Veranstaltung: | Wahlprogramm-LDK 2021 |
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Tagesordnungspunkt: | K-3 Kapitel 3 |
Status: | Beschluss (vorläufig) |
Beschluss durch: | LDK |
Beschlossen am: | 20.03.2021 |
Eingereicht: | 29.03.2021, 16:33 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Kapitel 3: Zusammenhalt sichern – niemand bleibt zurück
Beschlusstext
3. Zusammenhalt sichern - niemand bleibt zurück
Berlin funktioniert nur zusammen. Wir haben viel vor mit dieser Stadt und niemand darf dabei
zurückbleiben. Insbesondere Alleinerziehende, People of Colour, Kinder, ältere Menschen,
prekär Beschäftigte, Soloselbständige, Erwerbssuchende, Menschen mit Behinderung und
geflüchtete Menschen sind von Armut, Verdrängung und Ausgrenzung bedroht. Die Corona-
Pandemie hat diesen Zustand weiter verschärft, viele haben ihre Erwerbsgrundlage verloren.
Sie alle suchen vergebens nach bezahlbaren Wohn- und Gewerberäumen. Auch Soziale Träger
werden mehr und mehr aus der Stadt verdrängt. Wir kämpfen für ein Berlin, in dem alle sicher
wohnen, teilhaben und ihren Platz in der Gesellschaft finden können. Auch in der kommenden
Legislaturperiode hat dies für uns höchste Priorität
Wohnen ist keine Ware – Gemeinwohlverpflichtung für Wohnraum durchsetzen!
Die Grundstückspreise und Mieten sind in den vergangenen 15 Jahren nach oben geschnellt,
auch weil in einer Situation der Wohnungsknappheit und fehlender alternativer
Anlagemöglichkeiten hemmungslos mit dem spekuliert wird, was für Menschen das Zuhause ist.
Wohnen ist keine Ware, darum kämpfen wir für einen Wohnungsmarkt nach Wiener Vorbild, bei
dem mindestens 50 Prozent des Wohnraums gemeinwohlorientiert ausgerichtet werden. Dafür
wollen wir ein breites Bündnis schließen – von den landeseigenen Wohnungsunternehmen über
gemeinwohlorientierte Genossenschaften, Stiftungen und Hausprojekte bis zu
Privatvermietenden, die sich wie die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften auf das
Gemeinwohl und somit dauerhaft auf leistbare Mieten für alle Schichten verpflichten.
Geschäftsmodelle, die auf schnelle, überhöhte Renditen setzen oder mit Wohnraum spekulieren,
lehnen wir ab. Die Bau-, Mieten- und Wohnungspolitik haben wir seit 2016 vom Kopf auf die
Füße gestellt – sowohl in der Landesregierung als auch in den Bezirken, in denen wir
Verantwortung tragen. Wir haben den sozialen Wohnungsbau vorangetrieben, das Vorkaufsrecht
genutzt, eine Genossenschaftsförderung erkämpft und den Mietendeckel eingeführt. Diesen Weg
wollen wir weitergehen: Wir bauen Berlin weiter gemeinwohlorientiert und nachhaltig um. Wir
erwerben die Stadt Stück für Stück zurück, um die Gemeinwohlorientierung zum zentralen
Merkmal des Berliner Mietenmarktes zu machen. Dabei ist klar: Solange der Wohnungsmarkt
angespannt bleibt, kann der Mietendeckel 2025 nicht ersatzlos auslaufen, sondern muss auf
Grundlage eines Miet- und Wohnungskatasters weiterentwickelt werden..
Ein Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der Vergangenheit angehören
Seit 2016 haben wir auch bei der Bekämpfung von Armut wichtige Schritte geschafft. Das
kostenlose ÖPNV-Ticket für Schüler*innen, die beitragsfreie Kita, ein gesundes kostenloses
Essen mit hohem Bioanteil in den Grundschulen, all das sorgt dafür, dass Kinder aus
Familien, die weniger Geld haben, gleichberechtigter am Leben teilhaben können. Wir haben
den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und
Freischaffende eingezogen. Auch auf Bundesebene wollen wir uns für eine deutliche Anhebung
des Mindestlohnes einsetzen. Wir haben Tariftreue bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen
garantiert und die Gehälter gerade der Beamt*innen angehoben, die kleinere Einkommen haben.
Sei das bei der Polizei, bei der Feuerwehr oder in der Verwaltung. Wir haben dafür gesorgt,
dass für Menschen, die Sozialleistungen beziehen, die Kosten der Unterkunft verlässlich
übernommen werden und Obdachlosigkeit so vermieden wird. Und wir haben damit begonnen, das
Dickicht an Sozialleistungen zu ordnen, damit Menschen Leistungen, die ihnen zustehen, auch
tatsächlich erhalten – gerade in den Bezirken sind wir an dieser Stelle Vorreiter. Der Weg
zu einem Berlin, in dem Armut und Ausgrenzung der Vergangenheit angehören, ist aber noch
weit. Wir setzen uns seit Jahren dafür ein, Familien- und Sozialleistungen auf Bundesebene
endlich neu zu sortieren, um das bestehende Chaos zu beenden. Solange das nicht passiert
ist, werden wir weiter in Berlin und in den Bezirken für Überblick sorgen. Dazu wollen wir
mit einem berlinweiten Sozialmanagement die besten Wege der Umsetzung aus allen Bezirken in
alle anderen Bezirke bringen und mit starken Netzwerken vor Ort im sozialen Umfeld
Unterstützung leisten. Wir gehen den Kampf gegen Armut ganzheitlich an. Denn gute
frühkindliche Bildung, gute Kitas und Schulen, bezahlbarer Wohnraum, gute Arbeit, ein
durchlässiges Bildungssystem, der Kampf gegen Ausgrenzung und Diskriminierung, all das ist
entscheidend, um Armut wirklich zu bekämpfen. Initiativen in all diesen Bereichen werden wir
aktiv unterstützen.
Gute Gesundheitsversorgung und Pflege ist Daseinsvorsorge
Für Gesundheit ist nicht alleine die Gesundheitspolitik verantwortlich, sondern jeder
einzelne Politikbereich hat Einfluss auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die
Lebensqualität der Berliner*innen, sei es bei Fragen der Mobilität bzw. der Verkehrswende,
bei der Ernährungswende, in der Wirtschafts- und Arbeitspolitik, im Bildungsbereich, in der
Gesundheitsforschung, in der Sozialpolitik, beim Klimaschutz oder in der Stadtentwicklung.
Dabei ist die gesundheitliche Chancengleichheit, unabhängig vom Geldbeutel, unser Ziel.
Gesundheit bedeutet für uns körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden mit Teilhabe
und Selbstbestimmung.
Die Corona-Pandemie hat schonungslos die Lücken des Gesundheitssystems aufgezeigt: Statt in
gute Vorsorge zu investieren, wurde der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) über Jahrzehnte
kaputtgespart und Pandemiepläne sind in Schubladen verstaubt. Für uns gehören gute
Gesundheitsstrukturen zur Daseinsvorsorge und dürfen nicht der Profitmaximierung dienen.
Deswegen haben wir den ÖGD in den letzten Jahren besser ausgestattet und wir wollen diesen
Weg in den nächsten Jahren weitergehen. Wir wollen den ÖGD attraktiver machen und für mehr
Berufsgruppen öffnen sowie ihn befähigen, integrierte, im Kiez vernetzte Versorgungsangebote
zu entwickeln. Wir haben die Investitionspauschale für die Berliner Krankenhäuser erhöht,
zusätzliches Geld für Digitalisierung zur Verfügung gestellt und wollen bei der
Krankenhausplanung einen besonderen Fokus auf hohe Qualität und bedarfsgerechte Strukturen
legen. Die Vielfalt der Krankenhausversorgung in Berlin ist und bleibt ein bündnisgrünes
Anliegen. Wir wollen allen Berliner*innen bestmögliche Versorgung ermöglichen und setzen uns
nachhaltig auch für eine gerechtere Verteilung der Angebote in den Bezirken ein –
insbesondere auch bei den niedergelassenen Fachärzt*innen. Neben einer besseren Verteilung
wollen wir eine besser vernetzte und aufeinander abgestimmte Angebotsvielfalt erreichen;
dazu müssen wir das Gemeinsame Landesgremium (§ 90 a SGB V) stärken und erweitern.
Für uns ist klar: Gesundheit wird nicht primär von der Gesundheitspolitik gemacht, sondern
jeder einzelne Politikbereich hat Einfluss auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die
Lebensqualität der Berliner*innen, sei es bei der Ernährungswende, der Verkehrswende, im
Bildungsbereich, in der Gesundheitsforschung, in der Sozialpolitik oder in der
Stadtentwicklung. Dabei ist die gesundheitliche Chancengleichheit unser Ziel. Wir wollen
erreichen, dass alle Berliner*innen, unabhängig vom Geldbeutel, die gleichen
gesundheitsfördernden Lebensbedingungen haben. Gesundheit bedeutet für uns körperliches,
psychisches und soziales Wohlbefinden mit Teilhabe und Selbstbestimmung.
Zu guter Gesundheitsversorgung gehört gute Pflege im Krankenhaus, in der ambulanten Pflege,
in stationären Einrichtungen sowie zuhause. Es darf nicht sein, dass Pflegekräfte unter
schlechten Bedingungen für viel zu viele Patient*innen Verantwortung übernehmen müssen.
Darum haben wir gemeinsam mit dem Berliner Bündnis für Pflege in den vergangenen Jahren
intensiv an Verbesserungen gearbeitet. Wir unterstützen die Ziele des Volksentscheids
„Gesunde Krankenhäuser“ und möchten in den kommenden Jahren mit verbindlichen
Personalschlüsseln die Arbeitsbedingungen substantiell verbessern.Diese Personalschlüssel
sollen an dem ermitteltem Behandlungsbedarf orientiert sein und in allen Settings und
Fachbereichen gelten. Wir wollen eine Vielzahl von Pflege- und Wohnformen im Alter fördern,
um Menschen, solange es geht, ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Dafür möchten wir
parallel zu ambulanten Fachärzt*innenpraxen auch ambulante pflegerische Angebote mehr
unterstützen. Um pflegende Angehörige besser zu unterstützen, setzen wir uns auf Bundesebene
für die Einführung eines Familienpflegegeldes, ähnlich des Elterngeldes, ein.
Im Bund wollen wir uns außerdem für eine umfassende Reform der Pflegeversicherung sowie für
die grüne Bürger*innenversicherung einsetzen, um mehr Gerechtigkeit und Solidarität in der
Versorgung herzustellen.
Wir haben in Berlin bereits erfolgreich die Beihilferegelungen für Beamt*innen verändert, so
dass ihr Weg in die gesetzliche Krankenversicherung erleichtert wird. Das wollen wir
bundesweit umsetzen.
Barrieren abbauen, Teilhabe ermöglichen
Berlin wird zur barrierefreien Stadt. Damit ermöglichen wir es behinderten und älteren
Menschen sowie Familien mit kleinen Kindern, die Stadt in ihrer ganzen Vielfalt zu nutzen
und mit zu gestalten. Da ältere Menschen noch lange fit sind und aktiver Teil der
Gesellschaft bleiben wollen, wird die Zahl der Menschen, die auf eine Stadt ohne Hindernisse
angewiesen sind, immer größer. Das gilt in U- und S-Bahnhöfen genauso wie in
Verwaltungsgebäuden. Deswegen machen wir uns stark für die Absenkung von Bordsteinkanten,
längere Ampelschaltungen, eine barrierefreie Darstellung von Websites oder die Übersetzung
von Veranstaltungen in Gebärdensprache. Wir wollen, dass alle Kinder, ob mit oder ohne
Behinderung, gleichberechtigt in der Schule teilhaben und alle Erwachsenen die Chance
bekommen, Teil des ersten Arbeitsmarktes zu werden.
Unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft. Dafür werden wir immer wieder Wege für Menschen
zur Teilhabe öffnen, gehen entschieden gegen Verdrängung vor, bekämpfen Armut, sorgen dafür,
dass alle Zugang zu bester Grundversorgung haben und bauen Hürden im Alltag ab. Deshalb wird
die Politik für eine inklusiven Stadtgesellschaft noch stärker als bisher unter Beteiligung
der Expert*innen in eigener Sache gestaltet. Dazu stärken wir die Rollen von Landesbeirat
und Landesbeauftragter für behinderte Menschen sowie der bei den Senatsverwaltungen
bestehenden Arbeitsgruppen. Darüber hinaus beziehen wir Organisationen behinderter Menschen
und Angehörigenvereine stärker in die Politik ein und und unterstützen das Berliner
Behindertenparlament.
3.1 Bauen, Mieten, Wohnen: klimagerecht und sozial
Wir haben 2016 den Politikwechsel in Berlins Bau-, Mieten- und Wohnungspolitik eingeläutet,
um der astronomischen Steigerung von Miet- und Grundstückspreisen Einhalt zu gebieten. Unser
Ziel war und ist, den Berliner Wohnungsmarkt gemeinwohlorientiert umzubauen, indem wir den
Anteil von Wohnungen in der Hand nicht renditeorientierter Akteure weiterhin konsequent
erhöhen. Mit unserem „Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ wollen wir mindestens 50 Prozent
aller Wohnungen in Berlin in gemeinwohlorientierter Hand bringen.
Masterplan „50 Prozent Gemeinwohl“
Die Verpflichtung auf das Gemeinwohl gilt für alle Akteur*innen auf dem Wohnungsmarkt.
Fördern wollen wir aber insbesondere diejenigen, die Wohnraum der Spekulation entziehen,
bezahlbare Wohnungen für alle gesellschaftlichen Schichten bereitstellen und bei
Mietgestaltung und Belegung soziale Kriterien anwenden. Dazu zählen die landeseigenen
Wohnungsunternehmen, gemeinwohlorientierte Genossenschaften, Träger sozialer Einrichtungen,
Stiftungen und Hausprojekte sowie Privatvermietenden, die sich wie die öffentlichen
Wohnungsbaugesellschaften auf das Gemeinwohl und somit dauerhaft auf leistbare Mieten für
alle Schichten verpflichten. Wir schließen dabei auch Bündnisse mit den Menschen, die ihr
Wohnschicksal in die eigenen Hände nehmen, wenn sie sich sozialen und ökologischen Kriterien
verpflichtet fühlen. Dafür brauchen wir auch weiterhin einen breiten Maßnahmenmix.
Wir setzen uns auch auf Bundesebene für die Einführung der Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit
(NWG) ein, um dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zu schaffen - und nicht nur für 20 oder 30
Jahre wie bisher. Dazu ist es auch nötig, die Berliner Finanzierung von Sozialbindungen beim
Wohnen deutlich aufzustocken.
In den vergangenen Jahren haben wir den Neubau bedarfsgerechter gefördert und stärker auf
das Gemeinwohl ausgerichtet. Gleichzeitig versuchen wir mit dem Mietendeckel Ruhe in den
überhitzten Markt des Mietwohnungsbestandes zu bringen und Mietpreise zu stabilisieren.
Damit haben wir juristisches Neuland betreten und sind stolz darauf, dass wir alles tun, um
Wucher zu stoppen, trotz teilweise heftigen Gegenwindes. In den kommenden Jahren streiten
wir weiter für einen gemeinwohlorientierten und sozialen Wohnungsmarkt für Berlin. Dazu
gehört für uns auch die Verbindung mit dem Klimaschutz: Berlins Gebäude stoßen 40 Prozent
des CO2 in der Stadt aus, also sind energetische Modernisierung und die Bauwende eine
zentrale Zukunftsaufgabe, um Berlin auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Wir verbinden soziale
Gerechtigkeit und Klimaschutz.
Das neue Berlin bauen – gemeinwohlorientiert und nachhaltig, sozial und ökologisch
Unser Ziel sind Kieze, in denen neben Wohnen auch Gewerbe, Kultur und Erholung Platz haben.
Zudem arbeiten wir für eine bunte Mischung von Eigentümer*innen – von Genossenschaften über
landeseigene Wohnungsunternehmen bis zu Baugruppen und auch kleinen privaten
Eigentümer*innen. Klar ist: Berlin braucht mehr niedrigpreisige Wohnungen. Bei fortdauernd
hohem Bevölkerungszuwachs streben wir den Bau von jährlich 20.000 überwiegend
sozialverträglichen Wohnungen an. Wir wollen vielfältige und lebendige Quartiere, gut
erschlossen für nachhaltige Mobilität, mit guten Schulen und Kitas, Handel und Gewerbe,
Spiel, Erholung und viel Grün. Das Bauen muss endlich klimaneutral werden. Neubauten im
Hochpreissegment sollen vermieden werden, weil das weite Teile der Bevölkerung ausschließt.
Wir setzen dabei auf intelligente Nachverdichtung und Geschosswohnungen statt auf
Eigenheimsiedlungen. Zur Förderung des gemeinwohlorientierten Neubaus wollen wir einen
dauerhaften Fonds auflegen, der Gelder bereitstellt und in den Rückzahlungen aus Darlehen
direkt zurückfließen. Damit wird eine dauerhafte Finanzierung von Förderung des sozialen
Wohnungsbaus ermöglicht. Wir wollen die Förderung pro Wohnung erhöhen und so ausgestalten,
dass eine besonders hohe Förderung in dauerhaft sozialgebundene und möglichst CO2-neutral
errichtete Wohnungen fließt. Gemeinschaftliche und sozial integrative Wohnformen wollen wir
ebenso fördern.
Wir wollen den großen Mangel an Sozialwohnungen zügig abbauen und dafür alle notwendigen
Maßnahmen ergreifen. Ein wichtiger Schlüssel dafür sind die landeseigenen Flächen und
landeseigene Wohnungsunternehmen. Dazu wollen wir über die bisherigen Quoten für den Anteil
geförderter Wohnungen dort, wo es an preiswertem Wohnraum mangelt, deutlich hinausgehen.
Zusätzlich erhöhen wir das zweite Fördersegment – für eine soziale Mischung in den
Quartieren.
Die Genossenschaftsförderung - für Neubauten wie Bestandsankauf - wollen wir deutlich
erhöhen. Wir sorgen für faire Förderkonditionen und öffnen die Förderung auch für Projekte
wie das Mietshäuser-Syndikat. Linke Freiräume und queerfeministische Hausprojekte sind
wichtige Schutzräume und emanzipatorische Orte, die wir erhalten wollen. Doch immer mehr
sind sie von Verdrängung bedroht. Wir stellen uns diesem Trend entgegen und werden Lösungen
suchen, damit sie bleiben können. Ist eine Räumung nicht zu verhindern, ist es die Aufgabe
des Landes Berlin geeignete alternative Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Außerdem
wollen wir die Förderung so ausbauen oder Bürgschaften anbieten, damit auch Haushalte in
Transferbezug Genossenschaftsanteile zeichnen können.
Auch für den Klimaschutz ist es höchste Zeit, die Bauwende einzuläuten. Deshalb muss das,
was wir heute bauen klimafreundlich sein. Wir setzen uns deshalb für KfW 40 beim Neubau und
KfW 55-Standard im Bestand ein, damit Gebäude Energie möglichst effizient nutzen.Wir wollen
klimafreundliche Neubauten und Modernisierung mit Mit ökologischen Dämm- und Baustoffen, wie
Hanf, Stroh, Holz, Lehm, Ziegel oder Baumaterial-Recycling. Schon heute entsteht das größte
Holzhochaus Europas in Berlin. Diesen Weg müssen wir konsequent weiter gehen und wegkommen
von Beton und Stahl. Denn diese Baustoffe sind klimaschädlich und verbrauchen viel zu viele
Ressourcen. Sie sollen nur noch dort zum Einsatz kommen, wo wir wirklich darauf angewiesen
sind. Die Forschung an Recyclingbeton wollen wir ausbauen. Bei energetischen
Modernisierungen setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, die Modernisierungsumlage in
ihrer jetzigen Form abzuschaffen und durch ein neues faires System zu ersetzen. Die Kosten
müssen im Vorfeld transparent sein und wenn der Umbau bezahlt ist, muss auch die Umlage
enden. Die Kosten für die energetische Modernisierung wollen wir zwischen Vermieter*innen,
Mieter*innen und dem Staat in einem Drittelmodell fair verteilen. Dabei dürfen nur noch
energetisch sinnvolle und der Barrierefreiheit dienende Maßnahmen umgelegt werden und muss
insgesamt zu höchst möglichen Effizienz führen. Durch eine energetische Sanierung schützen
Vermieter*innen die Bausubstanz ihrer Immobilien und profitieren vom Werterhalt. Unser Ziel
ist es, dass die höhere Kaltmiete durch Energiekosteneinsparung aufgewogen wird, so dass die
Warmmiete nicht steigt. Einkommensschwache Mieter*innen werden zudem besonders
berücksichtigt. Die öffentliche Hand leistet mit der Übernahme eines weiteren Drittels einen
wichtigen Beitrag, um Berlin auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen und baut so die finanzielle
Unterstützung zur enetgetischen Sanierung erheblich aus. Gerade im Bausektor wollen wir die
Kreislaufwirtschaft umsetzen und modulares Bauen sowie flexible Grundrisse fördern.
Wir wollen Eigentümer*innen bei der Erstellung von Konzepten und Fahrplänen für eine
mieter*innen- und klimafreundliche, energetische Modernisierung ihrer Häuser neben der
Förderung auch eine intensive Unterstützung und Begleitung durch die Bauinformationszentren
des Landes Berlin anbieten. Um die energetische Modernisierung auch unabhängig von
begrenzten Handlungs- und Finanzierungsspielräumen einzelner Eigentümer*innen
voranzubringen, setzen wir sowohl auf Einspar-Contracting als auch auf energetische Block-
und Quartierskonzepte. Klimaschutz gibt es nicht umsonst, daher wird der Staat - und damit
auch Berlin - hierfür, auch im Sinne des oben beschriebenen Drittelmodells und einer
sozialen Abfederung, deutlich mehr Mittel zur Verfügung stellen müssen. (Zu Fragen der
Stadtentwicklung und des ökologischen Bauens vgl. das Kapitel 2.3.)
Um möglichst viele Baugrundstücke für gemeinwohlorientiertes Wohnen zu gewinnen, wollen wir
aktiv ankaufen und Mittel wie Vorkaufsrechtssatzungen, Baugebote und Entwicklungsmaßnahmen
nutzen. Um unsere gemeinwohlorientierten Ziele zu erreichen, wollen wir auch das Berliner
Modell der kooperativen Baulandentwicklung so weiterentwickeln, dass auf privaten Flächen
mindestens 50 Prozent der Wohnungen für Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen
gebaut werden und dauerhaft sozialgebunden sind. Wir wollen auch alle weiteren Möglichkeiten
nutzen, um Baurecht an die dauerhafte Gemeinwohlbindung eines möglichst hohen Anteils des
Neubaus zu knüpfen. Auf Bundesebene setzen wir uns für die Einführung der Neuen
Wohngemeinnützigkeit (NWG) ein. So können wir auch in Berlin dauerhaft gebundene bezahlbare
Wohnungen schaffen.
Den Wohnungsmarkt besser regulieren – bezahlbare Mieten sichern
Mit dem Mietendeckel, dem Milieuschutz, der Verschärfung des Zweckentfremdungsverbotes und
der Reform des Wohnungsaufsichtsgesetzes sind wir in Berlin wichtige Schritte gegangen, um
Wohnen bezahlbar zu halten. Entscheidend ist nun, die Bezirke noch besser in die Lage zu
versetzen, die Gesetze auch effektiv umzusetzen. Dafür wollen wir die Wohnungsaufsicht
schlagkräftig machen und endlich mit der Bauaufsicht verbinden. Abrisse von Wohnraum sollten
konsequent untersagt, spekulativer Leerstand soll durch das Instrument der Treuhänder*in und
durch Beschlagnahmung abgestellt und wieder Wohnzwecken zugeführt werden. Darüber hinaus
prüfen wir die Schaffung eines Landesamtes für Wohnungswesen, um die Verwaltung bei der
Erfüllung ihrer Aufgaben wirksam zu unterstützen. Um mehr Transparenz auf dem
Immobilienmarkt zu schaffen und um die Vollzugsdefizite beim Wohnraumschutz zu beseitigen,
bauen wir ein Berliner Miet- und Wohnungskataster auf. Damit werden alle Miethöhen, die
Ausstattung und energetische Qualität der Wohnungen sowie die Eigentumsverhältnisse digital
erfasst und transparent gemacht. Durch dieses Instrument können auch nach dem Auslaufen des
jetzigen Mietendeckels dieser weiterentwickelt, Fehlentwicklungen auf dem Wohnungsmarkt
schneller festgestellt und der Schutz der Mieter*innen besser gesichert werden.
Wir fühlen uns dem Grundsatz verpflichtet, dass Mieter*innen grundsätzlich nicht mehr als 30
Prozent ihres Nettoeinkommens für ihre Miete ausgeben sollten. Dafür bedarf es aber endlich
mutiger Reformen auf Bundesebene. Sollten diese nicht kommen, werden wir auch im Anschluss
an den aktuellen Mietendeckel alle Maßnahmen ergreifen, um den Mietenanstieg in der Stadt
auch zukünftig zu begrenzen. Wir werden alle Möglichkeiten der Landeskompetenz für das
Wohnungswesen nutzen, um eine soziale Wohnraumversorgung zu gewährleisten. Ziel ist, in
Berlin dauerhaft bezahlbare Mieten zu sichern und ebenfalls sicherzustellen, dass
Gewerbemieten und Immobilienkaufpreise nicht durch die Decke gehen. Auf Landesebene werden
wir in der nächsten Wahlperiode versuchen, einen Gewerbemietendeckel zu entwickeln.
Die landeseigenen Wohnungsunternehmen sind zentral für die soziale Wohnraumversorgung in
Berlin und stehen besonders in der Pflicht, ausreichend Sozialwohnungen und bezahlbaren
Wohnraum für breite Schichten zur Verfügung zu stellen. Darum entwickeln wir das
Wohnraumversorgungsgesetz und die Kooperationsvereinbarung mit den landeseigenen
Wohnungsunternehmen weiter zu einem Wohnungsgemeinwohlgesetz. Die AöR “Wohnraumversorgung
Berlin”, die aus dem Berliner Mietenvolksentscheid hervorgegangen ist, wollen wir in die
Lage versetzen, die Vermietungspraxis stärker zu kontrollieren und eine Ombudsstelle als
unabhängige Mieter*innen-Beschwerdestelle einrichten. Auch die Mieter*innenräte sowie
Mieter*innenbeiräte und selbstverwalteten Hausprojekte sollen in ihren Rechten gestärkt
werden. Wir sind der Überzeugung, dass landeseigene Wohnungsunternehmen als Anstalt
öffentlichen Rechts organisiert sein sollen. Beim landeseigenen Berlinovo-Konzern fordern
wir eine tiefgreifende Strukturreform, damit deren Wohnungen wie die der landeseigenen
Wohnungsunternehmen bewirtschaftet und vermietet werden.
Um die Mieter*innen in der Wahrnehmung ihrer Rechte zu unterstützen, haben wir in jedem
Bezirk kostenfreie Mieter*innenberatungsstellen eingerichtet bzw. ausgebaut. Das wollen wir
fortsetzen.
Um mieten- und stadtpolitische Initiativen zu unterstützen und um der Mieter*innenbewegung
größeres Gehör in der Landespolitik zu verschaffen, haben wir die Gründung des
"Initiativenforum Stadtpolitik" mit vorangetrieben, das wir ausbauen wollen. Um
Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt zu verhindern, wollen wir die Landeseigenen
Wohnungsunternehmen in die Pflicht nehmen und Mitarbeiter*innen schulen.
Bei den ca. 90.000 Wohnungen des „alten“ Sozialen Wohnungsbaus senken wir die künstlich
überhöhten Kostenmieten, indem wir diese um fiktive Kosten, Entschuldungsgewinne“ sowie
sonstige dubiose Extra-Renditen bereinigen. Hierfür unverzichtbar ist auch eine wirksame
Kontrolle bei der Mietberechnung.
Eigentum verpflichtet.
Wir wollen mit einer Machbarkeitsstudie prüfen, ob neue finanzielle Instrumente – wie
beispielsweise die Weiterentwicklung der Grundsteuer in Richtung einer Bodenwertsteuer mit
Bezugnahme auf Bodennutzung und Flächenversiegelung – die Erreichung unserer
bodenpolitischen Ziele unterstützen können. Dabei setzen wir uns auf Bundesebene weiterhin
für ein Verbot der Überwälzung von Grundsteuern auf Mieter*innen ein.
Die Grunderwerbsteuer wollen wir progressiv ausgestalten: Wenn Wohnungskonzerne große
Immobilienbestände aufkaufen, soll eine höhere Grunderwerbsteuer fällig werden, als wenn
Privatpersonen ein Wohneigentum erwerben. Wir wollen das Steuerschlupfloch Share-Deals, mit
dem die Grunderwerbsteuer umgangen wird, schließen.
Das Recht auf Umwandlung von bestehenden Mietshäusern in einzelne Eigentumswohnungen ist ein
wesentlicher Treiber der Immobilienspekulation. Hinzu kommen Eigenbedarfskündigungen, gegen
die sich betroffene Mieter*innen kaum wehren können. Wir wollen, dass der Bund den Ländern
durch die Änderung des Baugesetzbuches ermöglicht, die Umwandlung von Miet- in
Eigentumswohnungen stadtweit und konsequent zu unterbinden und die Bildung von Wohneigentum
im Geschosswohnungsbau auf Neubauinvestitionen zu begrenzen. Zudem werden wir weitere
landespolitische Maßnahmen zum Schutz vor Eigenbedarfskündigungen prüfen.
Die Stadt zurückerwerben
Wir haben in den Bezirken schlummernde Instrumente der Gesetzgebung wiederbelebt: Durch das
Vorkaufsrecht verpflichten wir in den Milieuschutzgebieten potenzielle Käufer*innen mit
Abwendungsvereinbarungen dazu, soziale Bindungen für mindestens 20 Jahre einzugehen oder
veranlassen den Aufkauf der fraglichen Wohngebäude durch landeseigene Wohnungsunternehmen
oder Genossenschaften. Seit 2016 haben wir die Zahl der Milieuschutzgebiete mehr als
verdoppelt. Diesen Weg wollen wir weiter gehen. Auch den gezielten Ankauf bzw. die
Rekommunalisierung von Sozialwohnungen treiben wir weiter voran. Mit Genossenschaften,
Stiftungen oder Projekten wie dem Mietshäuser-Syndikat werden wir eine
Kooperationsvereinbarung schließen. Hierzu prüfen wir eine Ankaufagentur, die gezielte An-
und Vorkäufe strategisch koordiniert und alle relevanten Akteure vernetzt.
Um die Gewerbevielfalt und den kleinteiligen Einzelhandel in den Kiezen zu erhalten und zu
fördern, eröffnen wir landeseigene Gewerbehöfe und planen weitere. Wir drängen außerdem auf
Bundesebene darauf, einen rechtlich bindenden Gewerbemietspiegel und einen wirksamen
Kündigungsschutz einzuführen. Den Milieuschutz wollen wir auch für Gewerbemieter*innen
einführen, um lokales und kleinteiliges Gewerbe zu erhalten. Die landeseigenen
Wohnungsunternehmen sollen Gewerberäume kostengünstig anbieten, um vor Ort den
Gewerbetreibenden Räume anzubieten, die darauf besonders angewiesen sind.
Der Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ ist ein Weckruf an die Politik, dass
dem im Grundgesetz festgeschriebenen Leitsatz „Eigentum verpflichtet“ auch im Bereich Wohnen
und Boden Geltung verschafft werden muss. Wir unterstützen die Ziele des Volksbegehrens.
Zentral dabei ist, die Mieter*innen zu schützen, Spekulationen Einhalt zu gebieten und den
gemeinwohlorientierten Wohnungsbestand zu erhöhen.
Wir wollen, dass der Staat wieder auf Augenhöhe mit Wohnungsunternehmen verhandeln und
agieren kann. Wir würden uns wünschen, dass die Umstände uns nicht zwingen, die
Vergesellschaftung als letztes Mittel anzuwenden, um den verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen
zu können. Wenn Wohnungsunternehmen sich jedoch weigern, ihrer sozialen Verantwortung
nachzukommen, wird die öffentliche Hand, auch durch ein Volksbegehren gestützt, die
angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt mit diesem Schritt entschärfen. Wenn es um die
Durchsetzung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums geht, müssen qualitative Kriterien zur
Bewertung kommen, die Diskussion um rein quantitative Obergrenzen sehen wir kritisch. Da der
Artikel 15 im Grundgesetz noch nie praktisch angewandt wurde, ist es umso wichtiger eine
verfassungskonforme Ausgestaltung des Gesetzes zeitnah zu erarbeiten.
Aktive, transparente und faire Bodenpolitik
Doch es geht uns nicht nur um die Häuser: Wir wollen auch einen transparenten Umgang mit
öffentlichen Liegenschaften und eine aktive Bodenpolitik. Dazu werden wir ein transparentes
Flächenmanagement mit Hilfe eines öffentlichen Liegenschaftskatasters einführen. Seinen
Boden soll Berlin behalten, Bodenvermögen konsequent vermehren und eine
Erbbaurechtsstrategie implementieren, die zügige Konzeptverfahren zu sozialverträglichen
Konditionen ermöglicht. Landeseigene Grundstücke werden nicht mehr privatisiert. Das wollen
wir in einem Bodensicherungsgesetz festschreiben. Wir wollen eine Koordinierungsstelle im
Sinne einer "Taskforce" einrichten, die für bedrohte soziokulturelle Projekte und Nutzungen
Lösungen finden soll. Außerdem wollen wir den zivilgesellschaftlich organisierten Runden
Tisch Liegenschaftspolitik in seinen Kompetenzen weiter stärken.
Die strategische Ankaufspolitik, die mit der grünen Regierungsbeteiligung begonnen hat,
wollen wir fortsetzen. Diese Politik soll mithilfe der neu gegründeten Landesgesellschaft
„Berliner Bodenfonds“ ausgeweitet werden. Zur Baulandmobilisierung in den im
Stadtentwicklungsplan Wohnen (StEP Wohnen) vorgesehenen Quartiersschwerpunkten soll Berlin
möglichst viele Grundstücke erwerben. Dafür sollen auch Vorkaufsrechte und das Instrument
der Entwicklungsmaßnahme aktiv eingesetzt werden.
Darüber hinaus wollen wir die Gründung einer genossenschaftlichen Ankaufagentur unterstützen
und die bürger*innenschaftliche und gemeinnützige Stadtbodenstiftung nach dem Vorbild von
Community Land Trusts stärken. Ein zentrales Problem beim Ankauf von Grundstücken und bei
der Ausübung des Vorkaufsrechts
sind die explodierten Bodenpreise, aus denen sich der Verkehrswert einer Immobilie
berechnet. Hier werden wir im Bundesrat für eine Neuregelung im Bundesbaugesetzbuch kämpfen.
Wir wollen, dass der nachhaltige Ertrag herangezogen wird, um den Wert einer Immobilie zu
bestimmen, und nicht die höchstmögliche Verwertung.
Wir wollen alles tun, um Zwangsräumungen zu verhindern und ihre Zahl in Berlin drastisch zu
senken. Die landeseigenen Wohnungsunternehmen gehen hier meist mit gutem Beispiel voran und
sind verpflichtet adäquaten Ersatzwohnraum anzubieten. Dieses Ziel verfolgen wir auch für
den freien Wohnungsmarkt und setzen uns auf der Bundeseben für eine entsprechende Regelung
ein. Zudem wollen wir Haushalte besser vor Strom- und Gassperren schützen, wenn sie
finanziell überfordert sind.
3.2 Armut bekämpfen, Sicherheit geben und Perspektiven
schaffen
Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung ist Berlin noch immer eine Stadt, in der viele
Menschen von Armut betroffen oder bedroht sind. Armut kann jede*n treffen. Besonders
gefährdet sind Frauen, ältere Menschen, Alleinerziehende, Menschen, die Arbeit suchen, oder
Menschen mit geringen oder plötzlich gar keinen Einkommen. Wir wollen ihnen soziale
Sicherheit garantieren und ihnen eine Perspektive geben. Um das zu erreichen, bedarf es
eines grundsätzlichen Umdenkens. Auf Bundesebene streiten wir für Garantiesicherungen in
allen Lebenslagen – für eine Kindergrundsicherung, eine Garantierente, die Überwindung des
Hartz-IV-Systems samt Abschaffung aller Sanktionen und einen deutlichen höheren ALG-II-
Regelsatz.
Bei der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben haben wir in Berlin bereits wichtige Weichen neu
gestellt. Die Ausführungsvorschriften zur Übernahme von Kosten der Unterkunft haben wir so
verändert, dass Menschen ihre Wohnung nicht mehr verlieren, weil sie teurer wird.
Zehntausende Mieter*innen können so wieder ohne Angst vor Obdachlosigkeit leben. Und um
Menschen in Arbeit vor Armut zu schützen, haben wir den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro
angehoben und Mindesthonorare für Künstler*innen und Freischaffende eingezogen. In all
diesen Feldern werden wir unseren Weg konsequent weitergehen.
Familien- und Kinderarmut bekämpfen
Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Familienarmut überwinden. Dabei geht es uns nicht nur
um die etwa 180.000 Kinder in Berlin, deren Eltern auf Transferleistungen angewiesen sind.
Wir kümmern uns um alle Kinder, die sozial, kulturell, finanziell oder durch strukturelle
Diskriminierung benachteiligt sind.
Seit wir 2016 Verantwortung übernommen haben, ist viel passiert. Von kostenfreier Kita- und
Hortbetreuung, dem kostenfreien Schulessen in der Grundschule oder dem kostenfreien ÖPNV-
Ticket für Schüler*innen profitieren insbesondere von Armut betroffene und bedrohte
Familien. Doch um diesen Familien nachhaltig zu helfen, müssen wir noch mehr tun. Deshalb
wollen wir die Familienpolitik auf Bundesebene vom Kopf auf die Füße stellen. Die ungerechte
Dreiklassenförderung von Freibeträgen, Kindergeld und Kinderregelsatz wollen wir mit einer
Kindergrundsicherung völlig neu und gerecht gestalten.
Doch auch in Berlin setzen wir vor Ort an: Um Familien und Kinder in allen Lebenslagen zu
erreichen, brauchen wir ein Netzwerk gegen Kinderarmut. Mit der Arbeit der „Landeskommission
zur Prävention von Kinder- und Familienarmut“, der Landesarmutskonferenz, des
Familienbeirates oder der LIGA sind Grundlagen erarbeitet worden. Jetzt geht es an die
Umsetzung. Wir wollen einen zentralen Informationsatlas mit allen Einrichtungen erstellen,
von den Tafeln über die Familienzentren bis zu Jugendfreizeiteinrichtungen. Das Netzwerk
soll so leistungsstark werden, dass der erste Schritt der Beratung auch der letzte ist, da
ein abgestimmtes Verfahren zur Unterstützung folgt. Prävention statt nachträgliches
Ausbügeln ist das Ziel. Starke Netzwerke brauchen starke Akteur*innen. Darum haben wir in
den vergangenen Jahren begonnen, gute Projekte auf Landesebene finanziell abzusichern. Die
Stadtteilmütter sind raus aus der unsicheren Projektförderung und sind mit festen Stellen in
den Bezirken gesichert. Gleiches gilt für die Babylots*innen, die Familien schon um die
Geburt eines Kindes betreuen. Es ist gelungen, die Arbeit der Lots*innen auf allen
Geburtsstationen in Berlin auszuweiten. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Familien in schwierigen Situationen wie Alleinerziehende und einkommensschwächere Familien
brauchen besondere Unterstützung. Darum haben wir uns in den vergangenen
Haushaltsverhandlungen für ein „Flexibudget“ für die Bezirke eingesetzt. Dies wollen wir
nach der Wahl in allen Bezirken umsetzen. Die Sozialarbeiter*innen vor Ort sollen die
Möglichkeit bekommen, unkompliziert eine Familientherapie oder Jugendsozialarbeit zu
finanzieren, gerade dann, wenn Familien und Kinder zwischen den Paragraphen verloren zu
gehen drohen. Prävention stärken wir darüber hinaus, indem wir in den Familienbüros, die wir
etablieren wollen, nicht nur Leistungen der Ämter einfacher zugänglich machen, sondern die
Familienbüros auch mit Sozialarbeiter*innen ausstatten, die Eltern schnell und
unbürokratisch beraten können.
In einem Modellprojekt haben wir in den vergangenen Jahren im Bezirk Mitte eine besonders
intensive Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“, in denen kein Elternteil arbeitet,
getestet. Durch die Betreuung in einem eigenen Team ist es gelungen, mehr als 200 Personen
in Arbeit zu bringen. Ein Erfolg, den wir fortsetzen und auch in anderen Bezirken
wiederholen wollen.
Das Dickicht der Sozialbürokratie lichten – Hilfe auf Augenhöhe organisieren
Ein zentraler Hebel im Kampf gegen Armut ist, das Dickicht der Sozialleistungen so zu
ordnen, dass Menschen nicht länger im Unterholz der Sozialbürokratie verloren gehen.
Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration, psychosoziale Betreuung, Schuldner- und Suchtberatung
oder Kinder- und Familienbetreuung sollen überall Hand in Hand gehen, innovative Ansätze aus
einzelnen Jobcentern sollen auf alle anderen übertragen werden. Auch Altersarmut braucht
Beachtung und zielgenaue Angebote. Die Rädchen müssen vor Ort ineinandergreifen. Damit
Menschen genau die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Dafür müssen die besten
Modelle aus allen Bezirken zusammengetragen und Vorbild für die ganze Stadt werden. In den
Berliner Jobcentern wird sehr kreativ an Lösungen für jeden Einzelfall gearbeitet. In
Lichtenberg werden Menschen zusätzlich psychologisch betreut. In Mitte war ein Projekt zur
Betreuung von „Familien-Bedarfsgemeinschaften“ erfolgreich. In Neukölln haben wir ein
Präventionsteam aufgebaut, um Obdachlosigkeit zu vermeiden und Wege aus der Krise zu zeigen.
Wir wollen diese Ansätze bündeln und mit allen Bezirksämtern und der Senatsverwaltung für
Soziales eine landesweite Koordinierung etablieren. Für uns ist klar, dass Betroffene in die
Entwicklung der Angebote einbezogen werden müssen.
Orientierung am Sozialraum der Menschen
Auch die Arbeit der Ämter und der sozialen Träger wollen wir um die Bedürfnisse von Menschen
in ihrem Lebensumfeld organisieren – nicht entlang bürokratischer und finanzieller Logiken.
Denn niedrigschwellige und umfassende Unterstützung und Mitbestimmung dort, wo man lebt,
baut Hürden für alle Berliner*innen ab. In diesem Sinne bedeutet Sozialraumorientierung das
konsequente Umsteuern auf Prävention.
Jugendhilfe funktioniert dort besonders gut, wo sozialraumorientiert und damit präventiv
gearbeitet wird. Andernorts explodieren die Fallkosten. Über das Familienfördergesetz wollen
wir Kiez-Teams aufbauen, die bei Meldungen Familien, Senior*innen und Einzelpersonen
aufsuchen und Unterstützung leisten. Dabei sollen „Frühe Hilfen“, die Stadtteilmütter,
Jugendeinrichtungen, Schulen, Sportvereine, die Jobcenter oder die Schuldnerberatung eng
miteinander kooperieren. Die sogenannten „67er-Hilfen“ in der Sozialhilfe, also Leistungen
zur Überwindung von sozialen Schwierigkeiten, wollen wir in den Bezirken einheitlich
anwenden.
Wir wollen in den bestehenden lebensweltlich orientierten Räumen für alle Bereiche
datenbasiert genau die Angebote schaffen, die benötigt werden, die Sozialeinrichtungen, die
Ämter und deren Angebote vernetzen und passgenau aufstellen.
Dazu wollen wir die Fachstruktur der Sozialraumorientierung in den Bezirken vereinheitlichen
und mit einer Lenkung auf Senatsebene flankieren. Die Qualitätssicherung soll systematisiert
und in ganz Berlin strukturiert werden, um Flexibilität und hohe Qualität zu verbinden.
Armuts- und Sozialberichterstattung neu ordnen
Grundlage einer ressortübergreifenden Strategie muss eine integrierte Armuts-, Sozial- und
Gesundheitsberichterstattung sein. In Berlin gibt es ein umfassendes Berichtswesen zu einer
Vielzahl relevanter Themen: die Gesundheits- und Sozialberichterstattung, die
Umweltgerechtigkeitskarte, den Umweltatlas, Lärmkarten, die Obdachlosenzählung und vieles
mehr. Wir wollen den Wildwuchs an Analysen und Berichten systematisieren und zusammenführen.
So können wir noch besser als bisher gegenseitige Abhängigkeiten identifizieren und in die
politische Steuerung einfließen lassen. Das gilt auch für die Erfassung der Lage von
Obdachlosen. Die bundesweit erste systematische Obdachlosenzählung im Februar 2020 war ein
wichtiger, wenn auch methodisch stark verbesserungswürdiger Schritt. Nun muss eine
Professionalisierung folgen, um Angebote noch gezielter ausbauen zu können. Dafür wollen wir
stark mit Betroffenen-Organisationen und Trägern zusammenarbeiten.
Das Konzept „Housing First“ ausbauen
Es ist in der Regel ein Bündel an Problemlagen, das in die Obdachlosigkeit führt. Um die
nötige Ruhe zu haben, das Bündel aufzuschnüren und zu lösen, braucht es einen geschützten
Raum, ein Dach über dem Kopf. Wir machen uns das Ziel des Europäischen Parlaments zu eigen,
die Obdachlosigkeit bis 2030 zu beenden. Deswegen vermitteln Projekte mit dem Ansatz
„Housing First“ Menschen als Allererstes in neue Wohnungen – mit dauerhaftem Mietvertrag –
und begleiten sie dann auf ihrem weiteren Weg. Dieses Konzept ist erfolgreich und deswegen
wollen wir die Rahmenbedingungen verbessern: Sozialen Trägern und kleinen
gemeinwohlorientierten Projekten, die für die spezifischen Gruppen selbst bauen wollen, soll
es möglich sein, Bürgschaften auch über die Stadt zu erhalten. Vorbild ist das sogenannte
Generalmietermodell der Degewo mit sozialen Trägern in Mitte, das wir landesweit durch alle
landeseigenen Wohnungsunternehmen etablieren wollen. Um das Konzept in größerem Umfang
umsetzen zu können, wollen wir Wohnungen anmieten, um sie, begleitet von sozialer und
psychologischer Betreuung, Obdachlosen zur Verfügung zu stellen. Wir setzen uns für
ausreichend Housing-First-Wohnungen bei landeseigenen Wohnungsunternehmen ein, werden diese
deutlich ausbauen und wollen mittelfristig auch private Eigentümer*innen in die Pflicht
nehmen, Housing-first-Plätze zur Verfügung zu stellen. Dabei stehen besonders verletzliche
Gruppen wie Frauen, LGBTIQ* Personen, Sexarbeiter*innen, Menschen mit erschwertem Zugang zu
eigenem Wohnraum, Alleinerziehende, Minderjährige oder Menschen mit Behinderung im
Mittelpunkt.
Besonders kompliziert ist die Unterstützung von Menschen, wenn sie keine Ansprüche auf
Sozialleistungen haben. Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, Leistungsausschlüsse für
Unionsbürger*innen abzuschaffen. In Berlin werden wir auch Angebote für Menschen vorhalten,
die keinen oder einen ungeklärten Sozialleistungsanspruch haben. Mit der geplanten
Gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringung (GSTU) schaffen wir für die Unterbringung nach
Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) einheitliche Standards und stellen damit
die Qualität von Unterbringung und Beratung sicher.
Die letzte Haltelinie sind Notunterkünfte. Die Zahl der Plätze konnten wir in den
vergangenen Jahren deutlich ausbauen. Künftig wollen wir, dass mindestens 600 Plätze
ganzjährig zur Verfügung stehen. In der kalten Jahreszeit sollen im Rahmen der Kältehilfe
deutlich über 1.000 ganztägige Plätze vorgehalten werden, von denen ein Anteil für besonders
schutzbedürftige Menschen reserviert wird. Die Sicherheit in den Unterkünften muss
gewährleistet sein. Mit der Schaffung barrierefreier Notunterkünfte reagieren wir auf die
große Zahl obdachloser Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Alle Plätze sollen stets mit
Beratungsangeboten verbunden sein: Jede Übernachtung in einer Notunterkunft soll eine Chance
auf einen Weg aus der Obdachlosigkeit bieten und neue Möglichkeiten aufzeigen. Außerdem
sollen explizite Angebote geschaffen werden, die es Suchterkrankten ermöglichen, sicher zu
konsumieren. Wohnungslosen Menschen wollen wir auf Augenhöhe begegnen. Um gewaltsame
Räumungen von Obdachlosencamps zu vermeiden, wollen wir nach dem Konzept "Safe Places" auch
in Berlin Schutzräume ermöglichen. Wir wollen gewaltsame Räumungen verhindern. Wir setzen
uns dafür ein, dass das Fahren ohne Fahrschein keine Straftat mehr darstellt und Busgelder
somit nicht zu Ersatzstrafen führen können.
Obdachlose Menschen verbringen einen großen Teil ihrer Zeit im öffentlichen Raum. Wir
wollen, dass sie dort auch Schutz finden und beispielsweise durch Trinkwasserbrunnen mit
kostenlosem Wasser versorgt werden.
Ein neues Landesamt für Unterbringung
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben –
egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung
verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen
zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt
für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem
neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln. In diesem Zuge setzen wir uns für eine
schnelle, dezentrale Unterbringung geflüchteter Menschen ein und wirken auf Bundesebene
darauf hin, dass geflüchtete Menschen nicht mehr gezwungen werden in
Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen. Zudem werden wir prüfen wie geflüchteten Menschen
unbürokratisch ein Wohnberechtigungsschein ausgestellt werden kann.
3.3 Gesundheit ganzheitlich denken
Gesundheitsversorgung ist öffentliche Daseinsvorsorge hiervon sind wir seit jeher überzeugt.
Während der Corona-Pandemie ist die Bedeutung dieses Grundsatzes mit besonderer Wucht zu
Tage getreten. Dabei heißt Vorsorge zu treffen oftmals auch in gute Strukturen zu
investieren, in der Hoffnung, dass sie nie gebraucht werden. Gesundheitsversorgung darf
dabei nicht der Profitmaximierung untergeordnet werden sondern muss sich am Wohl der
Menschen orientieren. Dabei geht es uns nicht nur um die Abwesenheit von Krankheit oder um
individuelles Gesundheitsverhalten. Es geht auch um gesunde Lebensbedingungen, um
körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden, Selbstbestimmung und Teilhabe.
Wir haben viel für eine gute Versorgung für die Berliner*innen getan. Gerade in der Corona-
Pandemie war dies eine Herausforderung. Die konsequente Umsetzung von Maßnahmen zum
Infektionsschutz – wie das Gebot zum Maskentragen und die zeitweise Einschränkung des
öffentlichen Lebens – war für die akute Bekämpfung der Pandemie erforderlich und hat
wichtige Erkenntnisse für eine womöglich nächste epidemische Lage geliefert. Zugleich kommt
es gerade in einer solchen Ausnahmesituation auch auf die Bereitstellung einer ausreichend
verfügbaren und qualitativ hochwertigen Gesundheitsinfrastruktur an. Wir haben daher
Kapazitäten aufgestockt, Personal in den Gesundheitsämtern aufgebaut und als Notfallreserve
ein Corona-Behandlungszentrum geschaffen. Die Arbeit für gute Gesundheitsversorgung haben
wir aber weit vor der Pandemie begonnen. Die Investitionen in die Krankenhäuser haben wir
auf den Bundesschnitt angehoben. Wir haben werden unseren Beitrag sukzessive weiter erhöhen.
Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass Babylots*innen in allen Geburtsstationen der Berliner
Krankenhäuser Eltern beraten und begleiten. Wir haben dafür gesorgt, dass das Essen im
Krankenhaus besser und gesünder wird. Wir haben Stationsküchen finanziert und setzen auf
regionale, saisonale und nachhaltige Ernährung im Krankenhaus – am Bett und in der Kantine.
Die Qualität des Essens in den Krankenhäusern sollte mehr Beachtung finden und eine
individuelle Ernährungsberatung bei Bedarf als nachhaltiges Instrument ergänzend etabliert
werden. Hierfür werden wir gezielt mit der Kantine Zukunft zusammenarbeiten und als weiteres
Ziel wollen wir auch in der ambulanten und stationären Pflege die Essenversorgung
verbessern. Wir haben erreicht, dass alle Berliner*innen Zugang zur gesundheitlichen
Versorgung erhalten. Wir unterstützen Menschen ohne Krankenversicherung dabei, sich zu
versichern. Durch unseren Einsatz können sich endlich auch Menschen ohne gültigen
Aufenthaltstitel mit einem anonymen Krankenschein behandeln lassen. Damit ist Berlin das
einzige Bundesland, in dem der Zugang zur hausärztlichen Versorgung so umfassend möglich
ist. Wir wollen die Finanzierung der Clearing-Stelle durch das Land Berlin langfristig
sichern und den Fond, der die Behandlung von nicht versicherten Menschen ermöglicht,
ausbauen. Der neue und bislang einzigartige Checkpoint BLN am Hermannplatz bietet unter
einem Dach niedrigschwellig Beratung, Prävention (u. a. HIV-PrEP), Tests und Behandlung rund
um die sexuelle Gesundheit, insbesondere zu HIV/AIDS. Wir kämpfen für ein inklusives
Gesundheitssystem, das allen Menschen barriere- und diskriminierungsfrei zugänglich ist.
Insbesondere vulnerable Gruppen, darunter Menschen mit Behinderung oder trans*Menschen
müssen einen besseren Zugang zur umfassenden und bedarfsgerechten gesundheitlichen
Versorgung bekommen.
Den öffentlichen Gesundheitsdienst und das Gesundheitssystem krisenfest machen
Trotz dieser wichtigen Schritte bleibt vieles zu tun. Ein zentraler Baustein ist der
öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD), in den über Jahrzehnte zu wenig investiert wurde. In
der Corona-Pandemie wurde allen deutlich, dass sich Sparen an dieser Stelle rächt. Den Pakt
zur Stärkung des ÖGD werden wir nutzen und die Mittel dafür einsetzen Personal und
Ausstattung zu verbessern. So werden wir Schritte Richtung Mustergesundheitsamt gehen. Wir
werden die Berufsgruppe der Pflege bei Entscheidungen mehr einbeziehen und auch in
Krisenstäben mit an den Tisch holen. Wir brauchen einen starken ÖGD und wollen ihn darum mit
den nötigen Kompetenzen und Ressourcen ausstatten, um eine lokale, sozialraumorientierte
Vernetzung voranzutreiben. Wir wollen alle Berufsgruppen, die im ÖGD arbeiten, attraktiver
machen und setzen uns deshalb unter anderem dafür ein, dass Famulaturen im Medizinstudium
sowie das Praktische Jahr auch in den Gesundheitsämtern absolviert werden können. Der ÖGD
soll die Kompetenz erhalten, integrierte Versorgungsangebote zu entwickeln und sich stärker
forschungsorientiert auszurichten. Dabei fördern wir systematisch eine interdisziplinäre
Herangehensweise, bei der auch Berufsgruppen wie Gesundheitswissenschaftler*innen/Public-
Health-Absolvent*innen, Epidemiolog*innen oder Pflegewissenschaftler*innen in den ÖGD
einbezogen werden. Mit neuer Soft- und Hardware befähigen wir den ÖGD, die vielfältigen
Aufgaben zu erledigen. Um vor Ort erfolgreich aktiv sein zu können, wollen wir erreichen,
dass der ÖGD die Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegelt und im Rahmen seiner
Aufgabenwahrnehmung verstärkt diversitätssensible Konzepte und professionelle Sprachmittlung
anwendet.
Auch das Gesundheitssystem wird seine Verantwortung in der Klimakrise übernehmen. Die
landeseigenen Krankenhäuser haben bereits Schritte zur Verringerung des Verbrauchs an
Energie und anderen Ressourcen unternommen, brauchen aber unsere weitere Unterstützung, um
ihren ökologischen Fußabdruck rascher zu verkleinern. Neben baulichen Veränderungen geht es
hier u.a. auch um fossilfreie Wärme- und Kältesysteme, Gebäude-Wärme-Sanierung, aber auch
klimaschädliche Verbrauchsmaterialien wie bestimmte Narkosegase oder klimaschädliche
Treibgase in Inhalationsaerosolen.
Die Corona-Pandemie hat uns die Gefahr von Infektionskrankheiten nochmal vor Augen geführt.
Wir wollen deshalb den Berliner Pandemieplan überarbeiten, mehr Vorsorge treffen und durch
verbesserte Erinnerungssysteme die Impfquoten bei bekannten Infektionskrankheiten erhöhen.
Gesundheits- und Pflegeberufe attraktiver machen und in die Infrastruktur investieren
Therapeut*innen und Ärzt*innen, Pflegepersonal, Psycholog*innen, die Mitarbeiter*innen in
dem Öffentlichen Gesundheitsdienst, Apotheker*innen, PTA oder PKA - es gibt viele
Berufsgruppen, die für gute gesundheitliche Versorgung wichtig sind. Viele davon sind
Mangelberufe und ihre Ausbildung muss unterstützt und gefördert werden. Wir wollen die noch
nicht organisierten Gesundheits- und Pflegeberufe bei ihren jeweiligen
Professionalisierungsprozessen unterstützen, wenn möglich und gewollt auch in Berufskammern.
Damit auch zukünftig genügend Nachwuchs in diesen Berufen zur Verfügung steht, werden wir
die Arbeitsbedingungen verbessern, zum Beispiel mit festen Personalschlüsseln und einer
Senkung der Arbeitsstunden. Auch hier stehen wir für eine 35 Stunden-Woche ein. Auch die
Ausbildung muss attraktiver werden, etwa indem wir ermöglichen, alle Ausbildungs- und
Studiengänge auch in Teilzeit zu absolvieren. Auch im Gesundheitswesen kommt es immer wieder
zu diskriminierenden Vorfällen und sexualisierten Übergriffen. Deswegen wollen wir
Anlaufstellen für betroffene Patient*innen und Personal ausbauen und medizinische
Einrichtungen dabei unterstützen verbindliche Strategien gegen strukturelle
Diskriminierungen, Sexismus und für eine diversitätässensible Gesundheitsversorgung zu
entwickeln.
Trotz deutlicher Anhebung der Investitionen in die Berliner Krankenhäuser bleibt hoher
Investitionsbedarf. Wir werden die Investitionen weiter anheben, nicht nur, um den Status
quo zu halten und eine Verlagerung auf die Betriebskosten zu vermeiden, sondern auch, um
Zukunftsprojekte wie die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung voranzubringen.
Finanziellen Druck zur Ausgründung von Tochterfirmen ohne Tarifbindung gilt es zu vermeiden.
Bei der Krankenhausplanung legen wir einen Fokus auf Versorgungsqualität und aufeinander
abgestimmte Strukturen, auch sektorenübergreifend. Nicht zuletzt in der Notfallversorgung
fördern wir eine enge Zusammenarbeit von Rettungsdienst, kassenärztlichem
Bereitschaftsdienst und Notaufnahmen der Krankenhäuser.
Integrierte Gesundheitszentren vor Ort schaffen
In unserem aktuellen Gesundheitssystem gibt es für alles Spezialist*innen – aber viel zu
selten werden die verschiedenen Bedingungen und die unterschiedlichen Fachdisziplinen
zusammengebracht und gleichzeitig die unterschiedlichen Lebenswelten der Menschen und ihre
spezifischen Bedürfnisse berücksichtigt. Das Gesundheitskollektiv (GeKo) im Rollbergkiez
macht es anders: Hier arbeiten verschiedene Berufsgruppen zusammen und treten gemeinsam mit
den Menschen im Kiez für die Gestaltung gesundheitsförderlicher Lebenswelten ein.
Behandlungen erfolgen disziplinübergreifend und auf Augenhöhe mit den Behandelten. Die
Bedürfnisse der Anwohner*innen im Kiez werden einbezogen, gleichzeitig unterliegt das
Projekt regelmäßiger Evaluation. Wir wollen nach dem Vorbild des GeKos mehr integrierte,
lokale, interprofessionelle und mehrsprachige Gesundheitszentren schaffen.
Gesundheit in allen Politikbereichen mitdenken - Prävention ein Leben lang
Gesundheit wird von vielen Faktoren beeinflusst, neben der physischen und der psychischen
Verfassung spielen auch die Wohnbedingungen, die Bildungschancen und die soziale Lage eine
wesentliche Rolle. Gesundheit ganzheitlich zu denken heißt, Gesundheitspolitik in allen
Politikfeldern zu verankern. Wir folgen dem „Health in All Policies“-Ansatz der WHO, denn
Gesundheit entsteht weder im Krankenhaus noch in der Arztpraxis, sondern im Alltag – dort,
wo Menschen leben, arbeiten, zur Kita oder zur Schule gehen und ihre Freizeit verbringen.
Daher ist Klimaschutz auch Gesundheitsschutz – denn Luftverschmutzung und Lärm machen krank.
Mit der Verkehrswende schützen wir die Gesundheit derer, die bisher an lauten und stickigen
Straßen leben müssen. Durch sichere Fuß- und Radwege lässt sich körperliche Bewegung gut in
den Alltag integrieren. Mehr Grünflächen im öffentlichen Raum erleichtern sportliche
Aktivitäten im Kiez. Der einfachere Zugang zu regionalen Bio-Lebensmitteln stellt eine
Grundlage für eine gesunde Ernährung und somit für den Klimaschutz dar. Wir wollen daher
künftig Gesetzesvorhaben in allen Politikbereichen auch auf ihre Auswirkungen auf die
Gesundheit prüfen.
Gesundheit ist eine wichtige Ressource, die gepflegt werden möchte. Aus diesem Grund sehen
wir die Förderung von Gesundheit und die Prävention von Erkrankungen in Berlin als wichtige
Bausteine einer nachhaltigen Gesundheitspolitik für alle Bürger*innen, egal in welcher
Lebensphase oder welchem Lebensalter. Die Möglichkeiten, die das Präventionsgesetz bietet,
sollen sich auch am Sozialraum unter Mitsprache der Expert*innen vor Ort - im Kiez, den
Bezirken und dem Land orientieren und dort wo notwendig durch weitere Maßnahmen flankiert
werden.
HIV/Aids besiegen
Berlin hat das Ziel der Vereinten übernommen, bis 2030 die Zahl der HIV-Neuinfektionen auf
null zu senken. Mit der Einführung der PrEP und den Erfolgen in der Gesundheitsversorgung in
den letzten Jahren konnten wir wichtige Schritte gehen. Unser Ziel für die kommenden Jahre
lautet „95-95-95-0“:
Mindestens 95 Prozent der HIV-Infizierten sollen von ihrer Infektion wissen, mindestenz 95
Prozent davon Zugang zur Behandlung haben und mindestens 95 Prozent der Behandelten „unter
der Nachweisgrenze“ sein und 0 Prozent sollen aufgrund ihrer Infektion Diskriminierung
erfahren. Um das zu erreichen, wollen wir die Beratungs- und Versorgungsstrukturen weiter
verstärken, die bestehenden Präventionsangebote und -kampagnen zielgruppenorientiert
ausbauen, allen Berliner*innen unabhängig vom Geldbeutel Zugang zu Tests und Versorgung
ermöglichen und Aufklärungskampagnen durchführen.
Gut versorgt von Anfang an – wir unterstützen Hebammen und Familienplanung für alle
Zur Gesundheit gehört auch, Anfang und Ende des Lebens gut zu begleiten. Hebammen und
Geburtshelfer*innen begleiten den Weg ins Leben und sind für viele Menschen sowohl während
der Schwangerschaft als auch während und nach der Geburt wichtige Bezugspersonen. Dass
Schwangere in Berlin kaum noch eine Hebamme finden, die sie im Wochenbett betreuen kann, ist
ein unhaltbarer Zustand. Wir wollen aber allen weiterhin eine selbstbestimmte und sichere
Geburt ermöglichen. Am Runden Tisch Geburtshilfe haben wir deshalb vereinbart, die
Ausbildungskapazitäten für Hebammen zu erhöhen, es auch in ein Studium an der Charité und
der Evangelischen Hochschule zu überführen, Hebammen mit Service-Parkausweisen im Alltag zu
unterstützen und Frauen mit einer digitalen Plattform die Hebammensuche zu erleichtern.
Zusätzlich haben wir in Berlins Kreißsäle investiert und wir wollen die Arbeitsbedingungen
für Hebammen verbessern, indem wir mehr Hebammen in die Kreißsäle bringen. Auf Bundesebene
setzen wir uns dafür ein, dass die Vergütungen angehoben und Versicherungsbeiträge
übernommen werden und es dazu auch verbindliche Personalschlüssel in den Krankenhäusern
gibt.
Damit alle, die sich ein Kind wünschen, die bestmögliche Unterstützung bekommen, wollen wir
die Reproduktionsmedizin ausbauen und uns dafür einsetzen, dass sie allen - egal, ob sie
alleinstehend oder verpartnert sind - von der Krankenkasse finanziert wird. Dies sollte um
entsprechende Beratungsangebote insbesondere für Regenbogenfamilien erweitert werden.
Zur Familienplanung gehört aber auch, sich frei gegen ein Kind entscheiden zu können. Der
kostenfreie Zugang zu Verhütungsmitteln, insbesondere für Jugendliche und Heranwachsende,
soll daher durch das Land Berlin ausgebaut werden, beispielsweise in Form von freien
Ausgaben bei Beratungsstellen und Gesundheitsämtern. Beratung im Fall von
Schwangerschaftskonflikten muss niedrigschwellig und mehrsprachig zugänglich sein.
Informationen, wo Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, müssen vom Land Berlin auf
verschiedenen Plattformen leicht erreichbar und verständlich zur Verfügung gestellt werden.
Die medizinische Versorgung zum Abbruch von unerwünschten Schwangerschaften ist zukünftig
gefährdet. Sie muss zumindest von den landeseigenen Kliniken personell und strukturell
gewährleistet werden. Wir kämpfen auf Bundesebene weiterhin für die Legalisierung von und
Kostenübernahme für Schwangerschaftsabbrüche und die Abschaffung des sogenannten
Werbeverbots im Paragraphen 219a StGB sowie des Paragraphen 218, damit Ärzt*innen ohne
Restriktionen über die verschiedenen Methoden des Abbruchs informieren können und diese Teil
der medizinischen Ausbildung und Kassenleistung werden. Wir wollen, dass in Berlin mehr
Forschung zu Schwangerschaftsabbrüchen stattfindet. Bereits in der Schule müssen Jugendliche
über diese Thematik aufgeklärt werden.
Selbstbestimmt und würdevoll bis zum Schluss
Auch das Sterben gehört zu einem ganzheitlichen Blick auf die Gesundheitsversorgung: Wir
wollen, dass Menschen selbstbestimmt und gut versorgt ihre letzte Lebensphase verbringen
können. Doch insbesondere in dieser Lebensphase sind Menschen oft kaum oder gar nicht mehr
in der Lage, für ihre eigenen Bedürfnisse einzustehen. Umso wichtiger ist, dass vor dem
Auftreten von schweren Erkrankungen eine gute Aufklärung über Vorsorgevollmachten und
Patientenverfügungen stattfindet. Sind diese Dokumente nicht vorhanden, sind die Angehörigen
von schwer Erkrankten häufig nicht in der Lage entsprechend des mutmaßlichen Willens der
Betroffenen Aussagen zu Behandlungswünschen zu treffen. Gültige Vorsorgevollmachten und
Patientenverfügungen stellen sicher, dass die Wünsche von Betroffenen, insbesondere am
Lebensende, geachtet werden. Sie erleichtern außerdem dem medizinischen Personal die Arbeit.
Deshalb wollen wir die Aufklärungsstrukturen dafür ausbauen. Darüber hinaus wollen wir eine
Beratungsstelle für Palliativmedizin einrichten, die über die Möglichkeiten der Versorgung
im Hospiz oder zuhause transparent informiert. Palliativmedizin ist aufgrund
reformbedürftiger Anreize aus gesundheitsökonomischer Sicht oft unattraktiver als die
medizinische Behandlung durch Operationen und intensivmedizinische Maßnahmen, die von den
Betroffenen häufig als quälend empfunden werden. Umso wichtiger ist es, Ärzt*innen so aus-
und weiterzubilden, dass für sie die Wünsche der Behandelten im Fokus stehen und
lebensverlängernde Maßnahmen nicht um jeden Preis durchgeführt werden.
Förderung psychischer Gesundheit und gute wohnortnahe Versorgungsangebote
Mit seinem Grundsatz-Urteil vom 26.2.2020 hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt,
dass auch beim Suizid in jeder Lebenslage eines Menschen die Selbstbestimmung umfassend
gilt. Der damalige Paragraph 217 StGB, der die Beihilfe kriminalisierte, wurde deshalb für
nichtig erklärt. Nun gilt: Menschen, die eine Entscheidung über das eigene Lebensende
treffen möchten, haben also einen Anspruch auf qualifizierte Aufklärung und Beratung, auch
zu lebensorientierten Alternativen zum Suizid. Wir wollen in Berlin ein entsprechendes
Modellprojekt mit ergebnisoffenen und einfühlsamen Gesprächsangeboten auf den Weg bringen.
Unser Gesundheitsverständnis umfasst ausdrücklich das psychische Wohlbefinden. Durch unsere
Politik wollen wir die Lebensbedingungen in Berlin so gestalten, dass sie einen positiven
Einfluss auf die psychische Gesundheit ausüben und die Resilienz stärken. Darüber hinaus
wollen wir – u. a. im Rahmen des Präventionsgesetzes – konkrete Angebote schaffen und
ausbauen, die dabei helfen, mit psychischen Belastungen umzugehen und Krisen besser zu
bewältigen.
Von der Gesundheitsförderung und Prävention über die Beratung bis hin zur Behandlung und
Rehabilitation setzen wir auf sozialraumorientierte und wohnortnahe, miteinander vernetzte
Angebote. Dabei fördern wir die Partizipation durch den Trialog und Peer-Ansätze sowie den
Abbau von Zwang. Auch hochstrukturierte Bereiche der psychiatrischen Versorgung wie z.B. das
Krankenhaus des Maßregelvollzugs wollen wir als integralen und wichtigen Bestandteil des
psychiatrischen Versorgungsnetzwerks weiterentwickeln. In der Versorgung gilt für uns die
Maxime: ambulant vor teilstationär vor stationär. Unser Plan ist, innovative Finanzierungs-
und Steuerungsmodelle sowie neue Angebotsformen zu fördern. In den Sozialpsychiatrischen und
Kinder- und Jugendpsychiatrischen Diensten wollen wir mehr aufsuchende Beratungs-,
Begleitungs- und Vernetzungsangebote für schwer psychisch beeinträchtigte Menschen mit und
ohne Obdach anbieten. Dafür braucht es auch mehr personelle Ressourcen. Wir wollen darüber
hinaus das psychosoziale Unterstützungsangebot für Geflüchtete bedarfsgerecht und
mehrsprachig ausbauen, sowohl in den Geflüchteten-Unterkünften als auch bei den aufsuchenden
psychosozialen Fachkräften als Teil der Angebote des Psychiatrieentwicklungsprogramms. Das
Psychiatrieentwicklungsprogramm wollen wir endlich weiterentwickeln und einen
datengestützten Landespsychiatrieplan etablieren.
Ein neues „Landesprogramm Psychische Gesundheit“ soll die vielfältigen Angebote zur
Förderung psychischer Gesundheit, zur psychosozialen und psychiatrischen Unterstützung und
Versorgung sowie ein neues Berliner Suchtkonzept unter einem Dach vereinen. Unter diesem
Dach werden Prävention, Intervention und Nachsorge bei sexualisierter Gewalt regelhafter
Bestandteil der psychosozialen Gesundheitsversorgung und eine konsequente Anschlussfähigkeit
zu bereits bestehenden Netzwerken in Berlin sichergestellt.
3.4 Selbstbestimmt im Alter. Wir machen die Pflege
stark
Wir Berliner*innen leben immer länger. Wir wollen, dass Menschen egal welchen Alters
selbstbestimmt und in Würde ihr eigenes Leben gestalten können, gleich woher sie kommen, wie
dick ihr Portemonnaie ist oder wie pflegebedürftig sie sind. Dafür wollen wir die richtigen
Rahmenbedingungen schaffen. Ältere, auch an Demenz erkrankte Menschen sollen weiter ihre
Fähigkeiten einbringen und ihr Umfeld mitgestalten, auch die Hilfs- und
Unterstützungsangebote oder den barrierefreien Umbau ihrer Wohnung und der Einrichtungen im
Kiez. Und wer Pflege benötigt, soll sie in bester Qualität erhalten. Dafür setzen wir uns
ein, auf Landes- wie Bundesebene und im Schulterschluss mit Pflegebedürftigen,
Pflegefachkräften und pflegenden Angehörigen.
Im Kiez verortet
Wir wollen die Lebensbedingungen Älterer in Berlin so gestalten, dass sie so lange wie
möglich in ihren eigenen vier Wänden leben und am gesellschaftlichen Leben im Kiez teilhaben
können. Wir denken sozialräumlich und haben in den letzten Jahren die Pflegestützpunkte
ausgebaut und mit mehr Ressourcen ausgestattet, um das zu ermöglichen. Darüber hinaus
fördern wir die Gesundheit im Alter und ermöglichen mit inklusiven,
generationenübergreifenden Projekten Begegnungen, bei denen wir Menschen über die eigene
Community hinaus zusammenbringen.
Einsamkeit vorbeugen
Immer mehr ältere Menschen leiden unter Einsamkeit. Dies trifft sehr häufig Pflegebedürftige
und Kranke, aber auch Menschen, die in ihrem bisherigen Leben von Ausgrenzung und
Diskriminierung betroffen waren. Menschen mit mobilitätsbedingten Einschränkungen und
ausgeprägten Sinnesbehinderungen können oft ohne Unterstützung nicht mehr die eigene Wohnung
verlassen. Sehr oft fehlen ihnen anregende zwischenmenschliche Kontakte. Die
Kontaktlosigkeit geht mit dem Verlust mentaler Fähigkeiten, eingeschränkter
Sprachkompetenzen und schlechterer körperlicher Gesundheit einher. Präventiv können hier
Angebote sozialer Aktivitäten wirken. Mit der Förderung von Hilfs- und Kontaktangeboten, wie
das Silbernetz gegen Einsamkeit im Alter, freiwillige Besuchsdienste und der Einführung von
präventiven Hausbesuchen wollen wir der Einsamkeit im Alter entgegenwirken.
Auch die Kompetenz zur Nutzung von digitalen Medien trägt dazu bei, den Kontakt zu anderen
aufrechtzuerhalten und auszubauen. Wer die Vielfalt der Nutzung der digitalen Angebote
kennen lernen will, benötigt Unterstützung durch vertrauensvolle Stellen und es muss die
Zuversicht vermittelt werden, auftretende Probleme nach und nach eigenständig lösen zu
können. Wir brauchen eine Bildungsoffensive zur digitalen Teilhabe, die auch Altersgruppen
jenseits des 75. Lebensjahres einschließt. Deshalb fordern wir kostenlose WLAN-Anschlüsse in
Pflegeheimen, Pflege-Wohngemeinschaften und Freizeiteinrichtungen für ältere Menschen. Dort
sollen auch Tablets und Smartphones als Leihgeräte zur Verfügung stehen.
Vielfalt der Pflege- und Wohnformen
Wir streben eine breite Mischung zielgruppengerechter, diversitäts- und
diskriminierungssensibler Pflege- und Wohnformen an und wollen alternative Wohn- und
Pflegeformen ausbauen. Perspektivisch sollen große Heimeinrichtungen abgelöst werden, wir
fördern kleine, in Quartieren angebundene und vernetzte Versorgungseinrichtungen. Sie bieten
quartiersnahe, sozialintegrative und inklusive Beratung, Pflege und Betreuung älterer
Menschen. Um eine gute Qualität sicherstellen und kontrollieren zu können, haben wir das
Wohnteilhabegesetz überarbeitet. Wir streben weiter das Ziel an, dass die Heimaufsicht
personell angemessen und qualifiziert besetzt ist. Wir wollen die Bewohner*innenbeiräte von
Pflegeheimen und Pflege-Wohngemeinschaften stärken und ihnen kostenlose Fortbildungen
anbieten. Besonders wichtig war uns dabei die Anbindung von Einrichtung und
Wohngemeinschaften an den jeweiligen Sozialraum. Wir werden die vorhandenen
Beschwerdestrukturen optimieren und die Einrichtung einer Beschwerdestelle im Bereich Pflege
prüfen.
Mit einem Kompetenzzentrum Pflegewohnformen wollen wir Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf
beraten. Die Mitarbeiter*innen des Zentrums sollen auch Pflegeheime beraten, die ihr Angebot
in Richtung Quartier öffnen wollen. Darüber hinaus werden wir altersgerechtes und
barrierefreies Wohnen ausbauen, der Bedarf wächst stetig. Auch Pflegeeinrichtungen und
gerade Pflegewohngemeinschaften sind von Verdrängung bedroht. Wir brauchen in allen Kiezen
Pflegeeinrichtungen.
Gerade weil der Bedarf an Pflegeunterstützung wächst, werden wir eine
Stadtentwicklungsplanung für Pflege und Senior*innen anstoßen, die vorhandene Strukturen und
weitere Bedarfe aufschlüsselt und absichert. Da in den Bezirken ein großes Wissen über die
Bedarfe und Besonderheiten der einzelnen Kieze herrscht, sollen sie eng eingebunden werden.
Die Bezirke erhalten den Auftrag, gemeinsam mit den Netzwerken vor Ort regelmäßig eine
kontinuierliche Planung zur Weiterentwicklung von Versorgungsangeboten und der lokalen
Pflegeinfrastruktur vorzulegen. Die abgestimmte Bedarfsplanung ist Grundlage für die
Landesförderung zur Weiterentwicklung der Infrastruktur für ein selbstbestimmtes Altern. Für
uns ist klar, dass Pflege die vielfältigen Lebensentwürfe und -realitäten der Berliner*innen
abbilden muss. Wir setzen uns für diversitäts- und geschlechtersensible Pflege ein. Gerade
in einer Einwanderungsgesellschaft gilt es Diversity-Kompetenzen auszubauen, bei
Einstellungen auf Diversität zu achten und im Ausland erworbene Ausbildungsabschlüsse in
Pflege- und Gesundheitsberufen leichter anzuerkennen. Mit den Pflegestützpunkten der
interkulturellen Öffnung und der LSBTIQ*-sensiblen Beratung sind wir erste Schritte gegangen
– diesen Weg wollen wir weitergehen. Hierzu leisten die Interkulturellen Brückenbauer*innen
in der Pflege einen wesentlichen Beitrag, den es auszubauen und um die diversitätskritische
Hospiz- und Palliativversorgung in Berlin auszuweiten gilt.
Gute Pflege braucht gute Arbeitsbedingungen
Gute Pflege steht und fällt mit den Mitarbeiter*innen. In der Haus- und Familienpflege sowie
bei Berufen der Altenpflege sind das zu über 80 Prozent Frauen. Pflegekräfte sind
systemrelevant, das spiegelt sich aber bisher nicht ausreichend auf dem Gehaltszettel und in
den Arbeitsbedingungen wider. Das wollen wir ändern. Mit dem Berliner Bündnis für Pflege
wurden in den letzten Jahren bereits Handlungsfelder identifiziert, um Fachkräfte in der
Pflege zu halten. Jetzt kommt es auf die Umsetzung an, denn wir sind als Gesellschaft auf
gute Pflege angewiesen. Ein wichtiger Schritt ist eine gerechte, auskömmliche Bezahlung, die
im Job selbstverständlich sein muss und schon in der Ausbildung, wie bei Pflegepraktika,
Famulaturen, bei Praktika im Pflegestudium und für Ärzt*innen im praktischen Jahr erfolgen
muss. Wir wollen auch die Akademisierung der Pflege und Therapieberufe voranbringen und mehr
Studienangebote im Bereich der Gesundheitsberufe schaffen. Eine Pflegekammer, wenn sie
mehrheitlich von den Berliner Pflegenden gewünscht wird, unterstützen wir.
Wir wollen verbindliche Personalschlüssel statt Personaluntergrenzen, Mobilitätsangebote,
gerade für Nachtschichten und Beschwerdestellen, um Verstöße gegen den Arbeitsschutz zu
melden. Wir unterstützen die Selbstverwaltung der Pflegekräfte.
Eine Pflegekammer kann dafür einen Beitrag leisten, wenn sie mehrheitlich von den Berliner
Pflegenden unterstützt wird. Wir fordern mehr Plätze für Teilzeitausbildungen und
berufsbegleitende Ausbildungen. Auch die Ausbildung zur Pflegeassistenz muss vergütet
werden. Die Ausbildung zur Pflegeassistenz wollen wir auf Bundesebene regeln und bis dahin
schon in Berlin besser, generalistisch und über einen längeren Zeitraum ausbilden. Im
Ausland erworbene Ausbildungsabschlüsse von Pflege- und Gesundheitsberufen, ob innerhalb
oder außerhalb der EU erworben, sollen leichter anerkannt werden. Auch in der ambulanten
Versorgung müssen die Arbeitsbedingungen verbessert werden, damit zu pflegende Menschen
möglichst lange in ihrer eigenen Wohnung bleiben können. Viele ausgebildete Kräfte arbeiten
nicht mehr in ihrem Beruf – mithilfe von besseren Arbeitsbedingungen und einer besseren
Entlohnung von Beschäftigten in der ambulanten Pflege wollen wir sie zurückgewinnen.
Pflegende Angehörige besserstellen
Pflegende Angehörige bilden eine der tragenden Säulen der häuslichen Pflege. Rund 200.000
Berliner*innen betreuen und versorgen ihre pflegebedürftigen Angehörigen. Wir wollen sie
stärker ins Versorgungsnetz einbinden und ihre Leistungen besser würdigen. So wollen wir ihr
Recht auf Mitsprache ausbauen und sie besser informieren und entlasten. Das Kompetenzzentrum
Pflegeunterstützung zur Entlastung von pflegenden Angehörigen und anderen Bezugspersonen
soll ausgebaut und verstetigt werden. Besonders Kinder und Jugendliche als pflegende
Angehörige müssen dabei in Zukunft noch mehr bedacht werden. Das Kompetenzzentrum
Pflegeunterstützung wird durch einen Beirat bestehend aus Selbstvertretungsgruppen
Pflegender Angehöriger und den Kontaktstellen PflegeEngagement beraten. Als Berliner
Landesregierung haben wir bereits eine Bundesratsinitiative zur Einführung eines
Familienpflegegeldes gestartet, eine Lohnersatzleistung ähnlich dem Elterngeld. Hier werden
wir weiter Druck machen.
3.5 Inklusives Berlin – Teilhabe für Menschen mit
Behinderung
Menschen mit Lernschwierigkeiten oder Beeinträchtigung werden von der Gesellschaft
eingeschränkt, weil sie nicht als Norm gelten. Diesen Einschränkungen wollen wir
entgegenwirken und die Berliner Stadtgesellschaft inklusiver gestalten. Wir wollen eine
Gesellschaft, in der alle Menschen mit und ohne körperlichen, psychischen oder kognitiven
Behinderungen gleichberechtigt und selbstbestimmt teilhaben, ohne auf Barrieren zu stoßen.
In Berlin leben rund 350.000 Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50, das
ist fast jede zehnte Person. Unsere Vorstellung einer inklusiven Gesellschaft ist aber für
noch viel mehr Menschen wichtig. Aufzüge an Bahnhöfen nutzen auch Eltern mit Kinderwagen,
auf barrierefreies Wohnen sind im Alter fast alle angewiesen. Für ganz Berlin ist es
zentral, dass wir Barrieren einreißen, wo immer sie noch stehen.
Seit dem 1. Januar 2020 ist das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) voll in Kraft. Wir
Bündnisgrüne mahnen auf Bundesebene tiefgreifende Nachbesserungen an. Gleichzeitig arbeiten
wir in Berlin an der Umsetzung, um das Beste herauszuholen. In allen Bezirken wird am Aufbau
sogenannter „Häuser der Teilhabe“ gearbeitet. Dort sollen Menschen mit Behinderung künftig
Beratung, Unterstützung und Begleitung rund um das Thema Eingliederungshilfe finden. Für den
Aufbau der Häuser und die fachliche Koordination werden jedem Bezirk seit 2020 zusätzlich
zwei Stellen von Seiten des Landes zur Verfügung gestellt. Auch beim barrierefreien Umbau
der Stadt haben wir wichtige Schritte gemacht, zum Beispiel bei Bus und Bahn. Unser
Mobilitätsgesetz schreibt den Anspruch auf barrierefreie Mobilität fest und wir investieren
jedes Jahr Millionen, um dem Ziel der Barrierefreiheit näher zu kommen.
„Häuser der Teilhabe“ ermöglichen umfassende Beratung
In den kommenden Jahren geht es um die konkrete Umsetzung vor Ort – diese wollen wir gezielt
vorantreiben. Wir wollen in den "Häusern der Teilhabe" multiprofessionelle Teams
zusammenbringen, um die Beratung so umfassend wie möglich zu gestalten. Den Rahmen für
einheitlich hohe Standards der Umsetzung sollen Zielvereinbarungen bilden, die wir zwischen
Land und Bezirken entwickeln und stetig weiterentwickeln wollen. Etikettenschwindel, also
ein neues Label und die Fortführung der bisherigen Praxis der Sozialhilfe, werden wir nicht
zulassen. Bei der Umsetzung werden wir darauf achten, dass die Bedarfsermittlung, wie durch
das „Teilhabeinstrument Berlin“ (TIB) vorgesehen, neben Gesundheitsaspekten auch den
Lebenskontext von Menschen berücksichtigt. Dabei stellen wir sicher, dass in allen „Häusern
der Teilhabe“ und auch in den Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs-
und Unterstützungszentren (SIBUZ) aller Bezirke eine Beratung zu allen Rechtekreisen
erfolgen kann sowie alle erforderlichen Anträge an einem Ort zur Verfügung stehen.
Für Inklusion in allen Lebensbereichen
Der Arbeitsmarkt in Berlin muss inklusiver werden. Dabei gilt für uns die Prämisse:
Inklusion hat Vorrang. Daher wollen wir die sogenannten Werkstätten so weiterentwickeln,
dass sie nicht zur Endstation werden, sondern der Befähigung zur Arbeit auf dem ersten
Arbeitsmarkt dienen. Perspektivisch sollen Werkstätten überflüssig werden. Unternehmen mit
mehr als 20 Arbeitsplätzen sind gesetzlich verpflichtet, wenigstens auf fünf Prozent der
Arbeitsplätze Menschen mit Schwerbehinderung zu beschäftigen. Noch immer zahlen aber zu
viele Arbeitgeber*innen lieber die entsprechende Ausgleichsabgabe. Um das zu ändern, werden
wir Betriebe mit einer hohen Zahl von Mitarbeiter*innen mit Behinderung stärker fördern und
Aufträge der öffentlichen Hand vermehrt an diese, mindestens aber an „Inklusionsbetriebe“
vergeben.
Wir streben eine Erhöhung der Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs für Menschen
mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen an. Wir unterstützen und fördern solche
Projekte, die es Menschen mit Behinderungen ermöglichen auf dem ersten Arbeitsmarkt eine
Zukunftsperspektive zu finden.
Auch Bus und Bahn müssen in Berlin barrierefrei werden. Den Umbau aller Bahnhöfe und
Haltestellen im Verkehrsverbund mit einem barrierefreien Zugang werden wir schnellstmöglich
abschließen. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, die Anzahl der barrierefreien Taxen im
öffentlichen Raum deutlich zu erhöhen, um echte Mobilität für alle zu verwirklichen. Bei der
Konzessionsvergabe für private Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen wollen wir Inklusion
zu einer Bedingung machen.
Barrierefreier Wohnraum ist nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern auch für ältere
Menschen wichtig. Unser Ziel für 2035 ist, dass 15 Prozent des gesamten Wohnraumes
barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Um hier zügig voranzukommen, wollen wir die
Umsetzung der Berliner Bauordnung konsequent prüfen, um sicherzustellen, dass die Vorgaben
zum barrierefreien Wohnen eingehalten werden. Beim Neubau wollen wir entsprechende Quoten
zur Steigerung der Anzahl barrierefreier Wohnungen einziehen.
Unser Ziel ist inklusive Bildung in einer inklusiven Gesellschaft - in Schule, Berufsschule
und Hochschule. Beides bedingt sich gegenseitig. Ein gegliedertes Schulsystem erschwert
dieses Ziel. Nach und nach wollen wir unsere Schulen so befähigen, dass alle Kinder
gemeinsam an Regelschulen lernen. Die Mitarbeiter*innen der Förderschulen brauchen wir an
den Regelschulen zur individuellen Betreuung der Kinder mit Behinderung weiterhin. Des
Weiteren setzen wir uns dafür ein, dass das Konzept der Schulgesundheitspflege umgesetzt
wird, um so die Gesundheit der Kinder zu verbessern.
Zur barrierefreien Sanierung von Nachbarschaftszentren und anderen sozialen Begegnungsräumen
werden wir ein Landesförderprogramm auflegen und mit den Sportvereinen Berlins werden wir
weiter daran arbeiten, auch die Vereine für Menschen mit Behinderung zu öffnen. In der
queeren Community sind wir mit einem Fördertopf für Barrierefreiheit vorangegangen. Diesen
werden wir fortsetzen, um auch für LSBTIQ* mit Beeinträchtigungen die Teilhabe an queerer
Infrastruktur zu sichern. In Zusammenarbeit mit der Clubkommission wollen wir zudem gezielt
eine barrierefreie Clubkultur in Berlin fördern.
Ein großer Teil des Lebens spielt sich online ab. Mit der gesetzlichen Umsetzung der EU-
Richtlinie zu barrierefreien Online-Angeboten öffentlicher Stellen hat Berlin einen
wichtigen Schritt getan. Das gilt zuallererst für die Seiten der Senatsverwaltungen und
Bezirksämter. Bei der Neukonzeption von www.berlin.de muss die digitale Barrierefreiheit
schon in der Planung umfassend mitgedacht werden.
Inklusion erfordert ein Umdenken von vielen. Aber es lohnt sich – am Ende ist eine inklusive
Gesellschaft eine bessere Gesellschaft für alle.
3.6 Drogenpolitik – Prävention, Aufklärung,
Unterstützung und Selbstbestimmtheit
Drogen sind Teil der Gesellschaft und der Substanzgebrauch ist weit verbreitet. Die Debatte
zum Umgang damit wird jedoch irrational geführt und ist von Verbotsdogmen und Tabus geprägt.
Wir Bündnisgrüne stehen für eine Neuausrichtung: Wir wollen einen vernünftigen,
evidenzbasierten Ansatz, der sich an Fakten orientiert, Menschen durch Prävention und
Aufklärung schützt und damit Verbraucherschutz überhaupt erst möglich macht, Abhängigen
unkompliziert Hilfe zukommen lässt und die Selbstbestimmung aller respektiert.
Drogen nach Gefährdungspotential unterscheiden
Die tödlichste Droge in Deutschland ist Tabak. Etwa 15 Millionen Menschen deutschlandweit
rauchen, rund 120.000 Menschen sterben jährlich an den Folgen des Rauchens, viele Millionen
sind schwer nikotinabhängig. Am gefährlichsten für Unbeteiligte ist Alkohol und Millionen
Menschen in Deutschland sind medikamentenabhängig.Tatsächlich ist die Unterscheidung
zwischen legalen Suchtmitteln auf der einen und illegalen Drogen auf der anderen Seite nicht
sinnvoll, wurde fachlich willkürlich getroffen und beruht bis heute auf zum Teil
rassistischen Motiven. Wir Bündnisgrüne stehen für eine Drogenpolitik, die auf Fakten, statt
auf ideologischen Debatten basiert. Sie ist vom Leitbild geprägt gesundheitliche Schäden zu
mindern und die Konsument*innen zu befähigen, aufgeklärt und selbstbestimmt zu konsumieren,
ohne dabei Dritte zu gefährden. Statt willkürlicher Kriterien wäre eine Regulierung nach
tatsächlichem Gefährdungs- und Suchtpotential ein wichtiger Schritt – hier ist die
Bundespolitik in Verantwortung. Einen großen Unterschied macht, wie Drogen konsumiert
werden: moderat, selbstbestimmt und aufgeklärt oder riskant und in kriminalisierten,
ungeschützten Räumen. Politik muss sich an diesen Erkenntnissen orientieren. Ideologische
Debatten lehnen wir ab.
In Berlin schon viel erreicht – was fehlt, sind andere Regelungen auf Bundesebene
In den vergangenen Jahren haben wir Schritte in die richtige Richtung gemacht. Wir haben ein
Werbeverbot für Tabak und Alkohol immerhin auf kommunalen Werbeflächen erreicht. Mit einem
Pilot-Projekt zum Drug-Checking in Clubs haben wir einen Weg eingeschlagen, der Menschen vor
gefährlichen, gepanschten Drogen schützt, Drogenkonsumräume wurden in den Bezirken geplant
und geschaffen. Dort sind neben risikoarmem Konsum vor allem Aufklärung, Beratung und
Unterstützung möglich. Die „Null-Toleranz-Zonen“ für den Besitz von Cannabis haben wir
abgeschafft, da sie kein Problem gelöst und den Handel nur in Hauseingänge und auf
Spielplätze verlagert haben. Was fehlt, sind grundlegende Reformen auf Bundesebene.
Gemeinsam mit der grünen Fraktion im Deutschen Bundestag wurde mit unserem
„Cannabiskontrollgesetz“ ein sehr konkreter Weg zur regulierten Abgabe entwickelt, den wir
auch weiter vorantreiben werden, sowie die Forschung auf dem Gebiet der psychoaktiven
Substanzen.
Aufklärung und Prävention ausbauen
In Berlin werden wir weiterhin an unserer Linie einer evidenzbasierten, Drogenpolitik
festhalten. Dazu werden wir Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen ausbauen. Der Jugend- und
Gesundheitsschutz sowie die Aufklärung von Verbraucher*innen und damit der Verbraucherschutz
haben dabei für uns höchste Priorität. Für Jugendliche und junge Erwachsene fördern wir
präventive Angebote durch verbindliche Kooperationsstrukturen von Schule, Jugend- und
Suchthilfe. Dabei nehmen wir nicht nur substanzbezogene Abhängigkeiten in den Blick, sondern
werden auch Programme der Prävention vor nicht substanzgebundenen Süchten, beispielsweise
von Glücksspiel oder Computerspielen, weiter ausbauen. Die Werbung für Tabak und Alkohol
wollen wir in einem nächsten Schritt auf allen Werbeflächen in Berlin verbieten. Den
Nichtraucherschutz wollen wir konsequent umsetzen, Kellner*innen und Barkeeper*innen
schützen wir damit und halten das gesellschaftliche Leben auch für Menschen mit
Vorerkrankungen offen. Für bestimmte Raucherkneipen wollen wir Lizenzen vergeben, um hier
mehr Klarheit für Betreiber*innen und Gäste zu schaffen.
Wir nehmen die Sorgen und Ängste der Menschen rund um Drogenhotspots ernst und werden mit
voller Kraft für eine Verbesserung kämpfen. Solange keine kontrollierte Abgabe diese
Hotspots komplett verschwinden lässt, werden wir mit Programmen zur sicheren
Spritzenentsorgung, mit häufigen Reinigungszyklen in Parks und auf Spielplätzen sowie mit
gezielten Kontrollen die Situation vor Ort verbessern. Denn Spritzen und Drogen haben auf
Spielplätzen nichts verloren. Bei der Lösung dieser Probleme beziehen wir die Betroffenen im
Sinne partizipativer Handlungsansätze aktiv mit ein.
Beratung und Selbsthilfe stärken
Beratungs- und Selbsthilfeangebote wollen wir ausbauen, genau wie Drogenkonsumräume. Neben
dem Ausbau von Drogenhilfeprogrammen wollen wir auch die bestehenden Strukturen verstetigen
und die Zusammenarbeit in den verschiedenen Bereichen und Ebenen vernetzen. So schützen wir
Konsument*innen am besten. Unser Ziel sind Drogenkonsumräume und Spritzentauschprogramme in
allen Bezirken Berlins. Die Öffnungszeiten von bestehenden Drogenkonsumräumen sollen
ausgeweitet werden und Schutzräume für Frauen, inter, nicht-binäre und trans Personen
geschaffen werden. Mit einer stärkeren aufsuchenden Sozialarbeit wollen wir Menschen
erreichen, die drogenabhängig und dringend auf Unterstützung angewiesen sind, den Weg in die
Beratung aber nicht alleine schaffen. Das Drug-Checking werden wir weiter vorantreiben, so
dass es sich zur anerkannten Normalität in Berlins Nachtleben entwickelt – immer kombiniert
mit Angeboten zur Beratung und Hilfe zum Ausstieg aus dem riskanten Drogenkonsum. Für eine
bessere Erreichbarkeit wollen wir mehr mobile Drug-Checking-Teams auf den Weg bringen. Die
Sucht- und Präventionsarbeit im Strafvollzug soll weiter ausgebaut werden. Zentral ist dabei
für uns, dass saubere Spritzen zur Verfügung stehen, die Möglichkeit der Opioid-Substitution
und die Diamorphintherapie für Betroffene sowie eine nahtlose Anschlussversorgung und
medizinisch-psychologische Betreuung nach der Haftentlassung sichergestellt sind.
Illegalen Markt austrocknen
Um den illegalen Markt auszutrocknen, arbeiten wir in einem nächsten Schritt weiter daran,
Cannabis zu legalisieren. Solange es auf Bundesebene keine Reform gibt, halten wir an
unserem Ziel eines Modellprojektes zur regulierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene in
Berlin fest. Die nicht verfolgbare geringe Menge für Cannabis zum Eigenbedarf wollen wir
anheben und auch für andere illegale psychoaktive Substanzen entsprechende geringe Mengen
festlegen, die strafverfolgungsfrei bleiben. Damit entlasten wir Polizei und Justiz massiv.
Auch den Parks, die durch Dealertätigkeiten geprägt sind, wollen wir wieder zu mehr Ruhe und
Sauberkeit verhelfen und auch die Lebensqualität der Anwohner*innen verbessern. Frei
gewordene Kapazitäten wollen wir so weit möglich für die Bekämpfung der organisierten
Kriminalität einsetzen, die maßgeblich durch den internationalen Drogenhandel begünstigt
wird.
Drogenpolitik ist auch Friedenspolitik
Weltweit sorgen der Anbau und Handel von Drogen für Gewalt, Konflikte und Kriege. Anhand
kaum eines anderen Politikfelds sind die weltweiten Auswirkungen und Zusammenhänge mit
unseren politischen Entscheidungen so sichtbar. Um Leid und Tod infolge dieser Konflikte zu
beenden, arbeiten wir daran, dem internationalen Drogenhandel seine finanziellen Wurzeln zu
entziehen. Das gelingt nur durch einen rationalen Ansatz von Entkriminalisierung und
Kontrolle. Es ist Zeit, dass wir diese Fragen bei uns lösen, nicht diese Konflikte auf dem
Rücken von Menschen in anderen Teilen der Welt austragen.
3.7 Berlin bleibt in Bewegung – wir sind die Hauptstadt
des Sportes
Sport und Bewegung halten gesund, ermöglichen Gemeinschaft, tragen maßgeblich zum
körperlichen und psychischen Wohlbefinden bei. Sport ist integraler Bestandteil des sozialen
und kulturellen Lebens und ebenso vielfältig. Wir wollen allen Berliner*innen ermöglichen
sich sportlich zu betätigen. Egal in welchem Alter, egal ob organisiert und regelmäßig oder
nur ab und zu, das Sportangebot in Berlin soll alle Bedürfnisse abdecken. Dabei ist unsere
Vision für die Hauptstadt des Sportes, dass Sport und Bewegung selbstverständlich in allen
Bereichen mitgedacht wird: sei es das Laufen im Park, eine Runde Tischtennis im Hof,
Bouldern an der Einkaufscenter-Fassade oder Kicken auf dem Supermarkt-Dach. Dafür denken wir
Sport und Bewegung auch in der Stadtplanung mit. Sport verbindet auch über Grenzen hinweg.
Berlin profitiert von Sportgroßveranstaltungen, wenn sie ökologisch, ökonomisch und sozial
nachhaltig sind und Bürger*innenbeteiligung und Transparenz über Kosten von der Bewerbung
bis zur Durchführung und Nachnutzung sichergestellt werden.
Ehrenamtliche sind das Rückgrat der Vereine
Viele Berliner*innen sind in Sportvereinen ehrenamtlich aktiv. Sie übernehmen vielfältige,
gesellschaftliche Aufgaben und sind unverzichtbar. Sie unterstützen das soziale und
sportliche Miteinander im Breiten-, Feizeit- und Leistungssport als Trainer*innen,
Schiedsrichter*innen oder im Vorstand. Fair Play gilt für uns nicht nur auf dem Platz,
sondern auch bei der Bezahlung von Trainer*innen und Übungsleiter*innen. Deswegen haben wir
die Finanzierung der Trainer*innen und Übungsleiter*innen verbessert. Uns ist wichtig ihre
Leistung anzuerkennen und dafür Sorge zu tragen, dass kostenlose Fortbildung- und
Seminarangebote, auch im Bereich des Kinderschutzes zur Verfügung stehen. Dies ist ein
wichtiger Bestandteil, um zu gewährleisten, dass Sportvereine sichere Orte für Kinder und
Jugendliche, frei von jeglichen Formen physischer, psychischer sowie sexualisierter Gewalt,
sind. Deshalb halten wir den Erwerb des Kinderschutzsiegels für Vereine für notwendig.
Institutionalisierten und frei organisierten Sport gleichstellen
Gleichzeitig machen immer mehr Berliner*innen alleine oder in sich frei organisierenden
Gruppen Sport. Wir wollen den institutionalisierten und frei organisierten Sport
gleichstellen und allen Bürger*innen den Zugang zu Sportanlagen ermöglichen. Deswegen werden
wir das Sportfördergesetz und die Sportanlagen-Nutzungsvorschriften so anpassen, dass die
Vergabe von Sportflächen auch an frei organisierte Sportgruppen ermöglicht wird. Auch der
neu gestaltete Olympia-Park in Charlottenburg-Wilmersdorf und der inklusive Friedrich-
Ludwig-Jahn-Sportpark in Pankow sowie der "Sport- und Bewegungspark Tegel" sollen Vorzeige-
Projekte für das Nebeneinander von institutionalisiertem und frei organisiertem Sport
werden. Hierfür wollen wir den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark modernisieren und zeigen, wie
an einem historischen Ort in einer Naturlandschaft neben dem ehemaligen Grenzstreifen eine
inklusive Sportstätte für alle Menschen entstehen kann.
Um einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu Sport und Bewegung zu ermöglichen, haben wir
das Programm „Sport im Park“ ins Leben gerufen, das in allen Berliner Bezirken kostenlose
Sportangebote ermöglicht. Egal ob Teamsport, Workout oder Balance, bei mehr als 100
Aktivitäten ist für jede*n was dabei. Dieses erfolgreiche Programm wollen wir auch in den
kommenden Jahren weiterführen.
Unabhängig davon, ob es als Medienphänomen oder als Sportart gesehen wird - E-Sport wird zum
Bestandteil des Alltags vieler Berliner*innen. Wir wollen seine Entwicklung mit Gamer*innen,
Eltern und Pädagog*innen gemeinsam gestalten und einen souveränen Umgang unterstützen. Dabei
fördern wir insbesondere ehrenamtliches Engagement, Diversität und Geschlechtergerechtigkeit
im E-Sport und setzen uns für einen nachhaltigen E-Sport-Standort ein.
Sportanlagen inklusiv und ökologisch
Als wir 2016 Regierungsverantwortung übernommen haben, waren die Sportanlagen in Berlin in
schlechtem Zustand. Mit dem Sportstättensanierungsprogramm haben wir begonnen, Sportstätten
wieder in Schuss zu bringen. Es ist aber auch klar: Bei der Vielzahl an Anlagen wird die
Sanierung ein Marathon, kein Sprint. Für uns ist wichtig, dass die Sanierungen nach hohen
ökologischen Standards mit transparenter Bürger*innenbeteiligung erfolgen müssen. Die
Klimakrise erfordert, dass wir in allen Lebensbereichen Ressourcen schonen. Deswegen haben
wir in den Sportanlagen-Nutzungsvorschriften auch Nachhaltigkeitskriterien verankert.
Berliner Sportanlagen müssen nicht nur ökologisch, sondern auch barrierefrei werden.
Multifunktionale und behindertengerechte Sportstätten versetzen alle Berliner*innen in die
Lage, sich sportlich zu betätigen, und leisten somit einen Beitrag zur Gesellschaft der
Vielen, die allen Menschen, auch in einer älter werdenden Gesellschaft, ein selbstbestimmtes
Leben ermöglicht. Wir fördern inklusive Sportangebote, die allen Menschen offenstehen, egal
welche körperlichen und psychischen Voraussetzungen, welche Herkunft, welches Geschlecht,
welches Alter, welchen sozialen und finanziellen Hintergrund oder welche sexuelle
Orientierung und sexuelle Identität der einzelne Mensch hat. Die Vielfalt aller
Berliner*innen muss sich auch in den Führungspositionen der Vereine und Sportverbände
wiederspiegeln.
Berlin wächst und damit auch der Bedarf an Sportstätten. Aus ökologischer Sicht ist es
geboten, vorhandene Sportanlagen besser auszulasten, bevor wir mit Neubauten Flächen
versiegeln. Wenn nicht bereits geschehen, können die Außengelände von beispielsweise Schulen
umfassender genutzt werden, indem sie nach Schulschluss für die Allgemeinheit geöffnet
werden. Wo nötig werden wir auch neue Sportanlagen bauen.
Bäder für die Berliner*innen – Schwimmen ist eine Überlebenstechnik und gut für die
Gesundheit
Jedes Kind in Berlin soll Schwimmen lernen. Wir können nicht hinnehmen, dass immer wieder
Menschen ertrinken, weil sie nicht schwimmen können. Wir wollen deshalb den
Schulschwimmunterricht qualifizieren, indem wir die erfolgreichen "Schulschwimmzentren" auf
ganz Berlin ausweiten. Zudem wollen wir die Öffnungszeiten der Berliner Bäderbetriebe
verlängern, damit alle Schulklassen die Möglichkeit zum Schwimmunterricht bekommen und sich
die Nutzung der Bäder besser verteilt. Darüber hinaus wollen wir prüfen, ob
Kooperationsverträge mit anderen Schwimmhallen, etwa in Hotels oder Fitnessstudios,
abgeschlossen werden können, um die vorhandenen Kapazitäten besser zu nutzen.
Wir wollen die Berliner Bäderbetriebe zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen
umstrukturieren, das sich an den Bedürfnissen der Bürger*innen orientiert. Die Preisstruktur
soll transparent sein und allen Berliner*innen die Nutzung der Schwimmbäder ermöglichen. Wir
haben in den letzten Jahren viel Geld für die Sanierung der Bäder bereitgestellt, aber wie
bei den Sportstätten ist auch bei den Bädern ein langer Atem nötig, bis alle Bäder wieder in
Schuss sind. Bei Um- und Neubauten achten wir darauf, dass sie barrierefrei und ökologisch
sind.
Wir fördern inklusive Sportangebote, die allen Menschen offenstehen, egal welche
körperlichen und psychischen Voraussetzungen, welche Herkunft, welches Geschlecht, welches
Alter, welchen sozialen und finanziellen Hintergrund oder welche sexuelle Orientierung und
geschlechtliche Identität der einzelne Mensch hat. Die Vielfalt aller Berliner*innen muss
sich auch in den Führungspositionen der Vereine und Sportverbände widerspiegeln.
Jetzt ganz konkret: Bündnisgrüne Projekte für die Zukunft Berlins
1. „Masterplan 50 Prozent Gemeinwohl“ – Wohnen ist keine Ware
Wir sagen Verdrängung und Immobilienspekulation den Kampf an. Schon jetzt nutzen wir
Bündnisgrüne das Vorkaufsrecht wo immer möglich. Mit unserem „Masterplan 50 Prozent
Gemeinwohl“ sollen mindestens 50 Prozent aller Wohnungen in Berlin in gemeinwohlorientierte
Hände kommen. Um das Vorkaufsrecht effektiv nutzen zu können, treffen wir die notwendige
finanzielle Vorsorge für die landeseigenen Wohnungsunternehmen. Mit gemeinwohlorientierten
Genossenschaften, Stiftungen oder Projekten wie dem Mietshäuser-Syndikat werden wir eine
Kooperationsvereinbarung abschließen. Dabei gilt es auch nötige Flächen in Erdgeschossen und
gewerblichen Gebäuden zu sichern für Gemeinbedarfsflächen, Nachbarschaftstreffs, Stadtteil-
und Familienzentren, Kleingewerbe und Kultur.
2. Förderung, die ankommt – Armut von Familien und Kindern beenden
180.000 Kinder in Berlin leben in Familien, die auf Transferleistungen angewiesen sind. Die
Kinder- und Familienförderung des Bundes ist ein Chaos – die einzelnen Leistungen sind so
unübersichtlich, dass sie nicht bei den Familien und Kindern vor Ort ankommen. Solange das
Chaos an Familienleistungen auf Bundesebene nicht sortiert ist, lösen wir es in Berlin auf
und schaffen „Familienservicebüros“ in allen Bezirken. Nicht Eltern sollen für Kindergeld,
Elterngeld oder Wohnberechtigungsschein immer wieder Unterlagen einreichen müssen. Ein*e
Sachbearbeiter*in soll für jede Familie alle notwendigen Unterlagen bereitstellen und
verarbeiten. Auch unterschiedliche Leistungen aus Jugendamt und Sozialamt sollen
zusammenfließen: ein Ort, alle Leistungen.
3. Ein neues Landesamt für Unterbringung – jeder Mensch braucht ein Zuhause
Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf und eine Perspektive auf ein eigenständiges Leben –
egal ob Menschen geflüchtet sind, seit langem auf der Straße leben oder gerade die Wohnung
verloren haben. Bisher sind die Bezirke für die Unterbringung von obdachlosen Menschen
zuständig, das Land Berlin für die Unterbringung von Geflüchteten – konkret das Landesamt
für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), das hier große Expertise aufgebaut hat. Diese
Kompetenzen wollen wir für alle Menschen in Berlin nutzen. Darum werden wir das LAF zu einem
neuen „Landesamt für Unterbringung“ weiterentwickeln. In diesem Zuge setzen wir uns für eine
schnelle, dezentrale Unterbringung geflüchteter Menschen ein und wirken auf Bundesebene
darauf hin, dass geflüchtete Menschen nicht mehr gezwungen werden in
Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen.
4. Pflege ist systemrelevant – Arbeitsbedingungen verbessern
Pflege ist systemrelevant, wir alle sind in Krankheitszeiten und im Alter darauf angewiesen.
Das muss sich auch in den Arbeitsbedingungen widerspiegeln. Körperlich anstrengende Arbeit,
Schichtsystem, Personalknappheit und geringe Bezahlung haben dazu geführt, dass viele
ausgebildete Pflegekräfte diesem Beruf den Rücken gekehrt haben. Wir wollen ausgestiegene
Fachkräfte in den Beruf zurückholen. Und wir wollen die Arbeitsbedingungen so verbessern,
dass auch eine Vollzeittätigkeit attraktiv wird – hin zu mehr Flexibilität und Mitsprache
bei den Dienstzeiten und einer deutlich besseren Vergütung ungünstiger Arbeitszeiten. Auch
in vielen Care Berufen schrecken schon die Ausbildungsbedingungen ab. Auch hier wollen wir
faire Bedingungen für Auszubildende und Studierende in diesen Berufen schaffen - dazu zählt
eine angemessene Bezahlung bereits in der Ausbildung, angefangen von den Ärzt*innen im
Praktikum bis hin zu den Pflegekräften, gerade mit Blick auf die Akademisierung der
Pflegeausbildung.
5. Bezirkliche Gesundheitsämter aufwerten - bessere Personalausstattung
Den Pakt für Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes werden wir nutzen und für mehr
Personal und bessere Ausstattung einsetzen. Dies flankieren wir mit einer
Qualifizierungsoffensive und der Etablierung systematischer und berufsbegleitender
Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. Mit bezahlter Freistellung und Kostenübernahmen
wollen wir die Public Health-Expertise im ÖGD weiter ausbauen. Dazu gehören die
Weiterbildungen zu Fachärzt*innen für den ÖGD genauso wie Abschlüsse in Public Health,
Epidemiologie oder Health Professions Education. Dazu streben wir Kooperationen mit den
Berliner Hochschulen an.