Veranstaltung: | LDK am 3. Juni 2023 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 3 Leitantrag zum Thema Klimaschutz |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 03.06.2023 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Das Beste für Berlin: Klimaschutz, der wirkt
Beschlusstext
Die Klimakrise ist bittere Realität. Ihre Folgen sind dramatisch und zeigen sich in der
Welt, in Europa und auch ganz konkret hier in Berlin. Sei es der dritte Dürresommer in
Folge, Rekordtemperaturen auf der ganzen Welt oder Waldbrände in unbekannten Ausmaß. Bereits
jetzt hat sich das Klima um 1,1 Grad erwärmt. Doch die getroffenen Zusagen aus dem Pariser
Klimaschutz Abkommen werden nicht eingehalten mit fatalen Folgen für Millionen von Menschen.
Besonders leidtragend sind dabei die Menschen im globalen Süden, da die Klimakrise auf einem
(neo-)kolonialen ausbeuterischem System basiert. Wir im globalen Norden profitieren dagegen
von diesem System und tragen daher eine besondere Veranwortung. Auch Menschen mit niedrigem
Einkommen, Frauen und ältere Menschen, spüren in unserer Stadt die ökologischen Folgen am
meisten, obwohl Sie für deutlich weniger CO2-Emission verantwortlich sind, das zeigen u.a.
die Daten des Umweltgerechtigkeitsatlas. Daher müssen Klimaschutzmaßnahmen prioritär dort
ansetzen, wo die Menschen besonders stark von negativen Auswirkungen betroffen sind. Denn
die Klimakrise ist eine soziale Krise. Daher müssen wir in jedem Bereich die Klimawende
angehen und auf Bundesebene endlich das angekündigte Klimageld einführen. In Berlin wollen
wir Menschen, die staatliche Transferleistungen erhalten, beispielweise dabei unbürokratisch
unterstützen , dass sie Förderung für Balkonkraftwerke erhalten oder nach dem Vorbild der
niederländischen „Fixbrigaden“ Handwerker*innen für sie einfache aber sehr effektive
Tätigkeiten zur Energieeinsparung ausführen können. Auch wenn die großen Hebel der
Klimawende die Transformation im Verkehrs-, Energie-, Gebäude-, und Industriesektor sind,
dürfen wir die sozialer Infrastruktur wie den Kultur- und Bildungsbereich sowie die
Gesundheitsversorgung nicht vergessen. Dafür werden wir auch für alle Bereiche die nötigen
Finanzmittel zur Verfügung stellen müssen.
Zuletzt hat der jüngste IPCC-Bericht uns die Dringlichkeit vor Augen geführt, mit der wir
Maßnahmen zur Begrenzung der Erderhitzung ergreifen müssen. Eindringlich wie nie zuvor weist
der Weltklimarat darauf hin, dass das Tempo und der Umfang der bisherigen Bemühungen nicht
ausreichen. Die Wissenschaftler*innen fordern einmal mehr ein, dass das Tempo beim Ergreifen
von Klimaschutzmaßnahmen drastisch gesteigert wird. Der neu gewählte schwarz-rote Senat
hingegen verschließt die Augen vor dem notwendigen Wandel. Mit dem wolkigen Versprechen, ein
Sondervermögen einzurichten, ohne konkrete Maßnahmenpakete bekanntzugeben, ertränken CDU und
SPD ernsthafte Bestrebungen. Hinzu kommt, dass die Rückschrittskoalition viele der
bisherigen Klimaschutzmaßnahmen aufweichen und zurückdrehen möchte: in der Bauordnung, im
Mobilitätsgesetz, beim Weiterbau der A100, der Streichung der Schienen-TVO, bei den Plänen
zur Teilversiegelung des Tempelhofer Felds und mit dem angekündigten Stillstand beim
Tramausbau. Das alles muss uns noch mehr Antrieb sein, den Umbau Berlins zu einer
klimaneutralen Stadt sozialverträglich voranzutreiben. Denn auch unsere Stadt muss ihrer
globalen Verantwortung im Kampf gegen die Klimakrise gerecht werden. Hierfür müssen wir die
Klimaneutralität Berlins deutlich schneller erreichen als es die gesetzliche Vorgabe von
2045 vorsieht und dabei erheblich an Tempo zulegen.
In den letzten Jahren haben wir unter grüner Regierungsbeteiligung dafür gesorgt, dass das
Land Berlin seine Klimaziele für den Klimaschutz deutlich ambitionierter ausgestaltet hat
und dass alle Senatsvorlagen einem systematischen Klimacheck unterzogen werden müssen. Wir
setzen uns dafür ein, die Selbstverpflichtung des Staates in Gesetzestexten, die den
Klimaschutz betreffen, in Land und Bund weiter zu stärken. Wir sind mutig vorangegangen und
waren zwischenzeitlich Taktgeberin für viele andere Bundesländer und für den Bund. Da, wo es
rechtlich möglich war, haben wir dafür gesorgt, dass Berlin den Kohleausstieg auf 2029
vorzieht. Wir haben die Fernwärme bundesweit erstmals gesetzlich einem Dekabonisierungspfad
unterworfen und gesetzliche Vorgaben für den Anteil Erneuerbarer festgesetzt. Mit dem
Masterplan SolarCity haben wir die Grundlage für einen schnelleren Ausbau von Erneuerbaren
in Berlin geschaffen. Wir haben die Solardach-Pflicht für private und öffentliche Gebäude im
Neubau und Bestand auch für Nicht-Wohngebäude eingeführt sowie flankierend dazu
Förderprogramme ausgebaut und mit dem Solarzentrum ein unabhängiges Beratungsangebot
geschaffen.
Mobilität verbindet die Berliner*innen tagtäglich wie nichts anderes. Durch eine gute und
nutzungsfreundliche Mobilitätsgestaltung werden lebenswerte und nachhaltige Verhältnisse in
Berlin geschaffen, insbesondere für Kinder, Ältere und Menschen mit Behinderungen.
Attraktive ÖPNV-Angebote, eine leichte Erreichbarkeit innerhalb der eigenen Nachbarschaft
durch sichere Wege und eine menschengerechte Verkehrsgeschwindigkeit sind essentiell für den
Klimaschutz. Die Orientierung am Umweltatlas macht Notwendigkeiten sichtbar und ermöglicht,
Maßnahmen priorisiert und gerecht umzusetzen.
Mit dem bundesweit einmaligen Mobilitätsgesetz haben wir den Vorrang des Umweltverbundes aus
öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) und Fuß- und Radverkehr festgeschrieben. Das
Mobilitätsgesetz muss konsequent angewendet und dessen Ziele weiterverfolgt werden. Auch den
Ausbau des ÖPNV haben wir vorangebracht und werden dies weiterhin tun: Mit neuen
Tramstrecken und neuen U-Bahn- und S-Bahn-Wägen sorgen wir für noch mehr klimafreundliche
Mobilität auf der Schiene. Mit dem neuen Rufbussystem MUVA der BVG bieten wir ein besseres
ÖPNV-Angebot in den Außenbezirken. Dank uns werden bis zum Jahr 2030 alle Busse der BVG
(etwa 1500 Stück) auf komplett erneuerbar-elektrischen Antrieb umgestellt, damit sie keine
schädlichen Abgase mehr produzieren. Dadurch wird Berlin eine der größten E-Bus Flotten in
ganz Europa stellen.
Gemeinsam haben wir erste Schritte hin zu einer Klimagovernance unternommen, ein Berliner
„Klimakabinett“ aufgesetzt und einen Klimabürger*innenrat einberufen. Dessen Empfehlungen
sind in das überarbeitete Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) eingeflossen. All
das waren nur erste Schritte. Die Erreichung der Klimaziele erfordert ein systematisches und
koordiniertes Vorgehen, das Klima konsequent zur Querschnittsaufgabe für den Senat macht.
Dazu gehört auch, dass unsere Finanztströme in den öffentlichen Haushalten mit den Zielen
des Pariser Klimaschutzabkommens kompatibel sein müssen. Dabei müssen die Ausgaben des
Landeshaushalts die Maßgaben des Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetzes und des BEK
einhalten. Es müssen die notwendigen Mittel im Haushalt eingestellt werden, um die
Emissionsreduktionsziele zue erreichen. Dabei sind die Maßnahmen nicht nur nach ihrer
Wirtschaftlichkeit sondern vor allem nach ihrer Effizienz für den Klimaschutz zu
priorisieren, und es ist auf eine soziale Kostenteilung zu achten.
Wir müssen drastisch an Fahrt aufnehmen, wenn wir unsere Klimaschutzziele erreichen möchten.
Die Politik muss in den zentralen Feldern mit all ihren Instrumenten auf die Erreichung der
sektoralen und gesamtstädtischen Klimaziele ausgerichtet werden. Dazu ist eine jährliche
Datenerfassung zur Zielerreichungskontrolle bei den Reduktionszielen zu implementieren. Bei
Zielverfehlungen sollen die jeweils zuständigen Senatsverwaltungen Sofortmaßnahmen auf den
Weg bringen . Mit derzeit etwa 50% CO2-Emissionsreduzierung ist gerade erst der halbe Weg
geschafft. Klimaschutz und -anpassung bleiben die zentralen politischen Aufgaben der
nächsten Jahre und Jahrzehnte. Um den Klimaschutz in Berlin noch zielgerichteter
voranzubringen, fordern wir ein klimagerechtes und 1,5°-konformes Emissions-Restbudget.
Daraus abgeleitete Emissions-Reduktionsziele sollen auf Jahre, auf Sektoren und auch auf die
Bezirke heruntergebrochen werden. Hemmnisse bei der Umsetzung von Maßnahmen soll der Senat
in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Stakeholdern beseitigen. Außerdem plädieren wir für
einen stärkeren internationalen Wissensaustausch zur Klimaneutralität mit anderen Städten,
z.B. als Twin City im Rahmen des NetZeroCities-Programms der EU.
Für einen erfolgreichen Klimaschutz müssen wir unsere Anstrengungen um ein Vielfaches
erhöhen. Bei der Siedlungsentwicklung soll der Bestand mehr in den Mittelpunkt, um möglichst
wenig Boden zu versiegeln, Mobilität zu erzeugen und somit eine nachhaltige Entwicklung der
Stadt aus der Landschaft zu erreichen (Entsiegelung / 30 ha-Ziel). Das gilt auch für die
Bau- und Wärmewende, die eine der größten ökosozialen Zukunftsfragen unserer Stadt ist. Wir
wollen das Bauen auf eine zukunftsfähige, auf der Kreislaufwirtschaft und klimafreundlichen
Materialien basierende Grundlage zu stellen. Den Wärme- und Kühlungsbedarf im Gebäudebereich
wollen wir deutlich reduzieren und die dann noch benötigte Wärme und Kühlung auf Grundlage
erneuerbarer Energien , einer stadtweiten Infrastruktur- und Wärmeplanung und
bedarfsorientierter Quartierslösungen bereitstellen, mit einem Schwerpunkt auf den am
schnellsten umsetzbaren und effektivsten Maßnahmen. Abwärmenutzung, Wärmepumpentechnik,
oberflächennahe Geothermie, Solarthermie und („adiabate“) Verdunstungskühlung, sowie
klimaangepasste Architektur (wie Fassadenbegrünung) haben für uns klar Vorrang. Die u.a. von
Vattenfall geplante Ausweitung der keineswegs klima- und CO2-neutralen Holzverbrennung in
Kraftwerken lehnen wir als für den Klimaschutz kontraproduktiv ab. Energetische
Sanierungsmaßnahmen sollen warmmietenneutral umgesetzt werden. Eine Ausweitung der
thermischen Abfallverwertung lehnen wir ab. Unser Ziel ist eine faire Kostenverteilung
zwischen Vermieter*innen, öffentlicher Hand und Mieter*innen sowie die Abschaffung der
Modernisierungsumlage.
Wir wollen die Wärmewende bzw. Maßnahmen, die unsere Klimaschutzziele erreichbar machen und
den Schutz der sozialen Zusammensetzung in Milieuschutzgebieten besser in Einklang bringen.
Wir erwarten hier vom neuen Senat im Rahmen der unter Rot-Grün-Rot eingerichteten AG
Milieuschutz gemeinsam mit den Bezirken Lösungen. Denn bisher gibt es keine belastbaren
Verfahren beispielsweise für den Umgang mit Solaranlagen, Wärmepumpen oder
Wärmedämmmaßnahmen sowie mit dem verbindlichen Einsatz von Fördermitteln. Eine
Vereinheitlichung aller Kriterien sowie Schwächung des Mieterschutzes in den Bezirken lehnen
wir ab, aber es braucht transparente und für die Verwaltung entlastende Kriterien und
Prüfverfahren für den Klimaschutz und zudem eine bessere personelle wie finanzielle
Ausstattung. Klimaschutz und Mieter*innenschutz gehen für uns beim Milieuschutz nur
zusammen.
Für uns Grüne Berlin ist der Kampf gegen die Klimakrise zugleich ein Kampf für soziale und
globale Gerechtigkeit und um den Erhalt der Lebensbedingungen auf dieser Erde. Hitze,
langanhaltende Dürren, Unwetter, Überflutungen oder der steigende Meeresspiegel machen viele
Regionen auf der Erde zunehmend unbewohnbar und zwingen Menschen zur Flucht. Wir Grüne
Berlin fordern daher ein Landesaufnahmeprogramm "Klima", um neben Menschen aus Kriegs- und
Krisengebieten auch Menschen aufzunehmen, die aufgrund des Klimawandels fliehen müssen.
Wir brauchen sozial ausgeglichene und praktisch umsetzbare Maßnahmen für Klimaschutz und
Klimaanpassung und interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Politikfeldern. Klimaschutz
kann dann am erfolgreichsten sein, wenn alle ihn als ihre Aufgabe begreifen und bereit sind,
in ihrem Bereich Klimaschutz zu priorisieren und die Lebensgrundlagen unserer Stadt und
unseres Planeten zu schützen. Dafür soll ein klimapolitischer Gleichstellungs-Check für alle
Gesetze und Maßnahmen umgsetzt werden. Das reicht von Grundsätzen zur Gestaltung der
konkreten Klimapolitik bis hin zur Einhaltung menschenrechtlicher Verpflichtungen. Wir
wollen, dass Klimaschutz in allen Politikfeldern entscheidungsrelevant ist.
Wir brauchen eine breite Allianz für Klimaschutz. Ganz gleich ob die Bereiche Bildung,
Gesundheit, Kultur oder Sport: Klimaschutz und -anpassung ist die Aufgabe aller. Viele
Akteur*innen haben sich bereits auf den Weg gemacht. Wir stehen in der Pflicht, sie dabei zu
unterstützen.
Die Zivilgesellschaft ist unsere natürliche Partnerin im Kampf gegen die Klimakrise. Der
institutionell-politische Raum braucht diesen Druck. Der Druck von Akteur*innen wie Fridays
for Future oder Ende Gelände hat klimaschutzpolitische Debatten in den Parlamenten
weitergebracht. Auf Initiative der Zivilgesellschaft hin haben wir sowohl als erstes
Bundesland die Klimanotlage ausgerufen als auch mit dem Klimabürger*innenrat die
Berliner*innen in die Entscheidungsprozesse einbezogen. Dessen Empfehlungen waren und
bleiben für uns Richtschnur bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Auch in Zukunft soll
auf solche und andere Beteiligungsformate gesetzt werden, um gemeinsam mit der
Stadtgesellschaft, aber auch Stakeholder*innen aus den verschiedensten Bereichen, Maßnahmen
(weiter) zu entwickeln. Zuletzt haben wir den Volksentscheid Berlin klimaneutral 2030
unterstützt. Dessen Ziel, die Klimaziele schneller zu erreichen, teilen wir. Gewalt gegen
Klimaaktivist*innen sowie die Verschärfung von Strafrecht, um ihren Protest zu verhindern,
lehnen wir strikt ab. Das gilt insbesondere auch für die Polizeigewalt und die Anwandlungen
von Selbstjustiz gegenüber der sogenannten Letzten Generation.
Um die 1,5 Grad Grenze einzuhalten, haben wir kaum noch Zeit. Zeitgleich sind Parteien in
Regierungsverantwortung, die nicht bereit sind effektive Klimapolitik zu machen. Das
Verschleppen und Aufgeben der im Pariser Klimaabkommen vereinbarten Ziele, kann nicht die
Antwort auf diese Herausforderung sein. Welche Maßnahmen uns zum Ziel der Klimagerechtigkeit
führen, muss eine gesellschaftliche Aushandlung sein, bei der das Einfließen verschiedener
Perspektiven wichtig ist. Das Ergebnis des Klimavolksentscheids hat noch einmal deutlich
gezeigt, wie groß der Handlungsbedarf und die Auseinandersetzung darüber weiterhin ist. Wir
brauchen die Akzeptanz und die Unterstützung der gesamten Stadt, um unsere Klimaschutzziele
zu erreichen. Als bündnisgrüne Partei wollen wir – nicht zuletzt mit unseren
Landesarbeitsgemeinschaften – mit Menschen aus den Stadtrandlagen wie aus innerstädtischen
Bereichen, den für den Klimaschutz zentralen Unternehmen und Akteur*innen sowie mit den
Expert*innen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft weiter im Gespräch dazu bleiben, wie die
zwangsläufig hochgesteckten Anforderungen besser und unter welchen Vorgaben realisieren
werden können. Gemeinsam kämpfen wir für Lösungen, die den verschiedenen räumlichen und
sozialen Herausforderungen gerecht werden.
Der Senat steht in der Pflicht, die Berliner*innen über die Folgen der Klimakrise und
Klimaschutzmaßnahmen zu informieren. Das Land soll in einer Kampagne das Ziel eines
klimaneutralen Berlins offensiv kommunizieren. Die damit zusammenhängenden Vorteile wie
günstigere Energie, die Gewinne für die Lebensqualität, wie etwa saubere Luft, weniger
Verkehrslärm und Milderung von Hitzewellen, sollen in den Mittelpunkt gestellt und die
sozial gerechte Kostenverteilung klar kommuniziert werden, um den vermeintlichen Widerspruch
von ökologischen und sozialen Belangen entgegenzutreten. Zudem sollte der Senat zu den
konkreten Zielen, Maßnahmen sowie deren Umsetzungsstand und Erfolgen sowie
Handlungsmöglichkeiten für Bürger*innen und Unternehmen laufend öffentlichkeitswirksam
kommunizieren und berichten.
Bildung for Future - Lernen für den Klimaschutz in gesunder Umgebung
Unsere Bildungsinstitutionen sind wichtig für unseren Kampf gegen den Klimawandel. Sie sind
elementare Orte der Vermittlung von ökologischem Wissen und Bewusstsein. Zugleich bieten
ihre Gebäude, Flächen, Mensen selbst enorme Möglichkeiten für konkreten Klimaschutz und -
anpassung. Seien es Energieeinsparpotentiale bei Gebäuden, die Entsiegelung von Flächen oder
aber das Ernährungsangebot.
Klimabildung in den Schulen und der ganzen Stadt stärken
Das Wissen und die Erkenntnisse zur Klimakrise und die damit einhergehenden ökologischen,
sozialen und ökonomischen Herausforderungen müssen verstärkt in der formalen und non-
formalen Bildung thematisiert werden. Daher gehören Umwelt- und Naturbildung, Bildung für
Nachhaltige Entwicklung (BNE) sowie Ernährungsbildung für uns in das Schulprogramm einer
jeden Schulgemeinschaft. Für die Umsetzung des Orientierungs- und Handlungsrahmens zum
Kompetenzerwerb für das übergreifende Thema Nachhaltige Entwicklung / Lernen in globalen
Zusammenhängen muss im Schulalltag ausreichend Zeit eingeräumt werden. Die Zusammenhänge
zwischen Klimakrise und anderen Ungerechtigkeiten wie Rassismus, Klassismus, Kolonialismus
und Sexismus sollten dabei ebenfalls thematisiert werden. Deshalb halten wir
interdisziplinäres Lernen für elementar. Wir fordern die Entwicklung eines Masterplans BNE
nach Hamburger Vorbild, um die Lernvermittlung strukturell von der frühkindlichen bis zur
Erwachsenenbildung zu verankern. Diese Bildung fängt bereits auf dem Schulweg und im
Schullalltag an.
Zusätzlich müssen außerschulische Lernorte und praktische Projekte für den Umwelt- und
Naturschutz, die Stadtnatur und die Klimaanpassung weiterhin gestärkt werden. Dafür haben
wir Grüne unter anderem die Zivilgesellschaft im Bereich des Naturschutzes und Umwelt- und
Naturbildung sowie Natur- und Werkpädagogik finanziell deutlich besser gefördert.
Wir wollen darauf hinwirken, dass unsere Schulen zu sozialen Vernetzungsorten im Kiez
werden, an dem sich Menschen niedrigschwellig über Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen
austauschen und bilden, um anschließend gemeinsam Herausforderungen direkt vor Ort zu lösen.
Ausbildung for Future – Klimaberufe in den Fokus rücken
Wir brauchen Fachkräfte, die die Energiewende praktisch umsetzen können, um den Klimawandel
aufzuhalten. Die Zahl an Personen, die Ausbildungen in Klimaschutzberufen absolvieren, ist
seit Jahren rückläufig. Ohne die Beseitigung des Flaschenhalses Fachkräfte werden wir unsere
Klimaziele jedoch nicht erreichen können. Eine Basis dafür muss deswegen bereits in der
Schule gelegt werden. Deswegen sollte vom Grundschul- bis in das Oberstufenalter regelmäßig
und umfassend auch über weniger bekannte Ausbildungsmöglichkeiten informiert und praktische
Erfahrung gesammelt werden können. Im Rahmen von Schulpraktika oder Besuchen von Betrieben
sollen Klimaschutzberufe und -betriebe im Fokus stehen. Duale Ausbildungen sollen einem
Studium gegenüber gleichgestellt sein. Zusammen mit der IHK und der Handwerkskammer sowie
weiteren Stakeholdern ist hierfür eine Klimaberufsstrategie für Schüler*innen zu entwickeln.
Im Grünen lernen und spielen – Schulhöfe umgestalten
Wir setzen uns für eine bestmögliche Entsiegelung und Begrünung von Schulhöfen, mehr grüne
Klassenzimmer und essbaren Gärten in den Schulen und Kitas ein. So entstehen naturnahe
Lernorte der Biodiversität, gesunden Ernährung und Klimaanpassung. Grünflächen heizen sich
außerdem weniger auf und leisten dadurch einen positiven Beitrag zum Stadtklima. Zusätzlich
können sie als Erholungsraum für die Nachbarschaft dienen. Das Land Berlin muss für
entsprechende Vorhaben eine auskömmliche finanzielle Ausstattung zur Verfügung stellen.
Außerdem muss die finanzielle Förderung vom erfolgreichen Projekt „Grün macht Schule“ bzw.
grünes Klassenzimmer ausgebaut und ein Programm für die Entsiegelung auf den Schulhöfen
aufgelegt werden. Dabei sollen alle Bezirke nach gleichen Standards arbeiten und
Entsiegelung und Begrünung als Pflichtaufgabe verstehen. Parkbuchten vor Schulen wollen wir
zu Mulden bzw. „Regengärten“ mit einer Begrünung von hoher biologischer Vielfalt
umgestalten. Damit steigern wir die Umweltqualität und bieten zugleich Natur- und
Umweltbildung vor Ort an.
Ökologischer Schulbau und nachhaltige Energieversorgung fördern
Die Schulbauoffensive wollen wir nutzen, um den ökologischen Schulbau voranzutreiben. Dazu
gehören neben gesunden, nachhaltigen Baustoffen, Gründach, Fassadenbegrünung und dezentraler
Regenwasserbewirtschaftung ebenso Photovoltaik, eine erneuerbare Wärme- und
Kälteversorgungen und intelligente Leittechnik. Auch im Rahmen der Energieeinsparung können
Bildungseinrichtungen einen wichtigen Beitrag leisten. Durch eine bessere Regulierung der
Heizung vor Ort und den Einbau von LED-Lampen und Bewegungsmeldern kann beispielsweise
Energie eingespart werden. Diese Ersparnis soll dann als Anreiz in Form eines Kostenbudgets
an die Schule zurückgegeben und für weitere Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden. Der Senat
sollte die Bezirke hierbei beispielsweise unterstützen, auf die Möglichkeit des Energiespar-
Contractings zurückzugreifen sowie die Schulen dabei unterstützen, mit allen
Interessengruppen gleichberechtigt eine Nachhaltigkeitsstrategie zu erarbeiten, wie die
Schule bis spätestens 2035 klimaneutral werden kann.
Die Lebensmittelproduktion ist für einen großen Teil des weltweiten CO2-Ausstoßes
verantwortlich. Deshalb wollen wir mehr regionale und saisonale Lebensmittel und täglich
vegetarische und vegane Optionen an Schulen und Kitas. Bei der Umsetzung wollen wir darauf
achten, dass das Kita- und Schulessen wo immer möglich frisch vor Ort gekocht wird. Da dies
nicht überall möglich ist, wollen wir in einem Modellprojekt das Kochen im Verbund erproben,
bei dem Schulen mit eigener Küche die umliegenden Schulen ohne Küchen mit Essen versorgen.
Wir werden außerdem eine Strategie zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen in der Kita- und
Schulverpflegung erarbeiten.
Grün unterwegs – zur Schule und darüber hinaus
Alle Kinder und Jugendlichen sollen eigenständig und sicher zu Fuß, auf dem Rad oder mit dem
ÖPNV unterwegs sein können.
Damit Schüler*innen und an den Schulen Beschäftigte für den Schulweg das Fahrrad leichter
nutzen können, werden wir uns für ausreichende, überdachte und sichere Abstellmöglichkeiten
auf jedem Schulgelände einsetzen. Vor den Schulen wollen wir Spielstraßen, verkehrsberuhigte
Bereiche sowie Schulzonen unmittelbar vor der Schule zu Schulzeiten einrichten, um den
Elterntaxiverkehr einzuschränken und die Schulwegsicherheit zu erhöhen. Überdies möchten wir
umweltfreundliche Klassenfahrten fördern. Hierfür müssen vom Senat entsprechende finanzielle
Anreize für Schulen geschaffen werden, wie beispielsweise die Förderung von Zug- und
Busfahrten in Europa, um Flugreisen zu vermeiden.
Nachhaltige Wirtschaft – klimaneutral und gerecht
Die große Herausforderung unserer Zeit ist es, Klimaneutralität zu erreichen und dabei
Arbeitsplätze und unseren Wohlstand nicht zu gefährden. Viele Unternehmen sind dabei bereits
mitten im Umbruch und dennoch ist der Wirtschaftssektor mit einem jährlichen Ausstoß von
zwei Millionen Tonnen CO2 in Berlin noch immer einer der Haupt-CO2-Emittenten. Je eher sich
Unternehmen auf den Kurs hin zur ökosozialen Transformation begeben, desto bessere Chancen
haben in Berlin entwickelte, klimaneutrale Produkte und Verfahren auf den Märkten der
Zukunft. Diese Transformation begleiten wir durch eine gezielte Förderung durch das Land
Berlin sowie eine Ausbildungsoffensive in den Klimaschutzberufen. Denn die Klimakrise werden
wir nicht in den Griff bekommen, wenn wir auf individuelles Verhalten oder einzelne Personen
abzielen. Wir müssen die systematischen Grundlagen dahinter verstehen - und sie ändern.
Um die Klimakrise jedoch noch so gut wie möglich abzuwenden werden wir sowohl als Partner
der Wirtschaft auftreten, diese jedoch auf der anderen Seite auch fordern. Dabei wird es
eine soziale Ausgewogenheit der Maßnahmen nur geben, wenn auch eine klare Umverteilung von
oben nach unten erfolgt. Diesen Spagat zu meistern wird gerade uns Bündnisgrüne immer wieder
vor große Herausforderungen stellen. Wir schließen Transformationsbündnisse mit allen, die
an der klimaneutralen Industrie mitarbeiten wollen: mit Umwelt- und Klimaschützer*innen, mit
Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden; mit Betriebsrät*innen und Gründer*innen. Dabei ist
Berlin gemeinsam mit Brandenburg schon auf einem guten Weg. Schon heute ist die Kombination
aus attraktiven Angeboten für Fachkräfte, starker Forschungs- und Innovationslandschaft und
der rasche Ausbau erneuerbarer Energien ein klarer Standortvorteil für die klimagerechte
Transformation in der Metropolregion Berlin-Brandenburg.
Diesen Weg der Dekarbonisierung müssen wir hier in Berlin mit aller Kraft weiter gehen und
ihn deutlich ausbauen. Dabei setzen wir auf Kreislaufwirtschaft, Gemeinwohlorientierung,
Solidarische Ökonomie, innerbetriebliche Partizipation, Geschlechtergerechtigkeit und
Chancengleichheit und nehmen bei dem allen immer die gesamte Wertschöpfungskette in den
Blick. Wir müssen unsere Systeme (vom Arbeitsmarkt bis zu den Landesfinanzen) fit dafür
machen, dass sie ggf. auch ohne Wachstum des Bruttoinlandsprodukts stabil bleiben.
Wir streben die Rekommunalisierung der Fernwärme an, um aktiv den Umbau des Netzes hin zu
erneuerbarer Wärme mit Temperaturabsenkung voranzutreiben. Dafür legen wir einen
Dekarbonisierungs-Plan vor, den wir entschlossen umsetzen werden. Darüber hinaus werden wir
prüfen, inwieweit eine Rekommunalisierung der GASAG mit unseren energie- und
klimapolitischen Zielen vereinbar ist.
Klimaneutrales Wirtschaften in Berlin
Die privaten und öffentlichen Unternehmen sowie die öffentliche Hand müssen ihre
Anstrengungen für ein klimaneutrales Wirtschaften massiv verstärken. Um die Geschäftsmodelle
weiter zu dekarbonisieren, müssen die Berliner Unternehmen ihre Energieeffizienz und die
Nutzung von erneuerbaren Energien erheblich steigern. Wesentlich ist dabei die Umstellung
von Prozesswärme und -kälte auf nachhaltig strombasierte Erzeugung aus Erneuerbaren, die
weitere Nutzung von Solarpotenzialen, eine konsequente Elektrifizierung sowie die Nutzung
der Abwärme in Nah- und Fernwärmenetzen. Die Reduzierung des Wasserverbrauchs muss stärker
in den Fokus genommen werden und bei der Ansiedlung von Unternehmen Berücksichtigung finden.
Auch die digitale Transformation muss sich am Energie- und Ressourcenverbrauch messen
lassen.
Eine gemeinsame Initiative für Klimaneutralität - offensiv und sozial gerecht
Die Politik muss auf allen Ebenen den Rahmen für die Transformation setzen und dabei die
soziale Frage konsequent beachten. Das Land Berlin muss Initiativen und Netzwerke fördern
und die Unternehmen dabei unterstützen, entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Scope 1-3)
und ohne Kompensation klimaneutral zu werden. Die landeseigene Investitionsbank Berlin (IBB)
ist hierfür ein wichtiges wirtschaftspolitisches Instrument. Sie muss ihre Kredit- und
Förderprogramme deutlich stärker an den verbindlichen Klimazielen ausrichten. Die
Beantragungsverfahren, die Förderkriterien und -verfahren sollen dafür regelmäßig evaluiert
und optimiert werden.
Jede Wirtschaftsförderung im Land Berlin und insbesondere die Förderung der Ansiedlung von
Unternehmen durch Berlin Partner muss konsequent zur Erreichung der gesetzlichen CO2-
Reduktionsziele beitragen.
Die Landesunternehmen stehen an der Spitze der Nachhaltigkeit
Die landeseigenen Unternehmen stehen in der Pflicht, Vorbild für nachhaltiges Wirtschaften
zu sein. Dies gilt insbesondere für die zentralen Akteure unserer Versorgungssysteme – BVG,
Charité/Vivantes, Messe, BSR, Wasserbetriebe, Stadtwerk und BER. Wir fordern, dass sie
verpflichtet werden, verbindliche Pfade zur Klimaneutralität mit konkreten Kosten- und
Maßnahmenplänen festzulegen. Die Klimaschutzvereinbarungen müssen regelmäßig überprüft und
bei Bedarf angepasst werden. Ziel ist ein klimaneutrales Wirtschaften bis spätestens 2035.
Das betrifft Maßnahmen beim Fuhrpark, bei Gebäuden, bei Stromerzeugung und -verbrauch ebenso
wie die Reduktion des Wasserverbrauchs oder der vor- und nachgelagerten Emissionen etwa bei
Einkauf und Entsorgung. Dabei benötigen die landeseigenen Unternehmen finanzielle
Unterstützung, etwa durch zweckgebundene Transaktionskredite. Mit der Zweckbestimmung wäre
auch gewährleistet, dass dieses Geld nicht wie das schwarz-rote Sondervermögen nur ein
abstraktes Versprechen bleibt, sondern für konkrete Vorhaben ausgegeben wird. Damit die
öffentlichen Unternehmen entlang ihrer Wertschöpfungskette klimaneutral wirtschaften, müssen
auch ihre Finanzanlagen konsequent an sozial-ökologischen Standards ausgerichtet werden. Um
sicherzustellen, dass die Klimaziele konsequent verfolgt werden, müssen diese auch in die
Vertragsgestaltung mit den Geschäftsführungen und Vorständen einfließen.
Klimaschutz bei der Vergabe
Die öffentliche Auftragsvergabe von Senat und Bezirken ist mit einem jährlichen Volumen von
rund fünf Milliarden Euro ein wichtiger Bestandteil der Nachfrage in der Stadt nach
Produkten und Dienstleistungen. Wir wollen das Berliner Vergaberecht fair und nachhaltig
weiterentwickeln. Eines unserer Ziele ist, dass Berlin nur noch Dienstleistungen und
Produkte von Unternehmen beschafft, die in ihrer gesamten Wertschöpfungskette klimaneutral
sind. Dieses Kriterium soll in allen Vergabeverfahren berücksichtigt und in der Gewichtung
jedes Jahr erhöht werden. Falls nötig gilt es in Abstimmung mit anderen Akteur*innen der
öffentlichen Hand durch Bündelung der Nachfrage sicherzustellen, dass die entsprechenden
Produkte und Dienstleistungen im Markt verfügbar werden, wie dies erfolgreich bereits bei
der Beschaffung von Bussen durch die BVG praktiziert wurde.
Mit einer stärkeren Orientierung an nachhaltigen Produkten kann die öffentliche Hand gerade
bei der Markteinführung prägend auf den Markt einwirken. Nachhaltigkeit und Klimaneutralität
müssen auch deswegen verbindliches Kriterium bei jeder Vergabe sein. Ein besonderes
Augenmerk legen wir darauf, dass Bezirke und Hauptverwaltungen auch personell und
strukturell in die Lage versetzt werden, die sozialen und ökologischen Kriterien konsequent
umzusetzen.
Für die Umrüstung des Landesfuhrparks auf klimaneutrale Antriebe braucht es einen
Masterplan, wie bis 2030 sowohl die Ladeinfrastruktur als auch die sukzessive Umrüstung bei
Neubeschaffung von Fahrzeugen, insbesondere bei Polizei und Feuerwehr, umgesetzt werden.
Das Handwerk als starker Partner auf dem Weg zu Klimaneutralität
Das Berliner Handwerk spielt eine tragende Rolle für Klimaschutz und Nachhaltigkeit, etwa
bei der energetischen Sanierung von Gebäuden, beim Bau von Solaranlagen oder beim Einbau von
Heizungstechnik, die auf Erneuerbaren basiert. Wir wollen gemeinsam mit dem Berliner
Handwerk die Sicherung, Ausbildung und Weiterqualifizierung von Fachkräften in den
klimarelevanten Berufen gezielt vorantreiben. Hierfür werden wir eng mit Betrieben,
Beschäftigtenvertretungen, Kammern und Innungen kooperieren. Ziel ist eine gemeinsame
Strategie, zu der die finanzielle Unterstützung von Ausbildungsbetrieben, bessere Arbeits-
und Ausbildungsbedingungen, erhebliche Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf, die konsequente Förderung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, eine erleichterte
Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und den Ausbau staatlicher Hilfen und Integrationsleistungen
gehören.
Wirtschaftsverkehr emissionsfrei und stadtverträglich machen
Wir kritisieren, dass Schwarz-Rot den von uns fertiggestellten Teil zum Wirtschaftsverkehr
des Mobilitätsgesetzes gestoppt hat. Wir wollen den Lieferverkehr, insbesondere für den
Einzelhandel, und Handwerker*innen unterstützen. Lieferzonen sollen bedarfsgerecht
eingerichtet und freigehalten bzw. überwacht werden. Die Flächenkonkurrenz wollen wir
gemeinsam mit dem Umweltverbund lösen, indem wir CO2-neutrale Kleinfahrzeuge und andere
Alternativen zum Lkw für Lieferungen auf der
letzten Meile etablieren. Der städtische Güterverkehr soll stärker auf Schiene und Wasser
verlegt werden. Dafür sollen Gütertrams und MicroHubs pilotiert und die Antriebswende im
Schiffsverkehr vorangetrieben werden.
Daneben setzen wir uns für wirksame Rahmenbedingungen für kommerzielle und gemeinnützige
Akteur*innen und Unternehmen ein, welche Arbeitskräfte (Quereinsteiger*innen,
Langzeitarbeitslose, Geflüchtete, Personen ohne Ausbildungsabschluss) in eine
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Klimaberufen bringen möchten.
Berlin wird Vorbild für nachhaltigen und stadtverträglichen Tourismus
Die Berliner Wirtschaft ist breit gefächert. Alle Branchen müssen ihren Beitrag leisten,
damit wir unser Ziel der Klimaneutralität erreichen. Der Tourismus kann mit gutem Beispiel
vorangehen, wenn wir ihn stadtverträglich gestalten. Dafür muss der von Rot-Grün-Rot
geschaffene Fonds für ökologischen Tourismus genutzt und weiterentwickelt werden. Die
Perspektive der Bezirke muss zwingend beachtet werden, um abgestimmte Maßnahmen für einen
nachhaltigen Tourismus in den Kiezen zu ermöglichen. Wir wollen unsere öffentlichen Räume
gerechter verteilen, so dass Einzelhandel und Gastronomie einen neuen Aufschwung erleben.
Mehrweglösungen schonen nicht nur das Klima, sie sparen auch wertvolle Ressourcen und wirken
der Vermüllung der Stadt entgegen, die gerade auch in touristisch stark frequentierten
Kiezen ein Problem ist. Daher wollen wir, dass die Mehrweg-Angebotspflicht in Gastronomie
und Handel konsequent umgesetzt wird. Um eine Lenkungswirkung zu erzielen und die externen
Kosten für die Umwelt und die Stadtreinigung einzubeziehen, fordern wir, dass Berlin eine
Steuer auf Einweggeschirr und -verpackungen für Speisen und Getränke erhebt. Wir setzen uns
außerdem dafür ein, die Anbindung Berlins an nationale und europäische Fern- und
Nachtzugverbindungen zu verbessern, um möglichst viele Flugreisen von und nach Berlin auf
die Schiene zu verlagern.
Klimaschutz ist Gesundheitsschutz
Die Klimakrise hat bereits jetzt schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit der
Berliner*innen und ist entsprechend immer auch eine Gesundheitskrise. Etwa durch stärker
ausgeprägte Hitzeperioden, das vermehrte Auftreten von hier bislang selten diagnostizierten
Infektionserkrankungen, eine höhere Belastung für Menschen mit Allergien, die steigende
Luftverschmutzung und dem daraus resultierenden Stress sind Berliner*innen körperlich und
psychisch von den Folgen der Klimakrise betroffen. In Anbetracht des drohenden Verlustes
unserer Lebensgrundlagen sind auch Angst, Depressionen und Anpassungsstörungen immer
häufiger und wir brauchen gesamtgesellschaftliche Lösungen im Umgang damit. Die Folgen von
Extremwetterereignissen, wie Starkregen mit einem hohen Zerstörungsausmaß können Menschen
zusätzlich stark belasten.
Die Klimakrise verstärkt auch die gesundheitliche Ungleichheit, denn insbesondere Kinder,
Menschen mit chronischen körperlichen und psychischen Erkrankungen, alte Menschen und
Menschen in prekären Lebensverhältnissen, sowie Opfer von häuslicher Gewalt– v.a. Frauen und
Kinder - sind besonders von den gesundheitlichen Folgen der Klimakrise betroffen. Beim
Einsatz für mehr Klimagerechtigkeit in Berlin können wir davon profitieren, wenn Klima- und
Gesundheitsschutz sich gegenseitig verstärken. So führt eine nachhaltige
Mobilitätsgestaltung, d.h. die Förderung der Verkehrsarten des Umweltverbunds, zusätzlich zu
einer besseren Luftqualität und weniger Lärm. Das wiederum fördert die Aufenthaltsqualität
im öffentlichen Raum und die gesünderen Wege zu Fuß oder auch mit dem Fahrrad
Berliner*innen wirksam vor Hitze schützen
In Berlin sind insbesondere die stark zunehmenden Hitzetage ein ernstes Gesundheitsrisiko.
Großstädte werden in der Klimakrise zu Wärmeinseln und heizen sich aufgrund des hohen Grads
an Versiegelung und der Dichte an motorisiertem Verkehr um bis zu acht Grad mehr auf als das
Umland. Besonders stark sind dicht besiedelte Quartiere betroffen. Die Klimakrise wirft hier
v.a. auch Fragen der Umweltgerechtigkeit auf, denn Menschen mit geringem Einkommen tragen in
der Regel deutlich weniger zu der Klimakrise bei, sind aber überdurchschnittlich davon
betroffen, auch im Falle von Hitzewellen, die für von Armut betroffene Menschen immer mehr
zur Lebensgefahr werden. Gleichzeitig haben sie noch immer einen vergleichsweise
schlechteren Zugang zum Gesundheitssystem. Wir setzen uns für ein „Netzwerk für Abkühlung“
ein, das Orte, an denen Menschen sich abkühlen können, wie z.B. Kirchen, Parks etc. bekannt
und den Zugang dazu niedrigschwellig macht. Dazu gehört auch, dass beispielsweise
Schwimmbäder – als Orte der Abkühlung – für Menschen mit geringem Einkommen bezahlbar sind.
Denn konsequent gedacht bedeutet Klimagerechtigkeit immer auch soziale und gesundheitliche
Gerechtigkeit.
Um die Berliner*innen wirksam vor Hitze zu schützen, hat die bündnisgrün geführte
Gesundheitsverwaltung im März 2022 gemeinsam mit zahlreichen Akteur*innen aus Gesundheit und
Pflege das „Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin“ ins Leben gerufen. In diesem Rahmen wurden
Musterhitzeschutzpläne für ambulante Pflegedienste bis hin zu Krankenhäusern entworfen und
veröffentlicht. Diese müssen nun in allen Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen in den
Sozialräumen der Bezirke umgesetzt und auf weitere gesellschaftliche Bereiche, wie Kitas,
Schulen und Sportstätten ausgeweitet werden. Sektorenübergreifende Hitzeaktionspläne sind
damit auch ein Paradebeispiel für einen konsequenten Health in All Policies-Ansatz, der
gleichzeitig immer auch ein Climate in All Policies-Ansatz ist.
Die Menschen in der Stadt benötigen außerdem insbesondere in Hitzeperioden jederzeit den
Zugang zu frischem Wasser – und zwar kostenfrei. Der begonnene Bau von Trinkbrunnen an allen
zentralen Haltestellen und stark besuchten Orten muss weiter vorangetrieben werden.
Berliner Krankenhäuser auf dem Weg zur Klimaneutralität stärken
Auch der Gesundheitssektor selbst muss einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten, da
er für über 5% der Emissionen in Deutschland verantwortlich ist. Um die Krankenhäuser, die
mit dem zunehmenden Fachkräftemangel und den Folgen der Covid-19-Pandemie bereits stark
belastet sind, bei der Transformation hin zu einem klimaneutralen und resilienten
Gesundheitssystem zu unterstützen, haben wir Bündnisgrüne das Green Hospital-Programm für
Berlin aufgelegt und mit rund 30 Millionen Euro im Landeshaushalt verankert. Dieses muss vom
schwarz-roten-Senat nun zügig weiter umgesetzt und ausgeweitet werden, damit alle Berliner
Krankenhäuser in die Lage versetzt werden, wirksam in energetische Sanierungen und eine
energieeffiziente Infrastruktur zu investieren, zu der auch eine elektrifizierte
Fahrzeugflotte gehört. Neben höheren Investitionsmitteln setzen wir uns auch dafür ein, dass
alle Krankenhäuser mindestens ein*e Klimamanager*in benennen, die klinikintern
Klimaschutzmaßnahmen entwickelt und umsetzt. Auch in der unmittelbaren Versorgung von
kranken Menschen gilt dabei: Klimaschutz ist Gesundheitsschutz, denn viele
Klimaschutzmaßnahmen, wie eine gesündere Ernährung oder die Vermeidung von Einweg-
Plastikprodukten haben dabei auch positive Auswirkungen auf die Behandlung der
Patient*innen. Durch Digitalisierung und Telemedizin können in der Gesundheitsversorgung
sowohl die Versorgungsqualität gesteigert als auch medizinisch nicht notwendige Fahrten
vermieden werden. Dabei ist immer darauf zu achten, dass die digitale Teilhabe aller
Menschen gewährleistet ist.
Berliner Stadtgrün und Wälder stärken und schützen
Um einerseits die Klimakrise nicht weiter zu verschärfen und andererseits die Klimaresilienz
der Stadt zu stärken, müssen wir den städtebaulichen Umbau der Stadtinfrastruktur dringend
weiter vorantreiben. Bei allen Baumaßnahmen muss Klimaschutz und -resilienz mitbedacht
werden. Vorgaben für Dach- und Fassadenbegrünung müssen in der Bauordnung verbindlich
festgehalten und die Förderung von Gebäudebegrünung deutlich verstärkt werden. Wir haben
Regenwassermanagement bei Neubauvorhaben vorangebracht und wollen in einem nächsten Schritt
entsprechende Regelungen auf Planungen ausdehnen, die den öffentlichen Straßenraum
betreffen.
Stadtgrün fördert zusätzlich die Aufenthaltsqualität, schafft Raum für Begegnung und stärkt
gesunde Mobilität, wie Fuß- und Radverkehr. Das bestehende Stadtgrün muss weiterhin nicht
nur gepflegt, sondern auch ausgeweitet und Bäume sowohl an den Straßen als auch in den Parks
neu gepflanzt und gut gepflegt werden. Wir setzen uns dafür ein, bei Planungsmaßnahmen im
öffentlichen Raum Klimaanpassungsflächen wie Baumstandorte, Retentions- und
Versickerungsflächen mit verbindlichen quantitativen Vorgaben zu verankern. Bestehende Parks
müssen erweitert und neue geschaffen werden. Um deutlich mehr Flächen entsiegeln und
gestalten zu können, müssen die Bezirke vom Land unterstützt werden, beispielsweise durch
einen Leitfaden, der aufklärt, wo und unter welchen Voraussetzungen entsiegelt werden kann.
Einen Anfang haben wir im laufenden Doppelhaushalt gemacht, in dem wir den Bezirken mit dem
Stadtverschönerungs-Topf hierfür Mittel bereitgestellt haben. Am Halleschen Ufer zeigen wir,
wie durch Entsiegelung aus ehemaligen Straßen neue Parks entstehen können. Die Pläne zur
Teilversiegelung des Tempelhofer Felds der schwarz-roten Koalition zeigen in genau die
falsche Richtung. Wir lehnen eine Bebauung von Flächen des Tempelhofer Feldes, die auch dem
erfolgreichen Volksentscheid von 2014 widerspricht, deshalb weiterhin ab. Nur mehr und
gesundes Stadtgrün und blaue Infrastruktur (unter anderem Wasserflächen in der Innenstadt)
bedeuten Schatten und Verdunstungskühlung für die überhitzte Stadt sowie Erholung und Schutz
für uns Berliner*innen. Zudem wollen wir an geeigneten Stellen sogenannte Regengärten
anlegen und so auch zur Kühlung der Stadt beitragen.
Wir begrüßen es, wenn Anwohner*innen sich selbst aktiv in die ökologische Gestaltung in
ihrem Kiez einbringen wollen. Gemeinsam mit Initiativen und Bürger*innen sollen seitens der
Verwaltung Handreichungen erarbeitet werden, wie dies vereinfacht geschehen kann.
Der Wald ist für den Kampf gegen die Klimakrise sowie für die Anpassung an den Klimawandel
unser wichtigster Verbündeter. Damit weiterhin mindestens ein Fünftel der Berliner
Landesfläche bewaldet bleibt und der Anteil an Wald auf Landesflächen sogar steigt, müssen
wir die Resilienz unserer Wälder stärken und sie vor der Klimakrise schützen.
Konzepte zu Waldbau, Entnahmepraktiken, Waldwirtschaftspläne, Holzabverkauf sowie der
Wiederaufbau einer landeseigenen Baumschule sind zu prüfen und weiterzuentwickeln.
Unter klimaresilientem Waldumbau verstehen wir auch die Waldbrandprävention unter
Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Feuerökologie. Die Berliner Forsten sind in ihrer
Personal- und Finanzstruktur sowie hinsichtlich ihrer Infrastruktur nachhaltig abzusichern.
Sogenannte „pocket forests“ helfen bei der Bewältigung von Klimafolgen in dicht besiedelten
Gebieten, beispielsweise durch Abkühlung und mehr Biodiversität. Zivilgesellschaftliche
Initiativen zur Errichtung solcher Miniwälder wollen wir fördern.
Green Culture - Klimaschutz in Kunst und Kultur
Kunst und Kultur sind die Zukunftslabore der Gesellschaft bei der ökologischen
Transformation. Die Berliner Kulturschaffenden sind progressiv und offen und setzen sich für
Vielfalt und eine gerechte Gesellschaft ein. Viele Kulturverbände und Netzwerke von
Künstler*innen und Kulturschaffenden engagieren sich bereits aktiv für Klimaschutz und
Nachhaltigkeit in der Kultur. Auf Bundesebene sind mit dem Green Culture Desk und dem Fonds
„Zero – Klimaneutrale Kunst- und Kulturprojekte“ schon Grundlagen geschaffen, um
Kulturschaffende und Kulturinstitutionen auf ihrem Weg zu mehr Klimaschutz und
Ressourcenschonung zu unterstützen. Wir fordern die Berliner Kulturverwaltung auf, Barrieren
in der Umsetzung, Lücken in der Vernetzung und Vermittlung zügig abzubauen, um den Fonds für
die Berliner Kulturlandschaft besser zu erschließen.
Förderprogramme ökologisch ausrichten
Berlin als Fördergeberin muss auch bei den eigenen Förderkriterien für Kultur klar
formulieren, dass zukünftig Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der Produktion und
Präsentation Voraussetzung für eine Förderung sind. Auch die künstlerische
Auseinandersetzung mit den Themen Klimakrise, Nachhaltigkeit und Transformation als
gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sollte ausdrücklich unterstützt werden. Kunst ist eine
wichtige Wegbereiterin für die Vermittlung und Akzeptanz der Maßnahmen zur Erreichung der
Klimaziele. Etwaige Mehrkosten, die mit einer ökologischen Kulturproduktion und -
präsentation verbunden sind, müssen in der Förderung enthalten sein. Die konkrete Umsetzung
der Nachhaltigkeitskonzepte soll regelmäßig evaluiert werden, denn die Überprüfbarkeit ist
Voraussetzung gegen Greenwashing und die Auswertung der Maßnahmen notwendig für den Aufbau
von Best-Practice-Beispielen aus dem Kultursektor.
Mit der Energie- und Wärmewende Kultur resilient machen
Die Berliner Kultureinrichtungen und Museen haben insgesamt eine schlechte Energieeffizienz
und teilweise übermäßige Klimatisierung. Sie gehören, bezogen auf ihre Flächen, zu den
größten Energieverbrauchern in Berlin. Wir sehen es als eine der zentralen Aufgaben an, die
Berliner Bühnen, Museen und Konzerthäuser klimaneutral auszurichten. Für bestehende
Kulturliegenschaften müssen passgenaue Nachhaltigkeits- und Energieeffizienzmaßnahmen für
eine sinnvolle Sanierung der Gebäude entwickelt werden. Sie brauchen eine Evaluation des
Energieverbrauchs und der Notwendigkeit von Klimatisierung, eine Nachhaltigkeitsdeklaration
und eine Klimabilanzierung, die in einer Berichtspflicht abgefragt werden müssen. Neue
Kulturliegenschaften, wie etwa die Alte Münze oder das M20, müssen den klimaschonenden Bau
und Betrieb als Priorität in den Bauplanungen und -maßnahmen berücksichtigen.
Bei Berliner Programmen wie dem Arbeitsraumprogramm, das von der Kulturraum GmbH betreut
wird, müssen die Baumaßnahmen ebenfalls klimaneutrale Energieeffizienzstandards und
Nachhaltigkeit als oberste Leitlinie enthalten. Beispielsweise muss die Ausstattung
ökologisch wiederverwendbar und flexibel nutzbar sein.
Ökologische Kreislaufwirtschaft für Kunst und Kultur möglich machen
Die klimafreundliche und nachhaltige Kulturproduktion und -präsentation beginnt mit dem
ressourcenschonenden Umgang mit Materialien und klimaschonenden Transportwegen. Wir setzen
uns dafür ein, dass vorhandene Sharing-Angebote und Materialkreisläufe unterstützt und
weitere speziell für die Kulturschaffenden ins Leben gerufen und alle miteinander vernetzt
werden. Die notwendige Unterstützung muss finanziell, räumlich und organisatorisch erfolgen.
Nachhaltigkeitsmanager*innen sollen die einzelnen Kulturbereiche und Kulturschaffenden bei
der Transformation unterstützen.
Kultur for Future - Zusammen für die ökologische Wende einstehen
Um die Expertise und Bedarfe der Kulturschaffenden mit den Klimaschutzzielen in Einklang zu
bringen, soll ein regelmäßiger „Runder Tisch für Nachhaltigkeit in der Kultur“ ins Leben
gerufen werden, der die Kulturschaffenden mit Verwaltung und Politik vernetzt.
Hier sollen Akteur*innen aus Kunst, Politik und Verwaltung fortlaufend Maßnahmen
beschließen, evaluieren und weiterentwickeln, um die Klimaschutzziele und Nachhaltigkeit in
den Kulturinstitutionen, Produktionen und Kulturveranstaltungen in Berlin zu fördern und zu
verankern.
Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Breitensport, bei Sport-Großevents und Sportfesten
Breitensport und Profisport verbinden Menschen und sind Treiber für gesellschaftliche
Entwicklungen. Hier kann ökologisches Bewusstsein zum einen spielerisch vermittelt. Zum
anderen ist es zwingend notwendig, dass wir im Rahmen von Großevents und der sportlichen
Infrastruktur Klimaschutz vorantreiben. Wir setzen bei Sportfesten und sonstigen
Sportveranstaltungen im Breiten- bzw. Spitzensport vermehrt auf Zero Waste. Müllvermeidung
muss zu einem festen Bestandteil werden. Sportvereine können einen wichtigen Beitrag für ein
wachsendes ökologisches Bewusstsein leisten und sie können für mehr Nachhaltigkeit im Sport
sorgen. Indem etwa im Rahmen von Sportveranstaltungen, -festen und -großveranstaltungen
sowie der sportlichen Infrastruktur Klimaschutz und -gerechtigkeit vorangetrieben wird.
Bau und Sanierung von Sportstätten
Warmwasser, Heizung, Beleuchtung, mangelnde Isolierung – laut Deutschem Olympischen
Sportbund verursachen deutsche Sportstätten allein dadurch jährlich circa 7,5 Millionen
Tonnen CO₂ – und damit genau so viel wie sechs Großstädte in einem Jahr. Die Sanierung und
Modernisierung bestehender Sportstätten sind konsequent auf Grundlage der
Sanierungsfahrpläne umzusetzen und das höchstmögliche Maß an Barrierearmut herzustellen. Um
möglichst klimafreundlich zu bauen, fördern wir die Verwendung ökologischer,
mikroplastikfreien Materialien, zertifizierter und recyclingfähiger Baustoffe. Fassaden- und
Dachbegrünungen schaffen zusätzliche Habitate und dienen der Hitzevorsorge.
Einsparpotenziale bei Wärmeenergie, Strom und Wasser müssen in Sportstätten bestmöglich
ausgeschöpft werden. Sportplätze und ihre Nebenanlagen sind bei der Sanierung bei Beachtung
der sportlichen Nutzungsmöglichkeiten in besonderem Maß zur Versickerung von Regenwasser zu
nutzen. Bei Sportanlagen, die wesentliche gedeckte Flächen aufweisen, streben wir die
Verwendung des Regenwassers für die Bewässerung der ungedeckten Flächen an. Beim Neubau von
großen Sportanlagen möchten wir die Wiederverwertung von Grauwasser mit moderner
Wasseraufarbeitung ermöglichen. Beim Bau und bei der Sanierung von Sportanlagen ist in
Zukunft darauf zu achten, dass bestehende Biotope und ökologische Gegebenheiten möglichst
erhalten bleiben, geschützt bzw. entstehen können. Alle Sportanlagen sollen sich dem
Naturraum anpassen und vielfältige Bewegungsbezüge ermöglichen.
Bei der Energieversorgung aller Sportstätten setzen wir primär auf Erneuerbare- und
Solarenergie. Der Senat soll überdies gemeinsam und im Austausch mit dem Solarzentraum sowie
den Berliner Stadtwerken Hilfestellungen leisten, damit alle Sportstätten ein Konzept
erarbeiten können, wie sie ihre Energieversorgung auf erneuerbare Quellen umstellen können.
Bei der Verwendung von Solarenergie setzen wir verstärkt auf die Ausstattung der Hallenbäder
und Sporthallen mit Solaranlagen auf Dächern und eine Fassadenbegrünung.Wir wollen, dass
vermehrt auf den Einsatz von LED-Beleuchtung, die Gewinnung von Wärme aus Abwärme und das
Abdecken von Außenbädern gesetzt wird. Insbesondere die Berliner Bäderbetriebe sehen wir
hier in der Pflicht bei der Bereitstellung von erneuerbarer Wärme zum Beheizen der
Schwimmbäder deutlich mehr zu tun. Ein Modellprojekt in Berlin, welches eine Rasenheizung
über eine Wärmepumpe betreibt, soll vormachen, wie Flächen bestmöglich genutzt und Bedarfe
kombiniert werden können.
Sportgroßveranstaltungen nur noch klimaneutral
Die Wahl von Austragungsorten für Sportgroßveranstaltungen sollte auch davon abhängen, wie
gut die ÖPNV-Anbindung ist. Der Nahverkehr sollte, beispielsweise mit höherer Taktung von
Bussen und Bahnen zu Spielbeginn und -ende, auf diese Veranstaltungen ausgerichtet werden.
Sind die Nahverkehrstickets in den Eintrittskarten enthalten, wählen automatisch mehr
Besucher*innen diese klimafreundliche Anreise. Bei jeder Veranstaltung muss es überdies
ausreichend Möglichkeiten geben, Wasserflaschen aufzufüllen. Beim Catering soll verstärkt
auf regionale, fair produzierte und verpackungsarme Produkte gesetzt werden.
Bei der Planung von Infrastruktur für Großveranstaltungen müssen
Klimaschutzanpassungsmaßnahmen verpflichtend werden, z. B. Vorsorge vor Hitze oder
Starkregen. Daher sollte möglichst wenig Fläche versiegelt, stattdessen lieber in die Höhe
gebaut werden. Bei Spezialbauten sollte von Anfang an die Nachnutzung mitgedacht und
organisiert werden. Für die klimaneutrale und nachhaltige Durchführung von
Großveranstaltungen muss immer ein Konzept vorgelegt werden. Als Land Berlin bewerben wir
uns nur auf Veranstaltungen, wo dies gewährleistet sein kann.
Nachhaltige Sportarten und Vereine fördern
Durch die Priorisierung von nicht-motorisiertem, nachhaltigem Wassersport auf den Berliner
Wasserflächen fördern wir nachhaltige Wassersportarten, wie Rudern, Segeln und Stand Up
Paddling. Die Subventionierung nachhaltiger und fair produzierter Sportbekleidung und
Sportutensilien über den Landessportbund möchten wir weiter unterstützen, ausweiten und das
Angebot bekannter machen. Viele Berliner Vereine leisten bereits einen großen Beitrag zum
Klimaschutz und zur Umweltbildung. Diese Vereine gilt es zu fördern und ihre Konzepte in die
Breite der Sportlandschaft hineinzutragen.