Am 29. Februar 2016 hat die EU-Kommission die endgültige Fassung des umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Kanada (CETA) veröffentlicht. CETA ist der erste EU-Handelvertrag mit einem OECD-Mitgliedsland, der eine Paralleljustiz für Konzerne einführen soll. Diese Paralelljustiz kann sich gegen demokratische Entscheidungen zum Beispiel zum Umwelt- und Verbraucherschutz wenden. Zudem birgt sie ein unkalkulierbares Kostenrisiko für die öffentlichen Haushalte. Mit CETA bekommen nicht nur kanadische Investoren, sondern auch 80 Prozent aller US-Investoren (über ihre Niederlassungen in Kanada) ein exklusives Sondertribunal, vor dem sie ausschließlich klagen, nicht aber verklagt werden können. Dabei konnte noch niemand überzeugend erklären, wozu Investitionsschutzvorschriften in Handelsverträgen der EU mit Kanada oder den USA überhaupt nötig sein sollen.
Schlimmer noch: CETA ist als "lebendes Abkommen" konzipiert. Die Investorenrechte und damit auch die Verpflichtungen, die Staaten, Länder und Kommunen ausländischen Investoren gegenüber eingehen, sind nämlich nach Vertragsschluss veränderbar (Art. 8.10 Absatz 3, CETA ) – ohne Beteiligung irgend eines Parlaments. Damit ist es möglich, den nach öffentlichen Protesten etwas eingeschränkten Investorenschutz im Nachhinein wieder auszuweiten.
Diesen weit gehenden Rechten für ausländische Investoren stehen nur schwache Rechte für die Allgemeinheit gegenüber. Eine Menschenrechtsklausel fehlt in dem Abkommen. Es fehlt ein eigenes Verbraucherschutzkapitel, und dem Nachhaltigkeitskapitel fehlen durchsetzbare Vorschriften zum Schutz der Umwelt, dem Kapitel über Handel und Arbeit fehlen verbindliche Arbeitnehmerrechte.
Darum können wir Grüne CETA in der vorliegenden Fassung im Bundesrat nicht zustimmen. Es ist wichtig, dass wir das jetzt schon unmissverständlich kommunizieren. Denn nur wenn die EU-Kommission und die Bundesregierung jetzt merken, dass es uns Grünen so ernst ist, dass wir CETA in der vorliegenden Fassung im Bundesrat die Zustimmung verweigern werden, werden sie umfassende Nachverhandlungen mit Kanada eröffnen.