| Veranstaltung: | LA am 10. Dezember 2025 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 3. Verschiedenes |
| Antragsteller*in: | LAG Umwelt und Klima (dort beschlossen am: 19.06.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 16.10.2025, 12:04 |
V-9: Grüne Positionen für eine Richtlinie zum Berliner Wald
Antragstext
Grüne Positionen für eine neue Richtlinie zu den Berliner Wäldern
Warum ein weiteres Positionspapier zum Berliner Wald nach dem Beschluss unseres
Papiers „Die Berliner Wälder in der Klimakrise“ auf der LDK im Mai 2024?
Angesichts der fortgesetzten Verschlechterung des Zustands der Berliner Wälder,
wie sich dies auch wieder in den Waldzustandsberichten der letzten Jahre gezeigt
hat, wird von den regierenden Parteien, den Berliner Forsten und auch den
Umweltverbänden eine Neubearbeitung der bisherigen Waldbaurichtlinie für
notwendig gehalten. Von den Berliner Forsten wird das intern und gemeinsam mit
der Senatsverwaltung bereits angegangen.
Wir Grüne denken, dass sich die forstliche Praxis grundsätzlich verändern muss.
Sie darf den Waldbau nicht mehr in den Mittelpunkt stellen und nicht auf
Holzwirtschaft ausgerichtet sein. Zur Erhaltung unserer Wälder und zur
Verbesserung ihres Zustands muss der Umgang mit ihnen in der Praxis jetzt sofort
auf die großen klimatischen Veränderungen und den massiv drohenden Verlust der
Biodiversität ausgerichtet werden. Darüber hinaus stellen sich viele weitere
Fragen zur Förderung einer natürlichen, selbstbestimmten Entwicklung des Waldes,
zum Schutz und der Förderung biologischer Vielfalt und gerade auch in Berlin zu
seiner Erholungsfunktion.
Dies muss auch in einer grundsätzlich neuen Richtlinie zum Handeln im bzw. zum
Umgang mit dem Wald zum Ausdruck kommen. Hierzu haben wir unsere Positionen
übersichtlich in einigen wichtigen Leitlinien und daraus folgenden Maßnahmen
zusammengefasst, um sie in die zurzeit stattfindenden Diskussionen einzubringen.
Was sollte in einer Richtlinie zum Umgang mit dem Berliner Wald enthalten sein:
Allgemeine Ziele/ Leitlinien:
- Unsere Berliner Wälder als unsere „grüne Lunge“ und natürliche
Klimaanlage, als Lebensraum für zahllose Arten, als Kohlenstoffspeicher,
Wasserspeicher und als Erholungsort erhalten
- Förmliche Sicherung des Berliner Waldbestandes per Gesetz sowie eine
Ausweitung des Bestandes, insbesondere durch Ankauf außerhalb der
Landesgrenze
- Im Lichte der sich verstärkenden Klimakrise Widerstandsfähigkeit und
Überlebensfähigkeit der Wälder sichern
- Dem Rückgang der Biodiversität aktiv entgegenwirken und die Artenvielfalt
stärken (Renaturierungsmaßnahmen gemäß des EU-Gesetzes zur
Wiederherstellung der Natur und des Aktionsprogramms Natürlicher
Klimaschutz zügig voranbringen)
- Um die Doppelkrise Biodiversitätsverlust und Klimawandel wirksam zu
bewältigen, Entwicklungen hin zu natürlichen und vielfältig strukturierten
Wäldern zulassen und wo erforderlich unterstützen
- Natürliche Prozesse und Interaktionen der vielfältigen
Lebensgemeinschaften über und unter der Erde müssen berücksichtigt werden,
da sie in enger Wechselwirkung stehen und voneinander abhängig sind.
Eingriffe in eines dieser Elemente können langfristige negative Folgen für
das gesamte Waldökosystem haben.
- Dabei ist insbesondere der immense Umfang der verborgenen/unentdeckten
Biodiversität und deren Folgen hinsichtlich der Stabilität der
verschiedenen Waldökosysteme zu beachten
- Menschengemachte schädliche Einwirkungen auf das Ökosystem Wald minimieren
Daraus sich ergebende konkretere Ziele und Maßnahmen:
- Schutzgebiete ausweiten
- Mehr Waldgebiete unter strikten und rechtlich gesicherten Schutz stellen,
d.h. mehr und größere Naturschutzgebiete schaffen, die auch tatsächlich
den Anforderungen entsprechen. In den Natura 2000-Gebieten mit 15 FFH-
Gebieten und 5 Vogelschutzgebieten die Naturqualität und Biodiversität bis
2030 merklich und sichtbar verbessern (wie es auch das Gesetz zur
Wiederherstellung der Natur fordert)
- Die Naturwald-Entwicklungsflächen (ehemals Referenzflächen) mittels eines
engmaschigen Monitorings beobachten und mit den anderen Waldflächen
vergleichen
- Ökokorridore zur Vernetzung von Ökosystemen/wertvollen Biotopen erweitern
bzw. schaffen, die isolierte Gebiete miteinander verbinden und die
Migration von Tieren, den genetischen Austausch zwischen Populationen
sowie die Erhaltung der Biodiversität ermöglichen
- Gezielte Ökologisierungsstrategie in allen Berliner Wäldern
- Für die Berliner Wälder innerhalb wie außerhalb der Stadtgrenzen eine
Strategie zur Stärkung der biologischen Vielfalt und der vorhandenen Arten
erarbeiten, die für alle Waldreviere gemäß den besonderen Gegebenheiten
vor Ort ausgestaltet wird
- Konsequenter Erhalt von Altbäumen auf allen Waldflächen
- Baumartenzusammensetzung in Laubmischwäldern der natürlichen Entwicklung
überlassen
- Erneuerung durch Naturverjüngung
- Auf standortheimische Baumarten setzen
- Den Fraß oder die Beschädigung von Trieben und jungen Bäumen durch ein
Wildtiermanagement reduzieren
- Stehendes sowie liegendes Totholz im Wald belassen. Ausnahmen sind zu
begründen.
- Um Waldböden zu erhalten, einen Maßnahmenkomplex entwickeln, der die
anthropogene Belastung verringert, natürliche Bodenbildungsprozesse
bewahrt und das biologische Gleichgewicht unterstützt
- Auf den Einsatz schwerer, bodenverdichtender Maschinen im Wald verzichten
- Untersuchungen der Waldböden durchführen, um die Anreicherung von
Schadstoffen (aus dem Verkehr, aus Kraftwerken, Industrie- und
landwirtschaftlichen Betrieben sowie privaten Holzöfen) zu prüfen und
Maßnahmen zur Reduktion einzuleiten
- Im Fall von Waldbrand auf Regeneration der betroffenen Flächen vorwiegend
aus eigener Kraft im Schatten des geschädigten Baumbestands setzen
- Im Vorgehen, um in verdichteten Kiefernreinkulturen einen resilienten Wald
entstehen zu lassen, laufend neue Erkenntnisse berücksichtigen, auch
bezüglich der verschiedenen Standorte
- Wasser und Moore im Wald
- Entwässernde Infrastruktur in und an den Wäldern zurückbauen
- Noch bestehende Waldmoore erhalten und renaturieren; ein Programm zur
Wiedervernässung, zum Entkusseln und Freistellen der Moore aufsetzen; die
Trinkwassergewinnung im Umkreis der Moore dementsprechend angleichen
- Holzwirtschaft
- Den Holzeinschlag auf ein Minimum reduzieren und dann nur in verdichteten
Kiefernmonokulturen, mit dem Ziel einer Verdoppelung des in den Berliner
Wäldern unterdurchschnittlichen Holzvorrats
- Fällungen nur einzelner Bäume; Transport darf nur geringste Bodenschäden
verursachen, deshalb den Einsatz schwerer Maschinen schnellstmöglich
beenden
- Vermarktung als Wertholz direkt durch die BF unter Ausschluss von
Holzverbrennung
- Fachkräfte und Monitoring
- Kontinuierliche Weiterbildung der im Wald tätigen Menschen hinsichtlich
der Ökologisierung des Waldes
- Zusätzlich zu den Förstern auch vermehrte Mitarbeit von Waldökologen
- Regelmäßiges satellitengestütztes Monitoring durchführen, das auch den
Zustand der Waldböden einschließt
- Stadt, Bevölkerung und Umweltbildung
- Stärkung und Ausbau der Umweltbildungszentren und Waldschulen, um
Umweltbildung und Bewusstsein für Waldpflege zu fördern
- Jährliche „Waldtage“ mit öffentlicher Beteiligung organisieren;
Schulprogramme zur aktiven Beteiligung an der Waldpflege ausbauen
- Internationale Kooperationen und Bildungsprojekte zum Schutz der Wälder
fördern
- Verkehrsbeschränkungen auf den Waldwegen
- Waldprävention ausbauen
Daraus folgend dürfen selbstverständlich folgende Maßnahmen nicht sein:
- Kahlschläge
- Durchforstungen und Ringeln von Bäumen
- Sprengungen der Bäume mit Dynamit
- Einbringen von gentechnisch veränderten Pflanzen
- Anpflanzen von nichtheimischen Bäumen
- Anlegen von Monokulturen
- Entwässern von Feuchtgebieten
- Verdichten des Bodens (z.B. durch Arbeiten mit Harvestern)
- Füttern von Wildtieren
- Rücksichtsloses Verhalten der Bürger bezüglich der Bedürfnisse des Waldes
(z.B. Befahren außerhalb der dafür vorgesehenen Wege, freies Laufenlassen
von Hunden, Müll hinterlassen etc.)
Änderungsanträge
- V-9-065 (Stefanie Aehnelt (KV Berlin-Neukölln), Eingereicht)