Veranstaltung: | LDK am 04. Mai 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 10 Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Alexandra Andrea Krioukov (KV Pankow) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Abstimmung |
Eingereicht: | 30.03.2024, 10:56 |
V-33: Antisemitismus in der Gesellschaft entgegentreten, jüdisches Leben ernstnehmen - Für wirklich Inklusive Hochschulen!
Antragstext
Der 7. Oktober veränderte die Lebensrealität von Jüdinnen*Juden weltweit unwiderruflich.
Zwar war Antisemitismus in der Gesellschaft und an Hochschulen schon vorher präsent, doch
das Ausmaß, in dem er seit Anfang Oktober aufgeflammt ist und öffentlich wurde, ist
erschütternd. Insbesondere nach dem brutalen Angriff auf den jüdischen FU-Studenten Lahav
Shapira ist das Ausmaß des Antisemitismus an deutschen Universitäten landesweit bekannt
geworden. Für jüdische Studierende hat es das aber nicht gebraucht, um den Ernst der Lage zu
sehen. Jüdische Studierende haben sich noch im Oktober Urlaubssemester genommen und viele
jüdische Menschen haben sich nicht mehr an die Universitäten getraut, weil bereits in der
ersten Woche klar wurde, wie fatal die Situation an Hochschulen ist und sein wird, lange
bevor die militärische operation der IDF begann. Eins ist klar: Der schwellende
Antisemitismus wurde mit dem Pogromm an Juden*Jüdinnen und Israelis am 7. Oktober
entfesselt.
Nach dem schrecklichen Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober kam es an vielen
deutschen Hochschulen zu antiisraelischen bzw. zu in Form und Wesen klar antisemitischen
Vorfällen. Diese begannen bereits am 7. Oktober, lange bevor Israel sein Recht auf
Selbstverteidigung gegen den Terror der Hamas wahrnahm. Die humanitäre Situation in Gaza ist
unsagbar und 134 Geiseln sind immer noch in unmenschlichen Verhältnissen gefangen gehalten.
Wichtig ist aber, dass dies eine außenpolitische Situation ist. Parallel dazu haben wir
innenpolitische Probleme, die zwar durch den 7. Oktober angestoßen wurden aber eine ganz
eigene Dynamik entwickelt haben und die unser politisches Handeln verlangen.
Jüdische Studierende und Mitarbeitende geben sich, wenn sie sich auf dem Campus bewegen, oft
nicht als Jüdinnen*Juden bzw. als israelische Staatsbürger*innen zu erkennen, da sie sich
bedroht fühlen und es sind. Dies begleitet den Hochschulalltag seit Monaten und nimmt bloß
zu. Drohungen, das Anbringen von antisemitischen Plakaten oder Graffiti, Gewaltakte sowie
öffentliche Unterstützung für den Terrorismus der Hamas sind inakzeptabel und dürfen niemals
toleriert werden. Hochschulen sollen Zentren demokratischer Kultur, Orte des Dialogs und
Stätten der Vielfalt sein. Sie müssen gewaltfreie und rationale Diskursräume bieten. Es darf
keinerlei Gewalt, sei es verbal oder physisch, geduldet werden, keine Form der
Diskriminierung, das bedeutet: Keinen Antisemitismus und keine Form der Ausgrenzung – auch
nicht gegen Studierende und Mitarbeiter*innen palästinensischer Herkunft.
Das Miteinander an Hochschulen, auf und neben dem Campus beruht auf gegenseitigem Respekt,
der Einhaltung wissenschaftlicher Grundsätze, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung
und der Gesetze. Die momentane Tendenz von Hochschulen, die Freiheit der Lehre mit einer
gebotenen Neutralität, im Sinne eines „Sich-raus-Haltens“ zu begegnen, ist
besorgniserregend. Neutralität ist nie Selbstzweck und bedarf eines guten Grundes. Wenn
jüdische Studierende sich nicht an den Campus trauen, in den Bibliotheken Angst haben und um
ihre Sicherheit fürchten müssen - dann kann es nicht sein, dass man sich raus hält. Dann ist
neutral sein unmöglich da die Entscheidung sich rauszuhalten bereits ein im Stich lassen
jüdischer Studierender ist. Demokratie heißt vor allem auch Minderheitenschutz. Insbesondere
wir Bündinsgrüne stehen dafür ein, dass Demokratie nicht zum Übertönen einer lauten Menge
über eine schutzbedürftige kleinere Gruppe verkommt.
Der Beschluss der Kulutusministerkonferenz (KMK) gegen Antisemitismus und
Israelfeindlichkeit vom7. Oktober ist begrüßenswert aber zeigt gleichzeitig, dass ein Top-
Down Ansatz nicht reicht. Nur weil die KMK sich gegen Antisemitismus ausspricht, kommt dies
leider nicht in der breiten Gesellschaft an, wo das Problem liegt. Es braucht politisches
Handeln aller politischen Ebenen, um gesellschaftliche Strukturen umzukrempeln und akuten
Situationen zu begegnen.
Es wurde klar, was jüdische Akteur*innen schon lange anmahnten: Es fehlt ein Verständniss
von Antisemitismus und ein Bewusstsein für aktuelles jüdisches Leben. In ganz Deutschland
gab es im Winter 2023 bloß 3. Beauftragte gegen Antisemitismus an Hochschulen. Und es wurde
ersichtlich, dass Antidiskriminierungsbeauftragte hier die Situation alleine nicht
bewältigen konnten. Antisemitismus ist dezidiert nicht bloß eine Unterform von Rassismus. Es
hätte langfristig Prävention gebraucht und braucht sie immer noch. Zugleich sind wir nun in
einer Krise, in der es auch kurzfristige reaktive Schritte braucht.
Die Anzahl der Vorfälle an Berliner Hochschule ist besorgniserregend. Auch im Gespräch mit
jüdischen Studierenden zeigt sich: Sie ist weit höher als das, was medial berichtet wird.
Eine Abnahme der Eskalation ist leider nicht absehbar.
Deshalb fordert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Berlin den Berliner Senat auf, folgende Maßnahmen zum
Schutz jüdischen Lebens, insbesondere an Hochschulen, schnellstmöglich zu leisten:
Das Einrichten einer Enquet-Kommission, um aktuelle antisemitische Missstände an
Berliner Hochschulen und der Stadtgesellschaft ausgiebig zu untersuchen und in einem
zweiten Schritt festzustellen, welche Handlungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, um
ein sicheres Studieren und Leben für alle zu gewährleisten. Eine solche Kommission
muss neben den politischen Vertretungen auch akademisch-jüdische Organisationen,
mindestens Expert*innen des Feldes Antisemitismus in Bildungsstätten sowie die
demokratischen Vertretungen, insbesondere von jungen Jüdinne*Juden in Deutschland,
einbeziehen und beachten.
Der Senat stellt sicher, dass die Finanzierung von drei Feldern die zwar verschränkt,
aber niemals als eins gedacht werden müssen, langfristig finanziell durch einen
stetigen Aufwuchs des entsprechenden Ansatzes im Haushalt abgesichert sind:1. Die Finanzierungen für Projekte die jüdische Gegenwart beleuchten, Fördern und
nahbar machen. 2. Die Finanzierungen für Projekte die Antisemitismus behandeln als
Problem der Gegenwart mit historischen sowie gegenwärtigen Ursachen und Wirkungen. 3.
Die Finanzierung für eine Erinnerungskultur, die „Erinnern heißt Handeln“ in den
Vordergrund stellt. Das bedeutet ein Fokus auf historische Verantwortung,
Täter*innenschaft, die Abwesenheit jüdischen Lebens von damals und die Besonderheiten
der heutigen jüdischen Community setzt.Entsprechende Bundes- und EU-Fördermittel zur langfristigen finanziellen Unterstützung
sind zu prüfen und ggf. mit einzubeziehen.
Bildungsprozesse, schulische- und außerschulische Bildung zu den drei oben genannten
Feldern sind neben der gesicherten haushalterischen Fortschreibung in der Erweiterung
der zivilgesellschaftlichen Projekte zu fördern. Rahmenlehrpläne der Berliner Schulen
sind nach Möglichkeit um den Gedanken der Gegenwart und der Funktionsweise von
Antisemitismus im hier und jetzt zu erweitern.
Die Möglichkeit von Exmatrikulationen oder des Universitätsausschluss ist als ultima
ratio bei Gewaltvorfällen, bei denen nachweislich eine weitere Gefährdung anderer
Hochdchulmitglieder besteht zu begrüßen, um dem bundesweit bereits existierenden
Schutzstandard gerecht zu werden. Besonders in Berlin als Studierenden-Metropole in
Europa ist dies wichtig. Sie ist mit der expliziten Forderung nach einem Konzept für
Diskriminierungsschutz und gegen Missbrauch zu verbinden.
Der Senat wird aufgefordert, in seiner politischen Ausgestaltung dafür Sorge zu
tragen, dass ein Ausspielen von Minderheitengruppen gegeneinander nicht salonfähig
wird. Dafür bedarf es ein Anerkennen von Antisemitismus aus allen Lebensbereichen:
Egal welche politische Ausrichtung ein Mensch in Berlin hat Antisemitismus ist eine
tatsächliche Gefahr die aus allen politischen Denkrichtungen, aus allen
Weltanschauungen von Menschen ausgeht. Antisemitismus ist leider eben nicht bloß ein
Problem des rechten Spektrums. Deshalb wird der Senat aufgefordert, die Finanzierung
und Umsetzung von Forschungsprojekten zur Ermittlung, belastbarer, valider Empirie,
wie Statistiken, zu antisemitischen Tendenzen der Gesellschaft zu erheben. Ein
faktenbasierter Diskurs muss gefördert werden.
Die Prüfung der Möglichkeit einer Kolanzregelung für Studierende, die durch die
Situation, die seit dem 7. Oktober herrscht, vom universitären Betrieb ausgegrenzt
wurden. Ebenfalls die Anregung bei den Universitätsleitungen hierzu. Studierende haben
Verzögerungen in ihrem Studium, die ggf. durch Zusatzsemester ausgeglichen werden
müssen.
Der Senat ist aufgefordert, zusammen mit den Hochschulen und in Kooperation mit
relevanten Gremien die Erarbeitung eines Konzeptes zum Umgang mit Krisen im
Hochschulbetrieb zu erarbeiten. Insbesondere Hilfs- und Meldestrukturen sind zu
bedenken. Zusätzlich muss ein aktives Bekanntmachen geschaffener Strukturen mit ihnen
einhergehen.
Das Land Berlin bekennt und verpflichtet sich, an der IHRA Definition festzuhalten und
diese im Zuge allen politischen Handelns beizubehalten und mitzudenken.
Begründung
Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus, RIAS, stellte bereits Anfang November 2023 einen Anstieg antisemitisch motivierter Taten um 360% fest. Das zeigt Antisemitisms ist ein tief verwurzeltes Gedankengut aus der Mitte der Gesellschaft, welcher bei erster Gelegenheit ausbrach.
Die jüdische Commnity in Deutschland ist vielseitig und einzigartig. Gegenwärtiges jüdisches Lebens ist den meisten Menschen fremd. Empathie beruht jedoch auf Wahrenehmung und Begegnung. Es gibt, besonders in Berlin ein plurales, lieberales und offenes jüdisches Leben. Von Feiern an jüdischen Feiertagen, wie Purim, in beliebten Berliner Clubs wie dem KitKat und der Wilden Renate, über (Orthodoxe) Gemeinden und Schulen in Prenzlauer Berg und Mitte, bis hin zum Chanukka Kerzen zünden am Rathaus Neukölln durch das international geprägte Hillel.
Und gleichzeitig ist die jüdische Realität auch Altersarmut durch Flucht und Migrationsgeschichte. Über 90% der Jüdinnen*Juden sprechen Russisch, sie oder ihre Elterngenerationen sind aus den ehemaligen Sowjet-Staaten ausgewandert oder geflohen. Die allermeisten sind Migrant*innen oder haben Migrationsbiographien. Ihre Lebensrealität sind Eltern ohne anerkannte Abschlüsse und Großeltern in Altersarmut ohne Renten. Sie haben keine Kontinuität in diesem Land erlebt und waren oft nicht bloß befreit oder Opfer, sondern als Teil der früheren Sowjetunion und ihrer Armee zugleich auf der anderen Seite der Alliierten. Eine Erinnerungskultur muss Opfer gedenken und dennoch nicht von der Auseinandersetzung mit Täter*innenschaft und Ursachen ablenken. Denn Erinnern heißt Handeln. Vergangenheit gedenken ist nicht Gegenwart kennen. Die Gegenwart muss zwar im historischen Kontext aber schlussendlich im Jetzt gesehen werden. Dadurch wird ein klares Bild gezeichnet. Bildung über den zweiten Weltkrieg hat in der Bevölkerung keine Bewusstsein für jüdisches Leben in der Gegenwart oder für die Funktionsweise von Antisemitismus verankert.
Jüdische Lebensrealität weicht in hartem Kontrast von der weit verbreiteten Verschwörungserzählung jüdischer Kapitalist*innen ab. Absurder werden diese Erzählungen, wenn man sieht das Anfang des 20 Jhd. Jüdinnen*Jude den Kommunist*innen zugeschrieben wurden. Sie werden stets in das aktuelle Feindbild interpretiert. Heutzutage das, des „weißen Kolonialisten“ - dabei sind Juden nichts von beidem. In den gängigen Intersektionalen Diskursen werden Juden*Jüdinnen wiederholt nicht mitgedacht. Das hat unter anderem die Stille aus intersektionalen feministischen Kreisen seit dem 7. Oktober Beispiellos gezeigt. Statt Juden*Jüdinne, als Menschen deren Vorfahren seit Jahrtausenden in Folge von Vertreibung im Exil und der Diaspora lebten, in Post-Koloniale Diskurse mit ein zu beziehen, werden sie als Antagonist*innen verteufelt. Den Verschwörungserzählungen von Übermacht treten der Realität entgegen, dass sich Juden*Jüdinnen nicht an den Campus trauen. Wahrnehmung und Realität könnten teils nicht weiter auseinanderliegen. Unkenntnis Jüdischer Gegenwart führt zum Glauben von Stereotypen und fehlendes Wissen über die Funktionsweise von Antisemitismus führt zum Verfall in Antisemitische Denkmuster. Antisemitismus prägt die Geschichte Deutschland so sehr, dabei kann kaum jemand tatsächlich erklären, was dieser bedeutet. Die Pradoxität von Antisemitismus muss klar werden, damit er nicht in aktuellen Diskursen immer wieder aufflammt, wie wir es am BDS Diskurs immer wieder sehen. Es braucht Bildung über Antisemitsimus und das ist dezidiert etwas anderes als Erinnerungskultur, die parallel dazu gepflegt werden muss. Antisemitismuskritische Arbeit ist wiederum nicht gleich die Schaffung eines Bewusstseins für jüdisches aktuelles Leben in Deutschland, was ebenfalls unerlässlich ist.
Antisemitismus bekämpfen heißt auch das Selbstbestimmungsrecht von Jüdinnen*Juden anerkennen. Das fängt in gegenwärtigen Debatten bereits damit an, wenn ihnen aberkannt wird, zu wissen, wann sie diskriminiert werden. In allen anderen Diskriminierungsformen ist anerkannt, das die betroffenen definieren was z.B Rassismus ist. Hingegen bei Antisemitismus wird die Definition immer wieder in die Hände eines öffentlichen Diskurses gegeben. Alle großen jüdischen Organisationen, darunter die demokratische repräsentation, und ein überwiegender Teil der Lehre hält zu IHRA Arbeitsdefinition mit Beispielen. Daher ist die Bekräftigung dieser, wenn sie Gefahr läuft, wieder Teil eines Diskurses der Mehrheitsgesellschaft zu werden, wichtig und schützt das jüdische Selbstbestimmungsrecht.
Ein fehlendes Verständnis jüdischer gegenwart ist auch eng verbunden mit einem Missverständnis für Zionismus. Eine Gesellschaft die Antisemitismus versteht, versteht auch um die Wichtigkeit von Zionismus für Juden*Jüdinnen. Man beachte das die Selbstdefinition der meisten Juden*Jüdinne eine zionistische ist und auch die der meisten jüdischen Organisationen. Dies heißt im ersten Moment nicht mehr, als dass sie glauben Juden*Jüdinnen haben einen Staat und das Recht auf Selbstbestimmung verdient. Damit ist keine Bewilligung einer Siedlungspolitik gemeint, die im übrigen auch von vielen zionistischen Jüdinnen*Juden abgelehnt wird und viel mehr eine außenpolitische Frage darstellt. Die Verteufelung dieses Begriffes ist ein weiterer Beweis fehlender Bildung und einer Anzweiflung des Selbstbestimmungsrechts des jüdischen Volkes. Dies widerspricht dabei weder einer Lösung, die einen palästinensischen Staat ermöglicht, noch der Möglichkeit, harte Kritik an der Israelischen Regierung zu üben.
Oft sind jüdische Studierende die einzigen in ihrem Seminar, Jahrgang oder ihrer Universität. Es darf nicht an Ihnen liegen in einem Kurs gegen Antisemitismus aufzustehen und sich als Jude*Jüdinnen zu „outen“ - dies ist in der momentanen Gefahrensituation auch gar nicht möglich. Jüdische Studierende verpassten vermehrt Universitäre Veranstaltungen, konnten in dem beschriebenen Umfeld nicht lernen. Eine Infrastruktur, um die Extremlage abzufangen, gab es nicht. Studierende und Dozierende waren ratlos. Dies führt zu Studienverlängerungen und bei einigen zu Urlaubssemstern. Es kann nicht sein, dass der fehlende Schutz dazu führt, dass Studierende ihre Regelstudienzeit nicht einhalten können oder Probleme mit der Studienfinanzierung bekommen, da sie beispielsweise Bafög beziehen. Daher ist es wichtig, auf Kolanz- und Ausnahmeregelungen für mehr belastete Studierende zu drängen, die ihrem Studium nicht nachgehen können.
Festzustellen ist auch, dass Jüdische Studierende von der Universität frei zu stellen keine adäquate Lösung darstellen kann. Wir sind an einem gesellschaftlichen Punkt angekommen, wo jüdischen Studierenden teilweise „erlaubt“ wird, für Veranstaltungen nicht an den Campus zu gehen. Als sei dies eine zufriedenstellende Lösung des Problems. Wenn Missstände so tief sitzen, dass Täter*innen-Opfer-Umkehrungen passieren, das Antisemitismus als Problem von Jüdinnen*Juden gesehen wird - braucht es dahingehend auch eine tiefgehende Aufarbeitung. Es reichen keine Bekenntnisse. Ursachen müssen verstanden und behoben werden. Jüdische Studierende wollen und sollen nicht von der Uni frei gestellt werden, sondern ihnen muss die Möglichkeit des Studiums gewährt werden Nachteile müssen ausgeglichen werden. Hierzu braucht es tiefgehende Untersuchung wie Strukturen so versagen konnten und was zukünftig zu unternehmen ist.
Hier ist wieder auf den in der Einleitung erwähnten Minderheitenschutz einzugehen, welcher Demokratie eben auch ausmacht. Jüdische Studierende forderten bereits im Dezember Exmatrikulationen als Ultima Ratio. Lange bevor es zu dem brutalen Angriff auf Lahav kam. Der Angriff war nicht Auslöser dieser Forderung, sondern das Wahrwerden der Befürchtungen jüdischer Studierenden Verbände. Genau so wie der 7. Oktober nicht Auslöser für Antisemitismus war sonder bloß hervorbrachte wovor seit Jahren gewarnt wurde: Es gibt nicht genügend Bewusstsein von Antisemitismus, von jüdischer Gegenwart und allen voran gibt es nicht genügend Schutzstrukutren. Es braucht ein Mindestmaß an Schutz. Ein Rechtsstaat darf nicht über seine Kompetenz hinausgehen. Gleichzeitig - und das wird in diesem Diskurs scheinbar vergessen - darf ein Rechtsstaat auch ein Untermaß nicht unterschreiten. Natürlich darf es nicht dazu kommen, dass Studenten missbräuchlich der Zugang zur Lehre verweigert wird.Die Missbrauchsvorbeugung muss mitgedacht werden. Momentan ist die Gefahr aber nicht ein Übermaß, sondern die Berechnung eines Untermaßverbots. Das nicht unterschreiten eines Mindestmaßes an Schutz, den alle verdient haben, ist mindestens genauso wichtig wie ein Schutz vor dem Übermaß an Strafe. Berlin ist bereits jetzt ein Brandherd und exemplarisches Beispiel dafür, was alles in der Lehre schief gehen kann. Zumindest auf ein bundesweites Schutzmaß zu kommen ist das Mindeste. Alle anderen Bundesländer haben ein solches Gesetz, Berlin war das einzige ohne. Dabei sei zu beachten, dass die Möglichkeit der Exmatrikulation nicht mal in einer Handvoll Fällen in der Geschichte der Bundesrepublik genutzt wurde. Ebenfalls ist klar, dies ist ein ultima-Ratio Mittel, welches symptomatisch wirkt und nicht strukturell nötigen Wandel ersetzen soll. Betrachtet man die Situation nüchtern, ist die Gefahr ein mangelnder Schutz und nicht ein Übermaß an Strafe. Der übermäßige Fokus auf Täter*Innenschutz, in der gesellschaftlichen Debatte, statt Opferschutz, wirft Fragen auf, ob die Situation genau so gehandhabt werden würde, wenn das Opfer aus anderen als antisemitischen Gründen Gewalt erfahren hätte und woher die fehlende Sympathie für das Opfer kommt. Missbrauchsgefahr beugt man vor, in dem man gute Gesetze schreibt und fordert und nicht in dem man Opfer schutzlos stellt.
Es gibt keine Demokratie ohne Minderheitenschutz.
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- V-33-060 (Daniel Eliasson (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf), Eingereicht)
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- V-33-085-neu (Leonie Wangerath (LV Grüne Jugend Berlin), Eingereicht)
- V-33-091 (Daniel Eliasson (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf), Eingereicht)
- V-33-101 (Daniel Eliasson (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf), Eingereicht)
- V-33-111 (Daniel Eliasson (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf), Eingereicht)
- V-33-111-2 (Leonie Wingerath (LV Grüne Jugend Berlin), Eingereicht)