins, wird neue Herausforderungen stellen. Auch hier kann das Gasnetz als Energiespeicher fungieren, in dem Strom in grünen Wasserstoff umgewandelt und in den Netzen bzw. dem Speicher der
BES Berliner Erdgasspeicher GmbH „geparkt“ wird.
Die Berliner Stadtwerke werden weiterwachsen und der zentrale Dienstleister für Energie- und Quartiersprojekte des Landes und der Bezirke werden. Die Mieter*innenstrom-Projekte der Berliner Stadtwerke können deutlich ausgebaut werden, da durch die Zusammenführung der Kompetenzen mit der GASAG Solution Plus GmbH und der Geo-En Energy Technologies GmbH die Umsetzung unterstützen können.
Auch der Umbau von Gas- und Ölkesseln auf klimafreundliche Heizungsanlagen, wie Solarthermie oder Wärmepumpen, kann hier massiv gesteigert werden. Unser Ziel, örtlich erzeugte Wärme aus verschiedenen regenerativen Quellen in ein Nahwärmenetz einzuspeisen und lokal zu verteilen kann hierdurch deutlich beschleunigt werden. Das Berliner Erneuerbare-Wärme-Gesetz bietet hierfür eine gute Grundlage.
Der öffentliche Gebäudebestand soll durch energetische Modernisierung klimaneutral werden. Hierfür steht das Berliner Energie- und Klimaprogramm (BEK), welches wir ausbauen wollen, zur Verfügung. Damit die Bezirke stärker als bisher die Mittel aus dem BEK in Anspruch nehmen, müssten sie über ausreichend personelle Ressourcen für die Antragstellung verfügen. Da diese jedoch nicht zu erwarten sind, könnten die Berliner Stadtwerke zusammen mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) die zentrale Koordinierung und Antragstellung für die Bezirke übernehmen. Auch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften können beim Bau sozial-ökologischer Modellquartiere durch die neuen Berliner Stadtwerke begleitet werden.
Der Bau von 2.000 öffentlichen Ladepunkten in der Stadt bis 2022, der Ausbau von Fuß- und Radwegen könnte zentral – über Bezirksgrenzen hinweg - durch die Infrest Infrastruktur
eStrasse GmbH geplant und verwaltet werden.
Da die Digitalwirtschaft ein zentraler Motor der wirtschaftlichen Entwicklung in Berlin ist, muss der Glasfasernetzausbau vorangetrieben werden. Die öffentliche Versorgungsnetzbetreiber (BWB, Stromnetz Berlin, NBB und Vattenfall Wärme) müssen ihre bestehende und geplante Infrastruktur für den Breitbandausbau öffnen. Durch die Zusammenführung der Netze von Strom, Gas und Wasser, unter einer einheitlichen Führung durch das Land Berlin, wäre hier ein wesentlicher Meilenstein für mehr Teilhabe und Klimaschutz geschaffen. Auch hier könnte die Infrest Infrastruktur eStrasse GmbH die zentrale Zuständigkeit übernehmen. So wird sichergestellt, dass wenn in Sachen Wasser, Gas, Strom, Wärme, Telekommunikation oder Schienenausbau in die Tiefe gebaut wird, dann auch Glasfaser verlegt wird.
Durch die Koordination der KKI Kompetenzzentrum Kritische Infrastrukturen GmbH wäre eine Zusammenführung der Entstörungsdienste Wasser, Strom und Gas unter einer einheitlichen Koordination möglich. Im Ergebnis könnten die Standorte der BWB, Stromnetz Berlin und GASAG zusammengefasst werden. Die freiwerdenden Flächen, könnten neu genutzt werden (je nach Größe für den Wohnungsbau oder die Pflanzung von Stadtgrün). Die GASAG AG könnte als Partner und an der Seite der Berliner Stadtwerke den Weg der Klimaneutralität begleiten und voranbringen.
[1] siehe Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Neue Energie für Berlin –Zukunft der energiewirtschaftlichen Strukturen: https://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang/d17-2500.pdf
[2] Berliner Stadtwerke – Wikipedia
[3] Hochinnovatives Energiekonzept für Berlin TXL (eon.com)
[4] GASAG – Wikipedia – s. auch: https://www.gasag.de/unternehmen/die-gasag/unternehmensportraet
[5] Klimaschutzpartner | GASAG
[6] E.DIS und GASAG kooperieren bei Power-to-Gas-Projekt in Ketzin | EUWID Neue Energie Nachrichten (euwid-energie.de)
[7] Das neue Gartenfeld: Infrastrukturkonzept & Wärmeversorgung – eZeit Ingenieure GmbH (ezeit-ingenieure.de)
[8] Millionen-Investition sichert Berliner Gasversorgung - NBB Netzgesellschaft (nbb-netzgesellschaft.de)