Veranstaltung: | Wahlprogramm-LDK 2021 |
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Tagesordnungspunkt: | K-5 Kapitel 5 |
Status: | Beschluss (vorläufig) |
Abstimmungsergebnis: | Ja: 114, Nein: 1, Enthaltungen: 1, Ungültig: 0 |
Beschluss durch: | LDK |
Beschlossen am: | 20.03.2021 |
Eingereicht: | 23.03.2021, 19:32 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Kapitel 5: Vielfalt leben – in Freiheit und Gleichheit
Beschlusstext
5. Vielfalt leben - in Freiheit und Gleichheit
Berlin ist die Stadt der Freiheit. Hier leben knapp vier Millionen Menschen mit den
unterschiedlichsten Biographien, Zielen und Träumen. Unsere Vision ist eine Stadt, die der
Vielfalt ihrer Bewohner*innen gerecht wird. Der Staat kann und soll das Zusammenleben von
Menschen nicht steuern und organisieren. Aber er ist in der Pflicht, das Versprechen des
Grundgesetzes auf Menschenwürde, Freiheit, Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und
Diskriminierungsschutz für alle Wirklichkeit werden zu lassen. Wir werden dafür sorgen, dass
diskriminierende und rassistische Strukturen sowie jedwede Formen der Diskriminierung und
Ungleichmachung aufgebrochen werden, dass Hass und Spaltung keine Chance haben, dass niemand
Angst haben muss, das eigene Leben frei zu gestalten. Für uns sind Respekt und Anerkennung
die Leitprinzipien einer offenen Gesellschaft. Wo verschiedene Formen der Diskriminierung
und Ausgrenzung zusammenfallen, betrachten wir diese stets in ihrem Zusammenhang:
Beispielsweise müssen Frauen-, Queer- oder Inklusionspolitik immer auch antirassistisch
sein, so wie auch Antirassismus feministisch, queer und inklusiv sein soll. Unsere Politik
ist intersektional.
Wer die Gesellschaft ändern will, muss bei sich selbst beginnen. Deshalb haben wir uns als
Partei auf den Weg gemacht und damit begonnen, Diskriminierungen und Ausschlussmechanismen
in unseren Strukturen zu identifizieren und abzubauen. Unser Frauenstatut dient seit über 30
Jahren erfolgreich als Grundlage dafür, Macht und Teilhabe in unserer Partei
geschlechtergerecht zu verteilen. Darauf wollen wir aufbauen. Uns ist bewusst: Menschen, die
der weißen Mehrheitsgesellschaft angehören, müssen ihre eigenen Privilegien kritisch
reflektieren und aktiv Rassismus und Diskriminierung verlernen. Menschen, die in unserer
Gesellschaft von Rassismus betroffen sind, müssen sichtbar werden, nicht nur zu Wort kommen
und mitbestimmen können, sondern auch in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden – in
der Politik genauso wie in allen anderen Lebensbereichen. Das ist ein erster wichtiger und
notwendiger Schritt, um Vielfalt in dieser Stadt leben zu können.
Um dies zu erreichen, braucht es auch eine differenzierte Auseinandersetzung mit
unterschiedlichen Formen von Rassismus, etwa Rassismus gegen Schwarze Menschen,
antimuslimischer Rassismus oder antiasiatischer Rassismus. So hat Berlin als erstes
Bundesland eine Expert*innen-Kommission zu antimuslimischem Rassismus einberufen, von der
wir uns wichtige Impulse und Maßnahmenvorschläge versprechen.
Schutz vor staatlicher Diskriminierung und Förderung einer vielfältigen Zivilgesellschaft
Wir haben mit dem Landesantidiskriminierungsgesetz als erstes Bundesland überhaupt wirksamen
Schutz vor staatlicher Diskriminierung geschaffen. Gemeinsam mit dem neuen „Diversity-
Landesprogramm“ treiben wir eine Kultur der Wertschätzung von Vielfalt in der Verwaltung
voran. Mit dem „Landesprogramm für Demokratie. Vielfalt. Respekt.“ unterstützen wir
zivilgesellschaftliche Organisationen in ihrer Arbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus,
Antiziganismus und Antisemitismus. Wir werden diese Programme in den kommenden Jahren weiter
ausbauen und mit einem Landesdemokratiefördergesetz einen stabilen Rechtsrahmen und eine
stabile Finanzierung der Zivilgesellschaft garantieren. Vor Ort wollen wir Menschen stärker
an politischen Entscheidungen beteiligen. Wir wollen neue niedrigschwellige und inklusive
Beteiligungsformate erproben und etablieren, die die Teilnahme von Menschen ermöglicht,
deren Stimmen aufgrund von Zugangsbarrieren bisher unsichtbar und unhörbar bleiben oder weil
sie sich nicht angesprochen gefühlt haben. Dazu wollen wir in allen Bezirken und auf
Landesebene Bürger*innenräte etablieren, die temporär zu bestimmten Themen gebildet werden
und die gewählten Repräsentant*innen beraten.
Selbstbestimmung und 50 Prozent der Macht den Frauen
Unsere Partei wurde durch die Frauenbewegung maßgeblich geprägt und ist mit aus ihr heraus
entstanden. Feministische Politik gehört zu unserer DNA - und wir sind erfolgreich. In der
grünen Fraktion im Abgeordnetenhaus sind 60 Prozent der Mandatsträger*innen weiblich.
Insgesamt liegt die Quote im Abgeordnetenhaus aber nur bei gerade mal einem Drittel. Mit der
intersektionalen Brille betrachtet ist das Defizit der Unterrepräsentation noch eklatanter:
Lesbische Frauen und Women of Color sind im Abgeordnetenhaus so gut wie kaum repräsentiert.
Das nehmen wir nicht hin! Wir prüfen, wie wir einen verfassungskonformen Weg für ein
Paritätsgesetz entwicklen können, damit alle Parteien verpflichtet sind, deutlich mehr
Frauen in die Parlamente zu schicken.
Freiheit und Selbstbestimmung funktionieren nur ohne Angst und Gewalt. Darum haben wir in
den vergangenen Jahren für mehr Plätze in Frauenhäusern gekämpft und das siebte Berliner
Frauenhaus eröffnen können. Jetzt kämpfen wir für ein achtes Frauenhaus, denn die
Schutzplätze reichen für eine Stadt wie Berlin nicht aus. Wir haben Unterstützung für Frauen
und die Anti-Stalking-Beratungsstelle finanziell besser ausgestattet, in den
Landesunternehmen Leitlinien gegen Sexismus und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
verabschiedet.
Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit ist für uns selbstverständlich – für viele
Unternehmen leider noch nicht. Darum setzen wir uns auf Bundesebene weiter für ein echtes
Entgelttransparenzgesetz und ein Ende des Ehegattensplittings ein.
Die Regenbogenhauptstadt bleibt bunt
Unsere Stadt ist so bunt wie der Regenbogen und eine vielfältige queere Community gehört zum
Herzen der Regenbogen-Hauptstadt Berlin. Hier sollen sich alle queeren Menschen willkommen,
sicher und zuhause fühlen - egal ob hier geboren, zugezogen oder zu Besuch. Wir unterstützen
queere Infrastruktur, die offen ist für alle, und das in der ganzen Stadt. Dafür braucht es
Freiräume, die wir schützen wollen. Den bestehenden Maßnahmenplan, die "Initiative
Geschlechtliche und Sexuelle Vielfalt" (IGSV), werden wir gemeinsam mit den lesbischen,
schwulen, bi-, trans*- und inter*-Communities weiter ausbauen und neue Handlungsfelder
erschließen, um quer durch alle Ressorts die vielfältige Beratungs-, Empowerment- und
Antidiskriminierungsarbeit für LSBTIQ* im Bildungs- und Gesundheitsbereich über den
Gewaltschutz bis hin zur Kultur- und Erinnerungspolitik zu stärken. Durch einen
ressortübergreifenden Maßnahmenplan, den der Senat gemeinsam mit den lesbischen, schwulen,
bi-, trans*- und inter*-Communities erarbeitet, entsteht eine dauerhafte Struktur für
Akzeptanzarbeit für LSBTIQ*. Gelingen kann dies nur, wenn möglichst viele Gruppen, Vereine
und Aktivist*innen zu Wort kommen und ihre vielfältigen, intersektionalen Perspektiven
einfließen. Diese gemeinsame Arbeit wollen wir fortsetzen und weiterentwickeln.
Freiheit schützen und bewahren – wir setzen auf den Rechtsstaat
Freiheit für alle erreichen wir nur, wenn sich Menschen in Berlin sicher fühlen können,
Angst hemmt Freiheit. Mit einem Freiheitsrechtestärkungspaket haben wir das größte
innenpolitische Reformprogramm in Berlin seit Jahrzehnten realisiert. Mit der Novelle des
Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes haben wir der Berliner Polizei bei konkretem
Verdacht auf terroristische Straftaten oder ähnlich schwere Verbrechen zusätzliche
Kompetenzen wie die Telekommunikationsüberwachung unter Richter*innenvorbehalt eingeräumt.
und gleichzeitig für mehr Bürger*innenrechte sowie Offenheit und Transparenz bei der Polizei
gesorgt. Wir haben unser innenpolitisches Versprechen umgesetzt und die Stelle eines
unabhängigen Beauftragten für Bürger*innen und Polizeiangelegenheiten geschaffen. Wir sind
der Überzeugung, die beste Sicherheitspolitik setzt auf Prävention – indem wir Menschen
Chancen im Leben geben und die Polizei vor Ort stärken. Wir wollen eine Polizei, die in den
Kiezen verwurzelt ist, die offen mit Fehlern umgeht, rechtsextreme Strukturen in den eigenen
Reihen schonungslos aufdeckt, sich die dafür notwendigen diskriminierungskritischen
Kompetenzen und das erforderliche Wissen systematisch und kontinuierlich aneignet und so
vielfältig und offen ist, wie unsere Stadt. Genau so entsteht Vertrauen. Gewalt und
Extremismus egal welcher Couleur haben keinen Platz in der offenen Gesellschaft. Dagegen
braucht es ein entschlossenes staatliches Handeln. Gewalt kann niemals ein legitimes Mittel
in der politischen Debatte sein. Sie disqualifiziert für jeglichen politisches Diskurs.
Rechtsextremismus ist dabei die größte Gefahr für die liberale Demokratie und die Sicherheit
in Deutschland und Berlin. Als Folge des Anschlags auf dem Breitscheidplatz haben wir die
Strukturen zur Bekämpfung von islamistischem Terror gestärkt. Wir errichten ein neues Anti-
Terror-Zentrum, um islamistischen und rechtsextremen Terror besser zu bekämpfen. Die
Bekämpfung rechtsextremistischer Strukturen – auch innerhalb der Sicherheitsbehörden – muss
Priorität für alle Sicherheitsorgane haben. Linksradikaler Gewalt treten wir wie jeder Form
von politisch motivierter Gewalt konsequent mit den Mitteln des Rechtsstaates entgegen.
Dafür errichten wir ein neues Anti-Terror-Zentrum, um islamistischen und rechtsextremen
Terror besser zu bekämpfen. Nach den Skandalen um vergiftete Schießstände haben wir
erkrankte Polizist*innen entschädigt und neue Einsatztrainingszentren gebaut, damit junge
Polizist*innen zeitgemäß ausgebildet werden. Die Zulagen für die Einsatzkräfte bei Feuerwehr
und Polizei wurden deutlich angehoben. Eine gemeinsame Leitstelle für Polizei und Feuerwehr
ist in der Planung, um Berlin für Notfälle sicherer zu machen. Diesen Weg, Ausstattung und
Arbeitsbedingungen für unsere Sicherheitskräfte zu verbessern, wollen wir weitergehen. Die
Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum sowie Gesichtserkennung zur
Gefahrenabwehr lehnen wir ab.
Alle Menschen müssen ihre Rechte durchsetzen können. Dafür brauchen wir eine unabhängige,
starke und moderne Justiz. In den vergangenen Jahren haben wir die Berliner Justiz in
riesigen Schritten besser aufgestellt. Wir haben nach vielen Jahren die Soll-Personalstärke
im Allgemeinen Vollzugsdienst in fast allen Justizvollzugsanstalten wieder erreicht,
Richter*innen und Staatsanwält*innen eingestellt und für die vielen neuen Stellen in der
Justiz zusätzliche Räumlichkeiten geschaffen. Um der organisierten Kriminalität den Geldhahn
abzudrehen und Vermögen einzuziehen, haben wir eine Spezialabteilung bei der Berliner
Staatsanwaltschaft gegründet. Gerade Verbraucher*innen müssen sich sicher sein können, dass
Lebensmittel nicht verunreinigt sind und digitale Angebote Standards des Datenschutzes
erfüllen. Um die Rechtsdurchsetzung für alle Menschen zu erleichtern, haben wir
Verbandsklagerechte ausgeweitet und sorgen so dafür, dass alle zu ihrem Recht kommen. Der
Rechtsstaat ist das Rückgrat unserer Gesellschaft, wir werden ihn weiter stärken.
Freiräume erhalten und fördern
Berlin lebt von Kreativität, Freiräumen und der Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem. Gerade
in einer wachsenden Stadt geraten Freiräume unter Druck, deshalb darf das Bekenntnis zu
Freiräumen für Kunst, Kultur und alternativen Lebensmodellen nicht nur ein Werbespruch
bleiben. Wir brauchen deshalb auf Bundesebene eine Reform des Gewerbemietrechts, die es den
Kommunen ermöglicht, Räume zur Produktion von Kunst und Kultur, Bildungseinrichtungen und
Kulturorten zu schützen, etwa durch die Ausweitung des Milieuschutzes auf gewerbliche Räume.
Auch setzen wir uns für den Schutz von Freiräumen ein, die als Schutzräume für alternative
Lebensentwürfe und marginalisierte beziehungsweise von Diskriminierung betroffenen Gruppen
dienen. Wir wollen, dass alternative Freiräume langfristig Bestand haben, in ihren Räumen
bleiben können oder – falls nötig – neue Orte erhalten, wenn ihre Existenz bedroht ist.
Solange Land und Kommunen durch den Bund jegliche Kompetenz für den Erhalt von diesen
Freiräumen verwehrt bleibt, wollen wir im Fall von Besetzungen dem Berner Vorbild folgen,
damit nur und erst dann geräumt wird, wenn der Besitzer eine geplante Nutzung der
Räumlichkeit nachweisen kann. Generell haben bei Besetzungen für uns politische Lösungen
immer Vorrang.
Kulturmetropole Berlin
Berlin hat eine einzigartige Kunst- und Kulturszene. Wir wollen, dass alle Menschen in
dieser Stadt ungehindert und barrierefrei teilhaben können an Kultur und Künsten. Infolge
der Corona-Krise, durch Bodenspekulation und Verdrängung ist die Situation vieler
Kulturschaffender, Kreativer und privater Kulturorte heute prekärer denn je. Der Wert von
Kunst und Kultur steht für sich und bleibt unabhängig von seiner kommerziellen
Verwertbarkeit. Deshalb
kämpfen wir für eine bessere soziale Absicherung von Kulturschaffenden, die Schaffung und
den Erhalt künstlerischer Freiräume genauso wie für eine gute kulturelle Grundversorgung und
Teilhabe aller Berliner*innen. Wir werden dafür die bestehende Fördersystematik innovativ
weiterentwickeln: durch mehr Mittel für Berlins Freie Szene, junge Sparten und hybride
Kulturformen, eine Stärkung der Ankerinstitutionen und kulturellen Bildungsarbeit sowie eine
bessere Repräsentation der gesellschaftlichen Vielfalt – gerade auch in Jurys, Intendanzen
und Aufsichtsgremien. Das gilt auch für die freien Medien, deren Unabhängigkeit wir gegen
alle Angriffe verteidigen..
Eine demokratische Gesellschaft wird auch von ihrer Erinnerungskultur zusammengehalten: Wir
halten das Gedenken an die Verbrechen des Nationalsozialismus wach und wollen, dass das Erbe
und die Orte der friedlichen Revolution im Berliner Stadtraum sichtbarer werden. Für die
überfällige Aufarbeitung und Erinnerung an die deutsche Kolonialvergangenheit werden wir in
Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft die Dekolonisierung der Kultureinrichtungen und -
förderung im Bildungsbereich und öffentlichen Raum weiter vorantreiben. Zur kollektiven
Erinnerungskultur gehört es auch, die Sichtbarkeit der ersten und zweiten Generationen der
Arbeitsmigrant*innen (West-Berlin) sowie Vertragsarbeiter*innen (Ost-Berlin) und ihrer
Errungenschaften im Straßenbild zu erhöhen. Erinnerungsstrategien sowie die Geschichten der
Aufbaugeneration wollen wir gemeinsam mit Menschen, die über das Anwerbeabkommen nach
Deutschland migriert sind, und ihren (Enkel-)Kindern entwickeln und umsetzen.
Antirassistische, feministische und queere Perspektiven in den Museen wollen wir weiter
stärken und die Geschichte(n) dieser emanzipatorischen Bewegungen in den Kultureinrichtungen
und im Stadtbild Berlins sichtbarer machen. Sammlungen, Archive und Museen, die von sozialen
Bewegungen selbst aufgebaut wurden, werden wir weiter unterstützen und ihren Bestand auch in
Zukunft gewährleisten.
Freiheit und Gleichheit sind universelle Werte – und Berlin ist ein sicherer Hafen
Wir sind glühende Verfechter*innen der europäischen Idee und der europäischen Einigung.
Viele Entwicklungen in Europa verfolgen wir derzeit aber mit großer Sorge. Das Erstarken von
rechtspopulistischen und rechtsextremen Kräften in Polen, Ungarn und anderen Ländern droht
die Europäische Union insgesamt zu zerstören. Die sogenannten "LSBT*-freien Zonen" in Polen,
die Anti-LGBT Angriffe im russischen Tschetschenien sowie die Rücknahme von queeren Rechten
in Ungarn sind besorgniserregende Menschenrechtsverletzungen und müssen sichtbar
entgegengetreten werden.Wir arbeiten über unsere Städtepartnerschaften für die Rechte
queerer Menschen in Polen und setzen uns im „Rainbow Cities Network“ in über 30 Städten auch
auf lokaler Ebene für die Stärkung der Belange von LSBTIQ* ein. Und Berlin soll ein sicherer
Hafen für Menschen sein, die vor Krieg, Verfolgung, Elend, Armut oder der Klimakrise fliehen
mussten. Alle Menschen, die in Berlin ankommen, müssen eine Chance erhalten, sich hier ein
Leben aufbauen zu können. Wir machen Berlin zu einer guten Heimat für all diejenigen, die in
Berlin Schutz suchen und leben wollen. Wir setzen uns für die gerechte Öffnung der
Strukturen für Geflüchtete ein - vom gerechten Zugang zu (Aus)Bildung, Wohnung, Arbeit,
ärztlicher Versorgung und sozialer Absicherung über Kunst und Kultur und bis hin zur
politischen Teilhabe - nicht zuletzt in unserer eigenen Partei. Wir setzen uns dafür ein,
dass Berlin zu einer starken Solidarity City wird.
5.1 Ein Berlin für alle: für Vielfalt, gegen
Diskriminierung
Berlin ist offen. Offen für neues, offen für Vielfalt, offen für neue Berliner*innen.
Anerkennung und Wertschätzung sind es, die Berlin zusammenhalten und zur Metropole machen.
Diskriminierung und das Absprechen von gleichen Rechten zerstören diese lebenswichtige
Solidarität. Mit dem Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) hat Berlin als erstes
Bundesland wirksamen Schutz vor staatlicher Diskriminierung geschaffen und die Rechte der
Betroffenen gestärkt. Das LADG setzt bundesweit Impulse für eine vielfältige Gesellschaft
und gegen Stigmatisierung. Wir werden das LADG konsequent weiterentwickeln. Wir setzen uns
dafür ein, Diskriminierung aufgrund des Gewichts in den Merkmalskatalog aufzunehmen.
Gemeinsam mit dem ebenfalls in diesem Jahr eingeführten Diversity-Landesprogramm wird die
Implementierung einer Kultur der Wertschätzung von Vielfalt in der Verwaltung
vorangetrieben. Mit dem Landesamt für Einwanderung ist Berlin das erste Bundesland, das eine
eigenständige Einwanderungsbehörde geschaffen und damit die Weichen in Richtung
Weltoffenheit und Willkommenskultur gestellt hat.
Auch in den nächsten Jahren wollen wir an unserer Vision eines vielfältigen Berlins
arbeiten, in der jede*r frei, selbstbestimmt, ohne Diskriminierung und Gewalt leben kann.
Wir möchten allen hier lebenden Menschen gleichberechtigt und ohne strukturelle
Benachteiligungen ermöglichen, die Gesellschaft mitzugestalten: Berliner*innen der ersten
bis x-ten Generation, Ein-Eltern-Familien, Familien mit mehr Eltern oder andere
Verantwortungsgemeinschaften, sozial benachteiligte Familien, Menschen aller Geschlechter,
Menschen mit oder ohne Behinderung, Gläubige aller Glaubensrichtungen oder Nichtgläubige,
Betroffene von Antisemitismus, LSBTIQ*, Schwarze Menschen, People of Color, Sintize* und
Romnja* ebenso wie Kinder, Jugendliche und alte Menschen. Die Voraussetzungen dafür sind ein
umfassender Schutz vor Diskriminierung und rechtlich garantierte Chancen auf Teilhabe,
gerechte Repräsentation und Mitgestaltung in allen gesellschaftlichen Bereichen und
staatlichen Institutionen. Das Beratungs- und Empowermentangebot werden wir im engen
Austausch mit der Zivilgesellschaft weiterentwickeln. Dabei nehmen wir insbesondere den
Umgang mit sozialer Ausgrenzung, Klassismus und Diskriminierung im digitalen Kontext, etwa
im Zuge des Einsatzes von Algorithmen und Künstlicher Intelligenz, in den Blick und begegnen
auch den (psycho)sozialen Auswirkungen von Diskriminierung systematisch.
Hinzu kommen Programme, die besonders marginalisierte Gruppen stärken, wie der Aktionsplan
zur Einbeziehung ausländischer Roma, den wir in ein Landesprogramm überführen wollen. Das
Islamforum soll durch eine Geschäftsstelle gestärkt werden, um das Potential der
muslimischen Gemeinden für Teilhabe und Partizipation zu nutzen.
Verwaltung und staatliche Institutionen für Diversität öffnen
Die Berliner Verwaltung wollen wir konsequent für die Diversität der Stadtgesellschaft
öffnen und ihre Organisationsstrukturen diskriminierungskritisch weiterentwickeln.
Teilhabehürden, institutioneller Rassismus und andere strukturelle Diskriminierung müssen
identifiziert und abgebaut werden. Dazu gehört auch, die Verwaltung mehrsprachig
auszurichten. Deshalb wollen wir für Verwaltungsmitarbeiter*innen mit Kundenkontakt
verstärkt Sprachkurse anbieten. Damit das Landesantidiskriminierungsgesetz seine Wirkung
zeigen kann, werden wir die Mitarbeitenden des öffentlichen Dienstes im Hinblick auf dieses
Gesetz schulen und zu rassismus- und diskriminierungskritischen Kompetenzen fortbilden.
Aufbauend auf dem Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) wollen wir Aktivitäten für
Vielfalt und Weltoffenheit und gegen Diskriminierung und Extremismus in der Berliner
Verwaltung umsetzen und das Berliner Diversity Landesprogramm stetig fortentwickeln und auf
eine gesetzliche Grundlage stellen. Wir wollen eine strukturelle und einheitliche
Verankerung von Antidiskriminierungsmaßnahmen im Verantwortungsbereich des Landes und der
Bezirke. Dazu gehören unabhängige diskriminierungskritische Untersuchungen der internen
Organisationsstrukturen und -abläufe, die Entwicklung von verbindlichen Beschwerdeverfahren
und -stellen bei Rassismus und Diskriminierung sowie die Implementierung von
Antidiskriminierungs- und Diversitätsstrategien in allen Verwaltungen. Wir wollen in den
Fokus nehmen, wenn Menschen gleich aus mehreren Gründen Diskriminierungserfahrungen machen.
Angelehnt an den sogenannten „Gender-Check“ wollen wir zukünftig einen „Diversitätscheck“
einführen. Im Sinne eines modernen Diversity-Mainstreamings sollen alle Maßnahmen des Senats
vorab auch auf potentiell diskriminierende bzw. diversitätsfördernde Wirkungen hin
untersucht werden.
In der Verwaltung der Stadt muss sich auch die Stadtgesellschaft abbilden: Diversität ist
die Stärke und der Reichtum Berlins. Dafür wollen wir die gerechte Repräsentation von
strukturell benachteiligten, insbesondere von rassistischen und antisemitischen
Zuschreibungen betroffenen Gruppen entsprechend der UN Antirassismuskonvention (ICERD), in
der Verwaltung erreichen und konsequent die Repräsentation von Schwarzen Menschen und People
of Color bzw. Menschen mit Rassismuserfahrung durch positive Maßnahmen durch verbindliche
Zielvorgaben wie z.B. eine Zielquote im öffentlichen Dienst fördern. Wir begrüßen die in der
Neufassung des Gesetzes zur Förderung der Partizipation in der Migrationsgesellschaft
(PartMigG) festgeschriebenen Berichtspflichten und regelmäßigen Mitarbeiter*innenbefragungen
zu Migrationshintergrund und Diskriminierungserfahrung, die die Personal-Entwicklungen in
den Berliner Verwaltungen nachvollziehbar machen und Grundlage für die regelmäßigen
Zielvereinbarungen auf allen Hierarchieebenen bilden.
Wir stehen zwar der Kategorie "Migrationshintergrund" (rassismus)kritisch gegenüber, aber
sind auf deren Verwendung derzeit leider wegen der Vergleichbarkeit zur aktuellen
statistischen Bezugsgröße angewiesen; dieser Begriff ist derzeit die einzige vom Mikrozensus
statistisch erhobene Größe. Perspektivisch wollen wir, dass Gleichstellungsdaten von
Menschen mit Rassismuserfahrung erfasst werden. Wir setzen uns dafür ein, das
Personalvertretungsgesetz dahingehend zu novellieren, dass es analog zu Frauenvertretung
ebenso eine Vertretung von und für BIPoCs bzw. Menschen mit Migrationshintergrund im
öffentlichen Dienst gibt, um die Fördermaßnahmen und die Durchsetzung der verbindlichen
Zielvereinbarungen zu überwachen. Wir fordern die ersatzlose Streichung des Begriffs
„Integration“ aus dem neuen Gesetz zur Förderung der Partizipation in der
Migrationsgesellschaft (PartMigG), der Menschen mit Rassismuserfahrung demütigt und nichts
als eine leere Worthülse ist.
Dabei machen wir uns eine intersektionale Perspektive zu eigen, das heißt: insbesondere auf
die Förderung von Menschen zu achten, die in mehrfacher Hinsicht diskriminiert werden –
beispielsweise durch Sexismus, Behindertenfeindlichkeit oder LSBTIQ*-Feindlichkeit. Auch die
deutsche oder EU-Staatsbürger*innenschaft darf nur in Berufen als Voraussetzung verlangt
werden, in denen dies absolut notwendig ist.
Wir stärken die Rechte von trans*, inter* und nicht-binären Menschen, indem wir in allen
Behörden, Einrichtungen und Beteiligungen des Landes Berlin dafür sorgen, dass Geschlechts-
und/oder Namenseintrag sowie Anrede selbstbestimmt und unbürokratisch wählbar sind und
entsprechend in internen wie externen Dokumenten angepasst werden. Die Beratung hierzu
wollen wir ausweiten.
Zivilgesellschaft fördern und einbeziehen
Zivilgesellschaftliche Organisationen wollen wir in ihrer Arbeit zum Abbau von
Diskriminierungen in der Stadt weiter unterstützen, das „Landesprogramm für Demokratie.
Vielfalt. Respekt.“ weiter ausbauen und mit einem Landesdemokratiefördergesetz einen
stabilen Rechtsrahmen und eine stabile Finanzierung der Zivilgesellschaft schaffen. Berlin
wird sich weiterhin an der Umsetzung der „UN-Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft“
beteiligen. In enger Abstimmung mit der Zivilgesellschaft sollen Maßnahmen gegen anti-
Schwarzen Rassismus umgesetzt werden, die im Kontext des Konsultationsprozesses erarbeitet
worden sind. Wir unterstützen die Einrichtung eines Schwarzen Community-Zentrums.
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Die Grundrechte gelten für alle. Wir erleben aber,
dass die Realität staatlichen Handelns nicht immer diesen Idealen entspricht. Deshalb wollen
wir eine parlamentarische Enquete-Kommission für die Dauer der nächsten Legislaturperiode
einsetzen. Diese wird von allen Fraktionen mit Sachverständigen und Abgeordneten besetzt, um
systematisch Informationen aufzubereiten, auf deren Grundlage eine gut informierte
politische Entscheidung getroffen werden kann. Ziel ist, Diskriminierung und Rassismus, die
von der Berliner Verwaltung und den Sicherheitsbehörden ausgehen, systematisch zu erfassen,
Gegenstrategien zu entwickeln und diese gegebenenfalls mit den Maßnahmen im Diversity-
Landesprogramm zu verzahnen. Wir wollen rechtsextreme und diskriminierende Strukturen in
Berliner Verwaltung und Sicherheitsbehörden und anderen Bereichen der Gesellschaft wie den
Bildungseinrichtungen des Landes identifizieren, die Racial Profiling, Rassismus,
Antisemitismus, Transfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit und andere Formen der
gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit befördern. Bei der Untersuchung soll es aber nicht
bleiben: Die Kommission soll institutionelle und zivilgesellschaftliche
Handlungsempfehlungen erarbeiten, um diskriminierende Strukturen abzubauen. Ausbildung,
interne und externe Regeln und behördliche Organisationsstruktur wollen wir in den
Sicherheitsbehörden und der Justiz untersuchen und anhand dieser Ergebnisse
weiterentwickeln, das gilt besonders für die Ausbildung angehender Polizist*innen und
Jurist*innen. Es ist elementar für Prävention von und Schutz vor Diskriminierungen,
diskriminierungskritische Diversity-Seminare in diesen Ausbildungen fest zu verankern. Uns
ist es wichtig, explizit die Perspektiven und Expertisen von Menschen, die von Racial
Profiling betroffen sind – u. a. Schwarze Menschen, als türkei- und arabischstämmig
wahrgenommene Menschen, Sintize* und Romnja* –, bei der Entwicklung und Umsetzung von
Maßnahmen einzubeziehen und die Expertise aus den Communities angemessen zu vergüten
Wir begrüßen die Einrichtung eines Beirats für Roma und Sinti im Rahmen der Novelle des
Partizipations- und Integrationsgesetzes und wollen dessen Arbeit konstruktiv begleiten.
Einbürgerung erleichtern und Wahlrecht ermöglichen
Zu einer pluralen Gesellschaft gehört es auch, dass politische Partizipation auf Augenhöhe
und unabhängig von der Staatsangehörigkeit möglich sein muss. Dies wollen wir ermöglichen
und gleichzeitig auch die Hürden zur Einbürgerung senken und die Einbürgerungsquote erhöhen.
Einbürgerungen wollen wir in allen Bezirken einheitlich und im Sinne der Einbürgerung
gestalten. Die Möglichkeiten der Einbürgerung wollen wir aktiv und zielgruppengerecht
bewerben, etwa durch eine Neuauflage der Berliner Einbürgerungskampagne. Für Menschen, die
seit Jahren hier leben, dürfen weder Sprachtests noch Transferleistungsbezug ein
Ausschlusskriterium sein. Wir werden uns dafür einsetzen, die bürokratischen Hürden bei der
Antragsstellung abzubauen. Mit einer besseren technischen und bei Bedarf auch personellen
Ausstattung der Standesämter wollen wir darauf hinwirken, dass die derzeit teils langen
Bearbeitungszeiten signifikant verkürzt werden. Wer in Berlin gemeldet ist, soll hier auch
wählen dürfen: Wir werden weiterhin auch auf der Bundesebene dafür kämpfen, dass das
kommunale Wahlrecht und das Landeswahlrecht auf alle ausgeweitet wird, die ihren
Lebensmittelpunkt in Berlin haben und dass Einbürgerungen erleichtert werden: Wer in
Deutschland geboren wird, soll die Möglichkeit erhalten, deutsche*r Staatsbürger*in zu
werden, wenn ein Elternteil rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.
Damit schaffen wir eine weitere wichtige Grundlage für unsere Migrationsgesellschaft.
Religiöse und weltanschauliche Vielfalt stärken
Zur Vielfalt Berlins gehört auch die religiöse und weltanschauliche Vielfalt.
Gemeindezentren sind häufig wichtige soziokulturelle Orte im Kiez, Anlaufstellen für
Menschen mit sozialen Problemen oder Beratungsbedarf, Orte der Vernetzung für Engagierte,
Sprachrohre für lokale Anliegen. Durch die rasant gestiegenen Mieten sind allerdings gerade
viele Moscheegemeinden und kleinere Gemeinschaften, die nicht von der Kirchensteuer
profitieren, zum Umzug gezwungen. Gleichzeitig werden neue Stadtquartiere geplant, ohne dass
dieser Aspekt des sozialen Zusammenhalts mitgedacht wird. Wir setzen uns für die Entstehung
von Gemeinwesenzentren ein, die grundsätzlich allen offenstehen und zu gleichen Bedingungen
genutzt und gemietet werden können. Wir wollen sie als soziokulturelle Orte im Kiez stärken
und ihren Bestand sichern. Dafür wollen wir Gewerbemieten deckeln und bezirkliche
Vorkaufsrechte wo möglich auch für religiöse und weltanschauliche Gemeinschaften ausüben.
Beispielsweise können Ausbau- und Umbaumaßnahmen von Gemeinderäumen von Kirchen, Moscheen,
alevitischen Cem-Häusern, Synagogen und anderer Religionsgemeinschaften, die ihre
Räumlichkeiten für Veranstaltungen oder Angebote für den Kiez öffnen, gefördert werden.
Wir stehen zur Religionsfreiheit in all ihren Dimensionen. Aber es gibt einige Sonderrechte
für anerkannte Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, wo wir dringenden Reformbedarf
sehen. So wollen wir die rechtlichen und tatsächlichen historischen Vermögensverschiebungen
untersuchen, auf deren Grundlage heute Staatsleistungen im Land Berlin gewährt werden.
Darauf aufbauend wollen wir mit den christlichen Kirchen auf der Grundlage der
bundespolitischen Rahmengesetzgebung so rasch wie möglich in konkrete Verhandlungen über die
Ablösung der historischen Staatsleistungen treten. Für uns ist klar: Religion und
Religionsgemeinschaften sind eine Bereicherung für unsere Stadt. Gleichwohl gibt es einzelne
Gruppen, die in Abhängigkeit von autokratischen Regimen stehen und unsere Verfassung nicht
vollumfänglich anerkennen. Damit ein bereichernder Dialog entstehen kann, dürfen Grundrechte
– beispielsweise in Fragen der Geschlechtergerechtigkeit oder der Akzeptanz verschiedener
sexueller Orientierungen – nicht relativiert werden. Dies ist Voraussetzung für eine
Zusammenarbeit von öffentlichen Stellen mit Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und
für deren öffentliche Unterstützung.
Wir wollen in Kooperation mit den Berliner karitativen und sozialen Einrichtungen in
kirchlicher Trägerschaft sowie den Gewerkschaften und Arbeitnehmer*innenvertretungen zu
Vereinbarungen gelangen, in denen diese Betriebe auf die Anwendung des Kirchlichen
Arbeitsrechts verzichten. Staatsakte und Veranstaltungen im Rahmen der Erinnerungskultur
sind noch immer geprägt von religiösen Gemeinschaften, insbesondere den beiden großen
christlichen Kirchen. Berlin sollte jedoch im Rahmen eines breiten zivilgesellschaftlichen
Dialogs neue Formen von Gedenkveranstaltungen entwickeln, die der kulturellen Vielfalt
unserer Stadt besser gerecht wird. Wir wollen das Kirchenaustrittsgesetz Berlin dahingehend
ändern, dass für die austretenden Kirchenmitglieder keine Kosten anfallen. Wir streben an,
dass künftig Kirchenaustritte auch im Online-Verfahren möglich sind.
Wir wollen erreichen, dass ab der kommenden Legislaturperiode die Zusammensetzung der
Mitglieder im ZDF-Fernsehrat und dem RBB-Rundfunkrat die Vielfalt in der Gesellschaft besser
abbildet und für die konfessions- bzw. religionsfreien Menschen jeweils ein Sitz
eingerichtet wird.
5.2 Ungleichheit zwischen Geschlechtern beenden – die
Hälfte der Macht den Frauen
Politik von und für Frauen gehört seit 40 Jahren zu unserer grünen DNA. Und unser Engagement
trägt Früchte: In Berlins landeseigenen Unternehmen sind über die Hälfte der Aufsichtsrats-
und Vorstandspositionen mittlerweile in Frauenhand. Damit führen wir im bundesweiten
Vergleich. Im Berliner Abgeordnetenhaus hingegen sind gerade mal ein Drittel aller 160
Abgeordneten Frauen. Wir Grüne sind stolz darauf, dass 60 Prozent unserer Abgeordneten
weiblich sind. Gemäß dem Grundsatz „die Hälfte der Macht den Frauen“ prüfen wir einen
verfassungskonformen Weg für ein Paritätsgesetz. Hierbei setzen wir uns für eine queer-
feministische Auslegung der Quote ein. Nur so erreichen wir langfristig gerechte Politik für
alle Geschlechter. Doch Parität im Abgeordnetenhaus ist nicht genug! Wir setzten uns auch
dafür ein, dass Parität in allen Bereichen Berlins – von Kultur über Wissenschaft, Medien,
Verwaltung, Start-Up Szene und Landeseigene Unternehmen – dort verbindlich festgeschrieben
und umgesetzt wird, wo es uns mit rechtlichen und politischen Mitteln möglich ist. Dafür
wollen wir das Landesgleichstellungsgesetz mit verbindlichen Zielgrößen und
Sanktionsmöglichkeiten weiterentwickeln.
Die Corona-Pandemie – eine Krise zu Lasten von Frauen
In der Corona-Krise haben wir erlebt, dass weibliche Expertise in Krisenstäben eine
Seltenheit war. Das führte dazu, dass die unterschiedlichen Lebenslagen von Frauen in den
Hintergrund rückten, während häusliche Gewalt in Berlin um 30 Prozent anstieg, während
Schulen und Kitas monatelang geschlossen waren, während Care- und Bildungsarbeit in weiten
Teilen privatisiert wurden und stillschweigend auf den „To-do-Listen“ von Frauen landeten.
Uns hat das darin bestärkt, weiterhin lautstark paritätische und diverse Besetzungen für
Krisenstäbe und alle anderen Gremien zu fordern.
Eine ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie für Berlin
Berlin ist das erste Bundesland, das mit der Einführung von Gender-Budgeting in Senats- und
Bezirksverwaltungen begonnen hat. Nach vielen Jahren des Stillstands im Bereich Gender-
Budgeting, also der geschlechtergerechten Haushaltsführung, ist es durch eine grüne
Initiative im Abgeordnetenhaus gelungen, die Grundlagen des Gender-Budgetings in Berlin zu
novellieren und neu auszurichten. Eine deutliche Ausweitung der qualitativen und
quantitativen Gender-Budgeting-Daten ermöglichen nun wirkungsvolle Zielvorgaben und
Steuerungsmaßnahmen. Wir wollen mit dem nächsten Haushaltsplan ein Gender-Budgeting-
Controlling einziehen – das für alle Geschlechter gilt! Um die Umsetzung weiter
voranzutreiben, werden wir uns zudem für ein Gender-Budgeting-Referat in der
Finanzverwaltung einsetzen und einen Beirat einrichten, der externe Expertise aus
Zivilgesellschaft und Wissenschaft bündelt. Außerdem wollen wir flächendeckende Schulungen
zur Anwendung und Implementierung der neuen Gender-Budgeting-Ziele innerhalb der Verwaltung
einführen. Wir werden zudem prüfen, wie auch weitere Diversitätskriterien in Gender-
Budgeting integriert werden können. Auch mit der Gründung der Unternehmerinnenakademie und
dem Landesantidiskriminisierungsgesetz sind wir wichtige Schritte gegangen, um Frauen zu
stärken. Um systematisch in allen Themen Politik für Frauen machen zu können, wollen wir nun
mit allen Verwaltungen eine verbindliche, datenbasierte und ressortübergreifende
Gleichstellungsstrategie erarbeiten und umsetzen. Die Strategie soll intersektional wirken,
das bedeutet, dass wir Mehrfachdiskriminierungen, etwa durch Rassismus oder
Queerfeindlichkeit, stets mitdenken. Außerdem wollen wir eine Gesetzesfolgenabschätzung
einführen, die die Gleichstellung von Frauen sicherstellt. Unser Ziel ist eine
emanzipatorische Verwaltung. Um das zu erreichen, werden wir die Mitarbeiter*innen
entsprechend schulen.
Gewaltfrei und gleichberechtigt in Berlin leben
Frauen und Kinder sind häufiger Opfer physischer und psychischer Gewalt.Besonders lesbische
Frauen, Muslimas, obdachlose Frauen, Frauen mit Behinderung, trans*, inter*, Schwarze Frauen
und Women of Color sind Gewalt ausgesetzt, was sowohl unmittelbare als auch langfristige
Folgen für deren Gesundheit hat.
Wir haben in den letzten Jahren für mehr Plätze in Frauenhäusern gekämpft und sind stolz,
dass wir das siebte Berliner Frauenhaus eröffnen konnten. Die Schutzplätze reichen für eine
Stadt wie Berlin nicht aus, darum fordern wir ein achtes Frauenhaus.Das Personal in
Frauenhäusern soll diskriminierungssensibel geschult sein, um so mehr Schutzräume für
besonders von Diskriminierung betroffenen Gruppen zu schaffen. Auch die Beratung von
Betroffenen haben wir ausgebaut, um Online-Angebote erweitert und die Anti-Stalking-
Beratungsstellen finanziell besser ausgestattet. Jetzt wollen wir zusätzlich besonders
vulnerable Gruppen, wie zum Beispiel Geflüchtete, Wohnungs- und Obdachlose, und andere
(mehrfach) marginalisierte Frauen und nichtbinäre Personen gezielt durch innovative
Wohnformen und Projekte mit intersektional angelegter Beratung unterstützen.
Berlins große Landesunternehmen sind mit gutem Beispiel vorangegangen und haben Leitlinien
gegen Sexismus und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz verabschiedet. Wir haben dafür
gesorgt, dass sexistische und diskriminierende Werbung auf landeseigenen Werbeflächen
ausgeschlossen wird. Um sie auch auf privaten Flächen zu vermeiden, haben wir ein
Expert*innengremium eingesetzt, das bei Beschwerden Handlungsempfehlungen ausspricht und für
das Thema sensibilisiert.
Für Frauen, die selbst oder deren Töchter von Genitalverstümmelung betroffen oder bedroht
sind, wollen wir das Beratungs- und Behandlungsangebot durch den Einbezug der relevanten
Communitiesweiter ausbauen und durch Bildungsangebote auch für Männer die Prävention
stärken.
Hilfestrukturen für Frauen müssen dort gefestigt werden, wo der Bedarf besteht. Soziale
Träger dürfen nicht zu Opfern der Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt werden. Deshalb
werden wir die Unterstützung bei der Findung und Finanzierung von Räumlichkeiten für diese
Träger als öffentliche Aufgabe definieren und strukturell verankern.
Wir wollen ein Berlin schaffen, in dem Frauen, trans*, inter* und nicht-binäre Personen
nicht mehr von physischer, psychischer und digitaler Gewalt betroffen sind. Dabei sind die
Vorgaben der Istanbul-Konvention für uns maßgeblich. Der erste Schritt ist, Gewalt gegen
Frauen als solche zu benennen. Um das Ausmaß des Problems zu verdeutlichen, wollen wir die
Kategorie „geschlechtsbezogene Gewalt“ in die Polizeikriminalstatistik aufnehmen. Mit einer
regelmäßig berichtenden Monitoring-Stelle, wie auch in der Istanbul-Konvention festgelegt,
wollen wir Gewalt gegen Frauen, insbesondere Femizide, in Berlin erfassen, untersuchen und
mit den Ergebnissen die bereits existierende Präventionsarbeit stärken sowie langfristige
Maßnahmen gegen misogyne Gewalt entwickeln. Gleichzeitig arbeiten wir daran, die Bandbreite
von niedrigschwelligen mehrsprachigen, analogen und digitalen Beratungsangeboten,
Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen stetig auszuweiten. Die vertrauliche Spurensicherung
und Dokumentation nach Misshandlung und sexualisierter Gewalt wollen wir in allen Bezirken
etablieren.
In den letzten Jahren haben wir die Bekämpfung organisierter Kriminalität im Zusammenhang
mit sexueller Ausbeutung und Zwangsprostitution ausgeweitet und werden dies fortsetzen.
Schutzprogramme für Aussteiger*innen, die vor Gericht aussagen, wollen wir weiter ausbauen.
Hierbei ist ein sicheres Bleiberecht für alle Betroffenen von Menschenhandel zwingend nötig.
Polizist*innen, Staatsanwält*innen und Richter*innen wollen wir gezielt für das Thema
sensibilisieren und dafür weiterbilden.
Selbstbestimmte Sexarbeit stärken.
Wir setzen uns dafür ein, dass Sexarbeit in Berlin stärker als bisher selbstbestimmt, sicher
und unter guten Arbeitsbedingungen stattfinden kann. Hierfür wollen wir die Einstiegs- und
Umstiegsberatung und mehrsprachige Kontaktstellen ausbauen sowie bei der Gesundheitsberatung
und -versorgung nachbessern, dabei müssen auch die Rechte und Bedürfnisse von trans*, inter*
und nicht-binären Sexarbeiter*innen berücksichtigt werden. Wir setzen uns für einen
erleichterten Leistungsbezug bei den Jobcentern und Zugang zur Gesundheitsversorgung sowie
für die Abschaffung des stigmatisierenden "Prostituiertenschutzgesetzes" ein. Essentiell
ist, dass hierbei die Expertise und die Erfahrungen von Sexarbeiter*innen einbezogen werden.
Wohnungslose Sexarbeiter*innen benötigen zudem Zugang zu sicheren Unterkünften. Mit Blick
auf Straßenstriche ist es unerlässlich den Dialog zwischen Sexarbeiter*innen,
Beratungsstellen und Anwohnenden zu stärken, um Stigmatisierung und Diskriminierung von
Sexarbeiter*innen entgegenzuwirken. Der von uns unter rot-rot-grün einberufene Runde Tisch
Sexarbeit hat ein Handlungskonzept vorgelegt, dessen Umsetzung wir weiter vorantreiben,
evaluieren und nach Bedarf anpassen wollen, um die Rechte und Arbeitsbedingungen von
Sexarbeiter*innen zu verbessern. Wir wollen der Stigmatisierung von Sexarbeit entgegenwirken
und gesellschaftliche Vorurteile abbauen. Einsatzkräfte und Beamt*innen im Kontakt mit
Sexarbeiter*innen müssen Weiterbildungen zu diskriminierungssensiblem Umgang absolvieren.
Gesundheit – endlich geschlechtergerecht
Die Gesundheitsversorgung von Frauen und inter*, nicht-binären sowie trans* Personen werden
wir verbessern. Dazu gehört, das Angebot an Gynäkolog*innen in allen Bezirken zu sichern und
den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen zu ermöglichen, gerade in Krisenzeiten.
Gleichzeitig haben wir die Bedingungen für sichere und gute Geburten verbessert, indem wir
in Kreißsäle investiert haben, indem wir die Ausbildungskapazitäten für Hebammen erhöht
haben und mit einer digitalen Plattform die Hebammensuche erleichtern.
Wir wollen gendersensible Sexualaufklärung, -beratung und Gesundheitsvorsorge und werden den
Zugang zu Reproduktionsmedizin und Familienplanung insbesondere für gleichgeschlechtliche
Paare und Singles ausbauen. Dazu wollen wir genderbezogene Gesundheitsforschung stärken und
gezielt sowohl Frauen, trans* Männer, inter* und nicht-binäre Personen und queere Personen
in der medizinischen Aus- und Weiterbildung fördern. Für Gynäkolog*innen und andere
Heilberufe wollen wir entsprechende Schulungen ausbauen, um sie für gesundheitliche Fragen
von Frauen, trans* Männern, inter* und nicht-binären Menschen sowie für spezifische Fragen
zur lesbischen Gesundheit zu sensibilisieren.
Auftrag an die Bundesregierung
Ein großes Hindernis auf dem Weg zum freien und selbstbestimmten Leben für alle Geschlechter
bleibt die ungleiche Aufteilung von Care-Arbeit zu Lasten von Frauen – mit dem ungerechten
Effekt der starken Lohn- und Rentenungleichheit zwischen Männern und Frauen. Gegen den
Gender Care Gap und den Gender Pay Gap, für ein echtes Entgeltgleichheitsgesetz und das Ende
des Ehegattensplittings sowie die (steuer-)rechtliche Gleichstellung von heterosexuellen,
gleichgeschlechtlichen und Ein-Eltern-Familienkämpfen wir auf Bundesebene.
5.3 Die Regenbogenhauptstadt bleibt bunt
Wir wollen, dass Berlin die Stadt wird, in der alle Menschen ihr Leben frei und
selbstbestimmt verwirklichen können. Niemand darf wegen der sexuellen Orientierung, der
sexuellen oder Geschlechtsidentität, wegen des Geschlechtsausdrucks oder vielfältiger
Geschlechtsmerkmale ausgegrenzt oder diskriminiert werden. Wir akzeptieren dies genauso
wenig wie Diskriminierung aufgrund des sozialen Status, der Hautfarbe, des Glaubens oder der
Herkunft. Besonders wichtig ist dies, wenn Menschen mehrfach diskriminiert werden. Darum
unterstützen wir die vielfältigen queeren Communities unserer Stadt dabei, sichere und
barrierefreie Räume in der ganzen Stadt zu finden, Teilhabehürden und Ausgrenzungen
abzubauen und gemeinsam mit anderen Gruppen für eine inklusivere und solidarische
Stadtgesellschaft zu streiten.
Queere Infrastruktur in ganz Berlin sichern
Wir haben die ganze Stadt im Blick. Der Zugang zu queerer Infrastruktur und insbesondere
Beratungs- und Empowermentangeboten darf nicht davon abhängen, wo LSBTIQ* in Berlin wohnen.
Gleiche Chancen, gleicher Zugang zu Unterstützungsangeboten, flächendeckende und
barrierefreie queere Infrastruktur muss es für alle überall geben. Wir haben in den letzten
Jahren dafür gesorgt, dass Angebote dazugekommen sind, sei es das erste queere
Jugendzentrum, generationenübergreifende Wohn- und Pflege-Gemeinschaften, die Fachstelle
queere Bildung oder seit 2018 der Preis für lesbische* Sichtbarkeit zur Würdigung des
Schaffens von Lesben für Berlin. Diese Infrastruktur werden wir weiter ausbauen. Wir
brauchen Anlaufstellen, soziale Treffpunkte und Beratungsstellen für queere Menschen,
insbesondere Jugendliche, Ältere und mehrfach diskriminierte Gruppen wie Geflüchtete. Dazu
gehören auch spezifische Betreuungsangebote und Safe Spaces für besonders marginalisierte
Gruppen wie trans, inter und nicht-binäre Personen. Gleichzeitig müssen die Bedürfnisse von
LSBTIQ* in allen bestehenden und neuen Einrichtungen berücksichtigt und ernstgenommen
werden. Egal ob Familienzentrum, Senior*innenheim oder Jugendclub – in all diesen
Einrichtungen muss es Angebote für LSBTIQ* geben. Queere Infrastruktur, darunter auch Safe
Spaces wie Bars und Clubs, vor Verdrängung zu schützen, ist dabei eine zentrale Aufgabe. Die
großen queeren Veranstaltungen im öffentlichen Straßenraum, die jedes Jahr viele Gäste aus
der ganzen Welt nach Berlin locken, wollen wir nach den harten Einschnitten der Pandemie
gezielt und dauerhaft unterstützen.
Wir stärken Initiativen für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt
Leider ist unsere Stadt nicht so liberal, wie es oft scheint. Auch hier werden Menschen
aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität ausgegrenzt,
diskriminiert und tätlich angegriffen. Wir sagen Diskriminierung und Gewalt den Kampf an.
Wir werden die Präventions- und Antigewaltarbeit für LSBTIQ* weiter ausbauen und eigenes
Beratungsangebot für trans*, inter* und nicht-binäre Betroffene von Queerfeindlichkeit
einrichten. Wir haben eine Krisen- und Zufluchtswohnung eingerichtet, in der LSBTIQ* in
akuten Bedrohungssituationen eine anonyme, temporäre Unterbringung finden können. Der
bisherigen Initiative Sexuelle Vielfalt haben wir neuen Schwung verliehen und sie zur
„Initiative Geschlechtliche und Sexuelle Vielfalt“ (IGSV) erweitert.
, Durch eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Stärkung dieses ressortübergreifenden
Maßnahmenplans, den der Senat gemeinsam mit den lesbischen, schwulen, bi-, trans*- und
inter* Communities erarbeitet, entsteht nun eine dauerhafte Struktur für Akzeptanzarbeit für
LSBTIQ*. Gelingen kann dies nur, wenn möglichst viele Gruppen, Vereine und Aktivist*innen zu
Wort kommen. Diese Arbeit werden wir fortsetzen. Die Bezirke spielen in der Umsetzung eine
wichtige Rolle, insbesondere die Außenbezirke sollen gestärkt werden, denn Zugang zu
Beratungs- und Unterstützungsstrukturen darf nicht vom Wohnort abhängen. Wir haben
verankert, dass jeder Bezirk eine Ansprechperson für LSBTIQ*-Angelegenheiten benennt, die
als Schnittstelle zwischen Senatsverwaltung, Bezirk und Akteur*innen fungiert. Auch an Kitas
und Schulen müssen Geschlechterstereotype hinterfragt und geschlechtliche und sexuelle
Vielfalt stärker anerkannt werden. Hierbei brauchen sie Unterstützung. Wir unterstützen die
die Fachstellen für queere und intersektionale Bildung, die Ansprechpersonen für LSBTIQ* an
allen Berliner Schulen und die Vielfaltsbroschüre für Kita-Fachkräfte.
Lesbische Sichtbarkeit stärken
In der Koalition haben wir das Ziel vorgegeben, die öffentliche Aufmerksamkeit für Lesben,
lesbisches Leben und lesbische Belange in Berlin zu erhöhen. Das gilt auch für die Zukunft.
Die neu gestarteten Projekte wollen wir fortsetzen, den Preis für Lesbische Sichtbarkeit
auch in den kommenden Jahren verleihen, die Antigewaltarbeit ausbauen und neue
Handlungsfelder erschließen, bei denen die besonderen Bedarfe von Lesben bislang zu wenig
Berücksichtigung finden, etwa bei der gesundheitlichen Versorgung. Die Verwirklichung des
ersten, inklusiven Frauen-/Lesbenwohnprojekts ist uns ein besonderes Anliegen. Zudem werden
wir eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Sorgerechtsentzugs in Berlin in Auftrag geben.
Noch bis Ende der 1990er Jahre wurden vielen Frauen ihre Kinder gerichtlich entzogen, wenn
sie eine lesbische Beziehung führten. Dieses Unrecht ist bisher kaum bekannt. Wir wollen
dieses dunkle Kapitel der jüngeren Geschichte aufarbeiten.
Die Bundesregierung muss handeln – wir nutzen jeden Spielraum in Berlin
Viele nötige Gesetzesänderungen können nur auf Bundesebene umgesetzt werden. Darum haben wir
eine Bundesratsinitiative zur Erweiterung des Art. 3 Grundgesetz um das Merkmal der
sexuellen Identität gestartet. Wir wollen, dass trans*-, inter* und nicht-binäre Menschen
ihren Vornamen und ihren Geschlechtseintrag möglichst einfach anpassen und ändern können.
Momentan gibt es hohe bürokratische Auflagen, die auf Bundesebene abgebaut werden müssen.
Solange sich das nicht ändert, wollen wir, dass Berlin schon in den Bereichen vorangeht, in
denen das Land Gestaltungsspielraum hat. In Schulen und staatlichen Hochschulen wollen wir
die selbstbestimmte Namensänderung und die Änderung des Geschlechtseintrages ermöglichen.
Wir setzen uns dafür ein, dass der Personenstand „divers“ konsequent und gleichberechtigt in
allen öffentlichen Einrichtungen und der Berliner Verwaltung berücksichtigt wird, inklusive
der Anpassung aller Formulare. Bestehende Hürden bei einer Änderung des Geschlechtseintrags
wollen wir weiter abbauen.
Queere Rechte in Europa und weltweit
Wir stehen für die Rechte queerer Menschen ein – in Berlin und weltweit. Queer-Feindlichkeit
verstößt gegen die Menschenrechte. Berlin und die Bezirke haben ein breites
Städtepartnerschaftsnetzwerk. Als Regenbogenhauptstadt hat Berlin die Verantwortung, auch
gegenüber den Partnerstädten für queere Rechte und Gleichstellung einzutreten. Die LSBTIQ*-
freien Zonen in Polen und anderen Ländern sind Menschenrechtsverletzungen und müssen
aufgelöst werden. Über das „Rainbow Cities Network“ setzen wir uns im Ausland in über 30
Städten auch auf lokaler Ebene für die Stärkung der Belange von LSBTIQ* ein.
5.4 Freiheit schützen und bewahren
Berlin ist eine Stadt der Freiheit. Hier leben Menschen mit den unterschiedlichsten
Biographien, Identitäten, Zielen und Träumen. Allen Berliner*innen ist gemeinsam, dass sie
selbstbestimmt ihre Freiheit genießen wollen. Das gelingt nur, wenn alle sich sicher sein
können, dass ihre Rechte und ihre Würde geachtet werden – von den anderen genauso wie von
staatlichen Stellen. Ohne ein Grundgefühl von Sicherheit ist das schwer möglich, denn Angst
hemmt die Freiheit. Es ist deswegen unser Ziel, Sicherheit zu schaffen, ohne Freiheit zu
beschränken. Das ist kein Widerspruch, im Gegenteil: Wer Sicherheit nur durch Maßnahmen
erreichen will, die Rechte und Freiheit schmälern, hat das Ziel der offenen Gesellschaft und
des Rechtsstaates aufgegeben.
Mit einem großen Freiheitsrechtestärkungspaket haben wir die größte innenpolitische Reform
in Berlin seit Jahrzehnten umgesetzt und eine*n unabhängige*n Polizei- und
Bürger*innenbeauftragte*n eingeführt. Das ist ein großer Erfolg. Uns ist gelungen, woran
andere Bundesländer gescheitert sind. Häufig waren dortige Änderungen an den
Sicherheitsgesetzen zu Recht begleitet von heftigen Protesten, nicht so in Berlin. Mit der
Novelle des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes haben wir Befugnisse zur Abwehr
terroristischer Straftaten oder ähnlich schwerer Verbrechen neu in das Gesetz aufgenommen.
Die Veröffentlichung kriminalitätsbelasteter Orte, an denen ohne Verdacht kontrolliert
werden kann, haben wir gesetzlich geregelt, genau wie die individuelle Kennzeichnung von
Beamt*innen. So ist auch Fehlverhalten von Polizist*innen leichter aufzuklären. Der Einsatz
von Vertrauenspersonen und verdeckten Ermittler*innen muss in der Regel nun durch ein
Gericht angeordnet werden. Wir haben die Bürger*innenrechte gestärkt und gleichzeitig dem
Bedürfnis der Berliner*innen nach mehr Sicherheit Rechnung getragen. Diesen Weg gehen wir
weiter.
Prävention ist der beste Weg
Die beste Form der Kriminalitätsbekämpfung wirkt, bevor eine Straftat begangen wird. Wir
wollen Instrumente der Prävention deshalb weiter stärken. Dauerhaft abgesicherte und
aufsuchende Aufklärungs- und Beratungsangebote sind dabei genauso wichtig wie die enge und
klar strukturierte Zusammenarbeit von Ordnungsämtern und Polizei mit Jugendämtern oder
Sozialämtern. Ordnungs-, Jugend- und Sozialämter müssen angemessen ausgestattet werden,
damit sie ihre Aufgaben zuverlässig und flächendeckend wahrnehmen können. Prävention
bedeutet für uns nicht Überwachung und Kontrolle, um zu verhindern, dass Delikte begangen
werden. Uns geht es darum, sichere öffentliche Räume zu schaffen, gesellschaftliche
Konfliktlagen zu entschärfen, bevor sie entstehen und möglichen Täter*innen Alternativen zu
bieten, um so Kriminalität vorzubeugen.
Polizei vor Ort stärken
Die Berliner Polizei muss ansprechbar, erreichbar und vor Ort sein. Präsenz und Nähe
schaffen Transparenz und Vertrauen. Wir wollen Mobile Wachen und Brennpunktstreifen weiter
ausbauen, um vor Ort Konflikte zu lösen und Kriminalität verhindern zu können. In enger
Kooperation mit sozialer Arbeit, Präventionsträgern und Zivilgesellschaft kann so verhindert
werden, dass Orte zu Angsträumen und Kriminalitätsschwerpunkten werden. Wir haben die
Fahrradstaffel mit dem Ziel, sie auf die gesamte Stadt auszuweiten, deutlich ausgebaut. Wir
wollen noch mehr Polizist*innen zu Fuß und auf Fahrrädern, um alle Verkehrsteilnehmer*innen
auf Augenhöhe anzusprechen und für mehr Sicherheit auf Berlins Straßen zu sorgen.
Die Berliner Polizei muss so divers sein wie unsere Stadt
Vielfältig, tolerant, offen, freiheitlich – das sind Attribute, die nicht nur auf Berlin
zutreffen, sondern auch die Berliner Polizei beschreiben müssen. Um das zu erreichen, werden
wir die Polizei jünger, weiblicher,diverser sowie diskriminierungskritischer machen. Wir
werden intensiv um Menschen werben, die bisher in der Polizei keine Berufsperspektive für
sich sehen. Wir werden die Kompetenzen in diversitätssensibler Kommunikation stärken, in der
Aus- und Fortbildung ebenso wie im Polizeialltag durch Supervision. Diskriminierung,
rassistische Tendenzen oder Rechtsextremismus in der Polizei werden wir untersuchen und mit
allen Mitteln bekämpfen – sie haben in Berlin keinen Platz.
Handeln zählt
Diskriminierung und Racial Profiling dürfen kein Mittel der Polizeiarbeit sein. Wenn
Kontrollen und andere Maßnahmen an der vermeintlichen Herkunft, Sprache, am Glauben oder an
sexueller Orientierung anknüpfen, läuft etwas doppelt falsch: Grundrechte werden missachtet
und effektive Kriminalitätsbekämpfung wird verhindert – denn keine dieser Kategorien hat
etwas mit Kriminalität zu tun. Polizeiliches Handeln muss sich nach dem Handeln der
Verdächtigen richten, deswegen lehnen wir Kontrollen, bei denen nicht im Einzelfall eine
konkrete Gefahr vorliegt, ebenso ab wie Verdächtigungen aufgrund des Erscheinungsbildes oder
persönlicher Eigenschaften. Wir werden daher solche verdachtslosen Kontrollen abschaffen und
kritisch prüfen, ob diskriminierende Fahndungsmethoden in der Berliner Polizei vorhanden
sind. Auch ohne verdachtslose Kontrollen verfügt die Polizei über genügend Maßnahmen, um den
Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten.
Polizeiliches Handeln muss weiterhin transparenter werden. Dazu werden wir weitere
Mechanismen in der Berliner Polizei etablieren. Wer beispielswiese Ziel einer polizeilichen
Maßnahme wird, etwa einer Personenkontrolle, fühlt sich oft bedrängt und unter
unberechtigtem Verdacht. Wir wollen unbürokratische Nachweis- und Aufklärungspflichten
einführen, so dass jede*r weiß, warum er*sie kontrolliert wurde und welche
Rechtsschutzmöglichkeiten es gibt. Dies betrifft auch die polizeiliche Datenverarbeitung.
Die kritische Aufarbeitung des Fehlverhaltens einzelner Polizist*innen schafft Vertrauen und
stärkt die Arbeit der gesamten Polizei. Auch können so Abläufe in der Polizei optimiert
werden.
Um strukturellen Problemen begegnen und Veränderung gezielt ermöglichen zu können, wollen
wir eine unabhängig konzipierte und durchgeführte Studie zu strukturellem Rassismus,
rechtsextremistischen, rassistischen und antisemitischen Einstellung und Racial Profiling in
den Berliner Sicherheitsbehörden, angelehnt an den Berlin Monitor. Überdies möchten wir,
dass als vertrauensbildende und präventive Maßnahme „Community Policing“-Konzepte entwickelt
und umgesetzt werden, die einen diskriminierungskritischen Austausch zwischen der Polizei
und potentiell von Racial Profiling betroffenen Communities fördert.
Die Ermittlungen rund um die rechtsextreme Terrorserie in Neukölln werden wir genau
untersuchen und dazu direkt nach dem Beginn der neuen Legislaturperiode einen
parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen.
Sicherheitsbehörden stärken
Wir erwarten von unserer Polizei und Feuerwehr gute Arbeit. Dafür sind wir ihnen aber auch
die richtigen Bedingungen schuldig. Wir haben die Arbeitsbedingungen bereits durch
Neueinstellungen verbessert und viele profitieren von höherer Bezahlung. Die Arbeitszeiten
werden wir familienfreundlicher machen, zum Beispiel durch die Ermöglichung von Homeoffice,
die Gesundheit der Beamt*innen besser und nachhaltiger schützen, Millionen von Überstunden
abbauen und die Ausstattung verbessern. Polizist*innen und Feuerwehrleute, die im Dienst
angegriffen werden, werden wir unsere Unterstützung geben. Nach solchen Übergriffen braucht
es verbindliche, destigmatisierende Hilfsangebote, die bei Bedarf in Anspruch genommen
werden können. Dazu gehört auch, dass wir unkontrolliertes und rücksichtsloses Böllern an
Silvester aufgrund der Auswirkungen auf Mensch und Tier verbieten. Wir wollen daher die
Einrichtung von mehr öffentlichen professionellen Feuerwerken in der Silvesternacht sowie
die Ausweitung böllerfreier Zonen.
Flexible Hilfsangebote für komplexe Lagen
Wir brauchen multiprofessionelle Kriseninterventionsteams, die nach einem Notruf statt oder
ergänzend zur Polizei losgeschickt werden können. Die Polizei ist oft nicht die richtige
Antwort auf soziale Probleme in unserer Stadt. Wer sich in einer akuten psychischen Krise
befindet, marginalisert ist, durch obdachlosigkeit in eine Notlage gerät oder Opfer
häuslicher Gewalt wurde, sollte keine Angst haben müssen, den Notruf zu wählen. Komplexe
Lagen erfordern flexible Antwortmöglichkeiten, die zur tatsächlichen Hilfe bei Betroffenen
beitragen können. Angebote wie Storchenmobile wollen wir stärken, auch um den Rettungsdienst
zu entlasten.
Keine Grundrechtseingriffe auf Vorrat
Der Tendenz der letzten Jahre und Jahrzehnte im Bund und in den meistenBundesländern, immer
weitere Kompetenzen der Sicherheitsbehörden auf immerschwammigerer rechtlicher Grundlage zu
schaffen, erteilen wir eine klare Absage. Auch Geflüchtete und Migrant*innen besitzen ein
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Gesetzesinitiativen zur polizeilichen und
sicherheitspolitischen Zusammenarbeit in der EU wollen wir als Land Berlin kritisch und
unter Ausnutzung der uns zur Verfügung stehenden Mitwirkungsrechte begleiten. Sicherheit
entsteht nicht durchÜberwachung und Vorratsdatenspeicherung auf Kosten der Freiheit und
Privatsphärealler. Wir wollen die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen auf das
unbedingt erforderliche Maß begrenzen, einem Missbrauch durch technische und
organisatorische Vorkehrungen verhindern und bestehende Befugnisse in diesem Sinne
überprüfen. Den Einsatz biometrischer Überwachungssysteme in öffentlich zugänglichen Räumen
und Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs lehnen wir ab. Wir lehnen Eingriffe in die intimste
Privatsphäre ab und sprechen uns daher gegen den Einsatz von Staatstrojanern und Online
Durchsuchungen zur Gefahrenabwehr aus.Die Sicherheitsbehörden brauchen effektive und
wirksame Mittel im Kampf gegen Verbrechen und Terrorismus, aber diese müssen
klar definiert, rechtsstaatlich eingehegt und an entsprechende Verdachtsmomente gebunden
sein.
Weitreichende Überwachungs- und Eingriffsrechte führen nicht zu Sicherheit,
sondern zerstören das essentielle Vertrauen in staatliche Institutionen. Zu viele,
unsystematisch erhobene Daten können dazu führen, dass aufgrund der schieren Menge wichtige
Anhaltspunkte übersehen werden, wodurch die Strafverfolgung oder die Gefahrenabwehr
erschwert werden kann.
Wir brauchen ein funktionierendes Frühwarnsystem gegenüber Verfassungsfeinden,
staatszersetzenden und demokratiegefährdenden extremistischen Personen, Strukturen und
Bestrebungen. Dieses benötigt eine hohe demokratische Legitimation und eine umfrangreiche
parlamentarische Kontrolle, die wir auch zukünftig weiter stärken wollen.
Der Berliner Verfassungsschutz musste sich in den letzten Jahren wichtigen Herausforderungen
stellen, hat aber dabei bewiesen, dass er in seiner jetzigen Systematik nicht dafür
aufgestellt ist, den Herausforderungen einer wachsenden abstrakten und konkreten Bedrohung
durch diverse demokratiegefährdende Bestrebungen zu begegnen. Durch den islamistischen
Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz, im Kontext der rechtsextremen Anschlagsserie in
Neukölln oder durch die illegale Datenweitergabe aus dem Verfassungsschutz hat der Berliner
Verfassungsschutz weiter an Vertrauen verloren und ist seiner Aufgabenerfüllung nicht
gerecht geworden. Er hat sich in Bund und Ländern nicht als Teil der Lösung, sondern als
Teil des Problems bewiesen.
Um eine Alternative für diesen Verfassungsschutz zu schaffen, wollen wir den
Verfassungsschutz in seiner jetzigen Form mittelfristig abschaffen. Hierfür erstellen wir in
der kommenden Legislaturperiode im Rahmen einer wissenschaftlichen Evaluation einen
konkreten Fahrplan zur Erneuerung der Berliner und bundesweiten Sicherheitsarchitektur.
Zusätzliche Befugnisse oder Mittel für den Verfassungsschutz in seiner jetzigen Form lehnen
wir ab. Das System der V-Leute muss abgeschafft werden.
5.5 Wir setzen auf den Rechtsstaat
Der Rechtsstaat ist das Rückgrat unserer offenen Gesellschaft und unserer Freiheit. Alle
Menschen müssen ihre Rechte durchsetzen können und ohne Willkür und Diskriminierung
behandelt werden. Dafür brauchen wir eine unabhängige, starke und moderne Justiz. In den
vergangenen Jahren haben wir die Berliner Justiz in großen Schritten besser aufgestellt.
Erstmals seit vielen Jahren ist im Allgemeinen Vollzugsdienst in fast allen
Justizvollzugsanstalten die Soll-Personalstärke wieder erreicht. Nach jahrzehntelangem
Stillstand haben wir ein Raumkonzept erarbeitet und mit dessen Umsetzung begonnen: Mit dem
Kathreiner-Haus am Kleistpark hat die Berliner Justiz – erstmals seit 2005 – wieder ein
zusätzliches Gerichtsgebäude erhalten, in das das Verwaltungsgericht einziehen soll. Mit
einem umfassenden Sanierungsprogramm haben wir insbesondere begonnen die
Justizvollzugsanstalten in Tegel und Moabit grundzusanieren. Wir sind dabei, Richter*innen
mit mobilen Arbeitsgeräten auszustatten, haben für den Jugendarrest eine gesetzliche
Grundlage erarbeitet und die alte Jugendarrestanstalt saniert. Es ist viel geschafft, um die
Berliner Justiz besser aufzustellen. Und noch viel haben wir vor.
Organisierte Kriminalität bekämpfen
Organisierte Kriminalität sorgt für schwere Schäden, untergräbt die Gesellschaft und schadet
der Wirtschaft. Deshalb haben wir eine neue Spezialabteilung bei der Berliner
Staatsanwaltschaft gegründet, die der organisierten Kriminalität den Geldhahn zudreht, indem
die gesetzlichen Möglichkeiten der Einziehung von Vermögen voll ausgeschöpft werden.
Mithilfe einer besseren Schulung und Ausstattung der Polizei und enger Kooperation mit
anderen Bundesländern und europäischen Partner*innen werden wir weiter konsequent gegen
organisierte Kriminalität vorgehen. Um Geldwäsche einzudämmen, haben wir eine Taskforce zur
intensiveren Überwachung der Pflichten der Notar*innen eingerichtet. Ein Immobilienregister,
das die wirtschaftlich Berechtigten offenlegt und die Verschleierung von Besitzverhältnissen
über Briefkastenfirmen beendet, kann das hohe Risiko der Geldwäsche in diesem Bereich
absenken. Generell sollen Immobilienkäufe nur noch unbar abgewickelt werden dürfen. Auch die
Bauaufsichten sollen bei unklaren Eigentumsverhältnissen berechtigt werden, vor Erteilung
einer Baugenehmigung Auskunft über die wirtschaftlich berechtigten Eigentümer zu verlangen.
Den eingeschlagenen Weg, das Vermögen aus der organisierten Kriminalität einzuziehen, wollen
wir weitergehen und wo möglich dafür nutzen, Opfergruppen zu unterstützen. Diese Arbeit
wollen wir weiter stärken.
Wirtschafts- und Umweltkriminalität stoppen
Wirtschaftskriminalität ist Teil der organisierten Kriminalität und auch ihre Bekämpfung
wollen wir weiter voranbringen. Im Alltag wird diese Kriminalität fälschlicherweise nicht
als direkte Bedrohung wahrgenommen, sie bedeutet aber Gewinne für die Täter*innen zum
immensen Schaden der Allgemeinheit. Wir wollen den Verfolgungsdruck konsequent erhöhen – die
Erfahrung zeigt, dass hier mit relativ wenig Mitteln große Erfolge erzielt werden können.
Deswegen wollen wir die entsprechenden Abteilungen der Polizei stärken und durch einen
Ausbau der Steuerfahndung verhindern, dass sich einige wenige zu Lasten aller bereichern.
Bei der Bekämpfung der Lebensmittelkriminalität, zum Beispiel der Fälschung von vermeintlich
hochwertigem Olivenöl, hat sich Berlin in den vergangenen Jahren an die Spitze der
Bundesländer gesetzt und sich für eine bessere Zusammenarbeit der beteiligten Behörden
eingesetzt, von der Lebensmittelüberwachung bis zum Zoll. Dies wollen wir weiter
vorantreiben.
Opfer stärken
Opfer von Straftaten stärker in den Blick nehmen ist uns in der Rechts- und
Sicherheitspolitik ein großes Anliegen. Nach dem islamistischen Anschlag auf dem
Breitscheidplatz haben wir eine zentrale Anlaufstelle für Betroffene von Terroranschlägen
und deren Angehörige eingerichtet. Wir wollen die Beratungs- und Betreuungsangebote ausbauen
und aktiv auf die Opfer von Straftaten zugehen, statt sie allzu oft alleinzulassen. Auch die
psychosoziale Betreuung von Opfern muss weiter deutlich verbessert werden, damit
traumatische Folgen möglichst verhindert werden. Der Täter-Opfer-Ausgleich soll in Zukunft
eine wichtigere Rolle spielen. Um ausuferndem Hass und Hetze insbesondere im Internet
entgegenzutreten, haben wir bei der Staatsanwaltschaft eine Zentralstelle Hasskriminalität
gegründet und wollen in einem Modellprojekt eine digitale Gewaltschutzambulanz einrichten.
Sie soll psychologische Unterstützung, technische Hilfe und Beratung beim Stellen einer
Anzeige bieten.
Rechtsstaat braucht Richter*innen und Vollzugsbeamt*innen
In den letzten Jahren haben wir die Rahmenbedingungen für eine leistungsstarke und
bürgernahe Justiz geschaffen. Aber noch sind wir nicht am Ziel. Ganz besonders liegt uns am
Herzen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und familienfreundlicher zu machen,
Quereinstiege und Wechsel zu erleichtern. So wollen wir ermöglichen, dass Anwält*innen mit
spezifischer Facherfahrung bei einem Wechsel in die Justiz auch in dieser Fachmaterie
eingesetzt werden können. Vorerfahrungszeiten wollen wir großzügig anrechnen. Im
Justizvollzug werden wir den Gesundheitsschutz weiterentwickeln, um vor allem die negativen
Folgen der Schichtarbeit abzumildern. In der Justiz und auch in anderen Bereichen brauchen
wir Jurist*innen, die gesellschaftliche Machtverhältnisse und ihre Rolle darin bewusst
wahrnehmen, Empathie gegenüber Rechtssuchenden aufbringen und die Vielfalt der Gesellschaft
widerspiegeln. Deshalb wollen wir in der juristischen Ausbildung die Grundlagenfächer
stärken, kritische Rechtswissenschaft fördern und Diversity-Kompetenz als juristische
Kernkompetenz anerkennen. Wir wollen die Prüfungsbedingungen der Staatsexamina verbessern
und lehnen eine Schwächung des universitären Schwerpunkts ab. Wir werden möglichst schnell
das elektronische Examen sowie die Möglichkeit eines Teilzeit-Referendariats einführen.
Auch die Förderung von Frauen werden wir weiter stärken: mit einem transparenten
Bewertungssystem, Frauenvertretungen, paritätisch besetzten Gremien und Vorschlagslisten für
den Richterwahlausschuss.
Wir wollen, dass unsere Justiz so divers wird wie Berlin. Besonders bei den Richter*innen
und Staatsanwält*innen haben wir noch einen langen Weg vor uns, bis die Richterbank so
divers wie die Stadt ist. Daher wollen wir dies langfristig bei Einstellungen und
Beförderungen ändern. Insbesondere sind BIPoCs unterrepräsentiert. Es ist daher notwendig,
diese Gruppen vermehrt für das Jura-Studium zu gewinnen und auf ihrer weiteren Laufbahn zu
fördern.Wir setzen uns dafür ein, dass Menschenrechtsbildung sowie Fortbildungen zu
Rassismus, Sexismus und Trans- und Homosexuellenfeindlichkeit fester Bestandteil des Jura-
Studiums, des Referendariats und der verbindlichen Qualifizierungsmaßnahmen für
Rechtsanwält*innen, Staatsanwaltschaft und Richter*innen werden mit dem Ziel, Jurist*innen
dazu zu befähigen, rassistische, trans-/homosexuellenfeindliche und sexistische Straftaten
als solche zu erkennen, diese effektiv zu verfolgen und mit den Opfern solcher Taten
angemessen umzugehen.
Rechtsstaat braucht Infrastruktur
Unsere Platz-Offensive für die Justiz werden wir fortsetzen. Den Justiz-Campus in Moabit
wollen wir weiterentwickeln und ein 12. Amtsgericht in Marzahn-Hellersdorf einsetzen, damit
die Justiz überall in Berlin einfach zu erreichen ist. Die vorhandenen Justizgebäude werden
wir energetisch sanieren und den bereits begonnen Bau von Solaranlagen und
Blockheizkraftwerk forcieren.
Digitalisierung voranbringen
Wir digitalisieren die Berliner Justiz. Der elektronische Rechtsverkehr und die
elektronische Akte (E-Justice) sollen bis zum Jahr 2026 kommen. Die Mehrheit der Berliner
Richter*innen wurde bereits mit mobilen Arbeitsgeräten ausgestattet, wir wollen, dass das
künftig für alle möglich wird, die in Gerichten arbeiten. Dabei gilt: Sicherheit und
Datenschutz stehen an oberster Stelle, kein Effizienzgewinn rechtfertigt die Beschränkung
der Prozessgrundsätze.
Rechtsstaat für alle
Wer in unserer Stadt lebt, muss seine Rechte auch durchsetzen können. Es darf nicht sein,
dass Armut, fehlende Bildung oder Diskriminierung dazu führen, dass Menschen nicht in vollem
Umfang ihre Rechte kennen und wahrnehmen. Mit niedrigschwelligem Zugang zur Justiz und zu
Beratungsangeboten sorgen wir dafür, dass das Recht wirklich für alle gleich ist!
Möglichkeiten kollektiver Rechtsdurchsetzung wie das Verbandsklagerecht wollen wir
ausweiten. Das Projekt „Wir im Rechtsstaat“, ein Rechtsbildungsprogramm für Geflüchtete,
werden wir weiterführen.
Gefangene werden Nachbar*innen
Ein Rechtsstaat beweist sich ganz besonders darin, wie er mit Straffälligen umgeht.
„Wegsperren!“ kann niemals das Prinzip des Strafvollzugs sein. Strafvollzug soll dazu
dienen, dass straffällig Gewordene nach ihrer Haft wieder voll in die Gesellschaft eintreten
können und nicht rückfällig werden. Denn die Resozialisierung der Gefangenen ist ein guter
und nachhaltiger Schutz der Gesellschaft vor Straftaten. Der Strafvollzug ist außerdem der
eingriffsintensivste Bereich des Staates, weshalb wir den Grundrechtsschutz für Gefangenen
und ihre Familien weiter verbessern werden.
Der offene Vollzug ist am besten geeignet, um die Gefangenen zu resozialisieren und die
schädlichen Folgen der Haft zu minimieren. Gerade im Jugendstrafvollzug wollen wir den
offenen Vollzug daher weiter stärken und daneben weitere freie Formen des Vollzugs erproben.
Den Anteil der vorzeitigen Entlassungen in Berlin wollen wir mindestens auf den
Bundesdurchschnitt erhöhen. Projekte wie „Arbeit statt Strafe“, bei dem Menschen
gemeinnützige Arbeit verrichten, statt eine Freiheitsstrafe zu verbüßen, haben wir
finanziell besser ausgestattet. Wo immer es zu verantworten ist, setzen wir auf offenen
Vollzug, um den Weg zurück in die Gesellschaft zu erleichtern. Die besondere Situation von
LSBTIQ* und für Menschen mit HIV im Strafvollzug werden wir weiterhin besonders
berücksichtigen und treten für einen diskriminierungsfreien Umgang ein.
Strafgefangene brauchen mehr und zeitgemäße Möglichkeiten zur Weiterbildung und eine bessere
Betreuung vor und nach der Entlassung, besonders substituierte Gefangene. Wir haben daher
das bundesweit einzigartige Projekt „Resozialisierung durch Digitalisierung“ gestartet. In
den kommenden Jahren werden alle Gefangenen, bei denen dies zu verantworten ist, Zugang zu
Internet und E-Mail erhalten – um den Kontakt mit ihren Familien zu verbessern, digitale
Bildungsangebote zu nutzen und sich am Ende der Haft um einen Job zu bewerben. Nur so
funktioniert Resozialisierung und wird die „zweite Chance“ auch eine echte
ChanceResozialisierung gelingt nur mit engagierten und gut ausgebildeten Bediensteten. Wir
werdendaher die Attraktivität des Allgemeinen Vollzugsdienstes weiter steigern und flexibler
gestalten, vor allem durch eine neue Laufbahn im gehobenen Dienst.
Im Bereich des Jugendstrafrechts und des Jugendstrafvollzugs stehen der Erziehungsgedanke
und die Prävention für uns im Mittelpunkt. Jugendgerichte, Polizei und Jugendgerichtshilfe
arbeiten bereits ortsbezogen. Daher war es nur konsequent, auch die Jugendstaatsanwaltschaft
zu regionalisieren. Verfahrensabläufe „vor Ort“ zu vereinfachen und zu beschleunigen werden
wir fortsetzen.
Strafrecht als „Ultima Ratio“
Strafrecht darf immer nur das letzte Mittel sein. Darum haben wir in den vergangenen Jahren
Initiativen ergriffen, um zum Beispiel die Majestätsbeleidigung, das Informieren über
Schwangerschaftsabbrüche und das Fahren ohne Fahrschein zu entkriminalisieren. Auch den
Besitz von Drogen wollen wir entkriminalisieren. Elemente aus der NS-Zeit wollen wir endlich
aus dem Strafgesetzbuch verbannen. Entkriminalisierung muss überwiegend auf Bundesebene
geregelt und umgesetzt werden. Unseren Handlungsspielraum auf Landesebene werden wir unter
anderem nutzen, um die geringe, nicht verfolgbare Menge von Drogen heraufzusetzen.
5.6 Demokratie braucht Engagement: Partizipation,
Vielfalt und Transparenz stärken
Berlin ist seit Jahrzehnten ein Ort, an dem das Ringen um Demokratie eine ganz besondere
Rolle spielt. Unzählige Ost-Berliner*innen haben 1989 mit ihrem Mut und mit ihrem Einstehen
für demokratische Werte die Mauer zwischen Ost- und West-Teil der Stadt zum Einsturz
gebracht und für alle Menschen in der Stadt die Demokratie erkämpft.
Berlin war und bleibt ein Ort, an dem eine lebendige Zivilgesellschaft immer wieder
Missstände benennt und dagegen aufsteht, an dem Demokratie gelebt und mit Engagement und
Widerstandsgeist verbessert wird. Diese aktive Vielfalt ist – gemeinsam mit unserem
Grundgesetz und unserer Landesverfassung – die Basis unseres demokratischen Zusammenlebens.
Wir wollen sie schützen und fördern, denn ohne diese Grundlage gibt es auf Dauer kein Leben
in Freiheit. Deshalb haben wir in dieser Wahlperiode die direkte Demokratie gestärkt, indem
wir das Abstimmungsgesetz geändert und dadurch die Durchführung von Volksinitiativen,
Volksbegehren und Volksentscheiden erleichtert haben. Dadurch wurde mehr Mitbestimmung für
die Berliner*innen möglich.
Demokratie heißt Vielfalt
Grundlage jeder Demokratie ist das Prinzip der Gleichheit der Menschen. Wir erleben in einer
vielfältigen Stadt wie Berlin aber allzu oft, dass dieses Prinzip mit Füßen getreten, mit
Hassparolen angegriffen und mit Verächtlichmachung ganzer Gruppen untergraben wird. Eine
Demokratie ist nur so gut wie der Schutz, die Rechte und die Freiheit, die Minderheiten
genießen. Wir stellen uns allen Tendenzen entgegen, die die Gleichheit aller Menschen
infrage stellen.
Friedliches und freiheitliches Demonstrationsrecht
Berlin ist mit über 5.000 politischen Versammlungen jährlich die Hauptstadt der
Demonstrationen. Wir haben das Versammlungsgesetz an die Realität der Tausenden
weitestgehend friedlichen Demonstrationen angepasst und damit Versammlungsfreiheit und
Deeskalation gestärkt. Die Bewertung der Gefahrenprognose unterschiedlicher Demonstrationen
ist in der Vergangenheit jedoch nicht immer gelungen. Hier wollen wir in Zukunft anhand
objektiv nachvollziehbarer Kriterien eine bessere Abwägung gewährleisten. Um Spannungen und
damit Konfliktpotential zu minimieren, setzen wir uns für eine einheitliche, deeskalative
Berliner Strategie für die Versammlungsfreiheit ein. Unser Anspruch bleibt es, das
progressivste Versammlungsrecht der Bundesrepublik zu verwirklichen.
Mehr Transparenz von politischen Entscheidungen
Die Nachvollziehbarkeit von politischen Entscheidungen ist eine zentrale Voraussetzung für
das Vertrauen in demokratische Strukturen und die Landesverwaltungen. Wir wollen das
Transparenz- und Informationsfreiheitsgesetz weiterentwickeln und damit die
Veröffentlichungspflicht der Verwaltung und das Recht auf Akteneinsicht erweitern. Diese
Veröffentlichungspflicht soll sowohl für die Verwaltung als auch für die landeseigenen
Betriebe gelten. Die Kontrolle des Gesetzes soll durch eine*n Beauftragte*n für Datenschutz,
Transparenz und Informationsfreiheit erfolgen. Außerdem setzen wir uns für die Einführung
eines Lobbyregisters im Land Berlin ein.
Bürger*innenräte in Berlin einführen
Wir wollen unsere Demokratie weiterentwickeln und stärken.Dazu wollen wir mit einem Gesetz
zur Durchführung von Bürger*innenräten diese auf Bezirks- und Landesebene etablieren. Diese
sollen zu bestimmten Themen mit einem spezifischen Auftrag und den notwendigen Ressourcen
temporär gebildet werden und die Institutionen repräsentativer Demokratie ebenso wie die
Instrumente der direkten Demokratie ergänzen. Die Teilnehmer*innen an den Räten werden durch
das Zufallsprinzip gelost - aus allen betroffenen Einwohner*innen ungeachtet ihrer
Staatsangehörigkeit - um die gesamte Breite der Gesellschaft in einem Kiez abbilden zu
können. Die Losverfahren sind so aufzusetzen, dass immer benachteiligte und/oder sogenannte
"stille" gesellschaftliche Gruppen in den Bürger*innenräten vertreten sind und mitarbeiten
können. Gemeinsam mit Expert*innen und der Verwaltung können damit Lösungen für konkrete
Probleme für Berlin oder ganz konkret im Kiez erarbeitet werden. Dadurch wollen wir die
demokratischen Entscheidungsprozesse stärker vor Ort verankern und die Akzeptanz politischer
Entscheidungen erhöhen.Dies digital wie analog zu fördern, darf weder nur privilegierten
sozialen Schichten zu Gute kommen noch nur für sie attraktiv zu nutzen sein.
Stadtvertrag für Beteiligung
Wir wollen unsere Demokratie weiterentwickeln und stärken. Repräsentative,
direktdemokratische und dialogische Elemente gehören zusammen. Sie eröffnen auch
Einwohner*innen ohne Wahlrecht, sich an konkreten Projekten in der Stadt zu beteiligen, sie
machen eine Mitsprache zwischen den Wahlen und unabhängig von Parteien möglich, sie binden
Engagement und Sachverstand der Bürger*innen ein in eine gemeinwohlorientierte
Stadtentwicklung. Dazu wollen wir einen "Stadtvertrag Beteiligung" erarbeiten: weitere
Stärkung der direkten Demokratie, transparente Verwaltung und Zugang zu Verwaltungswissen,
Ausbau der Beteiligungsbüros in der ganzen Stadt, das neue Instrument der Bürger*innenräte,
Bürger*innenentscheide auf Bezirksebene verbindlich machen, eine*n Beauftragte*n einsetzen,
um diese Prozesse zu begleiten und voranzutreiben.
Wir wollen die Infrastruktur digitaler Beteiligung, wie sie derzeit etwa mit meinBerlin
besteht, ausweiten und damit das Prinzip offener Daten flankieren. Sie soll die
Möglichkeiten voranbringen, unter datenschutzfreundlichen Bedingungen eine Informations-,
Diskussions- und Beteiligungsgrundlage für Bürger*innen zu schaffen.
Demokratische Initiativen stärken
Engagement ist das Rückgrat unserer Demokratie, deshalb braucht es unsere Förderung. Wir
haben mit dem Landesprogramm „Demokratie. Vielfalt. Respekt. Gegen Rechtsextremismus,
Rassismus und Antisemitismus“, der Initiative Geschlechtliche und Sexuelle Vielfalt (IGSV)
und zahlreichen anderen Programmen schon vieles getan. Aber wir wollen mehr: Wir wollen das
Engagement von zivilgesellschaftlichen Projekten und Initiativen – gerade im Bereich der
Antidiskriminierungsarbeit, Demokratieförderung und des Empowerments – absichern und stärken
– und zwar verlässlich, langfristig und mit weniger bürokratischem Aufwand. Deshalb wollen
wir ein Demokratiefördergesetz für Berlin und eine Overhead- bzw. Gemeinkostenpauschale für
alle Zuwendungsprojekte einführen. Die Tarifangleichungen für das Personal von NGOs und
freien Trägern werden wir fortsetzen und die Eingruppierung von Projektstellen
systematisieren und erhöhen. Auf Bundesebenewerden wir uns zudem dafür einsetzen, dass das
politische Engagement von Vereinen als gemeinnützig anerkannt wird. Zivilgesellschaftliches
Engagement braucht Räume, um sich entfalten zu können und für alle leicht erreichbar zu
sein. Angesichts weiterhin steigender Konkurrenz um bezahlbaren Raum in der Stadt wollen wir
zivilgesellschaftliche Räume vor Verdrängung schützen. Auch gewerbliche Räume wir Bars oder
Clubs können wichtige Freiräume für demokratisches Engagement darstellen. Um sie zu
schützen, wollen wir die Einführung eines Gewerbemietendeckels prüfen.
Wissen schaffen, Demokratiebildung ausweiten
Wir wollen den Berlin Monitor fortführen. Er hat die Erfahrungen der Berliner*innen im
Zusammenleben wissenschaftlich untersucht und wertvolle Hinweise gegeben, um gezielt
Probleme anzugehen. Er legt rechtsextremistischen, antisemitischen, rassistischen oder
andere menschenverachtende Haltungen offen und erfasst die Erfahrungen von diskriminierten
Berliner*innen. Damit ist er eine wichtige Grundlage für ganz gezielte Maßnahmen.
Um das demokratische Bewusstsein zu stärken, sind historische und politische Bildung
unerlässlich. Wir wollen die Landeszentrale für politische Bildung stärken, sie insbesondere
für junge Menschen zugänglicher machen und ihre Arbeit an Schulen und
Jugendfreizeiteinrichtungen ausweiten. Denn hier wird die Grundlage für die Zukunft unserer
Demokratie gelegt. Das ehemalige Stasigelände in Lichtenberg soll zu einem „Campus der
Demokratie“ und das ehemalige Polizeigefängnis in der Keibelstraße zu einer Gedenkstätte
entwickelt werden. Die Auseinandersetzung mit Rassismus, Antisemitismus und anderen Formen
gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gehört ebenso dazu wie das Wissen um deutsche
Kolonialgeschichte.
Hilfe und Beratung verbessern, Bewusstsein stärken
Viele Menschen erleben Diskriminierung und Hass, sei es wegen ihrer Herkunft, ihres
Glaubens, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung . Die Betroffenen fühlen sich
oft isoliert und ausgeschlossen und brauchen deswegen Anlaufstellen, denen sie vertrauen
können. Wir wollen solche Stellen mit der Zivilgesellschaft schaffen und stärken. Ebenso
werden wir in der öffentlichen Verwaltung und in Schulen regelmäßige Fortbildungen
einführen, um Rassismus und Diskriminierung entgegenzuwirken.
Hass und politische Gewalt bekämpfen - gegen jeden Antisemitismus
Wir haben bereits eine Schwerpunktabteilung bei der Staatsanwaltschaft geschaffen, um gegen
politisch motivierte und Hasskriminalität vorzugehen, und werden sie weiter stärken. Wir
wollen damit insbesondereHassbotschaften im Internet Einhalt gebieten und der Bedrohung
jüdischen Lebens durch den wachsenden Antisemitismus entgegentreten. Daher haben wir auch
eine Antisemitismusbeauftragte bei der Generalstaatsanwaltschaft berufen, einen
Ansprechpartner des Landes Berlin zu Antisemitismus benannt und eine senatsübergreifende
Landeskonzeption zur Weiterentwicklung der Antisemitismus-Prävention vorgelegt. Diesen
klaren Kurs werden wir auch künftig fortsetzen und entschieden gegen jeden Antisemitismus
vorgehen!
5.7 Berlin - Stadt der Kultur und der Künste
Die Kunst- und Kulturmetropole Berlin ist unter Druck. Kaum eine andere Stadt hat ein so
reichhaltiges Angebot an Theatern, Museen, Orchestern und Chören, eine so vibrierende Film-,
Literatur-, Musik- und Clubszene, mit der Künstler*innen und Kreative Berlin spannend und
lebenswert machen. Doch der übergroße Teil von ihnen gehört immer noch zu den
Geringverdienenden in unserer Gesellschaft. Bodenspekulation, steigende Mieten und
Lebenshaltungskosten haben soziale Verdrängung und den Verlust künstlerischer Freiräume mit
sich gebracht. Darüber hinaus haben durch den Lockdown in der Corona-Pandemie zahllose
freischaffende Künstler*innen und private Kulturorte von heute auf morgen ihre
Existenzgrundlage verloren.
Wir geben Berlins einmaliger Kulturlandschaft Sicherheit und stehen für ihren Erhalt und
Ausbau: Wir haben mit Mindesthonoraren und neuen Förderprogrammen für eine Besserstellung
von Künstler*innen gesorgt, durch die Sicherung öffentlicher Liegenschaften sowie gezielte
Immobilienankäufe neue Kulturräume geschaffen und die kulturelle Grundversorgung in den
Bezirken ausgebaut. Nun wollen wir den nächsten Schritt machen, indem wir die Kulturraum-
Frage ins Zentrum der Stadtentwicklungspolitik rücken, die Fördersystematik zugunsten von
mehr Gerechtigkeit, Transparenz und Diversität reformieren und die Dekolonisierung Berlins
weiter vorantreiben.
Kultur und die Künste brauchen mehr Raum in Berlin – und zwar dringend
Berlins vielfältiges Kulturleben hat einen bedeutenden Anteil an der Attraktivität und
internationalen Ausstrahlung der Stadt. Deshalb wollen wir zur Sicherung der kulturellen
Infrastruktur bei der Neubau- und Ankaufspolitik des Landes wie in der Berliner
Stadtentwicklungspolitik kulturelle Nutzungen und Bedarfe stärker in den Vordergrund
stellen. So wie wir die Alte Münze als einen Kunst- und Kulturstandort mit dem Schwerpunkt
Musik gesichert haben und unter Beteiligung der Akteur*innen und mit hoher Transparenz
weiterentwickeln, werden wir weitere öffentliche Liegenschaften als künstlerische
Produktions- und Präsentationsorte erschließen. Der Verdrängung und Mietenexplosion wollen
wir Schutzmaßnahmen entgegenstellen. Wir werden weiterhin private Immobilien für diesen
Zweck gezielt ankaufen und das sogenannte Arbeitsraumprogramm im Dialog mit der Freien Szene
und den Spartenverbänden kontinuierlich weiterentwickeln. Bei Planung und Bau neuer
Stadtquartiere müssen künstlerische Nutzungen und die Schaffung kultureller Orte von
vornherein mit einem möglichst hohen Raumanteil berücksichtigt werden. Und statt Leerstand
sollen Flächen und Räume übergangsweise für kulturelle Nutzungen zur Verfügung stehen.
Außerdem wollen wir sonstige öffentliche Liegenschaften und Bauprojekte zugunsten einer
Kulturnutzung öffnen: Bildungseinrichtungen, Gerichte und Dienstgebäude der Berliner
Verwaltung können geeignet sein, außerhalb ihrer normalen Öffnungszeiten, als Probe- und
Aufführungsorte zu fungieren – und beim Neubau einer Schule können im Idealfall auch gleich
neue Räume für die bezirkliche Musikschule, Ateliers, Proberäume, Orte der Erinnerungskultur
oder die Jugendkunstschule entstehen.
Förderung der Freien Szene neu justieren
Berlins Freie Szene war schon immer ein Laboratorium für neue künstlerische Ausdrucks- und
Arbeitsformen und trägt durch ihre Innovationen erheblich zu der internationalen
Ausnahmestellung der Stadt bei. Die Förderstrukturen, die dies ermöglicht haben, werden den
neueren Entwicklungen hinsichtlich der Bandbreite und Ausdifferenzierung von Sparten und
Formaten sowie der künstlerischen Qualität und Professionalität dieser Szene allerdings
schon lange nicht mehr gerecht. Wir wollen die vorhandenen Förderinstrumente und -strukturen
zusammen mit Vertreter*innen der freien Verbänden und Kulturorte einer vorbehaltlosen und
kritischen Evaluation unterziehen und gemeinsam weiterentwickeln. Zudem wollen wir gegen die
bisherige Unwucht in der Kulturförderung zu Lasten der Freien Szene angehen und deren
Finanzierung verbessern. Dabei wollen wir das fortsetzen, was wir in dieser Legislatur mit
dem Runden Tisch Tanz und den neuen Stipendien, der Einrichtung eines Festivalfonds, der
Ausweitung der Kinder- und Jugendtheater-Förderung und der Stärkung der Ankerinstitutionen
der Freien Szene begonnen haben. Auch die Arbeit und Strukturen der freien Spartenverbände
selbst wollen wir kontinuierlich unterstützen. Ein Berliner Kulturfördergesetz kann die
notwendigen Rahmenbedingungen gesetzlich verankern, den gesellschaftlichen Stellenwert von
Kultur und den Künsten in unserer Stadt stärken und die bestehende Fördersystematik
innovativ weiterentwickeln. Wesentliche Kriterien hierbei sind ökologische sowie soziale
Nachhaltigkeit und Diversität.
Zeit für eine diverse und feministische Kulturpolitik
Berlin ist eine vielfältige Metropole mit Menschen unterschiedlichster Migrationsgeschichte.
Diese gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt spiegelt sich in den städtischen
Kultureinrichtungen bislang nur unzureichend wider. Dies ist für uns eine Frage der
gerechten Teilhabe und Repräsentanz, aber auch eine Chance für künstlerische Entwicklungen,
die postmigrantische, transkulturelle Innovationen aufgreift. Die gesellschaftliche Vielfalt
muss endlich besser in den Angeboten der öffentlichen Kultureinrichtungen, ihren
Leitungspositionen und Aufsichtsgremien, bei der Besetzung von Jurys und in der
Kulturförderung als solcher zum Ausdruck kommen. Mit der Einrichtung eines Diversitätsfonds
und dem Berliner Projektbüro für Diversitätsentwicklung (Diversity Arts Culture) haben wir
einen Anfang gemacht. Wir wollen Diversität in der institutionellen und Projektförderung zu
einem wesentlichen Kriterium machen und das sowohl mit Blick auf die öffentlichen
Kultureinrichtungen und sonstige Geförderte als auch die kulturellen Angebote selbst. Auch
die Repräsentation queerer Menschen und Perspektiven in der Berliner Kunst- und Kulturszene
muss verbessert werden. Queere künstlerische Positionen sind besonders zu fördern,
bestehende Hürden für queere Künstler*innen abzubauen und queere Sichtweisen auch in Jurys
und Auswahlgremien zu stärken. Weil diskriminierungssensible Personalverantwortliche und
Einstellungspraktiken Grundlage für einen vielfältigen Kulturbetrieb sind, wollen wir, dass
Personalverantwortliche in Kultureinrichtungen entsprechend geschult werden.
Bei der Besetzung von Intendanzen und anderen Spitzenpositionen im Kulturbereich müssen auch
endlich Frauen stärker berücksichtigt werden. Doppelspitzen und Intendant*innen-Kollektive
sollten nicht länger eine Ausnahme, sondern Normalität auch in großen Kulturinstitutionen
sein. Wir werden dem sogenannten Gender-Show-Gap und der Unterrepräsentanz von Frauen in
Regiepositionen entgegenwirken – dort, wo es sich wie beim Berliner Theatertreffen
realisieren lässt, gegebenenfalls auch in Form einer Quote. Insbesondere Frauen mit Kindern
sind in leitenden Funktionen unterrepräsentiert, weil sie den familienunfreundlichen
Erwartungen an Führungskräfte häufig nicht gerecht werden können. Deshalb setzen wir uns
weiterhin für eine bessere Vereinbarkeit für Familie und Beruf im Kulturbereich ein.
Kulturelle Bildung und Bibliotheken
Damit möglichst viele Berliner*innen einen Zugang zu Kulturangeboten finden, wollen wir die
Kulturelle Bildung und Kunstvermittlung stärken. Wir streben eine niedrigschwellige,
inklusive und aufsuchende Kulturelle Bildung an, die Kindern und Jugendlichen auch
selbstorganisierte Projekte ermöglicht. Schule und außerschulische Lernorte sollen mehr
zusammenwachsen. Auch Bibliotheken müssen als Dritte Orte offen und barrieream zugänglich
sein, denn sie sind nicht nur Bücherverleihstellen, sondern wichtige Kiezorte der sozialen
Begegnung, des kulturellen Austauschs und des interaktiven Lernens. Wir brauchen eine
Bibliotheksentwicklungsplanung, die dafür die nötigen finanziellen Mittel einplant.
Die Kreativwirtschaft ist schon seit Langem zu einem der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren
dieser Stadt geworden. Wir werden kreative Innovationen, speziell von Kleinstunternehmen,
Solo-Selbstständigen und freien Gruppen, gezielt und unmittelbar fördern. Prekäre Arbeits-
und Abhängigkeitsverhältnisse werden wir nicht dulden und ein entsprechendes Paket von
Maßnahmen auf den Weg bringen. Als digitale Ergänzung werden wir eine landeseigene,
virtuelle „Plattform Berlin“ aufbauen, in der sich alle Branchen der Berliner
Kreativwirtschaft unter dem Signum ”made in berlin” sammeln.
Ein Zentrum der Kunst und Kreativwirtschaft – auch im Flughafen Tempelhof
Das Gebäude des Flughafens Tempelhof wird zu einem Zentrum für Kultur und Kreativwirtschaft,
in dem Ateliers, Studios, Galerien, Proberäume und freie Spielorte ebenso wie Ausbildungs-,
Produktions- und Präsentationsräume für Film, Design, Mode, Architektur und Games Platz
finden. Auch im ehemaligen Flughafen Tegel werden wir Raum für Kultur und Kreativwirtschaft
schaffen.
Mit dem Campus für Demokratie Zivilgesellschaft und (Erinnerungs-) Kultur stärken
Erinnerungskultur und Stadtentwicklung gehören zusammen. Deshalb setzen wir uns in
Zusammenarbeit mit Bund und Bezirk für die Entwicklung des "Campus für Demokratie" auf dem
Areal des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit ein. Das entwickeln wir zu einem
lebendigen Erinnerungsort, der das Stasi-Unterlagen-Archiv mit Räumen für Kunst, und
kulturelle Bildung und Projekten der demokratischen Stadtgesellschaft verbindet. So stärken
wir auch nachhaltigen Tourismus im Außenbezirk Lichtenberg und das umliegende Stadtquartier.
Wir wollen, dass das Land Berlin diesen Prozess durch weiteres Engagement und eine aktive
Grundstückspolitik vor Ort in der nächsten Legislatur vorantreibt.
Freiheit der Medien garantieren
Die Medien erfüllen durch Information und Unterhaltung eine wichtige gesellschaftliche
Funktion. Freie Medien sind Grundlage für Demokratie. Mit großer Sorge verfolgen wir die
Angriffe, denen freie Medien verstärkt ausgesetzt sind. Wir stehen ein für Pressefreiheit
und werden die Unabhängigkeit von Journalist*innen wahren und sichern. Gerade der
öffentlich-rechtliche Rundfunk hat die Aufgaben, die Breite der Gesellschaft abzubilden und
Ort der offenen Debatte der Gesellschaft zu sein. Deshalb ist es wichtig, dass die
jeweiligen Medienformate in ihrer Darstellung auch die Diversität der Gesellschaft
widerspiegeln und adressieren. Um die Vielfalt und Teilhabe von unterrepräsentierten Gruppen
im rbb zu erhöhen, wollen wir den Rundfunk-Staatsvertrag zusammen mit Brandenburg
weiterentwickeln. Hier wollen wir einen Reformprozess im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
anstoßen, der letztlich auch die Akzeptanz der Bevölkerung zur Zahlung der Rundfunkabgabe
weiter hoch halten könnte. Hatespeech, Sexismus und Rassismus, ebenso wie die Verbreitung
von illegalen und demokratiefeindlichen Inhalten, dürfen nicht außerhalb der Verantwortung
der Plattformen durch dies begünstigende Algorithmen automatisiert vorangetrieben werden.
Wir werden die Möglichkeiten und Spielräume des Medienrechts nutzen, um die
Plattformregulierung durch die Landesmedienanstalten weiterzuentwickeln.
„Berlin-Jahr“ für Absolvent*innen der Filmhochschulen
Die Produktion von Filmen für Kinos, Plattformen und Sender stellt einen wichtigen Teil der
Berliner Wertschöpfung dar und zählt mit knapp 200.000 direkt oder indirekt Beschäftigen zu
den größten Branchen Berlins. Um die durch Corona unter Druck geratene Branche zu sichern
und Berlin zu einem noch stärkeren, kreativen, internationalen Spitzenplatz des Films zu
entwickeln, werden wir das Filmfördersystem des Medienboards Berlin Brandenburg (MBB)
optimieren. Wir werden den Zugang zu Filmfördermitteln transparenter und unabhängiger von
eingefahrenen Strukturen und gewachsenen Abhängigkeiten ermöglichen. Dazu werden wir neue
Förderinstrumente umsetzen und Vergaben in qualifizierten Losverfahren, im Patenverfahren
und mit automatischer Referenzförderung einführen.
Für Erstlings- und Folgewerke werden wir einen neuen Fördertopf schaffen, der einen
breiteren Zugang und nachhaltigeren Berufsstart ermöglicht. Das MBB wird zu einer
Überprüfung der Einhaltung von Sozial- und Nachhaltigkeitsstandards geförderter Produktionen
verpflichtet, um den untragbaren Zustand des Unterlaufens von sozialen und tariflichen
Mindeststandards zu beenden.
Green Culture - Kultur und Nachhaltigkeit
Wir denken Kultur und Klimaschutz zusammen: Auch der Kulturbereich kann durch die Einsparung
von CO2-Emissionen einen Beitrag zur klimaneutralen Stadt erbringen. Das gilt insbesondere
für die Museen sowie den Gastspiel- und Festivalbetrieb, da hier am meisten Treibhausgas-
Emissionen im Kulturbereich anfallen. Wir unterstützen die bereits vorhandenen Bestrebungen
und Umsetzungen bei vielen kulturellen Akteur*innen und Einrichtungen. Gleiches gilt für
Konzepte wie die Einrichtung eines „Green Culture Desk“ und Fonds auf Bundesebene. In der
Kulturförderung muss die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit und
di Transformation zu einem nachhaltigeren Kulturbetrieb eine stärkere Rolle spielen.
Clubkultur erhalten
Wir wollen Berlins lebendige Clubkultur erhalten und dazu Standorte sichern. Um
Nutzungskonflikte mit Anwohnenden zu entschärfen, haben wir 2018 einen „Lärmschutzfonds für
Berliner Clubs“ ins Leben gerufen und mit einer Million Euro ausgestattet. Diesen Weg wollen
wir fortsetzen. Das „Agent of Change“-Prinzip wollen wir in ganz Berlin etablieren. Um Clubs
bauplanungsrechtlich besser abzusichern und ihnen einen einfacheren Zugang zu Fördermitteln
zu verschaffen, haben wir diese Clubs auch offiziell als Kulturstätten anerkannt. Darüber
hinaus setzen wir uns für eine Änderung des Baugesetzbuchs auf Bundesebene ein, damit die
Kommunen Kulturerhaltungsgebiete einführen können, und wollen Clubs auch durch Änderungen im
Gewerbemietrecht besser schützen. Clubs sind auch Kreativlabore der Subkultur. Gerade die
kleinen Clubs dürfen nicht durchs Raster fallen, wir wollen sie retten und mit gezielten
Programmen unterstützen. Uns ist wichtig, Clubs in ihrer Funktion als Orte der
gesellschaftlichen Begegnung und „Safer Spaces“, zum Beispiel für queere Menschen, zu
stärken und gleichzeitig gemeinsam mit den Betreiber*innen und der Clubkommission gegen
Diskriminierung an der Tür und im Clubleben vorzugehen.
In den letzten Jahren sind auch Open Air Tanz- und Liveveranstaltungen immer stärker besucht
worden. Momentan stehen die Veranstalter*innen aber oft vor rechtlichen Risiken und
Unsicherheiten. Darum wollen wir die Einführung eines Open-Air-Gesetzes wie in Bremen
prüfen. Das gesellschaftliche Engagement der Clubs tut Berlin gut, weshalb wir sie, z.B. bei
ökologischen Maßnahmen, weiterhin finanziell unterstützen wollen.
Decolonize!
Mit dem von uns initiierten gesamtstädtischen Konzept für die Aufarbeitung und Erinnerung
der deutschen Kolonialvergangenheit ist Berlin vom Nachzügler zum Vorreiter bei der
Dekolonisierunggeworden. Doch die ist ein Prozess, der nur im engen Dialog mit den
postmigrantisch-diasporischen Communities und den Nachkommen der Menschen in den ehemaligen
Kolonien gelingen kann. Wir wollen die Dekolonisierung der Berliner Kultureinrichtungen und
deren Arbeit im Bildungsbereich und öffentlichen Raum weiter vorantreiben. Dafür wollen wir
die in dieser Legislatur eingerichtete Koordinationsstelle und die Zusammenarbeit mit
Initiativen wie „Decolonize Berlin e. V.“ verstetigen. Die Berliner Bezirke und
Stadtteilinitiativen wollen wir bei der Umbenennung von Straßen und Plätzen, die noch heute
den Kolonialismus und Kolonialverbrechen ehren, bestmöglich unterstützen, etwa indem wir auf
Landesebene Ressourcen für die wissenschaftliche Erforschung dieser Straßenhistorie und für
die Errichtung von dezentralen Lernorten zur Verfügung stellen. An den Berliner Hochschulen
sollen endlich Postcolonial und Black Studies angeboten werden, wie es im angelsächsischen
Raum längst der Fall ist. Und wir fordern weiterhin die Errichtung eines Lern- und
Erinnerungsortes gemeinsam mit dem Bund als zentrale Gedenkstätte für die Opfer des
deutschen Kolonialismus. Als ehemalige Hauptstadt des deutschen Kolonialreichs und Ort
zahlreicher kolonialer Sammlungen und Institutionen steht Berlin ganz besonders in der
Pflicht, deren Geschichte aufzuarbeiten: Wir setzen uns für eine systematische und
transparente Provenienzforschung und die Offenlegung der Inventarlisten der Berliner Museen
und Sammlungsbestände ein. Provenienzforschung ist ein langer und aufwändiger Prozess. Die
bislang zur Verfügung stehenden Personalmittel reichen nicht aus. Deshalb wollen wir in der
kommenden Legislaturperiode die wissenschaftliche Erforschung ausbauen. Koloniale Raubkunst
und menschliche Überreste müssen den Herkunftsgesellschaften zurückgegeben werden, und das
proaktiv. Wir wollen außerdem Berlins Städtepartnerschaft mit Windhoek, Namibia, dafür
nutzen, eine Wiedergutmachung der Bundesrepublik für den Genozid an den Nama und Herero und
die Aussöhnung mit deren Nachkommen zu erreichen.
5.8 Berlin ist solidarisch: Europa und die Welt im
Blick
Wir wollen Berlin zu einer Stadt machen, die keinen zurücklässt. Berlin soll ein sicherer
Hafen für Menschensein, die vor Krieg, Verfolgung, Elend, Armut oder der Klimakrise fliehen
mussten und soll eine gute Heimat für all diejenigen bieten, die in einer weltoffenen,
demokratischen und solidarischen Stadt leben wollen. Alle Menschen, die in Berlin ankommen,
müssen eine Chance erhalten, sich in unserer Stadt ein selbstbestimmtes Leben aufzubauen.
Berlin ist sicherer Hafen
Wir bekennen uns zu den europäischen Werten von Frieden, Demokratie, Menschenrechten und
Solidarität. Die Abschottungspolitik an den europäischen Außengrenzen steht diesen Werten
entgegen und ist eine Schande für Europa. Die Unterbringung von Geflüchteten in
menschenunwürdigen Lagern, wie in Moria auf Lesbos, zeigt das Scheitern der bisherigen
europäischen Asyl- und Migrationspolitik. Wir fordern stattdessen eine solidarische und
menschenrechtsbasierte europäische Flüchtlingspolitik, die allen Asylsuchenden ein faires
Asylverfahren zusichert.Hierzu gehört auch, dass wir den gesetzlichen Spielraum ausschöpfen,
damit sich Landesbeamt*innen nicht länger an menschenrechtswidrigen Frontexeinsätzen
beteiligen.
Wir bekennen uns zu den europäischen Werten von Frieden, Demokratie, Menschenrechten und
Solidarität. Die Abschottungspolitik an den europäischen Außengrenzen steht diesen Werten
entgegen und ist eine Schande für Europa. Die Unterbringung von Geflüchteten in
menschenunwürdigen Lagern, wie in Moria auf Lesbos, zeigt das Scheitern der bisherigen
europäischen Asyl- und Migrationspolitik. Wir fordern stattdessen eine solidarische und
menschenrechtsbasierte europäische Flüchtlingspolitik, die allen Asylsuchenden ein faires
Asylverfahren zusichert. Berlin hat bereits gezeigt, dass es bereit ist, Solidarität zu
zeigen und Menschen aufzunehmen. Bislang sind wir mit unserem Landesaufnahmeprogramm immer
wieder am Nein des Bundesinnenministers gescheitert. Diese Ablehnung ist für uns Ansporn.
Wir werden uns weiterhin für ein Landesaufnahmeprogramm für Geflüchtete aus den griechischen
Lagern einsetzen und haben erreicht, dass Berlin dafür sogar gegen das
Bundesinnenministerium klagt. Intensiv bemühen wir uns um besonders schutzbedürftige
Geflüchtete. Das entsprechende Aufnahmeprogramm wollen wir verlängern und dafür sorgen, dass
alleinreisende Frauen, Traumatisierte, Geflüchtete mit Behinderungen, LSBTIQ* und Familien
unmittelbar nach ihrer Ankunft die Beratung und Betreuung bekommen, die sie benötigen.
Eine echte Willkommensbehörde für Berlin
Berlin profitiert seit Jahrhunderten davon, dass Menschen aus anderen Ländern hier ein neues
Zuhause finden - egal ob freiwillig in der Hoffnung auf ein besseres Leben, auf der Suche
nach neuen Herausforderungen oder unfreiwillig die alte Heimat aufgebend. Sie bringen neue
Ideen mit, bereichern die Stadt mit ihren einzigartigen Erfahrungen und sorgen für soziale
wie technologische Innovationen. Hier ist die postmigrantische Einwanderungsgesellschaft
schon lange Realität und in den kommenden Jahren wird sie noch pluraler werden, als sie es
jetzt schon ist: Etwa drei von zehn Berliner*innen haben einen Migrationshintergrund, etwa
die Hälfte davon besitzt den Pass eines anderen EU-Landes. Nun gilt es, diese Realitäten in
Politik und Verwaltung abzubilden. Es muss unser Ziel sein, ein friedliches, gerechtes und
freies Leben für alle Berliner*innen zu ermöglichen. Dafür werden wir das Berliner Landesamt
für Einwanderung zu einer echten Willkommensbehörde weiterentwickeln und alle nötigen
Kompetenzen für eine gelingende Einwanderung – vom Aufenthaltsrecht über die Versorgung und
Unterbringung bis zum Integrationskurs – bündeln. Zudem werden die neuen Einwohner*innen der
Stadt bei dieser Behörde alle Amtsgeschäfte mit Landes- und Bezirksbehörden nach dem Prinzip
des einzelnen Schalters auch in Fremdsprachen anstoßen können. Menschen ohne ausreichende
Deutschkenntnisse werden von der Behörde im Umgang mit der Verwaltung unterstützt.
Die Willkommensbehörde soll der für Integration zuständigen Senatsverwaltung unterstellt
werden. Ebenso soll die Zuständigkeit für das Aufenthaltsrecht nicht länger im Innenressort
angesiedelt bleiben. Neuen Berliner*innen soll dadurch das Ankommen erleichtert und Teilhabe
soll ihnen ermöglicht werden. Die gesetzlichen Spielräume wollen wir konsequent zugunsten
der Betroffenen nutzen. Berlin setzt sich beim Bund dafür ein, dass Geflüchtete mit
subsidiärem Schutz Reisedokumente mit ihrem Aufenthaltstitel erhalten, damit auch diese
niemand einen nationalen Pass in dem Land beantragen muss, aus dem er/sie geflüchtet ist.
Darüberhinaus wollen wir die in Berlin bis 2018 geltende Sonderregelung, die eine solche
Passbeschaffung nicht zwingend machte, wieder einführen.
Ein prekärer Aufenthaltsstatus darf nicht länger die Aufnahme einer Ausbildung,
berufsvorbereitende Maßnahmen oder den Abschluss eines angebotenen Arbeitsvertrages
verhindern. Berlin kann nur all seine Potentiale ausschöpfen, wenn die Anerkennung von im
Ausland erworbenen Berufsqualifikationen, von Ausbildung und Studium, vereinfacht wird.
Abschiebungen während Ausbildungsvorbereitung oder Ausbildung – dazu zählt auch die
Schulzeit oder der Besuch einer Hochschule – müssen für die gesamte Familie konsequent
ausgeschlossen sein. Abschiebungen dürfen generell nur in Ausnahmefällen erfolgen. Die
Abschiebung in Krisen- und Konfliktregionen, wie nach Afghanistan oder Syrien, sind
inakzeptabel und müssen beendet werden. Kein Mensch ist illegal – das bedeutet für uns
Berliner Bündnisgrüne, dass wir Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam für grundsätzlich
unangemessene Maßnahmen halten und uns auch auf Bundesebene für deren Abschaffung einsetzen.
Programm zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen
Auch politisch Verfolgten wollen wir in Berlin eine sichere Anlaufstelle geben. Besonders
Menschenrechtsverteidiger*innen sind in autoritären Regimen - selbst innerhalb der
Europäischen Union - immer wieder massiver Repression ausgesetzt. Wir haben in dieser
Legislatur mehrere Programme zur Unterstützung von Menschen aufgelegt, die in ihrer Heimat
politisch verfolgt werden. Dadurch haben Betroffene aus Journalismus, Kultur, Wissenschaft
und Unternehmen die Möglichkeit, für eine gewisse Zeit in Berlin in Sicherheit zu leben.
Diese Programme wollen wir verstetigen und unter einem gemeinsamen institutionellen Dach,
einem Haus des Exils, ansiedeln. Berlin setzt dadurch ein starkes Signal für den Schutz von
Menschenrechten weltweit. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass in Berlin ein
„Friedensforum" entsteht, das als Begegnungsraum für zivile Konfliktbearbeitung und
gewaltfreie Konfliktlösung Friedensarbeit praktisch erfahrbar macht.
Berlin ist Fair Trade Town – das verpflichtet zu Verantwortung
Viele Produkte auf dem deutschen Markt werden in anderen Ländern oft unter katastrophalen
Bedingungen hergestellt: Umweltzerstörungen, Menschenrechtsverletzungen und ausbeuterische
Arbeitsverhältnisse werden für Profite in Kauf genommen. Für uns ist klar: Unternehmen und
Importeure müssen Verantwortung für ihre gesamte Lieferkette übernehmen. Die Auszeichnung
Berlins als Fair-Trade-Town im Jahr 2018 und die Gründung des Eine-Welt-Hauses waren dafür
erste wichtige Schritte. Wir wollen diesen Weg weitergehen und schrittweise eine faire und
ökologische Beschaffung in der Berliner Verwaltung umsetzen. Von Kaffee über Computer und
Kleidung bis zu Baumaterial – Berlin muss fair, sozial und nachhaltig einkaufen. Auf Bundes-
und EU-Ebene setzen wir uns für ein wirksames Lieferkettengesetz mit verbindlicher
Haftungsregelung ein, damit Unternehmen weltweit menschenrechtliche und umweltbezogene
Sorgfaltspflichten einhalten müssen, Betroffene Zugang zu Gerichten in Deutschland bekommen
und Verbraucher*innen Transparenz erhalten.
Mit Europa im Herzen – engagiert und verantwortungsbewusst
Für uns als größte Stadt der Europäischen Union ist es unser Selbstanspruch, eine
verantwortungsbewusste und global-solidarische Politik der EU aktiv mitzuprägen. Dazu wollen
wir die Mitwirkungsmöglichkeiten des Landes vollumfänglich nutzen. In Berlin leben rund
420000 Bürger*innen aus anderen EU-Ländern – Europa ist Teil unseres Alltags, unsere
Herausforderung und unsere historische Chance zugleich. Um diese Vielschichtigkeit Europas
besser zu vermitteln, wollen wir Europabildung einschließlich Kolonialgeschichte in
Bildungseinrichtungen anbieten und dazu mit möglichst vielen verschiedenen Berliner Trägern
und Verbänden kooperieren. Um der wachsenden Rolle von Kommunen und Metropolen in der EU
gerecht zu werden, setzen wir uns zusammen mit unseren europäischen Partnerstädten für eine
direkte Vergabe von EU-Mitteln an Kommunen ein.
Soziales Europa statt Ausbeutung
Ausbeutung von Arbeitskräften aus Europa ist in Berlin leider an der Tagesordnung – auf
Baustellen, in Hotels, im Bereich der Prostitution. Gegen diesen Missbrauch europäischer
Freizügigkeit gehen wir mit aller Kraft vor. Wir unterstützen entsprechende Kontrollen des
Zolls, zum Beispiel um die Missachtung des Mindestlohns auf Baustellen zu verhindern. Und
wir stärken zivilgesellschaftliche Organisationen, die wertvolle Arbeit leisten, um für
Transparenz zu sorgen und betroffene Menschen zu beraten, häufig sind dies Migrant*innen-
Selbst-Organisationen. Wir wollen diese sicher finanzieren und bei der Vernetzung
unterstützen, zum Beispiel mit Gewerkschaften und der Berliner Justiz. Häufig entsteht das
Problem, dass EU-Bürger*innen keine Ansprüche auf Sozialleistungen geltend machen können.
Auf Bundes- und EU-Ebene arbeiten wir darum dafür, dass Leistungsausschlüsse abgeschafft
werden. In Berlin wollen wir mit einer Clearing-Stelle dafür sorgen, dass zentral alle
Möglichkeiten geprüft werden können. Wenn nötig werden wir Menschen auch auf Basis des
Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes unterbringen. Ein Dach über dem Kopf zu haben
ist ein Grundrecht, dafür stehen wir ein, ausnahmslos.
Partnerschaften in der Europäischen Union
Es ist der historische Verdienst der Europäischen Union, einen Kontinent, der jahrzehntelang
von Krieg und Zerstörung gezeichnet war, in einen stabilen Frieden geführt zu haben. Der
Blick in unsere europäische Nachbarschaft zeigt, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist.
Wir müssen das europäische Projekt aktiv am Leben halten, Brücken bauen und den europäischen
Austausch fördern. Deshalb wollen wir zukünftig vor allem mit denjenigen Städten – vor allem
in Osteuropa – gezielt Kooperationen und Partnerschaften eingehen, die unsere Werte teilen,
und Austauschprojekte von Schulen und Vereinen im Rahmen dieser Partnerschaft unterstützen.
Auch die Mitgliedschaft in bestehenden Städtenetzwerke, die sich für Klimaschutz, den
humanen Umgang mit Geflüchteten und gegen Rassismus und Queerfeindlichkeit einsetzen, wollen
wir weiter ausbauen und stärken. Wir werden daher auch Berlins Mitgliedschaft im „Klima-
Bündnis – Europäische Kommunen in Partnerschaft mit indigenen Völkern“ mit konkreten
Aktivitäten beleben und unterstützen. Auf EU-Ebene wollen wir die EU-Städteagenda nutzen, um
noch stärker den Austausch und die Kooperation, besonders im Bereich des Klimaschutzes, der
Kreislaufwirtschaft und der Energiewende, zu suchen.
Europa in die Berliner Landesverfassung
In der Stadt wollen wir Europa sichtbarer machen. Deshalb fordern wir, ein Bekenntnis zur
Europäischen Union auch in die Berliner Landesverfassung aufzunehmen, wie es in vielen
anderen Bundesländern der Fall ist. Darüber hinaus sollen die Bezirke über den Rat der
Bürgermeister besser in die Programmplanung des Landes Berlin für den Europäischen
Sozialfond (ESF) und den Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) eingebunden
werden. Außerdem wollen wir das europäische Programm "NextGenerationEU" nutzen, um dem
Klimawandel und der digitalen Transformation mit Zukunftsinvestitionen zu begegnen. Die
Europabeauftragten auf Bezirksebene sollen gestärkt werden und regelmäßig über ihre Arbeit
berichten. Auch das Abrufen von EU-Geldern durch die Bezirksverwaltungen wollen wir
vereinfachen, indem diese Koordinierungsstelle bei der Antragstellung unterstützt. Kleinen
und mittleren Unternehmen, Vereinen und Initiativen wollen wir den Zugang zu Fördermitteln
durch niedrigschwellige Beratungsangebote erleichtern.
Jetzt ganz konkret: Bündnisgrüne Projekte für die Zukunft Berlins
1. Gleichstellung in allen Gesellschaftsbereichen
Wir kämpfen für die Gleichstellung der Geschlechter in allen Gesellschaftsbereichen – nicht
erst seit Corona, aber seit der Pandemie umso mehr: Krisenstäbe und alle anderen Gremien
müssen divers und geschlechterparitätisch besetzt sein. Um alle Haushaltsmittel
geschlechtergerecht zu verteilen, wollen wir das Gender-Budgeting weiter vorantreiben: durch
ein effektives Controlling, ein Gender-Budgeting-Referat in der Finanzverwaltung, einen
zivilgesellschaftlichen und wissenschaftlichen Beirat sowie durch Weiterbildungen innerhalb
der Verwaltung. Und damit feministische Politik endlich als Querschnittsthema in allen
Bereichen mitgedacht wird, wollen wir mit allen Verwaltungen eine verbindliche,
datenbasierte und ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie erarbeiten und umsetzen und
eine Gesetzesfolgenabschätzung einführen, die die Gleichstellung von Frauen sicherstellt.
2. Rechtsextremen Terror aufklären – parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur
Terrorserie in Neukölln
Die rechtsextreme Terrorserie in Neuköllen steht in einer Linie mit Hanau und den NSU-
Morden. Es wurden Verbindungen der Berliner Polizei zur Polizeibehörde in Hessen bekannt,
aus der Todesdrohungen mit der Kennung NSU 2.0 verschickt wurden. Es mussten zwei
Staatsanwälte in der Berliner Justiz umgesetzt werden. Betroffene fühlen sich vom Staat
nicht mehr geschützt und noch immer ist kaum etwas aufgeklärt – weder Brandanschläge noch
Bedrohungen und auch nicht der Mord an Burak Bektas aus dem Jahr 2012. Wir brauchen Klarheit
über die Fälle, aber auch darüber, welche Rolle Berliner Polizist*innen und
Staatsanwält*innen spielen. Darum werden wir direkt zu Beginn der neuen Legislaturperiode
einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen. Aufklärung schafft Vertrauen.
Genau das braucht die Berliner Polizei.
Bis zur Aufklärung der rechtsextremen Terrorserie und darüber hinaus stehen wir den
Angegriffenen solidarisch beharrlich zur Seite, auch weil es sich dabei um einen Angriff auf
unsere Gesellschaft als Ganzes handelt. Wir setzen uns dafür ein, dass der
Sicherheitsapparat die Betroffenen rechter Gewalt wirklich schützt.
3. Bürger*innenräte in Berlin einführen
Wir wollen unsere Demokratie weiterentwickeln und stärken. Dazu wollen wir auf Bezirks- und
Landesebene Bürger*innenräte etablieren, die zu bestimmten Themen mit einem spezifischen
Auftrag und den notwendigen Ressourcen temporär gebildet werden und die Institutionen
repräsentativer Demokratie ergänzen. Die Teilnehmer*innen an den Räten werden durch das
Zufallsprinzip gelost, um die Bandbreite der Gesellschaft in einem Kiez abbilden zu können.
Gemeinsam mit mit Experten und der Verwaltung können dort Lösungen für konkrete Probleme im
Kiez oder im Bezirk erarbeitet werden. Dadurch wollen wir die demokratischen
Entscheidungsprozesse stärker vor Ort verankern und die Akzeptanz politischer Entscheidungen
auf lokaler Ebene erhöhen.
4. Kulturförderung gerechter, transparenter und diverser gestalten
Wir wollen die Berliner Kulturförderung angesichts neuer Entwicklungen und
gesellschaftlicher Realitäten umgestalten: Die gesellschaftliche Diversität muss sich besser
in den kulturellen Angeboten und – nach New Yorker Vorbild – auch in der Besetzung von
Leitungsfunktionen und Förderstrukturen widerspiegeln. Mit innovativen Programmen und neuen
Kooperationsformen wollen wir mehr Fördergerechtigkeit für diejenigen erreichen, die bislang
durchs Raster fallen und sich von einem unterfinanzierten Projekt zum nächsten hangeln
müssen. Dies erreichen wir nur gemeinsam mit Vertreter*innen der freien Verbände und
Institutionen sowie mehr Partizipation und Transparenz bei kulturpolitischen Entscheidungen.
5. Eine Willkommensbehörde für Berlin
Berlin soll eine Willkommensbehörde bekommen. Wir haben bereits aus der „Ausländerbehörde“
das „Landesamt für Einwanderung“ gemacht. Jetzt kommt der nächste Schritt. In einer
Willkommensbehörde sollen alle Kompetenzen für eine gelingende Einwanderung gebündelt werden
– vom Aufenthaltsrecht über den Integrationskurs und die Verweisberatung zu Deutschkursen
bis zur Arbeitserlaubnis. Die Willkommensbehörde soll im Kompetenzbereich der für
Integration zuständigen Senatsverwaltung liegen. Auch die Zuständigkeit für das
Aufenthaltsrecht soll vom Innenressort an die Integrationsverwaltung übertragen werden.
Gesetzliche Spielräume wollen wir konsequent zugunsten der Betroffenen nutzen.