Veranstaltung: | Landesdelegiertenkonferenz am 7. Dezember 2019 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 6 Weitere Anträge |
Antragsteller*in: | LAG Tierschutzpolitik (dort beschlossen am: 05.12.2019) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 05.12.2019, 15:36 |
VD-02 : Tierschutz stärken – Tierversuchskommission transparent besetzen
Antragstext
Dringlichkeitsantrag
Im Genehmigungsprozess von Tierversuchen sind durch das Tierschutzgesetz eine oder mehrere
Tierversuchskommissionen (TVK) eingebunden. Mindestens ein Drittel der Mitglieder wird auf
Vorschlag von Tierschutzorganisationen ausgewählt. Die bestehende Berliner Kommission wird
aktuell neu besetzt.
Diese Kommission ist die einzige offizielle Beteiligung der Zivilgesellschaft inklusive der
Tierschutzverbände vor der Durchführung von Versuchen. Daher ist es wichtig, dass die
Auswahl der Mitglieder und die Festlegung der Verfahren in der Kommission eine kritische
Prüfung auf Unerlässlichkeit der Versuchsvorhaben gewährleistet.
Dafür müssen die folgenden Punkte sichergestellt werden:
- Die Tierschutzorganisationen sollen als gemeinnützig anerkannt sein und sich in ihrem
Tätigkeitsbereich für Aspekte wie das individuelle Wohl von Tieren, die Umsetzung oder
Auffindung tierversuchsfreier Forschungs- und Prüfungsmethoden oder die
Unversehrtheit von Tieren einsetzen.
- Sollten mehrere Tierversuchskommissionen gegründet werden, muss hieraus eine fachliche
Verbesserung der Genehmigungen von Tierversuchen resultieren. Es darf kein
Informationsverlust zwischen den Kommissionen stattfinden, und die Verfahren, z. B.
die Zuweisung der Anträge, müssen transparent und begründet sein.
- Damit qualifizierte Vorschläge in ausreichender Zahl erfolgen, ist eine Weiterbildung
von Interessenten notwendig. Bei Ausschreibung soll eine aktive und direkte
Information der Tierschutzorganisationen erfolgen.
- Die durch den Koalitionsvertrag eingesetzte hauptamtliche
Landestierschutzbeauftragte ist bei allen Änderungen von Verfahren innerhalb der TVK
oder bei der Gründung weiterer Kommissionen zu konsultieren.
Begründung
Tierversuchskommissionen unterstützen lt. Tierschutzgesetz (TierSchG) § 15 die zuständigen Behörden bei der Entscheidung über die Genehmigung von Versuchsvorhaben und bei der Bewertung angezeigter Änderungen genehmigter Versuchsvorhaben.
Die Relevanz der Kommissionen wird durch das aktuelle Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland vermutlich steigen, aktuell ist lediglich eine Plausibilitätsprüfung der Anträge möglich. Das Verbandsklagerecht in Berlin wird bei Tierversuchen voraussichtlich nur als Feststellungsklage umgesetzt – die LDK hatte eine Anfechtungsklage mit aufschiebender Wirkung gefordert. Auch daher ist eine kritische Prüfung durch die Tierversuchskommission zentral.
Es können mehrere Tierversuchskommissionen gegründet werden, dies ist insbesondere in Flächenländern der Fall.
Im Amtsblatt vom 1.11.2019 ruft das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lages) auf Seite 67–88 zur Bewerbung als Mitglied in der Tierversuchskommission auf.
Die Kommissionen werden in der Regel für die Dauer von drei Jahren berufen (AVV zum TierSchG Punkt 14.1.2). Eine Abberufung der Mitglieder ist lt. Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) § 86 nur mit wichtigem Grund wie Pflichtverletzung oder dauerhafter Verhinderung der Ausübung der Tätigkeit möglich.
In die Kommissionen werden jedoch nicht beliebige Bürger*innen berufen, sondern die Auswahl erfolgt „aufgrund von Vorschlägen der Tierschutzorganisationen“. Die Zahl dieser Mitglieder muss mindestens ein Drittel der Kommissionsmitglieder betragen, kann jedoch wie u. a. in Baden-Württemberg auch höher sein.
Was eine Tierschutzorganisation ist, wird jedoch im Gesetz nicht festgelegt und auch nicht im gängigen Gesetzeskommentar Maisack et al. bezüglich Tierschutzversuchstierverordnung (TierSchVersV) § 42 Absatz 2 und 3 erläutert.
Auf der TVK-Webseite des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) sind als Vereine nur die „Gesellschaft für Versuchstierkunde“ (an Versuchstierkunde interessierte Wissenschaftler*innen) und die „Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz“ (Tierärzt*innen und Naturwissenschaftler*innen) verlinkt, zudem eine Seite der*des Tierschutzbeauftragten eines Forschungsinstituts.
Die Tierschutzbeauftragten der tierexperimentell tätigen Wissenschaftler*innen, Institute und Unternehmen in Berlin haben 2016 einen eigenen Verein gegründet.
Begründung der Dringlichkeit:
Antragsschluss war am 2.11.2019. Der Aufruf zur Bewerbung bei der Tierversuchskommission wurde im Amtsblatt vom 1.11.2019 veröffentlicht. Erst im Laufe des Monats November hatte sich im Dialog mit den Tierschutzverbänden gezeigt, dass diese offenbar über die anstehende Neubesetzung und evtl. anstehende Änderungen nicht direkt informiert wurden.
Für weitere Modalitäten der Genehmigung von Tierversuchen mit Unterstützung der Tierversuchskommission arbeitet die LAG an einem Positionspapier, das im ersten Schritt auf einen Dialog mit Senatsverwaltungen, Fachpolitiker*innen und Kolleg*innen aus anderen Landesarbeitsgemeinschaften abzielt.