Veranstaltung: | LDK am 9. Dezember 2023 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 3 Leitantrag Wirtschaft |
Status: | Beschluss (vorläufig) |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 09.12.2023 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Transformation der Wirtschaft – Neuer Wohlstand in einer neuen Zeit
Beschlusstext
Ein Leben in Zufriedenheit und Wohlstand, im Einklang mit dem Planeten, mit guten Jobs, also
fairen Arbeitsbedingungen und langfristig gesicherten, soliden Einkommen– all das wird nur
gelingen, wenn wir jetzt den Mut haben, unsere Wirtschaft klimaneutral fit für die Zukunft
zu machen. Dafür braucht es verlässliche Rahmenbedinungen mit klimapolitischen Zielen und
flankierende Investitionen. So bauen wir gemeinsam Berlin klimaneutral um, stärken unsere
Wirtschaft und sichern Arbeitsplätze in der Metropolregion.
Ob Dienstleistungsunternehmen, Industrie oder Handwerk – um auch in Zukunft noch schwarze
Zahlen zu schreiben, muss heute grün investiert werden. Weltweit sind wir längst in einem
Wettbewerb um die besten Klimatechnologien, um neue Produktionsstätten und Jobs der Zukunft.
China und die USA, aber auch Indien oder Japan haben große Investitionsprogramme aufgelegt,
um beim Ausbau erneuerbarer Energien, bei der Batterieproduktion, bei
Wasserstofftechnologie, grüner Stahlproduktion, bei E-Mobilität oder Wärmepumpen einen
Vorsprung auf den Weltmärkten zu erarbeiten. Umso wichtiger ist es, deshalb jetzt an den
richtigen Stellschrauben zu drehen, damit Berlin und Brandenburg dem Wettbewerb standhalten
können, Unternehmen nicht abwandern und sich neue Unternehmen hier ansiedeln.
Es ist Zeit für eine aktive bündnisgrüne Wirtschafts- und Industriepolitik, die nachhaltig
und systemisch wirkt und immer die ökologischen Belastungsgrenzen unseres Planeten anerkennt
und sich nach diesen ausrichtet. Wir schätzen die vielen Gründer*innen und Unternehmer*innen
an unserer Seite, die längst aktiv an der Klimaneutralität und zukunftsfähigen
Geschäftsmodellen arbeiten. Sie tragen mit ihren Unternehmen Verantwortung für die
Wertschöpfung in unserer Stadt. Und auch Gewerkschaften fordern einen grundlegenden
ökologischen Umbau der sozialen Marktwirtschaft, um gut bezahlte Arbeitsplätze dauerhaft zu
sichern und neue entstehen zu lassen. Sie sind unsere Mitstreiter*innen für sozial-
ökologische Umverteilung. Das, was die Stadt Berlin dafür tun kann, muss nun beherzt
angepackt werden; sei es bei der Wärmewende, beim Schaffen von Orten für kleine und
mittelständische Unternehmen, bei der Digitalisierung der Betriebe und der Verwaltung, bei
Anreizen für private Investitionen, bei der Durchsetzung der Tariftreue, bei der
Unterstützung klimaneutraler Ansiedlungen hier in Berlin oder in dem wir
Dienstleistungsberufe endlich deutlich aufwerten.
Berlin und Brandenburg sind auch dank grüner Regierungsbeteiligungen der letzten Jahre gut
gerüstet und haben eine starke Ausgangsbasis für die anstehenden Transformationsprozesse:
kreative Menschen mit innovativen Gründungsgeist, eine einzigartige Wissenschafts- und
Forschungslandschaft, erneuerbare Energie, eine beispiellose digitale und
fortschrittsgetriebene Wirtschaft und urbane nachhaltige Lebenskultur. Berlin ist bereits
heute Heimat für die Industrien der Mobilitäts- und Energiewende. Berlins Start-Up- Szene
und Digitalwirtschaft denkt grün und nachhaltig.
Wir wollen eine aktive, bündnisgrüne Industriepolitik, die Ansiedlungen von Unternehmen, die
ökologisch und sozial gerecht handeln und auch ansässige Werke und Unternehmen dabei
unterstützt, klimaneutral zu werden. Wir Grünen stehen bereit als Partner*innen für alle,
die eine klimaneutrale Re-Industrialisierung Berlins angehen.Wir wollen, dass Berlin die
neuen Chancen nutzt, die der Bund durch unseren Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert
Habeck eröffnet: seien es die neuen Förderrichtlinien bei der GRW (Gemeinschaftsaufgabe
Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur) oder die neuen Klimaschutzverträge.
Berlin hat sich seit den 2000er Jahren wirtschaftspolitisch stark verändert und solide
aufgestellt. Die Orientierung an den fünf Clustern Gesundheit, IKT, Medien &
Kreativwirtschaft, Energietechnik, Verkehr, Mobilität & Logistik sowie Optik & Photonik ist
ein richtiger Weg, der der gesamten Hauptstadtregion in verschiedenen Branchen Arbeitsplätze
schafft. Viele dieser Unternehmen sind nicht nur in Berlin/Brandenburg tätig sondern
vertreiben ihre Produkte auf der ganzen Welt. Das unterstützen wir.
Die Ansiedlung von Unternehmen mit zukunftsweisenden Technologien bietet die Chance auf eine
hohe Anzahl von Arbeitsplätzen in Berlin und Brandenburg. Doch die Transformation kann
vollständig nur gelingen, wenn soziale und ökologische Errungenschaften sowie betriebliche
Mitbestimmungsrechte auch zukünftig gewahrt und ausgebaut werden. Die Menschen im Handwerk,
im Dienstleistungssektor oder der Industrie, deren Berufe oft ein Höchstmaß an körperlichem
Einsatz und Verzicht auf persönliche Flexibilität erfordern, müssen vom Wirtschaftswandel
profitieren. Dafür müssen Politik, Gewerkschaften und Unternehmen in diesen Bereichen eng
und vertrauensvoll zusammenarbeiten.
Es sind vor allem die Menschen, die Berlin so attraktiv für Unternehmensansiedlungen machen.
Und längst sind die vermeintlich weichen Themen zu harten Standortfaktoren geworden:
bezahlbare Mieten, gute Kitas, Schulen, Hochschulen, Orte der Naherholung, soziale und grüne
Infrastruktur, Gesundheitsinfrastruktur, ein attraktives Mobilitätsangebot des
Umweltverbunds, kulturelle Angebote und eine internationale Willkommenskultur. Wer dem
gerecht werden will, muss den Weg weitergehen, den wir unter grüner Regierungsverantwortung
mit dem Jahrzehnt der Investitionen begonnen hat. Um unsere Standortfaktoren zu schützen
müssen wir den Mietenanstieg beenden, in die öffentliche und soziale Infrastruktur
investieren haben. So können wir und Berlin weiter zu einer lebenswerten, prosperierenden
und klimaneutralen Metropole umbauen.
Damit dies schnell umgesetzt werden kann, braucht Berlin eine funktionierende Verwaltung mit
schnelleren Genehmigungsverfahren, weniger Bürokratie und digitalen Verwaltungsprozessen.
Das Behörden-Pingpong muss durch eine grundsätzliche Reform der Berliner Verwaltung beendet
werden. Wir begrüßen, dass der Regierende Bürgermeister das Thema zur Chefsache erklärt hat
und stehen als Bündnisgrüne in den Bezirken und als konstruktive Opposition im Land bereit,
an einem Gelingen der Reformen mitzuarbeiten.
Die landeseigenen Unternehmen sind wesentlicher Teil der Berliner Wirtschaft und ihre
Leistungen spielen gleichzeitig eine zentrale Rolle für die Transformation der privaten
Unternehmen.
Wir wollen, dass die Berliner Landesbetriebe noch viel stärker eine Vorbildfunktion für
nachhaltiges Wirtschaften und gute Arbeitsbedingungen einnehmen. Ausgründungen und
Tochterunternehmen sind umgehend wieder in die Muttergesellschaft zurückzuführen. Alle
Unternehmen, an denen das Land Berlin direkt oder indirekt beteiligt ist, müssen ihre
Beschäftigten fair bezahlen; es darf nicht sein, dass der Landesmindestlohn nur mit Zulagen
erreicht wird.
Die Politik muss den Rahmen für die Transformation setzen, wettbewerbliche Anreize für
Unternehmen schaffen und dabei konsequent die sozialen Folgen beachten: Der CO2-Preis muss
mit einem Klimageld verbunden werden, die Verkehrswende muss so ausgestaltet werden, dass
sie für alle bezahlbar ist und mehr Sicherheit und Komfort bedeutet. Die energetische
Sanierung der Wohnung muss den Mieter*innen zugutekommen und darf nicht zu weiteren
Mieterhöhungen und Renditen für private Wohnungskonzernen führen - die Wärmewende muss zur
BürgerWärmeWende werden. Nur wer beides zusammenbringt, Unternehmen und Gewerkschaften als
Partner ansieht, nur wer grün und gerecht gleichzeitig handelt, wird der Aufgabe Berlin
zukunftssicher umzubauen auch gerecht.
1. Wirtschaft braucht Bündnisse und Fachkräfte
Wir wollen dafür sorgen, dass alle Unternehmen ihren Beschäftigten ermöglichen ihre
Mitbestimmungsrechte wahrzunehmen und gute Löhne zahlen. Schon heute haben Unternehmen, die
Nachhaltigkeit als Unternehmensziel haben, weniger Probleme Mitarbeiter*innen zu finden,
doch das allein reicht nicht aus: auch gute Arbeitsbedingungen und Mitbestimmung sind
dauerhaft zentral. Attraktive Arbeitsplätze sind ein wichtiges Rezept gegen
Fachkräftemangel.
Gute Arbeitsbedingungen schaffen
Zu guten Arbeitsbedingungen gehören Tarifbindung und ein fairer Lohn, der ein gutes Leben
und soziale Teilhabe ermöglicht sowie vor Altersarmut schützt. Um das zu ermöglichen, bedarf
es einer kontinuierlichen Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns. Wir unterstützen das
Vorhaben der Grünen in der Bundesregierung und des DIW, dass 60 Prozent des prognostizierten
Medianeinkommens der Vollzeitbeschäftigten nicht unterschritten werden dürfen und so der
gesetzliche Mindestlohn garantiert armutsfest ist. Auf dieser Grundlage stiege der
Mindestlohn in den Jahren 2024 auf 14,24 und 2025 auf 14,82 Euro, wenn die Annahmen der
Bundesbank zu Lohnentwicklung zutreffen. Gerade in Zeiten der Rezession und sinkenden
Wachstums ist es entscheidend, dass Arbeitnehmer*innen nicht in die Armut abrutschen und
sich nach wie vor ein gutes Leben leisten können. Die Transformation der Wirtschaft muss
Erwerbsarmut beseitigen und prekären Arbeitsverhältnissen einen Riegel vorschieben, gerade
dort, wo Beschäftigte in atypischen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten: in Minijobs, in
Scheinselbstständigkeit, befristet oder in Leiharbeit auf Abruf. Sie müssen vom ersten Tag
an gleichwertig zu einer Festanstellung vergütet werden.
Eine monetäre Benachteiligung bei gleicher bzw. gleichwertiger Tätigkeit aufgrund des
Geschlechts (Gender Pay Gap) und Diskriminierung aufgrund von Geschlechtsnichtkonformität
darf es nicht mehr geben. Deshalb wollen wir die Tarifbindung in allen Wirtschaftszweigen
ausweiten, insbesondere in Branchen, in denen vorwiegend Frauen arbeiten. Zudem unterstützen
wir nachdrücklich das Vorhaben von Bundesfamilienministerin Lisa Paus, die Regelungen des
Entgelttransparenzgesetzes konsequent verbindlich und wirksamer zu machen. Da sowohl Frauen,
als auch intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans und agender Personen häufiger geringfügig
beschäftigt sind, setzen wir uns in ihrem Sinne für sichere Arbeitsplätze und
Arbeitnehmer*innenschutz ein. Dazu gehört die gezielte Unterstützung durch die Bundesagentur
für Arbeit und die Jobcenter. Minijobs sind in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
zu überführen, der Übergang in eine reguläre Festanstellung muss oberste Priorität haben.
Zudem sind Monitoring- und Kontrollmechanismen notwendig, um Ausbeutung und
Diskriminierungen am Arbeitsplatz, vor allem im niedrigschwelligen Bereich, arbeitsrechtlich
zu bekämpfen.
Gute Arbeitsbedingungen sollen für alle Menschen gewährleistet sein.
Wir setzen uns dafür ein, dass Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen ( WfbM)
umfängliche Arbeitnehmer*innenrechte erhalten, für einen Verbot der Taschengeldwirtschaft
und für vollständige Betriebliche Mitbestimmungsrechte.
Wir wollen die Rehabilitationsaufgabe der WfbM mittels anerkannter Aus- und Fortbildungen
stärken und auf finanzielle Anreize und effektives Controlling setzen, damit die WfbM ihrer
gesetzlichen Pflicht nachkommen, Menschen in den offenen Arbeitsmarkt zu vermitteln. Wir
wollen die WfbM schrittweise in Inklusionsfirmen umbauen und das Zeitalter der WfbM beenden.
Wir treten für ein echtes Wunsch- und Wahlrecht, gestützt durch eine unterstützte
Entscheidungsfindung, und Personenzentrierung aller Arbeitnehmer*innen mit Behinderungen
ein. Wir begrüßen die von der Ampelregierung beschlossene sogenannte „vierte Staffel“ der
Ausgleichsabgabe für beschäftigungspflichtige Arbeitgeber*innen, die keine schwerbehinderten
Menschen beschäftigen, um die Antriebsfunktion der Ausgleichsabgabe zu verstärken. Wir
fordern den Ausbau flächendeckender, offener Beratungsstellen für Interessierte und
Unternehmen, unbürokratische sowie schnelle Hilfen zur Einrichtung von barrierefreien
Arbeitsplätzen und Unterstützung bei Minderleistungen.
Gute Arbeitsbedingungen zeichnen sich nicht nur durch mehr betriebliche Mitbestimmung und
starke Beschäftigtenvertretungen aus, sondern Gewerkschaften und Betriebsräte müssen ihre
Rechte im Rahmen der Tarifautonomie ungehindert und effektiv wahrnehmen können. Damit die
Schere bei den Einkommen nicht weiter auseinandergeht, setzen wir uns dafür ein, dass sich
mehr Unternehmen in die Tarifbindung begeben. Das von der Bundesregierung geplante
Tariftreue- und Tarifstärkungsgesetz, mit dem öffentliche Aufträge an Tarifbindung und
Arbeitsbedingungen geknüpft werden sollen, ist ein wichtiger Schritt. Zudem wollen wir eine
erleichterte Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen und eine wirksame
Beschränkung der nicht tarifgebundenen Mitgliedschaften in Arbeitgeberverbänden. In Berlin
setzen wir uns für eine Wirtschaftsförderung ein, die Tarifbindung einfordert und auf
Nachhaltigkeit und Guter Arbeit ausgerichtet ist. Damit das Land seine beträchtliche
Marktmacht nutzt, wollen wir die vielen Vergabestellen in die Lage versetzen, Tariftreue bei
der Auftragsausführung nicht nur einzufordern, sondern auch zu kontrollieren und
durchzusetzen.
Um gute Arbeitsbedingungen für die Familien in unserer Stadt zu schaffen, ist eine
nachhaltige Kinderbetreuungssstruktur unerlässlich. Kindertagesstätten sind vorrangig
Bildungseinrichtungen – gleichzeitig ermöglichen sie erst die Berufstätigkeit von beiden
Eltern.
Jedes Kind hat einen Anspruch auf gute frühkindliche Bildung. Ohne den täglichen Einsatz der
pädagogischen Beschäftigten hätten viele Kinder in dieser Stadt schlechtere Chancen auf
ihrem weiteren Bildungsweg und in ihrem Leben. Dies setzt gute Arbeitsbedingungen für
pädagogische Beschäftigte voraus. Wir setzen uns daher weiterhin für die Schaffung, den
Erhalt sowie die gute Ausstattung von Kindertagesstätten und der Kindertagespflege ein. Vor
allem Eltern mit Kindern mit Förderbedarf brauchen hier unsere Unterstützung. Die frühe
Förderung der sprachlichen Bildung in Kindertageseinrichtungen und den Sprachfördergruppen
der Bezirke wollen wir ausbauen, um endlich Chancengleichheit in der Bildung zu erreichen.
Doch auch Armut verhindert Bildung und schadet dem Berliner Arbeitmarkt der Zukunft.
Deswegen bestärken wir unsere Familienministerin Lisa Paus darin, auf Bundesebene Kinder und
ihre Eltern finanziell zu entlasten. - Besonders dort, wo Menschen nicht nur die Betreuungs-
und Erziehungs-, sondern auch die finanzielle Last für Kinder alleine tragen.
Die Digitalisierung ermöglicht es, Arbeit anders zu gestalten. Das Land Berlin muss als
Arbeitgeber der neuen Zeit gerecht werden und flexibleres Arbeiten, „New Work“ und
Homeoffice sowie mobiles Arbeiten ermöglichen. Überdies soll die 4-Tage-Woche in
Pilotprojekten getestet werden. Essenziell ist dabei, eine digitale Chancengleichheit und
Teilhabemöglichkeit zu gewährleisten. Die Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung ist eine
zwingende Voraussetzung, um verbindliche Vereinbarungen zum orts- und zeitflexiblen Arbeiten
sowie neuen Arbeitsplatzmodellen zu ermöglichen und der Überlastung der Beschäftigten
vorzubeugen. Jede Aufweichung von Arbeitszeit- und Arbeitsschutzregelungen lehnen wir ab.
Für Mitarbeitende sowie Bewerber*innen sind die Themen Diversität, Gerechtigkeit und
Inklusion immer bedeutender. Gleichzeitig sind Teams, die hinsichtlich Alter, Geschlecht,
Behinderung, ethnischer und sozialer Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung
heterogen sind, erwiesenermaßen erfolgreicher und nachhaltiger. Deshalb wollen wir Berliner
Unternehmen unterstützen, Maßnahmen zur Stärkung einer diskriminierungsfreien Betriebskultur
zu etablieren - ganz nach den Prinzipien der Charta der Vielfalt.
Fachkräfte ausbilden, gewinnen und halten
Die Wahl des Standorts wird in Unternehmen heutzutage zunehmend von der Verfügbarkeit
qualifizierter Arbeitskräfte beeinflusst. Fachkräfte entscheiden sich für Regionen und
Städte, die sowohl beruflich als auch persönlich attraktiv sind. Erschwingliche Mieten, eine
lebenswerte Stadt, erstklassige Bildungseinrichtungen, Naherholungsorte und erleichterter
Familiennachzug sind somit zu harten Standortfaktoren für Unternehmen geworden. Das Finden
und Halten von Mitarbeiter*innen stellt viele Unternehmen und Organisationen vor
Herausforderungen. Um dem Berliner Fach- und Arbeitskräftebedarf zu begegnen, fordern wir
vom Senat, eine Koordinierungsstelle zur Behebung des Arbeits- und Fachkräftemangels
einzurichten, um so die Zusammenarbeit von Verwaltung, Unternehmen und Bildungsträgern zu
stärken.
Für die Transformation der Wirtschaft braucht es insbesondere in der Energiebranche und im
Handwerk viele neue Arbeitskräfte. Um dem zu begegnen, soll das Land Berlin gemeinsam mit
der Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Handwerkskammer eine Klimaberufe-Strategie
entwickeln. Ein Baustein dieser Strategie soll ein Berufsorientierungszentrum für
Klimaberufe sein, das dazu beiträgt, die Berufsbilder bekannter zu machen und Interesse zu
wecken - insbesondere bei dort bisher unterrepräsentierten Gesellschaftsgruppen, u.a.
FLINTA-Personen. Zudem soll der Senat die Einrichtung eines „OSZ Klimaberufe” prüfen. Im
Rahmen der Transformation werden sich neue Berufsbilder ergeben, die auch die Entwicklung
neuer Ausbildungsberufe nach sich zieht. Die Verfahren zur Schaffung neuer Ausbildungsberufe
müssen daher beschleunigt werden.
Für die Verbesserung des Ausbildungsplatzangebotes braucht es überdies die Einführung der
solidarischen Ausbildungsplatzumlage, wie sie in einigen Branchen bereits gelebte Realität
ist. Es gibt keine Zeit mehr, weiter auf die Freiwilligkeit der Unternehmen zu setzen.
Darüber hinaus wollen wir in die Verbundausbildung investieren und die Zusammenarbeit
zwischen Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen stärken, damit die Verbindung zwischen
akademischer und beruflicher Bildung verbessert und die Gleichstellung der verschiedenen
Bildungswege unterstützt wird. Um mehr junge Menschen für eine duale Ausbildung zu gewinnen,
wollen wir Ausbildungscoaching und eine verbindliche Berufsorientierung im letzten Schuljahr
einführen. Für Arbeitnehmer*innen in körperlich oder psychisch fordernden Berufen fordern
wir ein Angebot an Fortbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten sowie einen besseren Einsatz
von Rehabilitationsmaßnahmen, um im Fall einerBeeinträchtigung, die die weitere Ausübung des
Berufs verhindert, eine Weiterbeschäftigung innerhalb des Betriebs zu ermöglichen. Dafür
muss das Land Weiterbildung und Umschulungen stärker fördern und monetär unterstützen. Um
auch Menschen mit Behinderungen, die (noch) nicht am Erwerbsleben teilnehmen, es aber
wollen, als Arbeits- und Fachkräfte zu gewinnen, sind stärkere Anstrengungen der Agenturen
für Arbeit, Jobcenter, des Inklusionsamtes sowie weiterer Stellen auf Landes- und
Bundessebene notwendig.
Menschen, die nach Berlin einwandern, sollen einer Arbeit nachgehen können. Auf Bundesebene
wurde ein Einwanderungsgesetz beschlossen, das neue Zugangswege für Bildungs- und
Arbeitsmigration auch im gering- und unqualifizierten Bereich schafft. Um die Chancen des
Einwanderungsgesetzes in Berlin zügig zu nutzen, bedarf es einer besseren personellen und
strukturellen Ausstattung des Business Immigration Center Berlin. Die längeren Wartezeiten
können durch eine Digitalisierung der Prozesse und Einrichtung eines Welcome Desk für nicht
terminierte Anfragen und Anrufe behoben werden. Arbeitsverbote für Geflüchtete wiederum
müssen abgeschafft werden. In diesem Sinne fordern wir eine konsequente und effektive
Implementierung der staatlich geförderten Maßnahmen rund um Beratungs- und Hilfestrukturen
(z.B. Willkommenszentrum der SenASGIVA). Diese wollen wir bündeln, um die Potenziale des neu
verabschiedeten Chancenaufenthalts- und Staatsangehörigkeitsgesetzes zu nutzen. So können
wir die berufliche Teilhabe von Menschen, die bereits in der Berliner Stadtgesellschaft
leben, fördern.
Damit geflüchtete und einwandernde Personen überhaupt das Hilfe-, Arbeits- und
Bildungssystem nutzen können, braucht es mehrsprachige und niedrigschwellige
Beratungsangebote. Diese müssen nicht nur Broschüren liefern, sondern es muss im
persönlichen Kontakt weitervermittelt und unterstützt werden, z.B. auch bei dem Schreiben
von Bewerbungsschreiben und Lebensläufen.
Wir müssen unsere Volkshochschulen, Sprachförderzentren und freien Träger stärken, um die
Sprachförderung teilnehmendenorientiert zu gestalten und bessere Arbeitsbedingungen für
Sprachlehrer*innen schaffen. Es braucht Berufssprachkurse, die fachspezifisch fördern und
bei denen Fachexpert*innen und Sprachlehrer*innen gemeinsam unterrichten. Sprachkurse müssen
zu unterschiedlichen Tageszeiten angeboten werden, damit alle Menschen an ihnen teilnehmen
können. Zuletzt müssen Prüfungsvorbereitungen endlich außerhalb von Ferien stattfinden.
Ein weiteres großes Potenzial für den Berliner Arbeitsmarkt können wir durch die Steigerung
der Erwerbstätigkeit von Frauen heben. Das setzt die richtigen Strukturen und
Chancengleichheit voraus. Die Kapazitäten für Kitas und Schulen müssen ausgebaut und die
Qualität in der Betreuung der Kinder kontinuierlich erhöht werden. Auch Angebote für
Pflegebedürftige müssen erweitert werden, um Familien bei der Betreuung von Angehörigen
entlasten. Zudem setzen wir mit präventiven Maßnahmen auf die Unterstützung von Mädchen und
jungen Frauen beim Übergang von der Schule in eine Ausbildung oder ins Studium. Auch den
Frauenanteil in Führungspositionen in Berliner Unternehmen wollen wir weiter erhöhen. Vor
allem die Besetzung von Vorständen und Aufsichtsräten mit Frauen sollen die Zielvorgaben des
Zweiten Führungspositionengesetz (FüPoG II) und des Landesgleichstellunsgesetz (LGG)
erreichen.
Neben einem attraktiven Arbeitsplatz zählt die erschwingliche Wohnung zu den harten
Standortfaktoren, um gut ausgebildete Fachkräfte anwerben und halten zu können. Berlin
braucht ökologischen und nachhaltigen Wohnungsbau, um dem kontinuierlich steigenden Bedarf
an Wohnraum über alle Einkommensgruppen hinweg, insbesondere aber für Menschen mit niedrigem
Einkommen, gerecht zu werden. Angebotsfördernde Maßnahmen, welche im Gleichschritt für die
Schaffung sozialen Wohnraums sorgen müssen, stellen wir in den Fokus. Wir unterstützen daher
neue Initiativen verschiedener Unternehmen, Werkswohnungen für ihre Beschäftigten zu
schaffen. Dabei ist es wichtig, die dadurch steigende Abhängigkeit von Beschäftigten von
ihren Arbeitgebern im Blick zu behalten.
Um bezahlbaren Wohnraum für Auszubildende zu schaffen, fordern wir die Einrichtung eines
Azubi-Werks in Berlin.
Damit die hohe Arbeitslosenquote in Berlin dauerhaft gesenkt werden kann, gilt es weitere
Maßnahmen zu ergreifen. Wir wollen uns mit der viel zu hohen Langzeiterwerbslosigkeit nicht
abfinden. Denn es gibt viel zu tun – und zugleich suchen viele Menschen eine sinnstiftende
Tätigkeit! Oft liegt es an zu hohen Anforderungen oder schlechten Arbeitsbedingungen
angebotener offener Stellen, an gesundheitlichen Einschränkungen oder Diskriminierung
aufgrund des Alters, der Herkunft oder der Dauer der Arbeitslosigkeit, dass Menschen keine
Arbeit finden. Wir wollen dagegen allen Menschen ein Angebot für einen gut bezahlten und
sinnvollen Job machen. So bekämpfen wir prekäre Arbeitsverhältnisse und Niedriglöhne,
schaffen unfreiwillige Arbeitslosigkeit ab, sorgen für mehr Gerechtigkeit, und sorgen dafür,
dass alle Menschen, die arbeiten möchten, das tun können! Insbesondere erfolgreiche
Pilotprojekte, wie z.B. das der sog. „Jobgarantie“, welche aktuell in Österreich und
Frankreich durchgeführt werden, gilt unsere Aufmerksamkeit. Wir wollen ihre Umsetzbarkeit
anhand eines an die Besonderheit der Großstadt Berlin angepasstes Modellprojekt überprüfen.
Wir sehen Vollbeschäftigung als Aufgabe des Staates und wollen, durch die Schaffung von
Arbeitsplätzen, die aufs Gemeinwohl ausgerichtet sind, jeder Person in Berlin einen Job, mit
sozialverträglichem Lohn, inklusive Sozialleistungen, möglichst zur Verfügung stellen. Ziel
ist es, die Wirtschaft zu stabilisieren und insbesondere Langzeiterwerbslosen wieder die
Möglichkeit der Arbeit zu bieten. Es bedarf Beratungsstellen, die sensibilisiert mit
Betroffenen umgehen und abseits von Vorurteilen die Menschen unterstützen und betreuen.
Landesmaßnahmen wie das Jobcoaching sollen finanziell abgesichert sein und ausgebaut werden.
Wir wollen es Betroffenen mithilfe von Peer-Konzepten leichter machen, Hilfe in Anspruch zu
nehmen.
2. Wirtschaft braucht Investitionen
Im Land und in den Bezirken wollen wir Impulse für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft
setzen. Es braucht einen aktiven Staat, der die Ansiedlung klimaneutraler Industrien und
Unternehmen erleichtert und verlässliche Rahmenbedingungen schafft, sowie Anreize und
Standortsicherheit für unternehmerische Investitionen, um die Wirtschaft der Hauptstadt
nachhaltig und zukunftsfähig zu gestalten.
Nachhaltig in Berlin investieren
Mit der gemeinsamen Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg (innoBB 2025)
haben wir in den letzten Jahren einen Fokus auf Mobilität und Logistik, Energietechnik,
Gesundheits- und Digitalwirtschaft, Medien- und Kreativwirtschaft und Optik und Photonik
gelegt und bieten hiermit ein einzigartiges Ökosystem von Wirtschaft, Forschung und
engagierten Fachkräften. Berlin muss auch in Zukunft eng und im Bündnis mit Brandenburg
vorangehen. Nur so können wir die Transformation leisten.
Private Unternehmen tragen einen großen Teil der Verantwortung für die Wertschöpfung in
unserer Stadt. Sie stehen täglich vor vielfältigen Herausforderungen, so auch ihre eigenen
Produktions- und Wertschöpfungsprozesse klimaneutral zu gestalten.
Dafür haben sie unsere Wertschätzung.Wir fördern insbesondere kleine und mittelständische
Unternehmen, die Unterstützung brauchen, bei ihrem Umbau und ihren Investitionen in
klimaneutrale Anlagen. Es ist vor allem wichtig, die Branchen im Transformationsprozess
voranzubringen, die beim Klimaschutz vor besonderen Herausforderungen stehen und die für die
Pariser Klimaziele von entscheidender Bedeutung sind. Zugleich sind wird uns darüber
bewusst, dass nicht alle Anlagen sofort klimaneutral werden können.
Die landeseigene Investitionsbank Berlin (IBB) muss zu einem starken Instrument der
Transformation werden. Die Kredit- und Förderprogramme müssen konsequent an den Klimazielen
und den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft ausgerichtet werden. Besonders in Zeiten höherer
Zinsen können die IBB-Förderprogramme wieder eine starke Wirkung entfalten, wenn
Nachhaltigkeit ein grundlegendes Kriterium ist. Wir brauchen statt allgemeiner Innovations-
und Arbeitsplatzförderung gezielte Förderprogramme für die Transformation, z. B. um
mechanische Verwertungsverfahren in der Kreislaufwirtschaft einzuführen. Bei allen
Förderansätzen gilt jedoch, dass keine klimaschädlichen Investitionen und Geschäftsmodelle
subventioniert werden dürfen. Die Geschäfts- und Förderpolitik von Berlin Partner wollen wir
auf die Berliner Klimaziele, Nachhaltigkeit und Resilienz der Berliner Wirtschaft gegenüber
zukünftigen Krisen ausrichten. Zudem soll die Zielgruppe sozialer und solidarischer
Unternehmen stärker adressiert werden.
Darüber hinaus möchten wir Green StartUps fördern, die mit innovativen Ideen und Produkten
den Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft ebnen. Dies umfasst neben dem Zugang zu
Finanzierung, sowie zu Beratungs- und Netzwerkangeboten, die jungen Unternehmen helfen, sich
am Markt zu etablieren und zu expandieren, auch die Bereitstellung grundlegender
Infrastruktur. Berlin benötigt nicht nur einen lückenlosen 5G-Empfang, sondern insbesondere
auch den vollständigen Ausbau der Glasfaser-Infrastruktur in der gesamten Stadt.
Um nachhaltige Wirtschaftsimpulse zu setzen, wollen wir bestehende Gründungszentren und die
11 Berliner Zukunftsorte zu Transformationsorten weiterentwickeln. Diese Orte sollen zu
Inkubatoren für nachhaltige Innovationen und grüne Geschäftsmodelle werden, die Wirtschaft,
Wissenschaft und Gesellschaft miteinander vernetzen und Synergien schaffen. Im Zusammenspiel
mit dem von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe etablierten
"Einheitlichen Ansprechpartner Berlin" sollen sie zu Anlaufstellen für Gründungsberatung, -
förderung und -anmeldung werden. Ziel ist es, den Gründungsprozess für Gründungswillige
weiter zu vereinfachen und Unternehmensgründungen innerhalb von 24 Stunden zu ermöglichen.
Hier kann das Institut für Angewandte Forschung Berlin (IFAF Berlin) eine zentrale Rolle
spielen und den Raum für Experimente, Wissensaustausch und kooperative Projekte eröffnen,
die den ökologischen und sozialen Wandel vorantreiben.
Wir erwarten, dass das Sondervermögen „Klimaschutz, Resilienz und Transformation” so genutzt
wird, dass die Mittel stets zusätzlich zu bisherigen Maßnahmen im Kernhaushalt sind und
keine Verlagerung von Maßnahmen aus dem Kernhaushalt erfolgt. Alle Maßnahmen müssen zudem
eine nachgewiesene hohe klimaschützende Wirkung haben. Der Forderung aus der
Zivilgesellschaft, dass bei der Auswahl der Maßnahmenund der Überprüfung von deren
Wirkmächtigkeit Expert*innen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft eingebunden sein sollen,
schließen wir uns an. Der Fokus des Sondervermögens muss dabei auf den landeseigenen
Investitionen liegen. Dort wo Förderprogramme für die Wirtschaft etabiliert oder ausgebaut
werden, muss durch die Programme klimaneutrales Wirtschaften gefördert werden.
Es ist richtig, dass der Senat vor dem Hintergrund des Urteil des Bundesverfassungsgerichts
zum Klima- und Transformationsfonds ein weiteres Gutachten zur Ausgestaltung des
Sondervermögens angekündigt hat. Der Gesetzentwurf muss im Anschluss an das Gutachten
überarbeitet und unter Berücksichtigung des Urteils verfassungskonform ausgestaltet werden.
Im Sinne des Gemeinwohls fördern
Soziale Unternehmen und die solidarische Wirtschaft sind Treiber*innen der ökologischen und
sozialen Transformation der Berliner Wirtschaft und Gesellschaft. Mit ihren am Gemeinwohl
orientierten Geschäftsmodellen und Projekten eröffnen sie neue Wege, um die digitalen,
sozialen und ökologischen Herausforderungen zu bewältigen. Daher haben wir die
Förderprogramme des Landes besser auf diese zukunftsweisenden Unternehmen zugeschnitten. Wir
fordern, dass der Senat hier anknüpft und die Förderung weiter ausbaut, weitere
Vernetzungsangebote schafft, und nach dem Vorbild der „Nationalen Strategie für soziale
Innovationen und gemeinwohlorientierte Unternehmen“ der Bundesregierung strukturelle
Hemmnisse für eine positive Entwicklung des gemeinwohlorientierten Sektors in Berlin abbaut.
Genossenschaften tragen zur demokratischen Selbstbestimmung bei und zeichnen sich durch ihre
Langlebigkeit aus. Sie sind z.B. im Bereich Wohnen und Energie aktiv und fungieren ebenso
als bewährte Rechtsform kooperativ wirtschaftender Unternehmen. Gründer*innen, die
Genossenschaften ins Leben rufen wollen, sollen gezielte Unterstützung des Landes z. B. bei
Beratungsleistungen, sowohl im rechtlichen als auch finanziellen Bereich erhalten.
Beschäftigte, die in einer solchen kooperativen Form in gemeinsamer Verantwortung die
Unternehmensnachfolge sichern, sollen eine besondere Förderung erhalten.
Die öffentliche Auftragsvergabe von Senat und Bezirken möchten wir effizienter und
zielgerichteter gestalten und die Mitarbeiter*innen der Verwaltung entlasten. Dafür müssen
wir die Verfahren bündeln, etwa nach Produktgruppen, und die Mitarbeiter*innen in die Lage
versetzen, für eine nachhaltige Beschaffung soziale und ökologische Kriterien mit der
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung in Einklang zu bringen und fundierte Entscheidungen zu
treffen. Dass wir Beschaffungsvorgänge anwendungsfreundlicher gestalten und Bürokratie
abbauen müssen, steht dazu nicht im Widerspruch. Die öffentliche Auftragsvergabe muss dabei
auch auf kleine und mittlere Unternehmen, insbesondere Startups und junge Unternehmen
ausgerichtet sein. Wir ermöglichen deshalb einen vereinfachten, rechtssicheren Zugang für
solche Unternehmen zu öffentlichen Aufträgen in Berlin.
Zudem soll Berlin seine Marktmacht im Rahmen der öffentlichen Beschaffung stärker für die
Förderung klimaneutraler Dienstleistungen und Waren nutzen und das existierende öko-soziale
Beschaffungswesen zu einer klimaneutralen Beschaffung weiterentwickeln. Erstmalig 2025
sollen Kriterien zur Berücksichtigung aller THG-Emissionen, die entlang der gesamten
Wertschöpfungskette durch die zu beschaffenden Produkten und Dienstleistungen entstehen, bei
der Vergabe von Aufträgen an Unternehmen eine Rolle spielen. Die Gewichtung dieses
Kriteriums und das damit einhergehende Ziel einer klimaneutralen Beschaffung soll Jahr für
Jahr zunehmen und schließlich dazu führen, dass Berlin ab Beginn des nächsten Jahrzehnts nur
noch klimaneutral beschafft, wie dies z.B. auch der National Health Service im Vereinigten
Königreich anstrebt.
Vergabeprozesse sollen vermehrt Innovationspartnerschaften vorsehen, z.B. zwischen Startups,
etablierten Unternehmen und der öffentlichen Hand. Damit werden mehr innovative Projekte
möglich, die jungen Unternehmen die Möglichkeit bieten, ihre Ideen zu skalieren und
erfolgreich am Markt zu platzieren.
Den neuen Wohlstand finanzieren
Bündnisgrüne Finanzpolitik kann entscheidend dazu beitragen, das gesellschaftliche
Zusammenleben und die Transformationsprozesse aktiv zu gestalten. Die 2022 in Kraft
getretene EU-Taxonomie, die ein finanzpolitisches Klassifizierungsinstrument für die
Klimawirksamkeit von Wirtschaftsaktivitäten darstellt, wird auch in Berlin eine große
Wirkung entfalten. Bei der Umsetzung wollen wir die Unternehmen unterstützen.
Grüne Finanzpolitik ist aber mehr: Hierzu sind neben der Förderung nachhaltiger Unternehmen
auch Investitionen in eine klimaneutrale öffentliche Daseinsvorsorge und Infrastruktur, wie
Schulen und öffentlicher Nahverkehr, zentral. Die derzeitigen Schuldenregeln bremsen jedoch
wichtige staatliche Investitionen aus und gefährden damit den gesellschaftlichen
Zusammenhalt, die wirtschaftliche Entwicklung und die Transformation hin zu einem
klimaneutralen und resilienten Berlin. Die Schuldenbremse hat sich als echte Zukunftsbremse
erwiesen. Sie schränkt den staatlichen Handlungsspielraum für die dringend erforderliche
sozial-ökologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft massiv ein und gefährdet
so die Durchsetzung der Klimaziele und deren soziale Absicherung. Die Einhaltung der Pariser
Klimaschutzabkommen ist unter den Finanzierungsbedingungen der Schuldenbremse nicht möglich.
Gleichzeitig hat das Bundesverfassungsgericht dem Klimaschutz Verfassungsrang eingeräumt.
Wir sehen uns durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und
Transformationsfonds in unserer Kritik an der unflexiblen, im Grundgesetz festgeschriebenen
Schuldenbremse bestätigt. Das Urteil hat die die Dringlichkeit zu einer grundlegenden
Überarbeitung der verfassungsrechtlichen Regeln für die staatliche Kreditaufnahme noch
einmal deutlich erhöht, um weiterhin kreditfinanzierte Investitionen tätigen zu können und
dabei die volle parlamentarische Kontrolle zu gewährleisten. Wir wollen die Schuldenbremse
in ihrer jetzigen Form abschaffen und die Schuldenregeln reformieren. Zukünftig sollen die
Schuldenregeln für Bund und Länder so ausgestaltet werden, dass sie die dringend notwendigen
Investitionen in die Zukunft ermöglichen.
Gleichzeitig setzen wir auch auf EU-Ebene für eine Flexibilisierung der EU-Schuldenregeln
zugunsten von kreditfinanzierten Investitionen, insbesondere um eine Erreichung der EU-weite
Klimaziele zu ermöglichen.
In 1,5 Jahren bündnisgrüner Verantwortung im Finanzsenat haben wir die Finanz- und
Haushaltspolitik stärker auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Im Januar 2023 haben wir die erste
Nachhaltigkeitsanleihe des Landes Berlin mit sehr großem Erfolg aufgelegt. Durch diese wird
die ökosoziale Transformation Berlins unterstützt und sie zeigt, dass die ökologische
Transformation mit dem Ausbau der sozialen Infrastruktur Hand in Hand zu denken ist. Dies
muss fortgeführt und ausgebaut werden. Der schwarz-rote Senat wirft die Nachhaltigkeit
jedoch über Bord und zeigt mit dem Entwurf des Doppelhaushaltes 2024/25 und dem darin
enthaltenen Abschmelzen aller Rücklagen, wie kurzsichtig und unseriös er wirtschaftet.
Unsere bündnisgrünen Senatsverwaltungen für Finanzen und Klimaschutz hatten (mit der
Haushaltsaufstellung für die Jahre 2024 und 2025) begonnen, die Klimawirksamkeit staatlicher
Ausgaben im Rahmen eines Klimamonitorings zu erfassen. Dieser Ansatz einer nachhaltig
orientierten Finanz- und Haushaltspolitik soll zu einem Klimabudget ausgebaut werden.
3. Wirtschaft braucht nachhaltige Ressourcen
Wissenschaftler:innen des Wuppertal Institut und des Instituts der Deutschen Wirtschaft
sprechen von einem „Renewables-Pull-Faktor” und meinen damit, dass international, aber auch
im Wettbewerb der deutschen Regionen, die Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien eine immer
wichtigere Rolle bei Standortentscheidungen von Unternehmen spielen wird. Bereits heute
werden Neuansiedlungen im Ost und Norden Deutschlands genau damit begründet und Länder wie
Bayern befürchten aufgrund fehlender erneuerbarer Energie Industrieabwanderungen. Es wird
immer klarer: der Ausbau der Erneuerbaren ist aktive Industriepolitik. Wir setzen uns dafür
ein, dass in Gewerbegebieten Anlagen – Solar, Wärmetauscher, Geothermie wie auch Wind –
schneller genehmigt und errichtet werden können und der Strom direkt vor Ort nutzbar ist.
Mit Einspeisung in Fernwärmenetze und lokale Nahwärmenetze können Gewerbegebiete so auch
einen Beitrag zur Wärmewende im privaten Bereich leisten. Die Metropolregion Berlin-
Brandenburg hat darüber hinaus das Potenzial, zum grünen Standort für nachhaltige
Batterieproduktion zu werden – mit ausschließlicher Produktion über erneuerbare Energien,
einer Second-Life-Industrie zur Zwischenspeicherherstellung und dem Recycling wertvoller
Ressourcen.
Wir müssen alle Formen der Energiespeicherung verbessern und die Forschung darin deutlich
stärken. Neben besseren Batterien und dekarbonisierten Wärmenetzen wird auch echter grüner
Wasserstoff eine entscheidende Rolle spielen. Dabei wird Wasserstoff zuvorderst für
Industrie und auf der Langstrecke beim Schiffs- und Luftverkehr sinnvoll sein. Das Land
Berlin muss seiner Verantwortung gerecht werden und klar den Vorrang von Wasserstoff für die
Wirtschaft aussprechen und darf nicht länger Wasserstoff als die Allzwecklösung für alle
Bereiche verplanen.
Brandenburg hat gemeinsam mit Berlin einen Maßnahmenkatalog für den Aufbau einer
Wasserstoffstrategie vorgelegt. Der neue Berliner Senat ist bis heute eine maßnahmengenaue
Unterlegung der H2-Roadmap schuldig geblieben. Wir fordern eine eigene Wasserstoff-Strategie
in Berlin, die systematisch die bestehenden Industriegebiete und Zukunftsorte in den Blick
nimmt und diese ins Wasserstoff-Zeitalter holt. Die vom schwarz-roten Senat verfolgte
Strategie, Wasserstoff für die Wärmeversorgung einzusetzen, könnte sich zum Standortrisiko
für die Berliner Industrie entwickeln, die auf grünen Wasserstoff für die energieintensive
Produktion angewiesen ist.
Ein Schwerpunkt jeder nachhaltigen Wirtschaftspolitik liegt auf der Förderung der
Kreislaufwirtschaft. Rohstoffe sind nicht nur in der Erde und in allen Investitionsgütern
und Produkten, sondern auch in Gebäuden, Infrastrukturen und Deponien vorhanden. Besonders
das Recycling kritischer, für die Transformation notwendiger Rohstoffe trägt zur größeren
Unabhängigkeit von einzelnen Lieferanten bei. Es stärkt die Resilienz Berlins und reduziert
die Abhängigkeit von kritischen Importen. Wir wollen die Wiederverwendung und Weiternutzung
von Rohstoffen steigern.
Daher wollen wir Unternehmer*innen aller Branchen und Sektoren dazu ermuntern und dabei
unterstützen, sich ambitionierte Ziele für Klimaneutralität und eine effektive
Kreislaufwirtschaft entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu setzen und diese auch mit
Nachdruck zu verfolgen. Dafür sollen Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote zu
Klimaschutzmanager*innen und anderen Schlüsselberufen sowie der Wissensaustausch zwischen
Unternehmen und Forschungseinrichtungen gestärkt und Beratungsangebote und
Investitionsprogramme der IBB ausgebaut werden.
An zentraler Stelle steht der Bau- und Gebäudesektor. Laut dem Bundesumweltamt haben
Bauabfälle mit ca. 60 % den höchsten Einzelanteil im Abfallaufkommen und haben mit Abstand
den größten Anteil der CO2-Emissionen. Deshalb muss mit der Bauordnung auch der Abriss von
Wohnungen und Häusern, wo immer möglich, vermieden werden und bei Neubauten nur noch mit
wiederverwertbaren Materialien gearbeitet und zirkuläres Bauen zur Norm werden. Insbesondere
im Neubau müssen Bauregeln eingeführt werden, die darauf setzen, dass der Gebäudebestand
erst gar nicht abgerissen wird. Einfache und materialsparende Bauweise, ebenso wie flexible
Gebäudestrukturen, die unterschiedliche Nutzungen ermöglichen, führen zu geringeren
Herstellungs- und Instandhaltungskosten und gewährleisten deutlich längere Lebenszyklen. Das
spart Rohstoffe und Energie, verringert CO2-Emissionen und führt zu preisgünstigen
Mietshäusern.
In der Bauordnung muss dringend die Klimakrise beispielsweise durch mehr Grün, Netto-Null-
Versiegelung und Schwammstadt-Konzepte berücksichtigt werden, ebenso wie die Notwendigkeit
zur Anpassung an Extremwetterereignisse. Zusätzlich hierzu muss die Resilienz der Berliner
Wirtschaft auch durch einen sektorübergreifenden Hitzeaktionsplan, eine Berliner
Starkregengefahrenkarte und die Förderung innovativer Lösungen zur Klimaanpassung gestärkt
werden.
Um dem Innovationspotenzial sowohl im Bestand als auch im Neubau zum Durchbruch zu verhelfen
und die Bauwirtschaft und den Immobiliensektor zukunftsfähig aufzustellen, wollen wir das
dafür notwendige und im Innovationsprozess entstehende Wissen und Know-how in Zusammenarbeit
mit Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen, Kammern und Wirtschaftsverbänden in einem
Berliner Bauinnovationszentrum bündeln und zugänglich machen.
Wasser wird zunehmend knapp und ist eine Ressource, die besser geschützt und im Kreislauf
geführt werden muss. Wir brauchen Wasserpreise, die Unternehmen ausreichend Anreize zum
sparsamen Wasserverbrauch geben, denn der Wasserfußabdruck von Unternehmen spielt eine
wichtige Rolle. Zudem müssen Wasserrechte und Wasserverbrauch von Unternehmen in Berlin
transparenter werden. Bei Gebühren, wie etwa den Wasserpreisen für Haushalte wollen wir eine
soziale Staffelung erreichen. Ausgehend vom Durchschnittsverbrauch der jeweiligen
Haushaltsgröße, wollen wir die Preise bis zu einer Grundmenge senken. So entlasten wir
Geringverdiener*innen, die von der Teuerung der letzten Zeit besonders hart getroffen
wurden.
4. Wirtschaft braucht Forschung und Innovation
Für eine nachhaltige und prosperierende Stadt haben Aus-, Fort- und Weiterbildung,
Innovation und Unternehmertum eine Schlüsselrolle inne. Wir setzen uns für eine Wirtschafts-
und Wissenschaftspolitik ein, die kreative Ideen fördert, technologische Fortschritte
unterstützt und dabei konsequent auf ökologische und soziale Standards achtet.
Wir bekennen uns zu der Freiheit von Forschung und Lehre und wollen die wichtige
Vorbildrolle, die Hochschulen, deren Lehrkräfte, Forscher*innen und Student*innen bei der
sozial-ökologischen Transformation einnehmen, fördern. Dabei müssen wir Schritt- und
Sprunginnovationen gleichermaßen in den Blick nehmen. Wir sehen in innovativen Durchbrüchen
das Potenzial, nachhaltige Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft herbeizuführen und
Berlin als Standort für zukunftsweisende Technologien und Geschäftsmodelle zu stärken. Doch
soll die Konzentration auf Disruptionen nicht den Blick darauf verstellen, dass die meisten
Errungenschaften durch graduelle Verbesserungen und kontinuierliche Forschungspfade
aufeinander aufbauender Entwicklungen ihre heutige Reife erhalten haben. Wir unterstützen
daher Förderansätze, die den Weg von der Idee bis zur Marktreife effektiv unterstützen, und
neben den Ressourcen auch Rahmenbedingungen, die Innovationsprozesse begünstigen und
beschleunigen schaffen.
Dabei gilt es Zukunftstechnologien, wie z. B. Künstliche Intelligenz, deren Entwicklung
rasend schnell geht, gezielt voranzubringen. Die Grundsatzentscheidung, ob Berlin in diesem
Bereich auch zukünftig ein relevanter Player sein wird, muss jetzt getroffen werden. Berlin
verfügt bereits über Leuchtturmprojekte, die ihre Leuchtkraft aber noch nicht vollständig
entfalten konnten. Das Berliner Kompetenzzentrum BIFOLD ist eines der fünf geförderten
nationalen universitären KI-Zentren. Allerdings holen andere Standorte in Deutschland mit
massiven Investitionen und großer landespolitischer Unterstützung stark auf. Im Gegensatz zu
klassischen Startups, zum Beispiel aus den Ingenieurdisziplinen, findet KI-
Grundlagenforschung ihren Weg schnell in die Anwendung. Um den Standortvorteil Berlins
auszuschöpfen, bedarf es weiterer finanzieller Unterstützung der Forschungseinrichtungen, um
eine Vernetzungsplattform für die gesamte KI-Szene Berlins zu bieten und so
interdisziplinäre und innovative Forschung zu ermöglichen. Es bedarf außerdem der
Flankierung und Verknüpfung von landeseigener Wissenschaftsförderung mit dem
Kompetenzzentrum, um die KI-Forschungslandschaft in Berlin stärker zu bündeln.
5. Wirtschaft braucht Platz
Unsere Stadt braucht Lager-, Produktions- und Werkstattflächen, Ladenflächen und
Büroflächen. Sie stehen in Konkurrenz zu anderen Nutzungen, u. a. oft zum Wohnen.
Vielfältige Nutzungen im verdichteten Raum gehören zur DNA unserer Stadt. Unser Ziel ist es,
das Miteinander zu organisieren, nicht das Gegeneinander. Wir wollen kreative und produktive
Räume in Berlin erhalten und neue schaffen. Wir setzen uns für die Entwicklung und Zulassung
von Mischgebieten ein, die das Wohnen, soziale Infrastruktur, Kultur und Gewerbe harmonisch
miteinander vereinen. In diesen Zonen soll eine nachhaltige, integrierte Stadtplanung
ermöglicht werden, die kurze Wege fördert, soziale Interaktion stärkt und gleichzeitig Raum
für innovative Industrie- und Gewerbeansiedlungen schafft. Synergien für die Wärmewende
wollen wir nutzen.
Die Rückkehr der Industrie in die Stadt ist dank Digitalisierung und emissionsarmen,
umweltverträglichen und nicht störenden Produktionsmethoden von der Vision in greifbare Nähe
gerückt. In einer Zeit, in der Resilienz, Geschwindigkeit und Effizienz eine herausragende
Rolle spielen, liegen die Vorteile in der Stadt. Die Chancen, die X-Manufacturing, Industrie
4.0, Rapid Prototyping sowie additive Fertigung bieten, wollen wir konsequent nutzen.
Die Entwicklung der Gewerbemieten setzt Betriebe und soziale Einrichtungen stark unter
Druck. Durch ein flächendeckendes Gewerbekataster soll die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen
dynamisch erfasst und öffentlich zugänglich gemacht werden. Landeseigene Gewerbeimmobilien
können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Unternehmen die benötigten Flächen, möglichst
energieeffiziente Gebäude und Infrastruktur (inkl. erneuerbarer Energie durch Photovoltaik-
Anlagen auf den Dächern) bereitzustellen. Landes- und bezirkseigene Gewerbegebiete in Berlin
sollen konsequent klimaneutral ausgerichtet werden.
Die bestehenden Gewerbegebiete wollen wir in produktive, klimaangepasste Stadtquartiere
transformieren. Wo städtebaulich verträglich und möglich soll unter Einbindung der
bestehenden Nutzer*innen eine Stapelung von verschiedenen Gewerbetypen und Nutzungen
angestrebt werden. So kann bereits versiegelter Boden mit einer höheren Flächeneffizienz
ausgenutzt und die Transformation zu Formen nachhaltigen Wirtschaftens gefördert werden. Mit
dem Umbau der Gewerbegebiete können Maßnahmen der Klimaanpassung vorgenommen werden, zum
Beispiel um lokalen Hitzeinseln und Überschwemmungen vorzubeugen.
Das Angebot an landeseigenen Gewerbeflächen und die Standortprofile der Gewerbehöfe,
Gründer- und Innovationszentren müssen erhöht werden und die Flächenvergabe muss transparent
und gemäß dem Leitbild klimaneutraler und nachhaltiger Wirtschaft an Unternehmen, vergeben
werden. Aktuell wird der erste neue landeseigene Gewerbehof von der WISTA Management GmbH in
Berlin Lichtenberg geplant, aber der neue Senat bringt hier nichts voran. Wir brauchen
dringend weitere landeseigene Gewerbehöfe für die Gründungsförderung, Innovations- und
Industriepolitik, KMU-Förderung und generelle Unternehmensansiedlung. Grundstücke für
Gewerbe gemeinwohlorientiert und nachhaltig entwickeln – das heißt für uns auch die
Förderung der Gründung von Gewerbehöfen in genossenschaftlichem Besitz.
Wir treten energisch dafür ein, das Handwerk zukunftssicher und nachhaltig zu gestalten. Das
Berliner Handwerk in seiner ganzen Vielfalt ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren in
Berlin und spielt eine tragende Rolle auf dem Weg der Stadt zur Klimaneutralität: ob bei der
energetischen Sanierung von Gebäuden, beim Bau von Solaranlagen oder beim Einbau von
Heizungstechnik, die auf Erneuerbaren basiert. Wir wollen lokale Betriebe stärken und ihre
Verdrängung stoppen. Dafür brauchen wir endlich bezahlbare landeseigene Gewerbeflächen
genauso wie auf Bundesebene eine Gewerbemietpreisbremse, einen verbindlichen
Gewerbemietspiegel, besseren Kündigungsschutz und Milieuschutz für Gewerbe. Gerade für
Betriebe, die einen Beitrag zur Transformation in eine soziale oder umweltschützende und
klimaneutrale Wirtschaft leisten, sind sowohl Werkzeuge zur Stabilisierung und Minderung
ihrer Mieten, als auch Maßnahmen für einen besseren Bestands- und Kündigungsschutz zu
entwickeln. Wir fordern Indexmietverträge zukünftig nicht nur beim Wohnen, sondern auch beim
Gewerbe zu untersagen und eine Kappungsgrenze für bestehende Indexmietverträge einzuführen.
Auch die Erweiterung des Berliner Modells der kooperativen Baulandentwicklung auf
Gewerbeneubau ist längst überfällig, um neuen bezahlbaren Gewerberaum zu schaffen.
Angesichts der hohen Inflation und Energiekosten setzen wir uns für einen Mietenstopp für
Kleingewerbe und soziale Infrastruktur ein. Genossenschaftliche Ansätze auch im
Gewerbebereich wollen wir unterstützen und fördern.
6. Wirtschaft braucht Verkehrswege
Handel, Tourismus, Industrie, Paketlieferdienste – Wirtschaftsverkehr ist unverzichtbar für
eine Großstadt wie Berlin. Wirtschaftsverkehr geht uns alle an: Wir wollen frische
Lebensmittel, dass Waren aus der Produktion in die Läden kommen, und wir sind auf
Dienstleistungen angewiesen. Wir möchten eine zuverlässige Stadt, in der Feuerwehr, Polizei
sowie Ver- und Entsorgung reibungslos funktionieren.
Den vielfältigen Aufgaben und Interessen gerecht zu werden, ist eine komplexe Aufgabe.
Dieser Herausforderung stellen wir uns – immer mit den Menschen und unserer Verantwortung
für Berlin im Mittelpunkt.
Probleme packen wir an
Wirtschaftsverkehr braucht Ressourcen und verursacht die gleichen Nebeneffekte wie andere
Verkehre auch. Wir gehen mit den begrenzten Ressourcen effizient und schonend um und wollen
die negativen Begleiterscheinungen Stück für Stück reduzieren.
Verkehr braucht Fläche. Die Anzahl der Menschen in dieser Stadt nimmt zu, ebenso ihre
Mobilitätsbedürfnisse. Die Fläche Berlins wächst nicht mit. Deshalb werden wir die
vielfältigen Verkehrsinteressen in einen fairen Ausgleich bringen. Wir werden den
Wirtschaftsverkehr angemessen berücksichtigen und ihm den notwendigen Raum geben. Wir
erkennen auch, dass privater KFZ-Verkehr den höchsten Flächenanspruch bei vergleichsweise
geringer Verkehrsleistung hat, besonders der sogenannte ruhende Verkehr. Auch der
alltägliche Verkehrsstau ist wirtschaftsfeindlich.
Die Sicherheit im Straßenverkehr ist ein hohes Gut, insbesondere für die schwächeren
Verkehrsteilnehmenden. Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ist für uns nicht
verhandelbar. Neben dem persönlichen Schicksal und der Trauer belasten im Straßenverkehr
verletzte und getötete Personen die Wirtschaft Berlins jedes Jahr um hohe Millionenbeträge.
Kostenintensive Arbeitsausfälle können vermieden werden.
Deshalb wollen wir auch den Wirtschaftsverkehr sicherer machen, unter anderem mit
verpflichtenden Abbiegeassistenten bei LKWs über 7,5t. Wir erwarten, dass der Senat für die
eigene Flotte und die der landeseigenen Unternehmen die Nachrüstung mit Abbiegeassistenten
finanziert und fortführt. Auch die entsprechende Förderung von Unternehmen muss fortgesetzt
werden. Der Senat soll eng mit der Berufsgenossenschaft und der Versicherungswirtschaft
zusammenarbeiten, um Berufskraftfahrende für die Besonderheiten des sicheren Fahrens in
einer Großstadt zu sensibilisieren und weiterzubilden.
Die menschengemachte Erderwärmung und unsere Verantwortung für eine enkeltaugliche Welt
erkennen wir an. Auch der Wirtschaftsverkehr soll einen Beitrag zur Reduzierung von
Emissionen leisten: durch die Verlagerung möglichst vieler Wirtschaftsverkehre auf
emissionsfreie Transporte sowie durch die Elektrifizierung und Dekarbonisierung der
Fahrzeuge. Hier muss Berlin seiner Vorreiterrolle gerecht werden. Eine geeignete
Ladeinfrastruktur ist stadtverträglich zu errichten und dient als Standortvorteil, auch für
die Ansiedlung oder die Vergabe von Flächen und Grundstücken.
Kurzum: Wir unterstützen den Wirtschaftsverkehr und möchten ihn effizienter, sicherer,
sauberer und leiser machen.
Güterverkehr – ökologisch und modern aufstellen
Wir wollen bestehende Schienennetze effektiver nutzen und neue Möglichkeiten eröffnen. In
anderen deutschen Städten gibt es Güter-Trams, die das Straßenbahnnetz nutzen. Dort, wo es
möglich ist, werden für Gütertransporte auch heute schon Wasserwege genutzt. Für eine starke
Wirtschaft werden wir die Potenziale einer intermodalen City-Logistik weiter ausschöpfen.
Wir sind für einen offenen Umgang mit Verkehrsdaten und eine Open-Data-Plattform, auf der
Daten zum Verkehrsaufkommen, zu Baustellen oder auch Großveranstaltungen tagesaktuell
dargestellt werden.
Die vorhandenen tri- und bimodalen Güterverkehrszentren sind dringend weiterzuentwickeln, um
die Straßen zu entlasten. Zusätzlich braucht es dringend ein landesweites Konzept für
emissionsfreie Mikromobilität im Wirtschaftsverkehr mit zentralen und dezentralen Mobility
Hubs. Auch hier muss das Land Berlin als Vorbild voranschreiten und diese auf eigenen
Flächen mit eigenen Gesellschaften oder geeigneten Partnern realisieren – die BEHALA leistet
schon jetzt gute Pionierarbeit, die weiter ausgebaut werden muss, weitere landeseigene
Gesellschaften müssen hier einen Beitrag leisten.
Die Belange des Wirtschaftsverkehrs müssen insbesondere bei der Planung neuer Stadtquartiere
mitbedacht werden. Schwerverkehr auf unseren Straßen muss auch für Fahrer*innen sicher und
stressfreier werden, zugeparkte Kreuzungsbereiche führen zu Zeitdruck und erhöhen die
Unfallgefahr.
Paket- und Lieferdienste, Handwerker:innen und Dienstleister sind oftmals auf KFZs
angewiesen, insb. wenn sie Material transportieren. Dazu brauchen sie freie Lade- und
Lieferzonen, bzw. geeignete Halte- und Kurzzeitparkmöglichkeiten, die nah bei den zu
beliefernden Geschäften und Kund:innen liegen. Diese dürfen nicht mit Falschparkern belegt
sein. Regelwidrige Inanspruchnahme durch Verkehrsteilnehmer soll konsequent verfolgt und
sanktioniert werden. Die sog. „Berliner Linie“, d.h. das kurzzeitige Halten oder Parken auf
Radwegen oder Lieferzonen, um z.B. ein Brötchen zu holen, schadet der Wirtschaft genauso wie
den Schwächeren im Straßenverkehr.
Wir setzen auf digitale Buchungssysteme und ein nachhaltiges Parkraummanagement. Wir
brauchen ein Pilotprojekt zur Ausweitung von Lieferzeitfenstern, um zu testen, ob moderne
Technik annähernd geräuschlose Anlieferung auch in den Tagesrandzeiten für Anwohnerinnen und
Anwohner erträglich macht. Dies kann ein Anreiz sein, schneller auf elektrische Antriebe
umzusteigen.
Vor allem auf der „letzten Meile“ wollen wir Lastenräder und kleinere, elektrisch
angetriebene Kraftfahrzeuge fördern. Dazu braucht es den weiteren Ausbau zukunftstauglicher
Infrastruktur: Mikro-Depots und Übergabestellen auf Lastenräder. Der Senat muss den
Anbietern dabei helfen, geeignete Standorte zu finden, aber auch gleichzeitig Vereinbarungen
treffen, dass möglichst viele Verkehre von verschiedenen Nutzern zusammengebunden und
effizienter geführt werden. Besonders Lastenfahrräder sind flexibel und nehmen weniger
Fläche in Anspruch. Für diese braucht es geeignete Radverkehrsanlagen, ausreichend breit,
damit auch ein sicheres Überholen möglich ist.
Personenwirtschaftsverkehr
Menschen im Wirtschaftsverkehr wollen wir attraktive Angebote im Umweltverbund machen. Das
entlastet Straßen für diejenigen, die ein KFZ nutzen müssen. Nur mit einem leistungsfähigen
Umweltverbund ist Berlin für Arbeitskräfte als Standort attraktiv.
Der ÖPNV muss flexibel und sicher nutzbar sein, um Menschen zu ihren Beschäftigungsorten zu
befördern. Ausfälle und Verkürzungen sind mit vorausschauender Angebotsplanung zu vermeiden.
Es bedarf dichter Taktzeiten, weiterer Umsteigemöglichkeiten und des Lückenschlusses,
außerdem ausreichender und ausgebildeter Fahrer:innen. Die dafür notwendigen Mittel wollen
wir ausweiten und bereitstellen. Ein guter ÖPNV ist nicht bloß eine ökologische und soziale
Frage, sondern die Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung und Prosperität.