Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz am 7. Dezember 2019 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 6 Weitere Anträge |
Antragsteller*in: | Julius Hassemer u.a. (KV Lichtenberg) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 04.11.2019, 11:07 |
V-18: Bei Startups das Potential aller Geschlechter nutzen
Antragstext
Bei Startups das Potential aller Geschlechter nutzen
Wir Grüne glauben, dass alle Geschlechter wertvolle Arbeit in sämtlichen Bereichen und
Ebenen der Wirtschaft leisten. Wenn das stimmt, ist eine Quote von lediglich 25% Frauen in
Führungspositionen [1] eine enorme Vergeudung von Potential. Um mehr Frauen in
Führungsetagen zu bringen, müssen wir bei den Vorreiterinnen beginnen, zum Beispiel bei
Frauen, die Startups gründen. Eine Frauenquote von nur 15% bei Startup-Gründungen [2] ist
hierbei ein Armutszeugnis für den Stand der Gleichberechtigung in Deutschland und auch ein
Hemmnis dabei, Mädchen für technologische Berufe zu begeistern – denn die
Innovationsleistung von Startups liegt oft im ohnehin männerdominierten Bereich digitaler
Produkte und Hightech. Die Bundesregierung setzt bei der Unterstützung von Gründerinnen
lediglich auf Informationen, Netzwerktreffen, Mentoring und Ähnliches, und erzielt damit
keinen spürbaren Fortschritt. Dies ist wirtschaftlich besonders ungünstig, da auch
international Innovatorinnen nicht verstärkt angeworben werden können. Wir wollen die
internationale Sichtbarkeit Berlins und dessen Attraktivität als Raum für Innovation und
Diversität nutzen, um einen Schritt in Richtung Geschlechterchancengleichheit zu gehen und
dabei langfristig den Fachkräftemangel in den digitalen und hochtechnologischen
Zukunftsbereichen zu bekämpfen.
Berlin ist noch immer die Gründungshauptstadt (40% aller Finanzierungsrunden in Deutschland
[3]), es gibt aber auch Anzeichen für einen Rückgang der Innovationskraft [4]. Auch in
Berlin ist im Bereich der Gründungsförderung für Startups das von BMWi und ESF
bereitgestellte Exist-Stipendium das zentrale Förderwerkzeug. Aufgrund attraktiver
Konditionen (bis zu 3.000 Euro monatlich pro Person, einjährige Förderung mit sehr großem
Freiraum, diverse Zusatzleistungen) gilt es als der Erste-Klasse-Weg in die Selbständigkeit.
Seit Beginn des Förderprogramms werden jährlich bis zu 27 Mio. € für über 200 Gründungen zur
Verfügung gestellt [5]. Das Exist-Programm ist unter Gründer*innen beliebt, da es
attraktivere Konditionen als bspw. das Berlin Startup-Stipendium beinhaltet. Im Vergleich
mit dem GründungsBonus, der anfallende Kosten gegründeter Unternehmen teilabdeckt, fördert
Exist Gründer*innen persönlich, auch bereits vor der Gründung, und gibt Gründer*innen so die
Zeit, die Geschäftsidee grundlegend auszuarbeiten (was besonders unter Gründerinnen ein
Bedürfnis ist [2]). Vorrangige Bedingung für eine Exist-Förderung ist die Umsetzung einer
technischen Innovation aus Studium oder wissenschaftlicher Forschung. Diese Bedingung
überbetont akademische Innovationen und zeugt von der Schwäche deutscher Universitäten,
marktfähige Innovationen hervorzubringen. Gleichzeitig beschränkt sie die Freiheit von
Akademiker*innen, ein Unternehmen in einem anderen Bereich zu gründen und verstärkt die
ohnehin teils problematische Abhängigkeit von Professor*innen.
Statt allein akademische Unternehmensgründungen zu unterstützen, möchten wir die Konditionen
des etablierten Exist-Stipendiums adaptieren und Innovatorinnen ganz konkret persönlich und
monetär fördern. Dies ist auch notwendig, da Investoren die Glaubwürdigkeit,
Vertrauenswürdigkeit, Erfahrung und das Wissen von Gründerinnen allein deshalb infrage
stellten, weil es Frauen sind. [2]. Wir beantragen das Gründerinnen-Stipendium, dass
Gründungsteams fördert, die mehrheitlich aus Frauen oderintersexuellen, nicht-binären,
lesbischen oder transgender-Personen bestehen (im Folgenden FLINT).
Das Gründerinnen-Stipendium nutzt den parteiübergreifenden Konsens zu einer stärkeren
Förderung von Gründung und Innovation und lenkt ihn in einen Bereich mit großem Potential,
der in besonderem Maße einen positiven gesellschaftlichen Einfluss besitzt. Zum einen greift
die stärkere Einbeziehung von Unternehmerinnen auf das große Potential heutiger und
zukünftiger Generation von Frauen zurück, zum anderen zeichnen sich Gründerinnen durch eine
Betonung des sozialen Unternehmertums, geringere Fremdkapitalquoten und eine geringere
Spekulationsneigung aus [2]. Diese Charakteristika im Gründungsspektrum zu stärken soll
fördert das Ansehen von Gründer*innen und verantwortungsbewussten Risikokapitalgeber*innen
in der Bevölkerung.
Mit den oben beschriebenen Vorzügen der Innovationsmetropole ist die Stadt Berlin
prädestiniert dafür, Vorreiterin für andere Bundesländer in der Gründungsförderung zu
werden. Langfristig fördert unser Stipendium Unternehmer*innen, die mit ihrer
gestalterischen Position in innovativen und oft hochtechnologischen Unternehmen eine
Vorbildfunktion für folgende Generationen von Mädchen und Personen aus dem FLINT-Spektrum
haben. Im globalen Wettbewerb um die zukunftsfähigsten Gründungen und um die besten Köpfe
kann Berlin durch Gründerinnen-Stipendium mit einem frauenfreundlichen Profil international
herausstechen.
Das Gründerinnen-Stipendium ist komplementär angelegt zum Antrag zur Social Entrepreneurship
(B'90/Grünen, 19. Bundestag, Drucksache 19/8567). Es fördert FLINT gezielt auch außerhalb
sozialer Innovationen - des einzigen Gründungsbereichs, an dem Frauen ohnehin einen
vergleichsweise hohen Anteil haben [2] - und unterstützt nicht mit einem Einmalbetrag
sondern mit einer Finanzierung des persönlichen Lebensunterhalts, was sich positiv auf die
gestalterische Freiheit, den zeitlichen Druck der Gründung und auf die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf auswirkt. Dieser letzte Aspekt kann auch den Zusammenhang abschwächen,
dass gerade Frauen wegen junger Kinder oder Schwangerschaft nicht gründen.
Begründung
Weitere Antragstellerin:
Alexandra Heimerl (KV Lichtenberg)
Weitere Unterstützer*innen:
Gollaleh Ahmadi, KV Spandau; Johanna Luise Mellentin, LAG Netzpolitik; Laura Sophie Dornheim, LAG Netzpolitik; Andrea Nakoinz, KV Lichtenberg; Philipp Ahrens, KV Lichtenberg; Astrid Schmudde, KV Lichtenberg; Eva Molau, KV Lichtenberg; Diana Hassemer, KV Lichtenberg; Leonora Beyhl, KV Treptow-Köpenick; Fabio Reinhardt, KV Lichtenberg; Sebastian Kugler, KV Pankow
Referenzen:
[1] Bundeszentrale für politische Bildung https://www.bpb.de/gesellschaft/gender/frauen-in-deutschland/49400/fuehrungspositionen?p=all
[2] Female Founders Monitor 2019 https://deutscherstartupmonitor.de/fileadmin/ffm/ffm_2019/studie_ffm_2019.pdf
[3] Die Welt am 01.10.2019
[4] Handelsblatt am 21.10.2019
Änderungsanträge
- V-18-040 (Nicole Ludwig (KV Charlottenburg-Wilmersdorf), Eingereicht)