| Veranstaltung: | LA am 10. Dezember 2025 |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 3. Verschiedenes |
| Antragsteller*in: | LAG Migration & Flucht (dort beschlossen am: 19.11.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 19.11.2025, 22:52 |
V-3: „Listen to the Science!“ Gemeinsam in Berlin für eine Migrations- und Asylpolitik der humanitären Vernunft
Antragstext
Am 3. November 2025 hat sich der Sachverständigenrat für Integration und
Migration zu den Gesetzentwürfen der Bundesregierung für ein GEAS-
Anpassungsgesetz sowie ein GEAS-Anpassungsfolgegesetz zu Wort gemeldet. Der
Sachverständigenrat äußert dabei scharfe Kritik an den geplanten gesetzlichen
Neuregelungen im Bereich „freiheitsbeschränkender und freiheitsentziehender
Maßnahmen, die aus unserer Sicht für eine wirksame Umsetzung der GEAS-Reform
weder zwingend erforderlich noch förderlich“ seien (Prof. Dr. Birgit Glorius,
Stellvertretende Vorsitzende).
Darüber hinaus legt der Sachverständigenrat besonderes Augenmerk auf die
wirksame Umsetzung des unabhängigen Menschenrechts-Monitorings gemäß Artikel 10
der neuen Screening-Verordnung: „Ein flächendeckender und unabhängiger
Monitoring-Mechanismus, also ein systematisches Kontrollsystem, das die
Einhaltung der Grundrechte überwacht, ist besonders wichtig, insbesondere da
Rechtsschutz gegen Entscheidungen im Screening-Verfahren ausgeschlossen ist.
Hier sollte der Gesetzgeber im parlamentarischen Verfahren dringend nachsteuern“
(Prof. Dr. Winfried Kluth, Vorsitzender).
Als Landesverband Berlin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schließen wir uns diesen
Forderungen des Sachverständigenrats vorbehaltlos an. Dies gilt auch mit Blick
auf die neuen europarechtlichen Verpflichtungen der Länder, in ihren
Aufnahmeeinrichtungen künftig geeignete Vorkehrungen zu treffen, um die
besonderen Bedürfnisse vulnerabler Gruppen besser berücksichtigen zu können:
„Einrichtungen für entsprechende Fallzahlen müssen auch gebaut oder bestehende
ertüchtigt und mit mehr Personal betrieben werden. Es liegt jetzt bei den
Ländern, das umzusetzen“ (Prof. Dr. Kluth).
Für uns ist klar: Menschen dürfen nicht inhaftiert werden, nur weil sie Asyl
beantragen. Das GEAS-Anpassungsgesetz muss so ausgestaltet werden, dass jede
Form der Inhaftierung von Kindern ausgeschlossen wird. Kinder müssen kindgerecht
untergebracht und versorgt werden. Haft ist mit dem Kindeswohl grundsätzlich
nicht vereinbar.
Wir wollen, dass die Überwachung der Einhaltung der Grundrechte in der
Bundesrepublik Deutschland den Leitlinien der Agentur für Grundrechte der
Europäischen Union (FRA) entsprechend gesetzlich geregelt wird. Der unabhängigen
Nationalen Menschenrechtsinstitution Deutschlands müssen in diesem Zusammenhang
dauerhaft zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Die besonderen Bedürfnisse vulnerabler Gruppen wie beispielsweise Kinder,
queerer Menschen oder Menschen mit Behinderung müssen im Aufnahme- und
Asylverfahren berücksichtigt werden. Bei der Durchführung der neuen Screening-
Verfahren ist sicherzustellen, dass die entscheidende Bewertung der
Vulnerabilität von entsprechend qualifiziertem Fachpersonal außerhalb der
Sicherheitsbehörden durchgeführt wird.
Begründung des Antrags
Die Migrations- und Asylpolitik von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN basiert – analog zur Klimapolitik von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – auf dem Prinzip: „Listen to the Science!“. Vgl. dazu im Einzelnen den BDK-Beschluss „Für eine Migrations- und Asylpolitik der humanitären Vernunft“ vom 16. November 2024: https://gruene.berlin/nachrichten-lag-migration-flucht/bdk-beschluss-fuer-eine-migrations-und-asylpolitik-der-humanitaeren-vernunft_3476, „1. Säule: listen to the science“.
Die in diesem Antrag erhobenen Forderungen zu den Themenkomplexen Haft, Menschenrechts-Monitoring und Vulnerabilitätsprüfungen entsprechen 1:1 der Beschlusslage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Der Sachverständigenrat für Integration und Migration ist ein unabhängiges und interdisziplinär besetztes Gremium der wissenschaftlichen Politikberatung. Er wird vollständig institutionell vom Bund gefördert. Das Bundesministerium des Innern hat die Finanzierung übernommen. Weitere Informationen unter: www.svr-migration.de
Begründung der Dringlichkeit
Der unabhängige und interdisziplinär besetzte Sachverständigenrat für Integration und Migration hat seine Positionen zum sogenannten GEAS-Anpassungsgesetz-Entwurf und GEAS-Anpassungsfolgegesetz-Entwurf der Bundesregierung erst am 3. November 2025, d.h. nach Ablauf der Antragsfrist, veröffentlicht: https://www.svr-migration.de/presse/geas-anpassung/ Die im Antrag dargelegten Positionen des Sachverständigenrats sind außerordentlich wichtig und sollten – gemäß Beschlusslage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – unbedingt berücksichtigt werden.
Die Regierungsentwürfe zum GEAS-Anpassungsgesetz und GEAS-Anpassungsfolgegesetz stellen die bedeutendsten und mit Abstand härtesten Reformen im Bereich Asyl seit über 30 Jahren dar. Trotz erheblicher Bedenken und Vorbehalte gegenüber den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwürfen soll die Anpassung des nationalen Rechts an die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems nach dem Willen von CDU, CSU und SPD „noch in diesem Jahr“ vollzogen werden (Koalitionsvertrag 2025 von CDU, CSU und SPD, S. 94).