Veranstaltung: | LDK am 28. Oktober 2020 |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | TOP 8 Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Christopher Philipp (KV Berlin-Mitte) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 21.02.2020, 21:57 |
V27: IT-Sicherheit in Berlin voranbringen
Antragstext
IT-Sicherheit in Berlin voranbringen
In den letzten Monaten gab es in Deutschland zahlreiche folgenschwere Cyberangriffe.
Krankenhäuser, Altenpflegeeinrichtungen, Unternehmen, Behörden und Universitäten waren
betroffen. So musste beispielsweise das Rathaus Potsdam über eine Woche vom Netz getrennt
werden und konnte seine Verwaltungsaufgaben nur eingeschränkt erfüllen. Nach einer
repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter mehr als 1000 Geschäftsführern
deutscher Unternehmen verursachten Cyberangriffe für die befragten Unternehmen einen
wirtschaftlichen Gesamtschaden von 102,9 Milliarden Euro jährlich. Teilweise war es Glück,
dass erfolgte Cyberangriffe keine schlimmeren Auswirkungen hatten: So waren bei einem
Angriff auf elf Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz und im Saarland medizinische Geräte nicht
betroffen - dass dies unmittelbar eine Gefahr für Leib und Leben der dortigen Patient*innen
bedeutet hätte, ist offensichtlich.
Auch das Berliner Kammergericht ist im letzten Jahr Opfer eines schwerwiegenden
Cyberangriffs geworden. Dies führte dazu, dass die komplette Internetkommunikation des
Kammergerichts abgeschaltet werden musste.
Nicht zuletzt der Fall des Cyberangriffs auf das Kammergericht zeigt: Berlin muss sich im
Bereich Cybersicherheit auf neue Herausforderungen und häufigere Angriffe einstellen. Wenn
es uns nicht gelingt, ein hohes Maß an IT-Sicherheit zu gewährleisten, kann dies negative
Auswirkungen auf alle Menschen in der Stadt haben. Ein Cyberangriff kann dazu führen, dass
Dienstleistungen der Verwaltung nicht erbracht werden können, sensible Daten von
Bürger*innen abfließen, Arbeitsplätze bedroht sind und im schlimmsten Fall Menschenleben
gefährdet werden.
Wir schlagen daher folgende Maßnahmen vor, mit denen wir das Land Berlin im Bereich der IT-
Sicherheit besser aufstellen wollen und den Menschen in Berlin und dort ansässigen
Unternehmen verbesserte Angebote unterbreiten möchten:
1. Wir wollen eine IT-Sicherheitsstrategie für das Land Berlin erarbeiten!
Für eine gelungene Neuaufstellung im Bereich der IT-Sicherheit braucht es zunächst eine
gemeinsame Strategie. Einzelne Maßnahmen können nur dann erfolgreich sein, wenn sie sich in
ein stimmiges Gesamtkonzept einbetten. Ein solches fehlt bislang. Ausgangspunkt einer
Strategie muss für uns das Vorsorge- und Verhütungs-Prinzip sein. IT-Sicherheit darf kein
reaktiver Vorgang auf schwerwiegende Sicherheitsvorfälle sein, sondern muss Vorfälle auf
allen Ebenen antizipieren und ihnen mit einer umfassenden präventiven Strategie begegnen.
Wir sehen dabei verschiedene zentrale Aspekte einer IT-Sicherheitsstrategie: die Sicherheit
der Bürger*innen, die Sicherheit der Netze, die Sicherheit der Verwaltung, die Sicherheit
der Wirtschaft und die Sicherheit im Katastrophenfall. Jeder dieser Aspekte erfordert dabei
eine individuelle Betrachtung, um dem sicherheitspolitischen Anforderungsprofil gerecht zu
werden. In einem weiteren Schritt müssen die Schwachstellen der gegenwärtigen
Zuständigkeitsaufteilung für die IT-Sicherheit in Berlin analysiert werden, um auf dieser
Basis die Prioritäten für deren Weiterentwicklung zu identifizieren. Die IT-
Sicherheitsstrategie Berlin muss unter Einbindung aller zuständigen Ressorts, der
Zivilgesellschaft und der Wirtschaft erarbeitet werden. Nur so ist sichergestellt, dass sie
den nötigen ganzheitlichen Ansatz abbildet.
2. Wir wollen ein BerlinerIT-Sicherheitsgesetz schaffen!
Ein zentraler Punkt der IT-Sicherheitsstrategie müssen die Eckpunkte eines Berliner IT-
Sicherheitsgesetzes sein, welches das entsprechende Bundesgesetz ergänzt. Dieses muss in
einem nächsten Schritt ausgearbeitet und zügig verabschiedet werden. Um IT-Sicherheit auf
einem hohen Niveau in Berlin gewährleisten zu können, braucht es eine klare
Aufgabenverteilung und klar beschriebene Befugnisse der handelnden Behörden. Beides kann nur
auf gesetzlicher Basis vorgenommen werden - denn nur der Gesetzgeber kann solch wesentlichen
Entscheidungen demokratische Legitimation verschaffen. Eine Verlagerung dieser
Entscheidungen auf die Verwaltung wird einem transparenten Verfahren nicht gerecht. Die
vorgesehenen Maßnahmen müssen so gestaltet werden, dass sie den Gefahren wirkungsvoll
begegnen, dabei aber die Grundrechte der Bürger*innen wahren.
3. Wir wollen ein Kompetenzzentrum IT-Sicherheit einrichten!
Bei einem IT-Sicherheitsvorfall sind die Zuständigkeiten verschiedener Stellen betroffen. In
der Regel sind personenbezogene Daten involviert, so dass die Landesbeauftragte für
Datenschutz und Informationsfreiheit ins Spiel kommt. Cyberangriffe sind strafbar - deren
Verfolgung Sache der Strafverfolgungsbehörden. Erste Schutz- und Bereinigungsmaßnahmen von
Cyberangriffen wird das Berliner Computer Emergency Response Team (sog. CERT) vornehmen.
Wichtig ist, dass die involvierten Beteiligten sich eng abstimmen und das wichtige
Informationen ausgetauscht werden. Hierfür muss ein Kompetenzzentrum IT-Sicherheit als
Informations-, Kooperations- und Koordinationsplattform in Berlin eingerichtet werden. Auch
dieses sollte auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, welche die vorgesehenen
Verantwortlichkeiten, Informations- und Benachrichtigungspflichten festlegt.
4. Wir wollen Wissensvermittlung und Sensibilisierungen für die Gesellschaft fördern!
IT-Sicherheit kann durch staatliche Akteure allein nicht sichergestellt werden. Vielmehr ist
von entscheidender Bedeutung, dass alle Menschen für die Risiken im Netz sensibilisiert
werden und wissen, wie sie sich vor ihnen schützen können. Der Staat kann hierbei aber
unterstützen. Zusammen mit der Berliner Wirtschaft werden wir einen Hackathon initiieren,
bei dem kollektiv die Stärkung der IT-Sicherheit vorangetrieben wird. Für die Bürger*innen
setzen wir außerdem auf umfangreiche Wissensvermittlung. Wir wollen Digital Summer Schools
für Berlin schaffen und uns aktiv am Digitaltag 2020 (https://digitaltag.eu) beteiligen, der
am 19. Juni 2020, stattfindet. Damit wollen wir die Digitalisierung und IT-Sicherheit
niedrigschwellig in der Stadt erfahrbar machen. Da der Digitaltag von Beteiligung lebt,
rufen wir auch alle Kreisverbände dazu auf, Aktionen für den Digitaltag 2020 anzumelden.
Wir setzen auf möglichst umfangreiche Bildungs- und Beratungsangebote und sorgen für eine
ganzheitliche Vermittlung von Medienkompetenz und Sachverständnis in der schulischen
Bildung. Im Bereich der Erwachsenenbildung setzen wir insbesondere auf die Volkshochschulen
und Hochschulen. Zudem wollen wir prüfen, den Auftrag der Landeszentrale für politische
Bildung als anerkannte Akteurin in der Bildungsarbeit um die digitale Bildung zu erweitern.
Denn aus unserer Sicht ist digitale Bildung heute wesentlich, um sich in der Welt
selbstbestimmt zu bewegen.
5. Wir wollen mehr IT-Sicherheit in der Verwaltung!
Maßgeblich für das Vertrauen der Bürger*innen in die Berliner Verwaltung und ihren
Digitalisierungsprozess ist die Absicherung der Daten. Dabei müssen wir auf zwei
übergeordnete Grundsätze hinwirken: „Security by Design“ und „Form follows Function, follows
Security“.
Ebenso bedeutsam für die Vermeidung von IT-Sicherheitsvorfällen innerhalb der Verwaltung ist
das Bewusstsein aller Beschäftigten für die Relevanz der IT-Sicherheit. Hier setzen wir auf
eine Landes-Awarness-Strategie der IT-Sicherheit. Verpflichtende und regelmäßige
Weiterbildungen sowie das Angebot von E-Learning-Tools, sowie erlebnisorientierte
Sensibilisierungen wie die Durchführung regelmäßiger IT-Sicherheitsübungen und Live-Hackings
sind in einer digitalen Verwaltung unabdingbar. Zudem machen wir uns dafür stark, dass
Beschäftigte, die IT-Sicherheitsprobleme melden, dafür belohnt werden und wir werden die
Kooperation mit den Berliner Universitäten suchen, um durch Bug-Bounty-Programme
Sicherheitslücken zu finden bevor sie zu Sicherheitsvorfällen werden.
Unterstützer*innen
- Jan Fährmann (KV Berlin-Kreisfrei)
- Sebastian Weise (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Lara Liese (KV Berlin-Mitte)
- Jelisaweta Kamm (KV Berlin-Mitte)
- Stefan Ziller (KV Berlin-Marzahn/Hellersdorf)
- Esra Celebi (KV Berlin-Mitte)
- Claudia Fechner (KV Berlin-Treptow/Köpenick)
- Silke Gebel (KV Berlin-Mitte)