Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz am 7. Dezember 2019 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 6 Weitere Anträge |
Antragsteller*in: | Taylan Kurt u.a. (KV Mitte) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 01.11.2019, 15:43 |
V-05: Hartz-IV-Sanktionen vermeiden: Jobcenter-Termine auf Augenhöhe vergeben
Antragstext
Hartz-IV-Sanktionen vermeiden: Jobcenter-Termine auf Augenhöhe vergeben
136.655 Sanktionen wurden vergangenes Jahr gegenüber Personen im Arbeitslosengeld II Bezug
durch die Jobcenter ausgesprochen. Das Existenzminimum zu sanktionieren bedeutet, Menschen,
die bereits unter prekären finanziellen Bedingungen leben, in die Armut zu sanktionieren.
Wer bereits wenig hat, muss dadurch den Gürtel noch enger schnallen, worunter insbesondere
Kinder, Alleinstehende und Alleinerziehende leiden.
Wir Grüne lehnen deshalb Sanktionen ab! Dies haben wir auf der Bundesdelegiertenkonferenz im
November 2016 beschlossen. Dies ist jedoch nur durch eine Änderung der derzeitigen
bundesgesetzlichen Regelungen zum Arbeitslosengeld II (§§ 31 ff SGB II) durch den Bundestag
möglich. Im Rahmen unserer Möglichkeiten auf Landesebene wollen wir durch eine Änderung der
Verwaltungspraxis die Anzahl der Hartz-IV-Sanktionen verringern.
83% der in Berlin im vergangenen Jahr verhängten Sanktionen beziehen sich auf sogenannte
Meldeversäumnisse. (114.000). (Abgeordnetenhaus, schriftliche Anfrage 18/ 18090). Wir sind
davon überzeugt, dass sich viele dieser Sanktionen durch eine andere Terminvergabe in den
Jobcentern vermeiden lassen
Derzeit werden Termine von den Integrationsfachkräften der Jobcenter häufig einseitig ohne
Beteiligung der Betroffenen vorgegeben. Wenn die Betroffenen bei der Terminvergabe nicht
beteiligt werden, ist eine Berücksichtigung der persönlichen Lebensumstände (z.B. die Pflege
von Angehörigen) nicht möglich. Eine neue Praxis der Terminvergabe der Jobcenter ist daher
zwingend geboten, um die Wahrnehmungsquote von Einladungen durch die Betroffenen zu erhöhen!
Dies wollen wir erreichen durch:
1. Die Berücksichtigung von Zeitfenstern von Leistungsbeziehenden für Terminwünsche.
2. Die gemeinsame Festlegung der Folgetermine im persönlichen Gespräch bzw. telefonisch.
3. Die Einführung eines Online-Terminkalenders anlehnend an die Buchung von Terminen beim
Bürgeramt, bei welchem die Leistungsbeziehenden ihren Termin in einem vorgegebenen
Zeitfenster selbstständig buchen sollen. Das Jobcenter Berlin Mitte plant hierzu bereits ein
Modellprojekt, das auf grüne Initiative entstanden ist.
4. Eine Untersuchung, welche Jobcenter im Berlinvergleich eine deutlich höheren
Wahrnehmungsquote bei der Terminvergabe haben und warum dies so ist (best practice).
5. Eine Selbstverpflichtung der Jobcenter im Rahmen ihrer jährlichen Arbeitsprogramme, die
Wahrnehmungsquote von Terminen zu erhöhen.
Wir sehen in der Umsetzung dieser Maßnahmen drei Vorteile:
1. Die Ziele der Jobcenter bei der beruflichen Förderung ihrer Leistungsbeziehenden können
nur erreicht werden, wenn Gespräche mit den Leistungsbeziehenden tatsächlich stattfinden.
2. Eine Betreuung auf Augenhöhe würde zumindest bei der Terminvergabe im Sinne der
Betroffenen gefördert werden. Das ist derzeit bei einer einseitigen Terminvergabe nicht der
Fall. Denn Betroffene nehmen diese als “Vorladung” per Brief wahr, wodurch keine Augenhöhe
zwischen dem Jobcenter und den Betroffenen gewährleistet ist. Mehr Augenhöhe führt zu mehr
Akzeptanz für die Jobcenter.
3. Weniger Sanktionen bedeuten weniger Klageverfahren und weniger Verwaltungsaufwand.
Der selbstbestimmte Mensch und seine Würde stehen für uns im Mittelpunkt. Wenn es um die
Existenzsicherung von Menschen geht, brauchen wir einen Umgang auf Augenhöhe. Das muss sich
in der Arbeit der Jobcenter und bei der Vergabe von Terminen widerspiegeln.
Begründung
Weitere Antragsteller*innen:
Dennis Mateskovic (KV Tempelhof-Schöneberg), Nina Freund (KV Tempelhof-Schöneberg), Claudia Schulte (KV Friedrichshain-Kreuzberg), Hanna Steinmüller (KV Mitte), Till Win (KV Tempelhof-Schöneberg), Tabea Schoch (KV Tempelhof-Schöneberg), Thomas Gutsche (KV Tempelhof-Schöneberg), Fatos Topac (LAG Gesundheit und Soziales) , Silke Gebel (KV Mitte), Mona Hille (KV Mitte), Stefan Ziller (KV Marzahn-Hellersdorf), Sebastian Weise (KV Charlottenburg- Wilmersdorf)