Veranstaltung: | LDK 24. November 2018 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 10.1. Dringlichkeitsanträge |
Antragsteller*in: | LAGen Netzpolitik und Demokratie+Recht (dort beschlossen am: 19.11.2018) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 20.11.2018, 10:14 |
D-02: Polizei- und Präventionsgesamtkonzept statt planloser Ausweitung der Eingriffskompetenzen
Antragstext
Polizei- und Präventionsgesamtkonzept statt planloser Ausweitung der Eingriffskompetenzen
Wir setzen uns für eine Sicherheitspolitik mit Augenmaß ein. Sicherheitskonzepte, die von
Angst getrieben sind, werden grundlegenden Bedürfnissen nach Freiheit nicht gerecht und
sorgen nicht für mehr Sicherheit. Wir stellen uns gegen unverhältnismäßige Eingriffe in
Grundrechte, insbesondere in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und setzen uns
für eine freie und selbstbestimmte Gesellschaft ein.
Technische Werkzeuge können - maßvoll und mit Bedacht eingesetzt - Teil der
Sicherheitspolitik sein, aber wir können uns nicht allein auf diese verlassen. So führen
beispielsweise Video- und Tonüberwachung des öffentlichen Raums nicht zu einem effektiveren
Schutz der Bürger*innen und stellen überproportionale Eingriffe in die Bürger*innenrechte
dar. Die bisherigen Erfahrungen und Auswertungen, insbesondere aus London, der Stadt mit
einer flächendeckenden Videoüberwachung, deuten z. B. darauf hin, dass der Nutzen von
Videotechnik weit überschätzt wird. Weder schreckt sie diejenigen ab, die Straftaten spontan
begehen, noch verhindert sie ein geplantes Vorgehen, da die Identifizierung beispielsweise
durch Verdecken des Gesichts gezielt umgangen werden kann. Ferner ist die Gefahr hoch, dass
Polizist*innen die vor dem Monitor sitzen, statt vor Ort zu sein, falsch eingesetzt werden.
Videoüberwachung kann für uns deshalb maximal eine anlassbezoge Ergänzung für eine gute
Sicherheitsstrategie sein. Anlasslose Grundrechtseingriffe durch die Polizei lehnen wir ab.
Diese öffnen Tür und Tor für Maßnahmen, die von Vorurteilen geprägt sind, insbesondere für
racial profiling, ohne dass diese für den Schutz der Bevölkerung erforderlich sind.
Statt bloßen Aktionismus fordern wir eine Gesamtstrategie bei der Polizei ein, da nur so der
Schutz der Bevölkerung effektiv gewährleistet werden kann. Wir setzen auf eine gut
ausgebildete und ausgestattete Polizei, die ihre Schwerpunkte und Gefahrenbereiche kennt.
Mehr Streifen, Präsenz und gezielte Kriminalitätsbekämpfung statt dauerhafter und ausufernde
Kameraüberwachung und sinnloser Grundrechtseingriffe. Gerade in Zeiten, in denen sich die
Bundesländer mit härteren und immer eingriffsintensiveren Polizeigesetzen überbieten, wollen
wir zeigen, dass ein effektiver Schutz der Bevölkerung auch ohne ein kopfloses Ausweiten der
Eingriffsbefugnisse möglich ist. Das Berliner Polizeigesetz soll daher ein liberaler
Gegenentwurf zur ständigen Verschärfungen ohne Gesamtkonzept sein, durch die immer mehr in
die Grundrechte sämtlicher Bürger*innen eingegriffen wird. Wirksame Polizeiarbeit begrenzt
das Überwachen von unbescholtenen Bürger*innen auf das unbedingt Erforderliche. Wir werden
den Schutz der Bevölkerung sicherstellen und gleichzeitig deren Grundrechte achten. Dazu
setzen wir beispielsweise auf folgende Maßnahmen: risikobehaftete Orte müssen besser
beleuchtet und einsehbar werden. Dies schafft an großen Plätzen, Bahnhöfen und verwinkelten
Gassen deutlich mehr Sicherheit, als jede Kamera. Wir setzen außerdem auch auf
Deradikalisierung und Prävention, da nur so ein wirksamer Schutz der Bevölkerung erreicht
werden kann. Die bereits bestehenden Projekte sollen ausgebaut und noch mehr Angebote
geschaffen werden. Gut etablierte Präventionsprojekte müssen zudem dringend verstetigt
werden. Es kann nicht sein, dass trotz guter und erfolgreicher Präventionsarbeit zahlreiche
Projekte innerhalb kurzer Zeit immer wieder neue Gelder beantragen müssen. Dies führt dazu,
dass in den Projekten kaum Arbeitsnehmer*innen langfristig gehalten werden können und der
bürokratische Aufwand kostet viel Zeit, Zeit die für eine wirksame Präventionsarbeit fehlt.
Eingriffe in die Grundrechte sollen nur dort erfolgen, wo sie wirklich notwendig sind, damit
die Polizei genug Ressourcen für den Schutz der Bevölkerung hat; Ressourcen die aufgrund der
planlosen Ausweitung von Überwachungsmaßnahmen zunehmend fehlen.
Straffällig gewordenen Personen müssen wir Hilfe anbieten und sie in unsere Gesellschaft
integrieren. Dazu sind Angebote zur Resozialisierung ausbauen. Ferner sind die Angebote der
Straffälligenhilfe weiter auszubauen und die Bedingungen in den Gefängnissen mit Blick auf
die Resozialisierung der Gefangenen zu verbessern.
Vermeintlich kriminalitätsbelastete Orte sollen durch eine unabhängige Stelle evaluiert
werden, um faktenorientiert über Maßnahmen und Konzepte reden zu können.
Wir warnen davor, durch die Debatte um die Ausweitung von Videoüberwachung und andere
Eingriffsbefugnisse notwendige gesellschaftliche und politische Fragestellungen über
Missstände in unserer Gesellschaft zu verdrängen. Wenn Videoüberwachung falsch angewendet
wird, unterdrückt oder verdrängt sie nur die Symptome von Problemen, die aus sozialer
Ungerechtigkeit und ungünstigen Umständen resultieren, die grundsätzlichere Lösungen
bedürfen.
Wir werden daher die notwendigen Mittel für eine Polizei- und Präventionsarbeit zur
Verfügung stellen, die unsere Bürger*innenrechte achtet, für einen ausreichenden Schutz der
Bevölkerung sorgen und zudem den Ursachen von Kriminalität und Gewalt entgegenwirken.
Begründung
Mit diesem Antrag möchten wir darlegen, dass Polizeiarbeit auch ohne ein ständiges Ausweiten von Überwachung funktioniert, sondern ein Gesamtkonzept zum Schutz der Bevölkerung bedarf. Sicherheitspolitik beinhaltet aus unserer Sicht vor Allem Prävention und einen gezielten Einsatz von Strafverfolgung und Gefahrenabwehr. So wird gewährleistet, dass nicht unnötig in die Rechte von unbescholtenen Bürger*innen eingegriffen wird. Auch kann so sichergestellt werden, dass es gar nicht erst zu Straftaten kommt. Mit diesem Antrag wollen wir die Leitlinien für eine grüne Sicherheitspolitik betonen, die die Grundrechte der Bürger*innen und deren Interesse an ihrem Schutz vor Gefahren und Kriminalität in ein angemessenes Verhältnis bringt. Dazu gehört eine effektive Kontrolle der Sicherheitsbehörden, ein Gesamtkonzept, wie wir Straftaten und Gefahren verhindern wollen und vor Allem eine Gewichtung der Bürger*innenrechte. CDU und SPD haben in den letzten Jahren gezeigt, wie es nicht geht. Einen Schutz der Grundrechte und eine effektive Strafverfolgung können wir von ihnen nicht erwarten. Daher folgt nun unser grüner Gegenentwurf: grüne Polizeiarbeit für einen effektiven Schutz der Bürger*innen und ihrer Grundrechte!
Dringlichkeitsgrund
Am letzten Sonnabend hat die SPD auf ihrem Parteitag einen Beschluss zum Thema Sicherheit gefällt. Dieser Beschluss beinhaltet zahlreiche Aspekte, die sowohl für die neue Polizeigesetzgebung als auch für den Umgang mit dem Volksbegehren zum Thema Ausweitung der Videoüberwachung relevant sind. Daher ist es wichtig, dass von Grüner Seite eine entsprechende Antwort kommt. Der Präventionsaspekt fehlt in dem Beschluss der SPD nahezu vollkommen. Dieser ist aber essentiell für ein Grünes Sicherheitskonzept, da nur so Sicherheit langfristig und nachhaltig erreicht werden kann. Auch ist schon eine Entscheidung gefällt worden, dass eine Ausweitung der Videoüberwachung erfolgen soll, ohne konkret zu benennen, wie diese aussehen soll. Auch halten wir es vor dem Hintergrund der Ausweitung der Videoüberwachung und den neuen Umgang mit dem kriminalitätsbelasteten Orten für sehr wichtig, dass wir diskutieren, wie wir im Kontext der ASOG Reform mit diesem Ansatz umgehen wollen. Insbesondere müssen wir vor dem Hintergrund der Ausweitung der Videoüberwachung an kriminalitätsbelasteten Orten klarstellen, dass wir kein Racial Profiling wollen und dass Strategien dagegen entwickeln, da dieser Aspekt von Seiten der SPD auch nicht ausreichend gewichtet wird. Die SPD Abgeordneten können sich während der zukünftigen Verhandlungen um die Umsetzung des ASOG und dem Umgang mit dem Volksbegehren zur Ausweitung der Videoüberwachung auf diesen Beschluss berufen. Wir wollen unserer Fraktion auch einen Beschluss an die Hand geben, damit sie gestärkt in die weiteren Verhandlungen gehen können.
Änderungsanträge
- D-02-010 (Daniela Ehlers, Emma Sammet, Louisa Hattendorf (Kv Lichtenberg, Abteilung Grüne Jugend, Abteilung Grüne Jugend), Eingereicht)
- D-02-012 (Daniela Ehlers (KV Lichtenberg), Eingereicht)
- D-02-017 (Daniela Ehlers, Emma Sammet, Louisa Hattendorf (Kv Lichtenberg, Abteilung Grüne Jugend, Abteilung Grüne Jugend), Eingereicht)
- D-02-018 (Daniela Ehlers, Emma Sammet, Louisa Hattendorf (Kv Lichtenberg, Abteilung Grüne Jugend, Abteilung Grüne Jugend), Eingereicht)
- D-02-022 (Daniela Ehlers, Emma Sammet, Louisa Hattendorf (Kv Lichtenberg, Abteilung Grüne Jugend, Abteilung Grüne Jugend), Eingereicht)
- D-02-030 (Daniela Ehlers, Emma Sammet, Louisa Hattendorf (Kv Lichtenberg, Abteilung Grüne Jugend, Abteilung Grüne Jugend), Eingereicht)
- D-02-033 (Daniela Ehlers, Emma Sammet, Louisa Hattendorf (Kv Lichtenberg, Abteilung Grüne Jugend, Abteilung Grüne Jugend), Eingereicht)
- D-02-036 (Daniela Ehlers, Emma Sammet, Louisa Hattendorf (Kv Lichtenberg, Abteilung Grüne Jugend, Abteilung Grüne Jugend), Eingereicht)
- D-02-051 (Daniela Ehlers, Emma Sammet, Louisa Hattendorf (Kv Lichtenberg, Abteilung Grüne Jugend, Abteilung Grüne Jugend), Eingereicht)