Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz am 7. Dezember 2019 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 6 Weitere Anträge |
Antragsteller*in: | LAG Europa (dort beschlossen am: 28.10.2019) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 31.10.2019, 10:21 |
V-04: Klimafreundliche Mobilität in Europa stärken – Alternativen zum Flugverkehr ausbauen
Antragstext
„Klimafreundliche Mobilität in Europa stärken – Alternativen zum Flugverkehr ausbauen“
Alternativen für klimafreundliches Reisen in Europa schaffen –Nachtzugverbindungen
wiederherstellen und über Nacht den Tag gewinnen!
Das europäische Verkehrssystem ist zu einseitig auf den Straßen- und Luftverkehr
ausgerichtet. Zudem wächst der Luftverkehr jedes Jahr stark, was die Klimaschutzziele im
Verkehrssektor unterläuft. Klima- und umweltfreundliche Alternativen wurden von der
europäischen Politik jahrzehntelang vernachlässigt, stattdessen werden klimaschädliche
Verkehrsträger wie Auto, LKW und Flugzeug durch direkte und indirekte Subventionen besonders
stark gefördert. Das Land Berlin sollte umgehend wirksame Maßnahmen ergreifen, um die
Alternativen zum Flugverkehr auf innereuropäischen Kurz- und Mittelstrecken von und nach
Berlin zu stärken. Hierzu sind auch die Reisekostenregelungen für Landesbedienstete zu
überarbeiten und in Zusammenarbeit mit dem Bund Nachtzugverbindungen in europäische
Hauptstädte zu fördern.
Nachtzugverbindungen gezielt fördern - EU-Hauptstädte verbinden
Das Land Berlin sollte sich zum Ziel setzen, attraktive Angebote im
Schienenpersonenfernverkehr in alle Hauptstädte unserer europäischen Nachbarländer zu
schaffen. Moderne Nachtzüge sind eine nachhaltige und klimafreundliche Alternative zum
Flugverkehr in Europa. Durch eine gezielte öffentliche Förderung kann das Angebot an
Nachtzügen in Berlin wieder ausgebaut werden. Aktuell fehlen insbesondere attraktive
Bahnverbindungen über Nacht nach Paris und Brüssel, aber auch nach Skandinavien und
Osteuropa sollte das Angebot schnell verbessert werden. Für Verbindungen auf Mittelstrecken,
wie etwa Richtung London, Rom und Barcelona bieten sich speziell für den Nachtverkehr
ertüchtigte Hochgeschwindigkeitszüge an. Deshalb soll sich das Land Berlin über eine
Bundesratsinitiative dafür einsetzen, dass der Bund in Zusammenarbeit mit den betroffenen
Bundesländern neue Nachtzugverbindungen mit Schlaf- und Liegewagen sowie (auf geeigneten
Strecken) für den Nachtverkehr optimierten Hochgeschwindigkeitszügen ins europäische Ausland
ausschreibt, um das bereits existierende eigenwirtschaftliche Angebot zu ergänzen. Als
Alternative zu einer Ausschreibung von Verkehrsleistungen durch eine Kooperation mit dem
Bund soll auch die Vergabe von Förderkrediten für neue eigenwirtschaftliche
Nachtzugverbindungen ab Berlin durch die Investitionsbank Berlin und die KFW geprüft werden.
Zur Gegenfinanzierung dieser Maßnahmen sollen die Start- und Landegebühren an den Berliner
Flughäfen angehoben werden.
Neben fehlender (Nachtzug-)Verbindungen hindert auch die bestehende Praxis des Ticketkaufs
viele Menschen daran, transeuropäische Zugverbindungen zu nutzen. Es ist aus unserer Sicht
nicht hinnehmbar, dass für eine Zugverbindung von Paris nach Warschau Online-Tickets über
die jeweiligen nationalen Anbieter gebucht werden müssen. Die Landesregierung sollte sich
auf europäischer Ebene dafür einsetzen, bis Ende der Legislaturperiode ein gemeinsames
Online-System und offene technische Schnittstellen verpflichtend einzuführen, um europaweit
Tickets für alle Tag- und Nachtzugverbindungen öffentlicher und privater Anbieter auf allen
gängigen Buchungsportalen buchen zu können. Außerdem soll dafür gesorgt werden, dass alle
online verfügbaren Angebote auch Agenturen und Reisezentren zu fairen Konditionen zur
Verfügung gestellt werden, um durch kompetente Beratung weitere Kund*innen für den
internationalen Bahnverkehr zu gewinnen. Für eine Reisekette mit mehreren Bahngesellschaften
sollen die Fahrgastrechte im Verspätungsfall durchgängig und firmenübergreifend gelten.
Zudem soll sich das Land Berlin dafür einsetzen, dass jede*r 18-Jährige in der EU ein
kostenloses Interrail-Ticket bekommt und entsprechende Mittel im EU-Haushalt aufgestockt
werden.
Reisekostenregelungen überdenken – Wahlfreiheit für Beschäftigte schaffen
Beamt*innen und Mitarbeiter*innen des Landes sowie landeseigener Universitäten möchten wir
bei Dienstreisen die Nutzung klimafreundlicher Verkehrsmittel erleichtern, sowie Anreize für
ein sparsames und klimafreundliches Dienstreiseverhalten setzen. Das Landesbeamtengesetz und
entsprechende Verwaltungsvorschriften sollen so angepasst werden, dass es Landesbediensteten
ausdrücklich erlaubt sein soll, klimafreundliche Verkehrsmittel wie die Bahn auch dann zu
nutzen, wenn sich dadurch längere Reisezeiten oder (in einem akzeptablen Rahmen) höhere
Kosten ergeben. Ein leicht verständlicher und praktikabler Leitfaden für klimafreundliche
Dienstreisen ist in Abstimmung mit Gewerkschaften und Beamt*innenvertretungen sowie Umwelt-
und Verkehrsverbänden zu erarbeiten.
Landesbedienstete sollen künftig frei wählen dürfen, ob sie auf Dienstreisen geeignete
Arbeiten unterwegs, zum Beispiel im Zug, durchführen möchten, was dann auch ausdrücklich
über die tägliche Arbeitszeit hinaus anerkannt werden soll, oder die Zeit lieber für private
Zwecke nutzen und nicht als Arbeitszeit verbuchen wollen. Bei Dienstreisezielen, die mit der
Bahn in unter viereinhalb Stunden erreichbar sind, sollen Flugreisen in der Regel nicht mehr
erstattet werden. Fahrten in Nachtzügen sollen bis zur Komfortklasse Schlafwagen erstattet
werden und gleichwertig mit Hotelübernachtungen behandelt werden. Die Genehmigung von
Flugreisen durch Dienstvorgesetzte soll künftig grundsätzlich meldepflichtig sein. Die
hierbei erhobenen Daten sollen statistisch ausgewertet werden, wobei keine personenbezogenen
Daten gesammelt werden sollen. Dienststellen mit besonders hohem Flugreiseaufkommen sollen
dazu angehalten werden, Alternativen zu prüfen und ihre Mitarbeiter*innen diesbezüglich zu
sensibilisieren. In einem zweiten Schritt soll das Land Berlin sich als Teil einer
übergeordneten Klimastrategie auf der so gewonnenen Datenbasis verbindliche Ziele für die
Reduktion von Dienstreisen per Flugzug setzten und gegebenenfalls weitere Maßnahmen
ergreifen. Allen Landesbediensteten sollen qualitativ hochwertige e-Conferencing-Tools zu
Verfügung gestellt werden, nach Möglichkeit auf OpenSource-Basis. Eine neue Richtlinie
sollte die Landesverwaltung dazu anhalten, Konferenzen möglichst zeitlich so anzusetzen,
dass eine An- und Abreise mit der Bahn für externe Teilnehmer*innen am selben Tag möglich
ist, so dass Flugreisen und Hotelübernachtungen vermieden werden können. Die neue Richtlinie
soll in erster Linie die verantwortlichen Landesbediensteten für die Problematik
sensibilisieren, ohne zu strenge Auflagen zu machen, die die Erledigung von Dienstaufgaben
behindern könnten. Auf die Möglichkeit der Nutzung von Nachtzügen sowie geeignete e-
Conferencing-Tools durch externe Teilnehmer*innen von Meetings soll ausdrücklich hingewiesen
werden. Die genauen Details einer neuen, klimafreundlichen Reisekostenregelung für
Landesbedienstete möchten wir im Dialog mit Gewerkschaften und Beamt*innenverbänden
erarbeiten. Die neuen Regeln sollen zunächst für einen Zeitraum von einem Jahr in einzelnen
Dienststellen freiwillig erprobt werden. Zielsetzung sollte sein, die Umstellung auf das
neue Regelwerk durch verstärkte Nutzung von e-Conferencing insgesamt kostenneutral zu
gestalten. Grundsätzlich sollen zukünftig die verbleibenden, durch das Reisen von
Beamt*innen und Mitarbeiter*innen des Landes entstehenden unvermeidlichen CO2-Emissionen
kompensiert werden, wobei die Kompensation durch lokale Projekte in Berlin und nicht in
Drittländern erfolgen soll.
Begründung
Unterstützer*innen:
LAG Mobilität
Begründung:
Ein ungebremstes Wachstum des europäischen Luftverkehrs ist mit dem Erreichen der im Klimaschutzabkommen von Paris gesetzten Ziele nicht vereinbar, denn Reisen mit dem Flugzeug schädigt das Klima um ein Vielfaches mehr als Reisen mit der Bahn oder dem Fernbus. Gleichzeitig belastet der Flugverkehr die Menschen in der Umgebung von Flughäfen durch Lärm und Ultrafeinstaub. Auch wenn wir die Entwicklung von emissionsfreien Technologien im Luftverkehr ausdrücklich begrüßen, so ist doch allein schon aufgrund der Altersstruktur der Flotten im Luftverkehr nicht davon auszugehen, dass dieser innerhalb der nächsten zwanzig bis dreißig Jahre klimaneutral werden kann. Ein Weiter-So beim Wachstum des europäischen Luftverkehrs kann es daher nicht geben. Wenn es Berlin gelingt, das Wachstum des Luftverkehrs zu begrenzen, so schont dies die Berliner*innen nicht nur vor Lärm- und Feinstaubeinwirkungen, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Auch ein weiterer, kostspieliger Ausbau der BER kann so vermieden werden. Moderne Nachtzüge, wie etwa die Nightjets der ÖBB ermöglichen bequemes, stressarmes, klimafreundliches und zeitsparendes Reisen über Nacht. Momentan ist Berlin durch das Angebot der Bahngesellschaften ÖBB, MAV und PKP Intercity täglich per Nachtzug mit Zürich, Wien, Budapest, Kraków, und Przemyśl an der polnisch-ukrainischen Grenze verbunden. Die Verbindungen der ÖBB nach Zürich und Wien operieren hierbei vollständig eigenwirtschaftlich, dass heißt ohne staatliche Zuschüsse. Ein- bis zweimal wöchentlich besteht eine Verbindung der russischen Staatsbahn nach Paris, dreimal wöchentlich nach Moskau. Außerdem gibt es eine saisonale, eigenwirtschaftliche Nachtzugverbindung eines privaten Anbieters nach Malmö über die Eisenbahnfähre Sassnitz-Trelleborg. Aufgrund der attraktiven Reisezeiten im Tagesverkehr besteht wenig Bedarf für Nachtzugverbindungen nach Prag; nach Bern/Zürich und Wien gibt es bereits eigenwirtschaftliche Nachtzugverbindungen. In Richtung Paris, Luxemburg, Brüssel, Amsterdam, Kopenhagen und Warschau gibt es jedoch das Potential für die Wiedereinführung von Nachtzügen. Durch eine gezielte Förderung durch öffentliche Ausschreibungen oder Förderkredite ist eine kurzfristige Ausweitung des Angebots möglich. Erfahrungsgemäß bauen neue Bahnverbindungen sich erst über längere Zeit eine Klientel auf, da Fahrgäste oft nicht sofort nach Etablierung einer klimafreundlichen Alternative zum Flugzeug auf diese umsteigen, sondern einer gewissen Umgewöhnungszeit bedürfen. Das macht den Markteintritt für neue eigenwirtschaftliche Anbieter ganz ohne öffentliche Unterstützung oft zu riskant, um realisiert zu werden. Andere öffentliche Träger haben ähnliche Pläne für die Förderung von Nachtzügen, so dass sich durch die Kombination von Fördermöglichkeiten innerhalb kurzer Zeit starke Synergien entwickeln könnten. So plant etwa die schwedische Regierung aktuell die Ausschreibung von Nachtzügen nach Westeuropa.
Die Regelungen des Landesbeamtengesetzes zur Erstattung von Reisekosten sind nicht praxistauglich und bedürfen dringend einer Überarbeitung. Die Regelung sieht vor, dass nur das günstigste, regelmäßig verkehrende Transportmittel erstattet wird. Die Regelung wurde vor der Liberalisierung des Fernbusmarkts getroffen und bevor eine dynamische Preisgestaltung im Bahnsektor üblich wurde. Da sich die Preise für einzelne Verbindungen stetig ändern, ist das Gesetz nur schwer anzuwenden und durchzusetzen. Auch wird von Landesbediensteten in der Praxis aus Komfortgründen meist nicht erwartet, statt dem Flugzug oder der Bahn den günstigeren Fernbus zu nehmen, obwohl das Gesetz in seiner heutigen Form dies eigentlich so vorsieht. Wir möchten eine grundsätzliche Neuregelung der Erstattung von Reisekosten erreichen, die die Ziele Kosteneffektivität, Entlastung der Beschäftigten und Klimaschutz miteinander vereinigt. Hierbei soll eine größtmögliche Wahlfreiheit und Flexibilität für die Beschäftigten geschaffen werden, ohne dass dies zu unvertretbar hohen Mehrkosten führt. Uns ist bewusst, dass sich hierbei gewisse Zielkonflikte ergeben, die wir durch ausgeglichene und flexible Regeln lösen wollen. Von Beschäftigten des Landes wird oft der Wunsch geäußert, statt dem Flugzeug auch klimaschonendere Verkehrsmittel für ihre Dienstreisen nutzen zu dürfen. Gleichzeitig kann dies auch bedeuten, dass eine Reise insgesamt mehr Zeit ins Anspruch nimmt und Beschäftigte so weniger Zeit mit ihren Angehörigen verbringen können. Neben der Freiheit, im Landesdienst klimafreundlicher reisen zu dürfen, sehen wir deshalb auch eine größere Rolle für e-Conferencing, um Stress durch häufige Dienstreisen vermeiden zu können. Uns ist besonders wichtig, die neuen Regelungen im Dialog mit Arbeitnehmer*innenvertretungen zu erarbeiten. Niemand soll durch die neuen Dienstreiseregelungen unzumutbar belastet werden. Unser Ziel ist ein Dienstreiseverhalten, was sowohl das Klima als auch die Beschäftigten weniger stark belastet als bisher.
Änderungsanträge
- V-04-009 (Harald Moritz (KV Berlin-Treptow/Köpenick), Eingereicht)
- V-04-009-2 (Harald Moritz (KV Berlin-Treptow/Köpenick), Eingereicht)
- V-04-014 (Harald Moritz (KV Berlin-Treptow/Köpenick), Eingereicht)
- V-04-015 (Harald Moritz (KV Berlin-Treptow/Köpenick), Eingereicht)
- V-04-033 (Harald Moritz (KV Berlin-Treptow/Köpenick), Eingereicht)
- V-04-048 (Harald Moritz (KV Berlin-Treptow/Köpenick), Eingereicht)
- V-04-049 (Harald Moritz (KV Berlin-Treptow/Köpenick), Eingereicht)
- V-04-058 (Harald Moritz (KV Berlin-Treptow/Köpenick), Eingereicht)
- V-04-061 (Georg P. Kössler (KV Neukölln), Eingereicht)
- V-04-073 (Willi Junga (KV Berlin-Treptow/Köpenick), Eingereicht)