Veranstaltung: | LDK am 3. Juni 2023 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 7 Weitere Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 03.06.2023 |
Antragshistorie: | Version 3 |
Klimaschutz gemeinsam mit Artenschutz – Spatz & Co. gehören zu Berlin
Beschlusstext
Die Klimakrise ist auch eine Biodiversitätskrise. Auch und gerade Kulturfolger und Arten des
urbanen Raums sind von diesen Krisen betroffen. Wir teilen unsere Stadt mit anderen
Lebewesen und profitieren von einer guten Koexistenz. Die gebäudebewohnenden Vogel- und
Fledermausarten benötigen zum Überleben den Verbund von Lebensstätten und Nahrung. Diese
Lebensgrundlagen sind auch in Berlin bedroht. Besonders schwerwiegend ist der schleichende
Verlust von Bruthöhlen und Quartieren an Gebäuden – obwohl es technologisch bewährte,
wartungsfreie und nachhaltige Hilfsmaßnahmen gibt, die auch für Bauherr*innen praktikabel
und rechtssicher sind.
- Der Schutz von Gebäudebrütern soll in Förderprogrammen für energetische oder andere
Gebäudesanierungen und Bauvorhaben verankert werden.
- Zusätzlich zu Mindeststandards für Artenschutzgutachten müssen diese Sichtungen
rechtzeitig und generell verpflichtend vor allen Bau- oder Sanierungsvorhaben erfolgen,
damit Lebensstätten tatsächlich vor der Brutzeit verschlossen werden können und der
gesetzliche Ersatz gesichert werden kann. So können begleitend auch zielgerichtet
Lebensstätten und Lebensräume im Biotopverbund geschaffen werden. Ersatz- und
Ausgleichsmaßnahmen sollen bevorzugt lokal und funktional umgesetzt werden, denn die
betroffenen Arten der Gebäudebrüter sind standorttreu. Die Naturschutzämter müssen
rechtzeitig Kenntnis von den Bauvorhaben bekommen und der Informationsfluss zu den
Bauherr*innen soll verbessert werden.
- In der Bauordnung bzw. einer ergänzenden Bauvorlagenverordnung, den Bebauungsplänen sowie
städtebaulichen Verträgen sind ökologische Aspekte wie etwa Maßnahmen für Gebäudebrüter und
ein Verweis auf den besonderen Artenschutz des Naturschutzgesetzes aufzunehmen – nur das
Baunebenrecht allein bleibt wirkungslos. Auch beim „Lückenschluss“-Bauen nach § 34 BauGB
sollen alle Spielräume zugunsten des Artenschutzes genutzt werden. Der Schutz von
dauerhaften Ruhe- und Fortpflanzungsstätten bei Baumaßnahmen soll zudem explizit Eingang in
das Berliner Naturschutzgesetz finden.
- Im Rahmen der Förderung der Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) soll Bürger*innen-
Wissenschaft („Citizen Science“) gefördert werden, so dass mehr Meldungen von Bürger*innen
über das Vorkommen von Gebäudebrütern bei Baumaßnahmen erfolgen. Hausbesitzer*innen- und
Mieter*innenverbände, Architekt*innen und Energieberater*innen sollen für den Artenschutz
an Gebäuden effektiver über bestehende Regelungen und Möglichkeiten informiert werden sowie
Planungssicherheit über standardisierte Abläufe und Checklisten erlangen. Diese
Rahmenbedingungen sollen in die Bauleitplanung und die Vorgaben für Architekt*innen
eingehen. Die Naturschutzämter müssen technisch modern und mit ausreichend Personal
ausgestattet werden. Die Bauherr*innen sollen nicht länger, wie es derzeit der Fall ist, ein
hohes Maß an Rechtssicherheit und Serviceleistung verlieren.
- Auch bei der Freiraumplanung, Bepflanzung und Parkpflege müssen ökologische Aspekte
berücksichtigt werden. Bei Gebäuden wie auch Grünflächen soll die Leitlinie
tierunterstützendes Gestalten („Animal Aided Design“) beachtet werden, die u. a. auch in der
„Berliner Strategie für die biologische Vielfalt“ genannt ist. Die Artenschutzbelange in
Neubauquartieren und Bestandsgebieten im Rahmen der „Charta für das Berliner Stadtgrün“
müssen weiter qualifiziert und finanziert werden. Neben Mindestanforderungen für die
Begrünung von Dächern und Grundstücken und die Verpflichtung zur Erstellung qualifizierter
Freiflächenpläne bei Neubauvorhaben sollen Grünsatzungen für Berlin wie bereits in vielen
anderen Städten Grünstrukturen sichern, entwickeln und vermehren – dies dient neben der
Klimaanpassung auch den Habitaten von geschützten Arten. Stadtentwicklung muss immer auch
Landschaftsentwicklung bedeuten. Diese Instrumente sollten zugleich durch Programme und
Initiativen z.B. zur Stärkung des Bewusstseins für eine ökologische Gartengestaltung und zur
Förderung von Maßnahmen z.B. zur Hofbegrünung und -entsiegelung oder zur Begrünung von
(zuvor gedämmten) Brandwänden begleitet werden.